Werner Krämer

Asia & China, Japan, Indien, Russland, Korea,   & alle Länder Asiens

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"Ohne aus der Tür zu gehen, kennt man die Welt. Ohne aus dem Fenster zu schauen, sieht man den SINN des Himmels", Laotse (Laozi, chinesischer Philosoph, 6. Jh. v. Chr., Begründer des Taoismus, Die Weisheit des Tao Te King, Das Buch vom Sinn und Leben). Hat Laotse das Internet vorhergesehen? "Das Internet ist ein Geschenk Gottes ", Papst Franziskus 2014. Heute gibt es sogar virtuelles Reisen. Das Internet macht es möglich, ohne Koffer, Geld und ohne Hektik Urlaub zu machen, wozu man die eigene Wohnung nicht verlassen muss. Noch intensivere Eindrücke bietet Virtual oder Augmented Reality. Es kann aber mentale Souvenirs nicht ersetzen. Erinnerungen an Reisen sind sehr speziell und schließen oft einen ganzen Strauß von Sinneseindrücken ein (neueste Erkenntnisse der Psychologie). Schon der österreichische Komponist A. Mozart hatte erkannt: "Ohne Reisen ist man ein armseliges Geschöpf". Oder der Dalai Lama: "Besuche einmal im Jahr einen Ort, an dem du noch nie gewesen bist". Eine professionelle Auseinandersetzung mit Asien braucht aber beides: Reisen/Aufenthalte (Zugang nicht überall hin frei! der Blick für das Zuhause wird auch geschärft) und den richtigen sowie kritischen Umgang mit empirischen  Daten bzw. Informationen. Für den letzten Aspekt soll diese Asien-Seite Hilfestellung leisten. Objektive Informationen über China, die gleichzeitig ihren Nutzen haben, sind nicht so einfach zu bekommen. Ich habe selbst mehrmals miterlebt, wie Journalisten führender Zeitungen in Pekinger Luxushotels "abgefüttert" wurden (Vorsicht und Zweifel sind immer angebracht). Reisen ist in China mühsam und schwierig (wenn man in heikle Gebiete will). Alle Ökonomen und auch Führungskräfte anderer Ausbildung kommen heute nicht mehr an Asien und China vorbei. Schon vor über 2500 Jahren wusste der chinesische Philosoph und Militärstratege Sunzi: "Wer den Gegner kennt und sich selbst, wird in hundert Schlachten nicht in Not geraten".

Gerade diese Site wird deshalb mittlerweile von Studierenden vieler anderer Hochschulen und von interessierten Führungskräften , sogar im Ausland,  stark genutzt (die Übersetzungsprogrammen: DeepL/Köln oder Google Translater sowie Microsoft Translator/ Edge sind mittlerweile so gut, dass sich ein extra englischsprachiges Forum gar nicht mehr lohnt; in neuern Browsern sind Übersetzungsprogramme eingebaut, manchmal müssen sie erst herunter geladen werden). Die Seite scheint sich hervorragend für Blended Learning zu eignen. Für Hinweise auf Fehler oder Verbesserungsvorschläge bin ich weiterhin sehr dankbar. Gleichzeitig ist die Konzeption dieser Seite eine Prognose: Die Globalisierung hat und wird ihren Schwerpunkt weiter nach Asien verlagern (schon 2021 erwirtschaftet Asien über 50% des Welt - BIP; Thema des WEF, Davos).. Ein großer Teil der Globalisierung ist noch die Dynamik Chinas. Das Land der Mitte wird ökonomisch die führende Macht in der Welt werden (wahrscheinlich zwischen 2026 - 2049, neueste Prognosen nach Corona sprechen sogar von 2024 ; gleichzeitig werden Japan und Südkorea, ökonomisch die Nr. 2 und 3 in Asien, relativ schwächer). Der Handelskrieg mit den USA (ein Symptom des Abstiegs der USA) verlangsamt das Wachstum Chinas nur etwas (insbesondere durch Exportrückgänge und weniger Technologietransfers). Die Gegenstrategie der Ausweitung des Binnenkonsums und der Aufbau  der "Neuen Seidenstraße" läuft aber schon länger. Besonders deutlich wird die langfristige Gegenstrategie bei den digitalen "Gegen-Unternehmen" (Huawei, Tencent, Alibaba, Baidu u. a.). "Das Gravitätszentrum der Weltwirtschaft im 21. Jahrhundert wird in Ostasien liegen." Kishore Mabubani, Politik-Professor an der National University Singapore, Ex-Diplomat.

                                                   Good afternoon                 

                 konnichiwa                                   nin hao

                                                      Buenos dias

Asien (insb. China, Japan, Indien, Korea, Russland, Indonesien, Vietnam, Iran : Direktzugriff!) hat folgende Inhaltsangabe (Gebiete): Lage und aktuelle Entwicklungen, Institutionelle Rahmenbedingungen und Wirtschaftspolitik nach Bereichen (u . a. Wirtschaftsordnung, Kultur, Geld und Währung, Bildung, Mittelstand, Handelspolitik), Wissen, Buchtipps, Autarkie versus Freihandel, Makroökonomische Daten und Spezialpolitik-Bereiche (mit Umwelt, Außenwirtschaft, Arbeitsmarkt, Löhne, Inflation, Verschuldung, Konjunktur, Migration), Management/ Kultur, Unternehmen und FDI, chinesische Unternehmen, japanische Unternehmen, chinesische Digitalunternehmen, Marktanalyse und Marketing, Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und JapanKyoto als Symbol, Ostasien als Teil der Globalisierung, Probleme, Tagungen, Aufenthalte, Theorien und Daten der Globalökonomik, Indien (mit Nachfolge- und Nachbarstaaten), Indonesien, Korea, Malaysia, Thailand, Vietnam. Singapur. Taiwan. Myanmar. Bhutan. Kambodscha. Laos. Philippinen. MaledivenMongolei. Afghanistan. Nepal. Russische Föderation. Türkei/Israel, Iran (Persien), Saudi-Arabien. Fallstudie "Wenn der Drache lahmt": Die ökonomische Bedeutung Chinas für Deutschland und die Welt. Karl Marx in China, Chinesische Marxismus-Rezeption und Konfuzianismus, Genossenschaftsidee und Japan;  Seidenstraßen - ProjektAnalyse von Wirtschaftsordnungen, Aufstieg der Schwellenländer, Geschichte, Ostasien - Links, Ganzheitliches Denken, Religionen in Asien, Naturphilosophien: Daoismus und Schintoismus, Konfuzianismus in Asien, Interkulturelle Kompetenz mit Asienbezug, KMU und Asien, Indikatoren Asien, Marketing und Asien, Finanzierung und Asien, Arbeit/ Personal und Asien, Themen von Abschlussarbeiten mit Asienbezug, Präsentationen über Ostasien. Wein in China. Das chinesische Kaiserreich und Geschichte Chinas. Geschichte Japans Geschichte Koreas. Geschichte Vietnams. Geschichte Indiens. Geschichte Indonesiens. Geschichte Kambodschas und Angkor Wat. Geschichte Thailands. Geschichte Taiwans. "Vom Land der aufgehenden zum Land der untergehenden Sonne?": Der langsame Abstieg Japans in einer langen ökonomischen Krise. Was können die EU und Deutschland daraus lernen? Neustart/ Erholung nach der Corona-Krise 2020 in China. Auslandsnetzwerk. Asia Society.

                               China, Taiwan Japan bzw. Sonstige Länder in Asien,

                               Indien (Kaschmir, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka),

                               IndonesienKorea, Vietnam, Malaysia,

                              Thailand, Singapur, Taiwan, Myanmar, Bhutan;

                              Russland, Iran, Mongolei, Afghanistan, Brunei

                              Kambodscha, Laos, Philippinen, Nepal

                              auch Australien & Wirtschafts-Integrationen .

Stichworte (Schnellzugriff nach Register; oder auf dieser Seite mit Windows 10 bzw.11 suchen; Systematik "Länder/ Nationen in Asien"). Es sind hier alle Länder Asiens aufgeführt, außer Vorderasien (an anderer Stelle auf der Seite Economics/special/ Globalökonomik/ Länder. Oceanien ist noch mit enthalten). Rangfolgenkriterium ist in der Regel die Bedeutung des Landes in Asien/ subjektiv

"China muss mehr über die Welt lernen und die Welt mehr über China", Xi Jinping, Staatspräsident Chinas und Parteichef der KPCh bei seiner Antrittsrede 2012 (heute tritt er selbstbewusster auf und würde das so nicht mehr sagen). Im folgenden ist Asien nach Ländern und regionalen Integrationen  gegliedert:

VR China: Begriff "China". Sprache. Pinyin. Peking. Tsingtau. Tianjin. Hongkong. Shanghai. Quanzhou. Hangzhou und Suzhou. Shenzhen. Kanton. Dongguan. Greater Bay Area (GBA). Nanjing. Chongqing /Chengdu. Chengde. Pingyao. Xì´an. Chang´an. Xiong`an. Ligang New City, Qingtian, Wukan. Xingtai. Yiwu. Yiwu International Trade City Guilin. Qufu. Zibo, Xinjiang/ Uiguren. Zhenjiang. Wuhan. Lanzhou /Gansu/Gelber Fluss. Taicang, Kaschgar, Beidaihe. Yangtsekiang/ Zhenjiang, Jingxi, Drei-Schluchten-Staudamm. Dali/ Shangri La. Kaiserkanal. Yinjianbuhan-Tunnel, Li-Fluss. Flüsse als Lebensader. Seidenstraße, Belt & RoadHainan. Raumfahrtstation.  Bayan Obo. Grotten von Longyou, Chinesische Sowjetrepublik/ Jiangxi. Naturraum. Klimaschwankungen. Abfalltrennung und RecyclingGroße Mauer. Sommerpalast. Platz des Himmlischen Friedens. 70 Jahre Volksrepublik Himmelstempel. Verbotene Stadt. Dalai Lama-Effekt. Kommunistische Partei Chinas (KPCh). Zentralkomitee von Chinas KP, 14. Fünfjahresplan (Wende). Nationaler Volkskongress. Regierungsorgane. Politisches System. Auslandsnetzwerk und Interessensvertretung im Ausland. Journalisten in China. Sozialistische Marktwirtschaft. Geschichte der sozialistischen Marktwirtschaft in China: Unternehmen, Arbeitsmarkt, Landwirtschaft, Preise, Privatisierungsprozess. Militärmacht (Rüstung). Mittelschicht. Handelskonflikt im Alltag. Masterplan/ Made in China 2025. Social-Credit-System. Harmonische Gesellschaft. Finanzmärkte, Ceinex, Banken. Staatsfonds CIC. Kaiser in China. Soziale Ordnung im alten China. Langer Marsch. Auslandschinesen, Migration, Greater China, Kultur und Subkulturen. Homogenität der Kultur. Horoskop. Mondfest. Friedhof der europäischen Jesuiten in China. Chin Shi Huang ti. Yongle. Laotse. Konfuzius. Konfuzius-Institute. Mao Tsedong. Deng Xiaoping. Xi Jinping. Karl Marx. Friedrich Engels. Zhou YougangJohn Rabe. Otto Braun. Ai Weiwei. Marco Polo. Schildkröte. Drache. Kranich. Maus. Schwein. Panda-Bär. Verhältnis zu Russland. Importmesse in Shanghai. Produktpiraterie. Fake-Economy. Tee. Zitrusfrucht. Lotos. Opium. Kartoffel. Wein. Porzellan. Jade. Papier und Buchdruck. Silber. Traditionelle chinesische Medizin (TCM). Sport. Außenwirtschaftpolitik. Autarkie versus Freihandel. Umweltpolitik. Arbeitsmarktpolitik. Arbeitsproduktivität und Rückgang der Erwerbsbevölkerung. Finanz- & Steuerpolitik. Mittelstandspolitik, Bildungspolitik, Strukturpolitik, Sozialpolitik (mit Gesundheit/ Covid-19; Null-Covid-Strategie; berühmte Mediziner in China und Seuchen); Aufarbeitung der Corona-Krise; Behinderte ; Armut; Überalterung, Bomben-Theorie, Wanderarbeiter und viele andere Politikbereiche (Geldpolitik, Ordnungspolitik, Währungspolitik, Wettbewerbspolitik, Industriepolitik, Entwicklungspolitik, Städtebaupolitik u. a., Landraub, Entschädigung). Industriestandards und Normung. Wirtschaftsordnung im Westen (Nordamerika, Europa) und in China. Geschichte Chinas. Neustart/ Erholung nach der Corona-Krise 2020. "Wenn der Drache lahmt": Bedeutung Chinas für die Weltwirtschaft. Statistik in China und ihre Genauigkeit. Digitaler Renminbi. Probleme Chinas. China als Teil der Globalisierung. Bevölkerung. Ethnische Minderheiten. Die junge Generation (Jugendliche). Heiratsmarkt. Aktuelle Bevölkerungspolitik. Wirtschaftsleistung. Inflation/ Budgetsaldo. Erwerbstätigkeit/ Arbeitsmarkt. Arbeitsmoral. Jugendarbeitslosigkeit, Migration/ Migrationspolitik. Umwelt/ Energie Chinas Rolle in der globalen Klima- und Umweltpolitik. Bohranlage Shenditake 1 Unternehmen in China. Dumping-Praktiken der Staatsunternehmen (SOE). Elektromobilität. Hochleistungsmagnete. Verkehrsinfrastruktur. Außenwirtschaft. Handelsmacht China. Häfen in China ( Container). Handel Chinas mit der EU. Probleme deutscher Unternehmen mit chinesischer Beteiligung. Direktinvestitionen in Deutschland. Deutsche Direktinvestitionen in China nach Branchen. Carl Hahn/ VW, Chinastrategie Deutschlands. Verhaltenskodex für deutsche Firmen in China, Chinesische Märkte/ MarketingImmobilienmarkt. Bankensystem. Finanzierung in China. Managementstrategien/ Kultur. Kulturelemente: Kriegslisten, Shaolin-Strategie, Weiji, Danwei/ Guanxi Industriepolitik und Protektionismus in China. Chinesische Digitalriesen und ihre Strategien. Strategie der zwei Kreisläufe in der Außenwirtschaftspolitik. Selektives Decoupling. Aktuelle Politik Chinas. Aktuelle Konjunktur Chinas. Technologien/ Innovationen in China. Wirtschaftliche Sachbücher über China oder Bücher, die in China spielen. Pandemien aus China. Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft. EU-China-Gipfel. Shanghai Cooperation Organisation (SCO). Comprehensive Agreement on Investment, CAI. RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership).  Empirische Wirtschaftsforschung in  China. Astronomie und China (Kooperation mit Europa). Geschichte der Astronomie und Technologie. Konflikt zwischen China und  den USA (Kampf um die Weltherrschaft, Kalter Krieg 2.0). Olympische Winterspiele 2022 in China. Historische Querdenker in China. 100 Jahre KPCh. Immobilienkrise in China 2021. Gelbe Gefahr 2.0. China-Afrika-Kooperationsforum. Jugend-Revolte "Flachliegen" und "radikaler Ausbeuter-Wettbewerb". Intellektuelle in China und ihr Denken. Schwierigkeiten im "großen Wiederaufstieg der Nation". Gesundheits-App., Taiwan-Konflikt. Proteste gegen die Covid-Strategie. Hemmnisse im Wirtschaftswachstum 2022/2023. Spionageballons 2023. Legitimitätsglaube in China. Gesamtsituation auf dem Automarkt für deutsche Hersteller. Anti-Spionage-Gesetz 2023. Konjunkturpaket 2023. Tabakkonsum in China. Cyberspionage. Grundsätze für die wirtschaftliche Entwicklung 23. Börsenkrise 2024. Sanktionen und Abkopplung (Lehren von westlichen Russlandsanktionen). Neues Wachstumsmodell. Wachstum der chinesischen Wirtschaft. Export der Krise ab 2024. Entdollarisierung und Vorbereitung auf Eskalation. Chinastrategie der EU. Gemeindeökonomie. Landwirtschaft.

Taiwan (Republik China, Formosa, National-China): Bevölkerung und Fläche, Vergleichsgrößen, Wichtige Städte, Verwaltungsgliederung,  Kultur, Identität, Freiheiten, Religion, Geschichte Taiwans, Autoritäre Vergangenheit, Gesundheit, Wirtschaft, Währung, Inflation, Außenhandel, Statistik, Halbleiter und Technologie, Bedeutung der HalbleiterindustrieTextilindustrie, Unternehmen,  Deutsche Unternehmen in Taiwan Deutsche Rüstungsgüter für Taiwan, Freihandelsabkommen der EU mit Taiwan, StaatsformPolitik, Triaden, Shih Ming-teh Beziehungen und Status zu China, Wichtige Inselgruppen, Spratly-Inseln, Kimmen-Inseln, Verteidigung und Manöver, Militärische Stärke im Vergleich, Kuma-Akademie, Chinas Traum von Einheit und Weltmacht, Ein Land, zwei Systeme, Taiwan-Krise und ein Handelskrieg der EU mit China, Taiwan und die USA als Schutzmacht. Handelsabkommen mit den USA ab 2022. Taiwan und Japan. Taiwan und Südkorea, Taiwan und DeutschlandTaiwan und der Ukraine-Krieg, Außenpolitik Taiwans. "Stachelschwein-Strategie", Taiwan und die Jugend.  Taiwan und der Sport. Taiwan und Stimmung. Geschichte Taiwans. Natur und Umwelt. Klimaneutralität/ Energie. Attraktive Regionen. Ureinwohner, Lüdao und Tainan als Inseln des Widerstands Katastrophen. Digitale Demokratie. Desinformation und digitale Transformation. Unternehmen in Taiwan.

Japan: Begriff "Japan". Sprache. Japanische Handwerkskunst. Jin Shin Jyutsu/ Japanisches Heilströmen, Reiki japanische Toiletten. Nara. Größter Buddha in Japan. Kyoto. Tokio. Fuji-san. Hokkaido (Ezo). Dörfer in Japan. Goldener Pavillon. Japanische Brücke in Hoi An/ Vietnam. Geographie. Geschichte Japans. Geschichte der christlichen Missionierung in Japan. Erste Kontakte zu China. Tributsystem. Samuraiburgen. Meiji-Restauration. Amakudai; Nemawashi; Kuki wo Yomu. Shintoismus. ObdachloseNotenbank, Nikkei-Index, Bankensystem. Siebold. Friedrich Fröbel/ Kindergarten. DüsseldorfSake. Alkoholkonsum. Tabak. Tee und Teezeremonie. Ginko. Gerstengras. Wasabi. Manga-Bibliotheken. Obdachlose. Japanische Bahn. Japan AG. Lean Production (Toyota Way, Kaizen). Japanische Kultur. Kulturinstitutionen und aktuelle -aspekte. Japanischer Markt, Kundenorientierung. Senioritätsprinzip. Atombomben. Fukushima Daiichi. Asia-Africa-Growth-Corridor G20-Gipfel 2019 in Osaka. Wirtschaftsordnung; Rechtsordnung. Liberaldemokratische Partei. Ordnungspolitik. Geldpolitik. Finanz- und Steuerpolitik. Währung. Bankensystem. Bildungs- und Forschungspolitik. Mittelstandspolitik. Städtebaupolitik. Verkehrspolitik. Außenwirtschaftspolitik. Offenheitsgrad der Volkswirtschaft Bevölkerungspolitik. Frauen in Japan, Arbeitsmarktpolitik. "Firmenkrieger", Gesundheit und Gesundheitspolitik (Geschichte der westlichen Medizin), Hanaoke Seishu Umweltpolitik. Energiepolitik. Zwei Traumata der Energie in Japan, Migrationspolitik, Entwicklungspolitik. Strukturpolitik. Sozialpolitik mit Gesundheit, Geschichte des internationalen Handels in Japan. Japan-Syndrom. Staatsverschuldung. Naturkatastrophen u. a. Der langsame Abstieg Japans in einer langen ökonomischen Krise. Was können die EU und Deutschland daraus lernen?  Probleme Japans. Neue Ökonomie der Nachhaltigkeit und Fukushima. Japan im Wettbewerb der Wirtschaftsordnungen. Japan und globale Umweltpolitik. Unternehmen in Japan Finanzmarktreform und Banken. Managementstrategien/ Kultur. Aktuelle Politik in Japan. Technologie/ Innovationen  in Japan. Aktuelle Konjunktur in Japan. Bücher über Japan und/oder Asien. Empirische Wirtschaftsforschung in Japan. Statistiksystem in Japan. Olympische Sommerspiele 2021 in Japan. Aufrüstung und neue Geopolitik. Japan als Pionier der Zeitenwende. Japan als Vorbild beim Energie sparen. Opakalypse/ Nachfolge, Tinder für Unternehmen, Zweitjob. Japan im Aufwind, die Kirschblüten-Formel.

Indien (auch Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka, Kaschmir): Begriff und Sprache, Wirtschaft, Wirtschaftsgeschichte, Arbeitsmarkt, Beschäftigtenstruktur, Arbeitsmigration nach Deutschland, Geldpolitik, Währung "Rupie", Wirtschaftspolitik, Subventionsprogramm, Technologie und Forschung, Staatsverschuldung, Amartya Sen, Raghuran Rajan, Gita Gopinath, Ashika Mody, Kampf mit China, Geschichte der Konflikte zwischen Indien und China, Indien und USA, Indien und Deutschland/ EU, Handelsgeschichte, Wirtschaftsentwicklung der Zukunft, Indien als Eier legende Wollmilchsau, Wirtschaftsreformen, Ausbau der Infrastruktur ab 2022, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit,  Verhältnis zu wichtigen Ländern, China, USA, Kanada, Russland, Japan, Deutschland/ EU,  Handelsabkommen mit der EU, U-Boot-Deal zwischen Deutschland und Indien, Großbritannien; Migrations- und Mobilitätsabkommen mit Deutschland, Bedeutung der Zuwanderung für Deutschland, Inder in Deutschland/ Migration, Parag Khanna Auslandsinvestitionen und Außenhandel, Bedeutung des Außenhandels,  Produktionsverlagerungen nach Indien, Autarkiebestrebungen, Handelsverträge IndienG20-Treffen 2023, Indiens wachsender Einfluss in der Welt,  Bevölkerung, PolitikN. Modi Premier, Rahul Gandhi, Stellenwert der Bevölkerung, Analphabetenrate und Bildung, Bevölkerung 2050/ Prognose, Politische Teilung und Parlament, Politische Parteien und politische Organisationen, Barygaza, Geschichte, Unabhängigkeit, Rishi Sunak, GB, Indien; Gesellschaft und Kultur, Mathematik, Philosophie in Indien, Kricket, Sabu Dastagir, Diskriminierung der Frau, Shrayana Bhattacharya,  Leena Nair, Erwerbstätigkeit der FrauenEheschließungen, Kinder-Ehen, Sprachen in Indien, Urbane Großräume Barygaza,  Bangalore, Neu-Delhi, Mumbai, Kalkutta, Deshnoke, Udalpur, Varanasi, Urbanisierung  Gesundheitsreform 2018 und Gesundheit, Medizin und Gesundheit,  Industriepolitik, insbesondere für die Pharmaindustrie, Khasi, KastensystemVerteilung, Pankaj Mishra, Pratap B. Mehta, Sathnam Sanghera, Grundeinkommen, Religionen, Kumbh Mela, Heilige Kühe, Mutter-Teresa-Organisation, Mata Vaishno Devi, Zarathustra, Siddharta, Ram-Hindu-Tempel, Muslime in Indien und den Nachfolgeländern, Migration, Verteilungskampf und Hindu-Fanatismus, Terrorismus, Bhagavad Gita (Yoga-Exkurs, Tri-Guna-Modell), Moderne Psychologie, Fürsorglicher Führungsstil Guru Sri Chinmoy, Buddhistische PsychologieMedizin, Umwelt (Energie, Landwirtschaft, Öko-Versuch in Andra Pradesch, Agrarreform 2020, Wasser, Wasserkriege?, größtes Flussdelta der Welt, Naturkatastrophen, Disha Ravi, Energiepartnerschaften, Korrupte Bausünden, Stellenwert im Klimawandel) , Punjab, Elefanten, Tauben, Riesenschildkröte, Unternehmen, Start-ups in Indien, Adani Group/Gaudam Adani Deutsche Unternehmen in Indien, Statistik der deutschen Unternehmen in Indien,  Deutsche Bank in Indien Deutsche AHK in Indien, India Manufactoring Show/ Bangalore.  Börsen Unternehmenssteuern, Mehrwertsteuer, Lieferketten, Soziale Medien und IT, Technologie der E-Verwaltung, informeller Sektor, Kinderarbeit, Darjeeling, Gewürze, Standort für DI, Zollvergünstigungen; TTC mit der EU, IMEC, AAGC, Quad; Zukunft Indiens.  Nachbarländer bzw. historische Nachfolgestaaten (Tibet in Indien, Lamaismus, Kalachakra Initiation/ Bodh Gaya, SikkimLadakh, Aksai Chin und Armada Pradesch, Kaschmir, Pakistan: Allgemein, Politik Pakistan, Volksheld Khan, Natur und Grenzen, Pakistan und Seidenstraße, Wirtschaft in Pakistan, Energiebedarf, Pakistan und Taliban, Pakistan und Islam,Religionen und Konflikte, Pakistan und Iran, Naturktastrophen, Hitzerekord, Bangladesch,  (Einwohner, Abhängigkeit und Strategische Position, Kultur, Politische Einordnung, Scheich Hasina, Muhammad Yunus, Flüchtlinge, Wirtschaft, Textilproduktion, Arbeitskämpfe/ Gewerkschaften, Energie, Außenhandel, Lebensmittelpreise, You Tube - Dörfer, Bildungswesen, Umwelt/ Müllberge, Katastrophen). , Sri Lanka: Allgemein, Politik und konflikte, Stadt Kandy, Zentrum des Ayurveda, Ethnische Konflikte, Wirtschaft, Inflation, Wirtschaftspolitik,  Hafen Hambantota, Verschuldung, Zentralban,  Tourismus. Indien in der globalen Umweltpolitik. Indien als Quelle vieler Religionen und Kulturen. Unternehmen in Indien. Institutionen in Indien. Sachbücher über Indien. Zukunft Indiens im 21. Jahrhundert.

Indonesien: Emil-Helfferich-Sammlung,  Geschichte, Revolusi, Urzeit, Bevölkerung und Kultur, Documenta Kassel 2022Wayang Kulit, Messerkultur, Volksgruppen, Frauen, Strafrechtsreform im Sexualrecht, Politik, Provinzen, Wichtige StädteNeue Hauptstadt "Nusantara",  Militär/ Rüstung, Gesundheit, Religion, Wichtige Wirtschaftsdaten und Wirtschaft, Außenhandel, Ausfuhrverbote für Rohstoffe, Verschuldung, Aktuelles bei WirtschaftStaatsfonds und Staatsholding, Antikorruptionsbehörde KPK, Rohstoffe Indonesien, NickelMissstände in den Nickelminen,  Energiepartnerschaft OmnibusgesetzG20-Mitgliedschaft und Treffen, Wirtschaftsintegrationen, Indonesien und Deutschland, Indonesien und die Niederlande/ EU,  Indonesien und Neue Seidenstraße, Indonesien und China, Indonesien und Rohingya, Naturkatastrophen, Umwelt, Regenwald in Indonesien, Volk der Fayu, Aeshnina Azzahra, Tourismus in Indonesien Reisterrassen der Subak, Manuelle Salzgewinnung auf Bali, Nationalpark Tanjung Puting, Orang-Utans, Tiger, Meereskrebs namens Sahra Wagenknecht, Anamba - ArchipelPapua-Neuguinea, VulkaneArbeitsmarkt, Kinderarbeit, Matriarchat, Aktuelles. Unternehmen Indonesien. Quellen Indonesien.

Korea: Gesamt-Korea/ Geschichte. Nationalhymne Koreas.

Südkorea: (Republik Korea);  Lage, Politik, Nationaler Sicherheitsrat, Staatsrat, Nationalversammlung, Verwaltungsgliederung und wichtige Städte, Busan, Rechtsordnung, Unternehmen, Aktienmarkt, Samsung, Wirtschaft, Inflation, Wirtschaft im Vergleich, Wirtschaftspolitik, Energiepreise, Rüstungsgüter deutscher Firmen, Kaufmänner des Krieges,  Außenhandel mit Deutschland,  Deutsche Direktinvestitionen Offenheitsgrad der Volkswirtschaft, Wirtschaftspolitik (Subventionen), Energie,  Strategisches Denken Südkoreas, KMU-Politik, Korea Governance Service,  Bedingungsloses Grundeinkommen, Notenbank, Koreanische Kommission für fairen Handel (KFTC), Kreativwirtschaft und Innovation,  Innovationsstandort Seoul, Innovationen, Projekt "Schwimmende Stadt", Korea als natürliches Experiment der Geschichte, Umweltpolitik und Energie, Bodenschätze, Landwirtschaft, Saumaul Undong, Bevölkerungs- und Sozialstruktur als Problem: Suizidrate,  Fernseh-Psychiaterin Dr. Oh, Gesellschaftsschichten, Rolle der Frau, Einstellungen, Konfuzianismus, Industriegesellschaft, Geschlechterrollen und modernes Leben, Die Brücke des Todes und Happy dying,  System der Altersberechnung, Prominente mit Mobbing - Vergangenheit, Lohngefälle, Gesundheit, Psychische Gesundheit, Ginseng, Kimchi, Wirtschaftsgeschichte, Digitalisierung, Online-Konsumgüterhandel, Südkorea als Großmacht für Chips,  Zepeto als Metaversum, Arbeitsleben, Arbeitsbedingungen, Sozialversicherung und Soziales,  Menschen - Rechte und Tradition, Kultur, Musik-Bands, Kulturexporte, Hundefleisch, Taekwondo, südkoreanische Sex-Doumenttion mit deutscher Domina, Nunchi, Nationalfeiertag, Erziehungswesen, Bildung und Forschung, Suneung,  Religion, Totemismus und Schamanismus,  Vollversammlung des Weltkirchenrates, Verhältnis zu USA,  China, Socotra-Fels, Japan, Russland, Deutschland, Kooperation für Pflanzenschutz, Kooperation, RCEP, Propaganda). Familienzerrissenheit und Hoffnung auf Wiedervereinigung. Katastrophen/ Unglücke.  Jeju-do. Gyeongju. Unternehmen in Südkorea.

Nordkorea: Demokratische Volksrepublik Korea; Allgemein, Verwaltungsgliederung und wichtige Städte, Wichtige Flüsse, Politik,  Nachrichtenagentur/ KCNA,  Wiedervereinigung, Wirtschaft, Währung, Arbeitslosenquote, Energie,  Export von Rüstungsgütern Waffen aus Nordkorea im Ukraine-Krieg,  Importe, Sonderwirtschaftszone Razon, China, Sanktionen, Verhältnis zu den USA, Nordkoreaner im Ausland, Jihyun Park, Wirtschaftssanktionen, Sanktionsverstöße, Verhältnis zu Russland Verhältnis zu DeutschlandFamilien-Clans, Kim Ryon-hui, Parteikongress, Bevölkerung und Lebensverhältnisse, Gesundheit, Humanitäre Hilfe, Naturkatastrophen und Ernten, Kultur, Sprache, Totengedenken, Rolle der Frau, Art Kastensystem, Hundefleisch, Kinder, Religionen, Menschenrechte, Bildung, Atomprogramm, geographische Zonen, Tourismus in Nordkorea, politische Rahmenbedingungen, Nachrichtenagentur, Staatsfinanzierung, Atomwaffen. Militär. Strategie und langfristiges Ziel, Exkurs. Rüdiger Frank.

Vietnam: Bevölkerung, Menschenschmuggel, Gesundheit, Wirtschaft, Probleme, Unternehmen, Aktienmarkt und Börse, Politik, Hanoi, das nächste Peking?, Geschichte, Vietnamkrieg, Boat People in Deutschland, Religion und Kultur, Umwelt, Schuhexporteur, Kaffeeexport, Außenhandel, Deutschland und Vietnam, Arbeitsabkommen über Fachkräfte, Deutsch-Vietnamesische Handelskammer, Handelsabkommen, Kooperation mit den USAVietnam als neues China, Konflikt und Kooperation mit China. Bücher über Vietnam.

Myanmar: Allgemein, Geschichte, Politik, Militärputsch und Proteste, Armee in MyanmarEthnische Minderheiten und Rebellenarmeen, Geschichte, Wirtschaft, Deutsche Unternehmen in Myanmar, Deutscher Fußballnationaltrainer, Myanmar und China, Das Malakka-Dilemma, Umwelt, Ethnische Konflikte und Vertreibung,Überläufer, Rohingyas und Flüchtlingscamp, Neues Seidenstraßenprojekt, Billigwerkbank, Ausländische Direktinvestitionen, Opiumanbau, Jade, Seltene Erden, Teak-Exporte (Holz). Unruhen. Luftangriffe der Armee. Humanitäre Katastrophe, Naturkatastrophe, Asean als Rahmen, Kultur, Tourismus. Bridgefy

Kambodscha: Bevölkerung. Politik. Geschichte, Wirtschaft. Außenhandel Kuh-Leih-Projekt,  Hauptstadt und andere wichtige Städte. Seidenstraße und Sihanoukville. Umwelt. Bildung. Erwerbstätigkeit. Exporte/ Fahrradexport. Gesundheit in Kambodscha. Landminen.  Kultur und Literatur. Geschichte und Angkor Wat. Zirkusschule. Repression.

Laos: Bevölkerung/ Einwohner, Hauptstadt. Staatsform. Einfluss Chinas. Thong Hay Hin. Wirtschaft. Rohstoffe. Außenhandel. Verkehr/ Schleichende Übernahme durch China. Zusammenbruch/ Verschuldung? Umwelt.

Philippinen: Allgemein. Bevölkerung. Wirtschaft. Manila als Metropol-Region, Politik, Fidel V. Ramos, Dynastie-Kartell, Geschichte, Rohstoffe Philippinen, Drogenkrieg. Streit mit China. Abkehr von China ab 2023. Philippinen und Deutschland, Philippinen und USA, Balikatan-Übung, Probleme. Steuerbetrug, ReligionCorona-Pandemie und Bildung, Chelsea Marie/ Trans Frau, Naturkatastrophen. Internationales Recht. Gesetz gegen Bomben. Presse/ Kommunikation. Tourismus.

Thailand: Allgemein (Bevölkerung), Politik, Kultur Thailands, Wirtschaft, Global Government, Geschichte, Umwelt/ Naturkatastrophen. Gesundheit. Cannabis, Vipassana - YogaTourismus. Beziehung zu Russland. Gastarbeiter aus Thailand. Thailand und Deutschland, Unternehmen Thailand.

Bhutan: Allgemein, Wirtschaft Cross National Happiness, Außenhandel, Umwelt, Religion Buddhismus, Politik buddhistisches Königreich, Gesundheit, territorialer Konflikt mit China, Bhutan und Deutschland.

Malaysia: Lage und Bevölkerung, Wichtige Städte und Verwaltungsgliederung, Kuala Lumpr, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Wirtschaftslage und Finanzpolitik, Außenhandel, Palmöl, Direktinvestitionen, Malaysia und Deutschland, Unternehmen, Verkehr, MH370-MysteriumKorruption, Gesundheit in Malaysia, Klimaneutralität und Energie, Waldreservat Belum-Temengor/ Tiger,  Unternehmen Malaysia.

Singapur: Geschichte und Bevölkerung, Politik, Wirtschaft, Inflation, Hafen von Singapur, Stützpunkt für westliche Firmen, Singapur und Deutschland, Deutsche Außenhandelskammer in Singapur, Singapur als Hort der Superreichen, Singapur als Zufluchtsort für Chinas Oberschicht Economic Development Board,  Singapur als Konferenz-Standort, Gesundheit und Bildung, Langschwanzmakaken, Modell für den Fortschritt, Smart Nation, Staatskapitalismus als Vorbild.

Nepal: Bevölkerung und Politik, Staatsform und Instabilitäten, Wirtschaft, Außenhandel Nepal, Nepal und Deutschland, Arbeitskräfte in und außerhalb Nepals, Landwirtschaft in Nepal Natur und Tourismus, Katastrophen, Mt. Everest und Bergsteigen, Tiger, Corona in Nepal, Geschichte und Seidenstraße, Religion und Volksglaube. Boudhanath Stupa. Mädchen/ Frauen Stockkampf. "Bikini-Killer".

Brunei Darussalam: Geografie, Politik, Bevölkerung, Religionen, Wirtschaft, Außenhandel.

Timor-Leste: Geographische Lage. Politik. Bevölkerung. Wirtschaft.

Russland (Russische Föderation), Grunddaten, Bevölkerung, Wohnungsmarkt, Gesundheit, Zwangsuntersuchungen für Ausländer, Psychotherapie und Berichtspflicht, Alkoholsucht, Politik, Duma, ZK und PolitbüroSicherheitsrat, KGB, Moskau als HauptstadtAlexej Nawalnyj, Wirtschaft, Notenbank, Rubel und Geldpolitik, Exkurs Rubelkurs, Midas von der Moskwa, Kriegswirtschaft, Tod als lukrativste Nutzung des Lebens,  Oligarchen und Putin, Lebenslauf von Wladimir Putin, Familie von Putin, Michail Gorbatschow, Ökonomische Modernisierung, Unternehmen, Deutsche Unternehmen in Russland. Verstaatlichung deutscher Unternehmen, "Purpose" als Grundlage der Russland-PolitikBörse, Frauenparadoxon, Rohstoffe (insbesondere Öl und Gas), Ölindustrie, Erdgasförderung, Geschichte der Energiebeziehungen zwischen Russland und EuropaTechnologie in Russland, Informationstechnologie und Wettbewerb, Staatshaushalt, Staatsausgaben, Staatsverschuldung, Banken, Finanzmärkte, Konsummärkte, Bedeutung des Finanzplatzes London für RusslandArbeitsmarkt/ Erwerbstätigkeit, Jugendarbeitslosigkeit,  Sozialsystem, Soziale Ungleichheit, Umwelt, Arktis und strategische Bedeutung, Außenhandel und Direktinvestitionen, Außenhandel zwischen Deutschland und Russland. Verhältnis zu EU und USA, Gipfel von 44 Ländern 2022, Victor Orban, Beziehungen zu Deutschland, Russische Vermögenswerte in Deutschland, Immobilienmarkt in Russland und Ausland Verhältnis zu osteuropäischen Ländern, Ostausschuss und Unternehmerrat, Deutsch-Russisches Forum, Deutsch-russischer Petersburger Dialog, AHK in Russland, Russland-Deutsche, Folgen der Russland-Sanktionen für die Deutsche Wirtschaft, Gas-Embargo von Deutschland,   Sanktionen der EU, Deutschlands und der USA (G7), Folgen der westlichen Sanktionen für die russische Wirtschaft Verhältnis zu China, Verhältnis zu Japan, Verhältnis zur Türkei, Verhältmis zum Iran, Verhältnis zum Westbalkan, Verhältnis zu Finnland, Beziehung zu Süd-Afrika, Beziehung zu Thailand, Verhältnis zu den Staaten im Nahen Osten, Tourismus, Religionen, Kultur, LGBTQI+, Fjodor Michailowitsch Dostojewski, Leo N. Tolstoi, Alexander Puschkin, P. I. Tschaikowsky, Siedlung Alexandrowska, Gewaltschulung in der GesellschaftDesinformation, Kauf von Politikern im Ausland, Cyberkrieg, Öffentliche Meinung, Lewada-Zentrum, Memorial, Irina Scherbakowa, NGO Moskauer Helsinki-Gruppe, Geschichte, Russische Geschichtsschreibung unter Putin, Alexander Solschenizyn, Amnya, Polizei und Militär, (Russland liegt überwiegend in Asien, ein kleinerer Teil ist in Europa; deshalb spricht man auch von Eurasien). Afghanistan-Krieg. Gruppe Wagner. Katastrophen. Russland als Schwellenland. Öl, Krisen und Preis. Umweltpolitik in der Russischen Föderation. Russische Unternehmen (Multis), Nord-Stream 2. Quellen.

Weitere Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (ab 1990/91, einige in Europa): Tschetschenien. Georgien. Republik Moldau (Unterstützungsplattform), Weißrussland (Grunddaten, Verhältnis zu Russland und EU, Integrationsdekret mit Russland, Neue Verfassung 2022, vollständige Eingliederung in Russland,  Wirtschaft, Bialystock, Opposition, Arbeitslager, Nobelpreisträger Bjaljazki, Stationierung von Atomwaffen, Belarus und China). Ukraine (in Europa! Ukraine und Deutschland/ EU, Deutsche Unternehmen in der Ukraine, Wirtschaft in der Ukraine, Solidaritätsfonds der EU,Wirtschaftsforum, Ukrainische Exporte, Getreide-Blockade und -Abkommen. Unternehmen in  der Ukraine, Lobbyismus, Geschichte der Ukraine, Konflikt, Kosten des unsichtbaren Krieges, der reale Angriffs-Krieg, Armee der Ukraine,  Stadt Mariupol, Flüchtlinge aus der Ukraine, Szenarien zum Ende des Krieges, Förderung der Krim, System in der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, Andrij Melnik, Serhij Zhadan). Marshallplan Ukraine. Unterstützung EU/ D, Ukraine und GB, Aktionsplattform UN/ Sicherheitsrat, Erwartungen der EU an die Ukraine. Aserbaidschan. Armenien. Kasachstan (Grenzen, Politik, Korruption, Wirtschaft, antichinesische Proteste, Flüchtlinge aus Xinjiang, Unruhen, Wirtschaftsintegration, Kasachstan und Deutschland, Kasachstan und deutsche Unternehmen). Flüchtlinge in Deutschland,  Kasachstan/ Astana als Neu-Moskau, Naturkatastrophen. Turkmenistan. Ruhnama, Usbekistan, das Land als Alternative zu Russland, Samarkand, Kirgisistan, "Basar-Ökonomie für China". Tadschikistan (Letztere sind selbständige Staaten in Zentralasien und Vorderasien, auch heute noch unter starkem Einfluss Russlands; durch Rohstoffe und ihre Lage als Grenzländer auch für China attraktiv).

Mongolei Allgemein/ Lage, Wichtige Städte, Verhältnis zu China, Politik, Wirtschaft und Börse. Rohstoffe/ Bodenschätze, Rohstoffabkommen mit Deutschland. Abkommen über strategische Partnerschaft mit Deutschland, Währung, Außenhandel, Arbeitslosenquote, Energie, Asia-Pacific-Trade Agreement (APTA)Kulturelle Identität. Adlerjagd, Religionen, Der deutsche Dschingis Khan. Gesundheit in der Mongolei. Tourismus.

Afghanistan: Bevölkerung/ Grundlagen. Wichtige Städte und Grenzen. Geschichte. Kultur. Frauenrechte. Kunst, Religionen, Wirtschaft. Außenhandel. Energie. Mohn, Notenbank. Staatseinnahmen. Finanzmärkte und Bankensystem. Rohstoffvorkommen. Umwelt und Natur/ Naturkatastrophen, Politik. Verteilung, Armut, Hungerkrise, Flüchtlinge nach Iran, Usbekistan, Tadschikistan, PakistanKrieg/ Unruhen. Taliban. Andere Gruppen. Ideologie: Paschtunwali und Deobandismus. Afghanistan und Deutschland. Theodor Fontane. Katar. Afghanistan und China. Afghanistan und Russland. Afghanistan und Pakistan, Indien. Afghanistan und Iran/ arabische Länder. Gesundheit und humanitäre Hilfe. Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan. Quellen.

Iran: Bevölkerung und Geografie (auch Regionen, Fläche, Landesteile, Grenzen, bedeutende Städte). Minderheiten. Frauen im Iran. Shirin Ebadi, Apameh SchönauerVerhältnis Männer-Frauen, Geschichte, Wendepunkte und wichtige Ereignisse/ Zeitgeschichte,. Staatssystem. Politische Macht im Regime, Theokratie,  Jugend und Proteste/ Opposition. Besondere Qualität der jüngsten Proteste. Jina Masha Amini, Narges Mohammadi, Fischhändler von Rascht, Evin - Gefängnis. Todesstrafe. Distanzierung im Inland Proteste im Ausland. Resumee der Proteste, Volksmuschahedin (MEK) und Islamisches Zentrum Hamburg, Menschenrechte und UN-Menschenrechtsrat. Internet im Iran. IrnaAtomvertrag und -rüstung. Wirtschaft (Lage), Außenhandel, Bodenschätze/ Rohstoffe, Strontium als Monopol, Staatsverschuldung und Inflation, Suche nach Einnahmequellen, Schattenwirtschaft, Währung, Unternehmen, Aktuelles/ Wirtschaft. Bildung, Arbeitsmarkt. Verteilung, Mittelschicht. Wirtschaftssanktionen. EU-Abwehrgesetz, Iran/ Tauschbörse. Deutschland und Iran. Behzad Karim Khani, Nairi Baghranian, Masih Alinejad, Deutschland als Drehscheibe iranischer Unternehmen, Iran und China. Iran und Indien. Iran und Pakistan. Iran und Irak. Iran und Afghanistan. Iran und Israel. Iran und Türkei, Iran und Russland, Iran und USA. Iran und Saudi-Arabien. Iran und Syrien.  Iran und UN. Iran und Oman, Katar. Iran und Hamas sowie Hispola. Iran und Gazakrieg, Sicherheit, Rüstung und Militär. Al-Kuds-Brigaden. Iranische Raketen, Gesundheit. Heroin und Drogen, Marzipan, Kunst und Kultur (auch Sprache). Persische Mathematik Religionen (Schiiten, Zoroastrismus, Bahai). Salman Rushdie. Umwelt (Flora und Fauna, Wasser).Katastrophen. Quellen.

Malediven, Allgemein, Lage, Sprache, Religion, Politik, Wirtschaft, Währung, Tourismus, Beziehung zu China..

Sonstige (Ozeanien, eigentlich eigener Erdteil, aber sehr eng mit Asien verbunden. Australien, Neuseeland, Salomonen, Samoa, Vanuatu, Fischi, Niue, Papua-Neuguinea, Tonga, Kiribati, Marshallinseln, Mikronesien, Nauru)

Vorderasien: 1 Türkei als Land,  2 Türkei, islamische Kultur und Verhältnis zu Deutschland, 3 Wirtschaftliche Verbindung zu Deutschland.  Saudi-Arabien, Israel, VAE (Dubai), Katar, Bahrain, Syrien, Libanon, Kuweit, Jordanien, Irak, Jemen, Oman, (Kurdistan). Weitere vorderasiatische Länder bei Economics/ special: Globalökonomik/ Ländergruppen, Länder. Dort finden sich auch Länder aus anderen Erdteilen. (z. B. Ägypten, Libyen, Algerien, Marokko, Tunesien). Die Entwicklungsländer Afrikas finden sich unter Globalökonomik/ Entwicklungsländer. Die Länder Mittel- und Südamerikas sind bei Globalökonomik/ Ländergruppen und Länder aufgeführt. Die Länder der EU bilden bei Globalökonomik/ EU eine eigene Kategorie. Weitere Länder Osteuropas sind bei Nachfolgestatten der ehemaligen Sowjetunion (oben) enthalten. Damit sind in meinem System nahezu alle Länder der Welt beschrieben.

Wirtschaftsintegrationen und wichtige Treffen bzw. Kooperationen (Asien-Pazifik-Region als künftiger Wirtschaftsschwerpunkt).

Nach dem Buch der Riten ist die Schildkröte in China eines der vier heiligen Tiere. Sie symbolisiert Kraft, Ausdauer, Festigkeit, Gesundheit  und langes Leben. Schon früh leitete man von ihr kosmische Bezüge ab (gewölbter Panzer als Versinnbildlichung des Himmelsgewölbes, glatte Unterseite als die auf dem Wasser schwimmende Himmelsscheibe). "Behold the turtle. He makes progress only when he sticks his neck out", James Bryant Conant, 1893-1978, American scientist, president of Harvard University. Als Pflanze und Heilkraut der Unsterblichkeit gilt in China Jiaogulan. Sie gilt als äußerst wertvoll für die Gesundheit und für mehr Lebensenergie. 2022 lebt die älteste Schildkröte der Welt auf St. Helena. Die Riesenschildkröte ist 190 Jahre alt.

          Aktuelle Lage und Entwicklungen (Daily news):

"Die Wahrheit in den Fakten suchen", Deng Xiaoping (Schöpfer des modernen, pragmatischen Chinas; 1997 gestorben; 1974 Ministerpräsident, 1977 wurde er wieder stellvertretender Ministerpräsident, 1978 und 1992 stellte er entscheidende Weichen in der Reformpolitik). 1974 reiste er als erster chinesischer Spitzenpolitiker in die USA. Damals konnte China kaum die Reisekosten bezahlen. Das Mitbringsel, eine Puppe, war so billig, dass sich ein Exil-Chinese erbarmte. Folgender Spruch von Deng anlässlich der Eröffnung der ersten Sonderwirtschaftszone Shenzhen 1980 ist auch berühmt: "Lasst den Westwind herein. Reichtum ist ruhmvoll!" Auch folgender Leitsatz ist bekannt geworden: "Verbirg deine Stärke und warte ab". Deng prägte die Ära nach Mao.Er leitete den Wandel eines isolierten Landes, das noch unter der Kulturrevolution litt, zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde - fast ein Wunder.  Seine Karriere war ein ständiges Auf und Ab. Mal war er allein, mal mit wichtigen Kumpanen unterwegs (Ye Jianying, Hua Guofeng, Hu Yaobang, Chen Yun, Zhao Ziyang, Li Peng, Jiang Zemin). Man kannte die Führung in China noch grob. Deng hatte auch als graue Eminenz noch die Macht, als er nur nur die Zentrale Militärkommission leitete (nach dem Motto von Mao: "Macht kommt aus den Gewehrläufen"). Zuletzt war er eine Art Diktator.  Zhongnanhai, das Hauptquartier der Partei neben der verbotenen Stadt, ist heute völlig intransparent. Hinzu kommt, dass die gegenwärtigen und ehemaligen Parteimitglieder an 95 der führenden Privatunternehmen hohe Aktienanteile haben. Heute gilt der Satz von China-Beobachter James Palmer: "Kein Mensch weiß irgendetwas über China: einschließlich der chinesischen Regierung". Das gilt besonders für die Wirtschaft, die im Grunde genommen auf Spekulation aufbaut und wahrscheinlich ziemlich überbewertet ist. "Kein Parteimitglied darf über der Partei stehen und tun und lassen, was ihm gefällt", Deng. Vgl. Dikötter, Frank: China nach Mao. Der Aufstieg zur Supermacht, Stuttgart (Klett-Cotta) 2023.

  China:                  (direkt zu Japan bzw. Sonstige Länder in Asien,

                               Indien (Kaschmir, Pakistan, Bangladesch, Sri Lanka),

                               Indonesien,   Korea, Vietnam, Malaysia,

                              Thailand, Singapur, Taiwan, Myanmar, Bhutan;

                              Russland, Iran, Mongolei, Afghanistan, Brunei

                              Kambodscha, Laos, Philippinen, Nepal

                              auch Australien & Wirtschafts-Integrationen )

                                                                                                             

Geschichte: Das in aller Welt gebräuchliche Wort "China" geht auf den Begründer des Kaiserreichs Shao Sheng zurück, der sich als Kaiser Chín Shi Huang ti nannte, nach seinem Herkunftsland Chin. Er vereinigte 221 vor Christus das in sieben Teilreiche zerfallene Land. Er begründete das chinesische Kaisertum, das in dieser Form 2133 Jahre bis zum letzten Kaiser Pu Yi im Jahre 1912 Bestand hatte (die berühmte Terrakotta-Armee (siehe unten) gehört zu den Grabbeigaben des ersten Kaisers. ER führte umfassende Verwaltungsreformen durch. Er ließ alle Bücher vernichten, damit er neu anfangen konnte. Andererseits war der erste Kaiser unvorstellbar grausam, so dass die Dynastie danach nicht lange Bestand hatte.  Danach kamen als Dynastien die Han, Xin, Jin, Sui, Tang, Song, Yuan, Ming und Qing. In der Ming-Dynastie erreichte der Außenhandel (hauptsächlich über die Seidenstraße) einen Höhepunkt. Porzellan und Seide konnte in Europa noch nicht hergestellt werden. Die Bezeichnung Sinologie - Chinawissenschaft kommt vom griechischen (seres) und lateinischen (serica) für "Land der Seide" vom chinesischen Wort für Seide (si). Die chinesische Flagge ist ein wichtiges Symbol: Auf rotem Untergrund prangt links ein großer gelber Stern, um den herum vier kleinere gruppiert sind. Der große Stern steht für Chinas kommunistische Partei. die vier kleineren stehen für die vier klassen: Arbeiter, Bauern, Kleinbürger und Bourgeosie. die Partei überragt tatsächlich alles. Vgl. auch:  Geschichte Chinas (wesentlich ausführlicher).

Dieses Foto ist in der German-Hall in Xi´an 2012 entstanden (Provinz Shaanxi, 40 km nordöstlich). Ein Großteil kann noch nicht ausgegraben werden, weil bei Sauerstoff-Kontakt die Farben sofort verfallen. Erst 1974 wurde die berühmte Terrakotta-Armee entdeckt. 700.000 Menschen (Soldaten, Sklaven, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene) sollen an dem Projekt gearbeitet haben. Bauern entdeckten beim Brunnengraben zufällig das Grab.  Xi´an war die erste chinesische Kaiserstadt, dann folgt Nanjing (erster Ming-Kaiser, Stadt auch durch die Geschehnisse um John Raabe bekannt; viele deutsche Unternehmen). Seit der Ming-Dynastie (3. Kaiser) und in der Qing-Dynastie (Mandschu) ist Beijing (Hauptstadt im Norden) das Machtzentrum. Heute spricht man von der Mao-Dynastie. Vgl. zur ausführlichen Darstellung der Geschichte "Chinesisches Kaiserreich, Geschichte Chinas"

Chin Shi Huang ti ließ auch andere imposante Bauwerke schaffen. Relativ spät in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurden die Grotten von Lonyou entdeckt. sie sind unter einem buddhistischen tempel verborgen. Sie haben gewaltige Ausmaße und sind mit den Pyramiden in Ägypten vergleichbar. Sie sind archetektonische Wunderwerke und zeugen von der Baukunst der Chinesen vor 2200 Jahren. Lange rätselte man über den Zweck.. Sie dienten wohl als Depot und Waffenlager.

Der größte Kaiser war wahrscheinlich der Ming-Kaiser Yongle (aber auch alkoholabhängig und dann grausam). Die Chinesen selbst nennen ihr Land Zhongguo = Reich der Mitte. Deguo = Deutschland ist das Land der Tugend. Das Hochchinesische "Mandarin" nennen die Chinesen Putonghua  (Allgemeine Sprache) , Zhongwen (Chinesische Sprache) oder Guoyu (Nationalsprache). Das alte, kaiserliche China sah sich als ein Reich, das "alles unter dem Himmel" ist (Tianxia, aus tian-Himmel und xia-darunter).  Die Farbe "Gelb" wurde erst im neunzehnten Jahrhundert den Chinesen zugeschrieben. Damals entstanden die Rassenlehren in Europa. Ursprünglich war "gelb" nur dem Kaiser in China als Farbe vorbehalten. Leute durften weder Gelb noch  Gold verwenden. Der Kaiser nannte sich unter anderem auch "Wan sui ye´" (ein Herr über zehntausend Jahre). Die Kaiser hatten eine hervorragende Infrastruktur aufgebaut (Straßen, Kanäle). Im 15. Jahrhundert hatte China die größte Flotte der Welt ("Schatzflotte"). Burma, Korea und Vietnam gehörten praktisch zu China. Die anderen Nachbarstaaten waren in einer Tributgemeinschaft. Erst 1949 wurde die VR China nach längerer kolonialer Vergangenheit von Mao wieder geeint (nach dem langen Marsch). Ab 1982 öffnete Deng das Land wieder nach außen. Der Untergang der Sowjetunion 1989 ist China ein warnendes Beispiel.

1958 war die Umschrift mit lateinischen Buchstaben fertig. Sie wurde Pinyin genannt. Schöpfer war Zhou Youguang. Er war Wirtschaftsprofessor in Shanghai.  Er war 50 Jahre alt, als ihn der Auftrag ereilte. Zhou schrieb auch ein Buch über die Vorteile von Buchstabenschriften beim Spracherwerb. Seit Jahrzehnten lernen chinesische Kinder und Menschen in aller Welt mit seinem System. Zhou lebt noch 2014 mit 108 Jahren in Peking bei seinem Sohn (Zitat: "Mao Zedong hat Mist gebaut"). Die Chinesen verfügen wahrscheinlich auch über die älteste Schrift der Welt. Sie entstand am Hohang-ho, am Gelben Fluss. Das war um 6.600 v. Chr.. Die Schrift hieß Jiahu - Schrift.

Heute, etwa 2017,  hat China nach 40 Jahren atemberaubenden Aufstiegs die Stellung einer Supermacht und damit wieder die Rolle zur Zeit Yongles in Asien und der Welt. Aber das Ende der Aufwärtsentwicklung der politischen, ökonomischen und technologischen Supermacht ist noch nicht erreicht. Spätestens 2050 wird China einsam an der Spitze stehen.  Vgl. auch Geschichte Chinas.

Konjunktur:  Die Wirtschaft wächst im 1. Quartal um 5,3% (Nationale Statistikamt). Experten zweifeln das an, weil sie nur mit 4,6% gerechnet hatten. Im März 2024 ist der Außenhandel wieder schwächer (-7,5% Exporte). Von Januar bis März 2024 stiegen auf Jahressicht Ein- und Ausfuhren um je 1,5%. Im 3. Quartal 23 wächst die Wirtschaft stärker als erwartet (4,9% im Vergleich zum 2. Quartal, Statistikamt). Im September 2023 gibt Turbulenzen auf dem Devisenmarkt. Die Währung bricht ein. Der Yuan fällt auf ein 16-Jahrestief (7,32 pro US-$; -6% seit Jahresanfang). Grund sind die wirtschaftlichen Probleme Chinas. Im August 2023 sind Chinas Ausfuhren um 8,8% zurückgegangen, die Importe um 7,3. Das ist weniger als von Experten erwartet; der Handel mit Deutschland hat überproportional gelitten (-13,9%). Im Juli 2023 bricht der Export um -14,5% ein (schwache Nachfrage aus den USA und Europa). Auch die Inlandsnachfrage sinkt (Importe -12,4%). Im ersten Halbjahr 2023 sinken die Industriegewinne um -15,5% . Quelle: NBS/ China 2023. China verliert an Bedeutung. Im Frühjahr und Sommer 2023 dümpelt die Wirtschaft schon vor sich hin. Im Juni 23 geht im dritten Monat in Folge die Produktion zurück. Die Exporte brechen auch ein: -12,4% im Jahresvergleich (in die USA -23,7%, nach Deutschland -15%). Gründe sind die Dynamik des Weltmarktes, Inflation und gestiegene -Zinsen und Energiepreise. Im April 2023 ist das Wirtschaftswachstum geringer als im März (Abkühlung). Im ersten Quartal 2023 erholt sich die Wirtschaft überraschend schnell. Das Wachstum liegt bei 4,5%, die Exporte steigen sogar um 14,5%. Im November 2022 bricht der Außenhandel ein: -9,5%; Exporte -8,7%; Importe -10,6% (gegenüber dem Vorjahresmonat, Hauptgrund: Null-covid-Politik)). Neue Lockdowns im November 2022 schüren Konjunkturängste (die Null-Covid-Strategie stranguliert die Wirtschaft). Im Oktober 2022 bricht der Außenhandel ein (-0,3% Exporte, 0,7% Importe, erstmals seit 2 Jahren; schwache globale Nachfrage): eine Hiobsbotschaft. Null-Covid wird 2022 zur Wachstumsbremse. Es gibt Vertrauensprobleme (Vorhersagbarkeit, Nachfrage). Im Juli 2022 legen die Exporte unerwartet stark zu (im Vergleich zum Vorjahreszeitraum; +18%; besonders stark Handel mit Russland +37,1%). Im 2. Quartal 2022 wird die Wirtschaft fast komplett ausgebremst (0,4% im Vergleich zum Vorjahreszeitrau; Null-Covid, Immobilienkrise). 2022 bricht der Binnenkonsum aufgrund flächendeckender Lockdowns und der Immobilienkrise ein. Die Chinesen konsumieren zu wenig. Der offizielle Einkaufsmanagerindex (PMI) fällt auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Corona-Pandemie (42,7 April 22). Hinzu kommen massive Kapitalabflüsse durch die Haltung Chinas im Ukraine-Krieg. Das Exportwachstum schwächt sich im November 21 etwas ab (+22% gegenüber 27,1% im Oktober). Ursache könnte eine Aufwertung des Yuan sein. Die Importe steigen im November um +31,7% (vor allem Kohle, um Energieknappheit zu lösen). Im November 21 belebt sich überraschend nach drei Monaten wieder die Industrietätigkeit (Einkaufsmanagerindex wieder knapp über 50, sinkende Rohstoffpreise und Lockerung der Stromrationierung).  Im September 2021 hält der Exportboom an, auch im Oktober (+27,1%). Der Energiemangel dämpft aber die Aktivitäten. Importe aus Deutschland sind gesunken. Im August kommen Wachstumssorgen in China: Der Einkaufsmanagerindex des Verarbeitenden Gewerbes schwächt sich ab, ebenso ist das Dienstleistungsgewerbe rückläufig. Die Umsätze im Einzelhandel (+2,5%) und die Industrieproduktion (+5,3%) bleiben hinter den Erwartungen zurück (Quelle: Staatliches Statistikamt). Im Juli 2021 schwächt der Exportboom etwas ab (19,3% gegenüber Vorjahresmonat). Im Juni 2021 steigen die Exporte sprunghaft da (+32,2% gegenüber dem Vorjahresmonat, 281 Mrd. $; Importe +36,7% 230 Mrd. $). Im Mai 2021 geht der Einkaufsmanagerindex (PMI) leicht zurück (von 51,1 auf 51 gegenüber dem Vormonat). Die Industrie wächst langsamer. Im 1. Quartal 2021 steigt das BIP um +18,3% an. Das ist das stärkste Wachstum in einem Quartal seit 30 Jahren. Vor allem der Export explodiert (Waren der Medizintechnik und für Homeoffice). Im Jahre 2020 wächst das BIP insgesamt um 2,3% (im letzten Quartal 6,5%; vor allem durch hohe Neuverschuldung; Quelle: NBSC). Im November 2020 gibt es einen Exportboom (+21,1% gegenüber dem Vorjahr). Im 3. Quartal 20 beträgt das Wachstum schon 4,9% (Industrieproduktion legt zu, auch Exporte; im Oktober 2020 sogar um 11,4% gegenüber Vorjahresmonat). Im 2. Quartal ist das BIP Chinas ist das BIP um 3,2% gewachsen (relativ zu anderen Ländern sehr positiv; Statistikbüro Chinas).  Im September 2020 steigen die Exporte im Vergleich zum Vorjahresmonat um 9,9%: Der Außenhandel zieht weiter an. Im Juli 2020 zeigen sich die Ausfuhren deutlich erholt (+9,5% gegenüber dem Vorjahresmonat). Im April 2020 legt die Ausfuhr wieder zu (3,5% gegenüber dem Vorjahresmonat; Importe -14,2%). Im 1. Quartal 2020 bricht das BIP um -6,8% ein (Quelle: Nationales Statistikbüro).2020 gerät Chinas Außenhandel unter Druck. Auch die Wirtschaftsentwicklung insgesamt wird zunehmend vom Corona-Virus beeinträchtigt.  Januar und Februar 2020 ist die Industrieproduktion um -13,5% geschrumpft (gegenüber Zeitraum 2029, stärkster Einbruch seit 30 Jahren).  Die Anlageinvestitionen sinken um -24,5%. Die Einzelhandelsumsätze gehen um -20,5% zurück. 2019 ist der Zuwachs beim BIP so gering wie seit 30 Jahren nicht mehr (6,1%, Pekinger Statistikamt). Im 3. Quartal 2019 geht das Wirtschaftswachstum auf 6,0% zurück (niedrigster Wert seit 1992, damals Sanktionen wegen der gewaltsamen Niederschlagung der Demos). Ursachen sind der Handelskrieg mit den USA und selbst gemachte Probleme. Im April 2019 kommt es zu einem Exporteinbruch (2,7% binnen Jahresfrist). Im März 2019 sind die Exporte wieder unerwartet gestiegen (14,2% zum Vormonat, auch saisonaler Effekt des Neujahrsfestes im Februar). China senkt seine Wachstumsziele für 2019 (6,0 bis 6,5%; IWF geht von 6,3% aus; einige Experten befürchten 5,8%). Die Industrieproduktion ist im Januar und Februar 2019 nur um 5,3% gewachsen (schwächstes Wachstum seit 17 Jahren, Export bricht auch ein, Quelle: Nationales Statistikamt, März 2019).  Die Gewinne in der Industrie wachsen 2018 auch langsamer (nur noch 861 Mrd. € Überschuss, Quelle:  Statistikamt, insgesamt ist die Wirtschaft 2018 um 6,6% gewachsen). Ende 2018 gehen die Exporte um 4,4% gegenüber dem Vormonat zurück. Im dritten Quartal 2018 scheint der Handelsstreit mit den USA das Land doch zu bremsen (6,5%).  Es mehren sich Ende 2018 die Anzeichen, dass der Handelskrieg Chinas Wirtschaft bremst.  Im April 2018 steigt der Außenhandel noch kräftig an: 12,9% wuchsen die Exporte (Vorwegnahme?). Die Importe stiegen um 21,5%. Das mitten im Handelsstreit mit den USA. Für das 2.Quartal 2018 wird allerdings nur mit einem Wachstum des BIP von 6,7% gerechnet.  2017 droht Chinas Wirtschaft eine Flaute (steigende Staatsverschuldung, Zinswende in den USA; Überprüfung der Handelspolitik in den USA). Doch es kommt anders: das chinesische Wachstum ist erstmals seit sieben Jahren höher ausgefallen als im Vorjahr (6,9%).  Im Juni 2016 gehen Chinas Exporte um -4,8% zurück. Die Exporte wachsen langsamer als erwartet (Juli 2017: 7,2% gegenüber dem Vorjahresmonat; Importe +11%; August nur 5,5% gegenüber Vormonat). Doch Daten aus dem Ende 2016 zeigen China überraschend robust (Erzeugerpreise, Verbraucherpreise). Im ersten Quartal 2017 wächst die Wirtschaft sogar um 6,9% (allerdings hat Immobilienboom stark beigetragen). Im ersten und zweiten Quartal 2016 betrug das Wachstum 6,7% (niedrigster Wert seit 2009; Experten zweifeln diese Zahl noch an). Xu Shaoshi, Chinas oberster Wirtschaftsplaner, rechnet für 2016 mit 6,7% Wachstum. Im März 2016 haben erstmals wieder die Exporte zugelegt nach langer Durststrecke (halbes Jahr, 11,5% zum Vorjahresmonat). Im Oktober 2016 brechen die Exporte wieder ein (minus 7,3%). Das geht auf eine maue Weltwirtschaft zurück. Direkt zu Beginn des Jahres 2016 gibt es weitere Einbrüche am Aktienmarkt in Shanghai wegen des Rückgangs der Industrieproduktion (hohe Volatilitäten auch am Devisenmarkt). In den ersten zwei Monaten des Jahres 2016 sinkt die Industrieproduktion auf das niedrigste Niveau seit der Finanzkrise 2008. Die Wirtschaft verlor schon 2015 an Dynamik (das Wirtschaftswunder scheint dem Ende entgegen zu gehen; das Wachstumsziel für die nächsten Jahre wird auf 6,5% gekappt; die Industrieproduktion geht im Dezember 2015 im fünften Monat in Folge zurück). Ende Juni 2015 senkt die Zentralbank die Leitzinsen erneut, um die Konjunktur anzukurbeln (um 25 Basispunkte auf 4,85 %; vierte Reduzierung seit November 2014). Am 25.08.15 gibt es sogar eine weitere Senkung des Leitzinses auf 4,6%. Die Regierung steuert mit Steuersenkungen, Mehrausgaben und lockerer Geldpolitik dagegen. Der Hauptgrund für Rückgänge bei den Gewinnen sind sinkende Preise (Unternehmen versuchen mit hohen Rabatten ihre Marktposition zu verteidigen). Der Aktienmarkt ist hoch volatil (Blase in Shanghai; die größten 21 Broker stemmen sich gegen den Kurssturz; zuletzt muss der Staat eingreifen und Unternehmen aus dem Markt nehmen; am 27.07.15 weiterer Einbruch um 8%). Der nächste Einbruch ist am 24.08.15 um 8,5%. Dreimal wertet die PBoC den Yuan ab, um die Exporte anzuregen. Diese sind im Juli 2015 um -8,3% zum Vorjahresmonat eingebrochen (Staatliches Amt für Statistik China). 2014 und Anfang 2015 kommt die Wirtschaft trotz guter Exportquoten nicht in Schwung. Im ersten Quartal 2015 betrug das Wachstum nur 7% (vergleichbar 2009 nach der Finanzkrise 66,6%). Das Wirtschaftswachstum betrug 7,4% für 2014 (3. Quartal 7,3%; kleinere Firmen haben Probleme). Für 2015 werden nur noch 7% Wachstum erwartet (Renminbi vor Abwertung, Importe brechen ein, Bankenkrise, möglicher Immobiliencrash, "allgemeine gesellschaftliche Erstarrung"; 7% auch Prognose beim Volkskongress im März 2015). Das wäre das schwächste Wachstum seit einem Vierteljahrhundert. Die Lage in China könnte die Wirtschaft weltweit beeinträchtigen. Im Februar 2014 brechen die Exporte sogar ein (-18,1%). Auch im März 14 sinken die Exporte um 6,6%, die Importe sogar um -11,3%. Im Mai 2014 wächst die Wirtschaft wieder wie seit fünf Monaten nicht mehr. Der Staat kurbelt die Konjunktur an. Das geringe Wachstum ist aber staatlich gewollt, weil die Wirtschaft neu strukturiert werden soll. Evtl. können doch 7,5% Wachstum erreicht werden (Industrieproduktion und Einzelhandelsumsatz legen spürbar zu; offizielle Prognose des Statistikamtes). Im zweiten Quartal 2014 lag das Wachstum schon bei 7,5%. Die Immobilienblase könnte platzen und das Land hätte seine eigene Finanzkrise. Die strukturellen Probleme und der Raubbau an der Natur rächen sich. Chinas Wirtschaft wächst Ende 2013 wieder schneller (Industrieproduktion November +10,1%; Dezember +10,3%) und gewinnt Anfang und Mitte 2013 an Zugkraft. Die Exporte sind im Februar 2013 im Vergleich zum Vorjahresmonat sprunghaft um mehr  20% gestiegen. Im Mai wachsen sie allerdings nur noch um 1%; im Juni gehen sie um 3,1% zurück. Die Wirtschaft wächst im ersten Quartal um vergleichsweise schwache 7,7%, im zweiten Quartal nur um 7,5% (schwächster Wert seit 22 Jahren). Im August 2013 steigen die Exporte unerwartet stark um 7,2% (in die südostasiatischen Länder um über 30%). Das Land leidet 2013 aber auch an einer Finanzblase (absurde Bauprojekte, riskante Anlagen); die Löhne steigen relativ stark an. Die neue Regierung will den Konsum ankurbeln (damit sänke die Sparquote und der Handelsbilanzüberschuss). Im dritten Quartal 2012 fällt das Wachstum auf das niedrigste Niveau seit drei Jahren (große Überkapazitäten in der Stahlbranche). Im zweiten Quartal 2012 fällt die Wachstumsrate auf 7,6%. Auch die Inflation geht stark zurück, so dass sogar eine Deflation droht. Der Staat versucht, sich dagegen zu stemmen (kritische Schwelle 8%). Ein Mega-Konjunkturprogramm zur Stärkung der regionalen Wirtschaft und gegen Arbeitslosigkeit wurde eingeleitet (885 Mrd. €). Fehlinvestitionen sollen aber vermieden werden (nicht Immobilien, sondern Schienen, Straßen und Kraftwerke). Die Zentralbank senkt im Juli die Zinsen weiter und lockerte die Mindestreserveanforderungen. Im ersten Quartal 2011 läuft die Wirtschaft noch heiß. Im dritten Quartal 2011 schwächt sich das Wachstum auf 9,1% ab, im vierten Quartal auf 8,9%. Das Wachstum flaut auch in China ab. Die Industrie schrumpft auch im Dezember. Insgesamt wird  9,2 % Wachstum für 2011 erreicht (2012 etwa 8%-8,5%, im März 12 auf 7,5% korrigiert, Weltbank-Prognose 8,2%). Die Inflation steigt auf den höchsten Stand seit 2008 (5,4%). Dann flaut die Wirtschaft, insbesondere die Produktion,  etwas ab (schlechte Nachfrage aus USA, Geldpolitik). Die wegen der Inflation harte Geldpolitik soll gelockert werden wegen einer Abschwächung der Weltwirtschaft. So ergibt sich Ende 2011 eine Stopp- (Leitzins und Mindestreservesatz erhöht) und Go-Politik (Verteilung von Geld und Krediten durch den Staat). Anfang 2012 wächst der Außenhandel deutlich langsamer. Der Mindestreservesatz wird im Februar 2012 wieder auf 20,5% gesenkt, um "eine harte Landung zu verhindern". Im Mai 2012 legen die Exporte wieder deutlich zu (+15,3%). Im ersten Quartal 2010 lag das Wirtschaftswachstum bei 11,9% (vor allem durch den Privaten Konsum getragen). Im Mai steigen die Exporte um 49% (Februar 2010 steigen die Exporte um 45,7%, die Importe um 44,7%). Chinas Importe wachsen im Herbst 2011 schneller als die Exporte (Wachstum aus eigener Kraft). Die Industrieproduktion stieg um 21%. Im März gibt es erstmals wieder einen Importüberschuss (7,24 Mrd. $, wegen Konjunkturprogramm). Allerdings steigt auch die Inflation um +2,7%. Dies zeigt China insgesamt als Gewinner der Krise und zunehmend als Anker der Weltwirtschaft. Allerdings gibt es 2010 auch Warnsignale für einen Crash an den Finanzmärkten (vor allem Immobilienmarkt, es könnte ein Preissturz kommen, es könnten Unruhen drohen). Damit zusammenhängend ist ein gewaltiger Bauboom. Mitte 2010 verdichten sich die Indikatoren für einen Zusammenbruch des Immobilienmarktes. Dieser würde auch die Banken mit in den Abgrund ziehen. Indizes deuten Mitte 2010 auch auf sinkende Produktion und Exporte (Auslaufen Konjunkturprogramme, Einschränkung der Kreditvergabe). Von Januar bis Juli 2008 ging der Außenhandelsüberschuss noch um 9,6% zurück (immer noch 123,7 Mrd. $). Im November 08 brechen die Exporte dramatisch ein (erstmals seit sieben Jahren Rückgang, -2,2%). 2009 wurden bis August 23,4% weniger exportiert als letztes Jahr. Noch schlimmer ist der Einbruch im ersten Quartal 09. So stellt sich im März 2010 erstmals seit sechs Jahren ein Handelsdefizit heraus. Von April bis Juni 09 wuchs die Wirtschaft allerdings wieder um 7,9%, für das Jahr 2009 beträgt das Wachstum 9,1% (letztes Quartal 10,7%). Die Produktion ist danach gegenüber dem Vorjahr um 12,3% gestiegen. Würde das Wirtschaftswachstum unter 8% betragen, wäre höhere Arbeitslosigkeit die Folge, man braucht mindestens 8%; geringstes Wachstum seit 17 Jahren; immerhin als einzige der großen Volkswirtschaften noch relativ hohes Wachstum mit 8,7% 2010. Die Krise trifft Exportfirmen und mittelgroße Firmen besonders hart. Die Regierung macht im Herbst 2008 ein Konjunkturprogramm . Mit weiteren großen Ausgabenprogrammen, die die Sozialversicherung und den Finanzsektor weiter ausbauen, sollen die Sparquote gesenkt und der Konsum angeregt werden. Der Konsumanreiz gelingt 2009 nicht wie erhofft. Ab Juni 2009 ist wieder ein Zuwachs der Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe zu beobachten (schon im ersten Halbjahr hat die Produktion wieder um 7% zugelegt). Durch die Bindung an den Dollar profitiert China bei den Exporten. Der Stahlboom hält an, China scheint über Bedarf zu produzieren. Es drohen Überkapazitäten und eine Überflutung der Märkte mit Billigprodukten. Auf dem Immobilienmarkt droht einen Überhitzung. Der Staat drosselt die Kreditvergabe der Banken. "Wenn China bebt, erzittert die Welt", Alain Peyrefitte, 1973.  Seit Oktober 2007 hat der Shanghai-Index rund 60% verloren. In Folge der Hypothekenkrise in den USA kommt es zu weiteren Kurseinbrüchen. Am stärksten am 21. 01.08 (größter Abfall seit 11.09.01). Nach der amerikanischen Leitzinssenkung durch die Fed um drei Viertel Prozentpunkte begann eine Berg- und Talfahrt an den asiatischen Aktienmärkten (-26% Hang Seng gegenüber dem Höchststand 2007, CSI Shanghai 2008 -30%). Weitere dramatische Kurseinbrüche gibt es nach der Pleite von Lehman Brothers. Ebenso nach Ablehnungen des Rettungspakets in den USA (auch Nikkei, Sensex) und am 06.10.08 (Einbruch beim Hang Seng). 2008 verzeichnet der MSCI China Index einen Rekordverlust von 53%. Im ersten Quartal 2009 steigt er um 50%! Mitte 2009 herrscht wieder Euphorie und die Kurse steigen weiter (bis Mitte 2009 ca. 50%). Am 19.08.09 kommt es zu einem Einbruch. In China könnte vor einer Situation wie Japan in den Neunziger Jahren stehen. Die Zinsen werden mehrmals gesenkt. Im März 2007 bricht der Handelsüberschuss ein. China verdrängt 2006 Deutschland von der dritten Stelle der Automobilproduzenten (hinter den USA und Japan, das wohl 2007 überholt wird). 2006 wächst der Autoabsatz um 40%. Die Regierung setzt seit 2006 auf einen Wachstumskurs mit mehr Konsum und weniger Exporte. Die heimische Nachfrage soll den Exportrückgang auffangen. Die Regierung schnürt im November 2008 ein Konjunkturprogramm in Höhe von 450 Mrd. $, das vor allem der Infrastruktur zugute kommen soll. Durch die Initiativen lokaler Regierungen wuchs es auf 1,2 Bill. €. Im März 2009 wird das Programm noch erweitert (465 Mrd. € werden bereitgehalten). Es herrscht die größte Energieknappheit seit 20 Jahren, es droht eine Trinkwasserkrise; das starke Wirtschaftswachstum bedroht insgesamt die Umwelt. China kümmert sich verstärkt um Afrika: bis 2010 soll der Handel auf 100 Mrd. $ verdoppelt werden; China ist besonders an Rohstoffen interessiert. Ende Januar 2007 besucht Hu Jintao zum 2. Mal binnen eines Jahres den Kontinent (mit 3 Mrd. $ Krediten). "China hat anderen Ländern nie seinen Willen aufgezwungen und wird das auch in Zukunft nicht tun", Hu Jintao zu dem Vorwurf, sein Land wolle Afrika kolonialisieren. 2007 rückt China an die 2. Stelle der Exportländer und wird voraussichtlich 2009 Deutschland als Exportweltmeister ablösen. Befristete Sonderangebote werden wegen Tod durch Drängelei verboten. Der Asien-Pazifik-Ausschuss der deutschen Wirtschaft ruft kurz vor Beginn der Olympischen Spiele zu einem fairen und vertrauensvollen Umgang der Deutschen mit China auf. Bei einem Besuch von Wirtschaftsminister Gabriel in China im Juli 2015 wird eine Absichtserklärung über eine engere Kooperation der Industrie unterzeichnet (mit Industrieminister Miao Wei). Ende Mai 2017 senkt erstmals seit 1989 die Ratingagentur Moody´s die Kreditwürdigkeit Chinas (von Aa3 auf A1). Ende Mai 2017 besucht der chinesische Premierminister Li Keqiang Deutschland (China ist wichtigster Handelspartner als Einzelland). Am 01.06.17 gibt es einen Wirtschaftsgipfel zwischen EU und China in Brüssel. Gemeinsam lehnen sie Trumps Isolationspolitik ab. Das nächste Gipfeltreffen zwischen der EU und China findet am 16.07.18 in Peking statt. Es wird ein Wirtschaftsabkommen beschlossen. 16 Bergleute sterben bei einem Grubenunglück im September 2020 im Südwesten Chinas (nahe der Millionenmetropole Chongqing). Chinas Gruben gelten als die gefährlichsten der Welt. Jedes Jahr kommen tausende von Bergarbeitern ums Leben. Die Aufsicht der lokalen Behörden funktioniert nicht. Viele Unglücke werden auch vertuscht. Die Regierungskonsultation findet am 28.4.21 zum zehnten Mal statt (Merkel, Le Keqiang, Kabinette). Sie ist virtuell, Gastgeber ist China. Sie bei den Geschäften erfolgreicher als bei den Menschenrechten. Außer Menschenrechten geht es um die Zusammenarbeit der Wirtschaft bei Klimaschutz und Gesundheit. Die Konsultationen finden alle zwei Jahre statt.  "China überspringt gerade mehrere Entwicklungsstufen, für die Europa Jahrzehnte brauchte", Jürgen Hambrecht, vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses und BASF.

Gesellschaft, Politik und Reformen: Der steigende Reformstress und der wachsende Abstand zwischen Armen und Reichen führt zu einer wachsenden Zahl gewaltsamer Auseinandersetzungen, vor allem in den armen Provinzen (z. B. in Donzhou: 20 Tote bei Protest gegen Enteignung für ein Windkraftwerk, zum Ausgleich fehlt ein funktionierendes Rechtssystem),  das Einkommen der Bauern hält dem schnellen Wachstum nicht stand, Wanderarbeiter sterben zu Tausenden (weniger als 20% aller Erwerbstätigen sind in einer Sozialversicherung). Chinas Bergwerke sind die gefährlichsten der Welt. Ein schweres Unglück ist im November 2009 mit 104 Toten. Das letzte schwere Unglück ist im April 2010 in der Provinz Shanxi. 115 Kumpel können gerettet werden. Vom 15. 10. - 20. 10. 07 fand der 17. Parteitag der KPC statt, wo die Richtlinien für die zukünftige Politik aufgestellt werden.  Das "blinde Wachstum" soll beendet werden (gerechtere Verteilung des Wohlstands und mehr Umweltschutz). Außerdem konnte Hu Jintao mehr Anhänger in den ständigen Ausschuss des Politbüros (9 Mitglieder) hineinholen . Ab 5. März 2007 fand der Nationale Volkskongress für 10 Tage statt, auf dem knapp 3000 Delegierte den 5-Jahresplan beschlossen (Vorsitzender: Wu Bangguo).  Es ging u. a. um ein umweltfreundliches Wirtschaftswachstum (Energie sparen, geringere Verschmutzung), mehr Gerechtigkeit und ein neues Eigentumsrecht. Bis Mitte März 2008 findet wieder der Nationale Volkskongress statt. Die Regierung soll transparenter werden: die 28 Ministerien, 37 Zentralbehörden und 29 Koordinationsstellen sollen transparenter und verringert werden. Xi Jinping, auch Präsident der Parteihochschule, soll zum stellvertretenden Staatspräsident gewählt werden, Li Keqiang zum stellvertretenden Ministerpräsidenten. Vom 05.03. bis 19.03.2009 berät der Nationale Volkskongress über die Wirtschaftskrise. Die steigende Arbeitslosigkeit schürt die Furcht vor Unruhen. Auf dem am 05.03.10 beginnenden Volkskongress wird versucht, den Immobilienmarkt abzukühlen. Der überhitzte Immobilienmarkt ist die Schattenseite des Booms. Mao-Nachfolger Hua Guofeng starb im August 2008. Auch China beteiligt sich mit zwei Zerstörern an der Piratenjagd vor Somalia (erstmals seit 200 Jahren außerhalb Chinas). Bei einem Besuch der US-Außenministerin Hillary Clinton in China im Februar 2009 vereinbaren beide Länder mehr Kooperation in der Wirtschaftspolitik. Im Frühjahr 2009 will sich China in europäische Firmen einkaufen. Mitte März 2011 beschließt der Volkskongress wieder einen neuen Fünfjahresplan: 1,5 Billionen Dollar werden in die Schlüsselindustrien investiert (Erneuerbare Energien, Informationstechnologie, Elektroautos). 45 Flughäfen werden gebaut.  "...Und wenn sie ihre Bäume rot anstreichen, können wir das zwar komisch finden, die kulturellen Unterschiede sollten wir bei der Beurteilung dieser Spiele aber nicht vergessen, Jochen Zeitz, Puma, im Handelsblatt Nr. 163, 22.08.08, S. 7.

In China gibt es mittlerweile 300.000 Dollar-Millionäre und 64 Dollar-Milliardäre (2010, Forbes). Anwohner sollen die chinesische Mauer vor Vandalismus schützen. Anlässlich der Olympischen Spiele hat die KP im Sommer 2006 eine Benimm-Kampagne für Chinesen gestartet. Sie richtet sich an Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes und an Manager von Staatsbetrieben. Über 2 Mio. Menschen wurden wegen der Spiele umgesiedelt. Ca. 45% aller in China verkauften Bücher, Filme, CDs und Computerprogramme sind Raubkopien (Xinhua). Die Kontrolle ausländischer Presseagenturen wird verschärft (Xinhua hat Vorzensur).  Für Olympia 2008 wird auf Zeit die Pressefreiheit gelockert. 2005 übernachteten ca. 850.000 Chinesen in Deutschland (70-80 Mio. können sich eine Auslandsreise leisten). Michael Schäfer wird neuer deutscher Botschafter in China. Die chinesische Führung stockt 2007 ihre Truppen im muslimischen Gebiet "Xinjiang" auf in der Furcht vor Unruhen. China stoppt den Organ-Tourismus 2007 (2005 zwischen 15.000 und 20.000 Organverpflanzungen bei Ausländern für durchschnittlich 60.000€). Ende März 2007 besucht der chinesische Präsident Hu Jintao Russland, das ein wichtiger Energielieferant ist (strategische Partnerschaft bei Öl und Gas). Ende Mai 2007 besucht Bundespräsident Köhler China: die Zusammenarbeit in Wirtschaft, Umweltschutz, Energie und Kultur soll verstärkt werden. Die chinesische Polizei zerschlägt 2007 einige Menschenhändlerringe, die auch Kinder als Sklaven gehalten haben. Am 01.07.07 feiern Hongkong und China den 10. Jahrestag der SVZ ("Ein Land, zwei Systeme"). Der Chef der Aufsichtsbehörde Für Lebensmittel und Arzneien Zheng Xiaoyu wurde Mitte 2007 hingerichtet. Angesichts drastisch steigender Lebensmittelpreise, insbesondere von Fleisch, fürchtet die Regierung im Sommer 2007 soziale Unruhen. Bei ihrem China-Besuch Ende August 2007 mahnt die Bundeskanzlerin die Einhaltung der internationalen Spielregeln an. Ende August werden 5 Minister ausgewechselt. Der Dalai-Lama-Besuch im Kanzleramt bei Frau Merkel erzürnt die Regierung in Peking, sie sagt mehrere Gesprächstermine ab. (Die Bundesregierung unterstützt das Autonomiestreben Tibets). Auch die Imagekampagne "Deutschland und China - gemeinsam in Bewegung", die drei Jahre laufen sollte, ist ins Stocken geraten. Am 28.11.07 fand der EU - China - Gipfel in Peking statt. Erst im Januar 2008 wird die diplomatische Krise zwischen Deutschland und China beendet. Ende Januar 2008 zum Frühlingsfest wird China von der größten Schneekatastrophe seit Jahrzehnten heimgesucht (Schäden in Höhe von 5 Mrd. €). Demonstrationen und Proteste  in Tibet (Autonomie, Religionsfreiheit) im März 2008 werden gewaltsam niedergeschlagen. Die Unruhen greifen auch auf andere Provinzen über. Der Dalai Lama spricht von "kulturellem Völkermord". China lehnt den Dialog mit dem Dalai Lama ab. Zehntausende ausländische Studenten müssen während der Olympischen Spiele das Land verlassen. Auch Geschäftsvisa aus Hongkong werden verschärft. Am 12. Mai 2008 gibt es ein schweres Erdbeben in der Provinz Sichuan (über 70.000 Tote). Zerstört wurde auch das Venedig des Ostens Dujiangyan, das zu den drei Weltwundern der chinesischen Antike zählt. Der Wiederaufbau dürfte insgesamt mindestens drei Jahre dauern und ca. 500 Mrd. Yuan (50 Mrd. €) kosten. Deutschland leistet Hilfe durch mobile Krankenhäuser und den Wiederaufbau von Schulen. Der chinesische Außenminister Yang Jiechi erklärt die Beziehungen offiziell wieder für normal. Im April 2010 gibt es ein schweres Erdbeben in der Provinz Qinghai (12.00 Verletzte, 100.000 Menschen ohne Wohnung). Vor den Olympischen Spielen legt die Regierung das Programm "soziale Harmonie und Stabilität schützen" auf, um gegen Kritiker in den Provinzen vorzugehen. In West-China führen die Uiguren mehrere Attentate durch. Die auch für die internationale Presse verhängte Internetzensur wird kurz vor Beginn der Spiele gelockert. Die Spiele wurden am 08.08. 2008 eröffnet. Nach dem Ende der Paralympics wird das Fahrverbot einzelner Tage in Peking beibehalten. Eine Chemikalie (meist Melamin) im Milchpulver verschiedener Hersteller (20 Firmen) macht in China über 50.000 Kinder krank.  Der Chef der Qualitätskontrolle tritt zurück. Deutsches Milchpulver soll den Bedarf decken. China lässt Ende Nov. 08 den China- EU-Gipfel platzen, weil Sarkozy den Dalai Lama treffen will. 2009 wird ein neuer "Gedenktag der Befreiung der Leibeigenschaft" der Tibeter vor 50 Jahren verkündigt (Propaganda: das Gute soll das viele Schlechte in Begleitung der gewaltsamen Kollektivierung übertünchen). Dieser Gedenktag der Machtübernahme in Tibet vor 50 Jahren wird am 28. März 09 gefeiert. Die chinesische Regierung veröffentlicht im April 2009 einen Aktionsplan für Menschenrechte (stärkerer Rechtsschutz, Einkommensverbesserungen, erweiterte Möglichkeiten für Rechtsbeschwerden). Die geheimen Memoiren vom ehemaligen KP-Chef Zhao Ziyang über die Ereignisse auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1989 geben tiefe Einblicke in die Struktur der KPC. Der wichtigste Dissident Chinas Bao Tong gibt am 18. Mai 09 ein viel beachtetes Interview im Handelsblatt. Ende Juni 2009 kommt es zu schweren Unruhen in der zentralchinesischen Provinz Hubei. Im Juli kommen bei Unruhen von Uiguren in der westchinesischen Provinz Xinjiang über 200 Menschen ums Leben (die muslimischen Uiguren fühlen sich von den Han-Chinesen unterdrückt, es gibt später 200 Gerichtsverfahren). Vor dem 60. Geburtstag der Staatsgründung am 01. 10. wurden die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt (Ausländer nicht nach Tibet, Ring um Peking, strenge Kontrolle). Die Feierlichkeiten wurden mit einer gewaltigen Parade begangen. Der Ehrenpräsident des chinesischen PEN-Clubs, Liu Xiaobo, muss elf Jahre ins Gefängnis. Ende 2009 wird das Grab des legendären Herrschers Cao Cao bei der Stadt Anyang in der Provinz Henan entdeckt. 2010 will sich Google aus China zurückziehen wegen der Zensur. Peking droht den USA mit Sanktionen wegen der Waffenlieferungen an Taiwan. Der private Empfang des Dalai Lama bei Obama belastet die Beziehungen weiter. Im Süden Chinas wurden Mitte 2010 1,4 Mio. Menschen wegen einer drohenden Hochwasserkatastrophe evakuiert. Beim Besuch von Bundeskanzlerin Merkel in China im Juli 2010 sollen die Beziehungen beider Länder auf eine völlig neue Ebene gestellt werden (Zusammenarbeit bei der Reform der Finanzmärkte und beim Kampf gegen Klimawandel). Im September 2010 löst Premier Wen Jiabao in der Staatsspitze einen Streit über die Zukunft der Reformpolitik aus ("Donner ohne Regen"?). 2010 bestimmt China den zukünftigen Partei- und Staatschef: Xi Jinping. Auf den Friedensnobelpreis an Liu Xiabao reagiert die chinesische Führung hysterisch und erfindet sogar einen Gegennobelpreis, den Konfuziuspreis. Ende 2010 startet der oberste Korruptionsbekämpfer Wu Yuliang eine neue Kampagne gegen "Extravaganz und Verschwendung". Verschwenderische Exzesse der Spitzenfunktionäre kosten Milliarden. Im Januar 2011 besucht Chinas Präsident Hu Jintao die USA. 2011 wird die Todesstrafe für zahlreiche Verbrechen abgeschafft. Im April 2011 wird der Künstler Ai Weiwei verhaftet (Wirtschaftsverbrechen lautet die Anschuldigung). Vor dem Deutschland -Besuch der Regierung wird er freigelassen zusammen mit dem Menschenrechtsaktivisten Hu Jia. Beim Besuch werden Wirtschaftsverträge in Höhe von 10,6 Mrd. € unterzeichnet. Jeder 50. ausländische Tourist kommt mittlerweile aus China. 2012 bekommt China wahrscheinlich eine neue Doppelspitze: Xi Jinping und Li Keqiang. Im Februar 2012 besucht die Bundeskanzlerin Merkel China (fünfte Mal als Kanzlerin, Hilfe bei der EU-Schuldenkrise, Werbung für chinesische Direktinvestitionen in D.). Am 05.03.12 beginnt wie jedes Jahr der Volkskongress in der Großen Halle des Volkes in Peking (3000 Mitglieder). In den mittleren und niedrigen Gehaltsgruppen soll das Einkommen erhöht werden, um die Binnenkonjunktur zu stärken. Die Abhängigkeit vom Außenhandel soll verringert werden. Es wird ein neues Gesetz für Geheimarrest beschlossen. Im Herbst 2012 ist dann der Kongress der Kommunistischen Partei, bei dem die neue Parteiführung gekürt wird. Der Vorsitzende der KPC in der Metropole Chongqing ist im März 2012 seines Amtes enthoben worden (Bo Xilei, er galt als kommender Star, Sohn eines der "acht Unsterblichen"). Angeklagt wird seine Frau. Im September 2012 wird Bo aus allen Parteiämtern ausgeschlossen (vom Parteikongress im Herbst 2012 bestätigt; auch Ausschluss von Liu Zhijun). Im September 2013 wird Bo zu lebenslänglich verurteilt. Im April 2012 flüchtet der Regimekritiker Chen in die amerikanische Botschaft in Peking, verlässt sie zu einem Klinikaufenthalt. Er kann die USA ausreisen. Im Mai 2012 weist China erstmals seit 14 Jahren wieder die Journalistin Melissa Chan von Al Jazeera aus. Im August 2012 tagt die gesamte Führungselite der KPC in Beidaihe (Badeort 100km östlich von Peking). Von heftigen Machtkämpfen wird berichtet. Ende August 2012 besucht die Bundeskanzlerin Merkel zum sechsten Mal in ihrer Amtszeit China (regelmäßige Regierungskonsultationen nur mit 6 Ländern, Wirtschaftsverträge im Volumen von 4,8 Mrd. €). Im September 2012 ist der künftige Staatschef Xi Jinping für längere Zeit verschwunden. Er taucht wieder auf (es gibt in China Gerüchte über einen Putschversuch seines ärgsten Widersachers). Der chinesische Schriftsteller Mo Yan bekommt den Literaturnobelpreis 2012. Er verteidigt in der Folgezeit die Zensurpolitik Chinas und gerät immer mehr in die Kritik. Der chinesische Schriftsteller Liao Yiwu erhält den Friedenspreis des deutschen Buchhandels 2012 (vier Jahre wegen eines Gedichts im Gefängnis, lebt seit 2011 in Berlin). Ende Oktober tauchen im Internet Informationen über die Vermögensverhältnisse von Premierminister Wen Jiabao auf: Milliardär (2,1 Mrd. €), Familie in Führungspositionen. In China werden die Seiten gesperrt; die Familie dementiert (wahrscheinlich zum Teil US-Propaganda). Der zukünftige Premier Li Keqiang ist der erste Wirtschaftswissenschaftler an der Spitze. Der 18. Parteitag mit 2200 Delegierten wählt im November 2012 die neue Führungsspitze. Weitere Themen: Korruption und stärkere Binnenmarkt-Orientierung. Auf neuen chinesischen Reisepässen werden schon Gebiete der Volksrepublik zugerechnet, die andere Länder als ihr Territorium betrachten. Beim zehntätigen Volkskongress 2013 (2978 Abgeordnete) , der am 05.03. beginnt wird der Machtwechsel vollzogen. Xi Jinping wird auch zum neuen Präsidenten gewählt. Li Keqiang wird zum Ministerpräsidenten ernannt. Die Themen sind die gleichen geblieben (Gegensatz zwischen Arm und Reich/ Wohlstandsgefälle, Korruption, Umweltverschmutzung, Verschuldung der Kommunen/ Fehlinvestitionen, Demokratisierung, Immobilienpreise in den Zentren). Ein Erdbeben im Südwesten Chinas (Provinz Sichuan, Region Ya ´an (eine Geburtsstätte der Teekultur, Panda-Bären-Zentrum), 140 km von Provinzhauptstadt Chengdu) richtet im April 2013 großen Schaden an. Über 150 Menschen sterben, über 5500 werden verletzt. Im Mai 2013 wird der Vizechef der Zentralen Planungsbehörde wegen Korruption entlassen. Im September 2013 befreit die Polizei 92 Kinder aus der Hand von Menschenhändlern (einträgliches Geschäft bei der Ein-Kind-Politik). Mitte November tagt in Peking das "Dritte Plenum des 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei" (376 mächtigsten Männer und Frauen Chinas). Es sollen umfassende Reformen beschlossen werden. In den letzten Jahren war die Wirtschaftspolitik zu stark auf Großunternehmen und den Export ausgerichtet. Die Umwelt leidet, gigantische Überkapazitäten wurden aufgebaut. Dies ist auch auf die lokalen Kader zurückzuführen, die die vollständige Kontrolle über Unternehmen und Investitionen behalten wollen. Folgende Richtungen werden vorgegeben: 1. Weniger Staat, mehr Markt; 2. Weniger Export, mehr Binnenkonsum; 3. Mehr Rechte für die Landbewohner. 4. Lockerung der Ein-Kind-Politik und Abschaffung der Umerziehungslager. Ende 2013 feiert China den 120. Geburtstag von Mao (vor 37 Jahren verstorben). Es läuft eine 30-teilge Serie im Fernsehen; eine Statue in Gold wird enthüllt. Offshore-Leaks enthüllt im Januar 2014, dass ein Großteil der Parteielite Billionen Dollar in karibischen Steueroasen bunkert. In der Stadt Kunming in der südwestchinesischen Provinz Yunnan richten zehn schwarz gekleidete Menschen mit Messern im März 2014 ein Blutbad an (33 Tote, alle Täter werden gefasst, wahrscheinlich uigurische Separatisten). Am 05.03.14 wird der Nationale Volkskongress in Peking eröffnet. Der Militärhaushaushalt wird massiv aufgerüstet (+12,2%; +96 Mrd. €; aber unter 1,4% am BIP; weltweiter Durchschnitt 3%); aber man will sich weiterhin außenpolitisch zurückhalten. Ein Schwerpunkt des Kongresses ist die Umweltsituation in den Großstädten, insbesondere in Peking. Die Industrie wird als Verursacher ausgemacht und soll Strafgebühren zahlen. Im März 2014 reist die US-Präsidentengattin mit Töchtern und Mutter eine Woche nach China (Kulturtrip). Ende März besucht der chinesische Präsident und Parteichef Xi Jinping Deutschland. Es werden gegenseitige Investitionen vereinbart. Beide Länder wollen bei der Lösung internationaler Konflikte enger zusammenarbeiten ("strategische Partnerschaft", Angela Merkel). Im April 2014 wird in Berlin eine Ausstellung des chinesischen Künstlers Ai Wei Wei eröffnet (er selbst darf nicht ausreisen). Beim Besuch des Wirtschaftsministers Gabriel mit einer Wirtschaftsdelegation in China kann kein Regimegegner getroffen werden (Sicherheitsapparat verhindert). Schwerpunktthema ist Umweltschutz und Energieeffizienz. Im Juli 2014 reist Kanzlerin Merkel mit einer Wirtschaftsdelegation nach China. Erste Station ist Chendu, die Hauptstadt von Sichuan im Südwesten. Dort besucht sie auch ein VW-Werk und ein Sozialprojekt für Kinder von Wanderarbeitern. 2014 kommt ein Gammelfleischskandal in China zu Tage. Beliefert wurde auch McDonald´s (auch in Japan). Gegen den Ex-Sicherheitschef Zhou Yongkang wird 2014 wegen Korruption ermittelt (Disziplinarkommission der KPC). Beim stärksten Erdbeben seit Jahren in Chinas südwestlicher Provinz Yunnan sind ca. 380 Menschen ums Leben gekommen. Ende September gibt es Demonstrationen in Hongkong (Sonderverwaltungszone; globale Zentrum für den Devisenhandel mit Yuan; Motto: occupy-central). Viele Bürger wehren sich gegen Einschränkungen der Demokratie bei der Nominierung der Kandidaten. Im Oktober gibt es auch Zusammenstöße mit der Polizei. Im Dezember 2014 steht die Occupy Central - Bewegung vor dem aus. Führende Köpfe stellen sich der Polizei.  Im Oktober 2014 finden in Berlin die dritten deutsch - chinesischen Wirtschaftskonsultationen statt. Ministerpräsident Li Keqiang kommt mit einigen Ministern und Wirtschaftsführern, um Wirtschaftsvereinbarungen zu treffen. Es geht um ein Volumen von zwei Mrd. Euro. Die Kommunistische Partei Chinas hat Ende 2014 den einst mächtigen Sicherheitschef Zhou Yongkang verhaften lassen wegen Bereicherung und Staatsverrat (auch Mentor von Bo Xilai). Als weiterer "Tiger" (Funktionär des obersten Machtzirkels) gerät Ling Jihua (Büroleiter von Hu Jintao) unter Korruptionsverdacht. Man scheint systematisch Seilschaften und Clans anzugehen. Auch der stellvertretende Außenminister wird abgesetzt. Bei den Silvesterfeiern sterben in Shanghai 36 Menschen und über 40 werden verletzt, weil eine Massenpanik ausbricht als vermutetes  Geld aus einem Hochhaus geschmissen wird (Ursache ist umstritten). Ab 2015 soll die Entnahme von Organen bei Hingerichteten eingeschränkt werden. Genen den stellvertretenden Minister für Staatssicherheit Ma Jian wird im Januar 2015 wegen Korruption ermittelt. Am 05.03.2015 treffen sich die 3000 Delegierte zum alljährlichen Volkskongress in Peking. Das Budget der Armee soll um 10% angehoben werden (vor allem für die Marine; Militärausgaben liegen bei 2% des BIP). Sie umfasst 2,11 Mio. Soldaten, die als militärischer Arm direkt der Kommunistischen Partei untersteht.  Mitte März 2015 wirft ein Kampfflugzeug aus Myanmar irrtümlich eine Bombe auf die Provinz Shan (im Grenzgebiet wird eine ethnische Minderheit bekämpft). Am 01.06.2015 kentert ein Schiff (Stern des Orients) auf dem Yangtse auf dem Weg nach Chongshing bei Jianli in der Provinz Hubei (über 400 Passagiere, nur wenige können gerettet werden, Fluss ist an dieser Stelle über 15 Meter tief, überwiegend chinesische Touristen, Ursache Wirbelsturm). Die von China gewollte Wahlreform in Hongkong scheitert (Pekingtreue Abgeordnete fehlen). Bei landesweiten Razzien Mitte 2015 haben die Behörden Tonnen weise gefrorenes Gammelfleisch beschlagnahmt (teilweise aus den frühen 1970er). Rund eine Million Menschen werden an der Ostküste des Landes vor einem Taifun in Sicherheit gebracht (Zhoushan in der Provinz Zhejiang). Chinas Regierung lässt im Juli 2015 mindestens 50 Bürgerrechtler festnehmen. Im August 2015 fliegt ein Treibstofflager in Tianjin in die Luft. Am 03.09.2015 feiert man in Peking auf dem Platz des Himmlischen Friedens den 70. Jahrestag des Sieges über Japan. 2015 nimmt die chinesische Führung mit einem neuen Gesetz ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGO) ins Visier (z. B. Registrierung beim Sicherheitsapparat, nicht nur vom Ausland finanziert, Hälfte der Mitarbeiter Chinesen). Am 22.09.2015 beginnt der USA-Besuch von Staatspräsident Xi Jinping. Am 29./30.10.15 besucht Bundeskanzlerin Angela Merkel China. Es geht um Wirtschaftsfragen (Wirtschaftsabkommen von 20 Mrd. €; Abkommen zum Verzicht auf Computerspionage) und aktuelle Krisen. Erstmals seit dem Bürgerkrieg wollen sich die Präsidenten von China und Taiwan in Singapur treffen. Dies geschieht am 07.11.15. Die Staatschefs Ma Ying-Jeou und Xi Jinping zeigen nach 66 Jahren Feindschaft einen historischen Handschlag. Vier Tage lang verschwindet Fosun-Gründer Guo Guangchang (Verhaftung wegen Korruption?). Nach einem Erdrutsch im südchinesischen Shenzhen am 20.12.2015 sind mehr als 60 Menschen vermisst. 2016 gibt es Massenbetrug: 900.000 Anleger haben umgerechnet 7 Mrd. Euro Schaden (durch die Firma Ezubao). Am ersten Märzwochenende kommen wieder die Delegierten des Nationalen Volkskongresses in Peking zusammen. Der 13. Fünfjahresplan soll beschlossen werden. Die Volksrepublik steht vor schmerzhaften Strukturreformen. 2016 zieht die Regierung die Schrauben der Staatssicherheit weiter an: Ausländische Stiftungen und NGOs werden stärker kontrolliert. Am 12. und 13.06.2016 besucht die Bundeskanzlerin China mit einer Delegation von Ministern und Staatsekretären zu den vierten deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen. Merkel pocht auf Rechtsstaatlichkeit in China und warnt vor Handelskonflikten. Es sind auch Wirtschaftsvertreter dabei (Siemens, Thyssen, BASF). 20 Verträge sollen abgeschlossen werden. Im September 2016 führen China und Russland ein gemeinsames Manöver im südchinesischen Meer durch. Am 1. November 2016 besucht Wirtschaftsminister Gabriel mit einer 60-köpfigen Wirtschaftsdelegation Peking. Im Vordergrund steht die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen. Es  geht auch um chinesische Investoren in Deutschland und Errichtung von Hürden. Es treten schwerwiegende Differenzen in Handelsfragen zu Tage. In Hongkong schließt China zwei Politiker, die für die Unabhängigkeit kämpfen, aus dem Parlament aus. Der deutsch-französische Menschenrechtpreis 2016 geht an die chinesische Menschenrechtsaktivistin Wang Qiaoling (Ehemann ist der Menschenrechtsanwalt Li Heping). Die Botschafter beider Länder werden ins chinesische Außenministerium einbestellt. Ende 2016 soll das Polizeigesetz verschärft werden. Künftig kann auch auf friedliche Demonstranten geschossen werden. 2017 klagt ein chinesischer Bauer, der 16 Jahre lang sich mit dem Recht beschäftigt hat, erfolgreich gegen einen Chemiekonzern. Am 05.03.2017 tagt wieder der Nationale Volkskongress in Peking- wie jedes Jahr (3000 Delegierte). Kernthema sind Reformen im Umwelt- und Energiebereich (Kampf gegen Luftverschmutzung soll verschärft werden). Der Druck aus dem Volk nach sauberer Luft wächst. Die traditionelle Schwerindustrie bekommt zwar billige Kredite, kann aber nicht schnell genug sauber gemacht werden (Stahlproduktion soll um 50 Mio. Tonnen sinken, die Kohle noch stärker). Weitere Kernthemen sind die Senkung der Verschuldung und das geringere Wachstum (2017: 6,5%; 2016: 6,7%). Strukturreformen bekommen Vorrang vor Wachstum. Im März 2017 zwei Jahre nach den Demokratieprotesten wird in Hongkong eine Peking treue Kandidatin zur Regierungschefin gewählt. Sie heißt Carrie Lam und ist die erste Frau an der Spitze von Hongkongs Verwaltung. Die Fahrtroute des US-Zerstörers "USS Dewey" löst Empörung in China aus. Die Gewässer in der Nähe der Spratlys-Inseln beansprucht China für sich. Mit Donald Trump in den USA könnte die Vorherrschaft enden. So könnte das chinesische Jahrhundert wirklich beginnen. Ein massiver Erdrutsch im Südwesten Chinas hat ein ganzes Dorf unter sich begraben. Im Juni bekommt der Berliner Zoo ein Pandapärchen (Meng Meng, Jiao Qing, "Panda-Diplomatie"). Kurz vor dem Besuch des chinesischen Präsidenten Xi Jinping in Hongkong (Anlass: 20. Jahrestag der Rückgabe) sind viele Demokratie-Aktivisten festgenommen worden. Am 05.07.17 kurz vor dem G20-Gipfel treffen sich Merkel und Xi Jinping. Es geht um Handelsfragen. Der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, der in seiner Gefangenschaft an Leberkrebs leidet, darf zur Behandlung nicht nach Heidelberg ausreisen. Er stirbt am 12.07.17. Am 08. und 09.11. besucht der US-Präsident Trump China. Es werden gemeinsame Handelsvereinbarungen geschlossen in einem Volumen von 218,7 Mrd. Euro (manchmal nur Absichtserklärungen). Das hohe Handelsdefizit der USA bezeichnet Trump als unfair und macht seine Vorgänger dafür verantwortlich. Anfang 2018 reist der französische Präsident nach China. Als Geschenk bringt er ein Garde-Pferd mit. Es geht auch um Aufträge für Airbus (kommen nicht zustande), die Atomindustrie oder die Supermarktkette "Auchan". Die Kommunistische Partei will 2018 die Amtsbegrenzung für Staats- und Parteichef Xi Jinping aufheben.  Damit würde das Prinzip der "kollektiven Führung" (Deng Xiaoping) zugunsten einer Autokratie aufgegeben. Das geschieht am 11.03.2018 auf dem Volkskongress, der am 05.03. begonnen hatte (2958 Delegierte). Außerdem bekommen die Ideen von Xi jetzt Verfassungsrang. Kritik an Xi kann dann wegen Staatsfeindlichkeit verfolgt werden. Xi Jinping wird schon "kleiner Mao" oder "neuer Kaiser" genannt (er hat in jüngster Zeit auch zwei Bücher veröffentlicht, The Governance of China). Am 17.03.18 wird Xi vom Volkskongress  für weitere fünf Jahre gewählt. Kritiker warnen vor Personenkult. Unter dem Vorwand der Korruption werden immer wieder Gegner verhaftet. Premier Li Keqiang nennt in seinem Rechenschaftsbericht "drei schwierige Schlachten": Finanzrisiken, Armut, Umweltverschmutzung. Li Keqiang bleibt für weitere fünf Jahre Ministerpräsident. Seine Position ist aber geschwächt. Wichtige wirtschaftpolitische Kompetenzen werden in Ausschüsse der Partei verlagert.  Es wird eine neue staatliche Aufsichtskommission eingerichtet (Korruption, Disziplin in der Partei). Bei einem Treffen von Xi Jinping mit dem indischen Premierminister Narenda Modi einigt man sich Ende April 2018 "auf ernsthafte vertrauensbildende Maßnahmen", was die Grenze im Himalaya angeht. Ab 23.05.2018 reist Bundeskanzlerin Merkel nach China (11. Besuch; + 10 Spitzenmanager, darunter Brudermüller von der BASF). Die Konflikte im Handel häufen sich (Investitionsabkommen?, Preissenkungen der deutschen Autohersteller?). China lässt Liu Xia, die Witwe von Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, im Juli 2018 nach Deutschland ausreisen. Im Juli 2018 besucht der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang Deutschland. VW investiert Milliarden in China. Die Volksrepublik wird zum Testmarkt für E-Autos und autonomes Fahren. Im August 2018 wird ein deutscher Journalismus -Student ausgewiesen, nachdem er die Verfolgung von Menschenrechtsanwälten recherchiert hatte. Im September 2018 leitet Trump eine Sitzung des Welt-Sicherheitsrates. Er wirft China Einmischung in den Kongresswahlkampf in den USA vor. Der Internet-Chef Meng Hongwei aus China verschwindet zunächst und teilt dann später mit, dass er zurücktritt wegen Korruptionsvorwürfen. Die Ernennung war umstritten gewesen, weil er auch mehrere Sicherheitsbehörden in China leitete. Anfang Dezember 2018 reist Bundespräsident Steinmeier durch China (Chengdu, Shenzhen, Beijing). Montag, den 10.12.18 spricht er mit Xi Jinpeng und Li Keqiang. Ethische Mindeststandards will man vereinbaren. Der Anwalt von Ai Weiwei wird zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt im Januar 2019 (drei Jahre hat er schon abgesessen; ungerecht, weil der Künstler selbst unter besonderem Schutz von Xi Jinping steht; Väter gemeinsames Schicksal).  Im Januar 2019 gibt es ein schweres Unglück in einem Kohlebergwerk. Über 30 Bergleute sterben. Anfang März 2019 treffen sich wieder die Mitglieder des Volkskongresses in Peking (rund 3000). Dann ist Peking wie jedes Jahr um die Zeit besonders gut kontrolliert. Ein Gesetz für ausländische Investitionen soll beschlossen werden, um Trump zu besänftigen. Es enthält das Verbot unrechtmäßiger Technologietransfers sowie "illegaler Einmischung der Regierung". Beim Besuch von Xi Jinping in Europa trifft er auf das Trio Macron, Merkel und Juncker. Die EU will Einigkeit demonstrieren. Am 20.Juni besucht Wirtschaftsminister Altmaier mit einer Wirtschaftsdelegation China; er trifft den Minister für Industrie- und Informationstechnologie Miao Wei. Der Wirtschaftsminister will sich um Benachteiligungen deutscher Unternehmen auf dem chinesischen Markt kümmern. Er trifft auch den Minister für Marktregulierung und Huawei. Die chinesischen Behörden lassen die Bundestagsabgeordnete der Grünen Margarete Bause (Menschenrechtsexpertin) im August 2019 nicht einreisen. Der Taifun "Lekima" hat an der Ostküste Chinas 22 Todesopfer gefordert. Vom 05.09. bis 07.09.2019 besucht Angela Merkel China. Einer der führenden Demokratie-Aktivisten in Hongkong, Joshua Wong, bittet Merkel, bei Xi Jinping ein Wort für die Demokratiebewegung einzusetzen. Es geht bei den Gesprächen mit der chinesischen Führung auch um Menschenrechte. Ansonsten um Klimaschutz und neue Wirtschaftsabkommen. Man kommt zu 11 Vereinbarungen (Flugzeugbau, Mobilität, Finanzen, Energie). Mit einer gigantischen Militärparade und riesigen Schaubildern  hat China am 01. Oktober 2019 den 70. Jahrestag der Gründung der kommunistischen Volksrepublik auf dem Tiananmen-Platz gefeiert. Vom 06. bis 12.10. besucht die RLP - Ministerpräsidentin Dreyer China und RLP - Unternehmen in dem Land. Anlass ist die 30 Jahre Partnerschaft zur Provinz Fujian. Sie besucht unter anderem die BASF-Niederlassung in Shanghai. Sie trifft sich auch mit deutschen Austauschschülern in  Fuzhou. Vom 16.12.19 an wird das China-Visum noch komplizierter: Es werden viele persönliche Daten verlangt und Fingerabdrücke. Ausgenommen sind Personen unter 14 und über 70 Jahre. Der frühere Interpol-Chef Meng Hongwei wird in China wegen Korruption zu 13 Jahren Haft verurteilt. Am 06.07.20 nimmt Chinas Polizei der Juristen und Professor Xu Zhangrun fest. Er hatte die Corona-Reaktion der Regierung in Peking kritisiert. Am 28.8.20 startet der chinesische Außenminister Wang Yi eine Reise durch die EU. Sie beginnt nicht zufällig in Italien, das als engster Verbündeter im Seidenstraßen-Projekt gilt. Die größte Angst Chinas ist, dass die EU dem harten Kurs der USA folgt. Es geht also um Schadensbegrenzung. Aus der großen Koalition kommt Kritik an Pekings Außenpolitik (Röttgen, Hongkong). Die Journalistin Zhang Zhan wird in Shanghai zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Sie hatte in der Corona-Krise kritisch über die Ereignisse in Wuhan berichtet. Am 10.3.21 gibt es einen Brand-Anschlag auf die chinesische Botschaft in Berlin. Am 15.3.21 fegt ein starker Sandsturm über Peking (stärkste seit zehn Jahren). Die EU verhängen Sanktionen gegen China gegen Verantwortliche für die Unterdrückung der Uiguren: Vermögenswerte natürlicher und juristischer Personen). Erstmals seit 30 Jahren Sanktionen der EU gegen China. China verhängt Sanktionen gegen Deutsche (EU-Politiker, Mercator-Institute for China Studies). Bei einem Ultra-Marathon-Lauf in der Provinz Gansu werden die Teilnehmer im Mai 2021 von einem heftigen Unwetter mit Temperaturumschwung überrascht. 21 Teilnehmer sterben, weil sie unterkühlt sind und sich verirren. Im Juli 2021 ist ein Besuch der US-Vizeaußenministerin Wendy Sherman in der nordchinesischen Stadt Tianjin. Sie trifft sich dort mit Chinas Vize-Außenminister Xie Feng.  China wirft den USA eine hochgradig fehlgeleitete China-Politik vor. Die bilateralen Beziehungen steckten in einer Sackgasse. Sherman soll Konfliktthemen ansprechen.  Es geht auch um die Vorbereitung eines Gipfeltreffens von Joe Biden und Xi Jinping. Anfang September 2021 stirbt überraschend der deutsche Botschafter in China Jan Hecker. Er hatte sein Amt  kurz vorher angetreten, war vor einem Jahr ernannt worden und war erst 54 Jahre alt. Er war Merkels Mann für außenpolitische Krisen ("heimlicher Außenminister"). Ende September wird die Huawei - Finanz - Chefin Meng in Kanada freigelassen. Die Rückkehr ist ein Triumph für China: Sie bekräftigt Pekings Darstellung als "politisch Verfolgte". Die frühere Weltranglistenerste im Tennis, Peng Shuai beschuldigt den ehemaligen Vizepremier Zhang Gaoli der Vergewaltigung.  Sie hatte auch eine längere Affäre mit ihm. In Weibo macht sie die Sache öffentlich. Daraufhin verschwindet sie; das Netz wird zensiert. Dann taucht sie wieder mit einem Video und Bildern in "Global Times" in Twitter auf. Die besten Tennisspieler der Welt gründen eine Initiative: nur die Bilder reichen ihnen nicht. Am 21.11.21 telefoniert Peng Shuai mit IOC Präsident Thomas Bach. Anwesend waren auch die Vorsitzende der IOC-Athletenkommission Emma Terho aus Finnland und das chinesische IOC-Mitglied Li Lingwei. Im Februar 2022 will Peng Shuai nichts mehr wissen von den Vorwürfen gegen Zhang Gaoli (ehemaliger Vize-Premier). Sie gibt ein Interview in der französischen Sportzeitung "L`Equipe". am 5.3.22 beginnt wieder die jährliche Plenarsitzung des Volkskongresses (pünktlich dazu zündet Nordkorea eine Rakete). Das ist ein Affront. Der Ukraine-Krieg wird totgeschwiegen. Im Juli 2022 werden Ermittlungen gegen Chinas Industrieminister Xiao Yaqing  eingeleitet von der Disziplinarkommission der KPCh. Er ist der ranghöchste Politiker seit Jahren, der sich einer Antikorruptionskampagne stellen muss. Am 02.08.22 besucht Nancy Pelosi den Inselstaat Taiwan. Sie ist die dritthöchste Repräsentantin der USA. Sie versichert der taiwanesischen Regierung den Rückhalt der USA. Peking spricht von Einmischung in innerchinesische Angelegenheiten. China macht Manöver um Taiwan (Kriegsschiffen, Flugzeuge). In der englischen Stadt Manchester haben chinesische Regierungsvertreter einen Hongkonger Demonstranten verprügelt.  Am 04.11.22 startet Bundeskanzler Scholz zu einer Chinareise. Die Außenministerin Baerbock, die auch Asien bereist, pocht auf eine andere China-Politik (Menschenrechte und fairen Wettbewerb). Es ist ein Besuch mit Signalwirkung (historische Dimension). Scholz ist der erste westliche Politiker der seit der Corona-Pandemie und dem Parteikongress China besucht (Kurzbesuch, 12 Stunden). Er reist mit einer Wirtschaftsdelegation. Kritik an den Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang weist China schon im Vorfeld zurück. Es gibt weitere heikle Themen, die einen Drahtseilakt verlangen: Ukraine-Krieg, Taiwan, deutsche Unternehmen in China (Marktzugang). Beide Seiten sprechen sich für eine Beendigung des Ukraine-Krieges und gegen den Einsatz von Atomwaffen aus. Ende November 2022 fordern Demonstranten Xis Rücktritt (Ürümqi, Shanghai, Peking und andere Städte). Die Bürger akzeptieren die rigide "Null-Covid" - Politik nicht mehr. Berichte darüber im Netz werden gelöscht. In Shanghai schlägt die Staatsgewalt hart zurück. Zunehmend geht man mit Zensur und Polizei gegen die Proteste vor. Gleichzeitig kündigt man Änderungen bei der Covid-Politik an. Die Proteste werden in den chinesischen Medien ignoriert. Peking setzt auf Zensur und Einschüchterung. Vgl. Böge, Frederike: Jetzt demonstriert der Staat seine Macht, in: FAZ 29.11.22, S. 3. Ende November 2022 stirbt der ehemalige Präsident Jiang Zemin (der "Senior"). Er wurde 96 Jahre alt und starb an Leukämie. Von 1989 bis 2002 war er Generalsekretär der KPCh. Von 1999 bis 2002 auch Staatspräsident. Er war der Nachfolger von Deng Xiaoping. Unter ihm wurde China Mitglied der WTO. Bekannt ist seine Theorie der "drei Vertretungen". Er gab öfter seine Kenntnisse von Goethe zum Besten. Er hatte sich zuletzt mit Xi angelegt (Korruptionsbekämpfung). China legt Ende Februar 2023 einen 12-Punkte-Plan für die Beendigung des Ukraine-Krieges dar. Außenminister Wang Yi kommt erst auf die Münchener Sicherheitskonferenz und reist dann nach Moskau. Der Spiegel enthüllt, dass Verhandlungen zwischen Russland und China über die Lieferung von Kampf-Drohnen laufen. Am 05.3.23 beginnt wieder der Nationale Volkskongress in Peking (2592 Abgeordnete). Xi wird einstimmig für eine dritte Amtszeit als Präsident gewählt. Zusätzlich hat er die zwei wichtigsten anderen Ämter inne: KPCh - Chef und oberster Militär (wichtiges Symbol: 2 Teetassen). Zwei wichtige Ämter werden neu besetzt: Außenminister (Qin Gang) und Premierminister (Li Qiang). Der Außenminister geht auf Konfrontationskurs zum Westen. Xi setzt in seiner kommenden  Amtszeit zwei Schwerpunkte: 1. Wirtschaft (mindestens 5% Wachstum). 2. Militär (höchste Militärausgaben). Premier Li Qiang stimmt moderate Töne an und beschwichtigt internationale Investoren. Im April 2023 besuchen der französische Staatspräsident Macron und die EU-Kommissionschefin von der Leyen Peking. Sie treten zweistimmig auf (Macron für Annäherung und eher gegen Taiwan, Leyen für härteren Kurs). Am 13./ 14. April 2023 besucht die deutsche Außenministerin Baerbock China. Sie trifft auch Xi Jinping. Themen sind die Ukraine, Taiwan und Menschenrechte. Am 8.5.23 wird das Treffen von Finanzminister Lindner mit seinem chinesischen Kollegen Liu Kun in Peking von chinesischer Seite abgesagt (terminliche Gründe). So fliegt Lindner direkt zum G7- Finanzministertreffen nach Japan. Am 9.5.23 kommt der chinesische Außenminister nach Berlin. Meinungsverschiedenheiten treten zu Tage (Ukraine, Menschenrechte). Qin Gang warnt Deutschland und die EU vor Sanktionen gegen chinesische Unternehmen, die mit Russland handeln. Er verbittet sich Einmischung und verlangt einen "Dialog auf Augenhöhe".  Dann verschwindet Qin Gang von der Bildfläche. Er wird mehrere Wochen nicht gesehen. In China werden Spekulationen zensiert. Qin Gang wird abgelöst (formell vom Ständigen Ausschuss des Volkskongresses; er war Aufsteiger und Machtmensch). Nachfolger wird der Außenpolitik-Experte in der KPCh Wang Yi, der schon von 2013 bis 2022 Außenminister war. Es gibt viele Gerüchte über die Gründe der Ablösung (unter anderem Affäre mit Fernsehmoderatorin in Hongkong). Am 15.11.23 treffen sich Xi und Biden in der Nähe von San Francisco am Rande des Apec-Treffens. Im November 2023 kommen in der Stadt Lüliang in der Provinz Shanghai bei einem Großbrand in einem Kohlebergwerksunternehmen mindestens 26 Menschen ums Leben. Im Dezember 23 fordert ein Erdbeben im Nordwesten (Provinz Gansu) des Landes fast zweihundert Tote. Im gleichen Monat findet ein Prozess gegen den Peking-kritischen Verleger Jimmy Lai statt. Ihm droht lebenslange Haft. Neuer Verteidigungsminister wird der bisherige Marinechef Dong Ju. In der Neujahrsansprache 2024 geht Xi Jinping offen mit den Wirtschaftsproblemen des Landes um. Die Ansprache steht unter dem Motto "Wir gingen voran". Im März 2024 gibt es ein Lebenszeichen eines Verschwundenen: Der ehemalige Außenminister Qin Gang gibt seinen Rücktritt als Delegierter für den Nationalen Volkskongress bekannt. Der derzeitige Amtsinhaber Wang Yi  gilt mit 70 Jahren als Übergangslösung. Als möglicher Nachfolger wird Liu Jianchao favorisiert. Am 5.3.24 beginnt der Nationale Volkskongress. Der wirtschaftliche Kurs Chinas wird im Mittelpunkt stehen. Der Druck auf Xi Jinping wächst.  In seiner traditionellen Eröffnungsrede (31 Seiten Arbeitsbericht) nennt Premierminister Li Qiang mit "Rund fünf Prozent" ein ambitioniertes Wachstumsziel. Die Wirtschaft soll auf der Wertschöpfungskette weiter nach unten getrieben werden. Der Militäretat steigt um 7,2%. Xi Jinping wird 18-mal erwähnt. Im März 24 besucht der bayrische Ministerpräsident Söder China. Er trifft den Ministerpräsidenten Li Qiang (Nr. 2). Er besucht auch die Konzerne BMW und Siemens, die ihren Sitz in Bayern haben. anfang April 2024 besucht die US-Finanzministerin Yellen China. Sie hat eine schwierige Mission.  Sie soll China von hoch subventionierten Exporten abhalten (Solarmodule, E-Autos). Vom 13.04. bis 16.04.24 ist Bundeskanzler Scholz (+Özdemir, Lemke) mit einer Wirtschaftsdelegation (Bosch, Bayer, Siemens) in China. Er startet am 14. in Chongqing mit dem Besuch eines deutschen Wasserstoff-Unternehmens (Bosch). Am 15.04. reist er nach Schanghai zu einem deutschen Kunststoff-Unternehmen. Am 16.04. trifft er Xi Jinping und Li Qiang in Peking (3 - 5 Std., Ukraine, subventionierte Exporte). Mit Li Qiang nimmt er auch am Deutsch-chinesischen beratenden Wirtschaftsausschuss teil.  Die Wirtschaft steht im Fordergrund (Dumping, fairer Handel und Wettbewerb). Es geht auch um die Ukraine und Nahost. Bei der Ukraine soll China auf Russland einwirken (Dual-Use - Güter, Beitrag für den Frieden in Europa). Am 22.4.24 lässt der Bundesanwalt drei Deutsche verhaften, die für China spioniert haben. Auch ein Mitarbeiter des Europaabgeordneten und Spitzenkandidaten der AfD für die Europawahl 24 Krah wird der Spionage für China überführt. Er hat Interna der Europaparlaments weitergegeben.    "Das westliche Politikmodell darf niemals kopiert werden...."Chinas politisches System darf niemals erschüttert werden." Bekannte Sätze von Jiang Zemin.  "Nieder mit Xi Jinping, nieder mit der Partei", Demonstranten auf der Straße, Ende November 2022.  "Wir müssen auf der Basis von Chinas tatsächlichen Gegebenheiten demokratische Politik mit chinesischen Besonderheiten erforschen", Wen Jiabao, ehemaliger chinesischer Regierungschef.

"China? Eine günstige wirtschaftliche Entwicklung hängt nicht am politischen System", F.-W. Steinmeier, Ex-Bundesaußenminister. Im Dorf "Wukan" im Süden Chinas gibt es freie Wahlen seit 2011. Einige wenige Kommunen in China haben sich dieses Recht auf kommunaler Ebene  erstritten. Der korrupte stellvertretende Chef der Kohlebehörde hat bis 2014  200 Millionen Yuan (26 Mio. Euro) in bar gehortet.

Der "kleine Kaiser" Xi Jinping und seine Ziele (er lässt sich lieber "guter Kaiser" nennen): 2017 ist Xi Jinping Teil der Verfassung geworden - das hat es seit Mao nicht gegeben (einmalig in der "Mao-Dynastie"). Die Person wird damit den Takt und auch den Ton der Weltpolitik für Jahrzehnte vorgeben. Xi ist Staatsoberhaupt, Generalsekretär und Oberbefehlshaber. Unter Xi fällt China im Grunde genommen in die Zeiten der Ein-Mann-Diktatur zurück. China ist vielleicht das derzeit mächtigste Land der Welt (in Anbetracht der Schwächen und Wankelmütigkeit der USA unter Trump; mal sehen, was sich bei Biden ändert). Seine Industrie untermauert die Weltwirtschaft, sein Militär wächst schneller als das jeder andern Nation. Also ist es von immenser Bedeutung, wie dieser Mann tickt. Xi wurde 1953 geboren, als Sohn von Xi Zhongxun, einem Militärführer und Verbündeten Mao Zedongs. Er wurde im Regierungsviertel Zhongnanhai geboren, einen Steinwurf vom alten Kaiserpalast entfernt. Die Familie lebt in einer bewachten Wohnanlage.  Zwei Jahrzehnte war der Vater ein Opfer der Kulturrevolution (der Absturz kam 1962). Xi war der zweitälteste Sohn von sieben Kindern. 1966 war er auf einer Eliteschule nahe des Regierungsviertels und wohnte in der Verbotenen Stadt. Er lernte die Mao-Bibel auswendig. Dann kam er in der Kulturrevolution in die Provinz Shaanxi, wo er mit Bauern lebte. Mit 15 Jahren musste er Fronarbeit verrichten und wurde gedemütigt (7 Jahre; seine älteste Schwester begeht wegen der Demütigungen der Familie wahrscheinlich Selbstmord)). Experten vergleichen sein Schicksal mit dem Stockholm-Syndrom (er wurde "roter als rot"). Mitte der Siebzigerjahre studierte Xi an der Pekinger Universität Tsinghua Ingenieurwissenschaften (mit 22 Jahren trat er wieder in die Partei ein mit gefälschten Dokumenten). Eine Zeit lang lebt Xi auch in den USA in Iowa (ursprünglich war er ein Anhänger des US-Modells, beim zweiten Besuch in der Region sah das schon anders aus, als er die Schwächen klar erkannte). Von 1978 bis 1982 arbeitete er als Sekretär Geng Biaos, Mitglied des ZK und eine militärische Schlüsselfigur (auch Verteidigungsminister). 1982 ging er wieder in die Provinz, 1985 ging er nach Fujian. Er blieb 16 Jahre dort. Xi ist bekannt für seine eiserne Arbeitsdisziplin.  Wichtig ist seine zweite Frau Peng, die als bekannte Schauspielerin und Sängerin in Ansehen und Bekanntheit über ihm stand. Sie schult ihn in Öffentlichkeitsarbeit. Von 2000 bis 2002 war er Gouverneur in Fujian. Dann ging er in die Küstenprovinz Zhejiang, wo er fünf Jahre in höchster Parteiposition tätig war. Er lernte dort Jack Ma, den Begründer von Alibaba, kennen. Ein wichtiger Konkurrent um die Führung der Partei Bo Xiling musste 2011 aufgeben bzw. wurde von ihm ausgeschaltet (seine Frau hatte einen Mord begangen, der vertuscht werden sollte). Xi verschwand dann eine Zeitlang 2011 (niemand weiß bis heute, wo er war). Es fand wohl im Politbüro ein Machtkampf statt, bei dem er sich als Kompromisskandidat durchsetzte. Man hatte in dieser Zeit Mühe mit Kontakten zu führenden Kollegen an den Hochschulen (an den führenden Hochschulen sind die Mitglieder des Politbüros in der Leitung). Ich selbst war 2011 in China und konnte die Situation selbst beobachten. Ende des Jahres bzw. 2012 konnte er sich dann als Führer durchsetzen. Wie stark die innere Opposition gegen Xi ist, bleibt Journalisten und Wissenschaftlern verborgen. Ebenso wie die tatsächlichen Machtverhältnisse und Entscheidungsmechanismen sind. Was sind nun Xi´s Ideen? 1. Er will massiv die Korruption bekämpfen (die VBA wird "gesäubert"). 2. Die Partei soll zum Diener der wachsenden Mittelschicht werden. 3. Wohlstand und Innovation sollen stark ausgedehnt werden (China 2025; mehr Verteilungsgerechtigkeit). 4. Formulierung eines Wertekanons (Konfuzianismus, Revival des Marxismus, Harmonie; er baute die Marxismus-Kurse an den Universitäten aus). 5. Wirtschaft zuerst. Sozialer und politischer Fortschritt kann warten. 6. Globale Führungsmacht bis 2050 (2049 100 Jahre Volksrepublik). Man bezeichnet die Ziele zusammen als "China Dream". Vgl. Kerry Brown: Die Welt des Xi Jinping. Alles, was man über das neue China wissen muss, S. Fischer, Frankfurt 2018. Die KPCh hat 2018 90 Mio. Mitglieder, mehr als Deutschland Einwohner hat (die Partei hat ganz harte Aufnahmekriterien!). Sein engster Berater ist Wang Xining. Er verfügt über eine immense Erfahrung in der Partei. 11 Mio. Parteimitglieder wurden bis 2018 in Haft gesetzt in der Antikorruptionskampagne, die ein Machtinstrument ist. Xi Jinping hat 2012 bei seinem Amtsantritt das Dokument Nr. 9 eingeführt. In ihm warnt er vor demokratischen Kräften, die Pressefreiheit, Demokratie und Menschenrechte wollen. Die vorsichtige Trennung von Partei und Staat, die Deng Xiaoping eingeleitet hatte, wird vollkommen zurückgedreht. Der Macht der Kommunistischen Partei hat sich alles andere unterzuordnen (Staat, Wirtschaft, Unternehmen, Wissenschaft). Außenpolitisch strebt Xi Eurasien an, das Rückgrat ist die "Neue Seidenstraße". Bei Nachbarländern traut er sich auch politisch ran, wie bei Australien und Neuseeland. Politiker wurden bestochen. Australien verbietet daraufhin ausländische Spenden. Ende des Jahres 2020 führt China Australien als Retourkutsche vor: Mit Handelsbarrieren und Strafzöllen wird erbarmungslos die Abhängigkeit von China vorgeführt. Es könnte ein Exempel sein: Den verbündeten Amerikas deutlich machen, dass China am längeren Hebel sitzt. In Djibuti wurde der erste Militärstützpunkt in Afrika errichtet. China dominiert mittlerweile in Afrika mit dem Motto " Recht auf wirtschaftliche Entwicklung". In Europa wird eher gekauft (Piräus, Toulouse, Budapest, Hahn).  2022 will sich Xi Jinping für eine weitere Amtszeit als Parteichef bestätigen lassen (beim 20. Parteikongress). Dafür braucht er die Aura der Stärke. Er will sicher eines Tages auf die gleiche Ebene wie Mao kommen. Dafür braucht er auch die "Nationalismus-Karte". Das Zeigen der übertriebenen Stärke Chinas ist aber auch ein Resultat einer narzisstischen Kränkung Chinas in den letzten Jahrhunderten. Deshalb versucht auch Xi alles, das Image des Landes ("soft power") und den Respekt anderer Länder zu erhöhen. "Wirft man Eisen 100 mal ins Feuer, dann wird es zu Stahl". "Wer Europa besitzt, dem gehört die Welt". Beide Sprüche hat er im Hinterkopf.  Vgl. als Quelle zu Xi Jinping auch:  Stefan Aust/ Adrian Geiges: Xi Jinping. Der mächtigste Mann der Welt, München 2021. Aufgrund von Reden, eigenen Interviews, verfügbaren Quellen und seiner Lebensgeschichte sowie von Reportagen in und über China wird der chinesische Staatspräsident und Chef (Generalsekretär) der KPCh dargestellt. Xi Jinping hat eine Machtfülle, wie sie vorher nur Mao hatte. Aust hat Xi selbst mal interviewt, Geiges war Korrespondent des Stern in Peking und ist Sinologe. Der Leser soll sich selbst sein Urteil über Xi Jinping bilden. Ich selbst habe diese Quelle für obigen Artikel nicht benutzt. Zwei Konfuzius-Institute sagen im Oktober 2021 nach Druck aus China die Lesung des Buches ab. Das ist in Hannover und das Konfuziusinstitut Metropole Ruhr in Duisburg. Das ist doch sehr erstaunlich und im Grunde genommen eine Aufwertung des Buches, in dem gar nichts Schlimmes über Xi steht. 2023 erscheint ein weiteres Buch, dass Infos über Xi enthält: Frank Dikötter: China nach Mao. Der Aufstieg zur Supermacht, Stuttgart/ Klett-Cotta 2023.

Am 08.11.21 tritt das Zentralkomitee von Chinas KP zusammen. Xi Jinping wird die Gelegenheit nutzen, seine persönliche Rolle in den Geschichtsbüchern zu verewigen. Es gibt zwei große Linien: Der Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft bis 2049 (100 Jahre VR China). Der Wiederaufstieg der chinesischen Nation nach dem so genannten "Jahrhundert der Schande" (1840-1949). Die Parteigeschichte soll in drei Abschnitte unterteilt werden: Unter Mao sei China auferstanden, unter Deng Xiaoping sei es reich geworden, und unter Xi Jinping werde es stark werden. Drei Siege werden Xi zugeschrieben: Niederschlagung der Demokratiebewegung Hongkong 2019, Sieg über extreme Armut, Sieg über das Coronavirus. Vgl. Böge, Friederike: Auf Maos Pfaden, in: FAZ Nr. 260, 08.11.21, S. 2. Das Zentralkomitee ebnet den Weg für eine dritte Amtszeit von Xi Jinping. Damit kann Xi die ausgeprägte Vision für sein Heimatland umsetzen. Vgl. Kretschmer, Fabian: So mächtig wie einst Mao, in: Rheinpfalz Nr. 260, 9.11.21, S. 3. Im Herbst 2022 ist der 20. Parteikongress der KP, die wahrscheinlich wichtigste Polit-Veranstaltung für Xi Jinping. Er will seine dritte Amtszeit ausrufen. Gleichzeitig kriselt es in China (Null-Covid-Strategie, Lockdowns, Massenentlassungen). Hoffentlich muss Xi das nicht durch zunehmenden Nationalismus ausgleichen (Verschärfung der Taiwan-Krise). Nancy Pelosi aus den USA verzichtet schon auf eine Taiwan-Reise, die sie später dann doch macht. .  Als die WHO die Corona-Varianten durchnummeriert werden nach der Omikron-Variante (aus Südafrika) 2 griechische Buchstaben übersprungen: "Ny" klinge zu ähnlich dem Englischen "New". "Xi" sei ein weit verbreiteter Nachname. Pikant dabei ist, dass der chinesische Parteichef und Staatspräsident so heißt.

Am 16.Oktober beginnt der Kongress der Kommunistischen Partei (20., alle 5 Jahre, 5 Tage Dauer, 2341 Delegierte) in Peking. Dort soll eine dritte Amtszeit von Xi beschlossen werden bzw. seine lebenslange Regentschaft, was wohl nur Formsache ist. Seine Macht ist gefestigt (über 100.000 Regierungsbeamte wurden im Zuge der Anti-Korruptionskampagne hinter Gittern gesteckt). Er hat sein Land umgekrempelt. Den Zenit dürfte er aber überschritten haben. Wahrscheinlich hat er zu viele Fehler gemacht. Man spricht von vier Kardinalfehlern: 1. Die Null - Covid - Strategie hat das Land in eine Sackgasse geführt, einschließlich Wirtschaftskrise. 2. Die gesellschaftliche Überwachung hat zu viel Frust geführt, Covid wird instrumentalisiert (perfekter Überwachungsstaat). 3. Die führenden Tech - Konzerne wurden an die Leine gelegt und damit ihrer Innovationskraft beraubt. 4. Die Unterstützung der Position Putins im Ukraine-Krieg hat das Ziel einer neuen Weltordnung offen gelegt (er scheint den Rest der Welt von sich abhängig machen zu wollen). Vgl. Kretschmer, Fabian: Fehlentscheidungen holen Xi ein, in: Die Rheinpfalz 15.10.22. Xi tritt als Ideologe auf. Seit 2017 verschiebt er die Wirtschaftspolitik in Richtung marxistische Linke. Er misstraut dem privaten Sektor. Er hat Parteikomitees geschaffen, die Personalberufungen in privaten Firmen überwachen. In Hongkong hat Xi ein drakonisches Sicherheitsgesetz eingeführt, das alle Proteste erstickt hat.  Vgl. Fahrion, Georg/ Giesen, Christoph: Der Allmächtige, in: Der Spiegel Nr. 42/ 15.10.22, S. 10ff. Xi hält auf dem 20. Parteikongress eine zweistündige Grundsatzrede, in der er die Ziele seiner neuen Amtszeit erläutert ("Chaos" in Hongkong beseitigt, Aufrüstung, Null-Covid bleibt, Wiedervereinigung mit Taiwan - notfalls mit Gewalt, Ausklammerung von Ukraine und Xinjiang, Betonung des Umweltschutzes). Die Jugendarbeitslosigkeit in China beunruhigt die Partei. Xi warnt vor "gefährlichen Stürmen". Vgl. Gusbeth, Sabine: Xi Jinping warnt vor "gefährlichen Stürmen", in: HB Nr. 200/ 17.10.22, S. 10. Selbstkritik ist nicht zugelassen. Das Ausland wird mit "Wolfskrieger-Diplomatie" bekämpft: Verschwörungstheorien und Beschimpfen des Westens. Vgl. Kretschmer, Fabian: Pekinger Paralleluniversum, in: Die Rheinpfalz Nr. 245/ 21.10.22, S. 3. Xi Jinping wird für eine dritte Amtszeit als Generalsekretär der KPCh gewählt. Damit kann er 2023 auch wieder zum Staatspräsident gewählt werden. Auf der Abschlusszeremonie des Kongresses wird der ehemalige Staatspräsident (von 2003 bis 2013)  Hu Jintao von Saaldienern aus dem Raum geleitet (Verhaftung oder gesundheitliche Probleme?). Xi Jinping gelingt es, seine Anhänger in den Ständigen Ausschuss des Politbüros (7) wählen zu lassen. Damit kann er seine Macht weiter festigen.  Direkt hinter ihm folgt der Technokrat Li Qiang (kümmert sich um die Wirtschaft und die führenden Unternehmen), der damit auch Premierminister werden dürfte. Auch Xis rechte Hand Ding Xuexiang wird in den Ständigen Ausschuss befördert (ist erst 60 Jahre alt). Dabei ist weiterhin Li Xi, Parteisekretär der Provinz Guangdong. Er führt die mächtige Antikorruptions- und Disziplinarkommission. Vgl. Grünberg, Nis: Xis neue Ära, in: WiWo 44/ 28.10.22, S. 10. Man rechnet damit, dass Xi rational und zuverlässig bleiben wird. Vgl. Kretschmer, Fabian: Xi und seine Ja-Sager, in: Die Rheinpfalz 24.10.22, S. 2. Wichtig für uns ist weiterhin: Wirtschaftswachstum in China wird an Bedeutung verlieren. China forciert die weitere technologische und wirtschaftliche Abkopplung. Für die chinesische Staatsführung ist die Ideologie wichtiger als die Wirtschaft. Vgl. HB Nr. 205/ 24.10.22, S. 6f. Vor dem Beginn des eigentlichen G20-Gipfels in Bali treffen sich Xi und Biden in Bali (erstmals persönliches Treffen der Chefs der beiden Weltmächte seit 5 Jahren). Es geht um die "Roten Linien" der Großmächte. Einig ist man sich darin, keine Atomkriege zu führen und auch nicht damit zu drohen.

Ab November 2022 kommt es zu immer mehr Protesten gegen die Null-Covid-Strategie der KPCh. Auslöser ist ein Brand in einem Hochhaus in Urumqi, bei dem 10 Menschen wegen der Quarantäne-Beschränkungen nicht aus dem Haus kommen. Die Corona-Zahlen steigen, die Wirtschaft schwächelt. Inwieweit kann das Xi schaden? Noch sitzt er fest im Sattel. Die Partei wird die Corona-Regeln in kleinen Schritten lockern. Wichtiger für Xi sind die wirtschaftlichen Verhältnisse. Er hat den Menschen mehr gemeinsamen Wohlstand versprochen, der jetzt in Gefahr ist (gemeinsame Verbesserung des materiellen und geistigen Wohlstands). Vgl. George Magnus: Rote Flaggen - Warum Xis China in Gefahr ist, 2022. Xis Mann für die Wirtschaft ist Liu He. Er ist 2023 71 Jahre alt (will im März 2023 in Rente gehen). Der Ökonom ist Xis Vertrauter, weil er mit dem Präsidenten im selben Pekinger Viertel aufgewachsen ist. Er hat einst in Harvard studiert und an Pekings besten Universitäten unterrichtet. Er liegt aber nicht immer auf einer Linie mit Xi (Covid-Strategie, IT-Konzerne). Er ist stellvertretender Ministerpräsident und Chinas Wirtschaftslenker.  Er tritt 2023 auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos auf. Vgl. Ankenbrand, Hendrik: Chinas Charmeur, in: FAZ 18.1.23, S. 8. Am 07.2.23 hält Xi seine erste Grundsatzrede im neuen Jahr. Er skizziert seine politische Kursrichtung. Eine "Verwestlichung" lehnt Chinas Staatschef ab, über allem steht die Kommunistische Partei. Die Rede ist einen Monat vor Beginn des Nationalen Volkskongresses, bei dem seine dritte Amtszeit beginnt. Er hielt seine Rede vor den führenden Kadern in der Parteischule des Zentralkomitees (hier habe ich mal ein Semester unterrichtet). "China habe den Mythos entlarvt, dass Modernisierung gleich Verwestlichung bedeute". "Der chinesische Weg diene den Entwicklungsländern des globalen Südens als Vorbild". China versucht schon länger sein autokratisches Regierungsmodell ins Ausland zu exportieren. China sei die "bessere Demokratie und fördere die Menschenrechte stärker als die USA". Kein anderes Land als China habe in solch kurzer Zeit so viele Menschen aus der Armut gehoben, was das Verdienst der KPCh sei (die ersten 100 Jahre von 1921 bis 2021). Die zweiten 100 Jahre (1949-2049) sollen China in jeder Hinsicht an die Weltspitze bringen.  Vgl. auch: Kretschmer, Fabian: China: Xi sieht sein Land als die bessere Demokratie, in: Die Rheinpfalz Nr. 34/ 9.2.23. Am 05.3.23 beginnt wieder der Nationale Volkskongress in Peking (2592 Abgeordnete). Xi wird einstimmig für eine dritte Amtszeit als Präsident gewählt. Zusätzlich hat er die zwei wichtigsten anderen Ämter inne: KPCh - Chef und oberster Militär (wichtiges Symbol: 2 Teetassen). Am 20.3.23 besucht Xi Russland. Es geht um eine neue Weltordnung. Xi scheint den Machterhalt der Partei über alles zu stellen. Er warnt vor einem Zerfall wie in der UdSSR. Er stellt Chaos und Partei gegenüber. Weniger Wachstum nimmt er in Kauf und erhöht die Repressionen.     In China gibt es eine Xi Jinping-App. Sie soll adäquat zur ehemaligen Mao-Bibel sein. Sie enthält kluge Sprüche von Xi und zeigt sein Weltbild. Wenn man die App anklickt, erhält man Social Scoring-Punkte. Abends gibt es mehr Punkte als morgens. Im September 2023 bezeichnet Außenministerin Baerbock in einem Interview beim rechten Sender Fox in den USA Xi Jinping als Diktator. Das führt zu empörten Reaktionen in Peking. 2023 verschwinden zwei Minister: Erst der Außenminister, dann der Verteidigungsminister. Es herrscht große Verunsicherung. die motive bleiben im Unklaren. Beide werden ersetzt.

Die Zukunft von Xi/ 2024: Xi scheint 2023 und wohl auch 2024 fest im Sattel zu sitzen. Wahrscheinlich kommen weitere Details über Qin und Li ans Licht. Doch die Berichte dürften geschönt sein, denn der Eindruck, Xi habe bei der Ernennung Fehler gemacht, ist zu vermeiden. Der ehemalige Premier Li Keqiang stirbt. Es gibt Gerüchte in China über eine Vergiftung (er galt nicht als Befürworter von Xi). Xi hat immer noch keinen designierten Nachfolger. Es könnten Spannungen kommen, wenn Möchtegern-Kandidaten um seine Aufmerksamkeit buhlen. Zu den Anwärtern gehört sicher Cai Qi, der im März 23 zu Xis Stabschef ernannt wurde. Im ständigen Ausschuss des Politbüros (7 Köpfe) steht er an fünfter Strelle. Er war immer nahe bei Xi (in Fujian, in Zhejiang). er ist für Xis persönliche Sicherheit und für die Propaganda/ Ideologie der KPCh zuständig. Xi muss sein persönliches Image aufpolieren. Die Wirtschaftsmisere und der  chaotische Ausstieg aus der strikten Pandemiepolitik dürften ihm geschadet haben. Hinzu kommen die gespannten Beziehungen zum Westen. Vgl. James Miles: Xi und die Ja-Sager, in: The Economist, 2023 (Die Welt in 2024). .

Aufrüstung/ Militär: Xi Jinping rüstet die Volksbefreiungsarmee sehr erfolgreich auf. Er galt von Anfang an als Mann der Volksbefreiungsarmee (enge Beziehungen) Traumatisch war die Niederlage 1979 gegen Vietnam bei einem Einmarsch. Er macht eine Wehrstrukturreform. Elementar sind Flugzeugträger, U-Boote, Satellitenaufklärung und Raketenabwehr. Alles Voraussetzungen für eine Weltmachtrolle. China hat nach den USA die zweithöchsten Militärausgaben der Welt (vor Saudi-Arabien und Russland sowie Indien). Korruption im Militär wird bekämpft. Die Seemacht wird massiv ausgebaut. Vgl. Sommer, Theo: China First, München 2019, S. 250ff.  Die USA machen im Sommer 2019 ein Waffengeschäft mit Taiwan. Sie liefern 66 Kampfflugzeuge vom Typ F-16. China droht mit Strafmaßnahmen. China hat mittlerweile nuklear bestückbare Interkontinentalraketen, die bis zu 15.000 km weit fliegen und erstmals das gesamte Territorium der USA ereichen können. Mittlerweile verfügt das Land auch über Hyperschall-Raketen. Auf der Militärparade zum 70. Geburtstag präsentierte China einen Hyperschall-Gleiter. Seitdem sind Militärstrategen rund um den Globus alarmiert. Es gibt noch keine Verteidigung gegen sie. Chinas Flotte könnte in zehn Jahren (2030) der der USA fast ebenbürtig sein. China plant, 2049 (dann wird die Volksrepublik 100 Jahre alt, in allen Feldern (ökonomisch, militärisch, geopolitisch) die globale Führung zu übernehmen. Dann hätten wir eine von China dominierte Weltordnung. Die Strategie des Westens "Wandel durch Annäherung" ist krachend gescheitert. Wenn man die weltweiten  Militärausgaben 2020 (Corona-Jahr) bündelt, sind sie auf fast 2 Billionen $ gestiegen (+2,6% gegenüber dem Vorjahr). 62% der Summe entfallen auf die USA, China, Indien, Russland und GB. Die höchsten Militärausgaben mit 778 Mrd. $ entfallen auf die USA.  Chinas Militärausgaben lagen 2020 bei 252 Mrd. $ (Schätzung). Die Zahlen stammen von Sipri/ Friedensforschung, Stockholm/ Schweden. 2022 beginnt ein nukleares Modernisierungsprogramm in China. Das ist kein gutes Zeichen für die Welt. Im Rüstungsprogramm liegt auch die tiefere Ursache des Konflikts mit den USA. US-Geheimdienst fanden in chinesischen Raketen amerikanische Computerchips. Sofort verhängten die USA ein Chip-Embargo gegen China. Gleichzeitig soll möglichst viel Produktion aus Taiwan in die USA (Arizona) und Deutschland (Dresden) geholt werden. Im Herbst 2023 erreicht Xi Jinpings Säuberungswelle das Militär. Erst werden zwei hochrangige Generäle entlassen (bei den Racketenstreikräften, die besonders wichtig sind). Dann wurde der Verteidigungsminister Li Shangfu zwei Wochen nicht gesehen (schon der Außenminister verschwand spurlos). Eine mögliche Erklärung bietet Korruption. Es ist aber auch ein Indikator dafür, dass Xi fürchtet, die Kontrolle über die eigene Armee zu verlieren. Die Korruption in der Armee ist für uns völlig intransparent. Ihre Ursachen liegen in der Bezahlung der Soldaten und ihrer Qualifikation (in der Armee sind sicher nicht die Besten). "Jede Kriegsführung gründet auf Täuschung. Wenn wir also fähig sind anzugreifen, müssen wir unfähig erscheinen; wenn wir unsere Streitkräfte einsetzen, müssen wir inaktiv erscheinen; wenn wir nahe sind, müssen wir den Feind glauben machen, dass wir weit entfernt sind; wenn wir weit entfernt sind, müssen wir ihn glauben machen, dass wir nah sind", Sun Tsu: Die Kunst des Krieges (zweieinhalbtausend Jahre alt). Berühmt ist auch der Spruch von Deng Xiaoping: "Verbirg deine Stärke, und warte ab".

Hainan: Hainan ist eine Insel im Süden Chinas Sie ist die zweitgrößte Insel nach Taiwan. Sie hat ca. 9 Mio. Einwohner. Sie wird oft das Hawaii Chinas genannt. Es ist ein Urlaubsschwerpunkt der Chinesen (manche Reiche aus dem Norden haben dort einen Zweitwohnsitz). Gleichzeitig ist Hainan ein wichtiger Militärstützpunkt des Landes. Man spricht von einer "schwimmenden Festung". Unterirdische Raketen sollen dort ruhen (Flotte der Atom-U-Boote). Ein Netz von paramilitärischen Fischerbooten soll die Insel sichern helfen, aber auch die normale Flotte ist präsent. Es ist der wichtigste Militärstandort für Aufklärung, auch für die Raumfahrt. Die Insel ist der militärische Ausgangspunkt für das südchinesische Meer, für den Griff nach Taiwan und für den Ausbau und die Inbesitznahme vieler kleiner Inseln (werden zu Festungen umgebaut). Taiwan empfindet China auch als Provokation, weil das demokratische System ökonomischen Erfolg hat. Haikou ist die Hauptstadt der Inselprovinz (wurde 1988 in den Rang einer Provinz erhoben). Sie hat 2020 zwei Millionen Einwohner. Im Süden der Insel gibt es auch ein  großes Kreuzfahrtterminal. Die ganze Insel ist eine Freihandelszone (erst seit 2020, die Insel ist extrem hoch verschuldet). Auf der Insel gibt es einen Nationalpark. Berühmt ist die seltene Variante des Gibbon-Affen, die es nur auf der Insel gibt. Im südschinesischen Meer gibt es paramilitärische Fischereischiffe, die stark bewaffnet sind (Maschinengewehre, Laser, Sonar). Sie rammen und provozieren. Sie haben ihren Sitz in der Regel auf Hainan. Die Insel gilt aber auch kurioserweise als Gesundheitsinsel. China entdeckt die Gesundheitsbranche. Die Bevölkerung altert und Krankheiten wie Krebs und Diabetes nehmen zu. Hainan soll zum Zentrum für den internationalen Medizintourismus aufgebaut werden. Bisher hat China nur einen Anteil von 8% am Weltmarkt für Medizintechnik.

2021 beginnt man auf der Insel mit dem Bau einer eigenen Raumfahrtstation. Der Raumfahrtbahnhof heißt Wenchang. Von hier sollen die Starts zu der ständigen Raumfahrtsstation "Tiangong" (Himmelspalast) stattfinden. Die Trägerraketen heißen in der Regel "Langer Marsch". Das Hauptmodul wird meist "Tianhe" (Himmlische Harmonie) genannt. In Hainan starten in der Regel auch die Spionage-Ballons. Einer dieser Ballons flog über Nordamerika und wurde von den USA über South-Carolina abgeschossen.

Im Konflikt mit Japan 1933 bis 1945 haben 230.000 Chinesen durch den Einsatz biologischer Waffen ihr Leben verloren. Daraus hat China gelernt und betreibt "defensive" biologische Waffenforschung. Es scheint mittlerweile die Sowjetunion als größte biologische Supermacht abzulösen. Seit 1984 ist China Mitglied der Biowaffekonvention der UN und bestreitet die Existenz biologischer Offensivwaffen. Die Geheimdienste aus Taiwan und Südkorea haben immer auf die Möglichkeit solcher Waffen hingewiesen. Deshalb waren diese Länder auch wesentlich besser auf Sars-CoV-2 vorbereitet. Erst recht China selbst, das schon seit April 2020 in der Testphase von Impfstoffen ist. Das Wuhan Center for Desease Control und ein anderes biologisches  Forschungszentrum in Wuhan stehen unter der Kontrolle des Militärs. Das heißt nicht, dass es Beweise für ein absichtliches oder versehentliches Freisetzen des Virus in  Wuhan gibt. eher sprechen virologische Forschungsergebnisse gegen entsprechende Anschuldigungen von Trump. Aber die Welt muss auf den Einsatz biologischer Kampfstoffe vorbereitet sein. Sie sind in einer globalisierten Welt wesentlich effektiver als die klassischen militärischen Mittel (Quelle: Hans Rühle: Der Wahrheit zu nahe gekommen, in: Der Focus, 20/2020, S. 40).

2020 sind die USA militärisch China noch überlegen. Aber ein Krieg hätte schon desaströse Folgen, auch für die Welt. China füllt systematisch die Leere, die die USA durch ihren Rückzug hinterlassen. In den internationalen Organisation werden Chinesen in einflussreiche Positionen gebracht (UN, WHO, WTO; IWF u. a.). Dabei helfen finanzielle Anreize, Investitionsversprechungen und massives Lobbying. Vgl. Reichart, Thomas: Das Feuer des Drachen, München 2020, S. 241ff. Bis 2049 (100 Jahre Volksrepublik) will China spätestens die dominierende Militärmacht der Welt werden. Weil die USA dicht machen, hält man verstärkt in anderen Ländern nach Rüstungstechnik Ausschau. Besonders begehrt sind deutsche Deep-High-Tech Start-ups. Sie verfügen oft über Dual-Use-Produkte. Die Produkte sind auch militärisch nutzbar. Solche Firmen sind z. B. Mynaric, Alcan Systems, Black Semiconductor, Hyperganic. Vgl. Stözel, T./ Petring, J.: Im Visier der Wettrüster, in: WiWo 39, 18.9.20, S. 64ff. Vgl. auch das neue Buch von Ex-BND-Chef Schinder über die Sicherheitspolitik. Er sagt, dass die Gefahr Chinas unterschätzt wird. Am Ende des einwöchigen Volkskongresses am 10.3.21 ruft  Xi das Militär zu ständiger Bereitschaft auf. Der Volkskongress hatte vorher eine Steigerung der Militärausgaben von 6,8% beschlossen. Der für den Asien-Pazifikraum zuständige US-Admiral Davidson sagte dazu, dass die USA damit rechneten, dass China bis 2027 versuchen werde, die Inselrepublik Taiwan zu besetzen. Die USA und China sprechen über ein Spitzentreffen in Anchorage im US-Bundesstaat Alaska. Das findet auch statt mit unüberbrückbaren Differenzen. 2021 fängt China an, die USA militärisch zu überholen. Es finden sich immer mehr Staaten, die mit den USA in Asien kooperieren wollen: Kanada, Sri Lanka, auch Deutschland. Man will noch 2021 eine Fregatte in die Region entsenden. Vgl. Busse, Nikolas: Chinas neue Muskeln, in: FAZ 12.4.21, S. 8. Zahlenmäßig ist die chinesische Flotte heute schon die größte der Welt. Sie ist noch nicht so effektiv wie die der USA. Sie wächst jährlich in der Bestandsgröße der deutschen Flotte (Aussage eines deutschen Flottengenerals, der dann schweigen muss).   Pensionierte Piloten der Bundeswehr bilden chinesische Kampfpiloten aus. Es taucht der Verdacht auf, dass sie militärische Geheimnisse verraten könnten. Verteidigungsminister Pistorius will das ab 2023 mit allen Mitteln verhindern.

Wenn die Wirtschaft Chinas in Zukunft die der USA überholt, wird auch das Militär früher oder später dominieren. Das war immer so in der Geschichte. Dann könnte der Punkt gekommen sein, dass China seine nationalen Interessen durchsetzt, ohne dass der Westen eingreift. China wird einen militärischen Konflikt aber kaum provozieren, da die Zeit für das Land spricht. China sieht keinen Sinn in bilateralen Abrüstungsverhandlungen oder in Dialogen. Vgl. den Militärexperten Tang Zhao vom Carnegie-Tsinghua Center for Global Policy, Quelle: Interview in der Rheinpfalz  vom 7.7.2021, S. 3. Das Pentagon bestätigt im Oktober 21 Chinas Hyperschallwaffentest. Das ist "sehr nah am Sputnik-Moment". Das amerikanische Abwehrsystem kann damit übergangen werden. Vgl. FAZ 29.10.21, S. 5. Immer wieder kommt es zu Konfrontationen in der Region. Westliche Staaten entsenden Schiffe in internationale Hoheitsgewässer, wie z. B. GB den Flugzeugträger HMS Queen Elisabeth (Flaggschiff der britischen Marine). So sollen z. B. die Philippinen unterstützt werden. In der Regel fährt man im Verbund mit US-Kriegsschiffen un d Schiffen anderer Nationen (Niederlande, Japan, Deutschland). China fühlt sich provoziert und sendet eine Warnung aus: "Einen hinrichten als Warnung an hundert". Auch Deutschland beteiligt sich ab Sommer 2021 an der Mission. Man schickt die Fregatte "Bayern". Bei den Operationen fahren  Kriegsschiffe gezielt durch von China beanspruchte Gewässer.

China baut Nachbildungen von US-Kriegsschiffen. Diese sollen als Angriffsziele für Militärübungen gelten. China entwickelt Raketen, die gezielt Kriegsschiffe ins Visier nehmen sollen. Die Flugzeugträgerverbände zählen zu den mächtigsten Militärgeräten im Waffenarsenal der USA. Ein Flottenverband der USA ist im Pazifik stationiert, um strategisch wichtige Gebiete wie Taiwan und das Südchinesische Meer zu überwachen. Pekings Gebietsansprüche werden als illegal angesehen.  Neuer Verteidigungsminister wird der bisherige Marinechef Dong Ju.

Technologie/ Innovationen: China hat ein neues Internetgesetz gegen "Blogger" erlassen (137 Mio. Internetnutzer 2006,  Zuwachsrate +23%  jährlich); 2006 wird die Tibet-Bahn, die höchste Eisenbahnstrecke der Welt, nach fünf Jahren Bauzeit von Qinghai nach Tibel in Betrieb genommen. 2006 startet die Regierung eine Innovationsoffensive. China zerschießt den alten Wettersatelliten "Fengyun 1C" und zeigt damit, dass es in einen Weltraumkrieg eingreifen könnte. China bringt im Januar 2007 zwischen Shanghai und Hangshou bzw. Nanjing den Hochgeschwindigkeitszug Shinkansen aus Japan auf die Schienen. Die reichste Provinz Chinas "Jiangsu" will als erste die Vorgaben des Volkskongresses 2007 umsetzen: neues Bewertungssystem für Wohlstand mit Zustand von Umwelt, Bildung, medizinischer Versorgung. Die Racketsportart Taiji Bailong Ball, die in China erfunden wurde, findet im westen immer mehr Anhänger. Sie verbindet westliche Techniken (Schläger und Ball) mit asiatischer Bewegungsphilosophie. Im Sommer 2007 kommt heraus, dass China mit sogenannten Trojaner-Spähprogrammen die Bundesregierung ausspioniert. Am 24. 10. 07 wird der erste Satellit zum Mond geschickt vom Raumbahnhof Xichang. China plant langfristig eine Verbesserung seiner militärischen Fähigkeiten. Dabei spielt die Luft- und Raumfahrt eine Schlüsselrolle. Hier muss China bald nicht mehr abkupfern. Im Mai 2008 wird zwischen Shanghai und Ningbo die längste Brücke der Welt freigegeben. Es wird ein riesiger Atom-U-Boot-Bahnhof im südchinesischen Meer gebaut. 2009 werden die Atom-U-Boote vor Qingdao präsentiert. Im September 2008 startet China seine dritte bemannte Weltraummission; Zhai Zhigang soll einen Weltraumspaziergang machen. China entdeckt immer mehr Weihnachten  mit Weihnachtsbäumen und europäischer Musik  als Anlass für Partys und Geschenke. Beim Deutschlandbesuch von Wen Jiabao 2009 wird eine weitere Zusammenarbeit beim Transrapid, bei Energie, Umwelttechnik und Finanzdienstleistungen vereinbart. 2009 kauft sich China in Firmen ein, die über Schlüsseltechnologien im Flugzeugbau verfügen, um langfristig Boing und Airbus Konkurrenz machen zu können. Ende 2009 schießt man Chemikalien in die Wolken, um Regen über Peking zu erzeugen. Es schneit, ohne dass Heizungen eingeschaltet oder Straßen geräumt werden. In Chansa/ Hunan hat China einen Supercomputer gebaut (Tianhe, viertschnellster der Welt).2014 soll der erste in China entwickelte Passagierjet auf den Markt kommen. Anfang 2010 testet man erfolgreich ein neues Raketenabwehrsystem. 2010 wird die Transrapid von Shanghai nach Hangzhou genehmigt. 2010 investiert China 100 Mrd. Dollar in den Ausbau eines Hochgeschwindigkeits-Schienennetzes. Der Verkehr vor Peking (vor allem im Norden) staut sich oft auf 100 km. Eine Tram auf Stelzen soll Abhilfe schaffen. Die längste Schnellbahn der Welt von Peking nach Shanghai über 1300 km geht bald im Juni 2011 in Betrieb. 2011 testet China erstmals einen Tarnkappenbomber (15-minütiger Jungfernflug). Auf der Luftfahrtschau in Paris 2011 wurde der erste Prototyp eines chinesischen Passagierjets vorgestellt. Wegen der CO2-Abgabe werden Airbusbestellungen storniert. Die Unglücke mit Hochgeschwindigkeitszügen Ende Juli 2011 und in einer Chemiefabrik  in Dalian im August lassen viele Chinesen am Nutzen des technischen Fortschritts zweifeln. Die Modernisierung der F-16-Kampfflugzeuge Taiwans durch die USA stört die bilateralen Beziehungen. Ende September 2011 schießt China die erste Weltraumstation (Testmodul) ins All. China will ein Konkurrenzflugzeug zu Boing und Airbus bauen. Internationale Zulieferer sollen helfen. Im Januar 2012 kommt es vor einem Apple-Store in Peking zu Tumulten (zu großer Andrang, Banden von Schwarzmarkthändlern). In der südchinesischen Stadt Changsha (Hauptstadt der Provinz Hunan, sieben Mio. Einwohner) entsteht der höchste Wolkenkratzer der Welt mit 838m. Bis 2018 soll im Süden Pekings ein neuer Flughafen gebaut werden. Mit 120 Mio. Passagieren pro Jahr soll er der größte Flughafen der Welt werden. Damit konkurriert er mit einem ebenfalls als größter Flughafen der Welt geplanten Airport bei Istanbul. Die Dienstfahrzeuge der Beamten werden ab 2013 mit GPS ausgerüstet. Die Disziplin soll überwacht werden (auch Systemwarnung, wenn zu lange vor bestimmten Einrichtungen geparkt wird). Ende 2013 gibt es wieder in verschiedenen Provinzen Smogalarm: In Jiansu, Zhejiang, Anhui und Henan. Im Dezember 2013 landet erstmals ein chinesisches Raumschiff auf dem Mond. An Bord ist das Mondfahrzeug "Jadehase" (yutu). Der US-Überläufer Edward Snowden offenbart 2014, dass die NSA jahrelang die chinesische Staatsspitze und das Unternehmen  "Huawei" ausspioniert hat. Im August 2014 ist eine neue Langenstreckenrakete fertig (Dongfeng - DF 41), die ungefähr 12.000 km weit fliegen kann. China verstärkt seine Forschungen zur künstlichen Intelligenz. Das Großprojekt hat den Namen Chinas Gehirn. Beteiligt ist vor allem der Internetgigant Baidu. Im März 2015 ist China das Partnerland auf der Cebit in Hannover. China will bis Ende 2017 mehr als 180 Mrd. Dollar in den Ausbau des Internets investieren. 2015 fließen 70 Mrd. $ in Netzwerke. China will ab 2015 eigene Mittelstreckenflieger bauen. Der Flugzeugbauer Comac präsentiert seinen ersten komplett selbst gefertigten Flieger (Konkurrenz für Boing und Airbus). 2015 baut China eine gigantische Fabrik, worin massenhaft Haus- und Nutztiere geklont werden sollen. Damit soll insbesondere der Fleischhunger der Bevölkerung gestillt werden. Durch den Kauf einer Lizenz von der Ukraine baut China zukünftig das größte Flugzeug der Welt. In China soll der größte Teilchenbeschleuniger der Welt entstehen, der 2040 in Betrieb genommen werden soll. 2017 lässt China die ersten Trams ohne Schienen fahren (Gummiräder; Elektromotor). Im Januar 2018 gelingt chinesischen Forschern das Klonen Jawa-Affen. Die chinesische Weltraumstation "Himmelspalast" stürzt im April 2018 auf die Erde. Der erste chinesische Flugzeugträger geht im Mai 2018 auf Probefahrt. Am 21.05.18 wird eine Rakete zum Mond abgeschossen, die erstmals auf der Rückseite des Mondes (von der Erde aus gesehen) landen soll. Im November 2018 wird bekannt gegeben, dass ein chinesischer Forscher Zwillinge genmanipuliert hat. Die Babys sind resistent gegen HIV. Das wurde mit dem Verfahren der Gen-Schere gemacht. Die Führung will die Ethik überprüfen, nachdem Kritik aus aller Welt kommt. Das Projekt wird gestoppt. Im Dezember 2018 startet das Land eine Sonde zum Mond (Chang´e 4), die erstmals auf der Rückseite landen soll. Ein spezieller Satellit muss für die Kommunikation sorgen. Die Sonde landet am 02.01,19 erfolgreich. Erstmals gelang China schon 2013 eine Sondenlandung auf dem Mond. Damit zeigt China seine Weltspitze auch in Wissenschaft und Technik (entscheidend auch für Militär). Pünktlich zum 70. Geburtstag der VR China wird der weltgrößte Flughafen (700.000 Quadratmeter) nach vier Jahren Bauzeit fertig gestellt. Er liegt 50 km südlich von Peking und heißt Daxing (im Volksmund auch Seestern, weil sechs Arme da sind). Schon 2021 sollen 45 Mio. (ab 2024 100 Mio.) Fluggäste jährlich befördert werden, mit 4 Start- und Landebahnen. Eine Schnellbahn befördert die Fluggäste in 20 Minuten nach Peking. Noch im Juli 2020 will China seine Marsmission starten. Das geschieht von der von der Firma C-Space in der Wüste Gobi. Das Raumschiff "Tianwen-1" wird mit der Rakete "Langer Marsch" abgeschossen. Die Rakete "Langer Marsch" bringt im November 2020 ein unbemanntes Raumschiff mit Namen der Mondgöttin ""Change` 5" zum Mond, um Bodenproben zu nehmen. Die Sonde landet am 1.12.20 auf dem Mond. Sie besteht aus vier Modulen. Darunter auch die Rückkehrkapsel. Es wird auch eine speziell entwickelte China-Flagge gehisst (440 Mio. Nutzer sehen das über Weibo). Am 15.5.21 landet die Sonde/ Rover "Zhurong" (Gott des Feuers) auf dem Mars. Sie wurde von Tianwen 1 hingebracht. Am 17. Juni 2021 erreichen die chinesischen Taikonauten die neue Raumstation. Am 21.3.22 stürzt ein Flugzeug mit 132 Insassen bei Wuzhou ab. Sie fällt aus großer Höhe kopfüber zu Boden (sehr ungewöhnlich). Im April 2022 sind Taikonauten wieder aus dem All zurückgekommen. Sie waren ein halbes Jahr dort. 2023 plant China eine Mondlandung. Die soll bis 20230 verwirklicht werden. China will eine neue Supermacht im All werden, neben den USA und Russland. China entwickelt Hyperschallflieger (wie auch die USA). 2035 sollen sie betrieben werden. Mit einem Forschungsschiff möchte China ab 2024 in bislang unerreichte Tiefen unter dem Meer bohren.  "China, Indien und Korea werden mit rasantem Tempo immer einflussreichere Spieler auf dem Patentmarkt", Alain Pompidou, ehemaliger Präsident des Europäischen Patentamtes. "Sein Licht unter den Scheffel stellen und den rechten Augenblick abwarten", Deng Xiaoping. 2017 macht eine Zahnstocher-Armbrust von sich reden. Viele Schüler benutzen sie (Reichweite bis 20 Meter, starke Durchschlagskraft). Es ist der neue Spielzeugtrend.

   Shanghai (früher "Paris des Ostens" genannt; auch: der Hafen der Düfte oder die Stadt über dem Meer), Pudong (Finanz-Viertel) und World Financial Center vom Wasser her bei einer Hafenrundfahrt  aus fotografiert. "China ist vergleichbar einem Baum. Die Wurzeln liegen in Xi ´an, der Stamm ist Beijing, die Blüten sind Shanghai". Diesen Spruch hört man oft in China. Die Zukunft wird im Süden gesehen. Keine andere Stadt hat sich seit 1990 so stark gewandelt. Es gibt noch Bauten aus der Konzessionszeit (Französische Konzession), aber vor allem viele Wolkenkratzer. Die Chinesen selbst sprechen heute auch von Mao-Dynastie und verweisen darauf, dass jede Dynastie im Schnitt 200 Jahre gehalten hat. "Das chinesische Volk ist wie ein weißes Stück Papier, wie gemacht, die allerschönsten Zeichen darauf zu malen", Mao.  Die Realität in China hat nicht mehr viel mit Kommunismus zu tun.  Der Süden Chinas ist westlicher und etwas freier. Shanghai hat das bunteste Nachtleben. Am berühmtesten ist der Bund (Wort stammt aus Indien und bedeutet so viel wie Gürtel), die alte Hafenpromenade. Im Süden Chinas wird in der Regel alles gegessen, was vier Füße hat, außer Tischen und was fliegen kann, außer Flugzeugen (also auch Hunde und Katzen; vor allem, wenn anderes Fleisch teurer wird). Vom Flughafen zur Stadt verkehrt ein Transrapid in 7 Minuten (mit deutscher Technik; in Deutschland Auslaufmodell). Am  Ende der Kaiser-Ära war Kanton (heute Shenzhen) aber eher das Tor des Westens nach China. Es stand damals unter britischer und französischer Verwaltung. Es liegt im Perlflussdelta an der Mündung des Weißen Flusses.     

Geschichte: Vor 1200 Jahren war dort nichts. Erst in der Tang-Zeit entstand in diesem Gebiet durch Ablagerungen des Yanzi festes Land. Im 10.Jh. gab es zum ersten  Mal eine Anlegestelle (am oberen Hai-Fluss). 1267 wurde Shanghai zum Marktflecken. 1292 zur Kreisstadt. 1554 erhielt die Stadt eine Stadtmauer. Die Stadt wurde sehr bekannt, als 1840 England im Vertrag von Nanjing die Öffnung der Stadt erzwang. Es entstanden Konzessionsgebiete der Engländer, Franzosen und Amerikaner. Die Deutschen setzten mit dem Club Concordia ein architektonisches Wahrzeichen. Der Bund (waitan) wurde zu einer der ersten Adressen weltweit. 1854 wurde in Shanghai ein Seezollamt unter britischer Leitung eingerichtet, das zu einer wichtigen Einnahmequelle für den Qing-Staat wurde. Shanghai war von Beginn an Chinas Laboratorium der Moderne. Vgl. Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart 2019, S. 458.

 Japan:

"Wer sich selbst alles zutraut, wird andere übertreffen", Zen-Weisheit.

Konjunktur:  Im September 2020 gehen Japans Exporte in Höhe von -14,8% zurück im Vergleich zum Vorjahresmonat. Es war der sechste Monat in Folge mit einem zweistelligen negativen Wert. Bis dahin liegt der Überschuss in der Handelsbilanz noch bei 248,3 Mrd. Yen. Auch im zweiten Quartal 2020 sackt Japans Wirtschaft weiter ab. Die Exporte sind so stark eingebrochen wie seit zehn Jahren nicht mehr. Im 1. Quartal 2020 bricht die Wirtschaft ein (Taifun, Handelskrieg der USA, Mehrwertsteuererhöhung, Corona-Virus). Japan ist am Beginn einer Rezession. Im ersten Quartal 2018 beendet die Wirtschaft Japans ihre Erfolgsserie: Das BIP schrumpfte um 0,6% (schrumpfende Investitionen und Konsumausgaben). Durch die Handelspolitik von Trump können Exporte das nicht mehr ausgleichen. Vor allem die sinkenden Konsumausgaben belasten auch Japans Volkswirtschaft. Im zweiten Quartal 2017 wächst die Wirtschaft so schnell wie seit zwei Jahren nicht mehr (BIP +4,0%; Binnennachfrage, höhere Investitionen der Firmen). Im ersten Quartal 2017 verliert die Konjunktur stark an Fahrt. Die Industrieproduktion fiel im Mai 17 um 3,3% gegenüber dem Vorjahr. Die Verbraucherausgaben sanken um 0,1%.  Im Februar 2016 ist die Industrieproduktion im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,2% gesunken. Im Februar 2016 fällt auch der Dollar zum Yen auf ein Rekordtief. Der Yen wird als sicherer Hafen gesehen. Seit Jahresbeginn hat der Nikkei-Index ein Fünftel seines Wertes verloren. Mit einem massiven Konjunkturprogramm will die neue japanische Regierung ab 2015 die Wirtschaft wieder in Schwung bringen (3,5 Billionen Yen/ 24 Milliarden Euro).  Die wichtigsten Elemente sind Unterstützung für den Mittelstand, für Verbraucher und die Opfer von Naturkatastrophen. Die expansive Geldpolitik wird 2015 fortgesetzt (jährlich 80 Billionen Yen für Ankauf von Anleihen und Wertpapieren). Trotzdem rutscht das Land im dritten Quartal 2015 weiter in die Rezession (BIP -0,2%; gleicher Wert für 2. Quartal)). Am 24.08.15 brechen die Aktienkurse um 4,61% (im Anschluss an Einbruch in Shanghai). Im letzten Quartal 2014 erholt sich die Wirtschaft (BIP +2,2%). Im Dezember 2014 stiegen die Exporte gegenüber dem Vorjahresmonat um 12,9%. Im Zuge des stark gesunkenen Ölpreises stiegen die Importe nur um 1,9%. Zwei Quartale in Folge am Ende von 2014 rutschte Japan in eine Rezession (-1,6%, die Industrieproduktion steigt allerdings im September und Oktober 14 noch um 0,2%). Am Beginn von 2014 hatten die Politik des billigen Geldes und hoher Defizite den Aufschwung vorerst zurückgebracht. Das Land scheint der Deflation entronnen. Es könnte für 2014 +0,2% Wachstum herauskommen (2015: 1,1%). Die Konsumenten sind aber nicht an Inflation gewöhnt und halten sich zurück (Reallohnverlust, Mehrwertsteuererhöhung; bis 2015 auf 10%). Die Betriebe fahren ihre Investitionen weiter zurück.  Das führt im zweiten Quartal 2014 zu einem Einbruch (-6,8%). Der schwache Yen sorgt Ende 2013 für ein Handelsdefizit in Japan. Die Einfuhren übertrafen im November 2013 die Ausfuhren um 1,25 Billionen Yen (rund 9 Mrd. €; vor allem Energie, die in Dollar bezahlt, wurde teurer). Insofern ist die Lage gespalten. Zu Jahresbeginn 2013 hellt sich das Konsumklima auf. Im ersten Quartal wächst die Wirtschaft um 4,1% (Stagnation zu Ende?). Vor allem die Exporte legen vier Monate hintereinander zu (im August 2013 +14,7%). Im 2. Quartal beträgt das Wachstum 3,8%.  Im dritten Quartal wächst die Wirtschaft nur um 1,1%. Die Regierung zieht ein Konjunkturprogramm in Höhe von 134 Milliarden € auf (auch um die restriktiven Wirkungen der Verbrauchssteuererhöhung zu bremsen). Im November 2013 erreicht der Nikkei-Index den höchsten Stand seit Mai. Es zeigen sich allerdings noch keine Erfolge im Kampf gegen die Deflation. Am 13. 06. 13 kommt es zu einem Kursrutsch an der Börse (Wirtschaftsdaten aus den USA). Die Vergabe der Olympischen Spiele 2020 an Tokio soll die Wirtschaft Japans beflügeln (150.000 neue Arbeitsplätze). die Aktienkurde steigen. Im ersten Quartal 2012 erholt sich Japans Wirtschaft (BIP +1%; Konsum, Export, Aufbau des Nordostens/ Konjunkturprogramme). Die Arbeitslosenquote stagniert bei 5% (allerdings ungenau gemessen). Im dritten Quartal brechen die Exporte ein: Der Inselstreit mit China und die Euro-Krise haben großen Einfluss. Die Wirtschafts-Aussichten für 2013 sind schlecht, werden aber nach den Stimulierungsmaßnahmen der Regierung und der Geldschwemme korrigiert (Abenomics). Man rechnet mit 2,5% Wachstum.  2011 hat Japan das erste Handelsbilanzdefizit seit 30 Jahren. 2011 wird Japan durch die Naturkatastrophe (Erdbeben, Tsunami, Atomkraftwerke) zurückgeworfen (1. Quartal -0,9%). Im Mai 2011 brechen die Exporte um -10,3% als Folge des Erdbebens ein. Gleichzeitig im Mai stieg die Industrieproduktion wieder um  5,7% zum April. Die Regierung rechnet 2011 mit Mini-Wachstum von 0,5%. Die Rating -Agentur Moody´s stuft Japan im August 2011 herab (von Aa2 auf Aa3) . Auch der Einzelhandel kommt nicht in Schwung. Der jüngste Tankan-Bericht warnt vor einem Yen-Höhenflug (Firmenexodus?). 2010 zeigt sich auch in Japan der Aufschwung (Industrieproduktion, Bruttoinvestitionen größer Null). Auch die Exporte treiben Japans Konjunkturerholung (März 2010 43,5% über dem Vorjahr). Im 1. Quartal 2010 wuchs das Bruttoinlandsprodukt um 1,2% (Exporte mit 0,7 Punkten); im 2. Quartal nur um magere 0,1%, im 3. Quartal +1,1%. Der starke Yen, die mangelnde Kauflust der Japaner und fehlende Investitionen bremsen. Hinzu kommen Preisdeflation, die rapide alternde Bevölkerung  und soziale Deformation bei der Renten- und Gesundheitssicherung. Im August 2010 wird ein weiteres Konjunkturprogramm von 8,5 Mrd. € aufgelegt. Im September 2010 greift die japanische Notenbank massiv in den Devisenhandel ein, indem sie Landeswährung im Milliardenumfang verkauft. Außerdem stellt die Zentralbank weitere zinsgünstige Kredite zur Verfügung. Im Oktober 2010 wird der Leitzins quasi auf Null gesenkt (0 bis 0,1%). Japan hat Ende 2008 die Produktion kräftig gedrosselt, Januar und Februar bricht die Industrieproduktion ein (10,2%, 9,4%). Japan ist in einer  Rezession. Im letzten Quartal 2009 ging das BIP um -4% im Jahresvergleich  zurück. Um 1,2% sanken im März die Verbraucherpreise. Statistisch ist Japan der größte Krisenverlierer (stärkster Rückgang seit 50 Jahren). Mitte 2009 scheint der Absturz gestoppt. Japan profitiert vor allem vom Aufbau der Infrastruktur in China (Baumaschinen). Im September steigt die Produktion wieder um 2,1%, das BIP im 3. Quartal um 0,7%.  2010 soll die Wirtschaft um1,4% wachsen (2011: 1,1%, 2012: 1,2%). Das Geschäftsklima steigt 2010 deutlich an. Seit Februar 2002 bewegte sich die Wirtschaft Japans, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, nach Jahren der Deflation vorübergehend auf Wachstumskurs. Japan hat im Jahr 2007 ein Wachstum von 2,0%, 2006 ein Wachstum von 2,2% erzielt (2005: 1,9%, 2008: voraussichtlich 1,7%, 2009: voraussichtlich 1,5%). Neue Exportmärkte in Asien und Südamerika, aber auch Großinvestitionen der Elektronik- und Automobilindustrie in Japan haben dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die Exporte brechen 2008 um 50% ein, im 1. Quartal 2009 noch mal um 28% zum Vorquartal.. Auch andere Frühindikatoren sind  Ende 2008 und Anfang 2009 rückläufig. Es fehlt auch an Produktivität und Innovation. Insbesondere die weltweite Nachfrage nach japanischen Autos und Elektronikprodukten geht zurück. Auch die Binnennachfrage bricht ein. Ende 2009 und 2010 drosselt Toyota weltweit die Produktion, weil 8,5 Mio. Fahrzeuge zurückgerufen werden müssen. Damit kriselt ein Symbol Japans. Die Regierung legt im Herbst 08 ein Konjunkturprogramm in Höhe von 70 Mrd. € auf (weitgehend Kredit finanziert). Ein Investitionsprogramm in Höhe von 380 Mrd. € folgt. Erst im zweiten Quartal 2009 gibt es mit 0,9% ein Plus beim BIP-Zuwachs nach fünf Minusquartalen. Dabei profitiert Japan stark vom Wachstum Chinas. Die Preise am Immobilienmarkt steigen wieder. Ist Japan auf dem Weg in eine Stagflation? Zusätzliche Bargeldgeschenke (bis 500 € pro Haushalt sollen den Konsum anregen. die Rückzahlung von Hypotheken soll bezuschusst werden. Der Nikkei - Index der Japan-Aktien hat im Jahre 2008 -42% verloren, soviel wie nie zuvor.. Zu einem Dreijahrestief kommt es nach der Pleite von Lehman Brothers. Die japanische Konjunktur ist volatil wegen der großen Abhängigkeit von den USA. Von hier könnte weiter nachlassendes Wachstum kommen. Denn der Export ist neben dem Binnen-Konsum der Hauptwachstumsfaktor. Wegen der höheren Zinsen in den USA ist der Yen schon länger unter Druck. Am 17.08.07 kommt es zu einem Aktien-Crash von 5%, stärker ist der Rückgang dann am 21. 01. 08 (-5,6%, unter 13.000), am 06.10.08 (-4%, tiefster Stand seit 5 Jahren) und am 08.10 (-9%, 20Jahrestief).  Der Yen ist immer noch  unterbewertet, doch die BoJ interveniert nicht. Die japanische Industrie kann mit diesem Wettbewerbsvorteil günstiger exportieren (vor allem die Automobilindustrie hat profitiert, im Januar Export +18,2% gegenüber dem Vorjahr), es gibt auch keine Inflationsgefahr. Die Deflation, die eine Reaktion auf frühere Übersteigerungen, insbesondere bei Aktien und Grundstückspreisen, war, scheint überwunden (zuletzt sogar Preissteigerung von 0,6%). Japans Anleger leihen sich billiges Geld in Japan und legen es in Hochzinsländern an (Carry Trade).  Mitte November 2006 hat Japan ein Exportverbot für Luxusgüter nach Nordkorea erlassen. Am 21.02.2007 erhöhte die BoJ den Leitzins auf 0,5%. Im Oktober 08 wird er wieder auf 0,3% gesenkt, im Dezember auf 0,1%.  Dann auf 0,25%. Nach zweieinhalb Jahren wegen Corona sind ab Oktober 2022 wieder Individualreisen nach Japan ohne Visum möglich.

In Japan bildet sich das Parlament aus den zwei Häusern "Shügiin" mit 475 Mitgliedern und "Sangiin" mit 242 Mitgliedern.

Gesellschaft, Politik und Reformen: Über 10 Jahre andauernde Rezession und der Druck durch die Globalisierung haben in der Wirtschaft, den Unternehmen und der Gesellschaft zu großen Struktur - Veränderungen geführt (z. B. Abbau des auf der Firma beruhenden sozialen Sicherungsnetzes). Es ist auch ein Wachsen des Nationalismus zu beobachten. Die Bestimmungen für die Einreise sollen verschärft werden. Mitte September 2006 legte Koizumi sein Amt nieder, Nachfolger war Shinzo Abe (wollte die Beziehungen zu China verbessern und "Flamme der Reformen soll weiter brennen"). Auf internationaler Bühne wird seither selbstbewusster agiert, auch gegenüber den USA. Die japanische Regierung unter Abe wurde auch nationalistischer und rückt nach rechts. Die Regierung wurde durch verschiedene Skandale erschüttert. Abe trat daher im September 2007 zurück, auch als Vorsitzender der LDP. Nachfolger wurde Yasuo Fukuda in beiden Funktionen . Leistungs- und Anpassungsdruck führen zu einer Selbstmordwelle unter Japans Schülern. Das japanische Landwirtschaftsministerium schickt Sushi Inspektoren in die Welt, um die Zubereitungsregeln zu kontrollieren. Erstmals seit sechs Jahren reiste im April 2007 wieder ein chinesischer Ministerpräsident (Wen Jiabao) nach Japan. Vertreter der Energiewirtschaft beider Länder unterzeichneten Kooperationsabkommen. Die Zwischenfälle häufen sich vor den Südkurilen, die zwischen Japan und Russland umstritten sind. Der Zwist verhindert bessere  bilaterale Handelsbeziehungen der beiden Länder. Bis 2020 will Japan eine komplett neue Netzinfrastruktur für das Internet schaffen (Kommunikationsminister Yoshihide Suga). Bundeskanzlerin Merkel besucht Ende August 2007 mit einer 30köpfigen Wirtschaftsdelegation Japan. Vorher hat sie China besucht. Es geht vor allem um Klimapolitik und die Übergabe der G8 Führung an Japan. Japan unterstützt den US-Einsatz in Afghanistan nicht mehr. Ein Rüstungsskandal erschüttert Ende 2007 Japans Regierung: Verteidigungsbeamte erhielten Bestechungsgeld für die Vergabe von Beschaffungsaufträgen. Der Besuch von Regierungschef Fukuda in China Ende 2007 knüpft die Kontakte enger und verbessert weiter die Beziehungen beider Länder. Im Sommer 2008 ersetzt Fukuda 13 von 17 Ministern seiner Regierung. Im September 08 tritt Y. Fukuda frustriert zurück. Taro Aso wird sein Nachfolger ("Club der alten Männer"). Bei der Parlamentswahl im August 2009 kommt es  zu einer Niederlage der LDP, die seit 1955 regiert. Die DPJ gewinnt und Hatoyama wird Ministerpräsident. Er will die Kaufkraft fördern und Japan weniger abhängig von Exporten machen. 2010 gerät Hatoyama in Schwierigkeiten wegen Millionenspenden seiner Mutter für den Wahlkampf am Fiskus vorbei (Die Mutter ist Erbin des Gründers von Bridgestone). Außerdem hält er das Wahlkampfversprechen zur Schließung eines US-Stützpunktes nicht ein. Im Juni 2010 tritt er zurück. Finanzminister Naoto Kan wird neuer Premierminister. Er will die Steuern erhöhen und den Haushalt sanieren. Seine Partei verliert die Senatswahl. 2010 besucht erstmals kein Regierungsmitglied den Yasukuni - Schrein. 2010 gestattet die Regierung erstmals einen Blick in Todeszellen und Hinrichtungsräume. 86% aller Japaner sind für die Todesstrafe. Die demokratische Partei Japans (DPJ) steht vor der Spaltung. Regierungschef Naoto Kan und die graue Eminenz Ichiro Ozawa kämpfen um die Parteiführung und den Premier. Kan gewinnt die Kampfabstimmung klar. Im Juni 2011 übersteht er ein Misstrauensvotum. Ende August tritt Kan als Vorsitzender der DPJ und als Ministerpräsident zurück (Krisenmanagement nach dem Erdbeben). Sein Nachfolger in beiden Funktionen wird der bisherige Finanzminister Yoshihido Noda. Er warnt vor einem Haushaltsnotstand. Im November 2012 löst Noda das japanische Unterhaus auf. Es gibt vorgezogene Neuwahlen im Dezember. Diese Wahl gewinnt Shinzo Abe (LDP). Im Juli 2013 bekommt Abe auch die Mehrheit im Oberhaus. Die "Abenomics" zeigt Wirkung: der Nikkei-Index legt zu und die Konsumausgaben steigen. Vor allem steigt die Stimmung in Japan. Die Regierung in Japan unter Abe will bis Ende 2013 die Freihandelszone "Trans Pacific Partnership" (alle Pazifikanrainerstaaten) eingehen. Ende 2013 besucht Abe erstmals seit 2006 als Ministerpräsident wieder den Yasukuni-Schrein. Weil hier auch verurteilte Kriegsverbrecher des 2. Weltkriegs geehrt werden, protestieren China und Korea (in diesem Krieg tötete die japanische Armee 20 Mio. Menschen). Im Januar 2014 werden 200 Delfine in die Bucht von Taiji getrieben. Die meisten werden getötet (obwohl das Fleisch kaum noch in Japan gegessen wird). Einige kommen in Delfin - Aufzucht - Stationen. Jährlich kommen in der Bucht vor dem Fischerort ca. 200.000 Delfine und Kleinwale ums Leben (Film "Die Bucht"). Ende April 2014 besucht der amerikanische Präsident Obama Japan. 2014 beschließt Japan, dass künftig Verbündete militärisch unterstützt werden können (kollektive Selbstverteidigung; Pazifismusgebot wird damit aufgehoben). Durch den Konflikt mit China im Chinesischen Meer rücken Japan und Australien enger zusammen. 2014 richtet der Taifun "Neoguri" große Schäden in der südwestlichen Region Okinawa an. In der Nähe des havarierten Atomkraftwerks Fukushima kommt es zu einem Erdbeben. Es wird Tsunami-Warnung erlassen. Im August 2014 fliehen 100.000 Menschen vor dem Taifun "Halong" im Süden Japans. Beim Ausbruch des Vulkans Ontake (zweithöchster Berg Japans) Ende September 2014 sind über 30 Menschen umgekommen und über 40 schwer verletzt worden. Im Oktober 2014 treten zwei Ministerinnen zurück wegen Spenden- und Amtsmissbrauch. Am 18.11.14 tritt Premier Abe zurück und flüchtet sich in Neuwahlen. Er ist wegen der Rezession unter Druck. Im Wahlkampf artikulieren Japans Frauen lautstark ihre Interessen. Sie machen mobil gegen die gesamte Clique der "Ossan", der alten Männer (Akie Abe, die Frau des Premiers: "Ich bin die Oppositionspartei in der Familie"). Shinzo Abe wird am 14.12.2014 bei den vorgezogenen Neuwahlen mit Zweidrittelmehrheit wieder gewählt. Die Wahlbeteiligung lag bei nur 52%. Am 09.03. 15 besucht Bundeskanzlerin Merkel Japan. Es geht um ein Freihandelsabkommen. Beide Länder wollen vorerst an den G7 festhalten und damit Russland nicht dabei haben. Der Kulturaustausch mit Europa lahmt (Japan schottet sich eher gegen Einwanderer ab). Ein starkes Erdbeben der Stärke 8,5 hat am 30.05.15 die Region um Tokio erschüttert. Im Juli 2015 weicht das japanische Parlament die pazifistische Verfassung auf: Neue Sicherheitsgesetze, auch für Einsätze im Ausland. Anfang Oktober 2015 bildet Premierminister Abe das Kabinett um: 10 neue Minister. Japan leidet an dem verlangsamten Wachstum gegenüber China. 29 Tote gibt es bei einem Erdbeben (zwei Beben innerhalb von 24 Stunden) im April 2016 im Südwesten Japans (Insel Kyushu). Am 27. mai 2016 sucht der US-Präsident Hiroshima (als erster Präsident). Chinesische Kriegsschiffe halten sich 2016 immer wieder nahe der Senkaku-Inseln auf. Japan wirft China Provokation auf hoher See vor. Bei der Parlamentswahl im Juli 2016 fährt Abe einen hohen Sieg ein: Die Koalition aus LDP und Komeito erreicht fast die Zweidrittelmehrheit (erstmals nach 27 Jahren winkt der LDP die alleinige Mehrheit, 59 von 121 Sitzen, im Unterhaus hat sie bereits eine Zweidrittelmehrheit). Somit kann die Änderung der pazifistischen Verfassung angegangen werden (von der amerikanischen Siegermacht nach dem 2. Weltkrieg aufgedrängt). Viele Experten fürchten, dass Abe jetzt seine Strukturreformen, Teil der Abenomics, vernachlässigt. Mitte 2016 kommen Spekulationen auf, dass Kaiser Akihito bald abdanken könnte. Im Juli 2016 wird Yuriko Koike, frühere Verteidigungsministerin Japans, zum Gouverneur der Hauptstadt Tokio gewählt. Ein schweres Seebeben erschüttert im November 2016 die Region um Fukushima. Zusammen mit Obama will der japanische Regierungschef Abe noch Pearl Harbour besuchen. Ein Russland-Japan-Gipfel (mit Abe, Putin) im Dezember 2016 in Tokyo und Nagato bringt keinen Durchbruch im Inselstreit. es werden eine Reihe von Wirtschaftsabkommen geschlossen. Die japanische Verteidigungsministerin Tomomi Inada besucht Ende 2016 den Yasukuni Schrein. Im März 2017 besucht eine Delegation aus Saudi-Arabien (1000 Personen; schwierig in Tokyo unterzubringen) Japan. Es geht für das Land um Technologie-Transfer, für Japan auch um Öl. 2017 kommt ein Gesetz in Japan, dass dem Kaiser die Abdankung erlaubt. Damit kann Akihito die Krone an seinen Sohn Naruhito weiterreichen. Sollte Tochter Prinzessin Mako einen Bürgerlichen heiraten, muss sie vom Gesetz aus, den Hof verlassen. Das wäre das Ende des Kaisertums in Japan. Japans Kaiserenkelin Mako verlobt sich im September 2017 mit einem Bürgerlichen. Premier Abe nutzt die Gunst der Stunde (Raketen Nordkoreas, gute Wirtschaftslage), um Neuwahlen für den 22. Oktober 2017 auszurufen. Just zu dem Zeitpunkt rast Taifun Lan auf das Land zu und könnte die Wahlbeteiligung weiter drücken. Die konservative Koalition von Abe kommt auf 311 von 465 Sitzen, er gewinnt also haushoch. Im November 2017 besucht Trump Asien, zuerst Japan (dann Südkorea, China, Vietnam und die Philippinen). Die Reise ist wegen der Unberechenbarkeit von Trump heikel. In Japan stehen zwei Punkte im Mittelpunkt: Nordkorea und das Handelsdefizit der USA mit Japan (-68 Mrd. $). Eine funktionierende Achse ist für beide Länder wichtig. Die Regierung in Tokio legt im Dezember 2017 den Abdankungstermin von Tenno Akihito auf den 30. April 2019 fest. 2017 werden immer wieder "Geisterboote" (nicht hochseetauglich, teilweise mit Leichen) an der Küste Japans angeschwemmt. Die Erklärung dafür reicht von Flüchtlinge aus Nordkorea bis gestrandete Agenten. Ende 2017 wird entschieden, dass die Todesstrafe beibehalten wird. Der Todestrakt der Gefängnisse wird nicht kontrolliert. Die Verurteilten berichten von Folter und Böswilligkeiten. Im März 2018 erschüttert ein Skandal um Vetternwirtschaft im Zusammenhang mit einem ultranationalistischen Schulbetreiber das Land. Es gibt auch Hinweise auf eine Verwicklung von Premier Abe und seine Frau. Im Mai 2018 besucht der chinesische Ministerpräsident  Le Keqiang Japan. Man vereinbart Verhandlungen über die umstrittenen Inselgruppen und eine Ausweitung des Handels zwischen beiden Ländern (weitere Punkte: Hotline zwischen beiden Ländern zur Vermeidung militärischer Konflikte, Abe nach China eingeladen, Xi will Japan besuchen). Es ist der erste Besuch eines chinesischen Ministerpräsidenten seit sieben Jahren. Am 17.06.18 gibt es ein Erdbeben in der Nähe von Osaka. 3 Menschen werden getötet, über 200 müssen fliehen. Im Juli 2018 gibt es Unwetter und Erdbeben in der Nähe von der Region Hiroshima, Nagasaki, Kyoto. Es gibt viele Tote und Verletzte. Am 04.09.18 gibt es einen schweren Taifun an der Küste der Hauptinsel. "Jebi" ist der schwerste Taifun seit 25 Jahren. Er führt zu sechs Toten und einem Verkehrschaos an der Küste. Der internationale Flughafen von Osaka muss lange gesperrt werden. Gleich danach erschüttert ein schweres Erdbeben der Stärke 7 die Insel Hokaido (Nordjapan). Mindestens 23 Personen kommen ums Leben. Ende Oktober 2018 kündigt Japans Regierungschef Abe an, dass er mehr Kooperation mit China will. Er spricht von "einem historischen Wendepunkt" auf dem ersten Gipfel beider Staaten. Möglichkeiten der Zusammenarbeit sieht er bei der Infrastruktur, der Logistik, bei Gesundheit und Finanzdienstleistungen. Einige Wirtschaftsabkommen wurden unterzeichnet. Auch beim Thema "Nordkorea" will man zusammenarbeiten. Anfang November 2018 besucht Wirtschaftsminister Peter Altmaier Tokio vor dem Asien-Pazifik-Gipfel. Er trifft seinen Amtskollegen Hiroshige Seko. Auch ein Treffen mit Abe ist geplant. Ab 2019 verlässt Japan die Internationale Walfangkommission (IWC). Am 04. und 05. Februar 2019 besucht Bundeskanzlerin Merkel Japan. Es geht um die Themen Internationale Ordnung, Krisenmanagement, Welthandel und Wirtschaftsbeziehungen. Im Oktober 2019 trifft ein Super-Taifun auf Japan und Tokio. Hagibis richtet große Schäden an. Im November 2019 (23./24.) besucht Papst Franziskus Japan. Er gedenkt auch der Opfer der Atombombenabwürfe. Bei schweren Unwettern (schwerer Regen, Überschwemmungen) im Südwesten Japans (am stärksten betroffen die Provinzen Kumamoto, Kagoshima) kommen 35 Menschen ums Leben. An 75. Jahrestag der Kapitulation Japans im 2. Weltkrieg äußert Kaiser Naruhito sein "tiefstes Bedauern" über die kriegerische Vergangenheit. Vier japanische Minister besuchen allerdings wieder den Yasukuni-Schrein. Premierminister Abe ist schwerer erkrankt. Er hat einen längeren Klinikaufenthalt. Er hat Darmprobleme. Japans Kaiserfamilie verzichtet wegen Corona auf den Sommerurlaub außerhalb Tokios (Präfekturen Shizuoka, Tochigi). Am 28.8.20 tritt Abe zurück (chronische Darmentzündung, ganz schlechte Umfragewerte: zuletzt nur 37% Zustimmung). Er regierte am längsten in Japan. Sein Nachfolger als Vorsitzender der LDP wird der Stellvertreter Yoshihide Suga. Damit wird er auch nächster Ministerpräsident. Suga ist 71 Jahre alt und ein Vertrauter von Abe (er stammt allerdings nicht aus einer Politiker-Dynastie, sondern aus ärmlichen Verhältnissen). Er will die schwer angeschlagene Wirtschaft ankurbeln. In Asien belebt Biden alte Allianzen neu, Als erstes ausländisches Staatsoberhaupt besucht der japanische Premierminister Suga das Land Es geht vor allem um die aggressive Politik von China im südchinesischen und ostchinesischen Meer.  Die Sicherheitsgarantie wird erneuert (notfalls Atomwaffen). Bald wird auch der Ministerpräsident Südkoreas in den USA erwartet. Im September 2021 gibt Premier Suga auf. Die Kritik an seiner Corona-Politik war zu stark. Er kandidiert nicht mehr für den Parteivorsitz (LDP). Gleich vier Kandidaten stellen sich zur Wahl, was eine Vielfalt der LDP anzeigt: Taro Kono, Fumio Kishida, Sanae Takaichi, Seiko Noda. Erstmals sind zwei Frauen dabei, die aber eher Außenseiterinnen sind. Die größen Chancen hat Kono, Minister für administrative Reform und "Impfzar". Er will Japan stärker öffnen. Prinzessin Maku will bald ihren Freund Kei Komuro heiraten. Nicht alle Japaner freuen sich. Die shintoistischen Rituale sind abgesagt. Sie will ihrem Angetrauten nach New York folgen. Jetzt hängt alles an ihrer jüngeren Schwester, die im Kaiserhaus bleiben soll. Überraschend wird Ex-Außenminister Fumio Kishida Vorsitzender der Regierungspartei LDP. Damit wird er auch Japans nächster Premier. Technokraten haben sich einem politischen Kurswechsel widersetzt. Tatsächlich wird Kishida am 4. Oktober 21 zum Regierungschef gewählt. Er ist 64 Jahre alt. Viele Minister bleiben im Amt, zwölf neue Gesichter, es gibt drei Besetzungen mit Frauen. Darunter ist auch Seiko Noda, die sich um den Geburtenmangel kümmern soll. Sie wollte selbst Premierminister werden. Im November 2021 legt die deutsche Fregatte "Bayern" im Hafen von Tokio an. Damit hat erstmals seit 20 Jahren wieder ein deutsches Marineschiff in Japan angelegt. Es geht um die Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea und um Gebietskonflikte zwischen China und den Anrainerstaaten. Bei einem Hochhausbrand in Osaka am 16.12. 21 kommen über 20 Menschen um (im 4. Stock von acht, Brandstiftung). Im April 22 sinkt ein Ausflugsboot vor der Küste Nord-Japans. 26 Menschen kommen dabei um. Am 29.4.22 reist Bundeskanzler Scholz nach Japan. Es ist sein erster Besuch als Kanzler in einem asiatischen Land. Man wertet das hier auch als klare Botschaft an China (Revidierung von Merkels Fokussierung auf China). Auch Premier Fumio Kishida setzt auf starke Partner. Bei einem Besuch von Biden am 22.5.22 in Japan sagt er Taiwan Hilfe zu bei einem Angriff von China auf die Insel. Das Verteidigungsbündnis Quad ist auch gegen die Expansionspolitik Chinas in Asien gerichtet (USA, Japan, Südkorea, Australien). Am 7.7.22 wird bei einer Parteiveranstaltung ein Anschlag auf den Ex-Premierminister Abe verübt. Zwei Schüsse aus einer Schrotflinte verletzten ihn schwer. Abe setzte sich für eine Aufhebung des "Kriegsverbots" ein und wollte eventuell wieder Premier werden (Stärkung von Patriotismus und Rolle des Militärs). Er stirbt nach einigen Stunden im Krankenhaus in Nara.  Der Täter, ein ehemaliger Soldat,  wurde überwältigt und verhaftet. Die Nachricht löst Schockwellen aus, denn Japan gilt als eines der sichersten Länder (mit schärfstem Waffenrecht). Am 10.7.22 besucht Außenministerin Baerbock das Land. In Nagasaki besucht sie das Atommuseum. Sie spricht mit dem letzten Überlebenden der Atomkatastrophe. Sie mahnt eine Welt ohne Atomwaffen an. In Nagasaki wurden etwa 70.000 Menschen durch die direkte Wirkung der US-Atombombe getötet. Bei den Wahlen zum Oberhaus erreicht die LDP eine Mehrheit. Am 27.9.22 wird Shinzo Abe in einem Staatsbegräbnis beigesetzt. Die Witwe Akie Abe trägt die Asche. Am 01.11. 22 besucht Bundespräsident Steinmeier  Japan. Er lobt das Land als Wertepartner. Kishida warnt Russland dabei vor dem Einsatz von Atomwaffen. Am 18. und 19.3. 23 finden Regierungskonsultationen zwischen Deutschland und Japan in Tokio statt. Bundeskanzler Scholz ist mit den wichtigsten 6 Ministern angereist. Man vereinbart eine engere Zusammenarbeit bei Handel/ Wirtschaft und Militär. Der Besuch ist auch ein Ausdruck besonderer gegenseitiger Wertschätzung (man ist auch Wertepartner). Am 21.3.23 besucht der japanische Premierminister Fumio Kishida die Ukraine. Das eigene Netzwerk gen Westen soll gestärkt werden. Im April 2023 findet ein G7-Außenministertreffen in Japan statt (Sonderzug, Nagano). Baerbock reist auch an (vorher China und Südkorea). Es geht um den Ukraine-Krieg, China und den Indo - Pazifik-Raum. Am 1. Januar 2024 treffen mehrere Erdbeben die japanische Hauptinsel Honshu. Die Stärke liegt bei 7,4. Erste Tsunami-Wellen kommen (Halbinsel Noto). Über 90 Menschen kommen ums Leben, 200 sind noch vermisst. Über 30.000 Menschen müssen ihre Unterkunft verlassen. Es gibt Folgebeben. Auf dem Flughafen von Tokio stoßen am 2.1.24 zwei Flugzeuge zusammen (ein A350 und ein Rettungsflugzeug). 5 Passagiere des Rettungsflugzeugs sterben.  Ab 11.4.24 besucht Ministerpräsident Fumio Kishida die USA. Er bleibt mehrere Tage und spricht mit Biden. Dann kommt Marcos aus den Philippinen zu einem Dreiertreffen dazu. Man hält auch gemeinsame Manöver im südchinesischen Meer ab. Japan soll auch AUKUS beitreten.  Seit 1999 gibt es in Japan den Nationalen Teishu-Kampaku-Verein (Vereinigung der chauvinistischen Ehemänner), die Schmeicheleien für ihre Ehefrauen üben.

Die Armen und Obdachlosen führen in Japan ein Schattendasein. Weil es offiziell keine Armut gibt und das Leben ohne Bleibe eine Schande ist, machen sich die Wohnungslosen unsichtbar (die meisten Mitbürger haben nur Verachtung übrig). Das gilt tagsüber, wenn sie ihre Lager abbauen und sich versuchen, normal einzugliedern. Nachts sieht man sie in Parks oder unter Brücken oder auch neben Bahnhöfen. Wer aus dem Raster der sozialen Homogenität fällt, gilt als Verlierer (mit wenig Menschenwürde). In Tokio leben 2014 ca. 6000 Obdachlose. Mit dem Kaiserwechsel 2019 endet die seit 1989 dauernde Regentschaft unter dem Namen Heisei (Frieden überall). Obwohl 1873 formal der gregorianische Kalender eingeführt wurde, rechnen die meisten Japaner und die Behörden in Kaiserepochen. 2018 befindet sich Japan im Jahr 30 der Heisei-Ära.

Technologie/Innovationen: Mitsubishi und Toyota entwickeln gemeinsam einen Regionaljet (70 bis 90 Sitze). Honda will einen Businessjet mit sechs Sitzen bauen. Viele Japaner geben mittlerweile dem Grabstein von Angehörigen einen digitalen Speicher mit persönlichen Daten des Verstorbenen bei (Familie, Vorlieben, Verdienste). Japan ist das Partnerland auf der Hannover Messe (weltgrößte Industrieschau) 2008. Die japanische Weltraumagentur Jaxa schickt Samen heimischer Kirschbäume für Experimente ins Weltall. Die Japaner bringen 2008 mit "Kibo" das größte Weltraumlabor zur ISS. Wenn eine Rakete Nordkoreas über Japan fliegt, soll diese abgeschossen werden. 2010 kommen die ersten Brennstoffzellen für den Hausgebrauch (erstes Land der Welt). Die katastrophale Pannenserie und Rückrufaktion des einstigen Elite-Konzerns Toyota stürzt die Industrienation Japan in eine Krise. Im Juni 2008 erschüttert ein schweres Erdbeben Nordjapan und richtet große Schäden in der Präfektur Iwate an (Partnerprovinz von Rheinland-Pfalz seit 1999). Iwate lebt vor allem von der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei. Dadurch ist die Präfektur sehr stark betroffen. Am 11.03.11 trifft ein schweres Erdbeben mit Tsunami Japan (Jahrhunderterdbeben, Stärke 9). Es gibt sehr viele Todesopfer (30.000). Vier Atomkraftwerke sind schwer zerstört. Fukushima  ist mit vier Blöcken am schlimmsten betroffen. Es tritt radioaktives Cäsium, Jod, Plutonium und Strontium aus. Einige Atommeiler sind außer Kontrolle. Die Lage spitzt sich immer mehr zu (Erweiterung der Evakuierungszone, Verseuchung des Meeres, Schäden am Druckbehälter). In Reaktor 2 hat wohl eine Kernschmelze eingesetzt. Der Betreiber Tepco gibt keine genauen Informationen, ebenso sind die Regierungsangaben intransparent. Die Regierung gibt das Gebiet um Fukushima auf (20km Sperrgürtel); es läuft radioaktives Wasser aus (Leck kann geschlossen werden). Die Folgen für die Wirtschaft sind unabsehbar (Werksstilllegungen, Stromausfälle, Verseuchungen, Wanderung, Warenengpässe, kaputte Infrastruktur, Benzinknappheit, Folgeschäden bei der Gesundheit). Insbesondere die japanische Automobilindustrie wird um Jahre zurückgeworfen. Ca. 500 Zuliefererbetriebe im Nordosten sind betroffen. Am härtesten wird Toyota in Mitleidenschaft gezogen (Drosselung der Produktion in Japan, Nordamerika und China). Auch deutsche Firmen müssen die Produktion in Japan vorübergehend runterfahren (BASF, Schott, Böhringer). Immer mehr Unternehmen verlagern ihren Sitz nach Osaka. Die Rückversicherungen schätzen den Schaden auf 220 Mrd. Euro (teuerste Naturkatastrophe aller Zeiten). Ein Nachbeben im April 2011 beschädigt weitere Atomkraftwerke (Onagawa). Tepco muss auf Anordnung der Regierung Entschädigungen zahlen. Es legt auch einen Zeitplan vor, der aber unrealistisch erscheint. Tepco beantragt Staatshilfen. Die japanische Regierung gibt den Plan zum Ausbau der Atomenergie auf. Es soll ein Rettungsfonds für Autozulieferer eingerichtet werden. Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA wird 100 Tage nach der Katastrophe Japan Versäumnisse vor. Die japanische Regierung beziffert Mitte 2011 die direkten Kosten der Schäden auf 147 Mrd. €. Hinzu kommen mögliche Kosten durch das havarierte Atomkraftwerk Fukushima-Daiichi. Mitte 2011 tritt der Minister für Wiederaufbau Matsumoto zurück. Bis 09.2011 wurden 54,8 Mrd. € für den Wiederaufbau bereitgestellt. Ein weiteres Konjunkturpaket ist geplant. Ab 2011 entsteht von Osaka nach Tokio über Nagoya eine 438 km lange Magnetschwebebahn (Maglev), die 500 km/h schnell ist. Als Reaktion auf den Führungswechsel in Nordkorea kauft Japan Kampfjets in den USA. Im März 2014 beschließt der Internationale Gerichtshof in Den Haag, dass Japan den Walfang in der Antarktis aufgeben muss (kommerzieller Walfang unter dem Deckmantel der Wissenschaft). Ab 2014 bündelt Japan seine Kräfte, um die Brennstoffzelle für Autos zu beschleunigen (Toyota, Honda u. a. ). 2015 bekommt Japan den Zuschlag für eines der größten Eisenbahnprojekte der Welt: Der Schnellzug Shinkansen soll Mumbai und Ahmedabad in Indien verbinden. Japanische Forscher haben ein Bakterium entdeckt, dass sich vom Kunststoff PET ernährt. Vielleicht kann man damit die Mülllawinen in den Weltmeeren und an Land endlich in den Griff bekommen. Den Medizinnobelpreis 2016 erhält der Japaner Yoshinori Ohshumi für seine Verdienst um die Erforschung der Autophagie (Selbstverdauung der Zellen, Recycling der Zellen).  Japan ist im März 2017 das Partnerland der Cebit in Hannover. Das Land hat einen technischen Vorsprung bei der Digitalisierung der Wirtschaft. Beide Länder vereinbaren eine Zusammenarbeit bei der Digitalisierung. Der japanische Professor Tasuko Honjo von der Uni Kyoto bekommt den Medizinnobelpreis 2018 für die Erforschung der "vierten Säule der Krebstherapie" (Anregung der Körperabwehr gegen Tumore; mit dem US-Amerikaner James P. Allison). Erstmals seit 1945 beschafft Japan einen Flugzeugträger im Dezember 2018. Es wird mit der "potentiellen Drohung" durch China und Nordkorea begründet. Der japanische Wissenschaftler Nakaushi will Schweine mit menschlichen Bauchspeicheldrüsen erschaffen. Langfristig sollen Tiere Ersatzteillager für menschliche Organe werden. Dazu hat die Regierung ein Gesetz geändert. Japan plant auch eine Mission zur Erkundung des Mondes. Privatunternehmen wollen dabei Tankstellen und Mobilfunkmasten auf dem Trabanten installieren. Ispace soll als erstes Privatunternehmen Ende April auf dem Mond landen - mit einer deutschen Sonde. Am 7.9.23 ist die Mini-Mond-Sonde Slim in Richtung Mond gestartet. Sie startet vom japanischen Weltraumbahnhof Tanegashima im Süden des Landes. Sie kann dort landen, wo es gewünscht ist. Die Leitung hat die Weltraumbehörde Jaxa. Sie landet im Januar 24 auf dem Mond. Damit ist Japan das fünfte Land (Russland, USA, China, Indien). Es soll die erste punktgenaue Landung sein. Ein kleines Mondfahrzeug aus Deutschland ist mit an Bord. Zunächst funktionieren die Solarmodule nicht. Die Batterien sind schnell erschöpft. Doch dann klappt es doch, obwohl die Sonde auf dem Kopf steht. Slim sendet Fotos.   Der Fächer stammt ursprünglich aus Japan und kam im 15. Jahrhundert nach Europa. Spanien wurde zum wichtigsten Herstellungsland, als sich der französische Kunsthandwerker Eugenio Prost im 18. Jahrhundert dort niederließ.

Sonstige Länder und Vereinigungen in Asien (China hat 14 souveräne angrenzende Staaten, mehr als jedes andere Land; die Landesgrenze ist mit 22.000 Kilometern die längste der Welt; viele der folgenden Länder sind auch unter diesem Gesichtspunkt zu sehen):

 

Göteborg, Schweden. Die Stadt wurde von Gustav Adolf II. gegründet bzw. zur Stadt gemacht. Besiedlung gab es schon vorher. Auf dem Bild ist eine Statue von Gustav Adolf und im Hintergrund die Börse. In Göteborg wurde 1631 die schwedische Ost - Indien - Kompanie gegründet. Damit wurde die Stadt zu einem Umschlagplatz des europäischen Handels mit Indien im 17. Jahrhundert. Offizielle Sprachen waren zu der Zeit Schwedisch, Englisch, Deutsch und Holländisch. Es gab auch eine enge Kooperation mit der niederländischen Ostindien - Kompanie. Später wurden auch Güter nach und von China hier verschifft.

Indien

"Es gibt keinen Weg zum Frieden, der Frieden ist der Weg", Mahatma Gandhi.

Inhalt: Begriff und Sprache, Wirtschaft, Wirtschaftsgeschichte, Arbeitsmarkt, Beschäftigtenstruktur, Arbeitsmigration nach Deutschland, Geldpolitik, Währung "Rupie", Wirtschaftspolitik, Subventionsprogramm, Technologie und ForschungStaatsverschuldung, Amartya Sen, Raghuran Rajan, Gita Gopinath, Ashika Mody,  Kampf mit China, Indien und USA, Indien und Deutschland/ EU, Handelsgeschichte, Wirtschaftsentwicklung der Zukunft, Indien als Eier legende Wollmilchsau Wirtschaftsreformen, Ausbau der Infrastruktur ab 2022, Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit,   Verhältnis zu wichtigen Ländern, China, Geschichte der Konflikte zwischen Indien und ChinaUSA, Kanada, Russland, Japan, Deutschland/ EU, Handelsabkommen mit der EU, U-Boot-Deal zwischen Deutschland und Indien, Migrations- und Mobilitätsabkommen mit Deutschland, Bedeutung der Zuwanderung für Deutschland, Inder in Deutschland/ Migration, Parag Khanna Auslandsinvestitionen und Außenhandel, Bedeutung des Außenhandels, Produktionsverlagerungen nach Indien,  Handelsverträge Indien, Bevölkerung, Politik, N. Modi Premier, Rahul Gandhi, Stellenwert der Bevölkerung, Analphabetenrate und Bildung, Bevölkerung 2050/ Prognose,  Politische Teilung und Parlament Politische Parteien und politische Organisationen, Militär und RüstungBarygaza, Geschichte, UnabhängigkeitRishi Sunak, GB, IndienGesellschaft und Kultur, Mathematik, Philosophie in Indien, Kricket, Sabu Dastagir Diskriminierung der Frau, Leena Nair, Shrayana Bhattacharya, Erwerbstätigkeit der Frauen, Eheschließungen, Kinder-Ehen, Sprachen in Indien, Urbane Großräume, Barygaza,  Bangalore, Neu-Delhi, Mumbai, Kalkutta, Deshnoke, Udalpur, Varanasi, Gesundheitsreform 2018 und Gesundheitspolitik, Medizin und Gesundheit,  Industriepolitik, insbesondere für die Pharmaindustrie, Khasi, KastensystemVerteilung, Pankaj Mishra, Pratap B. Mehta, Sathnam Sanghera,  GrundeinkommenReligionen, Kumbh Mela, Mutter-Teresa-Organisation,  Siddharta, Ram-Hindu-Tempel, Mata Vaishno Devi, Muslime in Indien und den Nachfolgeländern, Migration, Verteilungskampf und Hindu-Fanatismus,Terrorismus, Bhagavad Gita (Yoga, Tri-Guna-Modell, Moderne Psychologie, Fürsorglicher Führungsstil, Guru Sri ChinmoyBuddhistische Psychologie, Medizin, Umwelt (Energie, Stellenwert im Klimawandel, Landwirtschaft, Öko-Versuch in Andgra Pradesch Agrarreform 2020, Wasser, Wasserkriege?, größte Flussdelta der Welt, Naturkatastrophen, Disha Ravi, Energiepartnerschaften, Korrupte Bausünden),  Punjab, Elefanten, Tauben, Riesenschildkröte, Unternehmen, Start-ups in IndienAdani Group/Gaudam Adani, Deutsche Unternehmen in Indien, Statistik der deutschen Unternehmen in Indien, Deutsche Bank in Indien, Deutsche AHK in Indien, India Manufactoring Show/ BangaloreBörsen, Lieferketten, Unternehmenssteuern, Mehrwertsteuer, Soziale Medien und IT, Technologie der E-Verwaltung, informeller Sektor, Kinderarbeit, Darjeeling, Gewürze, Standort für DI, G20-Treffen 2023, Indiens wachsender Einfluss in der Welt, Zollvergünstigungen; TTC mit der EU, IMECAAGC, Quad; Zukunft Indiens. Nachbarländer bzw. historische Nachfolgestaaten (Tibet in Indien, Lamaismus, Kalachakra Initiation/ Bodh Gaya Sikkim, Ladakh, Aksai Chin und Armada Pradesch, Kaschmir, Pakistan, (Natur und Grenzen, Pakistan und Seidenstraße, Pakistan und Taliban, Pakistan und Islam, Religionen und Konflikte, Pakistan und Iran, Naturktastrophen, Bangladesch, (Einwohner, Abhängigkeit und Strategische Position, Kultur, Politische Einordnung, Scheich Hasina, Muhammad Yunus, Flüchtlinge, Wirtschaft, Textilproduktion, Energie, Außenhandel, Lebensmittelpreise, You Tube - Dörfer, Bildungswesen, Umwelt/ Müllberge, Katastrophen). Sri Lanka: Allgemein, Politik und Konflikte, Stadt Kandy, Zentrum des Ayurveda, Ethnische Konflikte, Wirtschaft, Inflation, Landwirtschaft, Hafen Hambantota, Verschuldung, Zentralbank, Tourismus.  Institutionen in Indien. Zukunft im 21. Jahrhundert.

"It will be curious to see something of the India that is changing", E. M. Forster (The Hill of Devi, Harcourt Brace 1953, Forster schrieb 1921, vor über 100 Jahren).

Begriff und Sprache: Indien wird im Englischen "India" genannt. Manchmal verwendet man auch den Begriff "Bharat". Es ist eine Bezeichnung für Indien in der Hochsprache Sanskrit. 1000 v. Chr. schon war Indien eine Hochkultur (vgl. weiter unten Geschichte). Es sind vor allem radikale Hindus, die sogar auf eine Namensänderung Richtung Bharat drängen. Namensänderung gehören zur Kultur Indiens. Man sieht sie bei Mumbai (Bombay) oder Chennai (Madras). Man will die koloniale britische Vergangenheit ablegen. Indien hat 18 Amtssprachen, darunter Englisch. Es gibt aber über 1000 Sprachen (nicht Dialekte) . Insofern gibt es immer Streit über jedes Auswechseln von Namen.

Wirtschaft (Indien ist zum größten Back-Office der Welt aufgestiegen und dominiert als wichtigster Offshoring-Standort den weltweiten Handel mit IT -Dienstleistungen, Ihlau: Weltmacht Indien, S. 24, vgl. auch WIPRO und andere große indische Firmen bei Links)  2022 geht das BIP um -7% zurück (am stärksten aller Wirtschaftsnationen). Es liegt bei  11.855 US-Dollar. 2020 liegt das BIP bei 2,71 Bio. US$. Das Wachstum des BIP beträgt -8% (Covid). Indien hatte 2010 eine Inflation von 10,4%, 2009 5,5%). 2015 wächst Indiens Wirtschaft um 7,6%. 2018 wächst das BIP um 6,6%. Die Zahlen werden von Experten angezweifelt (Umstellung auf neue Berechnungsmethode; wahrscheinlich nur 5%). Das Wachstum blieb in den letzten 30 Jahren immer hinter China zurück. BIP 2018 2600 Mrd. $. BIP 2014 2048 Mrd. US$. 2010 liegt das BIP bei 1265 Mrd. $ (Rang 11 weltweit); die Bevölkerung liegt bei 1,34 Mrd. 2018 (1,23 Mrd. 2008); bis 2050 soll sich der Anteil an der weltweiten Wirtschaftsleistung von heute 2% auf 17% erhöhen, bis 2025 soll es die fünftgrößte Wirtschaftsmacht werden). Heute 2020 ist es drittgrößte Wirtschaftsmacht in Asien und die sechstgrößte der Welt. 2022 überholt man GB und wird die fünftgrößte. BIP pro Kopf: 2.200 US-$ 2022. 728 € (2007, 2010 1176 Dollar Prognose). Seit mehr als 25 Jahren wächst die Wirtschaftsleistung jedes Jahr um über 5%. CO2-Ausstoß pro Kopf 1,18 t pro Jahr-2007, insgesamt 1324 Mio. t). Der Bedarf an Infrastrukturinvestitionen beträgt 2007 350 Mrd. $.  Das Land bleibt von der Weltwirtschaftskrise weitgehend verschont.2012 lahmt die Wirtschaft; es wird mit einer längeren Schwächephase gerechnet. Es häufen sich Mega-Blackouts, Reformstau und Korruption.2015 soll die indische Wirtschaft um 7,6% gewachsen sein. Damit ist Indien Weltmeister. Ökonomen zweifeln diese Zahl massiv an (zu viele Indikatoren sprechen dagegen). Ende 2016 stottert auch Indiens Wachstumsmotor. Die IT-Branche schwächelt. Trump und der Brexit bremsen. Die industrielle Produktion entwickelt sich weiter nur schwach. Trotzdem hat sie 2015 wohl die höchste Wachstumsrate in der Welt (7,6%, vor China mit 7,0% und Indonesien mit 5,5%). Im September 2019 scheitert eine geplante Mondlandung.    Mumbai ist die Finanzmetropole Indiens (auch Börse). Früher hieß die Stadt Bombay. Sie wurde von der rechts-nationalen Partei Shiv Sena umbenannt. Bangalore ist die IT-Metropole Indiens und der Welt. "Indiens Arbeiter sind in der Theorie gut, aber schlecht in der Praxis", B. Braun-Geschäftsführer Apte, 2015. Indiens Premierminister Nahendra Modi will in die Rolle von Mahatma Gandhi schlüpfen. Deshalb versucht Modi, die Erinnerung an Gandhi zu verdrängen (auf Kalendern in Gandhi-Pose, soll Gandhi auf Geldscheinen ersetzen). Gandhi hatte einst den Mittelstand gegen die englische Kolonialmacht hinter sich: Es waren die dörflichen Khadi - Industrien, mit denen handwerkliche Produkte hergestellt wurden.

Wirtschaftsgeschichte: Die Wurzeln des heutigen Booms liegen in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts, als der damalige Finanzminister und spätere Regierungschef Mammohan Singh die über Jahrzehnte staatlich gelenkte Wirtschaft liberalisierte. Riesige Mischkonzerne - wie z. B. die Tata - Gruppe  - sind globale Player. Die Softwareindustrie boomt. Indiens Pharmafirmen stehen für 20% der Generika weltweit. Noch leben 2023 300 Mio. Inder in großer Armut. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt bei 2000 € (China 12.000 €). Immer mehr US-Konzerne (Apple) und Firmen aus Europa machen Direktinvestitionen (DI) in Indien. 2022 lag Indien mit seinem BIP auf Platz 5 vor GB und hinter Deutschland. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis Deutschland von Indien überholt wird. Vgl. zur Geschichte insgesamt weiter unten.

Arbeitsmark und Löhne:  Die Arbeitslosenquote 7,2% (2010, hohe Dunkelziffer). Die Löhne steigen 2011 um 13%.  Aber im internationalen Vergleich sind sie eher niedrig. Die Arbeitslosenrate lag 2013 bei 9%.  Indien hat eine hohe Zahl von Wanderarbeitern und Taglöhnern auf dem Arbeitsmarkt (die Statistik liefert keine genauen Zahlen). Indien hat deutlich mehr junge Menschen als alte. Die Menge an potentiell Werktätigen ist außerordentlich groß. Man spricht von einer "demographischen Dividende". Viele Arbeitskräfte müssen allerdings sehr riskante Jobs ausüben. Einer ist der des Kanalreinigers. Er muss mit bloßen Händen die Kanalisation putzen. Die Lebenserwartung liegt bei 32 Jahre. Menschen, die die Kanäle und Latrinen putzen, gehören zur Kaste der Dalits. Früher nannte man sie die "Unberührbaren".

Beschäftigtenstruktur: Beschäftigte pro Sektor 2018: Landwirtschaft 42%, Dienstleistungen 32%, Industrie 25%. Quelle: Weltbank. die Bevölkerung ist jung. Das Potential ist gigantisch.

Arbeitsmigration nach Deutschland: Deutschland muss für Zuwanderer aus Indien attraktiver werden. Es gibt zu viele Probleme mit der Anerkennung indischer Abschlüsse. Auch für die Ehepartner ist es schwierig, eine Arbeitserlaubnis zu bekommen. Die bürokratischen  Hürden für eine Arbeit in Deutschland sind hoch. Der wachsende Fachkräftemangel in Deutschland ist eine Chance. Es sollen pro Jahr 400.000 Fachkräfte fehlen (ab 2022). Die deutsch-indischen Regierungskonsultationen sollen sich 2022 mit dem Thema beschäftigen. Der größte indische Industrieverband in Deutschland ist CII. Er vertritt 300.000 indische Firmen. Sprecherin ist 2022 Lakshmi Lalita Mohan. Man schließt 2023 ein Arbeitskräfteabkommen mit Deutschland. Bundesarbeitsminister Heil wirbt bei einem Besuch 2023 um Fachkräfte für Deutschland.

Geldpolitik: Die Inflationsrate beträgt 2007 6,7% und 2008 8,3%. Die Notenbank erhöht 2010 den Leitzins auf 5,0%. 2012 ist die Rupie stark gefallen. Die Rupie, die indische Währung, wertete relativ stark gegenüber dem Dollar in der Vergangenheit auf, was die Exporte verteuert; auch die Löhne steigen relativ stark. 22,9% hat die Rupie 2008 an Wert eingebüßt, 2010 bis 2012 verlor die Rupie ein Fünftel ihres Wertes.Indien macht im November 2016 eine Blitz-Bargeldreform.  Alle großen Geldscheine werden für ungültig erklärt. Der Umtausch muss bis Ende 2016 erfolgen. Die Banken sind überfordert. Indien gleitet ins Chaos. Die Bargeldreform dient dem Kampf gegen Korruption und Schattenwirtschaft. Sie ist ein riskantes Experiment. Vor allem die Reisbauern sitzen nach einer guten Ernte auf Bündeln von alten Scheinen. Mit täglich neuen Verordnungen zum Umtausch mehrt die Regierung die Konfusion. Besser wäre ein funktionierendes Steuersystem.2017 belasten faule Kredite Indiens Staatsbanken. Die Regierung setzt 2017 ihren Kampf gegen Bargeld fort. Sogar der Landbevölkerung werden Konten, Geldkarten und Apps aufgedrängt. Millionen Inder müssen folgen, nutzen die Sachen aber nicht. 2010 führt Indien den Emissionshandel ein.  Indiens Zentralbankchef Duvvuri Subbarao kritisiert zunehmend Chinas Wechselkurspolitik. 2011 erhöht Indien die Zinsen weiter (auf 6,5%), weil Inflation droht (hoher Anstieg der Lebensmittelpreise). Raghuram Rajan wird im September 2013 Notenbankchef (bis 2006 Chefökonom des IWF). Er wird auch spöttisch 007 genannt, weil er als James Bond der Finanzbranche gefeiert wurde. 2016 muss er seinen Rückzug ankündigen. Er hat das Augenmerk immer wieder auf "crony capitalism" gerichtet (ökonomische Interessen und politische Macht sind unheilvoll vermischt). Die Währungsreserven sind ganz niedrig. Das wird allerdings massiv 2021/22 geändert. 2021 hat Indien schon die zweithöchsten Devisenreserven nach China: 578 Mrd. $ (Quelle: IWF). Die Wirtschaftssanktionen des Westens gegen Russland wegen des Ukraine-Krieges führen zu einer Umschichtung der Währungsreserven: raus aus dem Dollar, mehr in Gold. auch sonst dürfte Indien sein Vermögensportfolio umschichten: Tarnfirmen?

Die Währung "Rupie" und Währungspolitik: In Asien, Afrika und Lateinamerika ist dei Skepsis gegenüber der Verwendung des US-Dollars deutlich gestiegen. Zu der Schwächung hat auch die westliche Sanktionspolitik im Zuge des Ukraine-Krieges beigetragen. Nicht weniger misstrauisch ist man gegenüber dem chinesischen Yuan oder dem Euro. Das ist die große Chance für die indische Rupie, die noch kaum jemand auf dem Zettel hat. Bisher ist die Währung der VAE, der Dirham, eine erfolgreiche Transaktionswährung. Diese Rolle könnte die Rupie übernehmen. Voraussetzung wäre der Abbau der Kapitalverkehrskontrollen. Vgl. Dieter, Heribert: Warum die Strahlkraft des US-Dollars abnimmt, in: WiWo 34/ 18.8.23, S. 39.

Wirtschaftspolitik: Mit Preiskontrollen, Exportverboten und Subventionen versucht die Regierung 2008, die wirtschaftliche Lage in den Griff zu bekommen. Ende 08 kommen Steuererleichterungen dazu, insbesondere bei der Mehrwertsteuer. Im August 2013 beschließt das Parlament ein Hilfsprogramm für 800 Mio. € zur Armutsbekämpfung. 70% der mehr als 1,2 Mrd. Menschen leben unterhalb der Armutsgrenze. 2013 will der indische Staat immer mehr Gold kaufen und importieren, um den freien Fall der Rupie zu stoppen. Das Pro-Kopf-Einkommen liegt 2013 nur bei 4000 Dollar (China 11.000). Zu Beginn 2014 versinkt Indien in einer Schuldenspirale. Insbesondere die Staatsbanken besitzen einen Berg fauler Kredite. Die Regierung investiert lieber in Marssonden, Atomraketen und Staudämme. Als Haupthinderungsgrund der wirtschaftlichen Entwicklung sieht V. Raghunathan den fehlenden Willen der Inder zur Kooperation und die negativen Folgen dieses Verhaltens (vgl. Viswanathan Raghunathan: Games Indians Play, London 2008). Indien ist das größte Armenhaus der Welt. Immer mehr Provinzen in Indien leiden unter Dürre. 2016 ist es ganz schlimm. Es entwickelt sich eine "Durst-Wirtschaft". Ein Viertel der Bevölkerung sind betroffen (330 Mio.). Die Infrastruktur ist die große Schwäche Indiens. Kein anderes Land der Welt hat einen solchen Investitionsbedarf an Infrastruktur. Hinzu kommen als Schwächen Korruption und Bürokratie. Im Jahre 2017 führt Indien eine Mehrwertsteuer ein. Bisher bestanden zwischen den Grenzen der Einzelstaaten Zölle. Diese sollen ersetzt werden. Die neue Mehrwertsteuer ist vielfach gestaffelt:  "Sündensteuer" 280% (Tabak, Luxusautos), Gold (3%), Gemüse (5%), Handys (12%), Kosmetika (28%). Die Zuordnung nach den Kategorien ist unklar. Es drohen viele Prozesse. Drei Mal im Monat soll eine elektronische Steuererklärung gemacht werden. Am 24./25.02.2020 besucht Trump Indien. Donald Trump und Narenda Modi feiern sich selbst mit einer gigantischen Show. Es geht auch um den Abschluss eines Handelsvertrages (und Käufe von Rüstungsgütern in den USA im Werte von 3 Mrd. Dollar). Die USA hofieren Indien als Gegengewicht zu China (Trump sagt indirekt Unterstützung zu). Die Corona-Krise führt zu einem historischen Konjunktureinbrauch. Regierungschef Modi lockert die Beschränkungen im Lockdown. Die Verbreitung der Pandemie ist beängstigend.  Zu Beginn 2021 kassiert die Regierung die Schuldenbremse. Die Staatsverschuldung in Prozent vom BIP lag 2020 bei 89,3% (2019: 72,3%). Der Premier will ein  umfassendes Konjunkturpaket. 2020 ist die Wirtschaft um -8,0% eingebrochen. 2021 ist ein Wachstum von +11,5% angestrebt. Die Gesundheitsausgaben sollen verdoppelt werden.

Subventionsprogramm: 2023 kommt ein milliardenschweres Programm. Gefördert werden Halbleiter, Batterien oder Mobiltelefone.

Technologie und Forschung: Indien macht große Fortschritte. Das hängt auch damit zusammen, dass viele Weltkonzerne Indien als Outsourcing - Standort nutzen und den zukünftigen Markt sehen.  Im August 2023 kann Indien als viertes Land überhaupt eine sanfte Landung auf dem Mond vermelden. Die Mondsonde Chandrayaan-3 hat aufgesetztt. Das ist ein großer Erfolg für dei indische Weltraumbehörde ISRA. Startpunkt war dei Satish Dhawan Space Station im Bundesstaat Andhra Pradesh.

Staatsverschuldung: Sie liegt Ende 2021 bei 90,6%. Das ist weit unter der Verschuldung der G7-Staaten. Indien profitiert davon, dass China 2021/22 die Marktmacht seiner Tech-Konzerne beschränkt. Viele Investoren nehmen als Alternative Indien. Einige Schwellenländer wie Brasilien, Südafrika und Indien haben beachtliche Devisenreserven angehäuft und sich so abgesichert.

Wirtschaftsreformen: In wirtschaftspolitischer Hinsicht war 1991 ein Schlüsseljahr. Die Version des Sozialismus war gescheitert. 44 Jahre nach der Staatsgründung waren noch immer 36% aller Inder arm, 47% konnten nicht lesen und schreiben, 26% litten an Unterernährung. Es setzte eine Welle von Wirtschaftsreformen ein. Rao und Singh waren an der Spitze. als Folge eines Liquiditätsengpasses brauchte Indien Geld vom IWF. Als Bedingung mussten Reformen kommen. Staatliche Monopole und Beschränkungen für Privatunternehmen wurden aufgehoben. 1992 folgte eine Kapitalmarktreform. Damals bildeten sich heute führende Banken und Finanzinstitute (HDFC, ICICI, Axis Bank). Weiterhin machte Modi eine Steuerreform.

Ausbau der Infrastruktur ab 2022: Man ahmt hier China nach. Es sollen zwei Eisenbahntrassen für den Güterverkehr im Binnenland gebaut werden, die die Häfen an der Ost- und Westküste verbinden. Die westliche Güterlinie verläuft auf einer Strecke von rund 1500 Kilometern zwischen New Delhi und dem südlich von Mumbai gelegenen Jawaharlal-Nehru-Hafen. Die östliche Linie verbindet auf einer Länge von 1900 Kilometern Ludhiana im Punjab mit Kalkutta in Westbengalen. Indien hat schon eines der größten Schienennetze der Welt, das es auf etwa 70.000 Kilometer bringt. Es ist der am schnellsten wachsende Bahnmarkt. Indien hat klar seine große Schwäche schlechte Infrastruktur erkannt.

Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit: Indien hat eine niedrige Produktivität, vor allem im Vergleich zu China. Dei Industrie ist noch nicht konkurrenzfähig  international. Es wird gerne nach dem Schutz des Staates gerufen. Von Natur aus ist Indien ein protektionistisches Land, also kein Vorreiter des Freihandels. Der große Vorteil des Landes ist das Wachstum. Weiterhin ist der durchschnittliche Monatslohn sehr viel niedriger als in China (unter 200 $). Bei der Wettbewerbsfähigkeit liegt man vor allem bei folgenden Faktoren hinten: Basisinfrastruktur, Technische Infrastruktur, Ausbildung, Gesundheitssystem. Vgl. Losse, Bert u. a.: Endlich Großmacht, in: WiWo 36/ 1.9.23, S. 14ff.

Exkurs: Amartya Sen. Er ist ein indischer Wirtschaftswissenschaftler und Philosoph. Er erhält 2020 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, der mit 25.000 € dotiert ist. 1998 erhielt er den Wirtschaftsnobelpreis. Sen wurde 1933 in Shantiniketan in Westbengalen geboren. Er studierte Wirtschaftswissenschaften in Kalkutta und England. Sen lehrte in Dehli, Stanford, Berkeley, Oxford und Cambridge. Seit 2004 war er Professor in Harvard. Er lebt heute in den USA an der Ostküste. Sen verbindet die ökonomische Theorie mit Moralphilosophie und Ethik. Sein großes Thema ist die Soziale Gerechtigkeit. Sen verfasste über 30 Bücher, die in viele Sprachen übersetzt wurden, und hat ca. 100 Ehrendoktorwürden. Seine Gedanken über Gleichheit setzen bei John Rawls an. Diesen Gedanken greift Amartaya Sen in der Ökonomie auf: Am 22. Mai 1979 hält der indische Wirtschaftswissenschaftler in Stanford einen programmatischen Vortrag mit dem Titel "Equality of What?". Darin übte er scharfe Kritik an den herrschenden Gleichheitsvorstellungen. Er skizzierte als Alternative zum ersten Mal seinen berühmten Fähigkeiten - Ansatz (vgl. Ders., Gleichheit? Welche Gleichheit? Stuttgart/ Reclam 2020). Berühmt ist auch sein Werk "Die Identitätsfalle. Warum es keinen Krieg der Kulturen gibt. München 2007 (3. Auflage, Beck). Er stellt sich dem Klischee vom Kampf der Kulturen entgegen. Er plädiert für eine kosmopolitische Gesellschaft, in der Platz ist für viele Identitäten und Lebensformen. Gerechtigkeit und Freiheit werden den Sieg über Fundamentalismus und Gewalt davontragen. Weitere Bücher von ihm sind: Entwicklung der Freiheit, 2001 und Ökonomie für den Menschen, 1992. Er hat auch ein Buch über seine Heimat, Indien, geschrieben: Indien, ein Land und seine Widersprüche, München/ Beck 2014 (An Uncertain Glory. India and its Contradictions).

Exkurs: Raghuram Rajan: Er ist 2022 Professor an der Universität von Chicago. Er war Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (2003 - 2006). Geboren wurde er im indischen Bhopal. Von 2013 bis 2016 leitete er die Notenbank Indiens. Er macht oft interessante Vorschläge. 2022 empfiehlt er die Globalisierung von Onlinedienstleistungen, um das Risiko der säkularen Stagnation zu bekämpfen. Vgl. Rajan, Raghuran: Eine Medizin gegen Szenarien des Untergangs, in: WiWo 35/ 26.8.2022, S. 40. Er äußert sich oft zur Situation in Asien, auch zur Rolle Chinas. Vgl. Interview in Die Zeit Nr. 36/ 24.08.23, S. 19.

Exkurs: Gita Gopinath: 2019 wurde Gopinath als erste Frau oberste Ökonomin des IWF. Sie ist Expertin für internationale Handelsbeziehungen sowie für Zölle und Währungen. Anfang 2022 stieg sie zur Vizedirektorin des IWF auf. Sie ist im indischen Kalkutta geboren. zunächst studierte sie Ökonomie in Delhi. Sie studierte danach in den USA und promovierte bei Kenneth Rogoff und Ben Bernanke in Princeton. Sie plädiert für eine harte Finanzpolitik (Schuldenbremse in Deutschland: ja, aber lockern). Sie ist auch gleichzeitig Professorin in Harvard seit 2005. 2023 ist sie 51 Jahre alt. Vgl. Interview mit ihr in Die Zeit Nr. 52/ 7.12.23, S. 24.

Exkurs. Ashoka Mody: indischstämmiger Ökonom. Er lehrt und forscht in Princeton als Gastprofessor für Internationale Wirtschaftspolitik. Bücher: India is broken, 2023; Financial Reform, 2003. Geboren 1956.

Verhältnis zu wichtigen Ländern:

Indien und China: In Asien kämpfen Indien und China um die Vorherrschaft. Noch dominiert China, das systematisch große Häfen in den Nachbarstaaten Indiens als Stützpunkte ausbaut. Auf lange Sicht hat Indien gute Karten. 2013 fällt Indien stark zurück. Die Korruption blüht, Investoren ziehen ihr Geld ab. Das Wirtschaftswachstum fällt 2012 auf 5% und 2013 auf ca. 3%. Der Anteil des produzierenden Gewerbes ist in Indien sehr gering (15%; zum Vergleich: Thailand 40%, China 34%; Malaysia 28%, Südkorea 26%). Bürokratie, Regularien und Unberechenbarkeit behindern weiter die indische Wirtschaft.  Im Mai 2017 war Indien als einziger Staat in Asien dem Seidenstraßengipfel ferngeblieben. Indien misstraut dem Projekt Chinas "One Belt, One Road". Das kommt den USA entgegen; sie hofieren Indien. Natursteine aus Indien sind in Deutschland sehr beliebt. Ihre Förderung bringt aber viele Arbeiter um. Die ganze Region Rajasthan lebt vom Sandstein. Am 18.01.18 testet Indien wieder eine Interkontinentalrakete (über 5000 km Reichweite).  Indien will China 2018 beim Wirtschaftswachstum überholen (7 bis 7,5%, China 6,5 bis 6,8%). Im September 2020 vereinbaren China und Indien, Truppen zurückzuziehen. Die Spannungen an der Himalaja - Grenze sollen verringert werden. Indien tritt 2019 aus den RCEP -Verhandlungen aus. Man fürchtet, von Billigwaren aus China überschwemmt zu werden. Weiterhin war man man der Berücksichtigung von Dienstleistungen nicht zufrieden. "In Indien wächst eine neue Mittelschicht aus 200 bis 300 Millionen Menschen heran, ein Markt, ein Land, so groß wie die europäische Union", Armin Buck, Siemens - Indien - Chef.

Es gibt drei verschiedene Konfliktstränge zwischen den beiden Ländern: Die Dauerkonfrontation zwischen Indien und Pakistan wegen Kaschmir. Auch China verwaltet einen dritten Teil. Der ständig schwelende Grenzstreit im Himalaja. 2022 verlegt Indien das größte Truppenkontingent der Geschichte an die Grenze, weil China auch seine Truppen verstärkt hat. . Das Vordringen der Chinesen im indischen Ozean: China errichtet eine "Perlenkette" von Stützpunkten in den strategischen Flaschenhälsen Straße von Malakka und Straße von Hormuz. In West-Pakistan hat die China Overseas Ports Holding Company in Gwadar schon 2009 einen Tiefsee-Hafen gebaut und sich für 40 Jahre die Kontrolle gesichert. Die Chinesen haben auch in Sri Lanka Fuß gefasst (siehe unten). In Bangladesch hat China eine Brücke über den Padma gebaut (in Indien Ganges). Zu den Malediven baut China auch Beziehungen auf. Indien fühlt sich immer mehr eingekreist. Der Außenminister warnt im August 22: Sollten Indien und China nicht an einem Strang ziehen, käme es zu keinem asiatischen Jahrhundert.

Die neue Strategie der KPCh auf dem 20 Parteikongress im Oktober 22 kommt Indien zugute. Indien wird attraktiver als alternativer Produktionsstandort: Foxconn produziert schon in der Metropole Chennai (für Apple). Noch gibt es ein Rekorddefizit in der Handelsbilanz mit China: 72 Mrd. $ 2021. Indische Behörden diskriminieren chinesische Unternehmen.

Exkurs. Geschichte der Konflikte zwischen China und Indien: 1950 annektiert China unter Mao Tibet. Mao erkennt früh die geostrategische Bedeutung (alle Flüsse Asiens entspringen hier, Kontrolle der Grenze zu Indien, Tor nach Südasien, Rohstoffe wie Lithium und Zink). Indien toleriert unter Neru und lehnt Hilfsangebote der USA und GB ab. Später unterstützen die USA den militärischen Widerstand in Tibet, als die Scheinautonomie deutlich wird. Der erste Konflikt taucht auf, als Daressalam Sitz Tibets in Indien wird (Klein-Lhasa). Dann  annektiert China noch Ladakh 1959. Straßen werden dort gebaut. 1962 kommt es zu einem offenen Krieg. Indien ist zu schwach und muss einen einseitigen Waffenstillstand akzeptieren. Ohnmächtig muss man die Assimilation Tibets beobachten. 1993 kommt es zu einem Abkommen für Frieden zwischen China und Indien. Die Grenzfrage bleibt aber ungeklärt. In China lebt ein Achtel der Menschheit,  ebenso in Indien. Beide Länder werden ökonomisch immer mächtiger. Sie entscheiden auch zunehmend über Frieden in der Welt.

Indien und USA: Es gibt in den USA eine wohlbetuchte und einflussreiche indische Gemeinde. Bei der Amtseinführung und beim Schwur von Kamala Harris wird darüber spekuliert, ob sie einen Sari (Begalischer) trägt. Sie hat eine indisch-stämmige Mutter  und einen schwarzen Vater aus Jamaika. Indien lehnt sich an die USA an im gemeinsamen Kampf gegen China. Andererseits missfällt dem Land die enge Beziehung der USA zu Pakistan. Den USA missfällt die Diskriminierung der Moslems. Indien wird zum G7-Treffen in Cornwall im Juni 2021 eingeladen, obwohl es eigentlich nicht dazu gehört. Auch beim Treffen 2022 in Deutschland soll Indien dabei sein.

Im Juni 2023 besucht der indische Premierminister Narenda Modi die USA. Der Staatsbesuch hat große politische Bedeutung. Die USA wollen Indien als Gegengewicht zu China etablieren und die Regierung in New Delhi zu einem Bruch mit Russland bewegen. Anlässlich von Modis Besuch wird es eine Reihe von Rüstungs- und Wirtschaftsvereinbarungen geben. Unter anderem will Indien von den USA Militärdrohnen vom Typ MQ-9B Sea Guardians kaufen.

Indien und Kanada: Im September 2023 wirft Kanada Indien die Tötung eines Sikh vor. Er wird in Vancouver erschossen. Er trat für einen unabhängigen Staat Khalistan ein. Die Regierung in New Delhi bestreitet jede Beteiligung. Diplomaten werden wechselseitig ausgewiesen. Kanada hat eine große Sikh-Diaspora. Von den 30 Mio. im Ausland lebenden Sikh leben die meisten in Kanada. Sie wollen einen unabhängigen Staat Khalistan mit Hauptstadt Punjab.

Indien und Russland: Indien bekommt viele Militärgüter aus Russland. Die Beziehungen sind eng, weil man mit großem Misstrauen auf das enge Verhältnis Pakistan - USA schaut. Ebenso hat China Pakistan ökonomisch immer enger an sich gebunden. Beim Einmarsch Russlands in die Ukraine enthält man sich deshalb im Sicherheitsrat der UN bei einer Verurteilung (zusammen mit China und den VAE). Trotz Quad kooperiert Indien schon seit langem eng mit Russland. Besonders eng ist die Kooperation beim Militär. Indien kauft die meisten Militär-Güter in Russland. Im Ukraine-Krieg, bei dem der Westen seine Energie- und Rohstoff - Lieferungen umorganisiert, springt man gerne in die Lücke. Man ist sehr interessiert an billigerem russischen Erdöl (die Raffinerien sind darauf eingestellt) und Erdgas. Lawrow, der russische Außenminister reist sofort nach Indien. Indien hat panische Angst vor einer Kooperation Chinas mit Russland. Ende August/ Anfang September 2022 nimmt Indien an gemeinsamen Militärübungen im Osten Russlands teil ("Wostok"; Soldaten aus Russland, China, Belarus, Syrien).  Mehr als 50.000 Soldaten und mehr als 5000 Waffen sind im Einsatz. Gleichzeitig strebt Indien auch eine Kooperation mit dem Westen an ("zwischen  den Welten"). Nach Irak ist Russland der zweitgrößte Öllieferant. Ein Teil Energie wird von Indien wieder auf dem Weltmarkt angeboten. Die Beziehungen zu Russland sind intransparent. Sicherheitsberater Ajit Kumar Doval besucht öfter Putin. Es geht um Waffenproduktion in Indien, Handel in Rubel und Rupie und um Rohstoffkäufe. Indien wird 2023 zum Hauptimporteur russischen Erdöls. Es wird in indischen Raffinerien weiterverarbeitet und dann wieder exportiert, auch nach Deutschland.

Indien und Japan: Beide Länder gehen militärisch aufeinander zu. 2023 beginnen am 16.1.23 gemeinsame Kampfjetmanöver  in der nähe von Tokio. Beide Länder sind auch in Quad - Gruppe (zusammen mit USA und Australien). Das ist ein Gegengewicht gegen China.

Indien und Deutschland/ EU Im Mai 2017 besucht Modi Deutschland. Es findet auch ein Deutsch-indischer Wirtschaftsgipfel in Berlin statt. Ein Freihandelsabkommen ist beabsichtigt. Ab 2021 hat Deutschland Indo-Pazifik-Leitlinien. Auch die EU (Portugal) will die Beziehung zu Indien verbessern. Es gibt aber Kritik an Exportschranken für Impfmaterialien. Deutschland ist der achtgrößte Handelspartner Indiens . Waren und Dienstleistungen im Wert von 13,6 Mrd. US-$ importierte Indien aus Deutschland. 2020 (März 20 bis März 21). Nach Deutschland wurden in Höhe von 8,1 Mrd. US-$ exportiert. (Für 5,2 Mrd. € exportierte Indien 2009 nach Deutschland/ Importe 8 Mrd. €).  Neben Deutschland sind noch  GB und die Niederlande besonders wichtig. Anfang Mai 2022 besucht der indische Regierungschef Modi Berlin. Neben dem klimaschutz soll über die Haltung New Delhis zu Russland diskutiert werden. Indien ist in einem Dilemma: Ökonomisch vom Westen abhängig, waffentechnisch und Energie mäßig von Russland. Deutschland hat Indien (auch Indonesien, Süd-Afrika, Senegal) zum G7-Treffen in Bayern eingeladen.  Bis Ende 2023 soll ein Freihandelsabkommen mit Indien zustande kommen. Indien ist für Deutschland eine Chance. Es ist aber noch keine echte Alternative zu China, weil der Markt zu klein ist. Mitte Februar besucht eine deutsche Delegation Indien (außenpolitische Berater des Kanzlers, Mitglieder des Haushaltsausschusses). Sie sollen den Besuch von Scholz vom 24.2.23 an vorbereiten. Scholz kommt dann mit Finanzminister Lindner und einer Wirtschaftsdelegation. Sie besuchen Neu Delhi und Bangalore. Es geht auch um engere Sicherheits- und Verteidigungskooperationen (Indien ist zur Zeit von Russland abhängig bei Rüstungslieferungen)). Man will auf weitere engere Wirtschaftsbeziehungen hin arbeiten. Das Freihandelsabkommen mit der EU wurde mehrmals aufgeschoben. Im Juli 2023 bereist Wirtschaftsminister Habeck das Land drei Tage.  Er will das Handelsvolumen mit Indien ausweiten.  Es gibt auch den EU-Indien-Gipfel. 2021 wird er virtuell von der portugiesischen Ratspräsidentschaft veranstaltet. Er wird von der Notsituation in Indien durch die Corona-Pandemie überschattet. Nimi Ravindran und Shiva Pathak vom Theaterkollektiv Sandbox Collective erhalten 2022 die Goethe - Medallie. Am 4. und 5. Dezember 2022 besucht Außenministerin Baerbock Indien. In New Delhi legt sie an der Gedenkstätte Gandhi Smitri barfüßig Rosenblätter nieder. Sie trifft den indischen Außenminister Subrahanyan.

Handelsabkommen von Indien mit der EU: Gespräche laufen bereits seit 2007. Sie wurden 2023 vorerst abgebrochen. Er nach Beginn des Ukraine-Krieges laufen wieder Verhandlungen. Die EU strebt ein Abkommen light noch vor der Europawahl 2023 und der Wahl in Indien 2024 an. Die hohen Zölle stören im Vergleich zu Konkurrenten, die Handelsabkommen haben (Japan, Südkorea). Es wurde 2023 ein Rat für Handel und Technologie (TTC) eingerichtet. Er tagt zum ersten Mal im Mai 2023. Er soll die strategische Kooperation vorantreiben.

U-Boot-Deal zwischen Deutschland und Indien: Im April 2024 unterstützt die deutsche Bundesregierung einen U-Boot-Deal. Es geht um sechs U-Boote. Thyssen-Krupp Systems soll die Boote in Indien produzieren. Generell soll die Militär - Kooperation mit Deutschland weiter ausgebaut werden. Das Militärbudget Indiens gehört zu den größten der Welt. Indien hat Probleme mit Russland, dem größten Lieferanten: Ersatzteile knapp, Wartungen verzögert, Lieferungen unzuverlässig.

Migrations- und Mobilitätsabkommen mit Deutschland: Bei ihrem Besuch Anfang Dezember 2022 schließt Bundesaußenministerin Baerbock ein Migrations- und Mobilitätsabkommen mit Indien ab (Außenminister Subbrahmanyam Jaishankar). Das ist das erste umfassende Abkommen im Migrationsbereich, das Deutschland mit einem Herkunftsland schließt. Es hat insofern Modellcharakter.

Exkurs. Bedeutung der Zuwanderung für Deutschland: "Die Zuwanderung von MINT-Fachkräften hat entscheidende Auswirkungen auf die Innovationsfähigkeit Deutschlands. Auswertungen des Instituts der deutschen Wirtschaft mit einem Fokus auf Indien zeigen, dass in den vergangenen Jahren hohe Beschäftigungszuwächse zu verzeichnen waren. Zudem nimmt die erfinderische Tätigkeit einen zunehmenden Stellenwert ein. Schließlich erhalten indische MINT-Fachkräfte vergleichsweise hohe Medianlöhne. Das überarbeitete Fachkräfteeinwanderungsgesetz bietet die Möglichkeit, diesen Immigrationsprozess weiter zu verstärken und zu beschleunigen." Siehe Plünder, Axel: Indien: Die Bedeutung der Zuwanderung für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts Deutschland, in: Wirtschaftsdienst 4/ 2024, S. 264-268.

Inder in Deutschland/ Migration: Viele Inder wollen nach Deutschland auswandern trotz bürokratischer Hürden. Agenturen helfen ihnen dabei. Die indischen Vermittlungsagenturen haben Trainingszentren (z. B. Agentur "Magic Billion" in Delhi; für viele bei uns knappe Berufe interessant: Koch, Bäcker, Metzger, IT-Fachleute). Auch DEHOGA in Deutschland bietet Unterstützung. Die Inder haben den Traum von mehr Geld und der deutschen Autobahn. Ende 2022 leben 33.900 Inder in Deutschland. Indien ist das wichtigste Herkunftsland bei Fachkräften außerhalb der EU. Das Projekt Pro-Recognition" hilft bei der Anerkennung indischer Abschlüsse in Deutschland. Es gibt in Indien auch ein Online-Portal "Make it in Germany". Vgl. Fähnders, Till: Der Traum von mehr Geld - und der deutschen Autobahn, in: FAZ 1.3.23, S. 3. Im Juli 2023 besucht Bundesarbeitsminister Heil Indien. Er wirbt um Fachkräfte, die nach Deutschland kommen wollen. Der indische Arbeitsmarkt kann nicht alle Fachkräfte aufnehmen.

Indien und GB: Durch den Brexit hofft GB wieder stärkere Beziehungen zu Indien aufbauen zu können. Indien ist eher reserviert. Als erstes europäisches Land besucht Regierungschef Modi Deutschland im Mai 2022, nicht GB.

Exkurs. Parag Khanna: Der Politikwissenschaftler wurde 1977 in Kanpur (Indien) geboren. Er wuchs auch in den VAE, in New York und in Deutschland auf. Er war 2007 geopolitischer Berater des US-Militärs im Irak und Afghanistan. Er arbeitete als außenpolitischer Experte für Barack Obama. Mittlerweile hat er die US-Staatsbürgerschaft. Er war auch Gründer von FutureMap (datenbasiertes Strategieunternehmen). Weiterhin gründete er Climate Alpha, eine KI-Firma, die Klimafolgen bestimmen helfen will. Er ist CNN-Experte für Globalisierung. Sein Buch "Unsere asiatische Zukunft" wurde 2019 ein Bestseller. Zuletzt erschien von ihm "Move. Das Zeitalter der Migration". Vgl. von ihm: Parag Khanna: Ist eine Weltordnung möglich? in: Die Zeit Nr. 33/ 11. August 2022, S. 47. Inhalt: Die Zukunft gehört den Netzwerken. Nur weil die Globalisierung zu einer neuen Verteilung von Zentren führt, muss sie nicht absterben. Vgl. auch sein Interview in Die Zeit 21/ 17.5.23, S. 24: Mehr Asien wagen! zum G7-Treffen der Staatschefs in Japan im Mai 2023.

Wirtschaftsentwicklung der Zukunft:  Indien hat noch nicht den wirtschaftlichen Reifegrad wie China. In der Wachstumsgeschwindigkeit hat es aber China bereits überholt. Treiber sind hier vor allem die junge und stetig wachsende Bevölkerung sowie die umfassende und schnell voranschreitende Digitalisierung. Aufgrund der starken Abhängigkeit von Ölimporten und ausländischen Investitionen sowie in Anbetracht des hohen Anteils Not leidender Kredite in den Bilanzen indischer Banken kommen 2019 Herausforderungen auf Indien zu. Vielleicht kann es trotzdem 7% Wirtschaftswachstum geben. Vgl. Deutsche Bank: Perspektiven 2019, S. 10. Nach Kaufkraftparitäten ist Indien schon 2020 die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. 2023 dürfte sie Deutschland hinter sich lassen. Doch Corona macht Indien schwer zu schaffen. 2020 bricht deshalb die Wirtschaft ein. Es wird mit einem Rückgang des BIP 2020 um -10,2% gerechnet (Quelle: OECD; 2019 noch +4,2%). Im 2. Quartal 2020 ist die Wirtschaft um 24% gefallen! Es gibt auch kaum eine Spur von Erholung. Indien scheint zum Problemfall zu werden. Das ändert sich 2022 wieder. Das Wachstum liegt bei 8%. 2023 könnten 7% erreicht werden. Indien trägt schon 15% zum globalen Wachstum bei (IWF). Die Wachstumsprognose wird Mitte 2023 für 23 auf knapp über 6% korrigiert. Quelle: OECD. Damit ist Indien aber immer noch das am stärksten wachsende bedeutende Land der Welt vor China, Australien, Südkorea, USA, Kanada. 2075 könnte Indien die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt sein, nach China und vor den USA. Indien zieht nach Beginn des Ukraine-Krieges Direktinvestitionen aus aller Welt an. Aus deutscher sicht werden Gewinne vor allem re - investiert. Langfristig hat Indien ökonomisch sehr gute Karten (auch im Vergleich zu China).

Indien als Eier legende Wollmilchsau: 2022 hat Indien einen Lauf. Man braucht Indien als strategischen Partner (G7, Nato): Bollwerk gegen China. Unbegrenzter Markt. Demokratischer Gegenentwurf zu den Autokratien. Das wird Alles nicht einfach. Die Zahl der Menschenrechtsverletzungen wachsen rapide (Hindu-Nationalisten). Indien kauft fleißig in Russland Öl und Gas (hält sich nicht an die westlichen Sanktionen). Teilweise verkauft man wieder mit Gewinn auf dem Weltmarkt. Indien ist von russischen Waffen abhängig. Indien bietet große Chancen. Modi ist aber nicht leicht zu gewinnen. Vgl. Hein, Christoph: Indiens schöner Schein, in: FAZ Nr. 147/ 28.6.22, S. 15. Indiens große Stärke ist Chinas Schwäche. Viele Firmen wollen ab 2023 ihre Lieferketten  diversifizieren. Vgl. Höflinger, Laura: Der Riese erwacht, in: Der Spiegel 16/ 15.4.23, S. 80ff. Indien gilt als verlässlich, China ist eher unberechenbar.

Auslandsinvestitionen und Außenhandel: Deutschland ist der achtgrößte Handelspartner Indiens . Waren und Dienstleistungen im Wert von 13,6 Mrd. US-$ importierte Indien aus Deutschland. 2020 (März 20 bis März 21). Nach Deutschland wurden in höhe von 8,1 Mrd. US-$ exportiert. (Für 5,2 Mrd. € exportierte Indien 2009 nach Deutschland/ Importe 8 Mrd. €). Indien und Deutschland wollen ihr Handelsvolumen bis 2012 auf 20 Mrd. € verdoppeln (Merkel Ende Oktober 07 in Indien). Als Importpartner ist China am wichtigsten 65,2 Mrd. US$) vor den USA (28,9) und Den VAE (26,6). Dann folgen Schweiz, Saudi-Arabien, Irak. Wichtigster Exportpartne rsind die USA (51,6 Mrd. US-$, 20/21), vor China (21,2), VAE (16,7), Bangladesch, Singapur, GB. Neben Deutschland sind noch  GB und die Niederlande besonders wichtig.  Die ausländischen Direktinvestitionen lagen 2008 bei ca. 30 Mrd. $. 2014 betragen sie 169 Mrd. US$. Indien wird zusammen mit China  neuerdings als die Vision "Chindia" gesehen. 2008 betrugen die deutschen Direktinvestitionen in Indien 2,47 Mrd. €. Die deutschen Exporte nach Indien legten 2015 um 10% zu. Indien ist der viertgrößte Abnehmer deutscher Waren in Asien und der am schnellsten wachsende Exportmarkt. Für deutsche Firmen ist Mumbai der begehrteste Standort. Das größte Hindernis für ausländische Investitionen ist die ausufernde Bürokratie. 2013 strebt Indien ein Freihandelsabkommen mit der EU an. 2011 sind die Exporte aus der EU auf 10,9 Mrd. Euro gewachsen (Importe 7,5 Mrd. Euro). 2016 stiegen die Ausfuhren aus der EU auf 38 Mrd. Euro (Deutschland 10 Mrd. €) . Die Einfuhren lag en bei 39 Mrd. Euro (Deutschland 8 Mrd. €). Die Exporte waren wesentlich niedriger als die Importe (Importe 23% des BIP; Exporte 17% des BIP). Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU liegen seit 20213 auf Eis. Es gibt teilweise drastische Importzölle in Indien. Bei Neuwagen liegen sie zwischen 60 und 100%. Die EU erhebt Zölle für indische Waren (Textilien, Edelsteine, landwirtschaftliche Produkte, z. B. Basmati - Reis). Andererseits hat Indien ein 25-Milliarden-Dollar-Paket aufgelegt, um mehr ausländische Industrie ins Land zu holen. Vgl. auch: Losse, Bert/ Wettlach, Silke: Der schwierige Hoffnungsträger, in: WiWo 18/ 30.4.2021, S. 34f. Im Mai 2022 erlässt Indien einen Export-Stopp für Weizen. Das trägt weiter zu Preissteigerungen auf dem Weltmarkt und auch Hungersnöten bei. Europa ist der wichtigste Handelspartner für Indien, vor den USA und China.  Vgl. Menkhoff, Lukas/ Wagner, Christian: Indien. Alternative zu China? in: Wirtschaftsdienst 1/ 2023. 2023 wird ein Export-Stopp für bestimmte Reissorten erlassen. Der Reis-Preis steigt auf dem Weltmarkt.

Bedeutung des Außenhandels: Sie schwankt sehr stark. Lange betrug der Anteil am BIP 10% (Exporte + Importe). 1991 stieg er auf den Höchststand 55%. Zuletzt 2021 betrug der Anteil 40%. Mit Exportstopps auf bestimmte Nahrungsmittel (Weizen, Reis) beeinflusst Indien den Weltmarktpreis stark. Indien wird zu einem großen Händler russischen Öls. So können die westlichen Sanktionen umgangnen werden. Das Öl kommt auch nach Deutschland.

Indien als Standort für ausländische Direktinvestitionen: 2022 wird mit einem Wachstum in Indien von 6,9% gerechnet (Quelle: IWF, über China und der Welt). Indien ist 2019 mit 7,3% gewachsen, schneller als jedes andere asiatische Land. Bis Ende des Jahrzehnts wird Indien auch das bevölkerungsreichste Land der Welt sein und damit China überholt haben. Damit könnte Indien das kommende Land der Welt sein. Investoren finden gut ausgebildete Arbeitnehmer und unzählige Konsumenten. Als besonderer Standortvorteil gelten die IT - Fachkräfte. Als Hürde gilt immer noch die Bürokratie, aber auch das Kastensystem. Die Regierung hält im Prinzip auch wenig von Freihandel. Die Tradition und Kultur hemmen die wirtschaftliche Entwicklung. Es gibt in Indien auch großen gesellschaftlichen Widerstand gegen ausländische Direktinvestitionen. Die Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit der EU liegen seit 20213 auf Eis. 2020 überholt Indien China als Zielort für Direktinvestitionen. Indien ist aber noch keine echte Alternative zu China, weil der Markt zu klein ist. Vgl. Menkhoff, Lukas/ Wagner, Christian: Indien. Alternative zu China? in: Wirtschaftsdienst 1/ 2023. Aber Indien liegt zunehmend im Fokus von deutschen KMU, die sich das Risiko in China nicht mehr leisten wollen. 

Produktionsverlagerungen nach Indien: 2022 ist die Abhängigkeit von China das große Problem für viele Firmen. Es drohen Sanktionen bei einem Angriff auf Taiwan. Man arbeitet an einer Produktionsverlagerung nach Indien und Vietnam. Die Personalkosten in China steigen auch. Ein gutes Beispiel ist Apple.

Autarkiebestrebungen (Decoupling): Indien will sich zum Protagonisten der Deglobalisierung entwickeln. Ab 2020 vollzieht Modi eine drastischen Kurswechsel.

Indien wird von den Weltmärkten abgekoppelt. "Swadeshi" (Autarkie) hat in Indien eine lange Tradition. Schon Gandhi schwärmte von selbst verwalteten autonomen Dörfern (Selbstversorgung ohne Außenhandel). Indien war immer ein Fan der Handelspolitik von Friedrich List. Die Corona-Pandemie hat solche Pläne verstärkt. Hintergrund ist auch der Konflikt mit China, das genau in die Gegenrichtung geht. Populäre Apps wie Tencent und Alibaba wurden schon in Indien verboten. Indien hat sich auch bewusst dafür entschieden, an RCEP nicht teilzunehmen. Die Strategie könnte fatal sein: Viele Länder suchen nach einer Alternative für China. Vgl. Dieter, Heribert: Indiens riskanter Abschied von der Globalisierung, in: WiWo 9, 26.2.2021, S. 43. Indien wird so zum zentralen Akteur der Chinapolitik der westlichen Länder. Viele Großunternehmen denken über eine Verlagerung aus China nach Indien nach. Sie fürchten eine weitere Abkühlung der Beziehungen zu China. Apple gilt als Vorreiter. Andererseits hat Indien ein 25-Milliarden-Dollar-Paket aufgelegt, um mehr ausländische Industrie ins Land zu holen.

Handelsverträge Indien: Im April 2022 wird ein Vertrag mit Australien geschlossen. Bis Oktober soll ein Vertrag mit GB zustand kommen. Weitere Abkommen mit der EU, USA, Kanada und Israel sollen folgen. Vgl. Dieter, Heribert: Ein Freihandelsgegner entdeckt den Freihandel, in: WiWo 34/ 19.8.22, S. 39

G20-Treffen 2023: Im Jahre 2023 findet das G20-Treffen in Indien statt (in der Kapitale New-Delhi). Indien ist umworben. Ab 01.12.22 hat Indien den Vorsitz der G-20 (Präsidentschaft). Modi geht es vor allem um Lösungen für die globale Ernährungs- und Düngemittelkrise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg. Indien bietet sich auch als Vermittler zu Russland an. Am 01.03.23 treffen sich schon die Außenminister in Delhi, um Vorbereitungen zu machen. Auch der russische Außenminister ist dabei. Es geht auch um das indische Geschäftsmodell bei Erdöl: aus Russland importieren, in Raffinerien verarbeiten und exportieren.  Das Treffen findet am 9. und 10. September 2023 statt. Das größte Problem scheint zu sein, die Affen von den Delegierten fernzuhalten. Die Stadt Delhi heuert als Experiment 30 "Monkey Wallahs" an, die die Rufe der aggressiven Languren nachahmen, um die Rhesusaffen zu vertreiben. Alle Büros, Schulen, Banken und Geschäfte bleiben während des Gipfels zwei Tage geschlossen. Indien will sich auf Augenhöhe mit den Großmächten präsentieren. Es definiert sich traditionell "blockfrei". Chinas Staats- und Parteichef Xi will nicht teilnehmen (das erste Mal). Er schickt Ministerpräsident Li Qiang. Auch Russlands Staatschef Putin kommt nicht, weil ihm eine Verhaftung droht. Es gibt auf dem Gipfel eine gespaltene Haltung zum Ukraine-Krieg, der einer der Hauptthemen auf dem zweitätigen Gipfel ist.  Die Afrikanische Union wird als neues Mitglied aufgenommen (bisher 19 Länder und die EU). Streitpunkte sind der Ukraine-Krieg und der Klimawandel. Teil ist auch die pompöse Inszenierung der indischen Kultur mit Andeutungen (Bharat). Nur mühsam kann man sich auf eine  Abschlusserklärung einigen (keine direkte Verurteilung Russlands). Der nächste Gipfel findet in Brasilien statt. Es wird ein neues Miteinander zwischen Nord und Süd gelobt.

Am 21./ 22.11.23 findet noch mal ein virtueller Gipfel der G20, veranstaltet von Indien, statt. Hier sind alle Staatschefs dabei, auch Putin. Er nutzt die Bühne, um sich in Szene zu setzen. Indien ist einer der großen Profiteure des Ukraine-Krieges. Es kann jetzt billig russische Energie und Rohstoffe beziehen. Teilweise handelt man wieder damit und bietet sie auf dem Weltmarkt an. Viele sehen diesen Gipfel deshalb auch als Dank an Putin.

Indiens wachsender Einfluss in der Welt: Im Zusammenhang mit dem G20-Treffen 2023 spricht Indiens Außenminister S. Jaishankar selbst von einer international immer wichtigeren Rolle seines Landes. "Wir stehen für eine diversifizierte, demokratische, faire und marktorientierte Re-Globalisierung. Es ist jetzt eine selbstbewusstere, fähigere und flexinlere Gesellschaft. Es ist ein neues Indien". Siehe The Economist/ Focus. Die Welt in 2024, 2023, S. 71.

Bevölkerung: Bevölkerungszahl: 1 243 337 000 (2018: 1,34 Mrd.): Bevölkerungsdichte: 421,1 Einwohner pro Quadratkilometer; 32 Prozent Stadtbevölkerung; 63% Alphabetisierung. Die Geburtenrate fiel von 4,6 1981 auf 2,4 2015. 600 Mio. Inder sind jünger als 35 Jahre (Quelle: Worldometers). Das Bevölkerungswachstum liegt bei 1,4%, Alphabetisierung 61%, Kindersterblichkeit 6,3%, 60% aller Erwerbstätigen in der Landwirtschaft, die nur ein Fünftel des BIP erwirtschaftet.  Um 2030 dürfte Indien das bevölkerungsreichste Land sein, aber ca. 300 Mio. leben von weniger als 1$ pro am Tag, 600 Mio. sind jünger als 25 Jahre). Nach neuesten  Berechnungen der UN wird Indien schon 2023 China als bevölkerungsreichstes Land der Erde ablösen. Im April 2023 hat Indien 1,4 Mrd. Menschen (1,4286) und löst China (1,411) als bevölkerungsreichstes Land ab. Die Geburtenrate liegt mit 1,7 höher als in China (1,5). Die Lebenserwartung liegt 2100 bei 86 Jahren (China 90). Quelle: Uno World Population Prospects 2022. Bei beiden Zahlen muss man aber vorsichtig sein. die letzten Zahlen der Volkszählung in Indien stammen aus dem Jahr 2011. Auch die Bevölkerungszahl Chinas von Ende 2022 beruht zum großen Teil auf Schätzungen. Ein Viertel der indischen Bevölkerung sind jünger als 25 Jahre.

Stellenwert: Indien stellt 2022 ca. 18% der Weltbevölkerung. Es hat eine junge Bevölkerungsstruktur. Allerdings macht der Markt nur ein Fünftel des chinesischen aus, weil die Kaufkraft noch eher gering ist.

Analphabetenrate und Bildung: Die Analphabetenrate ist sehr hoch. Leider gibt es keine genauen Daten. Die Stärken Indiens liegen aber im Software-Bereich. Der vermehrte Einsatz von KI in der Industrie könnte Indien zugute kommen. Auch die Beherrschung der englischen Weltsprache ist ein großer Vorteil.

Prognose 2050: Der UN-Bericht "World Population Prospects 2022" gilt es seriöseste Quelle. Danach hat Indien im Jahre 2050 1,67 Mrd. Menschen und liegt weit an der Spitze (China 1,32, USA 375 Mio.). 2022 liegt China noch knapp vor Indien und den USA.

Politik:  Indien ist die größte Demokratie der Welt.2014 sind Parlamentswahlen in Indien. Im Mai 2014 kommt es zu einem historischen Regierungswechsel. Die Hindu-Nationalisten mit ihrem Spitzenkandidaten Narendra Modi gewinnen die Parlaments-Wahl. Sie können viele Versprechen aber nicht halten (viele Großprojekte liegen auf Eis, weil die Bürokratie Grundstückskäufe verhindert). Damit gewinnen die radikalen Hindus Boden und die Intoleranz wächst. Mitte Oktober 2015 besucht die Bundeskanzlerin zusammen mit einer Wirtschaftsdelegation das Land. 18 Wirtschaftsabkommen werden unterzeichnet (insbesondere für erneuerbare Energien). Im November 2016 ereignet sich ein schweres Bahnunglück in Indien. Wahrscheinlich waren die Schienen nicht in Ordnung (stammen noch aus der englischen Kolonialzeit). Über 150 Menschen sterben. Die hinduistisch-nationalistische BJP von Regierungschef Modi setzt sich bei den Regionalwahlen in Uttar Pradesh (bevölkerungsreichste Provinz mit 220 Mio. Menschen) im März 2017 durch.  Am 15. August 2017 ist der 70. Jahrestag der Unabhängigkeit Indiens (einen Tag vorher Pakistans; Wettrüsten und drei Kriege gab es dann). Im August 2017 einigt sich Indien mit China im Grenzstreit vom Doklam-Plateau. Anfang September 2017 ist Indien stark von Überschwemmungen betroffen (vor allem Mumbay; Folge des Monsuns). Der Sohn von Sonia Gandhi Rahul beerbt nach 19 Jahren seine Mutter als Führer der Kongress-Partei. die Partei kämpft ums Überleben.  Auslöser war der gewaltsame Tod eines Mitglieds. Im Juli 2018 droht vier Millionen Menschen auf einen Schlag die Ausweisung. Sie sind von einer Abschiebung nach Bangladesch bedroht (vor allem Muslime der bengalischen Minderheit). Dies gilt vor allem für den Süden. Ab September 2018 ist Sex von Homosexuellen in Indien nicht mehr strafbar. Im Bundesstaat Gujraras wird er Unabhängigkeitsheld Vellabhbhai Petel mit der höchsten Statue der Welt geehrt (182 m hoch, 360 Mio. €). Es ist der Heimatstaat von Premier Modi. Bei Mumbai entsteht schon eine weitere Statue, die noch höher werden soll. Mehr als 20 Jahre nach der Gewaltwelle gegen Anhänger des Sikh-Glaubens in Indien mit Tausenden von Toten ist ein bekannter Politiker Ende Dezember 2018 wegen Anstiftung zum Mord verurteilt worden. Im Mai 2019 ist eine Parlamentswahl. Eine weitere Amtszeit von Narenda Modi ist nicht mehr sicher. Für einen Machtwechsel müsste sich die Opposition zusammen tun. Indira Gandhis Enkelin betritt im Januar 2019 auch die politische Bühne (Regionalchefin der Kongresspartei, Priyanka Gandhi). Bei der Parlamentswahl im Mai 2019 hat die hindu-nationalistische Partei von Premierminister Narenda Modi ihr bestes Ergebnis aller Zeiten erzielt und baut ihre Mehrheit aus. Modi wird dann auch zum zweiten Mal Regierungschef. Er ist eine Art Alleinherrscher, obwohl er viele seiner Versprechungen nicht erfüllt hat. Er ist ehemaliger Teeverkäufer, der einer niederen Kaste entstammt. Anfang November 2019 besucht Bundeskanzlerin Angela Merkel Indien. Sie wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Es geht um Müll (Klimawandel), Ayurveda und wirtschaftliche Zusammenarbeit. Amnesty stellt seine Arbeit in Indien im September 2020 ein: Die Menschenrechtsorganisation beklagt eine Hexenjagd. Die Behörden haben die Bankkonten eingefroren. Die indische Regierung sagt, die Organisation habe ausländische Gelder erhalten. Indien hat auch eine Präsidentin. Sie heißt 2023 Draupadi Murmu. Sie hat repräsentative Funktionen.   "Diejenigen aber, welche zum Glück der Erkenntnis gelangt, über die Gegensätze erhaben und frei von Selbstsucht sind, dies erschüttert weder Glück noch Unglück irgendwann", aus Indien. "Die neue Regierung ist nicht wirtschaftsfreundlich, sondern versteht es auch, die Menschen auf dem Reformweg mitzunehmen", Raghuram Rajan, indischer Notenbankchef 2015. In Indien werden immer noch jedes Jahr Tausende Mädchen vor ihrem 18. Geburtstag zwangsverheiratet (ein Drittel aller Zwangsverheiratungen auf der Welt; 360.000 Frauen sterben jährlich, weil sie zu früh schwanger werden). Indien versucht 2017 den Hochzeitswahn zu bändigen. Feiern in Kaschmir dürfen nur noch bis zu 500 Gäste haben und sieben Gänge. Darüber hinaus wird eine Sondersteuer fällig. Die meisten Haare für Perücken in der Welt kommen aus Indien. Der Rohstoff stammt aus südindischen Hindu-Tempeln, in denen sich die Gläubigen hingebungsvoll die Köpfe scheren lassen.

Exkurs. Narendra Modi: Er lässt sich gerne Vishvaguru, den "Lehrer der Welt" nennen. Er ist auch Führer der hindu-nationalistischen Partei. Er ist eine Art Alleinherrscher, obwohl er viele seiner Versprechungen nicht erfüllt hat. Er ist ehemaliger Teeverkäufer, der einer niederen Kaste entstammt (der erste Führer, der den Aufstieg geschafft hat). 2023 kann er die Führerschaft in den G20 übernehmen. Er hat im Land eine Trennlinie zwischen Regierung/ Partei und Unternehmen geschaffen. 2023 ist er 72 Jahre alt. Er spricht auf Reisen lieber Hindi als Englisch. Er stellt die uralte Hindutradition heraus. Er ist auch Hindunationalist. Im Netz wird er auch gezeigt, wie er stundenlang meditiert. Er verkörpert damit auch die spirituelle Seite der indischen Kultur. Ein halbes Jahr vor Indiens landesweiter Parlamentswahl triumphiert Modi bei den Regionalwahlen. An der Börse bricht Euphorie aus.

Exkurs. Rahul Gandhi:   Er ist der berühmteste Oppositionspolitiker in Indien und N. Modis größter Gegner. Er entstammt einer Politikerdynastie. Gandhis Vater, Großmutter und Urgroßvater waren einst Premier. Gandhi selbst wollte 2024 gegen Modi antreten. Das ist 2023 fraglich. Er musste schon seine Residenz in Neu-Delhi nach fast 20 Jahren räumen. Er hatte in einer Wahlkampfrede zwei mutmaßliche Kriminelle mit dem Premier in Verbindung gebracht: "Warum tragen all diese Diebe den Namen Modi"? Ende März 23 verurteile ihn dafür ein Gericht in Modis Heimatstadt Gujarat zu zwei Jahren Haft. Er habe alle Inder mit dem gleichen Nach-Namen beleidigt. Gandhi ist gegen Kaution auf freiem Fuß.

Politische Teilung und Parlament: Indien besteht aus 28 Bundesstaaten. Es gibt acht Unionsterritorien. Das Parlament zählt 543 Abgeordnete (bei 1,4 Mrd. Einwohnern; weniger Abgeordnete als Deutschland). Politisch kann man oft von Chaos sprechen (positiv und negativ).

Politische Parteien und politische Organisationen: Eine Organisation namens Rashtriya Swayamsevak Sangh (RSS) ist die Ersatzfamilie von Modi. Es ist die "Nationale Freiwilligenorganisation". Sie ist auch eng mit Modis Partei BJP verbunden. Sie basiert auf der Weltanschauung von Vinayak Damodar Savarkar. Savarkar argumentiert hindunational. Muslime seien keine richtigen Inder. Ansonsten geht RSS vom Pfadfindertum aus. RSS hat durchaus auch faschistische Züge (orientiert sich an Hitler, der bewundert wird). Modis Partei ist die BJP. Auf die kann er sich blind verlassen. Sie ist hindunational, wertkonservativ und wirtschaftsfreundlich. Die zweite große Partei ist die Congress. Sie ist dynamisch, säkular und sozialdemokratisch. Sie ist die Partei Nehrus und Gandhis. Sie sitzt bis heute an den Schalthebeln der Macht. Daneben gibt es kleinere Parteien: AITC (Westbengalen, ungefähr wie CSU), Shiv Sena (fremdenfeindlich, rechts), AAP (Partei des einfachen Mannes, gegen Korruption).

Militär und Rüstung Indien: Anfang Dezember 2021 kommt Indiens Militärchef bei einem Absturz ums Leben. Der Militärhubschrauber stützt in Südindien ab (14 Menschen kommen ums Leben). Militärisch arbeitet Indien eng mit Russland zusammen. Man hat große gemeinsame Interessen (gegen China und die USA, die Pakistan unterstützt). So enthält sich Indien auch im Sicherheitsrat der UN beim russischen Einmarsch in die Ukraine). Im März 2022 wird versehentlich eine Rakete auf Pakistan geschossen. Man bedauert dies. Indien bemüht sich um alternative Rüstungslieferanten und baut eine eigene Rüstungsindustrie auf. In Europa ist Frankreich hier für Indien am wichtigsten.

Indien entwirft und produziert die Loitering Munition Nagastra-1. Sie kostet nur 55.000 Euro. Solche Waffen können am Himmel "herumlungern" und auf Ziele warten. Die indische Variante kann mehrmals starten. Sie wird zum Exportschlager. Sie wird erfolgreich in der Ukraine eingesetzt.

2024 beschleunigt Indien das nukleare Wettrüsten. Delhi will seine Raketen mit atomaren  Sprengköpfen bestücken - eine Reaktion  auf Pekings Ausbau seines Atomarsenals. Es werden insbesondere MIRV - Raketen bestückt. hier kann man die Anzahl der Sprengköpfe leicht erhöhen. Vgl. NZZ, 20.3.24, S. 4.

Urbane Großräume: Indien liegt mit seinen urbanen Großräumen an der Spitze in der Welt. Mumbai, Delhi, Kolgata, Chennai, Bengaluru, Hyderabad, Ahmedabad, Pune, Surat, Kanpur, Jaipur, Lucknow, Nagpur haben alle über 5 Mio. Einwohner.

Barygaza (heute Bharuch): War im 1. Jahrhundert n. Chr. Zentrum eines Handelsnetzes im indischen Ozeans. Schiffe konnten den Ozean relative leicht durchfahren, weil es verlässliche Monsunwinde gab. Es gibt Bericht über die Stadt und die Seefahrt, die zeigen, dass sogar ägyptische, sumerische, persische und europäische, natürlich auch chinesische Kaufleute, die Stadt anfuhren. Die Römer klagten über ein Defizit in ihrer Handelsbilanz. Vgl. Frie, Ewald: Die Geschichte der Welt, München 2020, S. 81ff..

Bangalore: Metropole in Südindien. Binnen 20 Jahren hat sich die Einwohnerzahl auf geschätzte 13 Mio. Menschen verdoppelt. Fast jede Tech - Firma der Welt hat hier einen Sitz. Die Stadt ist Inbegriff von Outsourcing, IT - Firmen, Callcenter. Der IT-Riese Infosys (Nandan Nilekani) hat hier seinen Sitz und beschäftigt alleine 340.000 Menschen. Der Umsatz liegt bei 18 Mrd. $. In der Stadt gibt es auch viel Armut, Korruption und Verkehrschaos. Die indische Metropole ist die Universitäts- und IT -Hochburg. Die Stadt ist Sitz des Digitalriesen Infosys. Google betreibt dort sein größtes Forschungszentrum außerhalb der USA. Es ist eine der innovativsten Städte der Welt. 

Neu-Delhi: Ist die Hauptstadt von Indien. 1911 verlegte König George von GB die Hauptstadt von Kalkutta nach New Delhi. Im Metropolraum leben mehr als 30 Mio. Menschen. Die Stadt liegt im Norden Indiens. Modi errichtet ab 2022 ein neues Regierungsviertel. Es soll imposant werden und für den Aufstieg des Landes stehen. Die Promenade der Central Vista wurde schon eröffnet. Sie wurde von Königsstraße in Straße der Pflichten umbenannt. New Delhi, die indische Hauptstadt, ist besonders stark von Umweltverschmutzung betroffen. Das Risiko für Fehl- und Frühgeburten ist dadurch erhöht. Jährlich sterben auch mehr als 100.000 Kinder unter fünf Jahren aufgrund der schlechten Luft (Kinder atmen Schadstoffe doppelt so schnell ein). Delhi ist auch in Zukunft besonders durch den Klimawandel bedroht. Es steht auf der Risikoliste ganz oben (von Verisk Maplecraft, London). .

Mumbai (früher Bombay bis 1995). Metropole an der indischen Westküste. Berühmt ist der steinernere Torbogen des Gateway of India, der 1924 von der britischen Kolonialregierung errichtet wurde. Mumbai ist heute Zentrum der Bollywood-Film-Industrie.

Kalkutta: Hauptstadt des Bundesstaates Westbengalen. Ehemals Hauptsitz der Britischen Ostindien-Kompanie. 15 Mio. Einwohner.

Deshnoke: Indische Kleinstadt. Sie ist berühmt, weil sie in einem Tempel Tausende von Ratten aus religiösen Gründen beherbergt.

Udalpur: Indische Großstadt. Sie wurde zum Hotspot für Touristen durch den James Bond - Film "Octupussy", der in großen Teilen hier spielte.

Varanasi: Heiligste Stadt der Hindus in Indien. Sie liegt am Ganges, dem längsten und heiligsten Fluss Indiens. Immer mehr Menschen kommen hierin, um zu sterben. Es gibt Hospize, wie z. B. Mukti Bawan. Hier haben die Menschen dann 15 Tage Zeit zum Sterben. Die Faszination liegt darin, dass sich die Menschen danach verbrennen lassen, um die Asche dem Ganges zu übergeben. Es gibt den Beruf des Leichen - Verbrenners. In Varansi werden alle Götter der Hindus verehrt. Die sterbenden Menschen sind in Liebe und Dankbarkeit für das genossene Leben. Deshalb nennt man Varanasi auch Stadt des "Glücklichen Todes".

Wirtschaftszentren im Süden mit viel Industrie und Urbanisierung: Bangalore, Hyderabad, Chennai (früher Madras). Die Urbanisierungsquote - ein Indikator für den Entwicklungsstand eines Landes - liegt mit 35% weit niedriger als in China (60%). Vgl. Losse, Bert u. a.: Endlich Großmacht, in: WiWo 36/ 2023, S. 34ff.

Geschichte Indiens:  Die ältesten Spuren von Sesshaftigkeit finden sich am Westrand eines Tales, in Mehrgarh, in der heutigen pakistanischen Provinz Belutschistan. Sie stammen etwa um 7000 v. Chr. Etwa um 4000 v. Chr. breitet sich die Besiedlung von den Rändern des Tales immer mehr Richtung Fluss aus. Größte Städte sind Mohenjo-Daro am Indus und Harappa im Punjab (nutzte vielleicht als erste Kultur das Rad). Die erste Hochkultur in der Region des Flusses Indus gibt es von 2600 v. Chr. - 1800 v. Chr. Vor ungefähr 3000 Jahren (1500 bis 700 v. Chr.)  führte eine Völkerwanderung zu einem dramatischen Umbruch südlich des Himalayas. Damals wanderten so genannte Arier (arya) aus dem Gebirge in die Gangesebene. Sie stießen auf die Ureinwohner, heute Draviden genannt. Es war ein Aufeinanderprallen zweier Welten (die zwei Kulturen sind heute noch sichtbar) . Im siebten und sechsten vorchristlichen Jahrhundert dominiert kulturell der Brahmanismus. Das religiöse Denken kreist um "Brahman", den Wesensgrund der Welt, der als Einheit stiftende und alles bewirkende Prinzip von den sinnlichen Erscheinungen in der Welt differenziert wird. Die erlösende Verschmelzung des Atman (individuellen Bewusstsein des Weisen) mit der Alleinheit des Brahman ist das Ziel des Heilsweges, der aus dem frustrierenden Kreislauf des schmerzlichen, dem Materiellen und der Begierde verhafteten Menschenleben herausführt. Die Vorstellungswelt der Upanishaden kennt schon Seelenwanderung und Karma sowie Samsara. Um 530 v. Chr. beginnt der Buddhismus in Indien, der wesentliche Elemente des Brahmanismus übernimmt (vgl. auch Religion weiter unten).  326 v. Chr. erfolgte der Indienfeldzug Alexander des Großen. Er hatte keine militärischen Gründe, sondern Kriegslust und Neugier waren die Motive. Auf dem Rückzug zerstört er 323 v. Chr. Theben. Um 1 n. Chr. ist Indien Teil eines riesigen Handelsnetzes. Metropole des Handels ist Barygaza (siehe oben). Hier werden Silber, Glas, Korallen, Öl, Wein, Leinen, Weihrauch, Araberhengste, Gewürze, Baumwolle, Seidenstoffe, Elfenbein, kostbare Hölzer gehandelt. Förderlich ist der Buddhismus, der undogmatisch ist. Man handelt praktisch mit allen Nachbarländern, mit Vorderasien und Europa. Im 4. Jht. entstand das erste Großreich (Maurya, Kaiser Ashoka).  Im 3. Jahrhundert v. Chr. ist das Maurya-Reich das mächtigste. Es hatte eine Verwaltung und war militärisch sehr stark. Dann folgt das Gupta-Reich, bei dem Indien fast wieder vereint ist. Danach kommt der Großkönig Harsha (606-647). Ab dem 8. Jht. n. Chr. gibt es immer wieder arabische Reiche.  Ab 1330 sind dann große Teile des Landes unter Kontrolle von dem von  zentralasiatischen Militärführern gegründeten Sultanats von Delhi. Babur erobert 1526 das Sultanat von Delhi (er setzt Kanonen aus Persien ein). Man spricht auch von indischen Mogul-Reich, weil sich der Gründer als Nachfahre der Mongolen sah (von Tamerlans). Als Babur 1530 stirbt hinterlässt er ein sehr großes Gebiet (Kabul, Kandahar, Lahore, Delhi, Agra, Bangladesch). Grundlage des Reiches war das Mansab-System (Steuereinzug als Adelspflicht). 1492 n Chr. entdeckt Vasco da Gama den Seeweg nach Indien, die Europäer kommen nach Indien. 1510 erobern die Portugiesen  Goa in Indien und machen es zum Zentrum aller Beziehungen. 1511 erobern die Portugiesen Malakka, die Drehscheibe des Handels zwischen Indien und China. Zunächst ist Indien eine portugiesische, später eine britische Kolonie. Im 16. Jahrhundert schafft der Großmogul Akbar in Indien ein gewaltiges Reich (er stirbt 1604 n. Chr.; er verbietet Kinderheirat und Witwenverbrennung; ist aber sehr grausam). Es predigt vor allem Toleranz. 1658 wird Schah Jahan, Erbauer des Taj Mahal in Agra, abgesetzt. Sein Sohn und Nachfolger Aurangzeb vereinigt fast ganz Indien unter seiner Herrschaft.  Das Reich ist auf dem Gipfel der Macht. Es besteht danach noch 100 Jahre. Dann steht die East India Company der Britten bereit. 1930 startet Mahatma Gandhi eine neue gewaltlose Kampagne gegen die britische Kolonialherrschaft. 1947 kommt die Unabhängigkeit (Gandhi, Neru). Indiens gefährlichster innerer Feind sind die aufständischen Maoisten. Nach der Unabhängigkeit zerfällt das Reich in drei Teile: Indien, Pakistan, Bangladesch (und  auch Sri Lanka). Vgl. Kulka, h./ Rothermund, D.: Geschichte Indiens, 1998. Vor 150 Jahren wurde Mahatma Gandhi geboren. Er war Friedensprediger und Unabhängigkeitskämpfer. Er lebte in seiner Heimatregion Gujarat. Nächste Großstadt ist Mumbai. "Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für die Welt", Mahatma Ghandi.

Exkurs: Geschichte des Handels: Traditionell lief der Handel zwischen China/ Asien  und Europa Jahrhunderte über die Seidenstraße (Blüte: Tang-Dynastie, Ming und Qing - Dynastie). Im 17. Jahrhundert kam immer mehr der Seeweg dazu. Vasco da Gama aus Portugal entdeckte 1504 den Seeweg nach Indien (vorher 1498 Calicut). Führend im Handel mit Südostasien waren Portugal und die Niederlande. Huygen und Barents aus den Niederlanden entdeckten neue Seerouten nach China. Daraus entstanden drei Bücher. Sie berichten über den Handel mit Indien, China und Japan. Die Niederlande wollten Malaysia zu ihrem Stützpunkt machen, um das portugiesische Gewürzmonopol zu brechen. Schließlich wurde 1602 die VOC gegründet (Vereinigte Ostindische Companie für Handel). Es war Teil des niederländischen Unabhängigkeitskampfes gegen Spanien und Portugal. Zentrum wurde dann doch eher Indonesien. Vgl. J. Elvers: Europa, das Meer und die Welt, München 2018, S. 264ff.  Gegen Indien wurde protektionistische Maßnahmen ergriffen. Die Fertigung in Indien wurd evon GB systematisch unterbunden. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden Produkte des Verarbeitenden Gewerbes hauptsächlich aus Indien und China importiert und größtenteils durch Goldimporte aus Europa und Amerika (auch Japan) finanziert. Namentlich bedruckte Stoffe und baue Kattune kamen aus Indien. Die europäische Kaufleute heizten die Stimmung gegen indische Textilimporte an und sorgten für hohe Zölle. In Europa war Göteborg ein wichtiger Anlaufpunkt. Dadurch sank der Anteil Indiens und Chinas dramatisch.  Vgl. Piketty, Thomas: Eine kurze Geschichte der Gleichheit, München 2022, S. 68ff. Später übernahmen die Briten Indien als Kolonie. Heute versuchen die USA, Indien im Handel zu begünstigen als Gegenpol zu China.

Exkurs. Unabhängigkeit: Am 15. August 2022 feiern Indien und Pakistan ihre Unabhängigkeit von Großbritannien vor 75 Jahren.

Exkurs. Rishi Sunak, GB und Indien:: Sunak wird 2022 britischer Premierminister. Er ist der erste nicht-weiße Regierungschef der Geschichte und Hindu (seine Eltern stammen aus Indien, er hat also indische Wurzeln). Ende 2022 glaubt die Mehrheit der Briten, dass der Brexit ein Fehler war. Der Traum vom Singapur an der Themse ist ausgeträumt. Die Rezession könnte bis 2024 gehen. Besonders die britischen Unternehmen klagen über die Brexit - Folgen. Vgl. Watt, Andrew: Rücktritt Truss: Brexit-Traum ist ausgeträumt, in: Wirtschaftsdienst 2022/11, S. 817. Die Presse in Großbritannien unterstützt überwiegend die Torries. Sie hat großen Anteil an der Abstimmung für den Brexit (wahrscheinlich auch Russland und die USA). Man hat die EU meist für alle Missstände in GB verantwortlich gemacht. Damit hatte die Regierung immer ein Alibi. Die Elite GB, die überwiegend in Internaten groß geworden ist, hängt vergangenen Träumen nach. Der englische Nationalismus ist überwiegend eine Sache der älteren, weißen Generation. Die Gegner des Brexit, meist die Jüngeren, haben sich eher zurückgehalten und nicht für ihre Meinung gekämpft. Die Schotten und die Iren, die auch von hohen Fördergeldern der EU profitiert haben, werden schon aus ökonomischen Gründen für eine Abspaltung von GB kämpfen. Im 1. Quartal 2021 sinkt das Handelsvolumen zwischen der EU und GB um fast ein Viertel. Sunak ist mit einer Inderin (Akshata Murty) verheiratet, die viel reicher ist als er. Sie ist die Tochter von Murty, dem Gründer von Infosys. Auf 730 Millionen Pfund wird das Vermögen beider geschätzt. Das Team von Sunak ist zweifelhaft (Kabale- und Intrigenstadel von Johnson). Seine Partei, die Torries, sind seine größte Hürde. Eine Annäherung an GB oder eine Kooperation sind bisher nicht erkennbar.

Gesellschaft und Kultur in Indien: Die Gesellschaft ist heute tief gespalten. 33% der Menschen müssen 2010 mit weniger als 1,25 Dollar am Tag auskommen. 70% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Das Haushaltseinkommen der 20% ärmsten Haushalte wuchs zwischen 2000 und 2008 nur um 1,0% (OECD), während das BIP um 7,1% stieg. Besonders erschreckend ist die Diskriminierung der Frauen in Indien. Die Katastrophe in der Spitze besteht aus erschreckend hohen Todeszahlen pro Jahr (2003: 2,2 Mio. Todesfälle bei Frauen; 265.000/12% durch Abtreibung; 558.000 von 0 bis 15 Jahren/25%; 398.000 zwischen 15 und 45 Jahren/18%). Hinzu kommen die Gruppenvergewaltigungen.  Das größte Hindernis für ein moderneres Indien ist die grenzenlose Armut. Das Bildungssystem und die medizinische Versorgung sind verheerend.  In Indien ist das Bildungssystem noch niedrig, abgesehen von der Spitzenforschung. Das Bildungswesen kann auch 2014 noch als marode bezeichnet werden. Immer wieder Ärger gibt es mit Paralleljustiz der Khap Pachayats. Sie sind seit über 100 Jahren sind sie verboten, werden aber noch immer als Kastenjustiz eingesetzt. Abgelegene Dörfer sind schwierig zu kontrollieren. 2017 verbietet das oberste Gericht die Islamische Scheidung durch Verstoßung. Durch gepanschten Schnaps kommt es zu mehr als 100 Toten in Golaghat (Arbeiter einer Teeplantage) in Indien. Es war zu viel Methanol beigemischt. Das passiert in Indien immer wieder. Generell ist die Kultur Indiens vielfältig und facettenreich. Das führt zu eher flexiblen Menschen.   Entwicklungsminister Gopai Rai macht 2019 den Vorschlag, die heiligen Kühe und ältere Menschen im Ruhestand in  gemeinsamen Unterkünften unter zu bringen. Beide Gruppen sollen aufeinander acht geben. 2023 gibt es einen Pinkel-Vorfall bei Air India. Ein betrunkener Mitarbeiter von Wells Fargo pinkelt auf seine Nachbarin. Er wird entlassen. Der Eigentümer der Fluggesellschaft Tata kritisiert.

Exkurs Negative Zahlen in der Mathematik und andere Meilensteine (indische Mathematik): Bhaskara II.. indischer Mathematiker (1114-1185), der Jahrhunderte vor der Entwicklung der Infinitesimalrechnung in Europa darüber schrieb und in seinen Siddhantasiromani (1150) negative Zahlen analysierte. Als negative Zahl bezeichnet man eine reelle Zahl kleiner Null. 0 (Null) steht für nichts, keine Menge oder auch den Ausgangspunkt einer Skala (Meeresspiegel, Gedrierpunkt). Vgl. Daeid/ Cole: Zahlen in 30 Sekunden, Librero 2020, S. 28.. In Indien wurde sehr wahrscheinlich unser Zahlensystem erfunden (0, 1-9), das dann L. Fibonacci aus Pisa/ Italien in Europa etablierte. Hindu-Gelehrte kannten mit Sicherheit auch schon die Lösung der Kaninchenaufgabe (mathematische Folge). Über die eigentliche Bedeutung der indischen Mathematik schrieb der französische Mathematiker Pierre-Simon Laplace. "Indien schenkte uns die geniale Methode, alle Zahlen mit zehn Symbolen auszudrücken". Indien hatte früh geniale Mathematiker: Brahmi, Aryabhata, Brahmagupta, Varahamihira. Vgl. Willers, Michael: Algebra, Kerkdriel 2022, S. 74ff.

Exkurs: Philosophie in Indien: Immer wieder bezieht man sich auf Gandhi (Hind Swaraj). Die deutsche Philosophie steht hoch im Kurs. Indien leidet unter einer geistigen Verkümmerung. Es ist die Unkenntnis der eigenen intellektuellen und moralischen Ressourcen. Viele Religionen haben in Indien ihren Ursprung (siehe unten). Dieses Privileg ist verloren gegangen. Wichtig ist noch das Werk von Rabindranath Tagore (Literaturnobelpreisträger für Literatur 1913). Es ist ein Bedürfnis nach Authentischem in Indien da. So ist auch der Hindu-Nationalismus vielleicht zu deuten. Vgl. Shrivastava, Aseem et al.: Churning the Earth, 2018. Auch: Ross, Jan: Gandhi statt Kapitalismus, in: Die Zeit Nr. 44, 25.10.2018, S. 7.

Exkurs. Kricket: Es ist Kult in Indien, ein nationales Kulturgut. Die Liga ist hochlukrativ. Nur im amerikanischen Football NFL wird mehr Geld verdient. 2023 trägt Indien die Kricket-WM aus. Die Regierung in New Delhi vermarktet sie als Symbol für ihren wirtschaftlichen und politischen Aufstieg. Das größte Kricket-Stadion der Welt ist in Ahmedabad mit 132.000 Plätzen (das drittgrößte ist in Kolgata). Seit 2021 trägt das Stadion in  Ahmedabad den Namen Narenda Modi. Es liegt im Bundestaat Gujarat. Kricket ist ein Spiegel der Konflikte und der Diplomatie in Indien. Es ist ein Vermächtnis der Kolonialzeit.

Exkurs. Sabu Dastagir: Er ist immer noch der berühmteste Schauspieler Indiens. Vor ca. 100 Jahren wurde er geboren. am 27. Januar 2024 wäre er 100 Jahre alt geworden. Er stirbt mit nur 39 Jahren an einem Herzinfarkt. In zahlereichen Filmen der 40er und 50er Jahre war er der Exot vom Dienst. Im Krieg dienst er in der US-Luftwaffe. Berühmt sind folgende Filme: "Der Dieb von Bagdad," "Árabische Nächte". "die Braut des Maharadscha". "Der Tempelschatz der Bengalen".

Diskriminierung der Frau (Gewalt): Ein spezielles Problem ist die Gewalt gegen Frauen. Gewalttaten gegen Frauen ereignen sich täglich (alle 15 Minuten eine Vergewaltigung). Gruppenvergewaltigungen werden als einträgliches Geschäft betrieben. Sie finden zum Teil öffentlich statt (zum Beispiel in Bussen). 2022 wurden 90 Vergewaltigen pro Tag gemeldet. Der Staat ist nicht fähig, hier Recht und Ordnung durchzusetzen. Er versucht zwar, drastische Präsidenzurteile zu fällen (Todesstrafe durch Erhängen). Aber die Erniedrigung von Frauen niederer Kasten durch Männer höherer Kasten bleibt. Der Hinduismus bewahrt das Kastensystem mit der Abwertung der Frau. Indien hat eine sehr hohe Selbstmordrate bei jungen Frauen.   Im Oktober 2020 findet eine Gruppenvergewaltigung der 20-Jährigen in der Stadt Hathras statt. Der zuständige Polizeichef samt vier Mitarbeitern wurde suspendiert. Die Polizei ermittelte nur widerwillig. Anfang März 2024 wird eine Touristin (spanisch-brasilianisch) von sieben Männern im Bundesstaat Jharkhand vergewaltigt. ein Paar auf einem Motorrad bereist die Welt. 

Exkurs Leena Nair. Sie gilt in Indien als großes Vorbild. Sie wird 1969 in Indien geboren. Sie studierte von 1986 bis 1990 Elektro- und Kommunikationstechnik. sie startet beruflich 1992 als Trainee bei Unilever in Indien. 2016 leitet sie bei Unilever den Human-Resources-Bereich. Sie avanciert zum Role Model: erste Frau und erste Asiatin als Personalchefin, jüngstes Mitglied im Vorstand. Sie wird "Global Indian of the Year" und 2021 "Vorbild des Jahres". Anfang Februar 2022 wird sie CEO beim französischen Modekonzern Chanel. Sie soll dort mehr Diversität organisieren.

Exkurs. Shrayana Bhattacharya: Desperatly Seeking Sha Rukh, 2022. Es ist eine Mischung aus Recherche, Gesellschaftsanalyse und autobiographischer Reflexion. Es geht um die zentrale Frage "Wie besiegen Frauen weltweit das Patriarchat? Der Kampf ist ihrer Meinung nach im Wesentlichen nur ökonomisch zu gewinnen. Das Wirtschaftssystem produziert nicht nur Waren und Dienstleistungen, sondern vor allem gesellschaftliche Gefühle und Realitäten.

Vergewaltigung und Gruppenvergewaltigung von Frauen: Die letzte große Gruppenvergewaltigung in Indien war 2012. Daraufhin wurde das Strafrecht geändert: Ab 16 Jahre gilt nun Erwachsenenstrafrecht. Der Oberste Gerichtshof entschied 2022 allerdings, dass Gewalt in der Ehe weiterhin kein Verbrechen ist. Es haben sich inzwischen Organisationen gebildet, die dagegen vorgehen: Jagori, MAVA (Men against Violence and Abuse). Trotzdem gilt Indien noch als das frauenfeindlichste Land der Erde. Die Wurzeln liegen im Patriarchat, in der Kolonialzeit und im Kastensystem. Vgl. Finke, Katharina: Die Furchtlosen, in: Die Zeit 52/ 15.12.22, S. 10.

Erwerbstätigkeit der Frauen: Nur 19% der Inderinnen üben 2022 einen Beruf aus. Das ist weniger als in anderen großen Volkswirtschaften. In Indien ist die Heirat der Wendepunkt. Berufstätigkeit ist wenig angesehen (Ehemänner, Eltern und Schwiegereltern  verbieten). An Bildung fehlt es bei den Frauen nicht. In vielen anderen Ländern kommt die Wende erst mit dem ersten Kind. Eine Ausnahme bildet der IT - Sektor, weil hier leicht moderne Arbeitsformen möglich sind (Home Office). Viele Frauen arbeiten in der Datenannotation und helfen bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz mit. Algorithmen muss man Muster und Gesetzmäßigkeiten erst erklären. Das ist in Kerala in Südindien, Mannarkkad oder in Bangalore der Fall.  Vgl. Höflinger, Laura: Wo Frauen die Welt erklären, in: Der Spiegel 49/ 3.12.22, S. 86f.

Eheschließungen in Indien: Über 90% aller Eheschließungen sind arrangiert. Ehen werden nicht zwischen Individuen, sondern zwischen Familien geschlossen. Manchmal vermitteln auch Freunde. Folgt ein Paar dieser Vereinbarung nicht, wird es aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Es gibt in Indien eine Initiative, die sich darum kümmert: "Love Commando". Eine Eheschließung aus Liebe ist immer noch die große Ausnahme, vor allem wenn die Paare verschiedenen Kasten angehören. Harnaaz Sanghu wird 2021 in Eilat/ Israel zur schönsten Frau des Universums gewählt. Sie holt den Titel nach 21 Jahren nach Indien zurück.

Kinder-Ehen: Sie sind eigentlich verboten. Trotzdem werden, vor allem auf dem Land, noch Mädchen mit 14, 15 oder 16 Jahren verheiratet. Das durchschnittliche Alter der Frauen beim ersten Kind liegt 2023 bei 17 Jahren. Das hat gravierende negative gesundheitliche Folgen für die Mädchen. 1,5 Mio. minderjährige Mädchen werden noch jährlich verheiratet. Das hängt mit dem geringeren "ökonomischen Wert" der Frauen zusammen. Es gibt viele Vermittler, die Geld daran verdienen.

Sprachen in Indien: Nur geschätzt 200-300 Mio. Inder sprechen Englisch. Nach dem letzten Census sind es sogar nur 129 Mio. Das sind relativ wenig, zumal Englisch immer als großer Vorteil gegenüber China gesehen wird. Die meisten Inder sprechen Hindi (800 Mio. geschätzt, die folgenden Zahlen sind alle geschätzt). 125 Mio. sprechen Bengali. Dann folgen Marathi (115), Telugu (110), Tamil (90), Urdu (72). Am Ende liegen Gujarati (69), Kannada (68), Odia (49), Panschabi (42), Malayalam (41), Sanskrit (0,1). Vgl. Braun Alexander, Michael: Indien Super Power, München 2020, S. 59.

Khasi-Matriarchat: Das Volk lebt im Nordosten Indiens. Es handelt sich um eine matrillineare Gesellschaft. Abstammung und Erbfolge leitet sich nur von den Müttern ab. Das Volk ist berühmt für seine Brücken. Aus Luftwurzeln des Gummibaums, die teils in Felsbrocken Halt finden, lassen die Khasi Brücken wachsen. Ausgehöhlte Stämme der Betelsnusspalme geben den Wurzeln die Richtung vor.

Kastensystem (von casta - portugiesisch Herkunft, lateinisch: rein). Die Kaste bezeichnet die soziale Stellung, die Recht, Glauben, Partner- und Berufswahl bestimmt. Seit Jahrhunderten gliedert das komplexe Kasten-System die Gesellschaft. Jeder dient in der Kaste, in die er geboren wurde. Diese Ordnung bleibt relativ stabil. Man unterscheidet vier Varnas: 1. Brahmanen (Priester, Gelehrte), 2. Kshatryas (Krieger, Adel), Vaishya (Bauern, Händler, Handwerker), 4. Shudras (Hausangestellte, einfache Arbeiter). Das System ähnelt der Klassengesellschaft im antiken Griechenland. Weiter: Dalits, Harigans, Parias (Unberührbare). Innerhalb der Kasten gibt es weitere Clan-Strukturen. Anfang 2018 legen die "Unberührbaren" (unterste Schicht, Dalits) Mumbai lahm. Die indische Kastengesellschaft ist schon im ersten vorchristlichen Jahrtausend entstanden. Das starke religiöse hierarchische Gefälle einer relativ undurchlässigen Schichtung definierte sich nach religiösen Merkmalen, nämlich über den selektiven Zugang zu beziehungsweise den Ausschluss von jenen Heiligtümern, welche die Priester verwalteten. Das Kastensystem ist untrennbar mit dem Hinduismus verbunden, der in Indien als Religion gesiegt hat (nicht der Buddhismus, der eher subversiv ist und hierarchische Strukturen nicht unterstützt; auch indifferent gegenüber der Herrschaft).

Verteilung: Es gibt kaum ein anderes Land mit so großen Unterschieden. Indien hat die dritt meisten Milliardäre in der Welt. Gleichzeitig verfügt noch ein Drittel der Menschen über keine Toilette. Der Gini - Koeffizient wird gar nicht erst errechnet. Das Bruttonationaleinkommen pro Kopf lag 2022 bei 2.200 US-$ (China 11.200 US-$). Vgl. Wienhold, H.: Indien heute - Die Armut bleibt unbesiegt, 2019.

Exkurs. Pankaj Mishra: indischer Essayist, Schriftsteller, Soziologe, Intellektueller. Seine Bücher sind sehr bekannt und haben unser Bild über Indien beeinflusst. Er wurde 1969 in Jhansi geboren. Berühmte Bücher sind: Aus den Ruinen des Empires. Zeitalter des Zorns. Butter Chicken in Ludhiana. Letzteres ist sein berühmtestes Buch und eine soziologische Studie über das kleinstädtische Indien. Weitere bücher: An End to Suffering, Temptations of the West. Vgl. auch: Mishra, Pankaj: Das Reich der Mitte, in: Der Spiegel 4/ 21.1.23, S. 46f. "Ob Deutschland sich dessen bewusst ist oder nicht, es ist heute von allen westlichen Ländern am besten in der Lage, eine neue globale Ostpolitik zu skizzieren - eine, die den Narzissmus Angloamerikas aufgibt und lernt, die Welt so zu sehen, wie sie ist", ebenda, S. 47. Im Dezember geißelt er massiv dei deutsche Israel-Politik. Er spricht von einem moralischen Sanierungsfall. Der Antisemitismus werde auf muslimische Zuwanderer abgeschoben. Damit nährt er die Insinuation: Wer Israel unterstützt ist rechts. Deutschland habe seinen Nationalismus auf den israelischen Nationalismus übertragen. Vgl. FAZ 21.12.23, S. 9.

Exkurs. Pratap B. Mehta: Er ist einer der führenden Denker und öffentlichen Intellektuellen Indiens. Er war unter anderem Rektor der Ashoka - Universität und lehrt auch in Princeton/ USA. Er wirft dem Westen vor, dass er sich selbstgerecht und widersprüchlich verhalte. "Alle Mächte sind Heuchler, und sie heucheln auch, wenn sie den Vorwurf der Heuchelei erheben", in: Die Zeit 35/ 17.8.23, S. 4. 

Exkurs. Sathnam Sanghera: Journalist und Autor. Er wurde in GB als Sohn indischer Einwanderer geboren. Er studierte in Cambridge. Er ist Journalist der Times, vorher Financial Times. Zwei Bücher: Empireland, 2021; Empireworld, 2024. In dem letzten Buch erforscht er die Auswirkungen, welche der britische Imperialismus bis heute vor Ort hat. Dazu bereiste er länger Indien. Seine Grundthese ist: Wer die moderne Welt verstehen wolle, müsse das britische Empire verstehen. Er beschäftigt sich auch mit dem "colonial hangover". Dekolonialisierung werden missbraucht, um eine islamphobe Agenda zu propagieren. werden missbraucht,  "Großbritannien muss die eigene Geschichte kennen, damit es sich nicht mit Nichtwissen lächerlich macht, wenn es andere belehrt". "Man kann den Kolonialismus in Indien nicht rückgängig machen" Vgl auch: NZZ 15.4.24, S. 5.

Grundeinkommen in Indien: Die Kongresspartei machte 2019 den Vorschlag für ein Grundeinkommen. Es heißt NYAY. Es ist ein garantiertes Mindesteinkommen. Es soll sich auf 6000 Rupien pro Monat und Haushalt belaufen. Da sisn etwa 250 € in Kaufkraftparität. Da sist sehr hoch, da das Medianeinkommen in Indien bei 400€ pro Haushalt liegt. Deise Absicherung würde den ärmsten 20% der Bevölkerung zugute kommen (Kosten 1% des BIP). Man schweigt zur Finanzierung. Der Vorschlag liegt auf Eis. Vgl. Thomas Piketty: Der Sozialismus der Zukunft, München 2021, S. 164ff.

Religionen: Indien besitzt die ältesten Texte religiöser Philosophie auf der Welt. 1500 v. Chr. in der Bronzezeit werden die Veden (vier große Sammlungen; indogermanisch "Wissen" oder "Weisheit"; Sanskrit, Ritualformeln, Hymnen)) zwischen dem Ganges und dem Indus aufgeschrieben. Unter ihnen sind die Upanishaden am wichtigsten.  Darin werden viele traditionelle Themen der hinduistischen Philosophie diskutiert (Karma, Maya, Atman, Brahman; vgl. auch oben "Geschichte"). Im 6. Jahrhundert vor Christus entstehen zwei Religionen, die heute noch Indien prägen. Die eine ist der Jainismus. Er wurde von Mahavista (599 - ca. 527 v. Chr., bürgerlich Nataputta Vardhamana) gegründet. Die Jainas glauben auch an Karma und Reinkarnation. Das Endziel des Lebens ist die Seele aus dem Kreislauf der Wiedergeburt zu befreien (Samsura). Alle Lebewesen besitzen eine Seele. In Nordindien entstand im 15. Jahrhundert der Sikhismus. Sikh ist ein Wort aus dem Pandschabi (Sprache des Pandschab) und bedeutet Schüler. Religionsgründer war der Guru Nanak. Ursprünglich sollte diese Religion die Spannungen zwischen Hindus und Moslems in Indien überwinden. Die Mitglieder der Religion fallen vor allem durch ihre Namen und Kleidungsvorschriften auf. Die Religion ist eng mit einer tugendhaften Lebensführung verbunden. Frauen werden nicht diskriminiert. Das Streben nach Wohlstand und Ansehen wird befürwortet. In der Thar-Wüste, im Nordwesten Indiens, lebt seit Jahrhunderten das Volk der Bishnoi. Ihre Religion, die Bishnoi-Religion,  wurzelt in der Liebe zur Natur (1 bis 2 Mio. Angehörige der Religion). Es gibt 29 Gebote. Wo Bishnoi leben, ist die Wüste grüner und die Tiere sind zutraulicher.  Die Hindu-Religion vereint eine Vielzahl von Sekten, Kulten und Traditionen. So sprechen Experten mehr von Hindu-Traditionen. Die erste Hochkultur in der Region des Flusses Indus gibt es von 2600 v. Chr. - 1800 v. Chr. Um 530 v. Chr. beginnt der Buddhismus in Indien. Höchstes Fest des Hinduismus ist das Diwali-Fest (aus dem Sanskrit-Wort Deepavali - Lichterkette). Es ist zu Ehren der Gottheit Lakshmi (Wohlstand, Reichtum). Es ist vergleichbar unserem Weihnachten und gleichzeitig Neujahrsfest. Geschenke, Neuanschaffungen und Familie gehören dazu. Das größte religiöse Festival der Welt ist "Kumbh Mela". Es dauert sieben Wochen (Januar bis März) und wird am Zusammenfluss von Ganges und Yamuna in Prayagraj alle drei Jahre begangen.  Nach einem Mythos werden "Tropfen der Unsterblichkeit" aus dem Krug (Kumbh) vergeben. 2019 sollen 150 Mio. Menschen kommen. Am bekanntesten bei uns durch die Berichte der Kolonialisten ist wohl die Göttin Kali (mit Toten-Schädel, nackt). Die heiligste Stadt des Hinduismus ist Varanasi (Stadt des Gottes Shiva; liegt im Gangestal rund 200 km südlich des Himalaja; 3,2 Mio. Pilger kommen jährlich). Mit dem Wasser des Ganges kann man die Sünden abwaschen (Ganga Mata). Zwei Elemente des Hinduismus sind bei uns besonders bekannt: Wiedergeburt und Erlösung, sowie die heilige Kuh und die vegetarische Ernährung. Im Januar 2019 verschaffen sich erstmals Frauen Zugang zu einem Hindu-Tempel. Daraufhin kommt es zu Krawallen in Indien. Die Polizei will den Tempelbesucherinnen rund um die Uhr Schutz bieten. Eine der Frauen, Kanaka Durga, ist Angehörige der hohen Kaste der Nair. So geht es auch um die Privilegien der oberen Kasten und das Patriarchat. Die Religion des Buddhismus geht auf Siddharta Gautama zurück, der später zum Buddha ("Erwachet") wurde. Sein Geburtsort ist das nepalesische Lumbini (wurde unter einem Baum von seiner Mutter geboren). Dort lebte er vor dem 6. Jahrhundert vor Christi (neuere Forschungen aufgrund älterer Tempelanlagen in Nepal bestreiten die Lebenszeit von 563-483 vor Chr.). Im Gazellenhain in Sarnath bei Benares soll der Buddha seine Erkenntnisse erstmals mit Anhängern geteilt haben. Siddartha verkündete seine Überzeugungen in Nordindien, sammelte Anhänger um sich und bekämpfte auch die strenge Einteilung der Menschen in Kasten. Er war eine Art Wanderlehrer ("Geht hin, ihr Mönche, und verkündet die Lehre zum Nutzen und Wohl der Menge". Er ist kein Gott, sondern Lehrer. Er gibt keine Regeln vor, sondern Ratschläge. Es gibt kein heiliges Buch und keine Missionierungen. Der Buddhismus ist Religion wie Philosophie). Über die alten Handelswege kam der Buddhismus nach China, Korea, Japan und in viele andere Länder. Der Buddhismus ist mehr als nur eine Religion (das macht ihn meiner Meinung nach auch im Westen so attraktiv). Er stellt eine Lebenshaltung und -philosophie dar. Der Buddha ist Erkenntnis und wahres Wissen. In den 200 Jahren nach Gautamas Tod wurde aus seiner Lehre eine neue Religion.  König Ashoka verhalf dem Buddhismus in Indien zum Durchbrauch. Möglichst viele Menschen sollten seine Edikte verstehen. Das machte ihn zum Idealbild eines guten Herrschers (er kannte die Kultur der Griechen und Perser). Das Dhammapada ("Worte der Lehre") ist eines der populärsten buddhistischen Werke. Es ist eine Sammlung von über 400 Versen. Meditation ist ein weiteres wesentliches Element des Buddhismus. Das ist ein Zustand innerer Ruhe und Klarsicht. Zentraler Ort für die Verbreitung der Schriftreligion aus Indien war die uralte indische Universität Nalanda. Im Geburtsland des Buddhismus bekennt sich heute nur noch weniger als ein Prozent der Bevölkerung zu dem Glauben. Die Regierung Modi betreibt einen Hindu-Nationalismus, der auch aggressiv ist. Dieser diskriminiert die heute zweitgrößte Religionsgruppe in Indien, die Moslems. Dabei ist Indien das zweitgrößte moslemische Land der Welt nach Indonesien (200 Mio. Moslems). Die Regierung setzt den Hindu-Chauvinismus als Ventil ein. Ein zusätzliches Antimuslimisches Gesetz verhindert die "Zwangsbekehrung" hinduistischer Frauen durch Heirat mit einem muslimischen Mann. Der religiöse Konflikt wird durch den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes kaschiert.   Der muslimische Herrscher Shah Jahan läst im 17. Jahrhundert das Taj Mahal als Liebesdenkmal für seine Frau Mumtaz Mahal bauen. 20.000 Arbeiter und Künstler waren beschäftigt. Es stand damals allein und spiegelt sich im Ymuna-Fluss. Heute ist der Fluss eine stehende Kloake. Agra, südlich von Delhi,  ist auf 1,6 Mio. Einwohner angewachsen. Das Denkmal wird von Abgasen zerfressen. Im Februar 2019 meldet Indien eine Luftschlag gegen Pakistan. Es ist Vergeltung für einen Anschlag in Kaschmir. Es geht gegen die islamistische Gruppe Jaish-e-Mohammad. Diese plant immer wieder Anschläge in Indien. Anfang August 2020 legt den Modi den Grundstein für einen umstrittenen Hindu-Tempel. Es ist in der Pilgerstadt Ayodhya, die von Muslimen und Hindus verehrt wird. Der Tempel entsteht auf den Grundmauern einer ehemaligen Moschee.

Exkurs: Kalachakra Initiation/ Bodh Gaya

Exkurs: Kumbh Mela. Es ist das größte religiöse Fest der Welt und das größte Zusammentreffen der Hindus. Es wird alle 12 Jahre gefeiert (dazwischen kleinere Feste) 2021 ist es wieder so weit. Treffpunkt ist diesmal Haridwar am Ganges. Die Stadt liegt im Bundesstaat Uttarakhant in Nordindien. Hier ist das Wasser des Ganges noch relativ sauber, aber kalt (das Fest ist von Mitte Januar 21 bis April 21). Auftakt ist das Ritual Makar Sakranti. Bei dem ganzen Fest geht es um Seelenreinigung, damit der Weg zum Himmel gelingen kann. Das Fest geht auf einen Mythos zurück: Götter und Dämonen stritten sich um einen Krug. Deshalb spricht man auch von Krugfest. Die Sicherheitsvorkehrungen sind sehr hoch (Online -Anmeldung, Corona-Test, Temperaturmessung, Abstand). Aber die Hindus sind eher sorglos, weil sie an eine Reinigung und an den Schutz durch das Wasser des Ganges glauben. So wird das Fest auch tatsächlich zu einer Schleuder der Pandemieverbreitung.

Exkurs: Kühe. Sie gelten in Indien für die hinduistische Bevölkerungsmehrheit als heilig, Kuhmilch, Kuhurin und Kuhmist gelten laut traditioneller indischer Ayurveda - Medizin als heilend. Viele Bauern setzen ihre alten Kühe aus, wenn sie keine Milch mehr geben oder sich deren Haltung nicht mehr lohnt. Zahlreiche Tiere sterben dann im Straßenverkehr. Die herrschende Regierung, die Hindu - nah ist, gibt viel Geld für ihren Schutz und für Kuhwissenschaft aus. Das Töten ist grundsätzlich verboten.

Exkurs: Mata Vaishno Devi, Katra/ Region Jammu und Kaschmir: Schrein des Hinduismus. einer der heiligsten. Immer wieder kommt es hier zur Massenpanik. So zuletzt zum Jahreswechsel 21/22. Es gibt 12 Tote und 14 Verletzte. Auch Menschen ohne Passierscheine wollten dem Heiligtum ihre Ehrerbietung erweisen.

Exkurs: Mutter-Teresa-Organisation. Die Organisation von Friedensnobelpreisträgerin Mutter Teresa (1910-1997) kann vorerst nicht mehr auf ausländisches Geld zugreifen. Die Lizenz für Auslandsspenden wird vom Ministerium nicht erteilt. Grund sind "nachteilige Informationen". In Indien werden Hindu-Hardliner-Organisationen immer mächtiger und machen Stimmung gegen Christen. Die Organisation von Mutter Teresa bringe Hindus dazu, zum Christentum zu konvertieren. Die katholische Ordensgemeinschaft betreibt Waisenhäuser und Kliniken in Indien. Die Christen sind schon länger im Visier radikaler Hindus. Vgl. FAZ Nr. 303, 29.12.21, S. 15.

Exkurs: Zoroastrismus: Zarathustra wurde 630 v. Chr. geboren. Er lebte in Mesopotamien. Man spricht heute von Zoroastrismus (ca. 200.000 weltweit). Die meisten leben heute in Indien (Parsen). Weitere Anhänger gibt es vor allem im Iran.

Exkurs: Siddharta. Vor 100 Jahren (von 2022 zurück) kam eines der erfolgreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts auf den Markt. Herrmann Hesses "Siddharta". Verfasst hat es der Literaturnobelpreisträger in seiner Wahlheimat, dem Schweizer Kanton Tessin. Hesse lebte 43 Jahre im Dorf Montagnola. In seinem ehemaligen Wohnhaus "Casa Camuzzi" ist heute ein Museum eingerichtet. Das Buch hat unsere Sicht auf die Kultur und Religion Indiens stark geprägt.

Exkurs: Ram-Hindu-Tempel in Ayodhya (Megatempel): Er wird von Modi am 22.01.24 eingeweht. Es hat 200 Mio. $ gekostet. Er nutzt es zum Auftakt seines Wahlkampfes. Es ist ein Hindu-Tempel in der Pilgerstadt Ayodhya im Norden Indiens (fast an der Grenze zu Nepal). Er ist auf Ruinen errichtet worden. Vorher war dort eine Moschee, die von fanatischen Hindus niedergebrannt worden war. Der Tempel ist zu Ehren des Hindu-Gottes Ram. Er steht als Symbol für ein "säkularisiertes Indien" (Modi), sprich hinduistisches Indien. Die Pilgerstätte soll Aushängeschild einer Modernisierungsagenda sein. Modi lobt natürlich seine Regierung. Moslems sind offiziell an den Rand gedrängt.

Muslime in Indien und den Nachfolgeländern: Weltweit leben 1,9 Mrd. Muslime auf der Welt. Wenn man Indien und seine Nachbarländer zusammen nimmt, haben sie den höchsten Anteil: Indien 176 Mio.; Pakistan 167 Mio.: Bangladesch 134 Mio. Damit übertreffen sie Indonesien mit 209 Mio. Danach liegen in der Rangfolge erst Nigeria (77); Ägypten (76); Iran (73), Türkei (71). In Saudi-Arabien leben nur 25 Mio. Muslime. In Deutschland sind es 5 Mio. Mit dem Hindu-Nationalismus unter Modi werden die Muslime in Indien diskriminiert bzw. marginalisiert.

Migration und Gesetz: Im Dezember 2019 sorgt ein neues Einbürgerungsgesetz für Unruhe. Es ist für muslimische Einwanderer aus den Nachbarländern. Diese fürchten aber, diskriminiert zu werden (Verstoß gegen säkulare Verfassung). Die Hindus haben Angst vor Überfremdung. Bei Protesten gegen das Einbürgerungsgesetz gibt es viele Tote. Im März 2024 wird das "Citizenship Amendment Act" (CAA), so heißt das Gesetz, umgesetzt. Die Einwanderung soll Hindus, Sikhs, Buddhisten, Parsen, Christen, Jain offen stehen, aber nicht Muslimen. Deshalb wird das Gesetz als diskriminierend empfunden. Die Umsetzung des Gesetzes kurz vor der Wahl ist wohl dazu gedacht, die Wählerschaft zu polarisieren. Die Einbürgerung für Nicht-Muslime wird erleichtert, so dass man das Gesetz als humanitäre Hilfe deklariert.

Verteilungskampf und Hindu-Fanatismus: Seit dem Wahlsieg der hindu-fanatischen Partei BJP spielt der Verteilungskampf unter den Menschen Indiens eine immer größere Rolle. Die Regierung hat die Mehrheit hinter sich, wenn sie große Gruppen des Landes von der Verteilung ausnimmt. Es beginnt der Umbau zu einem fundamentalistischen Hindu-Einheitsstaat. Die größte Demokratie der Welt zerstört sich so selbst und wird nie ihr großes Entwicklungspotential nutzen können. Mit der Besetzung Kaschmirs und der Streichung des Verfassungsartikels, der Kaschmir, dem größten muslimischen Staat in Indien, Sonderrechte und Autonomie sichert, ging alles los. Dann wurde das Staatsbürgerregister für Assam eingeführt, dass für 1,9 Millionen Muslime die Abschiebung nach Bangladesch vorsieht (sie waren seit 1971 Staatsbürger und beim Unabhängigkeitskrieg mit Pakistan als Verbündete Indiens geflohen). Die viermonatige Einspruchsfrist ist eine Farce, denn die Menschen sind bettelarm und können sich keine Reise zu fernen Gerichten leisten. So werden alle Nicht-Hindus, überwiegend Moslems, systematisch diskriminiert. Die Spannungen zwischen den rund 1 Milliarde Hindus und den etwa 200 Millionen indischen Muslimen gehen bis in die 40er Jahre des vorigen Jahrhunderts zurück. Damals schon zogen beide Gruppen nicht an einem Strang als es um die Unabhängigkeit von GB ging. Gandhi war gegen die Aufspaltung, die Muslime unter Führer Ali Jinnah dafür. Die Briten folgen Jinnah und so entstand Pakistan. 1948 wurde Gandhi wegen seiner Haltung von einem fanatischen Hindu ermordet.

Im August 2020 meldet Indien schon mehr als 2 Mio. Corona-Fälle (vorher schon Brasilien und USA). Die Steigerung geht in Indien am schnellsten. Der Glaube an die wachsende Wirtschaft zerfällt. Die Aufstiegsträume sind zerschmettert.  Die Wirtschaft bricht massiv ein. Die Regierung setzt auf Hindu-Chauvinismus als Ventil. Tempelprojekte dienen dem Stimmenfang.

Terrorismus: Der Dauerkonflikt mit den maoistischen Naxaliten hält an. 2020 gab es 239 Todesopfer. Die Anschläge waren in Odisha, Chhattigarth, Kerala und Arunachal Pradesh. Im Januar 2021 gab es eine Sicherheitsoffensive, was die Opferrate kurzfristig erhöhte (22 Soldaten). Manchmal erwischt man bei Militäreinsätzen auch die Falschen: Anfang Dezember tötet man versehentlich 15 Bergleute statt Rebellen. Der indischen Innenminister Amid Shah kündigt eine Untersuchung an. Im Februar 2022 werden 38 Todesurteile ausgesprochen. Dabei geht es um Bombenanschläge aus dem Jahre 2008. Dei Anschläge waren in Ahmedabad im Bundesstaat Gujarat. Die militant-islamische Gruppe Indian Muhahideen übernahm die Verantwortung.

Bhagavad Gita: Kern der indischen Psychologie, 200 v. Chr. entstanden. Es ist ein Epos. Drei Ganas bzw. Prinzipien wirken zusammen, alles im Universum zu erschaffen. Es sind Tamas (Trägheit, Dunkelheit, Chaos), Rajas (Ruhelosigkeit, Bewegung, Energie), Sattwa (Klarheit, Güte, Harmonie). Alle drei sind erforderlich. Ziel der Ausübung dieser Prinzipien (Yoga) ist die Beruhigung des Geistes, damit sich Erleuchtung einstellen kann und Bewusstsein bilden können. Es mehrere Yogaformen: Bewegung, Gesang, Hingabe, Erkenntnis. Psychisches Wachstum vollzieht sich in vier Lebensabschnitten: Schüler, Familienoberhaupt, Einsiedler, Asket. Vgl. Pickren, Wade E.: Das Psychologie Buch, 2018, S. 32. Yoga geht im Ursprung auf die Upanishaden zurück, die sich vom Opferkult des Brahmanismus gelöst haben und auf Yoga als meditativen Heilsweg umgestellt hatten. Mittlerweile gibt es viele Yoga-Richtungen. Als Klassiker gelten immer noch die 5 Tibeter. Es sind einfache Yoga-Übungen für mehr Vitalität und Energie. Yoga wird heute auch politisch zur Stärkung der nationalen Identität eingesetzt. Es gibt sogar Massenübungen auf Geheiß des indischen Premierministers Narendra Modi (z. B. in der Industriestadt Ranchi). So versucht das sanft autoritäre Regime liberale Institutionen zu schwächen und ihre Wähler strategisch zu verändern. Bhagavad Gita umfasst Meditation, Fasten, Energiekörperübungen und Erkundung veränderter Bewusstseinsstrukturen. Am bekanntesten ist das Yoga - Sutra von Patanjali (400 v. Chr.).

Exkurs. Yoga: Bereits vor 2500 Jahren wurde Yoga in alten Sanskrit-Schriften erwähnt. Es ist eine hauptsächlich körperliche Praxis : eine Reihe von Haltungen bzw. Asanas. Im Sanskrit bedeutet Yoga "Methode", "Kniff", Angemessenheit", "Sorgfalt". Heute betreiben ca. 300 Mio. Menschen weltweit Yoga. Die wichtigsten Strömungen sind  Ashtanga, Vinyasa, Hatha, Iyengar, Hot-Yoga. Als Trainer in einem Sportverein baue ich mittlerweile viele Yoga-Übungen in mein Programm ein (Wirbelsäulentraining, Gleichgewichtsübungen, Dehnübungen, Atemübungen). Yoga ist extrem nützlich für ältere Menschen. Eine fitte Lunge ist in Zeiten von Corona wichtiger denn je. Jeder sollte seine Atemmuskeln trainieren. Atemtherapie und Yoga hängen eng zusammen. Ziel aller Lungensportübungen ist die Atmung zu vertiefen, den Brustkorb zu mobilisieren und die Kondition zu verbessern. Om ist der zentrale Laut. Er soll das Göttliche darstellen. Das Wort "Amen" im jüdischen und christlichen Glauben soll daher kommen.  Vgl. auch: Lucas, Lucy: Das kleine Buch vom Yoga, München 2020.

Tri-Guna-Modell: Es entstammt der vedischen Philosophie. Es beschreibt menschliches Verhalten und will es ändern. Es ist ein Werkzeug, mit dem wir geistige Fähigkeiten regulieren und unsere Lebensqualität steigern können.  Das Ziel ist, Wohlbefinden und Gesundheit zu fördern. Meditation dient als Schutzprogramm für das Immunsystem. Das Stresshormon Cortisol soll reduziert werden. Es gibt drei psychologische Grundtypen: 1. Sattva: Prinzip der Reinheit. Sattva-Typen sind ausgeglichen, weise und glücklich. 2. Rajas:  Prinzip der Aktivität. Sie streben nach Bewegung, materiellem Erfolg und Sinnengenuss. Das Übermaß führt zu Stress, Nervosität und Sorgen. 3. Tamas: Prinzip der Passivität. Die Typen sind träge, pessimistisch und meist unzufrieden mit dem Leben. Sie neigen zu Depressionen. Man kann den Typ verändern durch Instrumente: Wechselatemübung Nadi Shodhana Pranayama, Yoga mit der Seele verbinden, der achtgliedrige Pfad, Meditation, Übung Shavasana (Toter Mann), Ernährung. Vgl. Peggy Freede: Das Tri-Guna-Modell, in: Natur & Heilen 12/2020, S. 36ff.  Besonders wirksam ist auch Tantra. Es ist ein Begriff aus dem indischen Sanskrit und bedeutet "Zusammenhang" oder auch "Gefüge". Bei dem Massageritual wird der gesamte Körper leicht gestreichelt, massiert und stimuliert. Kein Gefühl soll dabei unterdrückt werden. Es geht zunächst darum, Verbundenheit zu erleben; dies lässt sich leicht mit Erotik verbinden. Sexualität kann also hilfreich sein, steht aber nicht unbedingt im Zentrum. "Man muss meditieren, um sich den wahren Problemen zu öffnen", Yogi Sadhguru, gehört zu den einflussreichsten Persönlichkeiten in Indien, er füllt ganze Stadien, tourt oft mit dem Motorrad durch Indien. Seit übe r20 Jahren setzt er sich für den Schutz der Böden ein.

Moderne Psychologie: Girindrasekhar Bose (1887-1953) gilt als der Begründer der modernen Psychologie in Indien. Im frühen 20 Jhd. wurde die Psychologie akademische Disziplin. In der Psychoanalyse bestand ein enger Bezug zur indischen Kultur. Nach dem zweiten Weltkrieg prägte Durganand Sinha die Psychologie in Indien. Vgl. Sinha, D.: Psychology in a Third World Country. The Indian Experience, Delhi: Sage, 1986. "The healthiest response to life is joy", Deepak Chopra (1946), Indischer Musiker.

Exkurs: Fürsorglicher Führungsstil (The Nurtant Task Leader): Es wurde von Jai B. P. Sinha 1980 publiziert. Es basiert einmal auf der Tradition der amerikanischen Sozialpsychologie (Sinha hatte in Ohio studiert). Andererseits berücksichtigt es das Konzept von Sikolohiyang Pilipino auf den Philippinen. Die Sinnhaftigkeit des Lebens ist in Indien unlösbar mit dem Verhältnis zu den anderen verbunden. Das Ziel des Lebens ist es, in Harmonie mit der Natur und der Gesellschaft zu leben. Inder gedeihen vor allem bei fürsorglicher und klar strukturierter Führung. Die Führungskraft fördert so die Motivation des Arbeitnehmers und macht ihn selbständiger (die hohen Produktionserwartungen des Arbeitgebers werden mit fürsorglichem Verhältnis zum Arbeitnehmer verbunden). Vgl. Pickren, Wade E.: Das Psychologiebuch, Kerkdriel 2022, S. 466. Auch:  Budhwar P.S./ Varma, H.: Doing Business in India, New York 2010. Kim, U./ Berry, J. W.: Indigneous Psychologies, Newbury Park 1993. Die Menschen in Indien sehr flexibel. Das mag an der Vielfalt der Kultur und dem Chaos liegen.  Sie gelten deshalb von Natur aus als gute Führungskräfte.

Exkurs. Philosophie von Sri Chinmoy: Er ist ein einflussreicher indischer Guru. Bei ihm haben Carlos Santana und John McLaughlin gelernt. Chinmoys Lehre hatte große 'Wirkung in der Musikwelt. Sie war auch immer mit Drogen verbunden.

Exkurs. Buddhistische Psychologie: Sie lehrt Akzeptanz und Gelassenheit. Sie ist mittlerweile auch in vielen westlichen Therapien enthalten (MBSR, DBT). Sie kann helfen bei Schmerzen, Enttäuschungen und Ängsten. Sie geht von einer universellen Perspektive aus, die entlastet: Leid ist unvermeidbar, es stößt allen zu, ich bin nicht allein. Die  Psyche muss von Narzissmus befreit werden. Wie überhaupt Befreiung der Kern ist (das Ich überwinden). Man muss eine Distanz zur Angst entwickeln. Basis sind die Lehren des Buddha (edle Wahrheiten genannt): 1. Leben ist Leiden. 2. Die Ursachen des Leidens liegen nicht nur in unserem alternden Körper und in der Tatsache, dass wir sterben müssen und auch unsere Lieben irgendwann sterben, sondern insbesondere in unserem Geist. 3. Es ist möglich, das Leiden zu überwinden, indem wir seine Ursachen verstehen und auflösen. 4. Wir können das Leiden beenden durch die Praxis des so genannten achtfachen Pfades. Spiritualität ist ein Grundbedürfnis.  Vgl. Schönberger, Birgit: Hast du ein Problem und willst es loswerden, dann hast du schon zwei, in: Psychologie heute 09/ 2023, S. 12ff. Auch: Ulrike Anderssen, Michael von Brück: Buddhistische Basics für Psychotherapeuten. Mit einem Geleitwort des Dalai Lama, Schattauer 2022.

Gesundheitsreform und Gesundheitspolitik: Nach einem Gesundheitsbericht 2017 (28,2% der ländlichen und 28,95 der städtischen Bevölkerung haben eine Krankenversicherung) gibt es 2018 eine Gesundheitsreform. Für 100 Mio. arme Familien werden die Kosten der stationären Aufenthalte übernommen. Die ambulante Versorgung muss nach wie vor selbst bezahlt werden. Indien bleibt von der Corona-Krise nicht verschont. 1,3 Mrd. Menschen werden im März 2020 mit einer Ausgangssperre belegt. Das Taj Mahal wird gesperrt. Polizisten überwachen die Ausgangssperre mit viel Brutalität. Die viele Millionen Tagelöhner können wegen der Ausgangssperre aus den Städten nicht in ihre Heimat zurück. In den Städten können sie sich das Leben aber nicht ohne Arbeit leisten. So gibt es viel Elend und auch große Infektionsgefahr. In Indien gibt es nur 1 Krankenhaus pro 1000 Einwohner (D 8). Schon 2.800.000 Menschen haben Tuberkulose. 500 Mio. Menschen könnten sich mit Covid-19 infizieren. Diese Zahl wird Ende Juni 2020 schon überschritten. Indien ist nach den USA und Brasilien das am stärksten betroffene Land. Mitte Juli 2020 hat man schon über eine Million Corona-Fälle. Über 25.000 Menschen sind daran gestorben. Am 30. August 2020 erreicht das Land mit 78.761 Covid-19-Fällen innerhalb eines Tages einen traurigen Weltrekord (3,5 Mio. Infektionen, 64.000 Tote). Diese Zahl steigt im September noch auf 90.000. Die Corona-Krise bedroht den finanziellen Spielraum des Landes (hohe Ausgaben, geringere Einnahmen). 2021 schafft die WHO das Großprojekt "Covax". 2 Milliarden Impfdosen sollen in über 190 Staaten verteilt werden. Produktionsstandort ist überwiegend Indien, Logistikzentrum Kopenhagen. Allerdings steht die indische Firma Serum - Institute, eine der größten der Welt, unter dem Druck eines Export-Stopps. Vgl. Höflinger, Laura u. a.: Mission Weltrettung, in: Der Spiegel Nr. 14/ 3.4.2021, S. 84ff.  Das Center of Global Development in den USA legt 2021 eine neue Studie vor: Ergebnis ist, dass die offiziellen Corona-Toten-Zahlen in Indien zu verzehnfachen seien. Offiziell werden bis Mitte 2021 414.000 Tote durch Corona genannt. Das Institut kommt auf 3,4 bis 4,7 Mio. Tote.

Medizin und Gesundheit (vgl. Gesundheitsreform weiter oben): Berühmt und weltweit verbreitet ist Ayurveda (das Wissen vom Leben). Es ist das älteste bekannte Heilverfahren der Welt. Es gehört offiziell zum indischen Gesundheitssystem. Der Arzt untersucht Augen, Puls, Zunge, Urin und Stuhlgang. Drei Dosha (Prinzipien des Lebens) sollen sich im Gleichgewicht befinden: Vata (Bewegung), Pitta (Feuer) und Kapha (Struktur). Grundlage jeder Therapie ist individuelle Diät, Schwitzen, Öle, Abführen und Erbrechen (Entgiftung, Panchalkarma). Das Nachtschattengewächs Ashwagandha (Withana somnifera, indischer Ginseng) ist z. B. für gute Nerven und erholsamen Schlaf. Indien wird oft als Apotheke der Welt bezeichnet, weil zahlreiche Pharmaprodukte und auch Vorprodukte in Indien hergestellt werden. Allerdings geht das Meiste in den Export. Viele Rohstoffen zur Impfproduktion fehlen auch im Land.

Indien wird hart vom Corona-Virus 2020 getroffen. Man erlässt am 21.3.20 eine Ausgangssperre für 1 Mrd. Menschen. Auf eine solche Krise ist das Gesundheitssystem überhaupt nicht vorbereitet. Im August 2020 meldet Indien schon mehr als 2 Mio. Corona-Fälle (vorher schon Brasilien und USA). Die Steigerung geht in Indien am schnellsten. Der Glaube an die wachsende Wirtschaft zerfällt. Die Aufstiegsträume sind zerschmettert.  Im Land gehen die Corona-Zahlen im November 2020 etwas zurück. Aber die Hauptstadt Delhi wird von einer dritten Welle heimgesucht. Verstärkend wirkt der Smog und Feinstaub in der Hauptstadt (fatale Kombination, viele Tote). Während in anderen Regionen die Infektionsfälle zurückgehen, steigen sie in Delhi noch an. Im Januar 2021 startet die "größte Impfaktion aller Zeiten" (Modi). Es ist eine lokale Version des Impfstoffs von Astrazeneca (1,1 Mio. Dosen). Man möchte Sputnik V aus Russland und die chinesischen Impfstoffe meiden. Es gibt allerdings nur 300 Impfzentren. Man wartet noch auf heimische Hersteller. Im Januar 2021 liegt die Anzahl der Corona-Toten bei 151.727 (Indien hat eine junge Bevölkerung). An einem Impfkonzept wird im Februar 2021 immer noch gearbeitet. Der Staat bleibt hinter den Zielen zurück. Vier große Pharmahersteller wollen in das Impfgeschäft einsteigen. Hetero will in vorhandenen Anlagen Sputnik V produzieren. Auobindo plant mit einem eigenen Impfstoff (von Profektus Bio Sciences aus USA übernommen). Wockhart/ Mumbai verhandelt mit einigen ausländischen Herstellern, um die Produktion zu bekommen. Im Februar 2021 sind die Infektionszahlen in den letzten fünf Monaten gesunken. Wissenschaftler rätseln über die Gründe. Ist das schon Herdenimmunität (mit der jungen Durchschnittsbevölkerung)? Das Leben ist weitgehend zur Normalität zurückgekehrt. Im April 21 kommt die Pandemie wieder massiv zurück. Die Infektionszahlen steigen stark exponentiell an. Es ist eine neue Variante entstanden. Indien erlangt bei den Neuinfektionen weltweit die Spitze (400.000 an einem Tag im Frühling 21, 4000 Tote an einem Tag, 250.00 Tote insgesamt mit Dunkelziffer/ 50%, weil nur in Krankenhäusern gezählt wird, 20 Mio. Infektionen). Die Mutante heißt B.1.617, eine Mischung aller bisher bekannten Mutanten. Das marode Gesundheitssystem ist am Rande des Zusammenbruchs (auch die Krematorien sind überlastet). Wanderarbeiter und Taglöhner verstärken das Problem. Sie tragen die Pandemie in die Dörfer. Die USA und Deutschland (auch die EU) schicken Hilfe nach Indien. 23 mobile Anlagen zur Produktion von Sauerstoff werden von der Bundeswehr nach Indien transportiert. Auch der Industriekonzern Linde ist im Einsatz. Es werden auch Beatmungsgeräte geliefert. Die 2. Welle ist außer Kontrolle geraten. Einreisen aus Indien sind in fast alle Länder der Welt verboten. In Delhi ist das renommierteste Krankenhaus "Sir-Ganga-Ram". Davor stehen Schlangen von Krankenwagen, die ihre Patienten nicht los werden. Überall brennen Toten-Feuer. Die Regierung leugnet die Dramatik der Situation.

Im Süden Indien bricht im Dezember 2020 eine mysteriöse Krankheit aus. Schwerpunkt ist die Stadt Eluru. Es treten epileptische Anfälle auf, auch Gedächtnisverlust, Kopf- und Rückenschmerzen. Folge ist eine "Massenhysterie". Im Süden, im Bundesstaat Karnataka, mit dem Outsourcing - Zentrum Bangalore muss wegen Corona ab April 21 ein Lockdown verhängt werden. Im Frühjahr 2021 gibt es große Angst vor einer tödlichen Pilzkrankheit. Diese tritt unter Corona-Patienten auf. Es geht um bestimmte Schimmelpilzsporen. In mehreren Bundesstaaten gibt es schon über 5000 Fälle. Im September 2023 bricht der tödliche Nipahvirus in Indien aus. Es gibt zwei Tote im Bundesstaat Kerala in der Region Kozhikode.

Industriepolitik, insbesondere für die Pharmaindustrie: Der Umsatz der Pharmaindustrie beläuft sich auf 40 Mrd. $. Damit ist Indien der drittgrößte Player der Welt (nach China und USA). Indien macht seinen Umsatz vor allem mit Generika. Deshalb hat Indien 2021 ein ungeheures Interesse daran, mRNA-Impfstoffe zu produzieren. Dazu müsste der Patentschutz aufgehoben werden. Die indische Industriepolitik setzt alle Hebel in Bewegung. Das könnte auch Pfizer nutzen, das eine hohe Lizenzgebühr an BionTech zahlen muss. Insofern hat Indien auch die Unterstützung der USA, zumindest von Biden. Vgl. Wettach, Silke: Bollywood first, in: WiWo 20/ 14.5.21, S. 32 f.

Umwelt (Energie/ Landwirtschaft u. a.): Ein großes Problem Indien ist die Hygiene. Es gibt viel zu wenig Toiletten und Kanalisationen. Die Flüsse sind erheblich verschmutzt. Schwere gesundheitliche Schäden sind die Folge. Die Pro-Kopf-Emissionen in Indien sind viel geringer als bei den anderen Hauptemittenten (1,7 t CO2 pro Kopf). Insgesamt liegt Indien aber mit 2070 Mio. Tonnen Kohlendioxidausstoß 2013 schon an dritter Stelle in der Welt. 2018 erzeugt Indien noch sieben Prozent der weltweiten Treibhausgase. Indien neigt in der Vergangenheit dazu, der chinesischen Position zu folgen. Die neue Zielsetzung für Paris ist wenig transparent. Indien scheint mit seinem Pro-Kopf-Ausstoß zu argumentieren und will sich kaum auf Ziele einlassen. Doch die Regierung stimmt schließlich dem Pariser Abkommen zu. Indien hat 6% des weltweiten Treibhausgas-Ausstoßes. Indien hängt noch stark an der Kohle. Das schmutzige Geschäft wird im Nachbarland Bangladesch betrieben. Wie kaum in einem anderen Land der Erde ist Indien vom Klimawandel und der Umweltverschmutzung betroffen. Alle 30 Minuten bringt sich ein Landwirt um, weil er in Existenznot ist. Die Kleinbauern bekommen keine Hilfe von der Regierung. In New Delhi ist ein Leben kaum noch möglich. Jährlich sollen vorzeitig 1,8 Mio. Inder an Luftverschmutzung sterben (Quelle: Fachzeitschrift "The Lancet" 2018). 640.000 Menschen kommen durch verunreinigtes Wasser zu Tode. Die Flüsse sind zu Kloaken mutiert, auch der heilige Fluss "Ganges" sowie seine Nebenflüsse. Inder sind sicher nicht schmutzigere Leute als anderswo. Im Lande werden Gesetze nicht durchgesetzt. Ausländische Konzerne stemmen sich auch gegen einen umweltfreundlichere Politik (z. B. deutsche Autohersteller). Sunita Narain ist Indiens bekannteste und einflussreichste Aktivistin in Umweltfragen. Im Jahre 2019 erfasst eine Hitzewelle Indien. Dem Land droht das Wasser auszugehen. Indien versinkt regelmäßig unter Fluten und doch leidet das Land unter Wasserknappheit. Dafür ist der Klimawandel aber nur zum Teil verantwortlich, einen größeren Beitrag leistet die verfehlte Politik. Die Landwirtschaft verbraucht 80% des Grundwassers, das mit hoch subventioniertem Strom abgepumpt wird. Die Zuckerrohrpflanze und der Reis verschlingen eine Unmenge Wasser. Im Mai 2020 zerstört der Super-Zyklon "Amphan" die Lebensgrundlage von Millionen Menschen.  Bangalore. Die indische Metropole ist die Universitäts- und IT -Hochburg. Die Stadt ist Sitz des Digitalriesen Infosys. Google betreibt dort sein größtes Forschungszentrum außerhalb der USA. Es ist eine der innovativsten Städte der Welt. New Delhi, die indische Hauptstadt, ist besonders stark von Umweltverschmutzung betroffen. Das Risiko für Fehl- und Frühgeburten ist dadurch erhöht. Jährlich sterben auch mehr als 100.000 Kinder unter fünf Jahren aufgrund der schlechten Luft (Kinder atmen Schadstoffe doppelt so schnell ein). Delhi ist auch in Zukunft besonders durch den Klimawandel bedroht. Es steht auf der Risikoliste ganz oben (von Verisk Maplecraft, London). .

Energie: Indien entscheidet maßgeblich mit, ob die globale Klimakatastrophe verhindert werden kann. Indien will zum grünen Pionier werden. Indien baut derzeit einige der größten Solarparks der Welt, der Bau vieler Kohlekraftwerke wurde abgesagt. Allerdings steigt noch die Kapazität der Kohlekraftwerke (+ 155960 Megawatt). Indien ist drittgrößter Kohleproduzent der Welt und zweitgrößter Verbraucher 2021. Bis zum Jahre 2030 könnte nicht fossiler Strom mehr als 40% ausmachen (Climate Action Tracker). In Indien wird noch sehr viel gebaut (Straßen, Schienen, Fabriken, ganze Stadtteile). Dies wird den Energiebedarf stark erhöhen. 2016 wurden noch 65,2% der CO2-Emissionen durch Kohleverbrennung erzeugt (Deutschland 39,5%). Bis 2030 dürften die Emissionen noch weiter ansteigen. Vgl. Höflinger, Laura: Energiewende XXL, in: Der Spiegel Nr. 28, 6.7.2019, S. 78ff.. Indien gibt auf der Weltklimakonferenz in Glasgow bekannt, dass es erst 2060 die Klimaneutralität erreichen kann. Der Verteilungskampf um LPG-Gas, der nach dem drohenden Erdgas-Embargo gegen Russland ausbricht, geht wegen volatiler Verträge zum Schaden Indiens aus (Deutschland bietet höhere Preise). Insofern ist es verständlich, dass sich Indien mit Russland halten will, um notfalls von da Gas zu beziehen, was auch noch günstiger ist. Nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieg hat Indien seine Ölimporte aus Russland um +340% hochgefahren. Indien hat einen Verbrauch von 4,7 Mio. Barrel pro Tag. Die steigende Nachfrage aus Indien und China unterläuft das Embargo der EU und USA. Mittlerweile raffiniert Indien auch Öl aus Russland und verkauft es mit hohem Gewinn auf dem Weltmarkt (auch an Deutschland, ausgleichende Gerechtigkeit für entgangenes LNG). Über den Umweg Indien gelangen immer größere Mengen Öl aus Russland nach Deutschland.  "Wenn Öl verbilligt verfügbar ist, weshalb sollten wir es nicht kaufen?" Nirmala Sitharaman, indische Finanzministerin, im Mai 2022.

Landwirtschaft: 2012 wird Indien größter Reis-Exporteur der Welt (überholt Thailand und Vietnam). Im Mai 2022 erlässt Indien einen Export-Stopp für Weizen. Das trägt weiter zu Preissteigerungen auf dem Weltmarkt und auch Hungersnöten bei. Teilweise wird später der Stopp aufgehoben: Man liefert an Länder mit extremer Nahrungsmittelknappheit (Ägypten). Später folgt ein Exportstopp für bestimmte Reissorten. Das führt zu einem Anstieg des Reis-Preises auf dem Weltmarkt. Im August 23 schränkt Indien den Reisexport weiter ein (Ausdehnung auf alle Sorten, vorher nur Basma- und Basmati-Reis).

Öko-Versuch in Andhra Pradesch:  In Indien läuft ein riesiger Feldversuch für eine alternative Landwirtschaft. Eine Million Bauern sind daran beteiligt. Der Versuch läuft in Südindien in der Provinz Andhra Pradesh in Guntur. Pflanzen werden nebeneinander angebaut (Reis, Erdnüsse, Zuckerrohr, Bananen, Linsen, Mango, Palmen). Es gilt ein strenges Pflanzenschema. Das Projekt heißt ZBNF (Zero Budget Natural Farming). Kleinbauern bündeln ihre Erfahrungen. Sie setzen auf Brahma, Krishna und Gurus. Beraten werden die Bauern auch von einem FAO-Team. Es herrscht Mischfruchtanbau wie schon gesagt. Es wachsen hier z. B. auch gleichzeitig Büschelbohnen, Auberginen, Tomaten und Mais. Zentrum ist Anantapur. Es wird auch mit einem speziellen Dünger gearbeitet. Er heißt Ghanajeevamrutham. Trocken hält er monatelang. Ziel ist eine chemiefreie Landwirtschaft. von den rund 50 Mio. Einwohnern leben 60% hauptsächlich vom Ackerbau. Imme rmehr Bauern machen mit. Die hoch verschuldeten Bauern brauchen keine Agrarchemikalien mehr. Vgl. Grefe, Christiane: Hier wächst was!  in: Die Zeit 4/ 18.01.24, S. 32.

Exkurs. Punjab: Das ist Indiens Kornkammer. Eigentlich wollte man im Jahre 2022 12 Mio. Tonnen Weizen exportieren. Doch extreme Hitze reduzierte die Ernte deutlich. Man rechnet mit 25 bis 50% Ernteausfall. Der Klimawandel schadet seit Jahren. Der Staat mischt mit, um sein Volk zu ernähren: Die Bauern dürfen nicht direkt an private Händler verkaufen, sondern müssen ihre Produkte auf dem Großhandelsmarkt zur Auktion bringen. Wird ein staatlicher Mindestpreis nicht erreicht, geht die Ware an einen öffentlichen Getreidespeicher. Die Bauern verkaufen unter der Hand an Händler, die die Preise der Regierung deutlich überbieten. Diese horten das Korn zu Spekulationszwecken. Den Kleinbauern hilft das Alles wenig. Sie können von der Preisexplosion nicht profitieren. Viele pflanzen jetzt Reis, der aber sehr viel mehr Wasser braucht. Auch hier gibt der Staat nur garantierte Preise.

Exkurs. Elefanten: Sie werden in Indien traditionell als Nutztiere eingesetzt. sie haben große Bedeutung in der Landwirtschaft. Der Lebensraum der Elefanten wird gefährlich kleiner. vor allem der Wald, ihr Lebensraum, wird reduziert. Dadurch geraten sie in Stress, weil sie die Ruhe im Wald brauchen. Es gibt in Indien viele Forschungsprojekte über Elefanten. Ihr Kot wird untersucht, es werden Videos über ihr Verhalten gedreht. Elefanten können glücklich und traurig sein. 

Exkurs. Tauben: In Indien werden seltsamerweise immer wieder Tauben "verhaftet". In Mumbai wird eine Taube mit chinesischen Schriftzeichen acht Monate isoliert. Vorher fand man eine Taube, die eine Drohnachricht für Modi trug. Das war an der Grenze zu Pakistan. An dieser Grenze fängt man öfter Tauben ein, die am Fuß pakistanische Telefonnummern und Adressen tragen.

Exkurs. Riesenschildkröten: Im Februar 2024 findet man eine Cantors Riesen- Weichschildkröte (Pelochelys cantorii) , die als ausgestorben galt. Es ist eine Süßwasser-Schildkröte. Fundort ist der Chandragiri-Fluss in der Region Kerala. Die Schildkrötenart ist von Aussterben bedroht. Man kann sie zur Brutstätte begleiten.

Agrarreform 2020: Sie soll mehr Marktliberalisierung bringen. Indien will sich zur Industriegesellschaft entwickeln. Es könnte aber zu einer Flucht aus den Dörfern kommen. Die Bauern kämpfen ohnehin mit Umweltproblemen: Die Böden sind ausgelaugt. Das Grundwasservorkommen ist erschöpft. Die Reform könnte starke Auswirkungen auf die Preise der Produkte haben. Großkonzerne wie Walmart könnten die Preise drücken. Bisher werden die Produkte über staatlich kontrollierte Märkte verkauft (so genannte Mandis). Es gibt staatliche Mindestpreise für Weizen und Reis. Von diesem System profitieren sehr stark Mittelsmänner (sie kümmern sich um Verkauf und Lagerung, verleihen Saatgut und Maschinen). Die Kleinbauern sind oft hoch verschuldet. Deshalb erlaubt die Regierung noch Sonderregeln (direkter Verkauf an Supermärkte, landesweiter Verkauf u. a.). Die Bauern protestieren gegen die Reform, weil sie eine Verschlechterung ihrer Lage befürchten. Sie glauben nicht die Versprechen von Effizienz und Produktivität. Vor allem die Kleinbauern fürchten um ihre Existenz.  Vgl. Fähnders, Till: Bauern auf den Barrikaden, in: FAZ Nr. 292, 15.12.20, S. 5. Die Proteste weiten sich aus zu Massenprotesten. Man spricht von einem Marsch der Bauern ("Karneval des Trotzes"). Das verursacht Unmut bei der Regierung (ist peinlich für sie). Sie stellt in den kritischen Regionen für Stunden das Internet ein. Vgl. Fähnders, Till: Der Marsch der indischen Bauern, in: FAZ Nr. 22, Mittwoch 27.01.21, S. 5.

Wasser:  Am meisten Wasser wird verbraucht in der Landwirtschaft. Hier führt Indien (relativ und absolut). Dann folgt die Industrie, wo auch Indien führt (relativ). Auch bei den Haushalten liegt Indien an der Spitze. Indien überfordert die Wasserreserven.

Wasserkriege?: Was passiert, wenn China die großen Flüssen Asiens, die in Tibet entspringen, abgräbt? Dann gibt es wahrscheinlich Krieg. Indien ringt auch mit Pakistan am Indus um die Wasserrechte. Indien droht mit der Umleitung von Zuflüssen.

Größtes Flussdelta der Welt: Es entsteht durch den Zusammenfluss von Ganges, Bramaputra und Meghna (140.000 Quadratkilometer, nicht dauerhaft). Es ist eine Ansammlung von Flüssen, Seen, Kanälen, Sümpfen und Schwemmlandinseln. Es ist auch die Reisschüssel Indiens. Durch Überschwemmungen gibt es eine fruchtbare Schlammschicht, ein besonders nährstoffreicher Boden. Man kann dreimal im Jahr ernten. Außerdem gibt es die größten Mangrovenwälder der Erde in der Nähe des Indischen Ozeans. Hier wird der begehrte Honig der Riesenbienen geerntet. Dort liegt auch der Kasiranga-Nationalpark (mit noch vielen Tigern).

Naturkatastrophen und große Verkehrsunfälle: Immer wieder wird Indien von Naturkatastrophen heimgesucht. Es sind Erdbeben an der Grenze zu China. Oder auch Sandstürme. Am 07.02.21 löst ein Gletscher eine Sturmflut im Norden aus. Es ist am Nanda-Dewi, dem zweithöchsten Berg Indiens, in der Provinz Uttarakhand. 170 Vermisste und 30 Tote sind die Folge. Daneben gibt es auch immer wieder schwere Verkehrsunfälle. So stürzt am 16.2.21 ein Bus in den Kanal im zentralindischen Bundesstaat Madhya Pradesh. Es kommen 45 Menschen ums Leben. Im Mai 2021 sucht ein heftiger Zyklon ("Tauktae") den Westen Indiens heim. Über 30 Menschen verlieren ihr Leben. Im August 2022 gibt es große Überschwemmungen im Land. Über 40 Menschen kommen ums Leben. Am 2.6.23 gibt es ein großes Zugunglück auf der Strecke zwischen Kalkutta und Chenai. Fast 300 Menschen kommen ums Leben, viele werden verletzt. Anfang Oktober 2023 kommt es zu einer Sturzflut. Betroffen ist der Bundesstaat Sikkim an der Grenze zu China, Nepal, Bhutan. Auf Grund starken Regens stieg der Fluß Tista stark an. Nahezu 100 Tote werden gezählt. Im November 2023 wird der Smog in Indien immer schlimmer. In der Hauptstadt Neu Delhi werden die Winterferien für Grundschüler vorgezogen. Ebenfalls im November 2023 sind Dutzende Arbeiter in einem Tunnel eingeschlossen. Es ist ein Autobahntunnel nahe der Kleinstadt Uttarkashi im Himalaya - Bundesstaat Uttarakhand, der von einem Erdrutsch getroffen wurde. Alle 41 verschütteten Arbeiter können schließlich gerettet werden. Sie waren durch ein 15 Zentimeter dickes Rohr versorgt worden. Ende Februar 2024 ist ein Güterzug ohne Lokführer auf Irrfahrt (70 km). Er fährt vom Bundesstaat Jammu nach Punjab. Der Geisterzug wurde mit Holzklötzen auf den Gleisen gestoppt.

Disha Ravi: Sie ist eine junge Klimaschützerin und gilt als Indiens Greta. Sie wird 2021 verhaftete. Die Regierung Modi will Kritik unterdrücken und einschüchtern.

Klimawandel und -politik: Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow 2021 gibt Indien bekannt, dass es erst bis 2070 klimaneutral sein will. Indien drängt auf eine weiche Lösung beim Kohleausstieg (zusammen mit China). Trotzdem schließt Indien wegen Smogs immer mal wieder eine zeitlang Kohlekraftwerke (in der Nähe von New Delhi). Ohne Indien kann es keine globale Klimawende geben. Im Gegensatz zu China kann Indien das ohne Hilfe nicht schaffen. Deutschland will bei der Umstellung auf erneuerbare Energien eng mit Indien kooperieren. Vgl. Gerd Müller: Ohne Indien gibt es keine globale Klimawende, in: HB Nr. 235, 3./4./5. Dezember 2021, S. 64. Vor mehr als 100 Jahren hat sich in der Erde unter dem indischen Dorf Liloripathra die Kohle entzündet. Die Feuer strahlen große Hitze aus, vergiften durch Spalten im Boden die Luft, verschlingen Häuser. Das Leben wird zur Hölle. Gleichzeitig ist es für die dort lebenden Menschen die einzige Lebensgrundlage. "Lebe in völliger Harmonie mit der Natur", hinduistisches Yajurveda, vor rund 3000 Jahren

Stellenwert Indiens im Klimawandel: Kaum ein Land leidet mehr unter dem Klimawandel. Und auf kaum ein Land kommt es jetzt so sehr an. Indien steht als Verschmutzer ganz oben, zusammen mit den USA und China. In Indien leben 1,4 Mrd. Menschen (2023 bevölkerungsreichstes Land). 90% des Landes sind gefährlichen Temperaturen ausgesetzt. Bis 20250 könnten Hitzewellen ein Niveau erréichen, die die Schwelle der Überlebensfähigkeit eines Menschen überschreiten (Hitzschläge, Nahrungsknappheit, Krankheiten, Wassermangel, Strommangel). 2021 betrug der CO2-ausstoß pro Jahr 2,71 Mrd. Tonnen (hinter China und USA). Pro einwohne rliegt der Ausstoß bei 1,93 Tonenn (weit hinter USA, China, Deutschland). Bis 2021 ist Indiens anteil am weltweiten CO2-ausstioß auf 3,29% gestiegen (hinter China, USA und D). Die krassesten Schauplätze sind Delhi, Kalkutta, Mumbai. Vgl. Aisslinger, Moritz: Wie hält Indien da saus? in: Die Zeit 49/ 23.11.23, S. 15ff.

Energiepartnerschaften (G7 und Drittstaaten zum Klimaschutz): Sie werden auf dem G7-Gipfeltreffen im Juni 2022 in Elmau/ Bayern vereinbart. Vorbild ist Südafrika, das von Deutschland und anderen Ländern Geld erhält, um den Einsatz neuer sauberer Technologien zu fördern. Zum Gipfel eingeladen waren neben Südafrika, Senegal, Argentinien, Indien, Indonesien. Besonders relevant ist Indien.

Korrupte Bausünden: Im August 2022 werden illegal errichtete Hochhäuser in New Delhi gesprengt. Dei Türme waren 100 m hoch. Die 1000 Wohnungen wurden aufgrund jahrelanger Rechtsstreitigkeiten nicht bewohnt. 2012 entschied das Oberste Gericht, die Gebäude würden gegen Sicherheitsvorkehrungen verstoßen und die Bauträger hätten mit korrupten Behörden zusammengearbeitet. Ende Oktober 2022 stürzt im Westen Indiens eine Hängebrücke aus der britischen Kolonialzeit ein, die kurz vorher renoviert worden war. Über 100 Menschen kommen ums Leben.

Unternehmen: Mittlerweile hat Indien mit Mittal den größten Stahlproduzenten, mit Arcelor einigt man sich auf Fusion (Weltmarktanteil 12,5%).    Das weltweit größte Stahlunternehmen Mittal baut für 5 Mrd. Euro eine neue Stahlfabrik in Südost-Indien. SAP will in Indien bis 2011 1 Mrd. $ investieren. Pläne zur Begrenzung von Auslandsinvestitionen lösen im Oktober 2007 Panikverkäufe an der Börse aus (Mumbai). Indian Oil und Bharat Petroleum sind die größten Unternehmen in Staatshand. Die Privatisierung der indischen Unternehmen kommt 2009 ins Stocken.  Ca. 470 Unternehmen sind noch in staatlicher Hand (40% der Wirtschaftsleistung). Sie sollen schrittweise privatisiert werden. Eine Reihe von Milliardären scheinen die Wirtschaft zu dominieren. Dies führt immer wieder zu Korruptionsskandalen. Man spricht auch von "Crony Capitalism" (Kumpanei zwischen Privatwirtschaft und Staat). 85% der Arbeitskräfte arbeiten in einer Art informellem Sektor, ohne Tarif- und Arbeitsverträge. Bürokratie und Stromausfälle erschweren auch 2015 weiterhin die Geschäfte. Die Regierung wirbt um Direktinvestitionen (höhere Ausgaben für Infrastruktur, niedrigere Unternehmenssteuern). Vgl. Links/ Sonstige Unternehmen in Ostasien. Indien besitzt die drittgrößte Lederindustrie der Welt (nach China und Italien). Die Abwässer der riesigen Beiz-Fabriken fließen in der Regel ungefiltert in den Ganges. 2017 platzten die Bündnispläne zwischen VW und Tata (Kooperation bei Billigautos; Skoda; Absichtserklärung für strategische Allianz). 2017 übernimmt der russische Erdölgigant Rosneft die zweitgrößte indische Ölfirma Essar Oil (zusammen mit Partnern). 2017 wirbt indien massiv um deutsche Mittelständler. Das Motto der Initiative lautet: "Make in India Mittelstand". Allerdings sind die bürokratischen Hürden hoch. Unilever kauft Ende 2018 die asiatische Malzgetränkesparte von Glaxo-Smithkline für 3,3 Mrd. Euro. Es geht insbesondere um die Getränkemarken Horlicks77 und Boost in Indien. Das ist wichtig im Wettbewerb gegen Nestle.  Im südindischen Chemieunternehmen LG Chem kommt es im Mai 2020 zu einem Gasunglück (Styrol). Es sterben 11 Menschen (das größte Unglück bisher war in Bhopal 1984 mit 20.000 Toten  durch Pestizide). 2019 steckt Indiens Autobranche in der Krise. Hersteller und Zulieferer reagieren mit temporären  Produktionsstopps. Im Juli 2019 wurden 31 % weniger Autos verkauft. Die Branche steckt mit dem Absatzrückgang in der schwersten Krise seit 19 Jahren. Quelle: Automobilverband Siam.  "Auch Pannen haben ihren Wert, aber nicht jeder, der nach Indien fährt, entdeckt Amerika", C. Reisbach, Brauereivorstandsvorsitzender.  2015. Im März 2017 schließt der größte Bundesstaat Uttar Pradesh über die Hälfte seiner Schlachthöfe wegen Regelverstößen. In Wirklichkeit dürfte es sich eine Maßnahme von Hindu-Nationalisten gegen Moslems und Christen handeln. Nachbarschaftsläden versorgen in Indien Hunderte Millionen Menschen. 12 Mio. solcher Tante-Emma-Läden gibt es 2018 noch in Indien. Sie versorgen Hunderte Millionen Menschen mit Gütern des täglichen Bedarfs. Metro will helfen, die Shops ins digitale Zeitalter zu überführen. 2021 reagieren indische Pharmafirmen empört auf Äußerungen von Merkel: Sie hatte davor gewarnt, dass die Firmen Vorleistungen nicht an die EU liefern wegen der Pandemie.  Vgl. zu wichtigen Unternehmen "Unternehmen, Indien".

Start-ups in Indien: 2021 ist das beste Jahr der Geschichte. Investoren wetten Milliardensummen auf ihr Wachstum. Auch deutsche Geldgeber sind mit dabei. Besonders die folgenden Start-ups tun sich hervor: 1. Nykaa (Kosmetik, mit Nivea und L`Orial). 2. Eruditus (Weiterbildung mit Geld von Bertelsmann). 3. Paytm (digitale Bezahlung, mit Warren Buffet und Jack Ma). 4. Meesho (Facebooks E-Commerce-Partner). 5. Zomato (Liefermarktführer bei Essen, Delivery Hero aus D. ist mit an Bord). 6. Zeta (Software für deutsche Banken).

Exkurs: Adani Group, Public Limited Company, Ahmedabad (Mischkonzern, Energie- und Rohstoffkonglamerat, Infrastruktur, Stromerzeugung, Agrarprodukte, Hafenbetreiber, Flughafenbetreiber; 1988 aus einem Rohstoffunternehmen entstanden, heute auch Logistik, Agrobusiness, Energie; über 10.000 B.; gerät 2020 wegen eines geplanten, größten Kohlebergwerk der Welt in die Kritik; in Australien gibt es riesige Buschfeuer, die mit dem Klimawandel zusammenhängen. Gautam Adami ist Asiens reichster Mann, drittreichster Mann der Welt: 112 Mrd. $; Freund von Modi). Die Staatsnähe hilft ihm, Projekte zu verwirklichen.  2023 steht er unter Betrugsverdacht. Er muss sich gegen den Vorwurf von Kursmanipulation und Scheingeschäften wehren. Der Shortseller Hindenburg Research wirft Adani Kursmanipulation und Bilanzfälschung vor. Adani wurde 1962 im nordwestindischen Bundesstaat Gujarat geboren. Er brach sein Wirtschaftsstudium ab und begann als Diamantenhändler. 1988 gründete er eine Exportfirma. Er investierte in Textilfabriken, Agrargüter und Metalle. Später baut er einen Hafen in Mundra. Die Region wird Sonderwirtschaftszone. 2008 ist er Milliardär. Er lässt im australischen Great Barrier Reef baggern, um Kohle zu exportieren. Immer wieder wird die hohe Verschuldung seines Konzerns bemängelt. Seit September 2022 bis Februar 2023 ist der Aktienkurs um -58% gefallen. Adani betreibt auch ein Solar-Kraftwerk im indischen Kamuthi. Die Adani-Gruppe wollte bis 2030 100 Milliarden Dollar in Indien investieren, 70 Mrd. in erneuerbare Energien. Adani Green Energy wollte der größte Wasserstoffproduzent der Welt werden. Wenn Adani strauchelt, würde das wahrscheinlich Indien mitreißen (man spricht von einem Kartenhaus). Vgl. auch. Bartz/ Höflinger: Fall eines Superstars, in: Der Spiegel 7/ 11.2.23, S. 84f. Die Adani-Aktien bekommen 2023 ein geringeres Gewicht im MSCI durch Neugewichtung. Das führt zu Kapitalabflüssen. Vgl. HB 13.2.23, S. 35. Es gibt Angriffe von amerikanischen Leerverkäufern. Insgesamt halbiert das den Börsenwert. Adani fällt auf Platz 21 der reichsten Personen. Der Fall "Gautam Adani" wird in Finanzkreisen berühmt. Er war der reichste Mann der Welt. Ein Spekulant von der Wallstreet - Anderson - macht ihn um viele Milliarden ärmer. Funktionsweise von Shortselling: 1. Ein Leerverkäufer leiht sich gegen eine geringe Gebühr Aktien von einem anderen Aktienhändler aus. 2. Er verkauft diese zum aktuellen Kurs an der Börse. 3. Der Akteinkurs fällt durch die Bekanntgabe der Informationen über die Firma durch den Leerverkäufer. 4. Sobald der Kurs gefallen ist, kauft der Leerverkäufer die Aktien wieder. 5. Er gibt sie dem Händler zurück. Die Differenz behält er als Gewinn. Vgl. Die Zeit 10/2023, S. 20. Der Inder verlor 60 Mrd. $. Dank seiner Nähe zur Macht ist er 2024 wieder obenauf. Schließlich ist Wahljahr.

Weitere Giganten in Indien sind Mukesh Ambani vom Reliance - Konglomerat und die Tata-Gruppe.

Deutsche Unternehmen in Indien: 2000 deutsche Firmen sind in Indien aktiv. 2007 eröffnet auch BMW ein neues Werk. Daimler kooperiert bei Nutzfahrzeugen mit Hero (Joint-Venture). VW baut ein Werk in Indien (110.00 Autos, 2009). Bosch hat ein großes Werk in Bagalore. 1600 deutsche Firmen haben 2015 Direktinvestitionen in Indien (9,7 Mrd. €). Tata baut das billigste Auto der Welt (ca. 1700 €) und kauft Jaguar und Landrover von Ford. Daimler hält 7% an Tata und will bei Jaguar kooperieren. Daimler investiert 700 Mio. € in ein Gemeinschaftsunternehmen (60%) mit dem Partner Hero, der allerdings 2009 aussteigt. Es wurden Nutzfahrzeuge produziert. VW baut ab 2008 eine neue Fabrik bei Mumbai. Die Deutsche Bank will bis 2007 tausende von Stellen nach Indien auslagern. Vodafone hat die Mehrheit an dem indischen Mobilfunkbetreiber Hutchison Essar übernommen. Die Allianz will in Indiens Bankensektor einsteigen. Heidelberger Cement erweitert seine Produktion in Indien. SAP will wichtige Entwicklungsentscheidungen zukünftig im indischen Bangalore treffen und stärkt damit den Standort Indien. Die indische Softwarefirma Yasu soll übernommen werden. Die BASF baut eine neue Kunststoff-Produktionsanlage in ihrem Standort Thane bei Mumbai (Bombay). In Mumbai ist ebenfalls ab 2015 ein Forschungszentrum für 50 Mio. Euro und 300 Wissenschaftler geplant. Daimler will im südindischen Chennai einfache Lastwagen bauen.  Im März 2017 schließen VW und Tata Motors eine strategische Allianz. 2010 will die Deutsche Telekom in Indien starten. Siemens will ab 2010 in den nächsten drei Jahren 8000 Jobs in Indien schaffen. 2010 verkauft Daimler seinen 5%-Anteil an Tata. b 2019 plant die BASF eine Investition in Milliardenhöhe in Indien (Hafenstadt Mundra, zusammen mit Adani). Das Werk kostet 3,6 Mrd. €. Es wird ein Öko-Chemiewerk. Als weltweit erster Petrochemiestandort soll es komplett mit erneuerbaren Energien versorgt werden. VW zahlt 2019 in Indien eine Sicherheitsleistung: 12,3 Mio. Euro. Emissionsnormen und ihre Einhaltung. Die BASF will 2020 ihre Bauchemie verkaufen: Davon wäre das Bauchemie-Zentrum in Mumbai betroffen. Die Metro gibt 2022 Indien auf. Siemens baut 2023 Elektrozüge in Indien (größter Einzelauftrag, 1200 Elektroloks). Der Maschinen- und Anlagenbauer Dürr ist seit den 1959er Jahren in Indien. Er ist hauptsächlich Automobilzulieferer.   In Indien wurde das Raiffeisenmodell, das auf F. W. Raiffeisen zurückgeht, erfolgreich schon zur deutschen Kaiserzeit eingeführt (1904). Heute gibt es in etwa 230 Mio. Mio. Mitglieder im Genossenschaftsnetzwerk. Etwa 60% aller Genossenschaften sind im Bereich der Landwirtschaft tätig. Allerdings wird das Demokratieprinzip schon mal durch die bemittelten Mitglieder unterwandert. Indien ist 2015 Partnerland auf der Hannover Messe. "In Indien weißt du nie, wo ein LKW steckt und wann er ankommt", Philipp Bäcker, BPW Trailer Systems India. "Nicht nur Waren liefern, sondern lokal produzieren, Man muss in die indische Gesellschaft eintauchen", Michael Berger, Dürr - India -Chef 2023. Indien wird 2023 zum Sehnsuchtsort deutscher Manager, der Wachstum und Stabilität verspricht. Vgl. Hesse, Martin: Die neue alte Indien-Sehnsucht, in: Der Spiegel 52/ 23.12.23, S. 52ff.

Exkurs: Statistik der deutschen Unternehmen: In Indien sind rund 1.800 deutsche Unternehmen (manche gehen von 2000 aus)  2021 aktiv. Sie beschäftigen rund 500.000 Menschen. Die größten sind mit jeweiligen Produktionsstandorten: Volkswagen (Chakan, Puna, Shendra, Aurangabad), BMW (Channai), Daimler (Puna), Lanxess (Nagada, Jhagadia), Bosch (Jaipur, Ahmedabad, Puna, Verna, Chennai, Gangelkondan), BASF (Dahej, Mangalore, Thane, Chennai, insgesamt 8 Standorte),  SAP (Bangalore), Merck. 2023 übernimmt die Hamburger Reederei Hapag-Lloyd 40% des indischen Hafenbetreibers JM Baxi Ports & Logistics. (350 Mio. €). Hawe/ München ist seit 2003 in Indien (Ventile, Pumpen, Hydrauliksysteme). 2023 neues Werk im Ostindischen Wuxi. Siemens (seit 1892 in Indien, Werk in Aurangabad im Westen des Landes)  erhält 2023  einen Großauftrag: 1200 Lokomotiven inklusive Wartung für 35 Jahre. Die erste Lok geht 2025 in Testbetrieb. Der Getriebehersteller Renk aus Augsburg produziert auch in Indien. 2020 betrugen die deutschen Exporte nach Indien 10,7 Mrd. €. Die deutschen Importe aus Indien lagen bei 8,9 Mrd. €. Indien liegt auf Platz 9 der deutschen Handelspartner. Die deutschen Direktinvestitionen (DI) in Indien betrugen 2019 1.210 Mio. € (Stand des Volumens). 2019 hatte Indien DI in Deutschland für 208 Mio. €. Vgl. Handelsblatt 28.4.21, S. 6f., Deutsche Auslandshandelskammer in Indien. Indien punktet mit niedrigen Kosten und einem hohen Ausbildungsniveau. Hinzu kommt die englische Sprache. Negativ bewerten deutsche Manager Zollschranken, nicht-tarifäre Handelshemmnisse und die Bürokratie. Das hält viele deutsche Manager von Investitionen in Indien ab. Quelle: Umfrage der Außenhandelskammer in Singapur. Es gibt drei zentrale Standortvorteile: politische Stabilität, niedrige Arbeitskosten und ein großes Fachkräftereservoir.

Exkurs: Deutsche Bank in Indien: Die Technologiestandorte Bangalore und Pune wachsen beständig. Die Informationstechnologie-Kapazitäten werden stark ausgebaut. Man will 2022 2500 IT-Spezialisten einstellen. Man beschäftigt schon 5000 in Indien. Es wird Software für alle Bereiche des Unternehmens programmiert. Chef in indien ist Bernd Leukert (vorher bei SAP). Weitere Technologiezentren sind in Berlin, Bukarest und Cary/ USA sowie Moskau.

Exkurs. Deutsch-Indische Handelskammer (AHK), Mumbai. Filialen in Pune, Chennai und Bangalore mit IT-Cluster. Chef ist 2023 Stefan Halusa. Indien könne China auf absehbare Zeit nicht ersetzen, sondern bestenfalls ergänzen. .

Exkurs: India Manufatoring Show, Bangalore/ Messegelände: mehr als 400 Aussteller. 20.000 Besucher. Im November. Automatisierungstechnik, Roboter, Drohen, Maschinen. Viele deutsche Firmen. auch Hawe, München von Karl Haeusgen, Präsident von VDMA 2023.

Börsen: Die Hauptbörse ist in Mumbai. In Indien gibt es mehr börsennotierte Unternehmen als in jedem anderen Land der Welt. An der Mombay (Bombay) Stock Exchange (BSE) sind ungefähr 5000 Unternehmen gelistet, mehr als an jeder anderen Börse. Leitindex ist der Sensex. Die heute führenden Gesellschaften in Indien wurden von Parsen im 19. Jahrhundert gegründet. Die Parsen gründeten auch die Textilindustrie. Die Juteindustrie in Bengalen dominierten die Briten. Die Briten betrieben ursprünglich auch den Kohlebergbau. Auch die Teeplantagen waren ein Monopol der Briten. Die Parsen waren aus Persien eingewandert. 2020 und auch noch 2021 klettert die Börse trotz Rezessionen. Sogar die Zentralbank warnt vor überzogenen Erwartungen. Am 21.01.21 klettert der BSE-Sensex über die historische Marke von 50.000 (Verdopplung seit dem Einbruch im März 2020). Er sinkt zwar wieder aber hält sich knapp unter 50.000 trotz Corona. Er steigt dann im Laufe von 21 kontinuierlich auf über 57.000 bis Ende des Jahres. 2022 geht der Kurs nach unten: Hohe Inflation und steigende Leitzinsen sorgen dafür. Indien hat auch spezielle Indices: Nifty 50 und MSCI Emerging Markets. Es gibt schwache Aussichten für IT-Werte.  Die älteste Börse in Asien ist die in Mumbai/ Indien (1876). Sie ist auch die älteste Börse in Asien. Sie geht 2017 selbst an die Börse.  

Unternehmenssteuern: Indien liegt weltweit an der Spitze bei Unternehmenssteuern. Man liegt bei 48%. Der weltweite Mindeststeuersatz soll nach dem Willen der USA 2021 auf 15% festgelegt werden. China liegt bei 25%, die USA bei 26%, Deutschland bei 30%.

Mehrwertsteuer: 2017 führt man eine einheitliche Mehrwertsteuer ein. Bis dahin gab es noch einzelne Zölle zwischen den Provinzen.

Lieferketten/ Indien: In der Corona-Krise, die Indien mit am stärksten trifft, sind dei Lieferketten bedroht. Mit dem Anstieg der Covis-19-Fälle in Indien häufen sich Beschränkungen für Personal und Schiffe. Das führt zu starken Störungen im Welthandel. Die deutschen Exporte nach Indien gehen so zurück. Vgl. HB, Nr. 90, 11.5.21, S. 14.

Finanzmärkte: Bei einer wertebasierten Außenwirtschaftspolitik können Fallstricke auftauchen: Gerade EU-Interventionen stoßen in bestimmten Ländern auf Widerstand. so hat die ESMA die indische Zentralbank und Börsenaufsicht aufgefordert, eine Vereinbarung zu unterzeichnen, die der ESMA die Überwachung der Clearingunternehmen ermöglicht. Die Inder lehnen das ab. Damit kommt es zu eine Distanz zwischen Indiens und Europas Finanzmärkten. China könnte davon profitieren. Vgl. Dieter, Heribert: Die Fallstricke einer wertebasierten Außenwirtschaftspolitik, in: WiWo 24/ 9.6.23, S. 40.

Soziale Medien und IT: Indien ist der größte Outsourcing - Standort der Informationstechnologie. Schwerpunkt ist Bangalore. Indien tut sich aber schwer mit der Meinungsfreiheit. Facebook und Twitter haben Schwierigkeiten. Das Oberste Gericht fordert etwa Stellungnahmen. Man droht Twitter - Managern mit Haftstrafen. Facebook legt sich 2021 mit Indiens Regierung an. Eine schärfere Zensur stößt auf Protest. WhatsApp will Offenlegen von nutzerdaten verhindern. Die Uni IIT in Mumbai (Indian Institute of Technology) gilt als die Elite-Uni für den IT-Sektor. viele Führungskräfte im Silicon Valley oder Start-up-Gründer haben hier studiert.

Technologie der E-Verwaltung: Man spricht von Digital Public Infrastructure (DPI). Dazu zählen Biometrische Identitäts - Zahlungs- und Datenmanagementsysteme. Direktzahlungssystem United Payments Interface (UPI).  Internetportal Digital Locker, das Dokumente wie Führerscheine und Steuerunterlagen online bereitstellt. Diese Technologie soll auch exportiert werden.

Informeller Sektor: Nichtreglementierte Unternehmen bilden das Rückgrat der indischen Volkswirtschaft. Ihr Anteil soll nach Schätzungen bei 54% der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung liegen. Es handelt sich um ca. 56 Mio. informelle Unternehmen (Kleinbetriebe und Selbständige). Sie standen 1,39 Mio. registrierten Unternehmen gegenüber. Die Landwirtschaft, die Fischerei, das Transportgewerbe und Teile des Finanzsektors sind ohne Rücksicht auf Steuerrecht, Arbeitsrecht, Arbeitsschutz organisiert. Diese Schattenwirtschaft führt auch zu Korruption und fehlendem Zugang von staatlichen Leistungen. 2017 wurde eine Mehrwertsteuer eingeführt, die das Dickicht der Umsatzsteuer und den Vorsteuerabzug  regulieren soll. Gegen Scheinfirmen wird härter vorgegangen. Die Bargeldreform soll hier helfen.

Teeregionen Darjeeling und Assam: Erstere im  Osten Indiens ist berühmt, auch noch aus der Zeit von Indien als britischer Kolonie. Die Teepflückerinnen werden immer noch ausgebeutet. Sie erhalten etwa 1,4 bis 2,8% vom Preis für die Verbraucher in Deutschland. Sie verdienen 2,25€ pro Tag und müssen sich davon noch Arbeitsutensilien kaufen. Deutsche Teefirmen kaufen ca. ein Viertel der jährlichen Ernte. Das sind prekäre Arbeits- und Lebensbedingungen. Es herrscht ein enormer Preisdruck auf die Plantagen. Tee aus anderen Landesteilen wird beigemischt. Nachhaltigkeitsstandards von Fair Trade und Rainforest Alliance werden nicht eingehalten. Quelle: Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung 2019. Die zweite große Tee-Region ist Assam am Fluss Bramaputra , die größte Teeregion der Welt (2000 Plantagen) Auch auf Plantagen dort sind Menschenrechtsverletzungen Alltag. Dies zeigt auch eine neue Studie der Entwicklungshilfe-Organisation Oxfam 2019: Schikane, giftige Pestizide, schlechte Bezahlung. In der Studie gibt es aber keine konkreten Angaben für ein Einschreiten. Man brauchte ein Gesetz, das globale Lieferketten besser kontrolliert. Deutsche Unternehmen verlassen sich häufig auf Zertifikate (Rewe, Aldi, Lidl, Teekanne, Ostfriesische Teegesellschaft). Die Organisation Rainforest kündigt einen Aktionsplan an. Kleinere Teeregionen sind Dooars im Norden und Nilgiri im Südwesten. Vgl. auch: Allinger, Wolfgang/ Kliewer, Ute: Zeit zieht nicht. Erzähl mir von Darjeeling, Mirabilis Verlag 2022.

Gewürze und Indien: Gewürze waren eines der ersten Güter im Handel Indiens mit Europa. Noch heute gilt Indien als ein Zentrum der Gewürzindustrie. Heute werden vor allem Ingwer, Pfeffer, Chili und Paprika exportiert, auch nach Deutschland. 2023 ist dei Branche in der Krise: Lieferkettengesetz der EU, teurer Dünger wegen Ukrainekrieg, maue Nachfrage wegen Weltkonjunktur, günstigere Ware im Trend. Im September 2023 findet eine Konferenz der weltweiten Branche in Mumbai statt. Man sucht nach Wegen aus der Krise.

Kinderarbeit in Indien: In Indien ist Kinderarbeit sehr verbreitet (einer der höchsten Anteile in der Welt). Jedes zweite hungernde Kind soll in Indien leben. Die Kinder arbeiten vor allem in der Landwirtschaft, im Bergbau und in Steinbrüchen (Grabsteine, Granit, Marmor). Besonders betroffen sind die Mädchen, die wie oft Sklaven eingesetzt werden. Besonders problematisch ist der Mika-Abbau (Glimmer). Er ersetzt die ausfälle in der Landwirtschaft wegen der Dürre. 2020 wird bekannt, dass auch viele Kinder in der Teppichindustrie schuften. Die Zustände dort werden verharmlost, oft mit Beteiligung der Kinderrechtsorganisation Unicef. Siegel erweisen sich als nicht verlässlich (z. B. IGEP). Es gibt Kinderarbeit auch als Heimarbeit. Die indische Teppich-Lobby ist sehr mächtig.

Indien als Entwicklungsland bzw. begünstigtes Land im Außenhandel: Zum 5. Juni 2019 streichen die USA Zollvergünstigen für Indien. Sie galten im Rahmen eines Handelsprogramms für Entwicklungsländer. Die USA lassen verlauten, Indien biete keinen gerechten und angemessenen Zugang zu seinen Märkten. Im Juni 2019 antwortet Indien mit Vergeltungszöllen: 20 US-Produkte werden mit Zöllen belegt. 2020 weitet die Bundesregierung ihre Indien-Hilfe wegen Covid-19 deutlich aus: Es werden 330.000 Testkits und 600.000 Schutzausrüstungen zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es kurzfristige  Kredite im Wert von 460 Mio. € für Nahrungsmittel und Überbrückungshilfen. Indien wird 2022 sehr wichtig in einer sich abzeichnenden neuen Welthandelsordnung. Russland braucht Indien dringend als Nachfrageausgleich für Europa. In der UN enthält sich Indien bei Sanktionen und Äußerungen gegen Russland.

TTC (Trade and Technology Council) mit der EU): Am 25.422, beim Besuch von Ursula von der Leyhen beim  indischen Regierungschef Narendra Modi, soll das Abkommen besiegelt werden. Etwas ähnliches besteht mit den USA. Man strebt auch ein Handelsabkommen an. Dei EU will Indien auch mit Rüstungsgütern versorgen. So will man Indien aus der engen Bindung an Russland lösen. Indien hatte sich nicht den westlichen Sanktionen angeschlossen (und stark von billigerer Energie profitiert). Die EU braucht Ersatz für Russland, auch von China will man sich mehr lösen. 

Wirtschaftskorridor Indien - Naher Osten - Europa (IMEC): Er wird 2023 konzipiert.  Es soll die Antwort auf die Seidenstraße sein. Man will schleunigst mit dem Bau anfangen. Man braucht Schiffskorridore, Häfen und Eisenbahnstrecke. In Arabien sind Israel, Saudi-Arabien und die VAE beteiligt.

AAGC: Asia-Africa Growth Corridor. Kooperation von Japan und Indien (ein Gegenprojekt zum chinesischen Seidenstraßenprojekt). Enge Zusammenarbeit mit der African Development Bank. Es geht um maritime Handelsrouten nach Europa (vor allem nach Afrika). Bei RCEP ist Indien nicht dabei (hat sich 2019 zurückgezogen, weil man Angst vor den billigen chinesischen Massenprodukten hatte).

Quad: Die USA "gehen Klinkenputzen" gegen den Einfluss Chinas. Sie schmieden eine Allianz, die man "Quad" nennt. Ihr gehören neben der USA Indien, Australien und Japan an. Die USA bemühen sich noch um Indonesien, Sri Lanka und die Malediven. Peking sieht die Gruppe als asiatische Nato, deren Ziel die Eindämmung Chinas ist. Auf jeden Fall sucht man gemeinsam auf eine Antwort auf Chinas Machzuwachs.

Zukunft Indiens  im 21. Jahrhundert: 1. Indien folgt in seiner Entwicklung im 21. Jahrhundert weder China noch dem Westen, sondern seinem eigenen Kurs. 2. Indien spielt im 21. Jahrhundert global eine Schlüsselrolle und reift zur Wirtschaftsmacht, zur Superpower. 3. Als gefestigte Demokratie ist Indien ein natürlicher Verbündeter des Westens. 4. Indiens außenpolitische Konfliktachsen: Pakistan und China. 5. Narendi Modi ist weder Heilsbringer noch das personifizierte Böse. In wirtschaftspolitischer Hinsicht ist er der bislang beste Regierungschef in der Geschichte der Republik Indien. Problematisch ist sein Hinduismus. Er formt einen autokratischen Einheitsstaat unter Führung der Hindus.6. Indische Unternehmen werden zu den größten der Welt gehören. 7. Indiens "soft power" gewinnt weltweit an Einfluss. 8. Die neuen Statussymbole: Geld und Bildung. 9. Agenda: Umweltverschmutzung, Gewichtsprobleme, Urbanisierung, Arbeitsmarktreformen, Frauen am Arbeitsmarkt, Korruption, Privatisierungen. Siehe Braun Alexander, Michael: Indien Super Power, München (FBV) 2020, S. 321ff. Die neu gewählte Vizepräsidentin der USA Kamala Harris hat indische Wurzeln. Ihr Großvater wurde in Thulasendrapuram, einem kleinen Dorf in Indien, geboren. Dort feiert man Harris enthusiastisch. Neben Indien durch die Mutter hat sie auch Wurzeln in Jamaika, wo ihr Vater her ist.

Zähe Investitionen bremsen Indien (Investitionen sind als Teil des BIP von übe r40% im Jahr 2008 auf 34% 2023 gesunken). Wird sich das 2024 und später ändern? Viel Geld fließt nicht in Fabriken und Forschung und andere private Sektoren, sondern in Infrastrukturprojekte, an denen oft der Staat beteiligt ist. Nach Schätzungen sind 36,5% der Bankfinanzierungen für Straßen und Brücken vorgesehen und weitere 20% für Energien, Chemie. Dei ausländischen Direktinvestitionen sanken 2023, die ausländischen Portfolioinvestitionen sind erst wieder seit kurzem positiv. Das indische Geschäftsklima bleibt trotz der Steuersenkungen schwierig. Die gefürchteten Steuerbeamten haben einen zu großen Ermessensspielraum. Aber Indiens Durchbruch dürfte vielleicht noch kommen. Vgl. Tom Easton, Ressortleiter Unternehmen und Finanzen Südasien, The Economist, 2023.

 

Nachbarn bzw. historische Nachfolgestaaten und Abspaltungen:

Kaschmir: Seit der Trennung von Indien und Pakistan in der Unabhängigkeit von Großbritannien 1947 ein Zankapfel, obwohl es eine Waffenstillstandslinie ("Line of Control") gibt. Eigentlich zerfällt Kaschmir in drei Teile: Einer, von Pakistan verwaltet, einer von Indien verwaltet und einer von China verwaltet. Indien und Pakistan haben schon drei Kriege um das Gebiet geführt:1947/48, 1965, 1971. Beide Länder beanspruchen ganz Kaschmir. Seit 2016 ebbt die Welle der Aufstände und Proteste nicht mehr ab. Pakistan und Indien sind Atommächte (Pakistan 150 Atomsprengsätze, Indien 140). Ende Februar 2019 gibt es wohl Luftangriffe von beiden Seiten mit abgeschossenen Flugzeugen und Kanonenfeuer. Die Freilassung indischer Piloten wird dann als Zeichen der Entspannung interpretiert. Trotzdem ist die Lage unsicherer geworden (USA übernehmen nicht mehr Vermittlerrolle, Führung in beiden Ländern unberechenbarer, "rote Linien" werden öfter gebrochen, wie das Verbot von Luftangriffen). Anfang August 2019 lässt Indien Soldaten in Kaschmir einmarschieren. Gleichzeitig wird per Dekret der Autonomie-Sonderstatus seines Teils von Kaschmir aufgehoben. Dadurch werden sich auch die Spannungen mit Pakistan erhöhen. Pakistan bittet die Weltgemeinschaft um Hilfe. Der Indische Botschafter wird von Pakistan ausgewiesen. Die beiden indischen Provinzen von Kaschmir Jammu und Kaschmir mit eigenen Gesetzen habe die Entwicklung gehemmt, sagt Indien. Die Region solle fest zu Indien gehören (Modi: "Indien zuerst"). Die Autonomie der Region ist aufgehoben., alle Verbindungen zur Außenwelt sind gekappt. Zehntausende von Soldaten werden in die Region geschickt. Die Bewegungsfreiheit der Menschen wird stark eingeschränkt. Was plant Indien? Indien und Pakistan liefern sich an der Grenzlinie Gefechte. In Asien gibt es noch zwei andere große Konfliktherde: Taiwan und dass Bestreben von China, die Insel ins Reich zu holen und das geteilte Korea, wo noch kein Frieden geschlossen wurde. Es gibt noch weitere territoriale Konflikte: China beansprucht Teile von Bhutan und Indien.  Bis 1947 war Kaschmir ein Fürstentum.

 

Pakistan: Allgemein: 197 Mio. Einwohner. 96% sind Muslime (überwiegend Sunniten). Währung Pakist, Rupie.  BIP 2017 305 Mrd. US-$. Ein Tweed auf Twitter von Präsident Trump Anfang  Bei zwei Anschlägen im November 2018 gibt es viele Tote. Die Brandkatastrophe in einer pakistanischen Textilfabrik im Jahr 2012 wird nicht vor einem deutschen Gericht verhandelt (Ali Enterprises in Karachi für die deutsche Firma Kik; Fall sei verjährt).  Am 22.05.20 stürzt ein Flugzeug mit 98  Passagieren nahe Karashi ab. In der Corona-Pandemie geht am rigoros vor: Betroffene Gebiete werden abgeriegelt. Das geht leichter, weil fast die Hälfte des Volkes von Tages- und Wochenlöhnen lebt. Die Armut steigt. Ein neues Sicherheitsgesetz 2020 schränkt die Freiheiten von Journalisten ein. Am 09.01. 23 gibt es einen Stromausfall im ganzen Land. Ursprung ist ein Kraftwerk im Süden des Landes.

Natur Pakistan und Grenzen: Der Indus ist die Lebensader. Im Norden macht der Himalaya das Land zu einem der gletscherreichsten der Welt. Man grenzt an Iran, Afghanistan, China und Indien.

Politik Pakistan: 2018 erbost die pakistanische Regierung. Trump hatte darauf hingewiesen , dass Pakistan in den vergangenen 15 Jahren 33 Milliarden Dollar an Hilfe bekommen habe.  Die Gegenleistung seien aber Lügen und Betrug gewesen. 2016 gewinnt Khan die Wahlen in Pakistan. Die USA wollen die Hilfsgelder für Pakistan zusammenstreichen. Im Februar 2020 ruft die Regierung den Notstand aus: Eine Heuschreckenplage bedroht die Ernährungssicherheit. Khan übersteht ein Misstrauensvotum nicht (ökonomische Probleme). Im November 2022 entgeht der Nationalheld  und ehemalige Premier Imran Khan nur knapp einem Mordanschlag (er beschuldigt die Regierung). Der Oppositionsführer Shebaz Sharid übernimmt als neuer Regierungschef (2022 70 Jahre alt). Er gehört einer politischen Dynastie an. Gleichzeitig ist er Vorsitzender der konservativen Muslimliga-Nawaz (PML-N) und der jüngere Bruder des dreimaligen pakistanischen Ministerpräsidenten Nawaz Sharif. Die USA und der Westen hoffen wieder auf bessere Beziehungen. In Pakistan gab es 2023 so viele Anschläge wie seit Jahren nicht mehr. Nawaz Sharif (74 Jahre ) darf 2024 nach Pakistan zurückkehren. Der Oberste Gerichtshof hat ihn wieder für politische Ämter zugelassen. Man vermutet enge Absprachen zwischen Nawaz und dem Militär.

Exkurs: Volksheld Khan: Imran Khan ist ein einstiger Chricket-Star. Er will zurück an die Macht. Er ist extrem populär und Volksheld. Die Generäle fürchten die Popularität des Politikers. Polizeitruppen in Pakistan führen ihn im Mai 2023 ab. Nun drohen größere Unruhen im Land. Vgl. Süddeutsche Zeitung 10.5.23, S. 7. Wenige Monate vor der Parlamentswahl wird er verurteilt und inhaftiert (3 Jahre wegen Korruption). Er kommt in ein Hochsicherheitsgefängnis nahe Islamabad. für die nächsten fünf Jahre ist er damit von politischen Ämtern ausgeschlossen. Damit dürfte er auch die Parlamentswahl verpassen. Seine Partei PTI kämpft ums Überleben. Khan hatte den Fehler gemacht, das Militär als eigentlichen Herrscher des Landes nicht zu akzeptieren. Wegen Verkauf von Staatsgeschenken wird er 2024 noch mal zu 14 weiteren Jahren Haft verurteilt.

Pakistanisch-chinesischer Wirtschaftskorridor (CPEC): Er bietet China einen direkten Zugang zum Golf von Oman. Stationen sind Kashgar, Khunjerab, Rawalpindi, Lahore Hyderabad, Karachi. Zu dem Projekt gehören auch eine Übertragungsleitung (Karashi/Matiari-Punjab), Thar Kraftwerke (6), Windkraftwerke (5). Dazu kommen Eisenbahnen, Autobahnen, Pipeline, Kabel. Vgl. Winter, Martin: China 2049, München 2019, S. 161. Sialkot (650.000 Einwohner) in Pakistan ist die Stadt der Bälle. Dort werden im Jahr 60 Mio. Bälle produziert. Ein Arbeiter hat im Durchschnitt 2020 60 Euro Monatsgehalt (Durchschnittsmonatseinkommen in Pakistan 112 €). 2020 steigt das Handelsbilanzdefizit stark an.

Wirtschaft Pakistans: Im April 2022 kämpft die Regierung ums Überleben. Das Land ist in einer schweren Wirtschaftskrise. Die Devisenreserven reichen nur noch für zwei Monate. Man ist seit 2019 in einem IWF-Hilfsprogramm. Die USA halten aber Zahlen vorerst zurück. Dadurch könnten sich die Beziehungen zum Westen verschlechtern. Khan sieht sogar ein Komplott in den USA. Das Land ist hoch verschuldet und hat eine galoppierende Inflation. Pakistanische Taliban machen immer wieder Gewaltanschläge mit großen ökonomischen Schäden.

Energiebedarf: Pakistan hat seine Energie (Öl, Gas) in der Vergangenheit aus den arabischen Ländern bezogen, allen voran Saudi-Arabien. Der Ukraine-Krieg und die Preisdeckel bei Gas und Öl führen zu einem Umdenken. Russland will billigere Energie liefern, um die Deckel zu umgehen.

Pakistan und Seidenstraße:  Pakistan spielt eine wichtige Rolle im Projekt "Neue Seidenstraße" Chinas. Geplant ist noch eine Eisenbahnverbindung von Kashgar durch Pakistan nach dem Hafen Gwadar (von einer chinesischen Firma kontrolliert; von hier besteht ein Korridor in den Nahen Osten und Afrika, damit der Seeweg über die unsichere Malakka - Meerenge entlastet wird). Außerdem wird schon über 10 Jahre an einer Straße über das Karakorum-Gebirge gebaut (seit 2007). Der Weg muss entweder gefunden oder gebaut werden (Karakorum-Highway). Er führt von Kaschgar/ Xinjiang nach Havelian/ Nordwesten Pakistans. Pakistan ist extrem verschuldet bei den Baufirmen und Banken Chinas. Der Korridor durch Pakistan soll den direkten Zugang Chinas zum indischen Ozean sichern.

Naturkatastrophen: Bei einem Erdbeben im Südwesten Pakistans (Provinz Baluchistan) gibt es 28 Tote. Im August 2022 führen schwere Überschwemmungen zu vielen Toten. Hunderte Bergdörfer im Norden des Landes sind betroffen. Ein Drittel des Lande steht unter Wasser. Seit Mitte Juni 2022 ist Pakistan von ungewöhnlich starkem Monsunregen betroffen. 33 Mio. Menschen sind davon berührt. 80.000 Hektar Ackerland wurden vernichtet, 157 Brücken weggespült. 1300 Menschen kamen schon ums Leben. 10 Mrd. $ sollen die Schäden an öffentlicher Infrastruktur betragen. Das Land selbst trägt kaum eine Verantwortung für die Klimakrise (0,28% der weltweiten CO2-Emissionen). Es brechen viele Krankheiten aus (Malaria, Cholera u. a.). Die Katastrophe führt das Land in eine schwere Wirtschaftskrise. Es braucht dringend Hilfe von außen.

Exkurs. Hitzerekord: Jacobabad in Pakistan gilt als der heißeste Ort der Welt, an dem Menschen leben. Im Sommer werden spielend 50 Grad Celsius erreicht. Eigentlich müssten die Menschen gehen. Knap dahinter liegen folgende Orte: Tak Agro/ Thailand 45,4 Grad; Akjoujt/ Mauretanien 45,3 Grad; Prayagraj/ Indien 42,2 Grad. Vgl. Die Zeit 19/ 4.5.23, S. 38.

Pakistan und die Taliban: Es taucht immer wieder die Frage auf, wie eng die Verbindungen sind. Wahrscheinlich sind die Verbindungen sehr eng. Ohne Pakistan wären die Taliban in Afghanistan nicht in so kurzer Zeit an die Macht gekommen. Das Problem war, dass man die Taliban nicht in Pakistan bekämpfen konnte. Eine Schlüsselrolle hat der mächtige Militärgeheimdienst Interservices Intelligence (ISI) gespielt. Pakistan hat der Taliban immer seine Infrastruktur zur Verfügung gestellt (Krankenhäuser, Unis, Schulen). Pakistan wollte schon immer maximalen Einfluss auf Afghanistan haben (als Gegengewicht zu Indien). 2021 leben 3,5 Mio. afghanische Flüchtlinge in Pakistan. Vgl. Haneke, Alexander: Pakistans doppeltes Spiel, in: FAZ 5.11.21, S. 8. Am 30.1.23 gibt es in Peschawar ein schweres Selbstmordattentat in einer Moschee. Viele Menschen kommen ums Leben (ca. 50, übe r150 Verletzte). Die Taliban bekennen sich zwar nicht, aber vieles spricht für sie. Die Taliban in Pakistan sind eine eigene Organisation. Sie unterstützen die im Nachbarland und setzen sich für schärfere Regeln nach dem Koran ein. Sie hatten eine Waffenruhe mit der Regierung in Islamabad angekündigt. Seitdem häufen sich Anschläge.

Pakistan und Islam: Nach dem Freispruch für eine Christin gibt es Proteste im Land. Die Christin heißt Asia Bibi und kann wahrscheinlich nach Europa (Deutschland) ausreisen. In Pakistan gibt ein Blasphemiegesetz. Wer eine Gotteslästerung wiederholt, dem droht der Tod. Wobei Mohammed gleich Gott ist. Unabhängiges Denken kann tödlich sein. Verteidiger und Richter wurden ermordet. Paradoxerweise schützt das Blasphemiegesetz die "Gotteslästerer", sonst würden sie direkt gelyncht. Anfang Dezember 2021 kommt es dann doch wieder zu einem Lynchmord. 110 Menschen werden in Haft genommen. Der Mord hat im pakistanischen Teil von Kaschmir stattgefunden.

Religionen und Konflikte: In Pakistan dominiert der Islam. Es gibt aber viele Richtungen: Sunniten, Schiiten, Achidmäer, Sufis, Taliban u. a.  Sie versuchen, mit der Religion Politik zu machen und ihre Interessen durchzusetzen. Jede Richtung verspricht bei Tod einen Platz im Himmel. Entsprechend hart sind die Konflikte.

Pakistan und Iran: Es gibt eine gemeinsame Grenze. Dort kommt es immer wieder zu Scharmützeln. Beiderseits der Grenzen agieren auch Separatisten. Sunniten (Pakistan) und Schiiten (Iran) sind sich auch nicht "grün".

 

Tibet in Indien (Exilgemeinde): Von den etwa 7 Mio. Tibetern leben über 100.000 in Indien (in Nepal leben 14.0000, in Bhutan 1600). Vor 60 Jahren musste der Dalai Lama nach Dharamsala ins Exil fliehen. In der Region leben die meisten Tibeter in Indien. Sie können dort Tibetisch sprechen und lernen. Sie können ihre Religion, den Lamaismus. frei ausüben. Der letzte große Protest in Tibet selbst war anlässlich der Olympischen Spiele 2008 in Peking. Zentrum war der Ort Ngaba in der Provinz Sichuan. 21 Menschen wurden getötet und 600 festgenommen. Ausgangspunkt war das Kitri-Kloster mit 3000 Mönchen. Heute stört die Regierung in China die Kommunikation zwischen Tibet und der Exilregierung in Dharamsala, wo sie nur kann. Als Opposition meldet sich immer wieder das Kirti - Kloster in Dharamsala. Es ist ein Ableger des Originals in der osttibetischen Kulturregion Amdo. Es gehört zur Gelug - Schule des tibetischen Buddhismus. Proteste während der Olympischen Winterspiele in Peking 2022 werden kaum erhört. Man kritisiert die Umerziehung in den Schulen in Tibet (Kinder im Internat). Außerdem werden Nomaden zu Farmern umgeschult. Die Betriebe gehören aber dem chinesischen Staat.

Exkurs: Lamaismus: In Tibet gibt es eine spezielle Form des Buddhismus, den Lamaismus. An der Spitze steht der Dalai Lama, der jeweils als Kind auserwählt wird. Der jetzige Dalai Lama wird am 05.07.20 85 Jahre alt. Er gibt zu seinem Geburtstag eine CD heraus, die meditative Musik enthält. Er lebt im Exil in Daressalam in Indien. China verfolgt ihn, weil er zugleich geistliches und weltliches Oberhaupt von Tibet ist. Deshalb beschuldigt in China des Separatismus. 1989 hat der Dalai Lama den Friedensnobelpreis bekommen. Der Dalai Lama veröffentlichte mehrere Bücher. Darin setzt er sich vor allem für Mitgefühl ein. Die sei entscheidend gegen Stress, der unser Immunsystem zerstöre. Der Lamaismus war auch die Rechtfertigung für die Theokratie in Tibet.  Das war kein Paradies der Werte, sondern Unterdrückung und Ausbeutung der Bevölkerung durch eine kleine geistliche Elite. Der Lamaismus lebt heute in Indien fort (siehe oben). Besonderheiten des Tibetischen Buddhismus: Er gehört zum Mahayana-Buddhismus. Er verspricht einen schnelleren Ausweg aus dem leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten. Durch anspruchsvolle spirituelle Übungen (Tantra, Yoga) kann der Mensch Erleuchtung innerhalb des Lebens erlangen. Es bedarf enger Beziehungen des Meisters, dem Lama, mit seinem Schüler. Sehr populär sind Bodhisattvas, erleuchtete Wesen (sie könnten ins Nirvana einziehen, entscheiden sich aber für den Meister). Der Dalai-Lama gilt als menschliche Erscheinungsform. Lama bedeutet "Hoher Priester".  In China mit Tibet als autonomem Gebiet leben heute etwa 250 Mio. Buddhisten - die Hälfte aller Buddhisten weltweit. Der Dalai Lama ist mit Realismus den Chinesen immer mehr entgegen gekommen. Er will nicht mehr der weltliche Herrscher Tibets sein. Er propagiert einen Mittelweg für Tibet. Im Mittelpunkt soll die Autonomie des buddhistischen Glaubens stehen. Es geht um die Bewahrung der Kultur. Die Nachfolge des Dalai Lama ist offen und entscheidend. Aus chinesischer Sicht muss die KPCh zustimmen. Indien beansprucht als Mutterland des Buddhismus auch Einfluss. So könnte es zukünftig 2 Dalai Lama geben.

Exkurs. Kalachakra Initiation/ Bodh Gaya: Kalachakra heißt übersetzt "Rad der Zeit". Am besten sieht man sich dazu den Film von Werner Herzog an, der "Rad der Zeit" heißt und 2003 gedreht wurde (auch in der Edition der meisten Filme von Herzog zum 80. Geburtstag 2022). Er spielt in Bodh Gaya/ Indien, am Kailash/ Tibet und in Graz/ Österreich. Bodh Gaya ist ein heiliger Ort des Buddhismus (ca. 3000 Einwohner). Hier kam Siddharta Buddha zum Bodi - Baum (heute in der 5. Generation) und hatte seine Erleuchtung. Bodh Gaya liegt am Ganges in der Nähe von Kalkutta. Hier fand 2003 im Jahr des Pferdes eine Kalachakra-Initiation statt. Es kamen 500.000 Menschen (aus Nepal, Tibet, Mongolei, Bhutan, Indien, Thailand u. a.). Hier steht die Stupa, eines der höchsten Heiligtümer. Am Fest wird das Sankt Mandala gelegt. Es ist eine innere Landschaft in Form einer Malerei (das Rad der Zeit im Zentrum). Sie wird vom Dalai Lama begonnen und von den höchsten Priestern beendet. 720 Gottheiten werden visualisiert. Höchstes Ziel ist die Leere als endgültige Wirklichkeit. Weitere heilige Orte sind Spiti in Nordindien (hier kam der Buddha zuerst hin, er startete in Nepal) und der Kailash. Der Kailash gilt als Zentrum des Universums. Er ist ein heiliger Ort für Buddhisten und Hinduisten ("kostbares Schneejuwel"). Man umrundet den Kailash auf 5000 m Höhe (52 km, 3 Tage). Einige Pilger sterben dabei, weil sie die Höhe nicht gewohnt sind. Es geht um Aufhebung von schlechtem Karma. Der Dalai Lama spricht sich für Hineinversetzen in jede Religion aus, um Frieden zu stiften und erreichen. Jeder sollte aber bei der Religion seiner Kultur bleiben. Der Buddhismus ist eine Religion des Alltags, ähnlich dem Islam.

Exkurs. Sikkim: Sikkim ist eine Provinz bzw. Bundesstaat in Indien im Nordosten. Es grenzt an Nepal, Bhutan und Tibet. Es liegt schon im Himalaja - Gebirge. Der höchste Berg Indiens liegt hier: der Kangchendzönga. Die Landschaft ist dramatisch mit Bergwiesen und Gletschern. Viele buddhistische Klöster sind hier, auch Pemayangtse. Hauptstadt des Bundesstaates ist Gangtok. Vgl. auch: Allinger, Wolfgang/ Kliewer, Ute: Zeit zieht nicht. Erzähl mir von Darjeeling, Mirabilis Verlag 2022.

Exkurs: Ladakh: Provinz im Norden Indiens. Sie liegt zwischen dem Karakorum - Gebirge und dem Himalaja. Sie hat weniger als 300.000 Einwohner. Sie grenzt an Pakistan und Tibet. Hauptstadt ist Leh. In der Nähe von Leh hat  Tenzin Gyatso, der 14. Dalai Lama, seine Sommerresidenz. Er verbringt jedes Jahr ein Paar Wochen hier. Die Shanti Stupa ist die beliebteste Sehenswürdigkeit in Leh. Religion ist auch der tibetische Buddhismus (Lamaismus). Die Provinz ist bekannt für den Anbau an Aprikosen. Bekannt ist das Kloster Diskrit im Nubra Valley, auch das Kloster Tserkamo sowie Alchi. Man sollte die Wanderung um Tingmosgang machen. Der Pangong-See liegt 5300 Meter hoch und ist ein Salzsee. Er liegt an der Grenze zwischen Ladakh und Tibet. Vgl. Rotter, Julia: Etwas ist anders, in: Brigitte, Nr.2, 3.12024, S. 82ff.

Exkurs. Aksai Chin und Armada Pradesch/ Grenzverlauf: Die Grenzfrage zwischen China und Indien im Himalaja ist offen. Es gibt keine vertraglichen Regelungen. China hat diese Offenheit lange genutzt, um Gebiete zu annektieren. Nach der Einverleibung Tibets 1950 unter Mao kam es immer wieder zu Grenzstreitigkeiten und militärischen Konflikten mit Indien. Aksai Chin ist quasi schon übernommen von China. Man hat Infrastruktur (Straßen) errichtet.

 

Bangladesch (ehemals Pakistan/ Ost): Seit 1971. Einwohner 174,7 Mio. (Rang 8) Hauptstadt Dhaka.

Abhängigkeit und Strategische Position: Ist auf Flüsse angewiesen, die aus Indien und China kommen. Sämtliche relevanten Flüsse entspringen in Tibet. Es nutzt seine strategische Lage im Golf von Bangladesch, um sich Zugeständnisse und Hilfen von den Regionalmächten zu sichern.

Kultur: 2019 muss Bangladesch den Zusatz "Jungfrau" (Kumari) von der Heiratsurkunde streichen (Gerichtsurteil in Dhaka, neue Kategorie "unverheiratet").  Im Sommer 2016 wird wieder ein schwerer Anschlag vom IS durchgeführt. In der Islam-Debatte (Enthauptung eines Lehrers in Paris, hatte im Unterricht islamkritische Karikaturen gezeigt, Macron macht Islamismus verantwortlich) gibt es Massenproteste (40.000 Menschen).

Politische Einordnung: Parlamentarische Demokratie. Dei Verfassung stammt aus dem Jahre 1966. Das Land entwickelt sich zum neuen Vietnam in Asien. Es spielt die großen Nachbarn China und Indien gegeneinander aus. Das beginnt sich auszuzahlen: Man entwickelt sich vom Armenhaus weg (so der IWF).

Exkurs. Scheich Hasina: Sie ist ein Symbol für Kontinuität. Ihr Vater war der erste Präsident Scheich Rahmann. Sie wurde 1996 zum ersten Mal Premierministerin und hat seitdem vier Amtszeiten absolviert. Sie ist mittlerweile die dienstälteste weibliche Regierungschefin der Welt. Sei wird "Eiserne Lady Asiens" oder "Großmutter der Nation" genannt. Sie sorgte für anhaltendes Wachstum und einen Rückgang der Armut. Die Wirtschaft hat sich damit prächtig entwickelt. Doch Probleme sind steigende Lebenshaltungskosten, radikaler Islam und der Klimawandel. Hasina agiert zunehmend autoritär. Vgl. Höflinger, Laura: Großmutter der Nation, in: Der Spiegel 1/ 30.12.23, S. 76f.

Exkurs. Muhammad Yunus: Friedensnobelpreisträger und Gründer der Grameen Bank, die als einer der ersten Mikrokredite an Bauern vergeben hatte. Am 01.0124 wird er wegen vermeintlicher Verstöße gegen Arbeitsgesetze zu sechs Monaten Haft verurteilt. Mehr als 100 Verfahren laufen gegen ihn. Viele Prominente weltweit (Obama, Bono u. a.,) haben in einem offenen Brief vor der juristischen Drangsalierung des Nobelpreisträgers gewarnt. Bangladeschs Regierung geht gegen ihre Kritiker vor. Nach dem Wahlsieg fühlt sie sich sehr sicher. Es gibt nur Vermutungen über das Motiv von Hasina: Sie hat vielleicht Angst vor ihm in der Politik. Sie duldet keine politischen Gegner - erst recht keine, die berühmter sind als sie selbst.

Flüchtlinge: Die Behörden wollen stundenweise die Mobilfunknetze in Flüchtlingslagern der Rohingya abschalten. Man gibt Sicherheitsbedenken vor. Wahrscheinlich geht es aber darum, den Aufenthalt weniger "behaglich" zu machen. Sie sollen nach Myanmar zurückkehren, wollen aber nicht, weil sie Angst haben. Am 23.3.21 brennt ein großes Flüchtlingslager. Es gibt mindestens 15 Tote. Knapp 1 Mio. Rohingya leben in Bangladesch in einem der größten Flüchtlingslager weltweit. Ihre Integration lehnt das Land ab. Bangladesch erlaubt keine festen Gebäude und gepflasterten Wege in dem mit Stacheldraht umzäunten Lager. Alle soll provisorisch bleiben. Vgl. NZZ 20.3.24, S. 7.

Wirtschaft:  Währung Taka. BIP-Wachstum 2022 6,2%; BIP 2017 250 Mrd. US-$.    Das Bruttonationaleinkommen pro Kopf beträgt 2015 1190 US-$. 2022 beträgt das BIP pro kopf 2615 $. 2015 lag das BIP bei 195,1 Mrd. US $. Inflation 8,8%. Haushaltssaldo -5,4% (des BIP).

Textilproduktion: Sie ist der Kern der Wirtschaft. Dabei handelt es sich um Billigproduktion.  Der Umfang liegt bei 40 Mrd. $.  Sie macht 80% des gesamten Exports aus. Sie leidet besonders durch die Corona-Krise. Allein die drei Anbieter Primark, H&M und Zara stornieren Aufträge im Wert von 3 Mrd. $. Besonders wichtige Güter sind Baumwolle und Stoffe. In dem Land lassen viele westliche Firmen Stoffe und Textilien produzieren. Es gibt sowohl eigene Produktionsstätten, Lizenzen und Auftragsvergabe. Beim Brand einer Textilfabrik mit vielen Toten wird der Billighändler KIK beschuldigt und später in Deutschland verklagt. Bangladesch entwickelt sich zu einem wichtigen Land der Billiglohnproduktion. In der Corona-Krise sind mehr als 1000 Firmen geschlossen worden. eine Katastrophe für die Menschen, die auf den Lohn angewiesen sind. Ein Lieferkettengesetz bliebe auch nicht ohne Folgen. Die Textilarbeiterinnen sind dem Elend machtlos ausgesetzt. Sie müssen sich Geld leihen, um Nahrungsmittel zu bekommen (Zinsen bis zu 15% pro Monat, jahrelange Abhängigkeit). Immer wieder kommt es zu schweren Brandkatastrophen. Über 50 Menschen kommen im Sommer 2021 in Dhaka ums Leben. Der Fabrikbesitzer wird wegen Mordes und Kinderarbeit angeklagt. Durch die Corona-Pandemie wird die Textilbranche 2020 schwer getroffen.

Arbeitskämpfe, Gewerkschaften: Ende 2023 kommt es zu hohen Entlassungen nach Streiks. Die Gewerkschaften sehen die Streiks als Ursache. Es gibt auch einen Zusammenhang mit den Wahlen Anfang Januar 2024. Die Regierung hatte 2023 schon die Mindestlöhne angehoben. Aus Deutschland fertigen Adidas und Puma in Bangladesch.Andere bekannte firmen sind Levi Strauss, Under Armour und Abercombie & Fitch.

Energie: Nutzen aus billiger russischer Energie: Die Firma Baden Board, Gernsheim am Rande Schwarzwaldes muss 2022 Insolvenz anmelden. Die Firma macht Kartons für Tiefkühlpizzas und Getränke-Sixpacks. Dabei wird viel Gas gebraucht. Die Explosion der Gaspreise durch den Ukrainekrieg hat das unternehmen in die Pleite getrieben. Ein Investor will die Fabrik in Bangladesch wieder aufbauen. Vgl. Nezik/ Rückl: Putins unberechenbares Spiel, in: Die Zeit Nr. 31/ 28. Juli 2022, S. 19.

Außenhandel: Das Land muss mehr importieren (Vorleistungen, Energie) als es exportiert (Textilien, Leder). Dabei ist es auch massiv vom Verteilungskampf um Energieressourcen betroffen:  Wenn Deutschland abrupt LPG auf dem Weltmarkt nachfragt, greift es in die volatilen Verträge ein und kauft Bangladesch mit höheren Preisen das Gas weg (Reaktion auf das drohende Gas-Embargo gegen Russland)

Lebensmittelindustrie: In Rupganji wird gegen einen Besitzer wegen der Beschäftigung von Kindern ermittelt.

Youtube-Dörfer: Mittlerweile gibt es Youtube - Dörfer. In Videos geht es ums Essen. Menschen werden im Internet berühmt. Alles ist gigantisch, bunt und authentisch. Im Mittelpunkt steht das Dorf Shimulia ("Youtube-Dorf"). Auch andere Dörfer zeigen ihre spezielle Essenskultur der Welt und verdienen Geld damit (Kochvideos).

Bildungswesen: Es gibt viele private Schulen und Hochschulen. Sie werden von Saudi-Arabien finanziert und sind islamisch ausgerichtet. Sie sind insgesamt autonom gegenüber dem Staat. sie werden manchmal instrumentalisiert, z. B. wenn der Islam als Religion oder Mohammed vermeintlich angegriffen werden.

Umwelt: Der Super-Zyklon "Amphan" zerstört im Mai 2020 die Lebensgrundlage vieler Menschen.

Müllberge: Berühmt ist die Mülldeponie Halishahar in der Hafenstadt Chittagong. Es sind vor allem Mädchen und junge Frauen, die unter erheblichen Gesundheitsrisiken Materialien wie Kunststoff und Metalle aus dem Müll klauben. Sie wollen ihre Familien unterstützen, obwohl der Tageslohn lächerlich niedrig ist.

Katastrophen: Im Juni 2022 gibt es eine schwere Explosion im Containerhafen. Über 30 Menschen kommen ums Leben. die Ursache muss noch geklärt werden. Monsun-Stürme und schwere Überschwemmungen lösen im Juni 22 eine Katastrophe aus. Ganze Dörfer müssen evakuiert werden. Es gibt über 20 Todesopfer. Beim Einsturz einer Hängebrücke kommen Ende Oktober 2022 über 60 Menschen ums Leben. Die Brücke aus der britischen Kolonialzeit war gerade renoviert worden. Wahrscheinlich waren zu viele Menschen auf der Brücke.

Bangladesh Garment Manufactures and Exporters Association, Dhaka (BGMEA, Chefin 2021 Rubana Huq; Organisation seit 1983).

 

Sri Lanka (Allgemein. bis 1972 Ceylon, 1948 unabhängig von Großbritannien) ist ein Inselstaat. Daten: 21,9 Mio. Einwohner (2022, 21: 22 Mio.). Verteilung der Bevölkerung: Stadt 19%; Land 81%. Altersmedian 32,7 Jahre. Religionen: Buddhismus, Hinduismus, Islam, Christentum. Sprachen: Sinhala, Tamil, Englisch.

Politik und Konflikte: Jahrzehnte prägten Konflikte zwischen Tamilen und Ceylonesen (Singhalesen) das Land. Im Mai 2017 töten Überschwemmungen über 150 Menschen. 2018 gibt es blutige Auseinandersetzungen zwischen Buddhisten und Moslems (mit 10 Prozent in der Minderheit). Der deutsche Bundespräsident Steinmeier muss eine Reise in das Land verschieben. In der Hauptstadt Dhaka bewegt sich im Verkehr so gut wie nichts mehr (einziger langer Stau). Sri Lanka liegt am südlichen Zipfel Indiens. Die Insel ist etwa so groß wie Bayern. Allerdings leben dort 22 Mio. Menschen. Die große Mehrheit der Bevölkerung ist buddhistischen Glaubens. Im nördlichen Teil der Insel leben auch Tamilen, die überwiegend Hindus sind. Viele Tamilen haben die Briten auf die Insel gebracht, weil Einheimische nicht auf den Teeplantagen arbeiten wollten. Auf Sri Lanka machen Deutsche gerne Urlaub, vor allem im Winter "Vorstufe zum Paradies"). 2018 tobt ein Machtkampf auf der Tropeninsel. Welche Regierung ist legitim? Hinter dem Streit dreier Rivalen steckt ein grundsätzliches Problem: Wer hat mehr Einfluss - Indien oder China? Das oberste Gericht untersagt im November 2018 dem Präsidenten Sirisena, das Parlament aufzulösen. Damit wird die Position des entlassenen Ministerpräsidenten Wickremesinghe gestärkt. Der Präsident wollte eigentlich Rajapakse einsetzen. Der entlassene Ministerpräsident kehrt aber auf seinen Posten zurück. Damit setzt sich auch Indien durch. Im Süden der Insel hat China aber einen Hafen gebaut. Er ist ein wichtiger Transithafen. Als das Land die Zinsen nicht mehr bezahlen kann, übernimmt China für 99 Jahre die Kontrolle über den Hafen. Proteste der Bevölkerung nützten nichts. Sri Lanka spielt auch eine wichtige Rolle im Neuen Seidenstraßenprojekt Chinas. Hambantota in der Südprovinz wird in einem großen Infrastrukturprojekt von China zum Hafen umgebaut. Früher wurden hier Wassermelonen gehandelt. Das Land  ist schon so verschuldet, dass der Hafen für 99 Jahre von China kontrolliert werden kann. Man munkelt, dass auch eine Militärbasis entsteht. China gibt die Kredite, wobei nach bewährtem Rezept ca. 90% wieder bei chinesischen Firmen landen. Es ist auch ein Flughafen entstanden, der seit Jahren keine Flüge hat. In Sri Lanka gibt es noch die Todesstrafe, die auch ausgeführt wird. Es fehlen allerdings Henker (die Vererbung der Position klappt nicht mehr). Man sucht sie 2019 per Zeitungsinserat. Bei Anschlägen auf christliche Kirchen und große Luxushotels werden im April 2019 über Ostern über 350 Menschen getötet. Der IS reklamiert die Anschläge für sich als Vergeltung für die Anschläge auf Moscheen in Neuseeland. Es scheinen tatsächlich radikale Muslime (Salafisten) hinter den Attentaten zu stecken. Der Anführer ist wohl umgekommen. Erstaunlich ist, dass die Attentäter aus besseren Kreisen mit höherer Bildung kamen. Es finden auf absehbare Zeit keine katholischen Gottesdienste statt aus Angst vor weiteren Anschlägen. Außerdem wird das Internet vorübergehend abgeschaltet. Die islamistischen Terrorattacken haben den Tourismus auf Sri Lanka fast zum Erliegen gebracht. Der Familienclan der Rajapakses will 2019 alle wichtigen politischen Ämter besetzen. Wahrscheinlich wird Gotabaya Rajapakses Gewinner bei der Präsidentenwahl (er war schon Verteidigungsminister); er hat ein langes Sündenregister. Tatsächlich gewinnt er die Wahl im November 2019 mit 52%. Der neue Präsident muss das Problem der Touristenflaute lösen. Der neue Präsident löst am 2.3.20 das Parlament auf. Es soll am 25.4. neu gewählt werden. Deutschland will zukünftig keine Entwicklungshilfe mehr an das Land zahlen (Kriterien: Demokratie, Korruption, Reformen).  In Sri Lanka ist der Theravada - Buddhismus die Hauptreligion. Sie kam um 1000 n. Chr. in das Land. Der Kontakt zwischen Mönchen und Soldaten ist traditionell eng. Hier lebt auch Nyanatiloka, der eigentlich Anton Gueth hieß. 1909 reist er in die Nähe von Lugano, um dort das erste buddhistische Kloster in Europa zu gründen. Sicher hat auch ein Hauptwerk von Hermann Hesse, nämlich Siddharta, zur Verbreitung des Buddhismus in Europa beigetragen. Hesse hatte eine Reise nach Indien gemacht.

Die Stadt Kandy in Sri Lanka verwahrt einen Schatz, dem im Buddhismus kein anderer ebenbürdig ist. Es handelt sich um den linken Eckzahn von Siddharta Gautama (ca. 563 v. Chr. - 483 v. Chr.). Kandy war einst die verborgene Hauptstadt des Singhalesischen Königreichs, das bis 1815 den Eroberungsgelüsten der Portugiesen und Briten trotzte. Sri Vikrama Rajasinha, der letzte König von Kandy, ließ einen großen künstlichen See anlegen. Direkt daneben liegt Sri Dalada Maligawa, der Zahntempel. Jeden Juli feiert Sri Lanka das größte buddhistische Fest der Welt. Ursprünglich wurde der Zahn in einem Kloster in der Nähe aufbewahrt. Siddharta Buddha wurde als junger Mann drei Mal mit dem Leiden der Welt konfrontiert (kranker Mann, alten Mann, Begräbnis). Dies führte zu der Erkenntnis, dass Wohlstand und Privilegien kein Schutz vor Leiden sind. Er kam zu drei Grundmerkmalen der Existenz: 1. Alles ist flüchtig und verändert sich kontinuierlich. 2. Es gibt kein Ich oder eine sterbliche Seele. 3. Leiden und Unfrieden sind der Kern der Existenz. Der mittlere Weg zur Erkenntnis soll befolgt werden, indem die vier edlen Wahrheiten gepflegt werden.

Sri Lanka ist ein Zentrum des Ayurveda. "Ayubowan" sagt man zur Begrüßung. Das bedeutet: "Ich wünsche dir ein langes Leben". Das Schlüsselwort dafür ist Ayurveda und reinigt den Körper. Kern ist dabei Shirodhara, der ayurvedische Stirnölguss mit warmem Therapieöl. Grundlage ist der "Sushruta Samhita", ein zweieinhalb Jahrtausende alter Sanskrit-Text.

Konflikte zwischen Ethnischen Linien: Es war der Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen, der das Land fast zerriss. Es gab nie nennenswerte Konflikte zwischen Christen und Muslimen. Beide sind kleine Minderheiten (7% Christen, 10% Moslems). 13% sind Hindus, mehr als 66% Buddhisten. Die extremen Buddhisten machten auch die meisten Übergriffe in der Vergangenheit. Um so unerwarteter war der muslimische Anschlag im April 2019. 2022 nehmen die religiösen Spannungen spürbar zu. Die Christen gehen auf die koloniale Vergangenheit zurück.

Wirtschaft: BIP-Wachstum 2022 5,6%. BIP 75,3 Mrd. US-$ 2022. BIP 87,1 Mrd. Dollar (2017, 2020: 80,7 Mrd. $); 7% des BIP umfasst die chinesischen Projekte.  Ein wichtiges Exportprodukt ist Tee. BIP pro Kopf 2022 5707 $. Inflation 2022 3,3%.

Wirtschaftspolitik: 2025 wurden die Importe gesenkt. Dei Produktion und der Export von High-Tech-Gütern wurde angekurbelt.

Landwirtschaft: Das Pestizidverbot führte zu Ernteausfällen. Reis- und Maisproduktion brachen ein. (ein Drittel und die Hälfte).

Inflation: 72,5% 2024. Hauptursache Ukraine-Krieg.

Staatsverschuldung: 50 Mrd.$ bei Privaten Gläubigern, 11,2 Mrd. $ bei multilateralen Organisationen, 7,3 Mrd. $ bei China, 6,8 Mrd. $ bei anderen Ländern.

Zentralbank: Chef ist 2024 Nandalal Weerasinghe.

Für den Hafen Hambantota nahm das Land Kredite von China auf, die nicht mehr bedient werden konnten. So gehört nun der Hafen für 99 Jahre nicht mehr zu Sri Lanka. Das war der Deal mit einem chinesischen Staatskonzern: Schuldenerlass gegen 99 Jahre Verpachtung. China kann jetzt über den Hafen als Teil des Seidenstraßenprojektes verfügen. Das ist der einzige bisher bekannte Fall von Schuldendiplomatie im Rahmen der Seidenstraße. Hambantota ist mit Südchina und Kiaukpyu in Myanmar verbunden und verkürzt den Seeweg. Sri Lanka hat insgesamt hohe Schulden bei China, das sich nicht auf einen Schuldenschnitt einlässt.

Anfang September 2020 liegt ein Öltanker nach Explosion und Brand vor der Küste. Die New Diamond ist mit Rohöl und Diesel beladen. Eine ökologische Katastrophe kann verhindert werden.  Im Mai 2021 droht dem Land eine Umweltkatastrophe. Es gibt ein großes Schiffsunglück vor der Küste. Die schlimmste Strandverschmutzung der Geschichte könnte die Folge sein. Tonnenweise werden Plastikkügelchen angespült. Besonders bedroht ist die Negombo - Lagune, die berühmt ist für ihre Krebs und Riesengarnelen. Die Fischzucht ist bedroht, ebenso wie die bei Urlaubern beliebten Strände.

2020 konnte die Covid-Pandemie durch Einreisestopp und Quarantänen gut eingedämmt werden. Alles führte sie zu einer Rezession, so dass das BIP schrumpfte. Um die Zahlungsfähigkeit des Landes zu stärken, stellte die VR China im März 21 einen zusätzlichen Kreditrahmen von 10 Mrd. Yuan zur Verfügung.

Im April 2022 kommt es wegen der hohen Teuerung zu Massenprotesten. Die Preise für Tomaten, Milch und Medikamente haben sich innerhalb weniger Wochen verdoppelt. Es droht eine Staatskrise. Das Kabinett tritt zurück. Die Aussichten auf ein IWF-Paket verschlechtern sich dadurch. Es geht 2022 die Angst vor dem Staatsbankrott um. Die  Schulden können nicht mehr bezahlt werden. Den letzten Rest hat dem Land Covid gegeben. Die Chinesen wollen nicht mehr helfen; selten erlassen sie einem Land auch die Schulden. die Verträge enthalten alternative Tilgungsmöglichkeiten: Naturalien, Bodenschätze. Im Mai 22 tritt die Regierung Sri Lankas nach Ausschreitungen zurück. Die gewalttätigen Unruhen gehen weiter. Im Juli 2022 wird der Präsidentenpalast von Aufständischen besetzt. Sie bleiben dort, um den Präsidenten und seinen Bruder zum Rücktritt aufzufordern (Rajapaksa). Der Präsident flieht auf ein Marineboot und kündigt seinen Rücktritt an. Die Bevölkerung ist hungrig, zermürbt und wütend. Am 13. Juli 22 besetzt sie auch den Regierungssitz. Auch Wickremmmesinghe soll gehen. Rajapaksa flieht auf die Malediven.

Das Land ist hoch verschuldet. Premier Mahinda Rajapaksa und alle Minister ist weg. Neuer Premier ist Wickremmesinghe.  Er erklärt den Bankrott des Landes. Es ist die schlimmste Wirtschaftskrise des Landes. Der Tourismus ist wegen Corona weg gebrochen. Durch den Ukraine-Krieg fehlen dem Land Agrarprodukte. Man hofft auf Unterstützung des IWF, China und Indien. China hat große Projekte im Land finanziert, aber über Kredite. Diese können nicht bedient werden. Sri Lanka könnte in den Konflikt zwischen China und Indien geraten. Man wendet sich an Putiin, um Öl und Kredite zu erhalten. Vgl. auch: Fähnders, Till: Sie genießen einen super Luxus, während wir leiden, in: FAZ Nr. 158/ 11.7.22, S. 3. Am 20.7.22 wird Ranil Wickremesinghe vom Parlament zum Präsidenten gewählt. Dei Demonstranten sehen in ihm einen Verbündeten des früheren Staatsoberhauptes.

2023 blockiert China Staatshilfen. Der IWF steht bereit. Der gewährt auch 2,9 Mrd. US-$ als Rettungskredit. Aber China will nur bilateral agieren, weil es mittlerweile die Institution IWF ablehnt. Andere Staaten wie Indien und der Pariser Club sind kooperationsbereit. Vgl. Der Spiegel 8/ 2023, S. 71.

Ein sehr wichtiges Exportprodukt ist Tee. Er wird auf Farmen produziert. Gehandelt wird er über Börsen. Abnehmer sind die größten Tee-Handelsfirmen der Welt. Der Tee ist weltberühmt.

2022 rutscht das Land in eine historische Wirtschaftskrise. Es leidet heute darunter, dass China und die USA hier um geopolitische Interessen rangeln. Auch 2023 ziehen die Menschen auf die Straße. sie sind gegen Steuererhöhungen, Chinas wachsenden Einfluss, steigende Lebenshaltungskosten und drohende Armut. Die Verschuldungskrise verschärft sich 2023 und 2024.

Tourismus: Sri Lankas Westküste besticht mit traumhaften Stränden und viel Kultur. Palmsaftzapfer klettern in luftigen Höhen, Stelzenfischer warten auf den großen Fang. In einer der größten erhaltenen Festungen Südasiens werden Erinnerungen an vergangene Zeiten wach. Colombo ist ein Mix der Kulturen. Schon früh siedelten sich Römer, Araber und Chinesen an. Die Holländer bauten im 18. Jahrhundert den Dutch Canal zum Transport von Fischen und Zimt. Der Wegbruch des Tourismus in corona stützt da sLand weiter in die Krise.

Volksgruppen: 2009 schlossen die Volksgruppen der Tamilen und Singhalesen Frieden.

 

Indonesien:

Inhalt: Emil-Helfferich-Sammlung, Geschichte, Revolusi, Urzeit, Bevölkerung und Kultur, Documenta Kassel 2022, Wayang Kulit, Messerkultur, Volksgruppen, Frauen, Strafrechtsreform im Sexualrecht, Politik, Provinzen, Wichtige Städte, Neue Hauptstadt "Nusantara", Gesundheit, Religion, Wichtige Wirtschaftsdaten und Wirtschaft, Außenhandel, Ausfuhrverbote für Rohstoffe, Verschuldung, Aktuelles bei WirtschaftStaatsfonds und Staatsholding, Antikorruptionsbehörde KPK, Rohstoffe Indonesien, Nickel, Missstände in den Nickelminen,  Energiepartnerschaft, Omnibusgesetz Wirtschaftsintegrationen, Indonesien und Deutschland, Indonesien und Neue Seidenstraße, Indonesien und China,  Indonesien und RohingyaNaturkatastrophen, Umwelt, Reisterrassen der Subak, Manuelle Salzgewinnung auf Bali Nationalpark Tanjung Puting, Regenwald, Volk der Fayu, Orang-Utans, Tiger, Roter Meereskrebs namens Sahra WagenknechtAnamba-ArchipelPapua-Neuguinea, VulkaneArbeitsmarkt, Kinderarbeit, Matriarchat, Aktuelles. Quellen.

   Jan Pieterson Coen (1587 - 1629) legte den Grundstein der niederländischen Kolonialmacht im fernen Osten. Er stammte aus Hoorn in Nord-Holland. Dort steht heute das oben abgebildete Denkmal. Im 16. Jahrhundert war die Stadt der bedeutendste Hafen in der damaligen Zuiderregion. Handel und Seefahrt florierten. Er gründete auch Batavia auf Indonesien (s. u.). In Hoorn gab es zahlreiche Bierbrauerein, Goldschmieden und Tuchwebereien. Es gab auch Fischfang und Schiffsbau. Nach Hoorn ist auch das Kap Horn benannt. Willem Schoutens aus Hoorn umsegelte 1616 als erster den südlichen Zipfel des amerikanischen Kontinents. Coen gründete die Vereinigte Ost-Indien- Kompanie (VOC) 1602 (s. u.). Sie begründete eine Epoche der Expansion der Niederlands nach Asien, insbesondere Indonesien. Es war Kolonialisierung, die mit  dem 2. Weltkrieg langsam zu Ende ging. Das gilt als Auftakt zur globalen Entkolonialisation.

Das siebzehnte Jahrhundert gilt als das "Goldene" in der Geschichte der Niederlande. Die Flotte mit ihren Handelsschiffen transportierte Waren aus aller Welt. Zwischen 1640 und 1670 waren die Niederlande auch weltweit größter Sklavenhändler. Auf der Rückreise nach Europa brachten die Schiffe Kaffee, Baumwolle und Zucker mit. Das Land versklavte in 200 Jahren schätzungsweise 500.000 Menschen. Die Niederländische Regierung will dafür um Vergebung bitten. Als bestes Datum dafür gilt der 1. Juli 2023, 160 Jahre nach der offiziellen Abschaffung der Sklaverei durch die Niederlande (1863). Die stattlichen Herrenhäuser in Amsterdams Grachten mit ihren Gemälden zeugen noch heute vom einstigen Reichtum.

Exkurs Emil Helfferich - Sammlung: Der gebürtige Neustadter Emil Helfferich starb vor etwa 50 Jahren 1972 auch in Neustadt an der Weinstraße. Die Sammlung umfasst ostasiatische Kunstgegenstände (von Reisen des Kaufmanns mitgebracht) und eine umfangreiche Bibliothek. Früher war die Sammlung in der Villa Böhm in Neustadt untergebracht, was eigentlich unmöglich war, weil das Haus einmal einem jüdischen Architekten gehört hatte.2022 lässt die Stadt die Rolle von Helfferich historisch genauer untersuchen (auch eine Straße in Neustadt ist nach einem Bruder benannt). Seit 1997 ist die Sammlung im Ostasieninstitut in Ludwigshafen am Rhein untergebracht. Das geht über jeweils zehnjährige Leihverträge. 2019 lehnte es der Stadtrat ab, die Karl-Helfferich-Straße umzubenennen, die nach seinem Bruder benannt ist. Es soll eventuell noch mal darüber entschieden werden. 2023 wird eine Umbenennung vom Stadtrat beschlossen. Ein neuer Name muss her.

Bei Emil Helfferich interessieren heute drei Aspekte: 1. Wie war sein Nazi-Vergangenheit? Hellferich war - zumindest lange Zeit - glühender Nazi. Er gehörte dem Heinrich Himmler Freundeskreis an. Er besuchte auch Konzentrationslager, wie Dachau. Er hatte ein enges Verhältnis zu SS-Gruppenführer Otto Ohlendorf, der für Massenmorde in der Ukraine verantwortlich war. Gegenüber dem Bankier Max Warburg distanzierte er sich nicht von Antisemitismus der Bank. Er war wohl auch wie sein Bruder Karl gegen Demokratie und Erzberger in der Weimarer Republik (wurde 1921 von Rechtsterroristen ermordet. Karl starb schon 1924 bei einem Eisenbahnunglück, die Bennennung der Straße nach ihm war eine Belohnung der Nazis für die er agitiert hatte). 2. Wie dachte er über Ostasien? Sein Grabmal auf dem Neustadter Hauptfriedhof ist einem javanischen Tempel nachempfunden. 1934 übernahm er den Vorsitz des Ostasiatischen Vereins in Hamburg. Sein Vorgänger Martin March wollte nichts mit den Nazis zu tun haben. Helfferich hat Memoiren geschrieben. Die zeugen von Eitelkeit, Selbstüberschätzung, aber auch von Rassismus. War er damit nur ein Kind seiner Zeit? 3. Inwieweit steht die Sammlung symbolisch für Kolonialismus und Imperialismus? Kann man nur von Reiseandenken sprechen? Leider fehlen bis heute Beschreibungen und Erläuterungen über die Hintergründe der Zeit. Man ist also bei weitem noch nicht so weit wie bei der "Judensau" an der Wittenberger Kirche. Vgl. auch: O. V.: Himmlers Busenfreund, in: Die Rheinpfalz Nr. 145, 25. Juni 2022. Auch Nr. 24/ 28.1.23.

Geschichte: (früher: Niederländisch-Indien, holländische Kolonie; vgl. Helfferich-Sammlung im Ostasieninstitut Ludwigshafen/ HWG LU, wo es wichtige Ausstellungsstücke dazu gibt). Der südostasiatische Staat besteht offiziell aus 17.508 Inseln.  Damit ist das Land der größte Inselstaat der Welt. Auf der Insel Sulawesi werden 39.900 Jahre alte Höhlenmalereien gefunden (sie sind ähnlich alt wie in Europa und sind erste Hinweise auf abstraktes Denken). 686 greift eine rInschrift zufolge die Flotte des Reiches Srivijaya im Südosten von Sumatra die Nachbarinsel Jawa an. Bis zum Ende des folgenden Jahrhunderts bringen die buddhistischen Herrscher von Srivijaya weite Teile Sumatras und der Malaiischen Halbinsel unter ihren Einfluss. sie kontrollieren die dazwischen liegende Meerenge, den günstigsten Weg der Schiffe auf der Handelsroute zwischen China uns Indien. Es sind eine Vielzahl von Fürstentümer. 1300 künden arabische Schriftzeichen auf dem Grabstein eines Herrschers von Pasai im Norden Sumatras vom Tod eines zuvor Verstorbenen im Fastenmonat Ramadan. Damit ist das ein Zeugnis des ersten islamischen Reiches in der Region. 1365 verfasst ein javanischer Hofpoet das Verseros "Nagarakretagama". Es erzählt von den Taten des Herrschers Hayam Wuruk, der im Nordosten Javas residiert. 1527 erobert der Sultan des nordjavanischen Demak die Kapitale. Die Herrscherfamilie flieht nach Bali und nimmt den Hinduismus mit. 1546 will der Jesuit Francisco Javier  aus Portugal den katholischen Glauben verbreiten. Indonesien war früher eine holländische Kolonie. 1602 wurde die Vereinigte Ostindische Companie in Amsterdam gegründet (VOC). 1605 wurden die Portugiesen von der Insel Ambon vertrieben. Sie blieben aber in Malakka, einem der wichtigsten damaligen Handelspunkte der Welt. Die VOC beherrschte Jahrhunderte Indonesien. Noch heute erinnert die Architektur in vielen Städten an Holland. Eine Million Menschen wurden aus Europa nach Indonesien gebracht. Die meisten waren Soldaten aus vielen europäischen Ländern. Sie unterschrieben Schuldscheine für Kost und Logis. 1609 wurde Djakarta erobert. Man nannte es Batavia und wurde zum Zentrum der VOC. 1649 wurde das Sultanat Malakka erobert (Durchfahrt zwischen Sumatra und Malaysia). Europa wollte die Rohstoffe, die Europäer blieben aber nur auf Zeit. 1799 ging die VOC Pleite. Aber bis 1942 blieb Indonesien holländische Kolonie. 1942 marschierten die Japaner ein (Start 1941 mit dem Angriff auf Pearl Harbour). Sie rekrutierten 270.000 einheimische Zwangsarbeiter, von denen nur 52.000 heimkehrten. Viele junge Mädchen dienten den japanischen Männern als so genannte Trostfrauen (Prostituierte). 1945 endete die japanische Herrschaft mit der Kapitulation des Landes. Indonesien wurde unabhängig, offiziell aber erst 1949. Zwischen 1967 und 1998 wurde der Inselstaat vom brutalen Diktator Suharto regiert. Unter ihm war Prabowo, der Wahlsieger 2024, ein mächtiger General. Er war zusätzlich der Schwiegersohn Suhartos, Es gab in der Zeit zahlreiche Menschenrechtsverletzungen.

Revolusi: Die Unabhängigkeit wurde 1945 vom späteren Präsidenten Sukarno proklamiert. Es folgte ein mehrjähriger brutaler Krieg. Diese "Revolusi" war in zweierlei Hinsicht Weltgeschichte: Sie ergab sich aus einem globalen Konflikt und hatte globale Signalwirkung. Nicht zuletzt mit der Konferenz von Bandung (1955) setzte sich Indonesien an die Spitze der Dekolonisation, die bald auch Afrika erfasste und die ganze politische Landkarte. Vgl. Reybrock, David van: Revolusi. Indonesien und die Entstehung der modernen Welt, Berlin 2022.    Mit knapper Mehrheit entscheidet Indonesiens Verfassungsgericht im Dezember 2017, dass außerehelicher Sex erlaubt bleibt. Jayus: Das indonesische Wort beschreibt einen derart schlechten Witz, dass er fast schon wieder lustig ist. gibt es nur in der Sprache.

Urzeit: Sulawesi (Insel östlich von Bormeo): 2017 wurden in einer Höhle Zeichnungen entdeckt. Vor allem ein überlebensgroßes Bild des Sulawesi-Warzenschweins. Im Januar 2021 können die Zeichnungen datiert werden. Sie sind die ältesten der Welt: 45.500 Jahre alt. Die These von neoltihischen Bauern, die vor 4000 Jahre aus Südchina kamen, scheint widerlegt.

Bevölkerung und Kultur: Einwohner 270 Mio. (2020); Bevölkerungswachstum 1 Prozent. Das Land kommt nach China, Indien und den USA an vierter Stelle. Es ist die drittgrößte Demokratie der Erde. Es leben 50,7% in Städten. Bevölkerungsdichte (Einwohner je Quadratkilometer) 12768 (Jakarta), 188 (Nordsumatra). Ethnien: 41% Javaner, 15,5% Sudanesen; 3,7% Malaien; 1,2% Chinesen und viele andere. Durchschnittsalter 29,2 Jahre; 4% sind jünger als 25. Durchschnittsheiratalter 19,6 Jahre. Einwohner unter der Armutsgrenze: 11,7%. Rund 700 Sprachen werden in dem Land gesprochen. Am weitesten verbreitet ist traditionell Malaiisch (die Niederländer wollten nur Handel, drängten aber nicht ihre Sprache auf). Sie führten aber 1901 die lateinische Schrift ein. Im Februar 2020 gehen Behörden gehen nicht verheiratete Paare vor. In der Stadt Makassar/ Insel Sulawesi werden sogar Paare festgenommen. Der Valentinstag ist umstritten. Der Pfälzer Klappverein, der den Kalmit-Klapprad.Cup jährlich ausrichtet, bemüht sich um eine Partnerschaft mit dem indonesischen Klappradverband. Der soll aus bis zu 300 Chaptern bestehen. Es ist einer der größten der Welt im Klapprad-Weltverband.

Documenta Kassel 2022 (documenta fifteen): Die Documenta in Kassel findet alle fünf Jahre statt. Sie kostet 2022  42 Mio. € (getragen vom Bund, Land Hessen und der Stadt Kassel) 2022 ist das Projekt Wagiwagi auf der Dokumenta Kassel. Es geht um nachhaltiges Wirtschaften in Indonesien und Taiwan. Beteiligt sind etwa die taiwanesische Kuratorin Yipei Lee und der britische Künstler Celyn Bricker. Das indonesische Kunstkollektiv Ruangrupa hat die künstlerische Leitung der Ausstellung insgesamt. Es bezog Organisationen ein, die die BDS-Kampagne unterstützen. Sie ruft mit Blick auf den Palästina-Konflikt zum wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Boykott Israels auf. Das löst viel Kritik aus, auch beim Bundespräsidenten. Einige sprechen von der Kunstmesse der Schande, weil israelische Künstler nicht ausstellen dürfen. Palästinensische Künstler setzen in der Serie "Guernica Gaza" klassische Gemälde mit Bildern israelischer Anti-Terror-Operationen zusammen. Ein Beitrag des indonesischen Künstlerkollektivs Taring Padi führt zu einem Skandal: Auf einem großflächigen Banner am Friedrichplatz ist unter anderem ein Soldat mit Schweinsgesicht zu sehen. Er trägt ein Halstuch mit einem Davisstern und einem Helm mit der Aufschrift "Mossad". Das Kunstwerk wird durch die Leitung der Documenta verhüllt, später abgebaut. Es wird auch Kunst aus der Sicht von Thailand und den Philippinen definiert als Freiraum für eine Welt, die man sich selbst schaffen muss.

Grundsätzlich geht es um 14 Kollektive im globalen Süden. Sie sind aus Brasilien, Kolumbien, Kuba, Osteuropa (Rumänien, Bulgarien), Kenia, Uganda, Nigeria, Australien, Indonesien, Taiwan, Thailand, Philippinen Es geht auch um alternative Formen des Wirtschaftens. so etwa um Cheesecoin. Das ist ein Tauschsystem. Es wird eine Geschenk-Ökonomie modelliert. die Nachbarschafts- und Peer-to-peer-Tauschsysteme nachempfindet. Dinge werden verschenkt, um ein komplexes Geflecht sozialer Beziehungen zu kreieren. Es  gibt auch ein "Internet des Gestanks". Schimmel.Bakterien und Pilze des Käse sind Echt-Zeit-Sensoren. Sie messen Umweltbedingungen. Wenn die Bedingungen günstig sind, werden Chese-Coins erzeugt. Die Herstellung der Cheese-Coins wird auf einem Geschenk-Holz überprüft. Es hat dei Funktion eines traditionellen Kerbholzes, das Schulden aufzeichnet.

Exkurs: Messer-Kultur in Indonesien: Das Land hat eine große Messer-Kultur. Bekannt sind Karambit, Hawkbill, Nashiji Gyoto, Kris, Kujang, Keris. Von den antiken Messern Kris und Keris gibt es viele Untermodelle. einige kann man im Deutschen Klingenmuseum in Solingen - Graefrath sehen.

Wayang Kulit: Kultur auf Java. Abbild der Menschheit und zeigt Gut und Böse. Die Charaktere stellen Archetypen der Gesellschaft dar und werden teils als Vorbilder gesehen. Man arbeitet viel mit Schattenspielen und Theater. Farben werden für Gesichter und Körper verwendet. Am häufigsten und neutral ist Gold. Weiß steht für offen und ehrlich. Schwarz bedeutet edel. Quelle: Museum für Weltkultur, Frankfurt. Das Museum ist am Museumsufer am Main.

Volksgruppen: Es gibt 360 verschiedene Völker. Die größten Minderheiten sind die Malaiischen Völker und die Chinesen (8 Mio.).  In Indonesien werden über 500 regionale Sprachen gesprochen (deshalb ist Englisch primäre Geschäftssprache).

Frauen: Es gibt zunehmend strengere Regeln. Etliche Provinzen und Städte haben mittlerweile harsche Kleiderordnungen für Mädchen und Frauen. Wenn sie sich nicht daran halten, haben sie mit Diskriminierung, Mobbing und Gewaltandrohung zu kämpfen. In der Provinz Aceh im norden von Sumatra gilt das islamische Recht Scharia. Insgesamt gibt es mehr als 60 Dekrete im Land, die sich mit Kleiderordnung für Frauen beschäftigen. Es geht hauptsächlich um Jilbab und Hijab.  Quelle: Human Rights Watch 2022.

Strafrechtsreform im Sexualrecht: Im Dezember 2022 verschärft das Parlament die Regeln für Sex (Strafrechtsreform): Sex außerhalb der Ehe wird unter Strafe gestellt. Das gilt auch für Sex vor der Ehe. Auch das Zusammenleben unverheirateter Paare wird verboten. Das Gesetz gilt auch für Ausländer. Verstöße werden mit bis zu einem Jahr Gefängnis bestraft.

Politik: Hauptstadt Jakarta. Verwaltung: 34 Provinzen, Sonderegion Yogyakarta, und 3 Provinzen mit Sonderstatus: Aceh, Papua, West-Papua. Staatsform Präsidiale Republik. Staatsoberhaupt ist der Präsident. Legislative ist die Volksversammlung. die Verfassung ist von 1945. Wählen darf man ab 17. Im April 2019 steht der bisherige Präsident Widodo vor einer zweiten Amtszeit. Indonesien ist die drittgrößte Demokratie und das größte islamische Land der Welt, ("sanfter Islam"). Jakarta, die Hauptstadt, ist eine der größten, dreckigsten und überfülltesten Metropolen der Welt. Die Hauptstadt Jakarta (1527 gegründet, zwischenzeitlich Batavia; ca. 30 Mio. Einwohner) versinkt. 40% ihrer Fläche befinden sich bereits unter dem Meeresspiegel. Außerdem herrscht Überbevölkerung und Erdbebengefahr und ein ewiges Verkehrschaos. Bis 2024 soll der Regierungssitz deshalb in die Provinzstädte Palangkaraya und Balikpapan verlegt werden, die im Dschungel liegen. Vgl. dazu den nächsten Abschnitt. Am 14. Februar 2024 wählt das Land einen neuen Präsidenten. Der sehr beliebte Präsident Joko Widolo, genannt Jokowi, kann nicht wieder antreten. Das verbietet die Verfassung. 2014 kam er ins Amt. Wahrscheinlich wird Prabowo Subianto nachfolgen. Er ist ein 72-jähriger Ex-General und Verteidigungsminister. Er ist ein China-Fan. Indonesien brauche Europa nicht mehr. Tatsächlich wird Subianto der Wahlsieger (gezählt wird im Februar 2024 noch immer). Zwischen 1967 und 1998 wurde der Inselstaat vom brutalen Diktator Suharto regiert. Unter ihm war Prabowo, der Wahlsieger 2024, ein mächtiger General. Er war zusätzlich der Schwiegersohn Suhartos, Es gab in der Zeit zahlreiche Menschenrechtsverletzungen. Er hat also eine dunkle Vergangenheit.

Provinzen: Das Land besteht aus 34 Provinzen. 24 sind streng islamisch. 1 Sonderegion, 1 Hauptstadtdistrikt. Es gibt geschätzte 17.000 Inseln. Man hat drei verschiene Zeitzonen.

Wichtige Städte: Bekasi, Surabaya, Depok, Bandung (Konferenzort 1955!), Tangerang, Medan, Semarang, Patembang, Makassar.

Neue Hauptstadt "Nusantara": Das bedeutet "Archipel". Im Januar 2022 wurde die neue Stadt auf Borneo vom Parlament beschlossen. Baubeginn soll noch 2022 sein. Budget: 35 Mrd. Dollar. Geplanter Umzug des Regierungsapparates 2024. Bis 2045 soll ganz Nusantara fertig gestellt sein.

Militär/ Rüstung: Die USA versuchen, das Land in eine Allianz gegen China hineinzuziehen (Quad). Auf der anderen Seite  strebt China an, das Land von sich abhängig zu machen (Kredite, Infrastrukturprojekte). Rheinmetall aus Deutschland liefert Panzer an Indonesien. Insgesamt ist Deutschland einer der größten Rüstungslieferanten für das Land. Im April 2021 helfen die USA, ein U-Boot vor Bali zu finden. Die Zeit drängt, da die Besatzung nur einige Tage überleben kann. Das U-Boot stammt auch aus deutscher Produktion (40 Jahre alt). Schließlich findet man die Reste des U-Boots (800 m, nur für 500 m geeignet, Besatzung tot). Wahrscheinlich werden noch deutsche U-Boote vom Typ 214 bestellt. Sie stammen von der deutschen Firma TKMS aus Kiel (U-Boote für flache Gewässer).  Beim Militär finden 2021 noch immer "Jungfrauentests" statt. Es sind Zwei-Finger-Tests bei Anwärterinnen. Nur Jungfrauen seien mental geeignet, um ihrem Land an der Waffe zu dienen. Es gelten aber für Frauen und Männer die gleichen Regeln (ist aber bei Männern nicht überprüfbar). Es gibt eine Diskussion über die Tests, worin sich die Organisation Human Rights Watch einmischt.

Gesundheit: Im September 2020 hat Indonesien 253.000 Infizierte mit Corona. Rund 10.000 Infizierte sind bisher gestorben. Corona trifft besonders hart den Tourismus, vor allem auf Bali. Indonesien verfolgt dann 2021 eine radikal andere Impfstrategie: Zuerst sind die Jüngeren an der Reihe. Man hofft dadurch auf eine schnellere wirtschaftliche Erholung. Der Impfstoff kommt überwiegend aus China (Sinovac; allerdings reicht er 2021 nur für die Hälfte der Bevölkerung). Man hat auch Impfstoff bei BionTech/ Pfizer bestellt.

In Indonesien gibt es eine überdurchschnittliche Zahl von Rauchern. Bei E-Zigaretten ist der Anteil mit 23% weltweit am höchsten (vor Italien und UK). Quelle: Statista.

Religionen: Indonesien ist das bevölkerungsreichste muslimische Land der Erde. Es wird eine gemäßigte und tolerante Form des Islam praktiziert (87,2% der Bevölkerung sind Muslime). In jüngster Zeit häufen sich allerdings Vorfälle, die auf eine Radikalisierung hindeuten. So wird etwa eine chinesische Gottheit verhüllt, weil sie zum Gegenstand von Kampagnen wird. Auch der IS zeigt sich häufiger in Aktionen. Viele radikale Indonesier waren Mitglieder des IS. Sie könnten in ihre Heimat zurückkehren. Um 1000 bis 1500 n. Chr. erfährt der Buddhismus, der bis dahin in Indonesien überwiegt, einen Niedergang und wird durch den Islam ersetzt. Die Gründe sind noch nicht ausreichend erforscht. Heute haben andere Religionen einen ganz geringen Anteil: Protestantismus (6,9%), Katholizismus (2,5%), Hinduismus (!,7%), Buddhismus (0,7%), Konfuzianismus (0,05%). Es gibt keine Staatsreligion. Indonesien kommt als größter islamischen Staat der Welt eine große Verantwortung für die Entwicklung des Islam zu. Es könnte bei der Eindämmung des militanten Islamismus helfen.

Wichtige Wirtschaftsdaten und Wirtschaft: Bruttoinlandsprodukt 2017 1016 Mrd. US-$; 2016 900 Mrd. US-Dollar; Wachstum 5,5% (Prognose 2017 +5,3%); Exportquote 5,8%; Arbeitslosenquote 5,8%; Aktienmarktbewertung 15,4 (Kurs/ Gewinn 2017, Schätzung). Wichtigste Handelspartner: China 8sowohl bei Export als auch bei Import), Singapur, Japan; Wichtigste Branchen Bergbau, Energie (2014; German Trade & Invest). Indonesien ist die zweitgrößte Fischereination nach China. 2015 leidet Indonesien besonders unter dem Absturz Chinas. Das Land hat eine große Abhängigkeit von Rohstoffexporten (Gold, Kupfer). Das Geschäft mit Palmöl ist besonders stark zurückgegangen, aber größter Palmölproduzent der Welt. Die Insel Java ist am wichtigsten; hier leben über 50% der Bevölkerung (ist liegt auch Jakarta). Weitere bekannt und wichtige Inseln sind Sumatra, Bali und Borneo. BIP-Anteile: Primärer Sektor (über 13%; aber über 40% der Erwerbstätigen), Sekundärer Sektor ca. 42%, tertiärer Sektor über 42%. 2016 streicht die Regierung Subventionen und investiert in Infrastruktur. Indonesien ist besonders abhängig von Fisch als Einkommens- und Nahrungsquelle. Vielen gilt das Land als der Zukunftsmarkt Asiens. Schon jetzt haben Holz, Palmöl und Kohle ausländischen Investoren angelockt. Das Land hat noch viele andere Rohstoffe (Kupfer, Zinn, Gas). Es ist politisch stabil und hat eine positive demographische Entwicklung. Insgesamt lagen die ausländischen Direktinvestitionen 2014 bei 22,3 Mrd. Dollar (aus Japan, China, Oman). Sie verhindern einen massiven Abschwung. Indonesien war der Star unter den Schwellenländern. In den letzten Jahren war das Wachstum bei 6%. Der Kurs der Landeswährung Rupiah fällt. Die Inflation steigt.  Bis Mitte des 21. Jahrhunderts soll Indonesien die siebtgrößte Wirtschaftsmacht der Erde sein. Im November 2017 findet in Jakarta die Asien-Pazifik-Konferenz statt. Bundeswirtschaftsminister Altmaier nimmt teil. Die Hälfte der Wirtschaftsleistung hängt vom privaten Konsum ab. Seit 2028 gibt es die Initiative "Making Indonesia 4.0" . Das Land will in der Zukunft zu den wichtigsten Wirtschaftsnationen der Welt gehören.

Außenhandel : Das Land verfügt über große Kohle-, Öl-, und Gasvorkommen. Wichtigste landwirtschaftliche Produkte sind Palmöl, Kautschuk, Kakao, Tee, Maniok, Reis, Gewürze, Heilkräuter, Geflügel, Shrimps, Fisch. Wichtige Industrieprodukte sind Gold, Textilien, Schuhe, Zement, Stahl, Kunsthandwerk, Papierwaren, Möbel. Bei Importen ist das Land  auf Weizenimporte aus der Ukraine angewiesen.

Ausfuhrverbote bei Rohstoffen: 2023 verbot das Land die Ausfuhr von Nickel. 2024 folgten Bauxit, Zinn und Kupfer. Das verärgerte die EU.

Verschuldung: Indonesien hat hohe Auslandsschulen in Dollar. Dei Aufwertung des Dollar 2022 macht dem Land massiv zu schaffen.

Aktuelles bei Wirtschaft: Im April 2022 gibt es einen Palmöl-Schock. Der Krieg in der Ukraine treibt die Preise für Nahrungsmittel. Indonesien schottet seine Palm-Öl-Produktion ab. Es soll keinerlei Palmöl mehr ausgeführt werden. Indonesien steht für ein Drittel des weltweiten Exports. Der Stoff wird industriell genutzt, aber auch von vielen Haushalten als preiswerte Alternative gebraucht. Das Beispiel macht Schule. Argentinien , der weltgrößte Soja-Produzent, erhebt eine Exportsteuer von 33%.  Die FAO warnt vor Kettenreaktionen. Erster Gewinner ist das Nachbarland Malaysia, der weltweit zweitgrößte Produzent. Vgl. Diemand, S./ Hein, C.: Palmölschock verursacht Chaos, in: FAZ Nr. 96/ 26.4.22, S. 15.

Aus Palmöl wird in vielen Industrieländern auch Bioethanol hergestellt. Das wird dem Benzin beigemischt. Damit soll der CO2-Aussstoß verringert werden. Das Abholzen des Urwaldes in Indonesien für Palmöl-Plantagen wird dem Land negativ angelastet, dafür ist es in Industrieländern ökologisch nützlich. Es zeigt, wie unsinnig die Weltklimapolitik ist.

Staatsfonds und Staatsholding: 2021 wird ein Staatsfonds eingerichtet: Indonesia Investment Authority (INA) 15 Billionen Rupiah (861,6 Mio. €). Ende 2021 um weitere 60 Billionen Rupiah aufgestockt. Mit 10 Mrd. $ wollen die  VAE helfen. Verantwortlich dafür ist die Finanzministerin Sri Mulyani Indrawati (vorher bei der Weltbank). Ebenso wird 2021 die Staatsholding Indonesia Battery Corporation gegründet. Sie soll die ganze Wertschöpfungskette abdecken.

Antikorruptionsbehörde KPK: 2020 wurden zwei amtierende Minister verhaftet. Schmiergelder und Bestechung.

Omnibusgesetz: Paket von Reformen 2020. Insbesondere im Arbeitsrecht und bei Genehmigungsverfahren. Sektoren wie Bau, Telekommunikation, Transport und Energie werden für Auslandsinvestitionen geöffnet.

Rohstoffe Indonesien: Kein anderes Land exportiert so viele Kraftwerkskohle. Bei der Produktion von Kohle liegt man weltweit an zweiter Stelle hinter China und vor Indien. Beim Verbrauch liegt man an 7. Stelle in der Welt.  Auch bei den Nickelreserven liegt man vorn  (weltweit ca. 35%). Man produziert rund ein Drittel des weltweiten Nickel. Es gibt auch hohe Gold- und Kupfervorkommen (Grasberg-Mine). Indonesien ist auch einer der größten Palmöl-Lieferanten. Man hätte gerne Batteriefabriken im Land. Deshalb hält man sich mit dem Export wichtiger Rohstoffe zurück. Bei LNG-Lieferungen (Import) leidet Indonesien darunter, dass Deutschland mehr bietet und das Gas wegkauft. Vgl. Bee, Ooi Jin: The Petroleum Resources of Indonesia, Oxford/ Kuala-Lumpur 1982.

Indonesien ist auch eines der Hauptlieferländer bei Mangan. Die Knollen werden überwiegend in der Tiefsee abgebaut. Sie sind wichtig für Batterien, insbesondere kleinere. Der Abbau liegt in der Hand internationaler Konzerne. Einer der größten ist TMC aus Vancouver/ Kanada.

Nickel: Das ist ein strategischer Rohstoff. Indonesien hat rund ein Drittel der weltweiten Vorkommen (21.000.000 Tonnen) und produziert aktuell 26%. Seit 2020 ist die ausfuhr von Rohnickel verboten. Wer die Bodenschätze des Landes will, soll nach Indonesien kommen.

Exkurs. Missstände in indonesische Nickelminen: Nickel wird für chinesische E-Auto-Batterien gebraucht. Sie sind technologisch führend und konkurrenzlos billig. Das Problem: Was Kunden sparen, bezahlen Arbeiter und Umwelt in Indonesien. Indonesien steigert den Nickelabbau seit Jahren (2022  1.600.000 Tonnen). Damit liegt Indonesien an der Spitze vor Australien, Brasilien und Russland. 77% der indonesischen Minen sind in der Hand Chinas. Allein 14 Mrd. US$ hat China in Schmelzhütten in Morowali investiert. Es entstehen riesige Mülldeponien. Die Abwässer färben die Flüsse und das Meer rotbraun. Fischerei und Muskatanbau werden ruiniert. Die Gehälter sind extrem niedrig. Vgl. Mattheis, P.: Schürfwunden, in: Wiwo 6/ 2.2.24, S. 58ff. Morowali bildet einen Industriepark. Er liegt auf der Insel Sulawesi. Hier sind 53 Firmen tätig. Fast alle kommen aus China. Man sieht grüne Berge und türkisblaue Lagunen. Ganz stark ist die chinesische Firma Huayue Nickel Cobalt vertreten (Joint-Venture). Sie bezeichnet China und Indonesien als die Mitte der Welt. Umweltstandards interessieren nicht. Vgl. Der Spiegel 7/ 10.2.24, S. 70f.

Energiepartnerschaft (mit den G7-Staaten): Sie wird auf dem Gipfeltreffen der G7 in Elmau/ Bayern im Juni 2022 vereinbart. Indonesien ist nicht antiwestlich. Es ist auch nicht besonders China freundlich. Es versteht sich traditionell als blockfrei.

Wirtschaftsintegrationen: 2020 ist Indonesien bei RCEP dabei. Man hofft, besonders davon zu profitieren. 2023 hat Indonesien den Vorsitz der ASEAN-Gruppe. Deshalb treffen sich die 10 Staaten am5.9.23 in Indonesien. Im Mittelpunkt steht die Situation in Myanmar.

G20-Mitgliedschaft und Treffen: Indonesien ist auch Mitglied der G20. Das Treffen 2022 findet am 30. und 31. Oktober 2022 auf Bali statt. Putin will auch kommen. Die Frage ist, ob das die meisten Länder tolerieren (Wohlwollen bei China, Indien, Indonesien, VAE, Israel, Saudi-Arabien). Am 20.4.22 treffen sich schon vorher die G20-Finanzminister in Jarkarta. Das Treffen wird überwiegend virtuell abgewickelt. Moskau sitzt auch mit am Tisch. Man berät Maßnahmen gegen eine weltweite Schuldenkrise, insbesondere bei Entwicklungs- und Schwellenländern. Deutschland hat Indonesien (auch Indien, Süd-Afrika, Senegal) zum G7-Treffen im Juni 2022 in Bayern eingeladen. Am 7. und 8.7.22 findet ein Außenministertreffen zur Vorbereitung des Gipfels statt. Lawrow, der russische Außenminister,  ist auch anwesend. Er verlässt das Treffen früher (bei Rede von Bauerbock und zugeschaltetem ukrainischen Außenminister. Beim Treffen in Bali zeichnet sich eine klare Stellungnahme gegen den russischen Angriffskrieg ab. Bisherige Unterstützer Moskaus wie China und Indien blockieren eine gemeinsame Abschlusserklärung nicht. Damit ist Russland diplomatisch isoliert. Xi und Biden haben das wohl bei ihrem Treffen einen Tag vor dem Gipfel vorbereitet. 2023 im September findet die Basketball-Weltmeisterschaft in Indonesien statt. Deutschland wird überraschend Weltmeister in Manila gegen Serbien. Vorher hatte man schon die USA geschlagen.

Indonesien und Deutschland:  Die deutschen Direktinvestitionen betrugen 2008 1,35 Mrd. €. 2012 steigen die deutschen Exporte nach Indonesien um 47%. Das Land ist Partnerland der Hannover Messe 2021. Diese findet nur digital statt, deshalb ist das Land 2023 wieder Partner. Bis 2045 möchte das Land zu den fünf größten Wirtschaftsnationen der Welt aufsteigen. Es will deutschen Unternehmen große Chancen einräumen. Wenn ein Unternehmen noch nicht in Asien ist, ist Indonesien automatisch interessant. Seit 2018 gibt es die Initiative "Making Indonesia 4.0" . Das ergibt große Chancen für deutsche Maschinenbauer, aber auch für Konzerne (Siemens, ABB). Schwierig ist die Topographie mit rund 17500 Inseln. 51 deutsche Unternehmen sind dabei, in den Markt einzutreten (2020, AHK). Deutsche Unternehmen in Indonesien: Seit 2000 hat Pepperl+Fuchs aus Mannheim dort eine Produktionsstätte mit 600 Mitarbeitern. Rheinmetall aus Deutschland liefert Panzer an Indonesien. Festo betreibt eine große Produktionsstätte in Indonesien. 2023 im April ist Indonesien das Partnerland auf der Hannover-Messe. Der deutsche Gastronom Wolfgang Nickel aus Sachsen-Anhalt arbeitet sehr erfolgreich mit Indonesiern zusammen. Er beschäftigt insgesamt 89 Indonesier, zum Teil schon lange.

Indonesien und die Niederlande/ EU: Die Niederlande haben heute noch enge Beziehungen zu Indonesien. Die EU müsste solche traditionellen Beziehungen besser für sich nutzen. Sie muss alles tun, um ihre Abhängigkeit von den USA und China zu reduzieren.

Indonesien und Neue Seidenstraße (auch Konflikte): Das Land erhält viel Geld (Finanzhilfen und Kredite) von China. Das Land nutzt dieses Geld zum Bau von Straßen, Glasfaserleitungen und anderen Infrastrukturprojekten. Auf der anderen Seite versuchen die USA, das Land in eine Allianz gegen China hineinzuziehen (Quad). Es gibt keinen Territorialdisput mit China, doch berühren Chinas Gebietsansprüche auch die indonesischen Hoheitsgebiete in ihren Randzonen. Bei den Natuna-Inseln kam es schon zu einer wochenlangen Konfrontation. China hatte die indonesische Seite aufgefordert, nicht mehr nach Öl und Gas zu bohren, da es sich um chinesisches Territorium handele. Seit Sommer 2021 erforscht Indonesien den Meeresboden in einer Wirtschaftszone, die auf die Seerechtskonvention der UN zurückgeht. Das überlappt sich mit Seengebieten, die von China beansprucht werden. Schiffe beider Seiten verfolgen einander. Die USA versucht alles, damit Indonesien nicht von China abhängig wird (so wie Kambodscha und Laos). China ist schon größter Handelspartner Indonesiens und zweitgrößter Investor. Mehr als 80% des Impfstoffes stammt aus China.

Indonesien und China: 77% der indonesischen Minen sind in der Hand Chinas. Allein 14 Mrd. US$ hat China in Schmelzhütten in Morowali investiert. Morowali bildet einen Industriepark. Er liegt auf der Insel Sulawesi. Hier sind 53 Firmen tätig. Fast alle kommen aus China. Man sieht grüne Berge und türkisblaue Lagunen. Ganz stark ist die chinesische Firma Huayue Nickel Cobalt vertreten (Joint-Venture). Sie bezeichnet China und Indonesien als die Mitte der Welt. Umweltstandards interessieren nicht. Vgl. Der Spiegel 7/ 10.2.24, S. 70f.

Indonesien und Rohingya: In Indonesien leben viele aus Myanmar geflohene Rohingya. Sie sind Muslime. Trotzdem sind sie in Indonesien nicht sehr willkommen. Es kommt immer wieder zu Mob-Attacken. Bekannt wir der Sturm auf eine Notunterkunft in Banda Aceh. Mehr als 1500 Rohingya leben in der Provinz Aceh im norden der Insel Sumatra. Sie sind meist mit primitiven Holzbooten aus Bangladesch gekommen. Thailand und Malaysia nehmen keine Bootsflüchtlinge mehr auf. Das ist eine Katastrophe, weil es in Malaysia einen informellen Arbeitsmarkt gibt und viele dort Verwandte haben. Indonesische Fischer haben in der Vergangenheit immer wieder Flüchtlinge gerettet. Mittlerweile lehnen sie das ab, weil es ihnen selbst schlecht geht. Es soll auch Menschenschmuggel geben. Vgl. Fähnders, Till: Indonesier verjagen Rohingya, in: FAZ 29.12.23, S. 5.

Naturkatastrophen und Unfälle: Der Ausbruch des Vulkans Krakatau in Indonesien 1883 war ein apokalyptisches Weltereignis. Gerade so war eine telegraphische Übermittlung möglich. Das Land wurde zum Jahreswechsel 2007 von einer Katastrophenserie überzogen; Im Herbst 2015 ist es Gastland auf der Frankfurter Buchmesse. Auf den Inseln kommt es Ende 2015 wieder zu massiven Brand-Rodungen. Diese beeinflussen das Wetter und Klima in ganz Süd-Ostasien. 2016 macht der IS einen Anschlag in Jakarta (mindestens sieben Tote, 1 Deutscher). Im Dezember 2016 werden 50.000 Menschen bei einem Erdbeben obdachlos. Am 15.01.18 stürzt ein Teil der indonesischen Börse ein. Wie durch ein Wunder, kommt niemand ums Leben. Im Februar 2018 bricht der Vulkan Sinabung wieder aus. Der Sinabung war 2010 nach 400-jährigem Schlaf wieder erwacht. Im August 2018 erschüttert ein Erdbeben das Land (vor allem die Insel Lombok). Es sterben über 150 Menschen. Am 28.09.2018 stößt ein Tsunami auf Indonesien (Insel Sulawesi, Küstenstadt Palu): Es gibt Nachbeben, die Infrastruktur ist zerstört, Hunderte von Verletzten überfordern die Krankenhäuser, es gibt auch über tausend Tote. Indonesien liegt auf dem Pazifischen Feuerring, der sehr häufig von Erdbeben heimgesucht wird. Die Folgen sind auch so dramatisch, weil die Tsunami - Warnung zu früh aufgehoben wurde. Es gibt weitere Beben auf anderen Inseln. Indonesien fordert internationale Hilfe an (25 Staaten helfen). Über 5000 Menschen sind vermisst. Am 30.10.18 stürzt ein Flugzeug kurz nach dem Start ab ins Meer (180 Tote). Kurz vor Weihnachten 2018 kommt ein tödlicher Tsunami ohne Vorwarnung. Er löst eine starke Flutwelle aus, die die Strände zwischen Java und Sumatra verwüstet. Als Ursache gilt ein Seebeben, das einen Erdrutsch auslöste. Es gibt über 400 Todesopfer. Um Weihnachten 2019 kommt es zu großen Überschwemmungen nahe der Hauptstadt (heftigste Regenfälle seit 1866). Auch hier gibt es viele Todesopfer. Zusätzlich kommt es noch zu Erdrutschen. 400.000 Menschen sind betroffen; es gibt schon über 60 Todesopfer. Ein schweres Erdbeben trifft am 14.01.21 West-Sulabesi. Es gibt viele Tote und die Zerstörung vieler Häuser. Große Teile Indonesiens liegen auf einem so genannten Feuerring, der immer wieder Erdbeben verursacht. Im April 21 lösen schwere Regenfälle eine Katastrophe im Osten Indonesiens aus. Es kommt zu großen Überschwemmungen. Über 150 Menschen kommen ums Leben. Anfang Dezember bricht ein Vulkan auf der Insel Jawa aus. Er verursacht große Schäden und fordert viele Menschenleben. Indonesien liegt auf dem so genannten Feuerring. Anfang Oktober 2022 gibt es bei einem Fußballspiel 182 Tote. Am 21.11.22 gibt es ein schweres Erdbeben (5,6 auf der Richter-Skala) südwestlich der Stadt Cianjur auf der Hauptinsel Java. Über 1000 Menschen werden verletzt, es gibt über 250 Tote. Die Region liegt auf dem Pazifischen Feuerring. Am 4.12.22 nach fast exakt einem Jahr bricht der Vulkan Semeru im Osten von Indonesien (Hauptinsel Java) wieder aus. Über 2000 Menschen mussten sich in Sicherheit bringen. Im Dezember 2023 kommt es zum Ausbruch des Vulkans Marapi auf Sumatra.  11 Bergsteiger kommen ums Leben. Wahrscheinlich gab es noch mehr Todesopfer. Am 23.4.24 stürzt eine Touristin aus China in einen Vulkankrater in der Provinz Ost-Java.   In dem Land lebt der Volksstamm der Toraja (Insel Sulawesi). Für die ist das Leben nur ein Übergang zu einer unendlichen Reise. Das Jenseits ist bedeutsamer. Beim Tod verlässt die Seele den Körper, bleibt aber in der Nähe. Deshalb wird der Leichnam möglichst lange zuhause aufbewahrt (einbalsamiert). Beim Ma´Nene-Ritual werden Dahingeschiedene ausgebuddelt, neu eingekleidet und durchs Dorf geführt.

Umwelt: Indonesien hat viele Waldbrände, die zum Teil gelegt werden für neue Palmölplantagen. Dann zeigt sich ein blutroter Himmel. Dieses besondere Phänomen wird Rayleigh-Streuung genannt. Es  handelt sich um Partikel in der Atmosphäre, die das Sonnenlicht auf besondere Weise streuen, so dass es viel roter erscheint. Es ist viel Rauch und Verschmutzung in der Atmosphäre. Die Einwohner leiden unter Luftverschmutzung, auch die in Singapur und Malaysia. Es brennen nicht nur die Bäume aus, sondern auch der Torfboden. Das war in den Jahren 1997, 2006 und 2015 heftig, auch angefacht durch extreme Trockenheit. Ebenso im Jahr 2019. Es gehen auch Lebensräume für Tiere verloren (Tiger, Orang-Utans). Indonesien baut 2019 immer noch die Kapazität seiner Kohlekraftwerke aus (+ 21.090 Megawatt). Indonesien ist 2019 noch einer der Hauptabnehmer für Plastikmüll. Es hat praktisch China ersetzt. Der Müll wird in der Regel nicht recycelt, sondern irgendwo abgeladen. Die Noch-Hauptstadt Jakarta ist extrem vom Klimawandel bedroht. Die Stadt leidet unter Luftverschmutzung, Naturkatastrophen und Überschwemmungen. Deshalb zieht die Regierung nach Ost - Kalimantan um.

Regenwald in Indonesien: Aus Palmöl wird in vielen Industrieländern auch Bioethanol hergestellt. Das wird dem Benzin beigemischt. Damit soll der CO2-Aussstoß verringert werden. Das Abholzen des Urwaldes in Indonesien für Palmöl-Plantagen wird dem Land negativ angelastet, dafür ist es in Industrieländern ökologisch nützlich. Es zeigt, wie unsinnig die Weltklimapolitik ist. 2022 vollzieht das land eine Kehrtwende zugunsten des Natur- und Artenschutzes. Seit 2021 fallen jedes Jahr weniger Waldflächen dem wirtschaftlichen Raubbau zum Opfer. Man gibt finanzielle Anreize für den Waldschutz.

Volk der Fayu: Es ist ein Volk ohne Kontakt zur Außenwelt im  Dschungel Indonesiens. Hier entstand der Weltbestseller "Dschungelkind" von Sabine Kuegler 2005. Das Buch wurde 2011 unter demselben Namen verfilmt. 2012 holt die Autorin die Tropenkrankheit ein. Ein Medizinmann bewahrte sie vor dem Tod.

Exkurs: Aeshnina Azzahra. Sie ist die Greta Indonesiens. 2021 ist sie erst 14 Jahre alt. Sie könnte die neue Stimme einer globalen Umweltbewegung werden. Sie redet zuerst auf einer internationalen Plastikkonferenz 21 in Amsterdam. Vgl. Laura Cwiertnia: Was Greta kann, kann ich auch! in: Die Zeit Nr. 45, 4.11.21, S. 40. Auch film darüber in der ARD, 30.11.21("Kinder in der Klimakrise").

Tourismus in Indonesien: Die Regierung will den Tourismus ab 2021 massiv ausbauen. Das boomende Bali dient als Vorbild für die Erschließung anderer Inseln. So die Insel Lombok (Surfer, Vulkanfans). Das Projekt Mandalika ist ein Ressort in Bau (3 Mrd. €). Es gibt Kritik von Umweltschützern und von der UN (Anwohner-Rechte, Landraub) Es werden Luxushotels errichtet. Auf Rinca-Island entsteht ein Safari-Park.  .

Reisterassen der Subak auf Bali: Bauern organisieren sich in Bewässerungsgemeinschaften. Ein System von Dämmen und Kanälen schafft Ausgleich zwischen Regen- und Dürreperioden. Über Drainagelöcher werden die Felder regelmäßig trockengelegt, um Schädlinge zu kontrollieren. Die alten Anlagen produzieren auch ohne Pestizide und Dünger hohe Erträge. Die Corona-Krise bringt den Tourismus auf Bali fast zum Erliegen (rund 75.000 Menschen mussten entlassen werden). 4400 Influencer können im Herbst 2020 kostenlos Urlauf auf der Insel machen. Sie sollen Werbung für den Tourismus machen.

Manuelle Salzgewinnung auf Bali: Salz ist heute zumeist raffiniert und mit Konservierungsstoffen versetzt. Nicht so auf Bali. Hier wird es noch manuell aus dem Meer gewonnen. aber das Handwerk verliert an Bedeutung. Im naturbelassenen Meersalz finden sich durch die Restfeuchte noch Mineralien und Spurenelemente aus dem Meerwasser. Das gefilterte Salzwasser wird in halbierte oder ausgehöhlte Baumstämme gefüllt. Jetzt muss dann die Sonne mitspielen. Das Wasser verdunstet und übrig bleibt das Salz.

Nationalpark Tanjung Puting: Hier leben Orang-Utans. Sie wurden zum Teil anderswo befreit. Sie müssen allerdings wieder lange an das Leben in der Wildnis herangeführt werden. Sie können sich auch mit Corona anstecken.  Sie werden Waldmenschen genannt. Der Park auf Borneo wurde 1971 gegründet (Initiative der Primalologin Galdikas). Der einzige Weg führt über den Fluss Sekonyer. Doch auch hier sind Waldbrände und Bergbau ein Problem. Es gibt auch 220 Vogelarten und 17 Reptiliensorten.

Exkurs. Orang-Utans (malaiisch für Waldmensch): Ihr Lebensraum sind heute die Regenwälder in Borneo oder Sumatra. Die Nachfrage nach Palmöl, Tropenholz und Kohle führt zu Rodungen in großem Umfang. Durch ihre zutrauliche Art sind sie leichte Beute für Wilderer.

Exkurs. Tiger: Die meisten Tiger leben auf der Insel Sumatra (ca. 400 Tiere). Ein Tiger wird 2024 auf Jawa gesichtet. Ehedem war das Raubtier weit verbreitet auf der Insel. Den Bali-Tiger gab es nur bis 1937.

Exkurs. Roter Meereskrebs namens Sahra Wagenknecht ("Cherax wagenknechtae"): Er wird im Oktober 2022 vom vom deutschen Meerestierexperten Christian Lukhaup aus Waiblingen in Indonesien entdeckt. Er nennt ihn so im Fachmagazin "Zoosystematics and Evolution".

Anambas - Archipel: Es gibt mehr als 250 Inseln, eine schöner als die andere. Sie sind gut geeignet für Insel - Hopping. Es gibt auch viele unbewohnte Inseln. Man kann Baden, Schwimmen, Klettern. Die Inselgruppe liegt zwischen Singapur und Borneo. Die Hauptstadt ist Taremba. Der Temburun-Wasserfall ist der größte mit sieben Kaskaden und 250 m.

Papua-Neuguinea und Westpapua: Der Zuzug von anderen indonesischen Inseln wird von der Zentralregierung gefördert. So sind die Muslime inzwischen in der Überzahl. Es gibt aber noch viele Christen auf der Insel. Die pfälzische Landeskirche (evangelisch) hat eine Partnerschaft mit der dortigen evangelischen Kirche. Es laufen Projekte, finanzielle Unterstützung, Hilfe bei Frauen- und Menschenrechtsarbeit. Konzerne bauen Gold, Kupfer und Steinkohle ab. Das führt zur Vertreibung von den angesiedelten Menschen. 

Die indigene Bevölkerung ist Gewalt und Vertreibung durch das indonesische Militär ausgesetzt. Dagegen wehren sich nicht nur bewaffnete Rebellen, sondern auch Menschenrechtler. Das gleiche gilt für Westpapua. Beide Provinzen blieben nach der Unabhängigkeit nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst niederländische Kolonien. 1963 besetzten indonesische Soldaten das Gebiet, die Holländer zogen sich zurück. Es gab einen "Act of Free Choice", der nicht umgesetzt wurde. Die Regierung betreibt eine gezielte Siedlungspolitik.

Vulkane: In Indonesien gibt es etwa 130 aktive Feuerberge. Die meisten sind auf Sumatra. Im Erdinnern schieben sich auch verschiedene Erdplatten, die sich verhaken und Beben auslösen. Der gefährlichste Vulkan ist der Merapi. Er liegt auf der Insel Jawa. Mitte März 2023 bricht er aus. Der Katastrophenschutz errichtet eine Sperrzone von 7 km. Der Merapi ist 2900 Meter hoch. Er brach zuletzt 2010 aus.

Arbeitsmarkt: Er weist eine Reihe von Besonderheiten auf. Er ist von staatlichen Interventionen im Inneren und Protektionismus nach außen geprägt- Er ist stark binnenorientiert. Der internationale Wettbewerbsdruck ist dadurch gering. Das Lohnniveau ist relativ hoch. Das Arbeitsrecht ist restriktiv und wird von ausländischen Firmen als Investitionshemmnis interpretiert. Kündigungsschutz, Feiertagsregelungen und Gebetspausen sind arbeitnehmerfreundlich. Die Schuhindustrie steht im weltweiten Wettbewerb und umgeht daher das Arbeitsrecht. Informelle Arbeitsbeziehungen und Heimarbeit kennzeichnen die Branche. Insgesamt gibt es eine Abschottung gegen ausländische Arbeitnehmer. Indonesien hat einen staatlichen Mindestlohn: Er ist auf den Inseln unterschiedlich. Vgl. Fischer Weltalmanach 2019, S. 214. Auch: Schott, Christina: Indonesien. Ein Länderporträt, Berlin 2015.

Kinderarbeit: Die Abschottung des Arbeitsmarktes hat auch eine weitere Kehrseite: Kinderarbeit ist in Indonesien weit verbreitet. Sie arbeiten etwa auf der Insel Sulawesi bei der Kakaoernte. Kinder werden auch in den Minen des Bergbaus eingesetzt. Hier vor allem in Goldminen.

Matriarchat: Das Volk der Minangkabau ist die größte matrillineare Gesellschaft der Welt (kleinere Völker gibt es auch in China und Brasilien). Das Volk ist muslimischen Glaubens. Frauen sind Oberhaupt der Familie, ihnen gehört das Grundeigentum und sie vererben und erben. Religion und Kultur stehen in einem Widerspruch. Aber die Kultur ist älter als die Religion (heute Moslems, früher Buddhisten). Eine sehr interessante soziale Situation, die mehr erforscht werden müsste (auch im Hinblick auf das Vordringen von Frauen in vielen westlichen Kulturen, das Matriarchat in China habe ich mal in einer Diplomarbeit untersuchen lassen mit teilnehmender Beobachtung).

Aktuelles: Indonesiens staatliche Fluggesellschaft Garuda macht die Bestellung von 49 Maschinen des Typs Boing 737 rückgängig. Hintergrund der Stornierung sind zwei Abstürze mit mehr als 340 Toten. Um Touristen anzulocken, will Indonesien zehn international weitgehend unbekannte Orte besser erschließen. Aus den Fehlern auf Bali will man lernen. Am 09.01,2021 stürzt eine Passagiermaschine auf dem Weg von Jakarta nach Bormeo ab. Keiner der Passagiere überlebt (62 Tote). Wahrscheinlich gab es Mängel in der Wartung bei der Billigfluglinie.

Quellen: Anderson, Benedict: A Life Beyond Boundaries, Selangor 2016. Elson, Robert E.: The Idea of Indonesia,. A History, Cambridge 2008. Fogg, Kevin W.: Indonesia`s Islamic Revolution, Cambridge 2019. Frankopan, Peter: Die neuen Seidenstraßen. Gegenwart und Zukunft unserer Welt, Berlin 2020. Reybrock, David van: Revolusi. Indonesien und die Entstehung der modernen Welt, Berlin 2022. Ricklefs, Merle Calvin: A History of Modern Indonesia since c. 1200, Stanford 2001. StBA: Statistisches Jahrbuch des Auslands, jährlich. Der neue Kosmos Weltalmanach & Atlas, Stuttgart 2022 und 2023. Viele Artikel in Fach-Zeitschriften und Zeitungen (bei den einzelnen Abschnitten konkret benannt).

 

Korea:

Inhalt: Gesamt-Korea/ Geschichte. Nationalhymne Koreas.

"Fürchte dich nicht, langsam zu gehen, fürchte dich nur vor dem Stehenbleiben. Koreanisches Sprichwort.

Südkorea Lage, Politik, Nationaler SicherheitsratStaatsrat, Nationalversammlung, Verwaltungsgliederung und wichtige Städte, Busan, Rechtsordnung,  Unternehmen, Aktienmarkt, Samsung, Wirtschaft, Inflation, Wirtschaft im Vergleich, Wirtschaftspolitik (Subventionen), Energiepreise, KMU-Politik, Korea Governance Service,  Bedingungsloses Grundeinkommen, Notenbank, Koreanische Kommission für fairen Handel (KFTC), Kreativwirtschaft und Innovation, Innovationsstandort Seoul, Innovationen, Projekt "Schwimmende Stadt"Rüstungsgüter deutscher Firmen, Kaufmänner des Krieges, Außenhandel (mit Deutschland), Deutsche Direktinvestitionen Offenheitsgrad der Volkswirtschaft Korea als natürliches Experiment der Geschichte, Umwelt und Energie, Bodenschätze, Landwirtschaft, Saumaul Undong, Bevölkerungs- und Sozialstruktur als Problem: Suizidrate, Fernseh-Psychiaterin Dr. Oh Gesellschaftsschichten, Rolle der Frau, Einstellungen, Konfuzianismus, Industriegesellschaft, Geschlechterrollen und modernes Leben, Die Brücke des Todes und Happy dying, System der Altersberechnung, Prominente mit Mobbing - Vergangenheit, Lohngefälle, Gesundheit, Psychische Gesundheit, Ginseng, Kimchi, Wirtschaftsgeschichte, Digitalisierung,   Südkorea als Großmacht für ChipsZepeto als Metaversum,  Arbeitsleben, Arbeitsbedingungen, Sozialversicherung und Soziales, Menschen - Rechte und   Tradition, Kultur, Musik-Bands, Kulturexporte, Hundefleisch, Taekwondo, südkoreanische Sex-Doumenttion mit deutscher Domina,   Erziehungswesen,  Bildung und Forschung, Suneung, Nunchi, Nationalfeiertag, Religionen, Totemismus und Schamanismus, Vollversammlung des Weltkirchenrates, Verhältnis zu USA, China, Socotra-Fels,  Japan, Russland, Deutschland, Kooperation für PflanzenschutzKooperation, RCEP, Propaganda). Familienzerrissenheit und Hoffung auf Wiedervereinigung. Katastrophen/ Unglücke. Jeju-do. GyeongjuUnternehmen in Südkorea.

Nordkorea (Allgemein, Verwaltungsgliederung und wichtige Städte, Wichtige Flüsse, Politik, Parteikongress, Nachrichtenagentur/ KCNA, Wiedervereinigung, Wirtschaft, Währung, Arbeitslosenquote, Energie, Export von Rüstungsgütern, Waffen aus Nordkorea im Ukraine-Krieg,  Importe, Sonderwirtschaftszone Razon, China, Bevölkerung und Lebensverhältnisse, USA, Nordkoreaner im Ausland, Verhältnis zu Deutschland, Jihyun Park, Wirtschaftssanktionen, Sanktionsverstöße, Verhältnis zu Russland,  Familien-Clans, Kim Ryon-hui GesundheitHumanitäre Hilfe, Naturkatastrophen und Ernten, Kultur, Sprache, Totengedenken, Rolle der Frau, Art Kastensystem, Hundefleisch, Religionen, Menschenrechte, geographische Zonen, Tourismus in Nordkorea, politische Rahmen-Bedingungen. Staatsfinanzierung, Atomwaffen. Militär. Strategie und langfristiges Ziel, Exkurs. Rüdiger Frank.

Im Sprachgebrauch bildet der 38. Breitengrad die Grenze zwischen Nord- und Südkorea. Symbol ist die demilitarisierte Zone (DMZ), die in der Regel dort lokalisiert wird. Dabei berührt diese geographische Linie den Grenzverlauf nur an einem einzigen Punkt: östlich von Kaesong. Auslöser für die Zufallsgrenze "Breitengrad" war der Zeitdruck. Die Grenze bot sich optisch an, real war sie unsinnig (zu viele Straßen, Flüsse und Eisenbahnlinien wurden zerschnitten).  So einigte man sich später auf Bögen südlich oder nördlich des Breitengrades. Sie ist die letzte Grenze des "kalten Krieges". Die Grenze entstand nach dem Koreakrieg: Der Norden wurde von China und Russland unterstützt, der Süden von den USA. 2018 räumen Nord- und Südkorea in der Pufferzone gemeinsam Landminen weg. Der Grenzort Panmunjom wird 2018 zur waffenfreien Zone ernannt. Hier kommt es zu einem symbolischen Handschlag zwischen den süd- und nordkoreanischen Staatschefs. 2019 treffen sich hier Trump und Kim. Am 15.06.20 wird das Verbindungsbüro für Korea von Nordkorea gesprengt (Auslöser sind Flugblätter von Flüchtlingen aus Nordkorea in Südkorea, Überläufer). Dabei tritt die Schwester von Kim in den Vordergrund (Kim Yo Jong). Man weiß nicht, ob Kim krank ist oder entmachtet wurde. Im Juli 2021 gibt es einen überraschenden Briefverkehr zwischen Südkoreas Präsident und Nordkoreas Machthaber. Es ist eine Art Stille Post. Heimlich kehrt man zur Kommunikation auf höchster Ebene zurück. Dort liegt auch eines der bemerkenswertesten Naturreservate der Welt. Es dehnt sich auf knapp tausend Quadratkilometern aus, und seit bald 70 Jahren hat kaum ein Mensch einen Fuß hineingesetzt. Es hat sich ein Urwald gebildet, der erahnen lässt, wie die Welt einmal ausgesehen haben könnte. Am südlichen und nördlichen Rand dieser Wildnis stehen sich Truppen gegenüber. Quelle: Neue Züricher Zeitung, 22.11.2021. Es gibt keinen Friedensvertrag (offiziell noch Krieg) Die Grenze wird wird seit 70 Jahren von Schwedischen und Schweizer Soldaten überwacht.

Korea (Geschichte):  Seit der Altsteinzeit bewohnt (Funde): Zwischen 18.000 bis 12.000 v. Chr. besiedelt. Es waren Nomadenstämme aus dem sibirisch-nordasiatischen Raum.  Erstes Königreich Go-Joseon 2333 v. Chr. (Halbgott Wanggeon). Als Gründervater gilt Dangun. Der "König des Sandelholzes" nannte sein Reich Asadal ("Morgensonne"). Er stammt von Hwan-in, dem himmlischen Herrscher. Bärin und Tiger wohnen gemeinsam in einer Höhle. Die Bärin gebar ein menschliches Kind, den König. Im 11. Jahrhundert vor Christus folgte die Kija-Epoche.    194 v. Chr. vom chinesischen General Wei Mon erobert. Unter Wudi expandiert China bis an das Südchinesische Meer. 109 v. Chr. wird Korea von China tributpflichtig gemacht . Dann Zeit der drei Königreiche: Goguryeon, Balhae, Silla. Das geeinte Groß-Sila konnte sogar mal China Paroli bieten. Vordringen des Buddhismus: Im Jahre 1087 wird in Korea die größte Sammlung buddhistischer Schriften auf Holzdruckstöcken vollendet (Tripitaka Koreana). 1392 Sturz des Koryo-Reiches in Korea: Die Yi - Dynastie begründet das neue - stark konfuzianisch geprägte - Reich Choson. Neue Hauptstadt wird 1394 Seoul ("Besondere Stadt"). 1627 wird Korea Vasallenstaat der Mandschus in China und bleibt dies auch nach deren Machtübernahme in China (Qing - Dynastie). 1895 Sieg Japans über China um die Vorherrschaft in Korea (aber Korea bleibt vorerst selbständig). China muss im Frieden von Shimonoseki noch Taiwan und die Pescadores-Inseln an Japan abtreten. Nach 1905 dominiert Japan in Korea (quasi abhängig). 1948 nach dem Korea-Krieg (USA auf Seiten Südkoreas, China auf Seiten Nordkoreas) werden in Korea zwei Staaten proklamiert (siehe unten und oben). Es beginnt der Aufstieg Südkoreas ("Tiger") mit großer Unterstützung der USA und der Abstieg Nordkoreas, das von China und Russland abhängig ist (aber beide gegeneinander ausspielen kann). Südkorea und Japan stehen in hartem ökonomischen Wettbewerb. Ökonomisch ist mittlerweile auch Südkorea bei Importen und Exporten von China abhängig. Seit 1987 ist Südkorea demokratisch. Ein wichtiges Datum ist in neuerer Zeit 2016 mit der so genannten "Kerzenrevolution". Die korrupte Präsidentin geht und seitdem scheint die Demokratie auch zu funktionieren.

Exkurs. Nationalhymne Koreas: Sie wurde vor 120 Jahren von einem Deutschen komponiert. Der Preuße Franz Eckert wurde 1870 von der preußischen Verwaltung nach Japan geschickt. Er sollte dort eine Militärkapelle aufbauen. Um die Jahrhundertwende zog er nach Korea, um eine ähnliche Aufgabe zu übernehmen. In diesem Zusammenhang komponierte er die Hymne des Großkoreanischen Kaiserreichs. Die Hymne blieb 8 Jahre. 1910 kolonisierte Japan Korea. Die heutige Hymne Südkoreas ist eine andere, ebenso in Nordkorea. In Berlin wird die alte Hymne 2022 wieder aufgeführt mit dem Daegeum-Spieler Adam Lee. Sie wird also wieder entdeckt.

Südkorea (Daehan Minguk; Republik Korea):

Lage: Südkorea hat an seiner Nordgrenze Nordkorea. Gegenüber liegt Japan (Ostmeer, Japanisches Meer). An der linken Seite liegt China (Westmeer, Gelbes Meer). Diese  Situation hat die Geschichte des Landes immer wieder geprägt. Fläche: 100339 Quadratkilometer, davon 70% gebirgig und 30% für Besiedlung, Landwirtschaft und Industrie.

Politik: Noch 28.000 US-Soldaten sind in Süd-Korea stationiert. Dazu kommen 50.000 in Japan. Korea war das Schwerpunktthema der Frankfurter Buchmesse 2005. Der Norden wird mit Investitionen und Devisen unterstützt, um den Zusammenbruch zu verhindern. 2007 wird auch Reis geliefert. Hyundai-Boss Chung bekommt eine Anklage wegen Bestechung und Unterschlagung. Die Hyundai-Arbeiter streiken Anfang 2007 für volle Bonuszahlung für 2006. Nach einem Tankerunfall entsteht eine große Ölpest an der Küste. 2009 trudelt das Land in eine Rezession (Exporte -18% 2008). Beide Staaten Koreas haben ein Ministerium für Wiedervereinigung. Wegen der Seuche Mers senkt die Notenbank die Zinsen (1,5% Schlüsselzins, historisches Tief). Die britische Supermarktkette Tesco verkauft ihr Südkoreageschäft 2015 an den Finanzinvestor MBK Partners. Ab 2015 will das Land seine Nationalgerichte Kimchi und Barbecue exportieren. Südkorea und Japan nähern sich im Streit um die Versklavung von über 200.000 koreanischen Frauen ("Trostfrauen") durch die kaiserliche japanische Armee an. Tokio sagt eine Zahlung von 7,6 Mio. € an die ehemaligen Zwangsprostituierten zu und entschuldigt sich. Im Jahre 2016 wollen die USA einen Raketenschild in dem Land einrichten. Süd-Korea, wo Kia und Hyundai zu Hause sind, verbietet 2016 den Verkauf vieler VW- und Audi-Dieselmodelle wegen des Diesel-Abgasskandals. Im Herbst 2016 gerät die Präsidentin Park Geun Hye unter Druck. Sie soll Geschäfte ihrer Freundin begünstigt haben (Korruption; der Staatsanwalt erhebt Anklage gegen die Freundin). Außerdem soll sie an Ritualen einer Sekte (Schwarze Messen) teilgenommen haben. Hunderttausende gehen zu Demonstrationen auf die Straße. Die Massenproteste wiederholen sich. Es wird ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet.  Im Januar 2017 wird die Kulturministerin Cho Yoon Sun wegen Amtsmissbrauchs verhaftet. Sie soll eine schwarze Liste mit 10.000 missliebigen Personen erstellt haben.  Im März 2017 entfernt das Verfassungsgericht die Präsidentin Park wegen Korruption aus dem Amt. Später wird sie verhaftet und zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt wegen Amtsmissbrauchs. Die Opposition steht Nordkorea und China positiver und den USA kritischer gegenüber. Das könnte zu Machtverschiebungen in Südostasien führen.. Im Mai 2017 wird in Südkorea ein neuer Präsident gewählt. Aussichtsreichster Kandidat ist Moon Jae In von der Demokratischen Partei. Er gewinnt auch mit 41,4% die Wahl (linksgerichtet; Reform von familiengeführten Großkonzernen; Dialog mit Nordkorea; "Nationale Interessen zuerst"). China könnte mehr Einfluss gegenüber den USA bekommen. Samsung-Erbe Lee Jae Yong muss wegen Bestechung, Veruntreuung, Geldwäsche  und Meineids für fünf Jahre ins Gefängnis. Trump verkündet im September 2017, Südkorea stark aufzurüsten (wegen der Raketentests in Nordkorea). Unter anderem wird eine "Enthauptungseinheit" aufgebaut (Ausschaltung der Führung Nordkoreas). Ein militärischer Konflikt in Korea würde die Weltwirtschaft hart treffen. Die Schifffahrtsrouten wären bedroht und die Computer- und Smartphone - Industrie. Am 07. und 08. November besucht Präsident Trump Südkorea (Seoul; "We go together"). Trump schlägt eher nachdenkliche Töne an. Als Reaktion auf die Stationierung des US-Raketenabwehrsystems in Süd-Korea geht China gegen den Mischkonzern Lotte in China vor (Dutzende Märkte mussten schließen). Die USA und Nordkorea starten im Dezember 2017 das bisher größte Luftwaffenmanöver. Kurz vor Weihnachten 2017 kommt es zu einem Hackerangriff auf die Bitcoin-Börse in Südkorea. Sie wird zahlungsunfähig. Südkorea lädt Anfang 2018 Nordkorea zu "hochrangigen Gesprächen" ein. China schickt einen Gesandten. Altkanzler Gerhard Schröder unterhält schon länger eine private Beziehung zu der südkoreanischen Wirtschaftsexpertin Kim Soyeon. Die Olympischen Winterspiele gehen am 25.02.18 friedlich zu Ende. Nord- und Südkorea testen das "Rote Telefon". Angeblich fordert Kim nicht mehr den völligen Abzug der US-Truppen von der koreanischen Halbinsel. Süd-Korea stoppt die Beschallung an der Grenze (Ende des Propaganda-Krieges?). Am 27.04.18 treffen sich Kim Jong Un und Moon Jae In erstmals auf südkoreanischem Gebiet (demilitarisierte Zone; Pammunjom; neues Zeitalter der Abrüstung, Friedensvertrag soll noch 2018 ausgehandelt werden, Wiederbelebung der gemeinsamen Zone, Familienzusammenführung; Pflanzen eines Baumes). Ende Mai treffen sich die beiden Staatschefs erneut am gleichen Ort zu einem Gipfeltreffen. Es geht um die Ermöglichung des Nordkorea-USA-Gipfels. Ab 2019 soll es keine Großmanöver mehr mit den USA geben. Künftig gibt es keinen Informationsaustausch mehr über Nordkoreas Atom- und Raketenprogramm. Die beiden Fernostmächte streiten jetzt um Entschädigungszahlungen im Zweiten Weltkrieg. Bei der Parlamentswahl in Südkorea im April 2020 gewinnt ein Überläufer aus Nordkorea ein Mandat (Thae Yong Ho, ehemaliger Diplomat). Moons Demokratische Partei gewinnt die absolute Mehrheit. Zusammen mit ihrer Schwesterpartei kann sie sich 180 von 300 Sitzen sichern. Im märz 2022 findet ein harter Wahlkampf um die Präsidentschaft statt. Amtsinhaber Moon darf nach 5 Jahren nicht mehr antreten. Zur Wahl stehen der Linksliberale Lee Jae Myung und  der Konservative Yoon Seok Youl, Entscheidend die Wahl beeinflussen könnte Kim Jong Un aus Nordkorea (Raketentests). Yoon Suk Yeol gewinnt die Wahl und wird neuer Präsident. Er gilt als ultrakonservativer Hardliner, der auch die Konfrontation mit Nordkorea nicht scheut. Premierminister wird Han Duck Soo.  Der Oppositionsführer Lee Jae Myung will mit dramatischen Mitteln die Regierung stürzen. Nach einem Hungerstreik muss er ins Krankenhaus. Gegen ihn werden auch Korruptionsvorwürfe erhoben. Am 02.01.24 wird er in der Hafenstadt Busan mit einem Messer angegriffen. Nach einer Operation ist er nicht mehr in Lebensgefahr. Bei den Parlamentswahlen im April 2024 erreicht die Opposition einen Erdrutsch-Sieg. Damit wird der Präsident Staatschef Yoon Suk Yeol zur "Lahmen Ente". Muss der Staatschef vor Ende der Amtsperiode gehen?   In dem Land gibt es eine Bestattung auf Probe. Sie wird vom Hyonwon Healing Center in Seoul angeboten. Die Teilnehmer machen einen 2,5 Stunden-Kurs. Nach der Wiederauferstehung würden sich viele frisch beseelt fühlen. Der Kurs ist sogar umsonst. Seoul, die Hauptstadt Südkoreas, ist mittlerweile die Welthauptstadt der Schönheitsoperationen. Wer im Beruf und im Privatleben erfolgreich sein will, legt sich unters Messer. Immer mehr Touristen nutzen das Angebot zum Traumgesicht. Südkorea hat mittlerweile 2017 die höchste Lebenserwartung (WHO: Frauen 90,8; Männer 84,1).

Nationale Sicherheitsrat: Wichtiges Organ in Südkorea. Die Sitzungen finden auf verschiedenen Ebenen statt, je nach Wichtigkeit. Er muss sich meist mit Nordkorea auseinandersetze. Regelmäßig ist das, wenn wieder mal Raketen getestet werden.

Staatsrat: Präsident, Premierminister, Ressortminister und andere Personen (nicht mehr als 30 und nicht weniger als 15). Der Präsident hat den Vorsitz, der Premierminister ist Stellvertreter.

Nationalversammlung: So heißt das Parlament in Südkorea (Gukhoe). Ein-Kammer-Parlament mit 300 Abgeordneten. Ein Sechstel der Plätze wird unter denjenigen Parteien verteilt, die mindestens 3 Prozent der Stimmen erhalten haben.

Verwaltungsgliederung und wichtige Städte: 9 Provinzen und 8 Städte. Wichtige Städte: Seoul, Busan, Incheon, Daegu, Daejeon, Gwangju, Suwon, Ulsan. Die Hälfte der Einwohner Südkoreas lebt in und um Seoul herum. Das prägt die Bevölkerungsstruktur sehr stark. Insofern stehen Seoul und die Umgebung im Mittelpunkt. Daneben kann man den Osten, Zentralkorea, den Südwesten und den Südosten betrachten.

Exkurs. Busan: Mit knapp 3,7 Mio. Einwohnern die zweitgrößte Stadt. Sie liegt in der Provinz Süd-Gyeongsang. Die Eisenbahn zwischen Seoul und Busan ist die älteste des Landes. 1876 musste die Stadt als Handelsplatz mit Japan geöffnet werden. Es gibt heute viel Industrie (Beton, Stahl, Glas). In der Nähe liegt der Hallyeo-Meeres-Nationalpark.

Rechtsordnung: Oberster Gerichtshof, Appelationsgerichte, Landgerichte, Familiengerichte, Kriegsgerichte. Der oberste Gerichtshof ist die letzte Instanz. Es gibt auch ein Verfassungsgericht. Es besteht aus 9 Richtern. 

Unternehmen/ Chaebol: Es ist die Bezeichnung für die netzwerkartige Unternehmensform in Südkorea. Man spricht von Konglomeraten. Die Entstehung geht auf die Zeit nach dem Koreakrieg zurück. Die größten Chaebols sind Hyundai, Samsung, LG, SK, Hanjin, Lotte und Daewoo. Sie sind im Besitz einer bestimmten Familie. Die Grenzen des gesamten Netzwerks können nur schwer gezogen werden. Managementprinzip ist "Inhwa": Prinzip der Harmonie.  In Süd-Korea entsteht eine Diskussion, ob das Wirtschaftssystem geändert werden sollte (Chaebols, riesige Familienkonzerngruppen). 2015 ist die Industrieproduktion erstmals seit dem 2. Weltkrieg rückläufig. Jedes fünfte der 30 größten Unternehmen kann seine Kredite nicht mehr bedienen. Im Herbst 2016 geht die Hanjin-Reederei in Insolvenz. Das bringt weltweit Lieferketten durcheinander 8auch bei Samsung). Ende September 2016 streiken 50.000 Arbeiter bei Hyundai. die Gewerkschaft fordert 7,2% mehr Lohn. Hyundai hat mit Gewinnrückgängen durch Währungsschwankungen und fallende Verkaufszahlen zu kämpfen. Im Oktober 2016 muss Samsung die Produktion des Flaggschiffs Note 7 einstellen. Rückrufe vorher waren nicht erfolgreich. Dadurch werden die Schwächen in der Konzernkultur aufgedeckt (Gründerenkel Jay Y. Lee ist unerfahren, der Patriarch in der Klinik, die Führung ist verunsichert). Auf Druck der Investoren wird die Gründung einer Holding und ein Börsengang in den USA geprüft. Der südkoreanische Elektronikriese LG verlegt seine Europazentrale von London in den Raum Frankfurt (Konsequenz des Brexit). Samsung übernimmt 2016 das US-Unternehmen Harman (Vernetzung von Fahrzeugen). Südkorea plant Ende 2016 den Verkaufsstopp einiger Automodelle aus Deutschland und Japan wegen fehlerhafter Angaben zur Zulassung (BMW, Porsche, Nissan). Schließlich verbietet die Regierung den Verkauf von BMW und Porsche. Mitte Januar wird ein Haftbefehl gegen Samsung-Erben beantragt (Vizepräsident von Samsung, Bestechung).Die BASF muss 2017 Geldbußen zahlen nach einem Phosgen-Unfall (Fahrlässiges Handeln, Gerichtsurteil). Hoher Schaden entsteht auch dem Schweizer Anlagenbauer ABB 2016 nach einem Betrugsfall (Unterschlagung, Veruntreuung). Ende August 2018 wird die Süd-Korea-Zentrale von BMW durchsucht. Der Hersteller steht im Verdacht, Mängel an Fahrzeugen unter Verschluss zu halten. Im Oktober 2018 kommt raus, dass Audi für die Zulassung von Autos in Südkorea jahrelang Fahrgestellnummern und Testprotokolle gefälscht hat. Mit falschen Angaben wurde die Zulassung von Autotypen erschlichen. Der Chef von Korean Air Cho Yang Ho wird im Oktober 2018 angeklagt (Untreue und illegale Geschäftspraktiken). 2018 gibt das Land Finanzhilfen für Autozulieferer. Mit umgerechnet 2,65 Mrd. € wird die kriselnde Branche unterstützt. Die Laufzeit von Krediten wird verlängert (auch für die Tochter von GM). Anfang 2020 legt der Coronavirus Hyundai lahm. Es fehlen Teile aus China. Wuhan ist ein Zentrum der Automobilindustrie in China. Im südkoreanischen Chemieunternehmen LG Chem in Indien kommt es im Mai 2020 zu einem Gasunglück (Styrol). Es gibt 11 Tote. Im Oktober 2020 stirbt der Sohn des Samsung-Gründers. Lee Kun Hee war gleichzeitig wirtschaftlicher Stolz und Personifizierung einer korrupten Elite in Korea. Ende 2020 übernimmt Delivero Hero aus Berlin das südkoreanische Start-up Woowa Brothers. Der Deal scheint zu hängen. Die Stimmung bei den Fahrern und Verbrauchern schlägt um. Im Februar 2021 gibt es einen Hackerangriff aus Nordkorea auf Pfizer. Man will an Informationen über den Impfstoff und die Bekämpfung des Corona-Virus ran. Südkoreanische Unternehmen sind wichtige Zulieferer für Unternehmen in China, Japan und den USA (Chips, LCD-Displays, Tankschiffe, Akkus).  Kein Automarkt der Welt wird so stark von einem einzigen Konzern dominiert wie der südkoreanische von Hyundai. Hyundai will ab 2023 E-Autos in Georgia / USA bauen. Vgl. zu den wichtigsten Unternehmen in Südkorea "Links, Unternehmen" auf der Seite "Links".

Parallel zur Großindustrie entwickeln sich auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU). Rund 60 Prozent der arbeitenden Bevölkerung sind in diesem Bereich tätig. Er dürfte weiter wachse. Dafür sorgt die herausragende Infrastruktur.

Aktienmarkt: Aktienindex ist der Kospl. 2020 entwickelte sich der Index extrem dynamisch (besser als der CSI/ China und der Nikkei/ Japan). Aus 100.000 € wären 126.900 geworden.

Exkurs: Samsung Electronics, Südkorea als Fallstudie (Jaebol, gegründet 1938 als Handelshaus von Lee Byung-chull, der Name bedeutet drei Sterne, bis 1993 im Logo, Drei ist in Asien eine Glückszahl; gelenkt von Everland, das zu 54% der Familie Lee gehört, nach dem Umsatz weltgrößter Technologiekonzern; der Name bedeutet drei Sterne, das Unternehmen soll kraftvoll und ewig strahlen wie die Sterne am Himmel; Mischkonzern, auch Schwerindustrie, Banken, Versicherungen, Hotels; gerät 2016 unter Druck wegen Handy Note 7; auch Massenrückruf in den USA wegen Waschmaschinen; das dritte Quartal 2018 ist ein Rekordquartal durch den Absatz von Chips; 2018 bricht aber der Gewinn insgesamt ein erstmals seit drei Jahren; immer wichtiger wird er Halbleiter-Bereich: Konkurrenten TMSC aus Taiwan, Intel aus den USA. Im Oktober 2020 stirbt der Sohn des Samsung-Gründers. Lee Kun Hee war gleichzeitig wirtschaftlicher Stolz und Personifizierung einer korrupten Elite in Korea. Lee Jae Yong führt als ältester Sohn von Lee-Kun-hee seit 2014 als Unternehmen als Vizepräsident: sein Vater hatte einen Herzinfarkt und starb . Er hat die Harvard Business School besucht, 1991 begann er für Samsung zu arbeiten, den Doktor hatte er nicht geschafft. Danach gab es verschiene Korruptionsskandale: Der Chef sitzt in Seoul im Gefängnis, Verstoß gegen Finanzmarktgesetze. 2024 kommt Samsung nicht aus der Krise. Teile der Chipssparte lasten schwer auf dem Konzern.  Beim Nachbarn SK Hynix läuft es viel besser. "Ändere alles, außer deiner Frau und deinen Kindern", berühmtes Motto von Lee Kun-hee). Andere bekannte Unternehmen sind Hyundai, LG und TSMC.  

Wirtschaft: BIP 2022 1,67 Bio. US$. Wachstum BIP 2022 2,6%. 2021 wächst die Wirtschaft so stark wie seit 2010 nicht mehr: 4% (Erholung). Der Export wuchs sogar um 9,7%. Der wichtigste Risikofaktor ist 2022 die Binnenwirtschaft (Omikron-Welle). 2020 schrumpfte die Wirtschaft (BIP) nur um -1%. Südkorea hat die elftgrößte Volkswirtschaft der Welt. Die Größe entspricht in etwa der Ungarns. Sehr positive Faktoren sind die hoch gebildete Bevölkerung und der unbedingte Aufstiegswillen. Südkorea schichtet seine Währungsreserven von Dollar in andere Währungen um, ein immer größerer Teil wird auch in Gold angelegt, ebenso kämpft das Land mit den chinesischen Billiglöhnen, das Wirtschaftswachstum lag 2006 bei 4,9% (Prognose 2007: 5,8%), die Wirtschaft befindet sich im Aufschwung.  2018 betrug das Wirtschaftswachstum +2,6%. Das BIP pro Kopf lag bei 32.700 USD. Die Arbeitslosenquote war 3,7%. Ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und Südkorea liegt wegen der deutschen Automobilindustrie auf Eis, 2011 kommt ein Abkommen mit Deutschland zustande. 2010 schließen die USA und Südkorea ein Freihandelsabkommen. 2011 wird der Leitzins auf 2,75% heraufgesetzt um die Inflation von 3,5% zu bekämpfen. 2011 wird ein sechsmonatiges Handelsverbot gegen die Deutsche Bank erlassen. Die Wachstumsrate des BIP lag 2012 bei 2,7%, die ALQ bei 3,3%. Mittlerweile ist das Land relativ urban: 80% leben in Städten. Der größte Teil der Exporte geht nach China, die USA und Japan. Es gibt ein eigenes Ministerium für Mittelstand und Start-ups. 2018 will Südkorea den Handel mit Bitcoin verbieten. Daraufhin bricht der Preis ein -12%). Südkorea hat eines der besten Internetnetze. Das begünstigt einen digitalen Gründerboom. Am 23.01.2018 macht Trump seine Ankündigung war und führt Einfuhrzölle (Strafzölle) für den Import von  Solarmodulen (20 bis 30%) und Waschmaschinen (50%) ein  ein. Davon sind sehr stark China und Südkorea betroffen. Südkorea legt Beschwerde vor der WTO ein. Korruption, Kostenexplosion und Umweltsünden belasten die Olympischen Winterspiele. Der IWF traut Südkorea zu, am besten mit der Corona-Pandemie fertig zu werden (nur -3,$% BIP-Rückgang). Sofort nach Ausbruch der Schweinepest in Deutschland (Wildschwein in Brandenburg) erlässt Südkorea ein Importverbot für deutsches Schweinefleisch. Im Sommer 2019 liegt das Land im Clinch mit Japan über ehemalige Zwangsarbeiter. Es eskaliert ein Hightech-Boykott. Im dritten Vierteljahr 2020 wächst die Wirtschaft wieder um 1,9% gegenüber dem Vorquartal. Treibende Kraft war der Export, der von Juli bis September 20 um 15,6% zulegte. Der IWF prognostiziert für 2021 ein Wachstum von 2,9%. Der Anteil Südkoreas am Weltinlandsprodukt liegt 2020 bei 2,2% (2021: 2,3%, UBS Global Research). Die Deutsche Bank wird im Januar 2016 zu Strafzahlungen verurteilt (Marktmanipulation). Die Finanzmärkte in dem Land sind hoch volatil. Die IT-Branche ist der Hauptwachstumsbereich. Wegen Verstößen gegen die Emissionsvorschriften verhängt das Umweltministerium Bußgelder in Höhe von 54,3 Mio. € gegen BMW, Daimler und Porsche. 

Inflationsrate: Aktuell geht die Inflationsrate steil nach oben: 2023 5,6%. Im April 2022 liegt sie bei 4,78%. Schon 2021 betrug sie 3,7%. Ansonsten im historischen Überblick ist sie eher moderat.

Wirtschaft im Vergleich: Unter den großen Industrienationen liegt Südkorea auf Platz 13 in der Rangfolge beim BIP 2021. In Asien liegen davor: China/ 2, Japan/ 3, Indien/ 6. Vor Südkorea liegen Kanada/ 9, Italien/ 8, Großbritannien/ 5, Frankreich/ 7 und Deutschland/ 4.

Wirtschaftspolitik (Subventionen, Industriepolitik, Merkantilismus): Die Erfolge des Landes sind auch auf eine Wirtschaftspolitik zurückzuführen, die eine breit angelegte Industriepolitik betreibt mit Kombination staatlicher Planung, niedriger Wechselkurse und gezieltem Protektionismus (Beispiel Werften). Nach der Corona-Krise gibt die Fiskalpolitik Anschub: Die Staatsausgaben sollen 2021um 8,5% erhöht werden. Zusätzlich gibt es noch einen Nachtragshaushalt für 2020. Vgl. auch: Matthias Naß: Countdown in Korea, München  (Beck) 2017. Im Mai 2021 wird ein ambitionierter Plan zur Förderung der Chipindustrie vorgestellt: Mit hohen Steuernachlässen und hohen Subventionen (1,1 Mrd. $ im ersten Schritt) sollen die Halbleiterhersteller des Landes ermutigt werden. 2030 werden für 200 Mrd. $ Chipexporte angestrebt, doppelt so viele wie 2020. Hauptprofiteure sind Samsung und SK Hynix. Das Programm richtet sich gegen die USA, die EU und China. Direkt im Januar 2022 wird ein Nachtragshaushalt eingebracht. Er umfasst 14 Billionen Won (10 Mrd. €), um die Folgeschäden der Omikron-Welle zu lindern.

Strategisches Denken Südkoreas: Drei zentrale Ziele: Sicherheit, wirtschaftlicher Wohlstand, Einheit. Streben nach strategischer Autonomie. Gestaltung der regionalen Beziehungen. Mittelmacht mit schwachem Sozialsystem. Vgl. ausführlich dazu: Farkas, Barbara: Südkoreas politische und strategische Kultur, Schriftenreihe der Landesverteidigungsakademie, August 2023, Wien.

Energiepreise (subventioniert): Südkorea hat nach den USA die zweitniedrigsten Strompreise der Welt. auch hier wird ordentlich subventioniert. Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 7,8%.

KMU-Politik: Seit den 1980er Jahren Förderung von KMU und Start-ups. Seit 2017 sogar eigenes Ministerium. Die Wirtschaftsförderung soll dezentralisiert ablaufen.

Korea Corporate Governance Service: Privat. Kontrolle institutioneller Investoren. Bei Unternehmen gute Unternehmensführung. Es gilt der "Stewartship code".

Grundeinkommen in Südkorea: 2022 wird eine Konzeption entwickelt. Sie wird im Präsidentschaftswahlkampf vertreten. Das passt eigentlich nicht zu dem überzeugt kapitalistischen Südkorea. Die ausgaben für Soziales liegen bisher nur bei 10%. Sie sind damit niedriger als in jeden anderen Industriestaat. Der Anteil geringfügiger jobs ist übe rein Viertel gestiegen. Die Verschuldung privater Haushalte ist auf 104% des BIP gestiegen. Ab 2023 soll jede erwachsene Person ein bedingungsloses Grundeinkommen erhalten können. 250.000 Won (183€) werden pro Person gezahlt. Bis 2027 soll sich der wert vervierfachen. Das Geld soll auf spezielle Kreditkarten überwiesen werden und drei Monate bei Unternehmen aus der Region ausgegeben werden können. Das könnte ein zehntel des gesamten Staatshaushalts kosten. Finanzieren will man das mit Steuern aus Kohlendioxid-Emissionen und Grundbesitz. Schöpfer der Konzeption ist Lee Jae Myung. Vgl. Lill, Felix: Grundeinkommen für Einsteiger, in: Die Zeit Nr. 8/ 17.2.22, S. 26.

Notenbank: Die Zentralbank erhöht im Januar 2022 den Leitzins von 1 auf 1,25%. Man sieht Inflationsgefahren und Risiken an den Kapitalmärkten. Es soll mindestens noch eine weitere Zinserhöhung in diesem Jahr geben.

Koreanische Kommission für fairen Handel (KFTC): Sie ist auch Koreas Kartellbehörde. Sie ermittelt 2021 gegen Google/ Alphabet in Korea. Es geht um Wettbewerbsbehinderung. Das Verfahren endet mit einer Geldstrafe von 207,4 Milliarden Won (etwa 150 Mio. €). Google hindere bei seinem Betriebssystem Android andere Hersteller von Google nicht nicht genehmigte Versionen verwenden zu können. 2022 erlässt die Behörde eine strafe gegen Mercedes Benz (falsche Angaben zu Emissionen bei Dieselautos).

Rüstung und deutsche Unternehmen: Die Südkoreaner haben gute Werften. Deshalb kaufen sie meist Teile von deutschen Unternehmen. Motoren, Lenkwaffen u. a. (von TKMS/ Kiel, Rolls-Royce-Power-Systems/ Friedrichshafen). Die Gabler - Maschinenbau GmbH aus Lübeck liefert Komponenten wie Ausfahrgeräte für den U-Boot-Bau. Atlas-Elektronik aus Bremen liefert U-Boot-Sensoren. RWE will ab 2021 Windparks vor der Küste Südkoreas bauen. Südkorea taucht als einziges Land aus Asien in den oberen Plätzen der deutschen Rüstungsexporte auf: es taucht auf dem 10. Platz 2023 auf (erster Platz Ukraine vor Norwegen).

Südkorea hat 600.000 Soldaten. Denen stehen in Nordkorea 2 Mio. gegenüber. Das Gleichgewicht halten die USA und ihre Verbündeten. Im April 2024 schießt Südkorea einen speziellen Satelliten ins All. Er kann den Luftraum in Nordkorea überwachen.

Kaufmänner des Krieges: Südkorea will seine Lage als hoch gezüchteter Frontstaat zu Nordkorea industriepolitisch nutzen. Die Waffenexporte steigen rasant an. 2021 hat das Land schon einen Anteil von 2,2% an den weltweiten Waffenexporten. Es liegt hinter GB und Israel. Die eigene Aufrüstung wird auch verstärkt. Denn mit China, Nordkorea und Russland handelt es sich um feindlich gesinnte Atommächte. Vgl. Kölling, Martin: Südkorea. Die Kaufmänner des Krieges, in: HB 12./13./ 14. August 2022, S. 13. 2023 erwägt der Präsident die Beschaffung von Atomwaffen.  Die USA haben ihre hochmodernen Raketenabwehrsysteme (THAAD) stationiert, Sie sind eigentlich für Nordkorea bestimmt, können aber weit nach China hineinhorchen. Südkorea kann in der Regel Waffen wesentlich günstiger anbieten als andere Staaten (Subventionen, Löhne). Verkaufsschlager sind: Kampfjet KAJ KF-21 Boramae Tarnkappenflieger. Panzerhaubitze K9A2 Thunder feuert 56 Kilometer weit. Südkorea liefert 2023 auch Artilleriemunition an die Ukraine. Besonders bei Artilleriegranaten kann das Land einspringen. Europas Rüstungsindustrie hat Probleme. Es ist auch ein Signal an Nordkorea, dass im Ukraine-Krieg Russland mit Artilleriemunition beliefert.

Außenhandel mit Deutschland: Im Oktober 2021 steigen die deutschen Exporte nach Südkorea am stärksten (+18,1% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum). Das könnten Nachholeffekte von Lieferketten- und Logistikproblemen sein. Aus den Gründen im vorherigen Abschnitt dominieren Metall/ KfZ/ Maschinenbau. Die Virus-Variante Omikron könnte im vierten Quartal zu einer Stagnation führen. Der deutsche autohersteller Mercedes Benz soll 2022 20,2 Mrd. Won (14,7 Mio. €) zahlen, weil er angeblich falsche Angaben zu den Emissionen bei Diesel-Autos gemacht hat (Software). Die Strafe kommt von der südkoreanischen Kommission für fairen Handel (Wettbewerbsbehörde).  Sie fordert auch Mercedes Korea zu Korrekturen auf. Größter und wichtigster Hafen in Südkorea ist Busan. Hinter den großen chinesischen Häfen (Shanghai, Ningbo, Shenzhen, Guangzhou, Qingdao) ist er einer der größten Container-Häfen der Welt vor Tianjin/ China.

Deutsche Direktinvestitionen: 2023 prüft Hapag-Lloyd einen Zukauf bei HMM (Werft) in Südkorea aus.

Offenheitsgrad der Volkswirtschaft: Exporte plus Importe in Prozent des BIP. Damit misst man die Einbindung in die Globalisierung. 2020 liegt der Wert für Südkorea bei 69,2%. Im Vergleich dazu: Deutschland 81,1%; China 34,5%; Japan 31,1%; USA 23,4%.

Kreativwirtschaft und Innovation: Korea arbeitet mit Innovationszentren in ganz Korea. Es gibt 19 insgesamt davon; sie bieten kostenlose Arbeitsplätze und umfassende Unterstützung für Gründer. Es handelt sich um eine Maßnahme, die von der Regierung unterstützt wird und das Land unabhängiger von Exporten machen soll (40% Exportquote 2020). Das bekannteste und größte Zentrum ist in Seoul: Seoul Center for Creative Economy and Innovation. Gezielt werden Gründungen in vier Strängen gefördert: Start-ups; Gründer mit Misserfolg; Start-ups, die bereits drei Jahre auf dem Markt sind (nächste Wachstumsstufe); Unternehmen, die Start-up-Ideen sammeln. Seoul ist eines der weltweiten Start-up-Zentren.

Innovationsstandort Seoul: Im weltweiten Ranking liegt Seoul auf Platz 10 (hinter Shanghai und Seattle, vor Washington DC und Tokio). Angetrieben von Förderprogrammen entsteht eine neue Gründerkultur. Auch German Accelerator in Asien fördert (von Singapur aus). Es gibt eine Seoul Business Agency. Daimler, BMW und Beiersdorf bezahlen Studien und Forschung. 2021 wurden 6,4 Mrd. US-$ in Start-ups investiert. Vgl. HB Nr. 116, 20.6.22, S. 14f.

Herausragende Sehenswürdigkeiten in Seoul sind: Gyeong-Palsat, Nationalmuseum, Gangnam-Bezirk.

Innovationen: 2021 gehen die Investitionen in Innovation leicht zurück: -0,2%. Quelle: OECD.

Projekt "Schwimmende Stadt":  In Südkoreas Hafenstadt Busan ist ein großes Projekt auf drei künstlichen Inseln. Das Quartier heißt Oceanix City. Es ist ein US-Start-up. Mitgründer ist Itai Madamombe. Vgl. Fritz, Martin/ Kuhn, Thomas: Neues Leben auf dem Wasser, in: WiWo 51/ 16.12.2022, S. 64f.

Korea als natürliches Experiment der Geschichte: Die stark divergierenden Institutionen der beiden Koreas haben zu unterschiedlichen wirtschaftlichen Entwicklungen geführt. Allerdings muss man die Einschränkung machen, dass Südkorea am Tropf der USA und Nordkorea unter dem Einfluss Chinas steht. Es handelt sich also um einen Machtkampf der Supermächte als Stellvertreterwettbewerb (ein ähnliches Experiment hatten wir in Deutschland). Das BIP pro Kopf driftet seit 1973 total auseinander (2011: Südkorea ca. 18.000 $ , Nordkorea ca. 2700 $). Das muss mit den Institutionen zusammenhängen. Vgl. Acemoglu, Daron u. a.: Volkswirtschaftslehre, München 2020, S. 705ff.

Exkurs: Johan Nylander: The Epic Split (September 2020). Nylander ist schwedischer Journalist in Hongkong. Er entwickelt in seinem Buch die These, das eine Koexistenz zwischen Liberalismus und Autoritarismus nicht endlos möglich ist. Irgendwann muss es zu einem Crash kommen. Vor einem besonderen Balanceakt stehen Staaten, die demokratisch und liberal sind, aber wirtschaftlich auch von China abhängig sind: Südkorea, Japan und Deutschland. Untertitel des Reports: "Made in China" is going out of style.

Umwelt und Energie: Die Kapazität der Kohlekraftwerke wird 2019 immer noch ausgebaut (+ 18.900 Megawatt). Die Speicherkapazität der Stromversorger ist hier weltweit am höchsten (839 Megawatt; Deutschland liegt an vierter Stelle hinter China und USA). Der Abbau von Mika (Glimmer), das man für die Autoindustrie und Kosmetika braucht, führt zu Umweltschäden. Bis 30% soll der Anteil an erneuerbaren Energien bei der Stromversorgung bis 2030 ansteigen. Trotzdem muss Südkorea noch in hohem Ausmaß Öl und Gas auf den Weltmärkten einkaufen. Durch den Ukraine-Krieg treten manchmal auch Südkorea und Deutschland in Konkurrenz um LPG auf dem Weltmarkt. Bei volatilen Verträgen gewinnt der den Zuschlag, der den höchsten Preis bietet (da sind schon Schiffe nach Südkorea umgekehrt). Andererseits hat Südkorea die Situation auf dem Weltölmarkt ausgenutzt. Nach Ausbruch des Ukraine-Krieges Erdölimporte aus Russland +55% (Starke Reduktionen: EU, China, Türkei). 

CO2-Emission/ Kopf: 12,1 t.

Südkorea hat eine äußerst energieintensive Industrie, Das Land ist der achtgrößte Energieverbraucher der Welt. Fossile Brennstoffe (LNG, Erdöl, Kohle) werden zu über 94% aus dem Ausland importiert. Die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien beträgt nur 7,8%. Das Land subventioniert die Energiepreise stark, so dass sie nach den USA die zweitniedrigsten aller Industrieländer sind.

Bodenschätze: Anthrazitkohle, Eisenerz, Kaolin, Grafit, Wolfram. Lithium, Seltene Erden und andere Rohstoffe werden zu über 90% importiert. 1983 hat man Koreas größte Silbermine entdeckt: bei Wolseong in der Provinz Gyeongsang. Sie soll angeblich 10 Mio. Tonnen Silber enthalten.

Landwirtschaft: Bis zur Besetzung durch die Japaner 1910 gehörte sämtlicher Grund und Boden dem König. Der Adel und ein Paar Großgrundbesitzer hatten das Recht, den Boden zu kultivieren. auch nach der Befreiung von der japanischen Kolonialherrschaft änderte sich praktisch nichts. Es kam zur Anhäufung von Land in den Händen weniger Familien. Nur rund 30% des Landes sind für Ackerbau geeignet. Drei Viertel dieser Fläche ist Nassanbau, vor allem Reis. Ein Viertel bleibt für den Rest: Roggen, Gerste, Weizen, Sojabohnen, Gemüse. Der Anteil am BIP liegt bei 1,76%. 5,3% der Bevölkerung arbeiten hier. Hinzu kommen Forstwirtschaft und Fischerei. Die Küstengewässer sind weitgehend leer gefischt.

Saemaul Undong: Hilfsprogramm für die Landbevölkerung 1971. Der Teufelskreis der Armut sollte durchbrochen werden. Es entstand die  "Neue-Gemeinde-Bewegung". Sie diente später als Vorbild für andere asiatische Länder.

Bevölkerungs- und Sozialstruktur als Problem: 51,78 Mio. Einwohner. Sehr homogen. Fast 100% Koreaner, nur 600.000 Chinesen als Minderheit. Verteilung: Stadt 81,4%; Land 18,6%. Wachstum -0,2%. Geburtenrate 0,98 2018 (niedrigste der Welt). So löst sich der Bevölkerungszuwachs von selbst. Im Jahre 2050 werden 40% der Bevölkerung älter als 65 Jahre sein. Derzeit wird die Rente und die Krankenversicherung der Senioren von den Jungen finanziert, die arbeiten. Das funktioniert nur so lange, wie das Verhältnis stimmt. Südkorea gilt als das erste Land, in dem das Verhältnis kippen wird. Die Regierung fürchtet ein Zusammenbrechen der Wirtschaft und tut alles, um die Geburtenrate zu erhöhen (eigentlich müsste sie auf 4,5 bis 4,8 Kinder steigen). Seit 2006 wurden dafür 270 Mrd. $ investiert (Entbindungskosten, Krippen, Kindergärten, Familientag). Nichts wirkte. Quelle: Südkoreanische Forschungsinstitut Kihasa. In der Vergangenheit gab kein Land er Welt so viele Babys zur Adoption frei wie Süd-Korea. Viele Babys wurden in die USA vermittelt. 2022 sind weitere Maßnahmen in Planung: Verdopplung der Ausgaben für Kindergeld. Kindergeld von 100.000 Won (rund 73 €) pro Monat und Kind statt bis zum 7. Lebensjahr bis zur Volljährigkeit. Günstige Kredite für Geringverdiener zum Kauf einer Wohnung, vor allem für Familien. Der Präsident hat eine Taskforce "Geburtenrate" eingerichtet (Kindergärten, Schulbetreuung, Kindergeld). Sie verfügt über 145 Mrd. €. Noch 1960 bekamen Südkoreanerinnen durchschnittlich 6 Kinder. In den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts wurde die Sterilisation empfohlen. Die Geburtenrate fiel mit dem Wandel von Agrarstaat zum Industrieland. Viele Frauen sehen sich vor einer Alternative: Ein Kind zu bekommen und sich für die Familie zu entscheiden oder sich beruflich zu verwirklichen. In keinem OECD-Land sind berufstätige Frauen ihren männlichen gegenüber so benachteiligt wie in Südkorea. Vgl. Peters, Katharina Graca: Land ohne Kinder, in: Der Spiegel Nr. 6/ 26.2.22, S. 82ff.

Der Stress der Pandemiefolgen belastet in Südkorea vor allem junge Frauen. Ihre Suizidrate schnellt hoch. Sie ist ohnehin - auch ohne Pandemie - die höchste aller Industriestaaten. Die Todesrate in der Altersgruppe von 21 bis 29 Jahren ist von Januar 2020 bis August 2020 um 40% angestiegen. Die Gründe dürften mit den patriarchalischen Strukturen zu tun zu haben. Männer haben in der Regel noch die Hauptbeschäftigung, Frauen werden meist als überschüssige Hilfskräfte eingesetzt. Das spiegelt sich auch in der Lohnstatistik wider. Kein anderes OECD-Land weist ein höheres Lohngefälle zwischen Männern und Frauen aus. Die koreanische Gesellschaft leidet seit mehreren Jahrzehnten an einer der höchsten Suizidraten überhaupt. Gründe werden auch in der rasanten Transformation nach dem Koreakrieg gesehen. Traditionelle Familienstrukturen sind im Turbokapitalismus auseinander gebrochen. Das Sozialsystem ist unterentwickelt. Leistungsdruck und Konkurrenzkampf setzen den Menschen zu. Hinzu kommen Vereinsamung und Tabuisierung.

2023 sinkt die Geburtenrate weiter auf 0,78 Kinder (Quelle: Nationales Statistikamt). Nirgends auf der Welt ist die Fruchtbarkeitsrate niedriger. Paare heiraten späterm viele entscheiden sich gegen Familie und Kinder - auch wegen der hohen Wohnungspreise und Bildungskosten. 200 Mrd. US-$ flossen in den vergangenen 16 Jahren in Förderungsprogramme. Man müsste einen Wandel in der Gesellschaft herbeiführen (Frauen wertschätzen, Mütter unterstützen). Vgl. Der Spiegel 9/ 25.2.23, S. 75.

2024 kommt es zu einer ungewöhnlichen Maßnahme gegen den Geburtenrückgang. In der Hauptstadt Seoul gibt eine Prämie für das Einfrieren von Eizellen.

Gesellschaftsschichten: Noch heute starke Differenzierung in Schichten. Das hat eine jahrtausendelange Tradition. Oberschicht (Yangban), die Mittelklasse, das einfache Volk (Sangnom) und die Rechtlosen. Die Oberschicht umfasste Adel, höchste Beamte, Lehnsherren, einige Gelehrte. Mittelschicht waren Beamte. Das einfache Volk waren Handwerker, Händler, Bauern und Künstler. Zu den Rechtlosen gehörten Schlachter, Schauspieler, Schamanen, Mönche. Diese Differenzierung ist heute noch in den Köpfen drin. Vgl. Südkoreas, Berlin (Trescher Verlag) 2023, S. 83ff. Der Gini - Koeffizient der Verteilung liegt bei 31,0 (2010).

Rolle der Frau: Die Gesellschaft in Südkorea ist hypermodern und traditionell zugleich. Das führt zu Zerrissenheit im Frauenleben. Die Geschlechterrollen ändern sich kaum. In der Schule haben die Mädchen beim Mittagessen weniger Zeit als die Jungen. Sie werden durch unpraktische Kleidungsvorschriften schikaniert. Es gibt Belästigungen von Frauen. Man beobachtet auch eine Unvereinbarkeit von Kindererziehung und Karriere. Vgl. Liebert, Juliane: Jederfrau außer sich, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 39, 17.2.2021, S. 11. Auch: Cho Nam-Joo: Kim Jioung, geboren 1982, Köln 2021 (ein Welterfolg, der auch verfilmt wurde). Im Herbst 2022 wird in Seoul eine junge Frau umgebracht - von einem Stalker. Gewalt gegen Frauen bleibt ein massives Problem. Südkorea ist hauptsächlich noch patriarchalisch. Es gibt viele schädliche Stereotype. Vgl. Kretschmer, Fabian: Toxische Männlichkeit, in: Die Rheinpfalz 21.9.22.   Eine der bekanntesten  Frauen in Südkorea ist Soyeon Schröder-Kim. Sie ist eine südkoreanischer Wirtschaftsmanagerin und in zweiter Ehe mit dem siebten Bundeskanzler der Bundesrepublik Gerhard Schröder verheiratet (für ihn die fünfte Ehe).

Exkurs. Politische Einstellungen der Generation Z: Die Untersuchungsergebnisse sind über alle Länder gleich. In Südkorea, in China, in Deutschland, in den USA, in Tunesien passiert es. Die politische Denkungsart variert nach Geschlecht. Junge Männer wenden sich nach rechts (good old days), Nach links und ins Grüne neigen die jungen Frauen (Freiwilligkeit first). In Südkorea und China sind die Geschlechterunterschiede noch krasser. Das ist eines der globalen Probleme unserer Zeit. Eine deutliche Folge ist eine geringe Geburtenrate.  Quelle: Daten der Financial Times, 2024.

Exkurs. Konfuzianismus, Industriegesellschaft, Geschlechterrollen und  modernes Leben:  Männer müssen in Südkorea zum Militär, Frauen nicht. Das gibt Frauen im Berufsleben einen Vorsprung. Trotzdem herrscht ein großes Lohngefälle zwischen den Geschlechtern. Frauen verdienen im Schnitt für gleiche Tätigkeiten 30% weniger. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit liegt bei 52 Stunden. Da bleibt keine Zeit für Familien. "Sam Po" ist eine Bezeichnung für Frauen, die nur auf die Karriere blicken. Alle Kraft gilt dem Beruf. Als Gegenbewegung gibt es anti-feministische Bewegungen mit zunehmendem Frauenhass. Jede dritte Koreanerin soll Gewalt erfahren haben. Die Stereotypen haben sich wenig geändert und sind vom Konfuzianismus geprägt (Frau hat sich dem Mann unterzuordnen, Hausfrau). Das Ministerium für Gleichstellung soll wieder abgeschafft werden. Eine besondere Stellung hatten die Gisaeng. sie sind mit den japanischen Geishas vergleichbar. Sie gehören zu den Rechtlosen. In Wirklichkeit ist ihre Stellung aber sehr gehoben (Gesellschafterinnen).

Exkurs. "Die Brücke des Todes und Happy dying". Sie ist in Seoul und steht als Symbol für Selbstmord. Südkorea hat die höchste Suizidrate der Welt. Das ist die Folge gnadenlosen Wettbewerbs und extrem hoher Arbeitsintensität in der Gesellschaft. Man versucht das zu bekämpfen mit einer Art Schock-Therapie. Man nennt sie "Happy dying (glückliches Sterben)". Man probt das Sterben und den Tod. Dazu wird man auch in einen Sarg gelegt. Das soll gegen Depression, Burn-out und Selbstmordgedanken helfen. Symbolisch wird das Ich zu Grabe getragen, so dass ein Neuaufbau beginnen kann.

System der Altersberechnung: Es gibt eine traditionelle Methode der Altersberechnung. Man spricht von koreanischer Methode. An jedem 1. Januar hat man ein Jahr und nicht etwa am Geburtstag. Es gibt noch zwei andere Berechnungsmethoden. Um mit dieser Verwirrung aufzuhören, soll spätestens ab Juni 2023 nur noch eine Methode gelten (Parlament). Dann soll das internationale System gelten. Einige Koreaner können dann zwei Jahre jünger werden.

Prominente mit Mobbing - Vergangenheit: In Südkorea werden Volleyballerinnen, Fußballer, Schauspieler und K-Pop-Größen im Jahre 2021 öffentlich beschuldigt, während ihrer Schulzeit andere Kinder drangsaliert zu haben. Manche entschuldigen sich, viele streiten alles ab, denn die Konsequenzen, die sie zu erwarten haben, sind drastisch. Die Welle der Mobbing - Klagen begann in Februar.  Mitglieder von Mannschaften wurde mittlerweile suspendiert, Profis verlieren ihre Jobs. Es ist eine Bewegung moralischen Reinemachens. Das Sportministerium will bei der Auswahl der Athleten künftig das Strafregister berücksichtigen. Wer als Kind versagt, trägt die Verantwortung noch als Erwachsener. Die Kraft der Sozialen Medien ist groß in Südkorea. Vgl. Hahn, Thomas: Prominente mit Mobbing - Vergangenheit, in: SZ Nr. 56, 9.3.2021, S. 8.

Gesundheit: Das Corona-Virus (Covid-19), das in China in der Stadt Wuhan zuerst ausgebrochen ist, löst überraschend viele Infektionen in Südkorea aus: Am 20. Februar 2020 steigt die Zahl der Infizierten von 53 auf 104. In der südöstlichen Stadt Cheondo stirbt eine Frau. Viele neue Fälle wurden aus Daegu und der Provinz Nord-Gyerongsang gemeldet. Dort trifft es besonders hart Mitglieder der christlichen Sekte Shincheonji, die auch starke Verbreiter sind.  Staatschef Moon Jae verhängt die höchste Seuchen-Alarmstufe. Am 24.02.20 gibt es 602 Infizierte und 4 Todesopfer (die höchste Zahl nach China). Am 12.3. ist man bei 7.700 Infekten und 60 Todesfällen (Mortalitätsrate 0,77%). Bis zum 26.3.20 hatte Südkorea 9241 Infizierte und 131 Tote. Südkorea scheint die Seuche in Griff zu bekommen. Das Land wird als Wunder und Vorbild gesehen. Die systematische Früherkennung von Infektionen war und ist der Grundpfeiler der Südkoreaner (möglichst viele Tests; 5744 Tests pro Million Einwohner; Weltspitze). Die Behörden setzen auch auf radikale Transparenz: Warnungen aufs Handy bei Corona - Hotspots, Bewegungsprofile von Infizierten. Hinzu kommen Desinfektionen überall mit hohem Personaleinsatz, Hygiene und Atem-Masken. Südkorea wird zusammen mit Singapur als Benchmark in der Corona-Krise gesehen. Besonders anerkannt ist Südkorea als Test-Hochburg. Das Land entwickelt sich zur Exportmacht für die heiß begehrte Diagnostik. Die DNA - Amplifikationstest - Methode wurde im Land entwickelt. Der Test soll von der ISO (Organisation für Normung) zum Standard erhoben werden. Der Schnelltest liefert innerhalb von 10 Minuten ein zuverlässiges Ergebnis. Das ist ein Exportschlager und ein Supergeschäft für die Firma Sugentech (500.000 Testkids pro Woche, 17,50 $ das Stück). Das könnte auch die angespannten Handelsbeziehungen zu den USA und Japan wieder verbessern. Man fürchtet im Mai 2020 eine zweite Viruswelle. Im Fokus steht die Schwulen-Szene in Seoul. Damit müssen Homosexuelle jetzt doppelt Angst haben. Ein infizierter junger Mann, der mehrere Clubs besucht, steckt im Ausgeh-Viertel von Seoul (Itaewon) 86 andere an. Mehr als 5600 Menschen werden daraufhin gesucht. Süd-Korea wird von einer zweiten Welle erfasst Ende Juni 2020. Sie ist eher leicht, aber kontinuierlich steigend. Es gibt 13.000 Infizierte. Im Dezember 20 und Januar 21 gibt es eine dritte Welle. Allerdings bleiben die Infektionsraten im Vergleich zu Deutschland eher gering. Südkorea hat da svirus besser bekämpft als andere. Nur China steht besser da. Die Wirtschaft schrumpfte 2020 nur geringfügig (-1%).

Korea Center for Disease Control und Prevention (KCDC): Amerikanischen Behörde als Vorbild. Hat sehr viel Erfahrung mit der Bekämpfung von Corona-Seuchen: 2003 Sars. Danach wurde das Institut gegründet. 2009 H1N1. 2015 Mers. Man arbeitet mit Quarantäne. Wer sich nicht daran hält muss 7500 Euro Strafe zahlen. Man ist erfolgreich mit einem Tracing-System.

Exkurs: Psychische Gesundheit in Japan und Süd-Korea: 2020 steigt die Suizidrate in Japan wieder an auf 21.919 Tote. Sie ist eine der höchsten in der Welt. Deshalb gründet die Regierung 2021 ein Ministerium für Einsamkeit (Minister wird Sakamoto; GB hatte das Gleiche 2018 schon gemacht, weltweit erster Minister). Die Suizidzahlen sind hoch bei Frauen, Selbständigen und Arbeitslosen. Die Pandemie hatte die Gesundheitsprobleme verschärft: isolierte Arbeit am Computer sowie familiäre Trennungen vor allem wegen der verengten Wohnbedingungen. Ein erster Aktionsplan ist in Arbeit. Aktivitäten sollen gefördert, die Einsamkeit und Entfremdung soll verhindert werden, die Bindungen zwischen den Menschen sollen geschützt werden. Auf konkrete Maßnahmen darf man gespannt sein. Vgl. Köhler, Angela: Auf verlorenem Posten, in: Rheinpfalz Nr. 135, 15. 6.2021, S. 1 Korea hat die höchste Suizidrate unter allen Industrieländern. Ursache dürfte der extrem hohe Leistungsdruck und die Vereinsamung durch Trennung von alten Rollenbildern (Konfuzianismus) sein. Die "Brücke des Todes" in Seoul erringt traurige Berühmtheit.

Exkurs. Die Fernseh-Psychiaterin Dr. Oh: Sie heißt eigentlich Oh Eun Young. Sie "legt Südkorea auf die Couch". Sie bricht ein gesellschaftliches Tabu und erreicht damit ein Millionenpublikum. Sie hat eine Mission. Sie ist auf Kinder und Jugendliche spezialisiert. In der Anfangsphase der Show besuchte sie ihre Klienten auch Zuhause. Sie sammelte in den Wohnungen Stromkabel, Schuhlöffel und Fliegenklatschen ein, mit denen Eltern die Kinder gezüchtigt hatten. Sie will das Bewusstsein für psychische Gesundheit schärfen. Sie ist auf allen Kanälen tätig. Das Zentrum für psychische Gesundheit sieht einen enormen Nachholbedarf in Südkorea. Jeder Fünfte leidet während seiner Lebenszeit mindestens einmal an psychischen Störungen. Vgl. NZZ 27.3.24, S. 7..

Exkurs. Ginseng (Panax ginseng):  Sie gehört zu den ältesten asiatischen Pflanzen. Urheimat ist Korea. Sie wird auch "Wurzel des Lebens" genant. Sie war einst wertvoller und begehrter als Gold. Sie galt damals und auch heute noch in Asien als Sinnbild für ein langes Leben. In ihrem August-Heft 2022 hat Stiftung Warentest Ginseng-Präparate in Deutschland getestet.

Exkurs: Kimchi: Koreanisches Sauerkraut. Balsam für den Darm. Es gilt als besonders gesund, besonders für das Immunsystem. Es unterscheidet sich zum deutschen Sauerkraut durch die Fermentierung und die Gewürze: Milchsäure (Gärung), Knoblauch, Chili, Fischfermente.

Wirtschaftsgeschichte: Nach dem Korea-Krieg förderte die südkoreanische Regierung (mit Duldung durch die USA) den Aufstieg von eigenen Unternehmen zu Weltkonzernen, indem sie den Heimatmarkt zunächst mit Zöllen abschottete und ausländische Unternehmen in Joint Ventures zwang. Sie holte so Technologie und Know-how ins Land. Dieses Modell kopierte später China.

Digitalisierung: Das Land ist 2019 schon voll auf 5G-Technik umgestellt. Mit 28,6 Megabit pro Sekunde fließen Datenmengen durch das Internet. K-City südlich von Seoul ist seit Ende 2018 als erste Teststrecke der Welt für autonomes Fahren in Betrieb. Bis 2023 sollen über 23 Milliarden Euro in fünf Dienstleistungsbereiche fließen (darunter Gesundheitssystem).

Online-Konsumgüterhandel: Südkorea liegt weltweit klar an der Spitze (2022). Diese Sparte macht 29% aus. Es folgen weitere asiatische Länder: China mit 27%, Taiwan mit 17%. Quelle: Kantar.

Südkorea als zukünftige Großmacht bei Chips: Präsident Yoon möchte in den kommenden 20 Jahren drei Millionen Jobs in der Halbleiterbranche schaffen. Das soll ganz ohne Milliardensubventionen gelingen - anders als in Deutschland. Samsung (zweitgrößter Hersteller der Welt) soll den Chipriesen TSMC aus Taiwan attackieren. Südkorea will insgesamt 16 weitere Werke bauen. Zweiter großer Anbieter ist SK Hynix (sechstgrößter der Welt). Der Staat nimmt Geld für die Infrastruktur in die Hand.

Exkurs. Zepeto als Metaversum: Es startete 2019 als Onlinespiel. Inzwischen ist es die bedeutendste Metaversum - Plattform in Asien. Es ist eine virtuelle Welt mit Straßen, Häusern, Restaurants und Discos. 300 Mio. Nutzer treffen sich auf virtuellen Partys, besuchen Modeboutiquen, schauen sich Konzerte an oder verabreden sich zum Grillen. In Südkorea funktioniert diese Parallelwelt besonders gut, weil dei reale Welt immer noch von einem starren Netz von Regeln und Normen geprägt wird. Virtuelle Welten sind nichts Fremde sin Südkorea. 70% der Nutzer sind Frauen. "Es geht nicht darum, wer du bist, sondern wer du sein willst". Vgl. Peters, Katharina Graca: Du hast die Macht, in: Der Spiegel Nr. 31/ 30.7.22, S. 76f.

Arbeitsleben: Qua Gesetz gilt die 40-Stunden-Woche. Ebenso laut Gesetz kann der Arbeitgeber bis zu 12 Überstunden verlangen. Also gilt eher dei 52 -Stunden-Woche. Das monatlich Durchschnittseinkommen liegt 2023 bei 2700 Euro. Frauen beziehen in der Regel nur 65% vom Verdienst ihrer männlichen Kollegen. Nur noch 1,8% der Wirtschaftsleistung werden in der Landwirtschaft erarbeitet, 32,8%  in der Industrie, 58% im Dienstleistungssektor.  Vgl. Dietsch, K. A.: Südkorea, Berlin 2023, S. 91. "When too perfect, lieber Gott böse", Koreanischer Videokünstler Nam June Paik.

Arbeitsbedingungen: Die Arbeitsbedingungen sollen massiv verbessert werden. Bis 2020 soll der Mindestlohn auf 10.000 Won angehoben werden. Es könnte Arbeitsplatzverluste bei Klein- und Mittelbetrieben geben durch die Mehrkosten. Es gibt staatliche Förderprogramme für KMU. Im Februar 2018 kommt ein Gesetz zur Verkürzung der gesetzlichen Wochenarbeitszeit. Seit Juli gilt in Betrieben mit mehr als 300 Mitarbeitern eine maximale gesetzliche Wochenarbeitszeit von 52 Stunden (bisher: 68). Quelle: Fischer Weltalmanach 2019, S. 280. Die Betriebe versuchen mit allen Mittel, die Einrichtung von Gewerkschaften zu verhindern. In Seoul demonstriert seit über einem Jahr Kim auf einem Sendemast auf einer winzigen Plattform. Er wurde von einer Samsung-Tochter entlassen, weil er eine Gewerkschaft im Betrieb organisieren wollte. Er fordert von Samsung Wiedereinstellung. Kim ist eine berühmte Institution und hat seine Fans.

Sozialversicherung und Soziales: Seit 1960 gibt es ein System der sozialen Sicherung. Es gibt eine Krankenversicherung, Firmen und Beschäftigte zahlen je die Hälfte. Der Staat schießt Finanzhilfen zu. Das Krankenversicherungsgesetz ist von 1963. Andere Gesetze sind: Sozialhilfegesetz (1961), Hilfe für Katastrophenopfer (1962), Unfallversicherung (1963), Sicherung der Arbeitsplätze (1967), allgemeine Wohlfahrt (1970), Altershilfe (1981). 28% des Staatshaushalts  sollen in soziale Einrichtungen fließen, wozu auch der Wohnungsbau gehört.

Menschenrechte und Tradition: Das südkoreanische Verfassungsgericht muss die Spannung zwischen konfuzianischen Traditionen und universellen Menschenrechten austragen. Einzelfälle werden verfassungsrechtlich geprüft. Die Institution des männlichen Haushaltsvorstands wurde durch Einführung einer individuellen Meldepflicht abgeschafft. Die Regelung, dass die eigenen Eltern und Großeltern nicht strafrechtlich verklagt werden dürfen, wurde beibehalten. Die Rechte gleichgeschlechtlicher Paare werden gestärkt: Krankversicherung muss homosexuelle Partner mitversichern. Trotzdem ist die Diskriminierung von LGTBQ in Südkorea noch hoch.

Kultur:  Die Kultur ist eine der ältesten der Welt (seit 2400 v. Chr.). Knapp die Hälfte aller Süd-Koreaner heißen Lee, Kim oder Park. Kaum ein Land hat so wenige Nachnamen. Der Nachnamen wird zuerst genannt. Essayist Lee O-Young antwortete auf die Frage von Schriftsteller Tiziano Terzani, was Korea ist: "Ein Ort im Wind. Ein Krebs zwischen zwei Walen" (die heißen China und Japan). Kimchi ist ein Hauptgericht in der koreanischen Küche (Gemüse). Hanbok heißt das traditionelle Gewand für Festtage, das von Männern und Frauen getragen wird. Gyeongbokgung heißt und hieß die Residenz der Königsfamilie (Hauptpalast der Joseon-Dynastie, 1392-1910). Hapkido heißt die koreanische Kampfkunstart. Kakao-Talk ist das koreanische Whats App. Die Koreaner sollen von Tan Gun abstammen (Verbindung von Gott mit Bär, der sich in Frau verwandelte, 333 v- Chr. erstes Staatsgebilde). Ginseng ist die herausragende Heilpflanze (vor allem der rote). Vgl. Christine Liew: Iwanowski`s Reisegast in Korea, 2013; Klaus A. Dietsch: Südkorea, 2015. Die koreanische Sprache ist stärker mit dem Japanischen als mit dem Chinesischen verwandt (Grammatik, Wörter). Trotzdem war China über die Jahrhunderte kulturell der große Einflussfaktor. Die koreanischste aller Speisen ist Kimch`i (Milchsäure vergorener Chinakohl). Sehr stark hat sich die Beerdigungszeremonie geändert.  Sie ist eng mit dem Ahnenkult verbunden. Sie dauerte drei Tage und die Toten wurden bei den Familien aufgebart. Auf einem nach Norden aufgerichteten Traueraltar wurde die Leibgerichte und -getränke aufgereiht. Die Leiche wurde in weiße Chrysanthemen eingebettet. Im Raum Seoul gibt es mittlerweile immer mehr schlichtere Abschiede. Immer öfter sterben auch Menschen, die niemand vermisst. 2020 wird ein Zivildienst für Wehrdienstverweigerer aus Gewissensgründen eingeführt (im Gefängnis, dreijähriger Dienst). In Südkorea ist es gesetzlich verboten, sich positiv über den verfeindeten Norden zu äußern. Das gibt zu allerlei Klischees Anlass. Beim Messen des Geburtstages hat Südkorea eine Besonderheit: Man feiert den Geburtstag am Neujahrstag. Seoul überprüft ab 2018 jeden Tag 20.000 Toiletten. Das ist eine Reaktion auf die Installation versteckter Kameras. China ist mittlerweile der größte Handelspartner Südkoreas; sowohl bei Importen als auch bei Exporten abhängig. Vom 30 April 2021 bis 5. September 2021 findet in Bern/ Schweiz folgende Ausstellung statt: Grenzgänge - Nord- und südkoreanische Kunst aus der Sammlung Sigg. 2021 erregt eine Netflix - Serie Aufsehen: Sie heißt Squid Game und ist als Gesellschaftskritik gemeint. Sie kommt aus Südkorea. Die Serie arbeitet mit extremster Brutalität. Immer wieder Streitpunkt in der Kultur ist Hundefleisch. Der Verzehr hat in Korea eine lange Tradition. Pro Jahr werden etwa eine Mio. Tiere geschlachtet und verzehrt. Man beruft such auf Konfuzius (der zwischen Jagd-, Wach- und Zuchthunden unterschied). Man glaubt auch an die Potenzsteigerung. Das Thema ist sensibel. Ein Verbot von Hundefleisch auf der Speisekarte ist im Gespräch.

Exkurs. Musik-Bands: Die Boy - Group BTS ist sehr bekannt in Südkorea. Sie wird auch immer beliebter in den USA und vielen anderen Ländern, auch in China. Sie ist 2020 wohl die erfolgreichste Band der Welt. Sie löst im Oktober 2020 einen wütenden Internet-Mob in China aus. Streaming - Dienste nehmen BTS aus dem Sortiment. Samsung und Fila müssen Werbekampagnen mit der Band in China zurücknehmen. Der Band - Rapper RM hatte eine Rede vor der Korea-Society in N. Y. gehalten: "Wir werden für immer an die Opfer erinnern, die unsere beiden ´Nationen erbracht haben". Auf der gegnerischen Seite kämpfte aber China ("Krieg gegen die US-Aggressoren"). Die Band ist eher unpolitisch; es war wohl ein Versehen. Bekannt ist auch die Girl-Group Blackpink. Dazu gehört die K-Pop-Sängerin Lalisa Manoban. Sie gerät auch ins Visier chinesischer Zensurbehörden. Ihr Auftritt im Online-Portal Weibo, der sie im Pariser Revuetheater Crasy Horde zeigt, ist wohl zu freizügig.  Die Pop-Industrie ist in Südkorea sehr ausgeprägt. Talente müssen sich in einem gnadenlos harten Wettbewerb nach oben kämpfen (klare Vorgaben: kein Partner, 16 Stunden-Tag).

Exkurs. Kulturexporte: Die Kulturindustrie beliefert die Welt mit zwei Produktlinien. einmal mit harmlosen koreanischen Pop., dem K-Pop. Zum anderen mit ultrabrutalen Filmen und Serien, die auch als abrechnung mit dem Hyperkapitalismus des Landes gelesen werden können. Dazu gehört die Netflix-Serie "Suid Game". Hinzu kommt "Bargain", wo eine Entjungferung verhandelt wird oder der Kauf einer Niere. Es scheint ein spannendes und zynisches Abbild einer Gesellschaft zu sein, in der jeder für sich selbst kämpft und die Gier unerschöpflich ist. Vgl. Der Spiegel 41/ 7.10.23, S. 119.

Exkurs. Hundefleisch: Es gilt in Südkorea als Delikatesse und hat eine lange Tradition. Es gibt 2023 noch über 100 Hundefarmen, die Hunde speziell zum Verzehr züchten. Im Januar 2024 beschleißt das Parlament, dass die Zucht, der Verkauf und der Verzehr von Hundefleisch ab 2027 verboten ist. Hauptsächlich im Sommer wird "Bosintang", eine Suppe aus Hundefleisch, zubereitet (das hängt damit zusammen, dass Kühe einst einen hohen Stellenwert hatten) . Sie soll die Ausdauer stärken. Es gibt in Südkorea etwa 1600 Restaurants, die dieses Gericht servieren. Es drohen drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe von 30 Mio. Won (20.000€). Für Jüngere ist das Fleisch sowieso tabu, weil Hunde als Haustiere immer beliebter werden. Besonders die First Lady setzte sich für ein Verbot ein, man fürchtete auch um das internationale Ansehen des Landes (die Präsidentenfamilie liebt auch Hunde). Lobbyisten (Vereinigung für Hundefleisch) kämpfen weiter dafür, dass Hundefleisch gegessen werden darf. Sie scheitern 2024 mit einer Petition vor dem Verfassungsgericht Südkoreas.

Exkurs. Taekwondo: Kampfsport aus Korea. Auch Tae-Kwan do genannt, kurz TKD. Bedeutet "Der Weg des Fuß- und Faustkampfes". Entwickelt sich erst nach der japanischen Herrschaft in Korea. Es besteht aus 9 Elementen. Es gibt aber fünf Ursprungsstile.

Exkurs. Stadträtin aus Neuss in südkoreanischer Sex-Dokumentation: Die Domina Julia Vershinina wird 2024 ein Sexstar bei Netflix. Sie tritt in der Netflix-Serie "Risue Business" auf, die von einer südkoreanischen Produktionsfirma entwickelt wurde. Sie ist für "Die Partei" (Martin Sonneborn)  in den Stadtrat von Neuss gewählt worden. Vgl. Gantenbrink, Nora: mit Latex und Merkel-Raute, in: Der Spiegel 15/ 6.4.24, S. 47.

Nunchi: (gesprochen: nun-tschi). "Augenmaß" oder die subtile Kunst, die Gedanken und Gefühle anderer Menschen einzuschätzen, um Harmonie, Vertrauen und eine Beziehung zu ihnen aufzubauen. Es ist das wichtigste koreanische Leitprinzip für das Überleben, das Glück und den Erfolg. Es geht auch darum, intuitiv zu erfassen, was in anderen Menschen vorgeht, und dadurch bessere Beziehungen aufzubauen. Ein hohes Nunci steht für ausgeprägte emotionale Intelligenz. Nunchi - Blocker (Vorurteile der westlichen Welt) sind: Empathie ist wichtiger als Einsicht, Lärm ist wichtiger als Stille, Extrovertiertheit ist wichtiger als Introvertiertheit, scharfe Kanten sind wichtiger als glatte Rundungen, Individualismus ist wichtiger als Kollektivismus. Vgl. Euny Hong: Nunchi. Das koreanische Geheimrezept, München (Knaur) 2020.

Nationalfeiertag: 15. August: Befreiung von der japanischen Herrschaft 1945.

Erziehungswesen: "Lernen und Leiden". Die Alliteration fasst das Leben heutiger Jugendlicher zusammen. Grundlage ist der Konfuzianismus. Bildung entscheidet über den sozialen Status und die Heiratschancen. Im alten Korea stand Bildung nur den Männern zu. Schulen für die Allgemeinheit gibt es erst seit rund 140 Jahren. Christliche Missionare gründeten die ersten Lehranstalten. 1887 eröffnete die erste Mädchenschule ihre Pforten.  - die Ewha Haktang, Vorläufer der heutigen Elite-Frauenuniversität. 1945 bis 1948 bauten die Amerikaner Schulen, das Schulsystem gilt noch heute: sechs Jahre Grundschule, drei Jahre Mittelstufe, vier Jahre College oder Universität. Die jugendlichen lernen von 8 bis spätnachts mit Nachhilfe (Hakwon). In die Eliteuniversitäten kann man sich auch ganz gut "einkaufen".

Bildung und Forschung: Bildung ist ein gewaltiges Geschäft. Das hat eine lange Tradition Neben Konfuzianismus hat der Aufschwung vom Agrar- zum Industrieland innerhalb kurzer Zeit einen Rolle gespielt. Das war nur durch massive kollektive Aus- und Weiterbildung möglich. Der wirtschaftliche Aufschwung ist untrennbar mit dem Anstieg des Bildungsniveaus verbunden. Allerdings ist der heutige Arbeitsmarkt prekärer als in jedem anderen Land. Das führt auch zu einer Verschärfung des Bildungssystems. Der Druck wird immer größer. Bildung wird immer enger mit Datenhandel verknüpft (biometrische Daten, Messung von Konzentration und Aufmerksamkeit und Fleiß). Vgl. Lill, Felix: Pauken zu jedem Preis, in: Die Zeit Nr. 4, 16.1.20, S. 27. In den Pisa-Studien schneidet Südkorea regelmäßig sehr gut ab und liegt in der Spitzengruppe, zusammen mit Japan, Kanada, Estland. Man ist bereit, in Zusatzangebote wie Nachhilfe zu investieren. Die Elite-Unis haben harte Zugangsbedingungen (natürlich auch Noten). Doch man muss auch viel Geld haben.

2019 hatte Südkorea den höchsten Forschungsanteil am BIP mit 4,53% (vor Schweden, Schweiz und Japan). Dahinter liegt Deutschland mit 3,17%. Dann erst folgen die USA (2,83%), Frankreich (2,19%) und China (2,14%). Anfang August 2022 schießt Südkorea eine Mondsonde ins All mithilfe von SpaceX von Musk.

Exkurs, Suneung: Die Abschlussprüfung an den Schulen. Sie hält das ganze Land in Atem. Davon hängen die Studienplätze ab. Es ist ein knallharter Wettbewerb. Es gibt keine klassischen Noten, sondern Ränge (1 bis 9). 4% können Rank 1 in der Regel erreichen. Jeder Rank ermöglicht einen Zugang zu einem Fach an der Uni (vergleichbar dem Numerus Clausus).  Vgl. Schmiegel, Catrin: Sie lernt um ihr Leben, in: die Zeit 4/ 18.01024, S. 13ff.

Religion:  Es herrscht Religionsfreiheit. Die ursprüngliche Religion war der Schamanismus. In Korea gilt der Mahayana - Buddhismus (chinesisch-japanisch). Man spricht auch vom "nördlichen Buddhismus". Es geht um die Erlösung aller Lebewesen. Es gibt eine ausgeprägte Meditationspraxis. Zwischen 0 und 500 n. Chr. erreicht der Buddhismus Südostasien und Korea. Als gesichertes Jahr gilt 373. Ansonsten spielt der Animismus noch eine Rolle, wie in vielen anderen asiatischen Ländern. Es ist der Glaube, dass alle Objekte Seelen besitzen, vor allem Berge. Offizielle Staatsphilosophie ist der Konfuzianismus, der Hierarchien legitimiert. Man sieht ihn aber heute nicht mehr als Religion, allenfalls als ethisches System. Ca. ein Drittel der Bevölkerung gehört den christlichen Religionen an, insbesondere dem Katholizismus. Unter diesen Christen gibt es aber viele Sekten oder Kulte, wie sie in Süd-Korea genannt werden. Diese breiten sich auch in den USA und Deutschland aus. Man spricht von "Seelenfängerei". Am bekanntesten ist Shincheonji. Sie breitet sich seit 2006 in Deutschland aus, vor allem in Essen, Frankfurt und Berlin. Gründer ist Lee Man-hee, 1931 in Cheongdo geboren. Die Sekte fällt durch aggressive Mitgliederwerbung und Schwerpunkt "Endzeit" auf.

Exkurs. Totemismus und Schamanismus: In der Frühzeit wurden Bären und Tiger verehrt. Es gibt noch ein drittes Totemtier: den Hahn. Er kommt im Mythos der Gründung des Silla - Reichs (57 v. Chr.) vor. Die frühen Dorfgemeinschaften hingen auch dem Schamanismus an. Dei Schamanen standen gesellschaftlich ganz oben. Ursprünglich fungierte der König als Oberpriester.

2013 war die Vollversammlung des Weltkirchenrates (Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) in Südkorea. Der Rat ist 2022  70 Jahre alt. In diesem Jahr trifft er sich in Deutschland in Karlsruhe. Dem Rat gehören 353 Kirchen aus 120 Ländern an. Er repräsentiert weltweit mehr als 580 Mio. Christinnen und Christen. Er soll die Einheit aufzeigen. Oberstes Organ ist die Vollversammlung. Die römisch-katholische Kirche gehört nicht dazu.

Südkorea und USA: 2019 gibt es einen Streit über die Finanzierung des amerikanischen  Militärkontingents auf der Halbinsel. Zunächst platzen die Gespräche. Die amerikanische Delegation verlässt den Verhandlungstisch. Südkorea soll einen größeren Anteil an der Finanzierung für die Stationierung der 28.500 US-Soldaten übernehmen. Demnächst wird der Anteils Koreas an der Militärpräsens der USA bei 41% liegen (Japan 50%, Deutschland 18%). Im März 2021 kommt es nach dem Amtsantritt von Biden zu einer Einigung: Der Vertrag läuft bis 2025. Südkorea zahlt weniger als die geforderten 4,2 Mrd. € jährlich. Im März 2021 besuchen die US-Minister Blinken (Außen) und Austin (Verteidigung) Südkorea und Japan. Es gibt eine gemeinsame Warnung vor Chinas "destabilisierenden Verhaltens". Ende April 2018 wird Südkorea nach Verhandlungen mit den USA dauerhaft von den Zöllen auf Stahl (25%) und Aluminium (10%) ausgenommen. Auf starken Druck aus Washington hat Südkorea im Februar 2019 einer deutlichen Erhöhung seines Finanzbeitrags zur Stationierung der US-Truppen auf seinem Territorium zugestimmt. Am 21.5.22 besucht US-Präsident Biden Südkorea. Man plant gemeinsame Militärübungen. Diese werden sogar bis Ende des Jahres 2022 verlängert als Antwort auf die Raketentests von Nordkorea. Am 27.4.23 besucht der Premierminister Südkoreas Han-Duck-soo die USA.

Südkorea und China: Als Südkorea darüber nachdachte, das Raketenabwehrsystem THAAD zu stationieren, legte China scharfen Protest ein (2017). Dann folgte ein Doppelschlag: Chinesischer Tourismus wurde gestoppt. Die südkoreanische Kaufhauskette Lotte, die in China sehr erfolgreich ist, wurde von Aufsichtsbehörden schikaniert. Südkorea gab klein bei. China hegt die Hoffnung, dass nach einer Vereinigung Koreas, das Land von Peking aus kontrolliert werden kann. Korea steht voll im Zentrum des globalen Machtkampfes zwischen den USA und China. Vgl. Winter, M.: China 2049, München 2019, S. 126. Ab 2020 ist Südkorea im RCEP, der neuen Wirtschaftsintegration in Asien, der 15 Länder angehören. China dürfte die Führungsrolle haben.

Es gibt Konflikte um den Socotra-Fels. Er liegt 100 km nähe ran Südkorea als an China. Keine der beiden Nationen kann nach internationalem Seerecht den Felsen zu seinem Territorium erheben, da es im wesentlichen ein untermeerisches Riff ist. China verlangt von Südkorea auf die Kontrolle von Socotra zu verzichten und auf die ganze Meeresregion zu verzichten. Es geht um Öl und Schiffsrouten. Vgl. Görlach, Alexander: Alarmstufe Rot, Hamburg 2022, S. 183ff.

Südkorea und Japan: Lange herrschte eine Eiszeit zwischen beiden Ländern. Gründe sind  die Kriegsvergangenheit und der Umgang beider Länder damit. Das setzt sich fort in einem Handelskonflikt 2018. Ursache war ein Urteil des obersten Gerichts in Südkorea: Nippon Steel und Mitsubishi Heavy Industries sollten Entschädigungen in Höhe von 500 Mio. Dollar für den Einsatz von Zwangsarbeitern von 1910 bis 1945 zahlen. Es handelt sich immerhin um die zweitgrößte und drittgrößte Volkswirtschaft des Kontinents. Beim Asean - Gipfel Anfang November 2019 in Bangkok wird wieder eine Annäherung vereinbart.  Der Handelskonflikt entstand, als Japan einseitig Handelsrestriktionen verkündete: beim Export von Elektronikprodukten nach Südkorea sollten höhere administrative Anforderungen gelten. So fehlte es in Südkorea an Komponenten für die Weiterverarbeitung (3 wichtige Komponenten für Smartphones dürfen nur noch mit Lizenz aus Japan nach Südkorea verkauft werden). Die geheimdienstliche Zusammenarbeit wurde aufgekündigt. Der Bierabsatz aus Japan in Südkorea brach um 99% ein. Die Supermarktbesitzer profitieren von dem Boykott japanischer Waren. Toyota büßte 62% seines Absatzes ein. Japan scheint der größere Verlierer zu sein, vor allem je länger die Restriktionen gelten. Zwischen Juli und Oktober 2019 exportierte Japan 14 Prozent weniger nach Südkorea. Die Frage steht im Raum, ob die Kolonialzeit angemessen aufgearbeitet wurde. Anfang 2021 kommt ein interessantes Gerichtsurteil dazu in Südkorea: Japan muss an frühere Sexsklavinnen zahlen (12 Opfer des japanischen Militärs). Ein Bezirksgericht in Seoul sprach den Klägerinnen umgerechnet 74.500 € zu. Nur fünf der Klägerinnen sind noch am Leben. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass Japan zahlt. Im März 2023 bietet Seoul Tokio einen historischen Handschlag an. Es gibt eine Annäherung in einem emotional aufgeladenen Streit. Südkoreas Präsident Yeol will eine Stiftung für ehemalige Zwangsarbeiter einrichten. Japan regiert positiv. Beide Länder sind auf Kooperation angewiesen (gegen China).   2021 wird der internationale Konflikt mitten in Berlin sichtbar. In Moabit sorgt ein Mahnmal für koreanische "Trostfrauen" für diplomatischen Unfrieden. Der Koreaverband hat das Mahnmal aufgestellt. 200.000 Koreanerinnen wurden von japanischen Soldaten als so genannte Trostfrauen sexuell missbraucht. Es hagelt Proteste aus Japan (Botschaft, Regierung). Das Bezirksamt Mitte sitzt zwischen den Stühlen und will das Mahnmal "vorübergehend" dulden.

Im Mai 2023 reist der japanische Premier Fumio Kishida erstmals seit Jahren zu einem Gipfel nach Südkorea. Er trifft Präsident Yoon Suk-yeol in Seoul. Im März 2023 hatten sich beide schon in Tokio getroffen. Die Sicherheitsbedenken stehen im Vordergrund, vor allem die Frage, wie man auf einen Angriff Chinas auf Taiwan reagiert. Es geht auch um Entschädigungen für Südkoreanerinnen und Südkoreaner (Fabriken, Prostitution). Die Feindbilder zwischen den beiden Ländern sind überholt.

Südkorea und Russland: Mit den westlichen Sanktionen nimmt man es nicht so genau. 2023 errichtet die Firma Enertech aus Südkorea zusammen mit Rosatom aus Russland eine Batteriefabrik in Kaliningrad. Sie ist sehr wichtig für die russische Wirtschaft. Im März 2024 wird ein Missionar aus Südkorea festgenommen in Russland. Russland wirft ihm Spionage vor. Er soll auch nordkoreanische Flüchtlinge bei der Flucht unterstützt und mit Hilfsgütern versorgt haben. Dei Beziehungen beiden Länder haben sich verschlechtert. In Seoul herrscht Unmut über dei militärische Zusammenarbeit von Russland und Nordkorea.

Südkorea und Deutschland: Im Februar 2023 wird Jürgen Klinsmann Nationaltrainer für Fußball in Südkorea. Er soll die Nationalmannschaft Südkoreas zur Asienmeisterschaft führen. Die große Frage ist, ob er den Fußball eines Landes reformieren kann, das er kaum kennt. Länderspiel gegen Japan gelten immer noch als kritisch. Das letzte Trainingslager vor der Asien-Turnier ist in Abu Dhabi. Im Halbfinale des Asien-Cups scheitert Südkorea überraschend an Jordanien. Im Februar 2024 trennt sich Südkorea von Jürgen Klinsmann. Im April 2023 besucht Außenministerin Baerbock das Land. Sie plädiert für Kooperation. Baek Won-soon sitzt im gleichen Gefängnis wie der Journalist vom Wall Street Journal Evan Gershkovich. Es soll wohl eine Warnung an Südkorea sein. Man fertigt Munition, die NATO-Standards entspricht. Man versorgt Polen, GB, die baltischen Staaten, die diese zum Teil an die Ukraine weitergeben.

Es gibt eine Kooperation für Pflanzenschutz der Zukunft. Sie besteht 2024 zwischen Agroscience GmbH, Neustadt/ Mußbach und KRIBB (Korea Research Institute of Bioscience and Biotechnology), Südkorea. Es geht insbesondere um umweltverträgliche Pflanzenschutzmittel.

Kooperation: Die Premierminister der drei Länder Li Keqiang/ China, Moon Jae/ Süd-Korea, Shinzo Abe/ Japan treffen sich am 24.12.19 in Chengdu/ China. Sie sorgen sich um die Stabilität in der Region, weil Nord-Korea seine Atomraketentests verstärkt hat. Das Regime ist unberechenbar und es gibt keine Fortschritte in den Abrüstungsgesprächen mit den USA. Alle drei eint die Angst. 

Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP): Es wurde als Handelsabkommen im November 2020 unterzeichnet. die Partnerschaft verbindet 2,2 Mrd. Menschen. Damit wird fast in Drittel des weltweiten Handelsaufkommens repräsentiert. Diesem block gehören erstmals China, Südkorea und Japan gemeinsam an. Auch Australien ist eines der unterzeichnenden Länder. Nur Indien ist nicht dabei. Das abkommen sorgt für Unruhe in den USA (die freiwillig ausgestiegen waren).

Propaganda: Es gibt regelmäßige Aktivitäten Südkoreas in Nordkorea. So werden etwa Flugblätter per Ballon im Reich von Kim Jong Un abgeworfen. Auf Druck Nordkoreas verbietet Südkorea solche Aktivitäten wieder mal Ende 2020. Es soll sogar Geldstrafen und Haft geben. Die NGO "Database Center for North Korean Human Information" untersucht dies. Viele Flüchtlinge aus Nordkorea würden davon beeinflusst. Es gibt noch andere NGOs, die aus Südkorea heraus arbeiten. Nordkorea betreibt ein Intranet, das alle Verbindungen nach außen abschottet. Anfang Oktober 2021 öffnet Nordkorea wieder den Kommunikationskanal zu Südkorea.

Familienzerrissenheit und Hoffnung auf Wiedervereinigung: Der Koreakrieg vor 70 Jahren riss viele Familien auseinander. Ed gibt auf beiden Seiten eine Hoffnung auf Wiedervereinigung. Dabei schielet man auf Deutschland. Gegenwärtig sind die Systeme noch zu verschieden. Die Weltmächte China und USA stehen sich hier gegenüber. formell ist man noch im Kriegszustand. Kein einziges Projekt der Entspannung ist vorangekommen.    Vgl. Katharina Graca Peters: Das Leben des anderen, in: Der Spiegel Nr. 1/ 2.1.2021, S. 82ff.

Katastrophen/ Unglücke: Ende Oktober 2022 kommen bei einer Massenpanik im Vergnügungsviertel von Seoul mehr als 150 Menschen ums Leben. Mehr als 100 Menschen wurden verletzt. Eine bergab führende Straßen wurde für die meist jungen Partygänger bei Halloween zur Falle. Nach Überschwemmungen und Erdrutschen kommt im Juli 2023 zu Dutzenden von Toten. Präsident Yoon Suk Yeol kündigt eine  Neuausrichtung seines Landes beim Klimawandel an. Anfang August läuft ein Mann Amok in Südkorea. Er setzt sein Auto und eine Stichwaffe ein. Mindestens 13 Menschen werden verletzt. Der Man kann verhaftet werden.

Jeju (oder auch Cheju): Vulkaninsel vor der Küste Südkoreas. Zusammen mit einigen kleineren Inseln bildet sie die Provinz Jeju-do. Die Inseln haben ein sehr mildes Klima. Hier gedeihen über 2500 verschiedene Zitrusfrüchte. Man spricht auch von Hochzeitsinsel, weil hier traditionell geheiratet wird. Es ist heute auch ein Zufluchtsort für Aussteiger.

Gyeongju: "Museum ohne Mauern". Alte Hauptstadt des Königreichs Silla. Liegt im Südosten der Provinz Nord - Gyeongsang. Kulturelle Hochblüte der Silla - Herrscher (57 v. Chr. - 936 n. Chr.). Das am längsten existierende Königtum in Korea. Die Macht beruhte schon auf dem Konfuzianismus.

 

Nordkorea Allgemein: (offiziell: Koreanische Demokratische Volksrepublik/ KDVR bzw. DVRK; das Land hat mit China eine gemeinsame Grenze, die 1400 Kilometer lang ist. Sie folgt den Flüssen Yalu und Tumen; es gibt Flüchtlinge von Nordkorea nach China). Als Nordkorea in der 1960er und 1970er Jahren wohlhabender war als China, konnte man über den Yalu Lebensmittel besorgen. Nordkoreanische Grenzstädte sind Sinuiju und Hyesan. Es gibt es einen Handel mit chinesischen Städten jenseits der Grenze: Dandong, Changhai). Völkerrechtlich befinden sich beide Koreas seit dem Koreakrieg (1959-1953) im Kriegszustand. In Panmunjom wurde 1953 ein Waffenstillstand vereinbart. Er gilt immer noch. Ein Friedensvertrag kam nie zustande. Die vier Kilometer breite und 250 Kilometer lange Entmilitarisierte Zone schafft einen streng bewachten Puffer zwischen beiden Staaten. Am 02.05.20 kommt es wieder mal zu einem Schusswechsel an der Grenze.

Verwaltungsgliederung: 9 Provinzen, 3 Städte. Wichtige Städte: Pjöngjang, Hamheung, Nampo, Gaeseong, Wonsan, Cheongjin. Wichtig ist noch die Hafenstadt Chongjin. Von hier aus versuchen viele Bürger zu fliehen. Wichtige Grenzstädte sind: Sinuiju Hyesan, Namyang (ander Grenze zu China). Wonjong, Rason (an der Grenze zu Russland).

Wichtige Flüsse: Ch`ongch`on, Taedong (in der Mündung liegt der Westseestaudamm), Tuman (Grenzfluss zu China und Russland), Amnok (Grenzfluss zum China

Politik: 2011 kommt Kim Jong Un an die Spitze als Nachfolger seines Vaters. Er ist erst 29 Jahre alt. Es gibt Sorge um die Stabilität des Landes; Südkorea, China und Japan reagieren nervös. 2013 scheint das Land bereit für Reformen, vielleicht gibt es eine langsame Öffnung. 2013 wird den USA mit Atomraketen gedroht. Der pakistanische Forscher Abdul Qadeer Khan lieferte die Technologie, die man braucht. Das Land gibt 35% seines BIP für das Militär aus. 2014 scheint die Militärspitze, Diktator Kim demontieren zu wollen. Er steht unter Hausarrest. Beerbt ihn seine Schwester? Plötzlich taucht er wieder mit Gehstock auf. Ende 2014 stoppt Nordkorea einen Sony-Film über ein Attentat auf Kim Jong Un ("The Interview"; Hackerangriff, Anschläge auf Kinos). In Nord-Korea gibt es eine hochintelligente Hackerelite, die für Cyber-Angriffe geschult ist. Nordkorea startet eine Langstreckenrakete. Peking lehnt Gegenmaßnahmen ab, die Nordkorea destabilisieren könnten. Beim UN-Sicherheitsrat wollen sich allerdings die USA und China zusammentun gegen Nordkorea. Im Mai 2016 versammeln sich 3200 Delegierte der herrschenden Arbeiterpartei in der großen Halle des Volkes in der Hauptstadt Pjönjang. Dies ist der erste Parteitag seit 1980. Im September 2016 wird wieder ein Atomwaffentest (neu entwickelter Atomsprengkopf) durchgeführt. Die USA und Japan beantragen eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Nach dem Amtsantritt von Trump in den USA wird im Februar ein neuer Raketentest durchgeführt. Die USA wollen eine Eskalation vermeiden und China auffordern, seine Einfluss geltend zu machen. Der Stiefbruder von Nord-Koreas Machthaber Kim Jong Un  Jong Nam fällt im Februar 2017 in Malaysia einem Giftanschlag zum Opfer. Über die Täter und ihre Motive wird spekuliert (Geheimdienst, Signal an China?). Wegen des Mordes kommt es zu Spannungen zwischen Nordkorea und Malaysia. Gegenseitige Ausreiseverbote werden verhängt. Nordkorea führt im März 2017 wieder einen Raketentest durch (Protest gegen das Raketenabwehrsystem THAAD, von den USA installiert). Konkret werden Strafmaßnahmen gegen 15 Personen eingeleitet. 2017 gelingt es die Auslandseinnahmen aufzuschlüsseln. Die Gesamteinnahmen liegen bei 6 Mrd. $. Sie kommen aus Waffendeals und Beratung, Cybercrime, Schmuggel und Drogen, Botschaftsvermietung, Gastarbeitern, Tourismus sowie Restaurant- und Hotelbetrieb.  Am 29.08.17 feuert das Land wieder eine Rakete ab, die über Japan fliegt (eine zweite folgt später). Damit werden nicht nur die Japaner geschockt. Anfang September 2017 wird eine Wasserstoffbombe im Meer vor Nordkorea gezündet. Die USA drohen mit massiver militärischer Reaktion.  Der handelspolitische Druck soll weiter erhöht werden (China, EU, Russland gegen Ölembargo). Beschränkte Öllieferungen und Gasembargo. Einfrieren des Auslandsvermögens von Machthaber Kim und Verbot von Textilimporten. Vor der UN redet Trump am 19.09.17 auch zu Nordkorea (er droht vollständige Zerstörung an). Kim wirft Trump Geisteskrankheit vor und droht mit Atomexplosion im Ausland. Am 28.11.17  wird wieder eine Interkontinental-Rakete abgefeuert (1000km weit, 4475km hoch geht gen Osten ins japanische Meer, könnte potentiell die USA erreichen, Name Hwasong-15). Im Dezember 2017 stirbt der berühmteste Deserteur des Korea-Krieges Charles Jenkins. Er lebte viele Jahre in Nordkorea als Englischlehrer für Spione. Später durfte er mit seiner Frau, einer Japanerin, und den Kindern nach Japan ausreisen. Präsidialamt und Außenministerium der USA können sich hinsichtlich direkter Gespräche mit Nord-Korea ohne Vorbedingungen nicht einigen. Kurz vor Weihnachten flüchtet wieder ein Soldat aus Nordkorea über die Grenze nach Südkorea. Ende 2017 wird General Hwang Pyong So kaltgestellt (zweiter Mann im Staat). Anfang 2018 kommt es zu einer Annährung zwischen Nord und Süd. Die Gespräche sollen nach zwei Jahren wieder aufgenommen werden (vordergründig geht es um die Teilnahme Nordkoreas an den Olympischen Winterspielen in diesem Jahr). Anfang 2018 ändert Kim Jong Un sein Outfit. Er trägt helle westliche Anzüge und eine neue Brille. Experten und Zeitungen (z. B. Japan Times) spekulieren über die Bedeutung. Anfang 2018 erklärt sich Trump zu direktem Kontakt zu Machthaber Kim bereit. Beim ersten Treffen der beiden Delegationen aus Süd- und Nordkorea einigt man sich über eine Teilnahme von Nordkorea an den Olympischen Spielen und Frieden während der Spiele im Februar. Mitte Januar 2018 ist eine Nordkorea-Konferenz in Vancouver. Die USA und Kanada richten ein Treffen von 20 Außenministern aus, die über die Umsetzung von UN-Sanktionen wegen der Atomtests gegen Nordkorea beraten (bessere Kontrolle der Seewege). Russland und China waren nicht eingeladen. Nordkorea bezeichnet Trump als "tollwütigen Hund". Bei Olympia im Februar 2018 im südkoreanischen Pyeongchang wollen Nord- und Südkorea unter einer Flagge auflaufen (Nordkorea nutzt die Veranstaltung für Propagandazwecke). Nordkoreas Diktator Kim hat eine eigene Girl-Band. Sie heißt Moranbong und könnte bei dem Anlass auftreten. Nordkorea ist bereit, mit den USA im Atomkonflikt zu verhandeln. Erstmals seit einem Jahrzehnt soll im April 2018 ein Gipfeltreffen der beiden verfeindeten koreanischen Staaten stattfinden. Das Treffen gibt es am 27.04.2018. Am 08.03.18 stimmt US-Präsident Trump zu, Nordkorea zu besuchen und Kim zu treffen. Am 26. und 27.3.18 besucht Kim vorher Xi Jinping in Peking. Er reist wie Vater und Großvater im Sonderzug. Es geht auch um atomare Abrüstung. Nordkorea soll in zivile High Tech investieren. Im April 2018 treffen Kim und der designierte US-Außenminister Pompeo in Nord-Korea zusammen (zwei Treffen müssen vorbereitet werden: Trump - Kim; Kim - Moon Jae/ Süd-Korea). Nordkorea stoppt Atom- und Raketentests. Im Mai 2018 korrigiert Kim die Uhren-Umstellung in seinem Land wieder (waren eine halbe Stunde zurückgedreht worden anlässlich der Kapitulation Japans). Wegen der gemeinsamen Manöver von Südkorea und den USA droht Nordkorea im Mai 2018, das Gipfeltreffen abzusagen. Mittlerweile wird auch der Termin in Frage gestellt. Am 24.05.18 sagt Trump das Treffen mit Kim ab. Er bietet aber weitere Gespräche an. Beide Seiten halten ein Treffen noch für möglich. Dieses soll dann tatsächlich am 12.06.18 in Singapur stattfinden. Kim wechselt vorher im Juni 2018 seine obersten Militärs aus. Er braucht wohl "geistig beweglichere Vasallen" um sich. Im Süden von Singapur auf der Insel Sentosa (Ruhe, Frieden) im Luxushotel "Capella" kommt das Treffen zwischen Trump und Kim tatsächlich zustande. Es gibt auch eine Vereinbarung. In einer Erklärung werden folgende Punkte angedeutet: Gefangenenaustausch, Friedensvertrag, Botschafteraustausch, Entnuklearisierung Nordkoreas, keine Militärmanöver mehr. Scheinbar gibt es nur Sieger. Die Wiedervereinigung bleibt als Ziel. Eine Zeitplanung bzw. ein Datum wird nicht verhandelt. Die USA gehen in Vorleistung und stoppen Militärmanöver. 2018 soll es wieder nach drei Jahren Familientreffen geben. Im August 2018 gibt Nordkorea 55 Särge mit sterblichen Überresten von gefallenen US-Soldaten im Korea-Krieg an die USA zurück. Im September 2018 wollen sich die Spitzen beider Hälften Pjöngjang treffen. Vorher gibt es am 19.08.18 eine Familienzusammenführung in Nordkorea (Auslosung). Am 09.09.2018 feiert Nordkorea den 70. Jahrestag seiner Staatsgründung (zeigt keine Interkontinentalraketen). noch im September 2018 bietet Nordkorea den Abbau von Atomanlagen ab. Im November 2018 gibt Nordkorea bekannt, eine neue Wunderwaffe zu haben ("High-Tech-Waffe"). Am letzten November-Tag 2018 kann erstmals ein Zug aus dem Süden die Grenze zum Norden passieren (Teilstück von 2007 war bisher lahm gelegt). Die Strecke hätte für den Süden eine große Bedeutung (nach China , mit der transsibirischen Eisenbahn nach Russland). Zum Jahreswechsel 2019 droht Kim mit dem Ende der Annäherungspolitik. Er ist mit der Blockadepolitik der USA nicht einverstanden. Trump bietet ein weiteres Treffen an. Am 08.01.19 reist Kim in seinem berühmten gepanzerten Sonderzug wieder nach Peking. Er bleibt 4 Tage und trifft auch Xi Jinping. Will er sich abstimmen für das nächste Treffen mit Trump? Bei der Handball-WM in Deutschland im Januar 2019 tritt eine gemeinsame Mannschaft mit Süd-Korea an. Im Februar 2019 soll ein weiterer Gipfel zwischen Trump und Kim stattfinden (27./28.02.19 in /Hanoi/ Vietnam; Rede des Präsidenten zur Lage der Nation vor dem Kongress am 06.02.19. Wahrscheinlich wird am 28.02.19 der Krieg zwischen Nordkorea und den USA offiziell beendet. Bisher besteht nur ein Waffenstillstand. Wirtschaftliche Entwicklung für Nordkorea gegen Verzicht auf Atomwaffen. So könnte der Deal lauten. Man vereinbart eine Verbindungsstelle. Trump bricht plötzlich die Gespräche ab, weil Kim angeblich zu viel fordert (Aufhebung aller Sanktionen). Nordkorea dementiert den Grund. Es werden wieder Aktivitäten an den Raketentestanlagen beobachtet. Trump stoppt Sanktionen, die die USA deswegen verhängen wollten. Das Verbindungsbüro nach Südkorea wird nach Unterbrechung wieder besetzt. Im Februar 2019 wird in Nordkoreas Botschaft in Madrid eingebrochen. Im April 2019 wird das protokollarische Staatsoberhaupt ersetzt: Choe Ryong Hae ersetzt Kim Yong Nam. Im April betont Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un, dass er bereit sei zu einem dritten Treffen mit Trump. Russland bereitet 2019 ein Treffen zwischen Putin und Kim vor in Russland. Die beiden Länder haben eine kleine gemeinsame Grenze. Aktuell geht es um Zehntausende nordkoreanische Gastarbeiter, die Russland verlassen müssten. Das Treffen findet am 25.04.19 in Wladiwostok (Insel Ruski, fernöstliche Universität)  statt (erstes Treffen; Russland ist einer der wenigen Verbündeten; Kim reist wieder mit gepanzertem Sonderzug). Nordkorea möchte die Wirtschaftsbeziehungen ausbauen. In Bezug auf die Atombomben fährt Russland eher eine Strategie der kleinen Schritte. Im Mai verschlechtert sich das Verhältnis zwischen Nordkorea und den USA dramatisch: Nordkorea provoziert mit Militärübungen, Trump plaudert ein Mordgeständnis von Kim aus (Onkel, zweithöchster Funktionär). Im Mai 2019 gibt es Gerücht, Kim habe seinen Unterhändler im Atomkonflikt mit den USA, Kim Hyok Chol, heimlich hinrichten lassen, weil das Gipfeltreffen nicht wie gewünscht lief. Auch die Dolmetscherin sei in ein Lager für politische Gefangene gekommen. Das könnte aber auch südkoreanischer Propaganda entspringen. Am 20.06.19 besucht Xi Jinping Kim kurz vor dem Ende des G20-Treffens. Es geht auch um das Atomwaffenprogramm. China ist der wichtigste Handelspartner. Am 28. und 29.6. treffen sich die Regierungschefs der G20 bei Osaka. Trump könnte ein Atomabkommen mit Nordkorea, was ihm im Wahlkampf nützt, mit Entgegenkommen für China im Handel belohnen. Auf seiner Rückreise vom Gipfel trifft Trump am Grenzkontrollpunkt Panmunjom kurzfristig Kim. Damit setzt Trump als erster US-Präsident einen Fuß auf nordkoreanischen Boden, eine Weltsensation. Im Sommer 2019 mach Nordkorea wieder Raketentest und bezeichnet sie als Warnung an Südkorea. Die Raketentests häufen sich. Sie werden massiv fortgesetzt. Im September 2019 lässt sich Kim als "Oberster  Repräsentant" des gesamten koreanischen Volkes titulieren. Damit erhebt er sich in den Stand eines Staatsoberhauptes. Anfang Oktober 2019 bricht Nordkorea die Atomgespräche mit den USA in Stockholm ab. Kurz vor Ablauf eines Ultimatums an die USA beruft Kim Ende Dezember 2019 ein Treffen hochrangiger Parteivertreter ein. Er will den Stopp von Atomtests beenden. Ri Son Gwon wird im Januar 2020 neue Außenminister (vorher Koordinator für innerkoreanische Gespräche). Im Monat März 2020  macht das Land vier Raketentests. Trump schlägt in einem Brief die Verbesserung der Beziehungen vor. Die Schwester von Kim Kim Yo Jong wird im August 2020 der "Führer Nummer 2". Ihm soll Arbeitsstress erspart werden. Sie soll auch als Reserve da sein, wenn Kim etwas zustößt (ob sie als Frau die Parteikader und die Generäle hinter sich hat, ist allerdings fraglich). Am 10.1020 feiert man den 75 jährigen Gründungstag der herrschenden Arbeiterpartei. Es gibt eine große Militärparade und jubelnde Menschenmassen. Es wird einen neue Interkontinentalrakete gezeigt, die wohl größte ihrer Art  der Welt. Anfang Januar 2021 bezeichnet Kim die USA als größten Feind des Landes ("Erzfeind"). Er kündigt eine Fortsetzung des Atomprogramms an. Im Juni 2022 wird Choe Son Hui die erste Außenministerin Nordkoreas. Vorher war sie Vize und bei den Atom-Gesprächen und dem Treffen mit Trump beteiligt. Sie ist USA-Expertin und spricht fließend Englisch (sie hat auch in Österreich studiert).  In Berlin gibt es ein "City Hostel Berlin". Es ist Teil der Botschaft Nordkoreas. Insgesamt sind 435 Betten vorhanden und die Preise sind unschlagbarh. In einem Schaukasten winkt der "hoch verehrte oberste Führer Genosse Kim Jong Un". Das Hotel dient der Devisenbeschaffung von Nordkorea. Hinter Kim Jong -Un sind folgende Personen noch sehr wichtig: Ri Man-gon (Direktor Munitionsamt), Hwang Pyang-so (Direktor des Politbüros der Volksarmee).  Die Hackerangriffe auf ausländische Banken dienen wohl der Devisenbeschaffung. Auch Bitcoin-Börsen werden geplündert. In einem Kriegsfall sollen wichtige Infrastrukturteile lahm gelegt werden. Es gibt eine Kooperation zwischen Deutschland und Nordkorea in der Forstwirtschaft und beim Umweltschutz. Es gibt einen Austausch von Förstern aus den neuen Bundesländern (Bernhard Seliger). Kim Il Sung hat die Vorschrift eingeführt, dass jeder Koreaner ein Instrument lernen solle. Bei Spannungen werden Lieder angestimmt.

Familien-Clan an der Spitze: Ein eng begrenzter Kreis von alten, gut vernetzten Familien scheint das Sagen zu haben. Es sind Hardliner, die sich 2015/16 durchgesetzt haben. Es sind Militärs, Geheimdienstler, Ideologen. Wie groß der Einfluss von Kim Jong Un in diesem Kreis ist, lässt sich nicht genau sagen. Der Kurs ist militaristisch. Gegenüber ausländischen Direktinvestitionen besteht Misstrauen. Man hat Angst vor einer Wiedervereinigung.  Vgl. Interview mit Thomas Schäfer, Ex-Botschafter in Nord-Korea (2020-2018), in: Der Spiegel Nr. 2/ 8.1.2022, S. 93. Die Schwester von Kim, Kim Yo Jong (2022 34 Jahre alt), übernimmt eine immer größere Rolle. Sie ist für martialische Rhetorik zuständig ("Frau fürs Grobe"). Sie droht Südkorea, es im Kriegsfall auszulöschen (Atomschlag mit dem Atomarsenal?). Sie bezeichnet den südkoreanischen Verteidigungsminister Suh Wook als "menschlichen Abschaum".

Exkurs: Kim Ryon-hui. Sie kämpft seit 11 Jahren dafür, nach Nord-Korea (Pjöngjang) aus Süd-Korea zurückzukehren. Ihr Protest hat sie berühmt gemacht. Kaum jemand versteht, warum sie ins Hungerland zurück will. Hauptbeweggrund ist ihre Familie in Nordkorea (Eltern Tochter). Kim ist 2022 52 Jahre alt und lebt in Seoul. Sie kam über Laos und Thailand. Sie wollte sich nur etwas Geld verdienen. Bei Ankunft wurde sie vom Geheimdienst verhört. Die Rückkehr kann gefährlich sein (Arbeitslager, Schläge). Vgl. Peters, K. G.: Frau Kim will heim, in: Der Spiegel Nr. 17/ 23.4.22, S. 90ff.

Parteikongress: Es ist das höchste Gremium im Land. Es gibt nur die Kommunistische Partei Nordkoreas. Der Kongress tagt alle fünf Jahre. Allerdings hat er 2016 zum ersten Mal seit 36 Jahren getagt. Am 05.01.21 findet wieder ein Kongress statt. Überraschend gibt Kim Jong Un zu, dass der Fünf-Jahres-Plan in fast allen Punkten gescheitert ist. Er dankt den Arbeitern des Landes und den Corona - Bekämpfern (offiziell gab es kein Corona in Nordkorea). Kim wird zum Generalsekretär der Partei gewählt. Damit gewinnt er noch mehr Macht. Hinter ihm sitzt immer seine Schwester. Das deutet darauf hin, dass sie die Nummer 2 ist. Seine Frau wurde viele Monate nicht gesehen. Man machte sich schon Sorgen. Im Februar 2021 taucht sie wieder neben ihm auf. Zum Jahreswechsel 2021/22 findet eine Tagung des Zentralkomitees statt. 2022 müsse das Volk einen "Kampf um Leben und Tod" führen. Gemeint sind die katastrophalen Lebensbedingungen. Die Wirtschaft ist desolat, Corona drückt das Land an die Wand. Die Lebensgrundlagen entgleiten. Die Machtsicherung der kommunistischen Elite erfordert eine weitere Ausrichtung auf Feindbilder, wie die USA.

KCNA: Staatliche Nachrichtenagentur Nordkoreas. Ansonsten kommen Nachrichten über Südkorea, Japan oder die USA. Sie sind natürlich gefiltert.

Wiedervereinigung: Im Februar 2024 gibt Kim bekannt, dass er von der Nation nichts mehr wissen will. Er gibt das ziel einer friedlichen Wiedervereinigung der koreanischen Halbinsel als Staatsziel auf. Südkorea sei von nun an "Feind Nummer eins". Die Grenze ist dichter geschlossen denn je. Es gibt natürlich auch keine Gespräche über Wiedervereinigung mehr. Hier liegt aber eine Chance für Südkorea. Denn Nordkorea hatte bei den Linken in Südkorea gewisse Sympathien. Südkorea kann jetzt die "nationale Karte" spielen. Vgl. FAZ 21.2.24, S. 1.

Wirtschaft:  Das Land ist etwas größer als seinerzeit die DDR. Das Wirtschaftswachstum lag 2018 bei -1,1%. Das BIP pro Kopf betrug 1700 USD. Die Arbeitslosenquote war 2018 25,6% (Quelle: IMF). Über das BIP erhält man keine Angaben. Nahezu als einziges Land der Welt hat sich Nordkorea nicht dem SNA-System angeschlossen. Japan und Deutschland industrialisierten das Land während der japanischen Kolonialzeit von 1910 bis 1945. Nach der Befreiung leisteten die Sowjetunion und ihre Satelliten Aufbauarbeit. Nordkorea darf in der chinesischen Währung Yuan (Renminbi, RMB) handeln. Seit der Remonetarisierung seit 1991 ist der RMB eine der Landeswährungen (Parallelwährung neben der heimischen Währung). Drei Sonderwirtschaftszonen bringen Devisen (eine ist Rason im Nordosten). Ca. 16 Mio. Menschen leiden an Hunger. Aber insgesamt hat sich in den letzten Jahren die Situation verbessert. Kim will vor allem die Wirtschaft aufbauen. Seit 1991 hat das Land seinen Wohlstand etwas verbessert. Zentrales Problem ist die Modernisierung der Industrie und Infrastruktur. 2016 hat das Land einen Export in Höhe von 3,5 Mrd. US-Dollar; der Import liegt bei 3,0 Mrd. US-Dollar. Die wichtigsten Handelspartner sind China (80%-90%), Indien, Russland, Thailand, Pakistan.  Der Export besteht hauptsächlich aus Mineralstoffen, Textilien, Maschinen und Metallen (Eisen, Blei). Nach Verschärfung der UN-Sanktionen feuert Nordkorea Trotzraketen in Form von Kurzstreckenraketen ins Meer (ohne Schaden anzurichten). Nordkorea verkauft Zwangsarbeiter in die ganze Welt, damit sie Devisen beschaffen. Die Wirtschaft in Nordkorea erlebt 2017 trotz internationaler Wirtschaftssanktionen (Waffenembargo, Importverbot für sämtliche Produkte mit Nuklearfähigkeit, Exportverbot für alle Bodenschätze) einen Boom. Dafür gibt es drei Erklärungen: Fleiß der Menschen. Umgehung der Sanktionen (z. B. lassen chinesische Firmen hinter der Grenze arbeiten und schreiben auf die Produkte "Made in China"). Reformen von Un wirken. Alles stimmt wohl ein bisschen. Von dem Aufschwung profitiert vor allem die Elite. Überall im Lande werden kleine Märkte geduldet. Dadurch entstehen unabhängige Business-Netzwerke. In den nächsten Jahren soll wohl eine nordkoreanische Form des chinesischen Modells kommen. Starker Staat mit einer Partei und marktwirtschaftliche Anreize und Elemente. Die Wirtschaft wird damit etwas liberalisiert. Die "rote Linie" liegt aber da, wo Kim seine Macht bedroht sieht. Im Sommer 2019 bestellt er zwei Maybach bei Daimler (6,50 m lang, luxuriös, gepanzert). 2020 geht die Wirtschaftsleistung um etwa -8,5% zurück (Kim macht Überschwemmungen und den Corona-Virus verantwortlich). Die Überschwemmungen und damit ausbleibende Ernten 2021 könnten eine Hungersnot verursachen. Kim spricht verklausuliert von einem "beschwerlichen Marsch". Die Wirtschaftsprobleme sind groß, weil auch der Handel mit China zusammengebrochen ist. Hinzu kommt Corona. Nach der Corona-Krise liegt die Wirtschaft vollkommen am Boden. Das erzeugt zunehmend Druck auf das Regime, von den eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken. Corona und die Wirtschaftssanktionen lassen die desolate Wirtschaft 2022 weiter abstürzen (2020 -4,5%, 2021 -0,1%, Außenhandel nur 710 Mio. $ 2022 1. Halbjahr).

Währung: 1 Won = 100 Chon. Außenhandel in der Regel in Renminbi/ Yuan.

Arbeitslosenquote: 3%.

Energie: Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien: 83,2%. CO2-Emission / Kopf 2,4t.

Export von Rüstungsgütern: Nordkorea liefert in hohem Ausmaß Waffen an Russland (Millionen Raketen, Granaten, Artilleriemunition). Die Beschaffung in Nordkorea zeigt, in welch schwieriger Lage sich Russland aufgrund der Sanktionen befindet. Drohnen werden aus dem Iran geordert. Nordkorea selbst dementiert die Waffen- und Munitionslieferungen. Beides ist objektiv nicht nachprüfbar. 2023 steigen die Verluste der Russen durch den Vormarsch der Ukraine. Moskau sucht immer mehr Hilfe in Nordkorea. Die Machthaber besuchen Waffen- und Munitionsfabriken, um die Produktion zu steigern. Man trifft sich regelmäßig mit Russland bei Wirtschaftsforen. Sonstige Exporte: Mineralische Brennstoffe, Eisen und Stahl (128 Mio. $ geschätzt).

Exkurs. Waffen aus Nordkorea im Ukraine-Krieg: Sie werden in der Ukraine gefunden. E sind Kurzstreckenraketen. Auch Artilleriegranaten werden gefunden. Kim lässt sich wohl mit Satellitentechnologie bezahlen. Kim kann seine Raketen unter Kriegsbedingungen testen. Putin will noch 2024 nach Pjöngjang reisen, um die Allianz zu vertiefen. Die Waffen werden über zwei Routen transportiert. Russische Frachter nehmen im Hafen von Rajin Ladung auf und bringen sie zum russischen Militärhafen Dunai. Per Schiene werden die güter nach Westen transportiert. Genutzt wird die Strecke der transsibirischen Eisenbahn und der angeschlossenen Baikal-Amur Magistrale. Die Züge passieren den Seweromuisker Tunnel, Russlands längsten Eisenbahnzunnel. Nordkorea habe jahrzehntelange Erfahrung und ein Netz Scheinfirmen und Mittelsmännern. Früher habe man so Waffen nach Iran und Myanmar geliefert. Die nordkoreanischen Rüstungsfirmen befinden sich in abgelegenen Orten in den Bergen, sind aber an das Schienennetz angeschlossen. Vgl. Antonladis, N. u. a.: Deal der Despoten, in: Der Spiegel 6/ 3.2.24, S. 84f.

Importe: 1,34 Mrd. $ (geschätzt). Öl, Tier, pflanzliche Fette, Tabak, Müllereierzeugnisse. Fossile Brennstoffe.

Sonderwirtschaftszone Rason: 800 Quadratkilometer mit etwa 170.000 Einwohner. Seit 1991 Freihandelszone, 2020 Sonderwirtschaftszone. Die Region wurd einst von der UNIDO gefördert. Lage im Dreiländereck zwischen Nordkorea, China und Russland als Standortvorteil. Einst Handel von dort mit Japan. Dann wurden die Südkoreaner Hauptzielgruppe. Heute dominieren die Chinesen die Zone.

Verhältnis zu China und China-Sanktionen: China ist ökonomisch der letzte Verbündete. Der legale Handel soll aber 2020 um 90% eingebrochen sein (genaue Zahlen bekommt man nicht). Der Handel mit China soll im gesamten Jahr 2020 um zwei Drittel mindestens gesunken sein. Damit hat man eine Spanne bei den Schätzungen. Die große Unbekannte ist der illegale Handel. 2021 nähert sich China wieder mehr an. Man braucht klare Verbündete in der Strategie gegen die USA in Asien. Viele Nordkoreaner sind nach China geflohen und leben dort illegal. In der Corona-Pandemie hat der chinesische Staat seine Kontrollen verschärft (Restaurants, Fabriken, Farmen). Die Hilfsorganisation "Helping Hands Korea" kann vereinzelt bei der Flucht nach Südkorea helfen. Pünktlich zur Plenarsitzung des Volkskongresses in China startet Nordkorea eine Rakete (die 9. 2022). Das ist ein klarer Affront. China verbleibt aber als einziger Wirtschaftspartner.  Der Frachtzugverkehr bleibt offen.

Verhältnis zu USA:  Im Juli 2017 macht testet das Land wieder eine Mittelstreckenrakete. Das Säbelrasseln zwischen den USA und Nordkorea wird im August 2017 immer größer (Korea will Guam angreifen, Trump droht mit "Feuer und Wut"; die militärischen Lösungen seien "locked and loaded"; Japan positioniert Flugabwehrraketen). Ein entscheidendes Motiv für das "Säbelrasseln" in Nordkorea ist politische Überleben der Kim-Clique. Die Sanktionen wirken nur begrenzt (treffen nicht Eliten, sondern städtische Bevölkerung). Im März 2021 droht die Schwester von Kim Kim Jo Jong der US-Regierung (Anlass ist der Besuch zweier US-Minister in Südkorea und Japan; sie werden "Schießpulver über unser Land verbreiten"; Schwester fürs Grobe!). Nordkorea will nur noch mit den USA sprechen, wenn vorher bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Die USA appellieren an China, Druck auszuüben. In seiner ersten großen Rede vor dem Kongress nach 100 Tagen nennt Biden Nordkorea eine "ernsthafte Bedrohung". Man werde auf Nordkorea mit Diplomatie und strikter Abschreckung reagieren. Leiter der Abteilung für US - Angelegenheiten in Nordkoreas Außenministerium ist Kwon Jong Gun. Er spricht von nicht tolerierbaren Äußerungen. Nordkorea reagiert zunehmend aggressiv auf gemeinsame Militärübungen von den USA und Südkorea. Die Schwester von Kim Kim Yo Jong, dei sehr einflussreich ist, warnte im Februar 23 die USA vor weiterer Stationierung strategischer Waffensysteme. Dann werden man den Pazifik als "Schießstand" benutzen. Im Bezug auf die USA und Südkorea hat sich ein Quid-pro-Quo-Schema etabliert: Mit Raketenstarts und Waffentests wird auf Militärübungen Südkoreas mit den USA reagiert. So auch wieder im August 2023: Die USA und Südkorea machen die größte Militärübung bisher. Sie soll bis zum 31.8.23 dauern. Nordkorea startet Raketen und Lenkflugkörper. Man spricht von einer bevorstehenden Invasion. Viele Experten in den USA glauben, dass Kim die Entscheidung getroffen hat, einen Krieg zu führen.  Im Juli 2023 überquert ein US-Soldat illegal die Grenze. Er hat unerlaubt die entmilitarisierte Zone zwischen Nord- und Südkorea betreten. Er dürfte sich im Gewahrsam der DVRK befinden.

Nordkoreaner im Ausland: Viele fliehen aus dem Land. Manche werden im Ausland zur Berühmtheit. Nordkorea wird als das größte Gefängnis der Welt beschrieben, weil niemand das Land verlassen darf. Fast alle Nordkoreaner, denen die gefährliche Flucht gelingt, sind traumatisiert. Zehntausende leben in China, viele werden dort ausgebeutet (Frauen werden oft als Ehefrauen verkauft, damit ihnen die Flucht gelingt; viele leben auch als Prostituierte). Manche werden wieder nach Nordkorea abgeschoben, weil sie als illegale Migranten gelten. Die meisten leben in Südkorea, wenn ihnen die Flucht dahin gelingt..

Jihyun Park: Sie floh nach Großbritannien und ist jetzt 2023 konservative Lokalpolitikerin. Sie floh zweimal aus der Diktatur. Sie hat Hunger, Folter und Arbeitslager erlitten. Heute lebt sie mit ihrer Familie (ihr Mann ist auch Nordkoreaner) nahe Manchester (Bury).

Wirtschaftssanktionen: Die USA verstärken den Druck auf China, damit Nordkorea bei den Atomraketen (Atomprogramm) zurückfährt. Dies wird beim Besuch des chinesischen Staatspräsidenten in den USA verstärkt (gleichzeitig werden Kriegsschiffe nach Korea entsandt). Bei Stopp von Kohle-Exporten und UN-Erklärungen ist China schon den USA gefolgt. Ein weiterer Abschuss einer Rakete am 20.04.17 spitzt den Konflikt zu (Rakete explodiert kurz nach Start). Dann schickt Trump eine Einladung an Kim Jong Un zu einem Besuch (Trump: "helles Köpfchen"). Korea macht weiterhin Raketenstarts.  Am 02.06.2017 weitet der UN-Sicherheitsrat die Sanktionen gegen Nordkorea aus (erstmals mit Zustimmung Chinas). Der Sicherheitsrat der UN erhöht die Sanktionen mit Zustimmung Chinas (drastische Handelsbeschränkungen; Importstopp, insbesondere für Eisen und Blei; mehr als 80% des Außenhandels Nordkoreas laufen über China). Von einem Exportstopp für Öl sieht China aber ab (das würde wirklich weh tun). Die Sanktionen werden weiter erhöht (USA: gegen IT- und Fischbranche; EU: Verbot von Investitionen und Ölexporte, Einreise- und Vermögenssperre). Im Februar 2018 zeigt sich, das das Land illegale Exporte (durch Schmuggler, Schiffe unter falscher Flagge, Umladen von Schiffen; auch Rüstungsgüter an Syrien, Vietnam und Myanmar) durchführt und damit Devisen (200 Mio. $ 2017) verdient (Quelle: UN-Bericht zu Sanktionen).  Russische Tanker schmuggeln Erdöl nach Nordkorea. Ende September 2017 setzt China weitere Sanktionen um: Schließung nordkoreanischer Firmen in China bis Ende Januar 2018 (auch Joint Ventures; 90% des Außenhandels). Natürlich gibt es noch einen Schwarzhandel. Ein großer Teil findet über die nordostchinesische Grenz-Stadt Dandong statt (Freundschaftsbrücke). Aus Nordkorea importiert werden Eisen, Kohle, Meeresfrüchte und Kleidung. Ende 2017 werden die Sanktionen gegen Nordkorea verschärft (UN-Sicherheitsrat: Mineralöllieferungen auf ein Viertel reduziert, Exportverbot für Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte, Maschinen und Mineralien sowie Schiffe, Nordkoreaner dürfen nicht mehr im Ausland arbeiten). 2022 verhindern China und Russland eine weitere Verschärfung der Sanktionen durch die UN durch ein Veto. 2024 verschärft die EU Sanktionen gegen Nordkorea. Nordkorea unterstützt zunehmend Russland im Ukraine-Krieg. Der Verteidigungsminister und andere Verantwortliche kommen auch auf eine Sanktionsliste.

Sanktionsverstöße: Zwei Mitglieder im UN-Sicherheitsrat blockieren die Sanktionen (Russland, China). Deshalb können sie nicht angepasst werden. Sie sollen ja das Land von der Entwicklung von Atomwaffen abhalten. Russland kauft sogar Waffen. Bürger werden ins Ausland geschickt, und lässt diese arbeiten. Sie sollen Geld für das Regime erwirtschaften. Vgl. Der Spiegel 41/ 7.10.23, S. 87.

Verhältnis zu Russland: Im August 2022 geben beide Länder bekannt, dass sie die Beziehungen wesentlich verbessern wollen. Putin bekräftigt das in seiner Gratulation an Kim zum Tag der Befreuung Koreas von der japanischen Kolonialherrschaft (1910-1945). Nordkorea will Russland im Ukraine-Krieg unterstützen.  Donezk und Luhansk wurden schon anerkannt.  Nordkorea liefert in hohem Ausmaß Waffen an Russland (Millionen Raketen, Granaten, Artilleriemunition). Die Beschaffung in Nordkorea zeigt, in welch schwieriger Lage sich Russland aufgrund der Sanktionen befindet. Drohnen werden aus dem Iran geordert. Im September 2023 reist Kim mit dem Panzer-Zug nach Russland in die Nähe von Wladiwostok zum Weltraumbahnhof Wostotschny. Kim und Putin treffen sich. Putin braucht Waffen und Munition aus Nordkorea. Beide Länder haben vereinbart, im Verteidigungsbereich enger zu kooperieren. Insofern begleiten Kim auch hochrangige Militärvertreter. Kim steht fest an Putins Seite. Er reist noch nach Komsomolsk am Amur (Schiffsbau, Flugzeugbau)  und Wladiwostok (russische Pazifikflotte). Ein Gegenbesuch wird vereinbart. Im Februar 2024 schenkt Putin Kim ein Auto aus russischer Produktion. Ein hochrangiger Vertreter der Arbeiterpartei und die Schwester Kims nehmen es entgegen. Russland scheint in der Gunst auf Platz eins zu rücken vor China.

Verhältnis zu Deutschland: 2024 soll eine Geheimmission des Auswärtigen Amtes klären, ob Deutschland seine Botschaft wiedereröffnen könnte, um eine weitere Eskalation zu verhindern. Die Deutschen werden vom amtierenden Europaabteilungsleiter im nordkoreanischen Außenministerium empfangen. Der deutsche Delegationsleiter spricht mit dem Vizeaußenminister. Die Deutschen sprechen auch mit den chinesischen Gesandten vor Ort. Es sieht so aus, dass deutsche Diplomaten wieder in Nordkorea stationiert werden können. Von der EU haben die Österreicher die besten Beziehungen zu Nordkorea. Vgl. Hammerstein, Konstantin von: Einsam in Pjöngjang, in: Der Spiegel 11/9.3.24, S. 32f.

Bevölkerung und Lebensverhältnisse: 26,16 Mio. Menschen leben in Nordkorea (2022). Die Bevölkerung ist militärisch organisiert, was die Gesellschaft prägt. Die politische Führung ist tabu (darf nicht kritisiert werden). 2015 öffnet das Land seine Grenzen für Touristen (noch kein Individualtourismus). China will das Dreiländereck mit Nordkorea und Russland attraktiver machen, indem kein Visum erforderlich ist. Ojea Quintana ist 2019 Uno-Sonderberichterstatter für das Land: 40% der Menschen sind unterernährt. Lebensmittel sind knapp. Menschen werden in Lagern gefoltert und interniert. Manchen Nordkoreanern gelingt die Flucht nach China; es gibt auch einen Menschenhandel von Frauen nach China. Doch selbst dort sind sie nicht sicher. Besonders trifft die Menschen, dass Textilexporte verboten sind (Sanktionen).  Vgl. Der Spiegel Nr. 51; 14.12.19; S. 89. In Nord-Korea gibt es eine hochintelligente Hackerelite, die für Cyber-Angriffe geschult ist. Immer wieder werden grausige Geisterschiffe mit verwesten Leichen an Japans Nordwestküste angespült. Es gibt sehr viele dieser Boote. Sicher ist, dass die Boote aus Nordkorea kommen. Vgl. auch: Julia Leeb: North Korea - Anonymous Country, 2014.

Gesundheit (System, Politik, Seuchen):  2020 sorgt das Corona-Virus für eine weitere Isolation des Landes. Man kommt nicht mehr herein und nicht heraus. Alle Reisen von und nach China wurden gekappt.  Es gibt aber offiziell noch keine Fälle in dem Land. Das Virus scheint Diktaturen nicht zu befallen: auch Tadschikistan und Usbekistan melden keine Fälle. Trotzdem wird in Nordkorea eine Resolution am 13.04. verkündet, die nationale Maßnahmen zum Schutz des Lebens und der Sicherheit fördern soll. Der Flug- und Schienenverkehr ist schon länger ausgesetzt. Das Gesundheitssystem auf dem Lande gilt als stark veraltet und schwach. Im Juli 2020 gibt es den ersten offiziellen Corona-Fall. Er tritt in der Grenzstadt zu Süd-Korea Kaesong auf. Diese wird abgeriegelt. Ein Überläufer aus Süd-Korea soll das Virus eingeschleppt haben. Offenbar handelt es sich um einen doppelten Überläufer (erst von Norden nach Süden, dann wieder von Süden nach Norden; Spion?). Das Regime meldet immer wieder, dass es Corona in Nordkorea nicht gebe. Kim und seine Familie lassen sich aber heimlich impfen. Die von Exilanten aus Nordkorea betriebene Website "DailyNK" meldet seit November 2020 die Schließung aller Schulen (Unterricht wohl erst wieder ab März 2021). Websites in den USA sprechen von einem maximalen Notstand. Die Schwester von Kim  Kim Yo Jong spricht von Unverschämtheiten. Kim gibt im April 2021  offen zu, dass die Pandemie große Schäden anrichtet und viele Opfer fordert. Eine Spende von drei Millionen chinesischen Impfdosen  durch die UN lehnt das Land im September 2021 ab. Begründung: Es gäbe Länder, die den Impfstoff dringender bräuchten.  Kim wirft seinen Beamten Faulheit vor und gibt ihnen eine Mitschuld.

Seit Wochen taucht Kim Jong Un im April 20202 nicht in der Öffentlichkeit auf (zuletzt 11.04.). Er ist nicht mehr zu sehen. So taucht das Gerücht über eine Krankheit auf. Wie krank ist Kim? Die ausländischen Diplomaten unterliegen einer 30-tägigen Quarantäne. Einige wurden per Sonderflug ins russische Wladiwostok gebracht. Die Nachrichten verdichten sich, dass Kim Herz-Kreislauf-Probleme hatte und operiert werden musste. In jedem Falle ist er fettleibig und starker Raucher (viele in der Familie erlitten Herzinfarkt). Andere Gerüchte beziehen sich auf eine Zyste am Sprunggelenk. Daraufhin kursieren viele Gerüchte im Netz aus Südkorea, Japan, China und den USA. Einige sprechen sogar von Koma oder Tod. Südkorea bringt in Umlauf, dass sich Kim in der Ferienstadt Wonsan im Osten von Nordkorea aufhalte, weil er Angst vor einer Corona-Ansteckung habe. Am 01.05. taucht Kim wieder überraschend in der Öffentlichkeit auf. Es gibt Zweifel, ob er noch die uneingeschränkte Macht hat. Im Mai 2023 gibt es weitere Gerüchte vom südkoreanischen Geheimdienst: Kim habe Dermatitis. Es gebe wieder Herz-Kreislaufprobleme. Nordkorea schickt keine Sportler zu den Olympischen Spielen 2021 in Tokio/ Japan. Als Grund wird Corona angegeben. Das Land steckt aber auch in einer großen Wirtschaftskrise und Geldnot. Man hat in Japan Sorge vor weiteren Rückziehern. Im Mai 2022 ordnet Kim Jong Un landesweite Lockdowns an. Städte werden abgeriegelt. Erstmals werden offiziell Corona-Fälle gemeldet. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA meldet Mitte Mai 22 innerhalb von 24 Stunden 270.000 neue Fälle. Seit April 22 sind 1,5 Mio. Fieberfälle registriert. Das Militär wird für Hilfseinsätze mobilisiert (sie verteilen auch rund um die Uhr in Apotheken Medikamente).

Es gibt in Nordkorea keine Covid-Tests. Die Anzahl der gemeldeten Todesfälle ist wahrscheinlich nicht echt (nur 70 insgesamt bis Juni 22). Die Grenzen sind geschlossen. Es fehlt an Medizin und Nahrungsmitteln. Medikamente kommen aus China und wurden von der UN gespendet ("UNO-Medizin"). Fast keine internationalen Organisationen sind vor Ort. Dei Menschen sind völlig isoliert. Vgl. Hanna Song, in Der Spiegel Nr. 24/ 11.6.22, S. 71. Ende Juni schätzt man 4,5 Mio. Fälle. Im Juni bricht im Norden des Landes eine mysteriöse Darmkrankheit aus. Hunderte Familien sind betroffen. Es gibt in kurzer Zeit 1600 Fälle. Es könnte sich auch um Cholera oder Typhus handeln. Die Menschen sind durch Corona geschwächt.

Im Juli 22 entdeckt Kim Jong Un die vermeintlichen Urheber der Pandemie in seinem Land. Der Klassenfeind im Süden ist verantwortlich. Mit Viren gefüllte Ballons  seien über die Grenze geschickt worden. Dahinter steckten Republikflüchtlinge aus dem Norden. Kim hatte vorher schon zugegeben, dass mindestens 4,7 Mio. Nordkoreaner infiziert gewesen seien, also 18% der Bevölkerung. Vgl. Köhler, Angela: Ansteckende Grüße vom Klassenfeind, in: Die Rheinpfalz, 4.7.22, S. 1. Ende 2022 wird wohl die Hauptstadt abgeriegelt und in den Lock down geschickt.

Im August 2023 werden die strikten Einreiseregeln für im Ausland lebende Staatsbürger weitgehend aufgehoben. Sie waren in der Corona-Pandemie erlassen worden. Seit Anfang 2020 hatte sich Nordkorea vollkommen abgeschottet.

Humanitäre Hilfe: Die Welthungerhilfe ist seit 1997 in Nordkorea. Landesdirektor der Welthungerhilfe in Nordkorea ist 2020 Andreas Oswald, der aus Landau/ Pfalz stammt. Rund 10,4 Mio. Menschen brauchen hier humanitäre Hilfe. Allerdings sind die Zahlen mit Vorsicht zu genießen, da es keine offizielle Zahlen der Regierung gibt. Nach neuesten Informationen 2021 sind 11 Mio. Menschen unterernährt. Es droht eine ähnliche humanitäre Katastrophe wie in den 1990er Jahren. Selbst die einfachsten Nahrungsmittel fehlen. Die Menschen essen Wurzeln und Gras. Die Propaganda bedauert den "ausgemergelten" Diktator, der tatsächlich abgenommen hat.

Atomprogramm und Rüstung: Das Land will Atommacht werden. Es will damit ein Gegengewicht gegen die USA und Südkorea entwickeln. Dieses Programm steht immer wieder im Mittelpunkt von Verhandlungen und Konflikten. Im August gibt die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bekannt, dass der umstrittene Atomreaktor im Nuklearzentrum Yongbyon wieder in Betrieb genommen wurde. Balistische Raketen werden zu Testzwecken ständig gezündet. Das macht auch Südkorea. Ein Test einer ballistischen Rakete findet auch im Januar 2022 statt. Sie können je nach Bauart mit einem atomaren Sprengkopf versehen werden. Das Geschoss stürzte ins Meer. Am 15.1.22 kommt ein neuer Raketentest als antwort auf neue Sanktionen der USA. Es ist der dritte Raketentest innerhalb von 10 Tagen.  Es sind jetzt schon 7 Raketenstarts in einem Monat, soviel wie nie zuvor. Man rätselt , was dahinter steckt: Spannungen in Ostasien anheizen, die Ukraine-Krise ausnutzen, Zeit vor Vorsitz in der UN-Weltabrüstungskonferenz ausnutzen? Am 24.3.22 folgt der Höhepunkt als Paukenschlag: Nach 5 Jahren zündet Kim erstmals wieder eine Interkontinentalrakete. Trotz Verbots und internationaler Sanktionen wird weiter getestet. Am 18.4.22 gibt es einen Test taktischer Lenkwaffen (auch mit Atomköpfen bestückbar). Die Entwicklung sei von großer Bedeutung (es war wohl wieder die Antwort auf ein gemeinsames Militärtraining von USA und Südkorea). Als US-Präsident Biden im Mai 22 Südkorea wieder verlässt, zündet Nordkorea pünktlich Raketen ins Japanische Meer. Man rechnet damit, das auch bald mal wieder Atom-Raketen getestet werden. Im September 2022 wird erneut eine ballistische Rakete abgefeuert, die im Meer landet. im Oktober 22 wird eine Rakete über Japan hinweg geschossen. Zwei weitere folgen. Es sind Reaktionen auf Militärübungen der USA und Südkorea. Das setzt sich fort auch Ende des Jahres 2022, wo mehrere ballistische Raketen abgefeuert werden. Kim kündigt an, mehr Atomwaffen zu bauen. Im Februar 2023 ist wieder ein Raketentest mit dem Typ Hwasong-15. Pjöngjang spricht von der "Fähigkeit zum tödlichen atomaren Gegenangriff". Im Gegenzug kündigen die USA und Südkorea gemeinsame Manöver der Luftwaffe an. Daraufhin schießt Kim zwei weitere Raketen ab. Japan schaltet den Sicherheitsrat ein. Kim schießt 4 weitere Raketen ab. Im August 23 gibt es einen Fehlstart von einem Spionagesatellit. Das war schon der zweite Versuch. Die Trägerrakete mit dem militärischen Aufklärungssatelliten "Malligyong-1" sei vom Raketenstartplatz in der Provinz Nord-Pyongan gestartet. Das technische Antriebssystem hatte ein Problem.

Atomwaffen: Nordkorea scheint kleine Atomwaffen zu haben. Das Land macht trotz internationaler Sanktionen Fortschritte bei der Entwicklung. Die kleinen Atomwaffen passen in die Sprengköpfe ballistischer Raketen (Boden-Boden-Raketen). Es gibt eine Produktion von hoch angereichertem Uran und einen Bau eines experimentellen Leichtwasserreaktors. Kim treibt den Ausbau der Nuklearstreitkräfte konsequent voran. Dem Westen bleiben dagegen kaum Druckmittel. Deshalb nennt man Nordkorea auch "Land der lausigen Optionen". Vielleicht ist die neue Außenministerin zu mehr Rüstungskontrolle bereit (sie war schon an Gesprächen mit den USA beteiligt). Vgl. Peters, K. G.: Land der lausigen Optionen, in: Der Spiegel Nr. 25/18.6.22, S. 76. Kim ist zum Einsatz von Atomwaffen bereit. Das betont er immer wieder. Vgl. FAZ 29.7.22, S. 4. Ende November 2022 verkündet Kim, dass Nordkorea die weltweit stärkste Atomstreitmacht werden will. Man will auch das Territorium der USA erreichen. Kim Jong Un fordert im Frühjahr 2023 mehr Atomwaffen.

Militär: Im August 2023 setzt Kim den Chef des Generalstabes Pak Su II ab und ersetzt ihn durch Vizemarshall Ri Yong Gil. Weitere führende Offiziere werden entlassen. Kim will wahrscheinlich einen koreanischen Prigoschin verhindern. Nordkorea hat Militärkooperation mit China und Russland. Russland braucht Waffen und Munition. Nordkorea braucht moderne Technologie.

Strategie und langfristiges Ziel: Im Januar 2024 gibt Kim die Politik zur friedlichen Wiedervereinigung auf (friedliche Wiedervereinigungspolitik des Großvaters und Staatsgründers Kim Il Sung). Experten glauben, dass er sein Land sogar auf einen kriegerischen Konflikt einschwört. Seit dem Scheitern der Gespräche zwischen Kim und Trump 2019 scheint Nordkorea die Annäherung an die USA aufgegeben zu haben. Nordkorea nähert sich immer mehr China und Russland an. Nordkorea-Experten weisen darauf hin, dass Nordkorea eine Erstschlag-Bedrohung gegen die Westküste der USA mit nuklearen Sprengkörpern und Interkontinentalraketen aufgebaut haben könnten. Dann könnte eine USA unter Trump nicht mehr bereit sein, Südkorea zu verteidigen. Vgl. Kretschmer, Fabian: Mehr als das übliche Säbelrasseln des Diktators, in: Die Rheinpfalz 17.01.24

Kultur: Chosonot heißt das traditionelle Gewand für Männer und Frauen. Es wird vor allem an Festtagen getragen.  Vor 30 Jahren (1989) sollte in Nordkoreas Hauptstadt das größte Hotel der Welt entstehen. Vollendet wurde das Gebäude nie. Es hat 105 Etagen und ist 330 Meter hoch. Am 16.10.2019 zeigt sich Kim Jong Un propagandawirksam auf einem weißen Pferd auf dem höchsten Berg Paektu-san (Weißkopf-Berg, mit seiner Frau und einigen Generälen) auf dem ersten Schnee reitend. Als "Schimmelreiter" will er auch Angst verbreiten. Es ist der heilige Berg und das Symbol der Herrscherfamilie (auch Ursprungs-Ort des koreanischen Volkes).  Samjiyon, direkt am heiligen Berg, soll zum Aushängeschild des Sozialismus werden ("sozialistisches Utopia"). Hier sollen erst mal 4000 ausgewählte Familien leben (mit Skigebiet, Hotels, Kultur- und Gesundheitseinrichtungen). Einziges Nachrichtenorgan in Nordkorea ist die staatliche Nachrichtenagentur KCNA. Sie hat ein Nachrichtenmonopol. Zum "Jahrestag der Nation" am 08.09.21 wird in Pjöngjang eine Parade zelebriert. An der Veranstaltung nehmen "paramilitärische und öffentliche Sicherheitskräfte" teil. Vertreter des Eisenbahnministeriums, der Fluggesellschaft Air Koryo und der Hungnam - Düngemittel-Fabrik sind beteiligt. Auch Feuerwehrautos und Traktoren. Die staatliche Nachrichtenagentur KCNA meldet, Machthaber Kim Jong Un habe "herzliche Grüße an das gesamte Volk" des Landes ausgerichtet. Durch Gasmasken und orangefarbene Schutzanzüge erinnert einiges an eine Grusel-Parade.   "Sein Marsch auf dem Pferderücken auf dem Paektu-Berg ist ein großes Ereignis in der Geschichte der koreanischen Revolution."

Sprache: Koreanisch. Auch Russisch und Chinesisch. Die Koreaner schreiben nicht mit chinesischen Zeichen. Das heutige koreanische Alphabet besteht aus 14 Konsonanten und zehn Vokalen, also 24 Buchstaben. Die Koreaner schreiben ihre Buchstaben in Silben. Es gibt zwei Varianten von Buchstaben.

Totengedenken: Ende 2021 lebt der Personenkult um Nordkoreas Führer-Clan wieder auf. Vor zehn Jahren starb der Vater und Vorgänger von Kim an einer Herzattacke. Jetzt stirbt der jüngere Bruder des Staatsgründers Kim II Sung ("ewiger Präsident"). Es ist der Politikveteran Ju (wohl 101 Jahre alt). Es wird eine aktuelle Trauerperiode angeordnet. Sie dauert bis die Leiche beerdigt wird. Während dieser Zeit sind Alkohol, Freizeitsport, Lachen und Einkaufen verboten. Nordkorea wird immer absurder. Vgl. Köhler, Angela: Kim Jong Un verbietet das Lachen, in: Die Rheinpfalz Samstag 18.1.21, S. 1. Mitte April 22 gibt es eine große Militärparade zu Ehren des Staatsgründers.

Rolle der Frauen: Kim Jong Un überlässt den Frauen aus seinem engsten Umfeld die öffentliche Bühne. Manche sprechen von einer feministischen Revolution in Nordkorea. Seine Schwester ist fürs Grobe zuständig. Seine Frau Ri Sol Ju macht in Wohltätigkeit. Propagandachefin ist Kim Yo Jong (eventuell aus einer unehelichen Beziehung des Vaters).  Er zeigt auch seine Tochter. Vgl. Kretschmer, Fabian: Kim und dei Frauen, in: die Rheinpfalz 27.2.23. Neuerdings lässt er sich von seiner Tochter zu öffentlichen Auftritten begleiten. Ihr Name und Alter werden öffentlich nie genannt.  Soll sie als Thronfolgerin präsentiert werden? Ob es noch einen Sohn gibt, ist unklar. Der fühere deutsche Botschafter Schäfer meint das sei unklug. Der Kontrast zwischen den mangelernährten Kindern und wohlgenährter Diktatorentochter sei zu stark. Vgl. Peters, Katharina G.: In Ballerinas zum Raketentest, in: Der Spiegel 10/ 4.3.23, S. 77.

Kinder: Über die Lage der Kinder in Nordkorea weiß man sehr wenig. Es gibt viele Waisen, die ihre Eltern verloren haben, und traumatisiert sind. Viele versuchen, nach Südkorea zu fliehen. Die Fluchtroute geht über China (Bus, Taxi, zu Fuß) nach Laos oder Vietnam. Von dort führt die Flucht nach Thailand. Von Thailand geht es mit Flügen nach Südkorea. In Südkorea werden sie in der Regel von Familien aufgenommen. Berühmt ist der Südkoreaner Kim Tae-hoon. Er hat 12 Kinder aus Nordkorea aufgenommen. Vgl. Peters, Katharina Graca: Kims Kinder, in: Der Spiegel 29/ 15.7.23, S. 80ff.

Kastensystem: Es bestimmt jeden Aspekt des Lebens: wo die Menschen wohnen, wie sie ausgebildet sind, welcher Arbeit sie nachgehen.

Hundefleisch: Gerade auf dem land gibt es zahlreiche Hundefleischrestaurants. Sie heißen Süßfleischhaus. Zum Verzehr wird eine spezielle Rasse gezüchtet. Die Tötungsweise ist unethisch: das Tier wird großem Stress ausgesetzt, damit das ausgeschüttete Adrenalin das Fleisch zarter macht. Das Fleisch gilt als sehr gesund.

Religion:  In Korea gilt der Mahayana - Buddhismus (chinesisch-japanisch). Man spricht auch vom "nördlichen Buddhismus". Es geht um die Erlösung aller Lebewesen. Es gibt eine ausgeprägte Meditationspraxis. Zwischen 0 und 500 n. Chr. erreicht der Buddhismus Südostasien und Korea. Ansonsten spielt der Animismus noch eine Rolle, wie in vielen anderen asiatischen Ländern. Es ist der Glaube, dass alle Objekte Seelen besitzen, vor allem Berge. Offizielle Staatsphilosophie ist der Konfuzianismus, der Hierarchien legitimiert. Man sieht ihn aber heute nicht mehr als Religion, allenfalls als ethisches System.

Religionen sind nicht erwünscht oder angesehen. Das Christentum ist verboten und wird verfolgt.

Menschenrechte: Die Vereinten Nationen prangern immer wieder Menschenrechtsverletzungen des Regimes an. Man redet über Verschleppungen, Entführungen. So gibt das Hochkommissariat 2023 eine Erklärung ab. Davor 2014. Seit den 50er Jahren gibt e sdie Anklagen.

Bildung: In der Corona-Pandemie wurden die meisten Schulen und Hochschulen geschlossen. Eine Kommission wurde eingesetzt, die Reformvorschläge machen soll. Sie fordert bessere Ausrüstung und kleiner Gruppen ein. Der Kommissionschef wurde exekutiert und Kimm macht die Hochschulreform zur Chefsache. Vgl. Köhler, Angela: Kritisieren darf nur Kim, in: Rheinpfalz Nr. 85, 13 4.21, S. 1.

Geographische Zonen: Die Hauptstadt Pjöngjang kann in einen West- und Ostteil getrennt werden. R. Frank/ siehe unten teilt weiterhin in den Nordwesten (Sinuiju ist das Tor nach China), Südwesten (Kornkammer, Westmeerstaudamm, demilitarisierte Zone), Südosten (Tourismus, deutscheste Stadt Hamhung) und Nordosten (kleiner Grenzverkehr nach China, heilige Berg Paektusan, Sonderwirtschaftszone Rason).

Exkurs: Tourismus in Nordkorea. Reisen in das Land sind möglich, obwohl das Auswärtige Amt in der Regel vor den angebotenen Zielen warnt (man spricht von "dark tourism"). Es herrscht auch kein Massentourismus. Rocky Road Travel ist einer der Veranstalter, andere sind Clio Voyages aus Frankreich oder Wild Frontiers bzw. Lupine Travel aus GB. Auch Reiseblogger und Influencer berichten über das Land. Viele lehnen die Reisen jedoch ab, weil sie als Unterstützung für das Regime angesehen werden.

Naturkatastrophen und Ernten: Im Juli und August 2020 verwüsten sintflutartige Regenfälle und Taifune die Ernte und zerstörten Häuser. Immer wieder suchen Überschwemmungen und Sturmschäden das Land heim. Dadurch verschlechtert sich die Nahrungsmittelsituation dramatisch. Kim Jong Un bereitet in einer Rede am 16.6.21 seine Bevölkerung auf eine Nahrungsknappheit vor (mehrtätiges Treffen des ZK in Pjöngjang). Es fehlen 1,3 Mio. Tonnen, vor allem Getreide. In seiner ersten Rede 2022 (Abschluss eines fünftätigen Parteitreffens zum Jahreswechsel) stellt Kim die Versorgungsprobleme in den Mittelpunkt. Er will die Agrarproduktion erhöhen und die Nahrungsmittelprobleme des Landes komplett lösen. Trotzdem gibt es 2023 wieder erhebliche Probleme mit Lebensmittelknappheit.

Politische Rahmenbedingungen: Bei Nordkorea geht es um einen Kampf zwischen den USA und China um die Vormachtstellung im pazifischen Wirtschaftsraum. Für China ist daher das Regime wichtiger als eine Vereinigung mit den USA. Vgl. Thomas Reichart: Der Wahnsinn und die Bombe, 2018. Reichert ist Leiter des Ostasienstudios des ZDF in Peking. Er lebt auch in Peking und reist von da regelmäßig nach Nordkorea. Nach seiner Meinung braucht China Nordkorea als strategischen Pufferstaat, ein Schutz vor der Macht der USA. Bedrohlicher als die Atombombe sei für China der Zusammenbruch Nordkoreas. Vgl. Reichart, Thomas: Das Feuer des Drachen, München 2020, S. 242.  Ein anderer anerkannter Nordkoreaexperte ist Rüdiger Frank, Uni Wien. Sein aktuelles Buch ist "Unterwegs in Nordkorea. Eine Gratwanderung, München 2018". Vgl. auch: Rüdiger Frank: Neuer Tiger auf dem Sprung?, in: Die Zeit, Nr. 25, 14. Juni 2018, S. 24. Ein weiteres Buch von ihm über Nordkorea ist "Nordkorea. Innenansichten eines totalen Staates" (Geschichte, Ideologie, wirtschaftliches System, Politik). Es gibt nicht viele Experten zu dem Land,. Dazu ist die Abschottung und die Intransparenz zu groß. Man sollte aber alle Informationen mit Vorsicht aufnehmen und überprüfen soweit es geht. Viele direkte Informationen habe ich von einem Studenten erhalten, der über die österreichische Botschaft eine zeitlang in dem Land leben und arbeiten konnte. Durch die Corona-Pandemie wird die vollständige Isolation der Bevölkerung weiter ausgebaut. Beide koreanische Staaten sehen sich als treue Bollwerke im Machtpoker USA-China. Anfang Oktober 2021 wird der Kommunikationskanal zwischen Nord- und Südkorea wieder hergestellt. Kim gibt sich als Friedensengel.  2020 erlangt ein Däne Aufsehen. Der ehemalige Koch war in die dänisch-koreanische Freundschaftsvereinigung eingetreten. Es gelang ihm geheime Informationen zu bekommen und zu filmen. Es listet Verstöße gegen die UN-Sanktionen auf: Waffenlieferant, Drogenproduzent für Geld; geheime Wege an Öl).

Staatsfinanzierung (Hacker-Angriffe): Die Regierung scheint ein erfolgreiches Geschäftsmodell aufgestellt zu haben. Es gibt ein Team, dass Cyberangriffe im Ausland durchführt. Die erpressten Gelder fließen in die Staatskasse. Ob das eine Legende oder Realität ist, konnte noch nicht endgültig nachgewiesen werden. Das FBI fahndet nach der Hackerbande "Lazarus". Es gilt als das "beste Bankräuber-Team" der Welt. Sie sollen in Pjöngjang ansässig sein. Sie operieren mit Viren und Trojaner. Sehr bekannt wurde die Attacke "Wanncry" 2017. Hunderttausende Windows-Computer wurden außer Gefecht gesetzt und erst nach Zahlung eines Lösegeldes  wieder freigesetzt. Sie drangen auch mal in das Bankensystem Swift ein und  machten falsche Transfers für Nordkorea. Man schätzt die Gesamtbeute bis 2020 auf 1,3 Mrd. $. Ein Überläufer berichtet im Oktober 2021 von massivem Drogenhandel. Dieser ist staatlich organisiert. Die Beschaffung erfolgt gegen Devisen. Davon profitiert vor allem die Herrscherfamilie Kim. Vgl. Kölner Stadtanzeiger, Di. 12.1021, S. 5. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen soll Nordkorea 2022 mindestens 630 Mio. US-Dollar mit Hackerangriffen im Internet gestohlen haben (in den Jahren ab 1997 1,2 Mrd. $). Damit werden die Raketen finanziert. Kim will damit Druck auf die Weltgemeinschaft ausüben, damit sie die Sanktionen aufgibt.

Exkurs. Rüdiger Frank: Er gilt als einer der besten Kenner Nordkoreas. Er bereist seit über einem Vierteljahrhundert das Land regelmäßig. Er kann so tiefe Einblicke in den Alltag der Menschen geben. Frank ist Deutscher, geboren 1969 in Leipzig. Er studierte Koreanistik und Wirtschaftswissenschaften in Berlin und Duisburg. Er ist heute Professor für Wirtschaft und Gesellschaft Ostasiens an der Universität Wien und Leiter des dortigen Ostasieninstituts. Er hat zwei wichtige Bücher über Nordkorea geschrieben: 1. R. Frank, Nordkorea. Innenansichten eines totalen Staates, 2014; Ders., Unterwegs in Nordkorea. Eine Gratwanderung, München 2018.

 

Malaysia:

Lage und Bevölkerung: In Südostasien. 34,3 Mio. Einwohner (2022). Hauptstadt Kuala Lumpur. Regierungssitz Putrajaya.  Unabhängigkeit von Großbritannien im Jahre 1957. 61% der Bevölkerung sind Moslems (Sunniten, Staatsreligion; 20% Buddhisten; wird zum Zentrum des islamischen Finanzwesens). Klima: Feuchtheißes Tropenklima. Amtssprache: Malayisch.

Wichtige Städte und Verwaltungsgliederung: Kuala Lumpur, Subang Jaya, Lelang, Johor Bahru, Ipoh, Ampang Jaya, Kuching, Petaling Jaya, Sha Alam. Verwaltungsgliederung: 13 Bundesstaaten und drei Bundesterritorien.

Kuala Lumpur: Sie ist die Hauptstadt Malaysias. Hier treffen die Kulturen aus Indien, China und den arabischen Ländern zusammen. Die Inder und Chinesen haben ihre eigenen Viertel mit Tempeln und Gottheiten. Die überwiegend  muslimischen Malaysier lassen sich fünf Mal am Tag vom Muezin in die Moscheen zum Gebet rufen. Sehr sehenswert sind Central Market und Batu Caves. Vom KL Tower hat man die beste Aussicht.

Geschichte: Um 1400 gründet der Prinz von Palembang (er musste aus Sumatra fliehen) an der Südwestküste der malaiischen Halbinsel die Hafenstadt Malakka. 1511 entsteht mit der Eroberung Malakkas durch die portugiesische Flotte der erste Stützpunkt von Europäern in Südostasien. Im Folgejahr erreiche die Portugiesen ihr eigentliches Ziel: die Molukken. Auf den Inseln wachsen Muskatnuss- und Nelkenbäume, Quelle für Gewürze. Die nächsten 450 Jahre werden Europäer die Geschichte Südostasiens entscheidend mitprägen. 1605 erobert die Flotte der niederländischen Handelsgesellschaft VOC zuerst die Molukken, später auch Malakka (1641). 1795 Britische Kolonie. 1939 Kommunistische Partei Malaysias. Kampf für die Unabhängigkeit. 1941 Japanische Besatzung. Nach dem Krieg wieder britische Kolonie. 1950 Unabhängigkeit von GB.

Politik: Verfassung von 1957 (Anpassung 2019): Parlamentarische Wahlmonarchie. Tengku Abdullah, der Sultan des Bundesstaates Pahang,  wird im Januar 2019 Malaysias neuer König. Damit ist er der 16. Yang di-Pertuan Agong ("Der zum Herrscher gemacht wird"). Er darf bis 2024 regieren. In der Politik wird mit allen Mitteln gekämpft. 2018 wird Anwar begnadigt vom König. 2014 war er wegen gleichgeschlechtlichen Sex zu fünf Jahren verurteilt worden. Er war Konkurrent von Najib.  Es gibt Ermittlungen gegen Najib (Skandal um den Staatsfonds).Die Leiche Kim Jong Nams wird Ende März 2017 nach Nordkorea überführt. Malaysias Ex-Premier Mahathir Mohamad kandidiert mit 92 Jahren noch mal gegen Machthaber Najib Razak. Mahathir gewinn die Wahl und wird als Regierungschef vereidigt. Später wird er mit seiner UMNO-Partei wieder abgewählt. Das Land entwickelt sich zum demokratischen Leuchtturm Südostasiens. Malaysias König Sultan Muhammad V. tritt im Januar 2019 zurück (das erste Mal, dass ein König abdankt). Es gibt Gerüchte über eine Heirat mit einer Russin. Malaysia ist eines der wenigen Länder in Asien, das noch Müllabfälle aus Europa aufnimmt. Im Februar 2020 entbrennt ein Machtkampf in der Regierung: Regierungschef Mahathir Mohamad (94 Jahre) tritt zurück, um seinen Rivalen Ibrahim zu verhindern.  Der kleine deutsche Kreuzer "Emden" macht 1914 in Asien Furore. Vor Malaysia versenkt er englische Schiffe und schießt Ölanlagen in Madras in Brand. Schließlich wird er kampfunfähig geschossen und ein Teil der Besatzung schlägt sich auf einer abenteuerlichen Reise nach Hause zurück. Noch heute wird in Asien mit "a real Emden" ein wagemutiger Mensch bezeichnet.

Wirtschaft: Währung: Malaysischer Ringit. BIP 2022 407,92 Mrd. US-$. BIP 2017 314,5 Mrd. US-Dollar.  BIP 364,7 Mrd. US-$ 2019. Wachstum BIP 2019: 4,3%; 8,7% 2022.  Seit die US-Notenbank mehrmals die Zinsen 2008 gesenkt hat, strömt Anlagekapital nach Asien, und übt einen starken Druck auf die Wechselkurse aus. Preiskontrollen sollen die Preissteigerungen eindämmen. Auch die Subventionen auf Energiepreise werden abgebaut. Das Land hat eine der besten Infrastrukturen in Asien, eine englischsprachige Bevölkerung und zahlreiche Naturressourcen. Mahatmir kündigt ein Ende des Bahnprojektes zwischen Kuala Lumpur und Singapur an. Damit vergrätzt er Singapur und China. Der Projektstopp könnte auch zu Schadensersatzzahlungen führen. Die neue Regierung will wieder Benzin und Zucker höher subventionieren. Die 2015 eingeführte Mehrwertsteuer soll wieder abgeschafft werden. Anteil am Welthandel 2017: Import 1,1%; Export 1,2% (Elektronik, Maschinen, Nahrungsmittel). Arbeitslosigkeit 2017 im Durchschnitt: 3,4%. ab 2020 ist Malaysia im RCEP dabei, der regionalen Wirtschaftsintegration in Asien.

Wirtschaftslage und Finanzpolitik: Ein Plan zur Besteuerung von Rücküberweisungen löste 2021 Proteste aus und wurde zurückgezogen. Die finanzielle Unterstützung von Bratöl und Benzin sowie des Haushaltsstroms belastete die Staatskasse zunehmend, so dass das System der Preisdeckelung durch direkte Einkommenshilfen ersetzt werden soll (Ankündigung Mitte 22). Die höheren Preise für Lebensmittel belasten die arme Bevölkerung.

Palmöl: Malaysia ist der zweitgrößte Palmölproduzent der Welt. Es ist ein wichtiges Exportgut. 2022 profitiert das Land vom Exportstopp in Indonesien im Zuge des Ukraine-Krieges. Ein Wegfall der 8%-Exportsteuer wurde aber fallen gelassen.

Außenhandel: Eine hohe Importquote und ein Anstieg der Exportnachfrage waren 2021 Voraussetzung für die Erholung der Wirtschaft.

Malaysia ist eine wichtige Anlaufstelle für Direktinvestitionen in Asien. Die Machtverteilung ist recht interessant: Einheimische - Politik, Chinesen - Wirtschaft, Muslime - Finanzwesen (islamisches Finanzwesen). 2008 betrugen die deutschen Direktinvestitionen 3,41 Mrd. €. 

Malaysia und Deutschland: Am 12.1.24 besucht Außenministerin Baerbock das Land. Es wird als Standort für deutsche Direktinvestitionen immer interessanter.

Unternehmen: 2013 steigt die BASF aus einem gemeinsamen Projekt mit Petronas (rund eine Mrd. Euro) aus. Ab 2016 investiert Osram 1 Milliarde Euro in eine neue Chip-Fabrik (LED-Chips) in Malaysia. Schokinag GmbH, Mannheim (seit 90 Jahren, gegründet 1923; produziert nicht für Endverbraucher, sondern für Lebensmittelhandwerk; investiert 2019 in neue Produktlinien; ursprünglich Familienunternehmen, dann drei Eigentümerwechsel; in Europa ist Deutschland der größte Markt, weltweit die USA, Nischenanbieter europäischer Schokolade: Chips und Chunks. 2020 wird die Firma für 30 Mio. € vom malayischen Kakao-Riesen Guan Chong aufgekauft). 2022 baut Infineon eine neue Fabrik in Malaysia. Man investiert in die Materialien Sliciumcarbid und Galliumnitrid. Das ist eine Trendwende. Der weltweit führende Palmölhersteller Sime Darby gerät 2022 in dei Kritik: Menscherechte sollen missachtet werden. Ferrero zieht sich zurück. Die USA sprechen einen Einfuhrbann aus.

Verkehr: Das Projekt Kuala-Lumpur-Singapore High Speed Rail (HSR) wird Anfang 2021 vorerst auf Eis gelegt. Seit 2013 wurde geplant an der 350 Kilometer-Strecke. Es kursierten Zahlen von 15 Milliarden Dollar. Man will aber irgendwann den Bau verwirklichen. Man hofft auf China oder Japan. Offizieller Grund für den Stopp ist Corona. 905 gehen durch Malaysia, 10% durch Singapur.

MH370-Mysterium: Das Verschwinden des Flugzeugs von Malaysia Airlines ist eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte. Das Wrack wurde nie gefunden. Nach zehn Jahren (2014 war das Verschwinden) gibt es wieder Hoffnungsschimmer für die betroffenen Familien. Es gibt bizarre Theorien.

Korruption: Veruntreuung bei Staatsfonds 1 MDB. Prozess gegen Stiefsohn Riza Aziz von Premierminister Razak. G284 Mio. US-$ wurden für eine  Filmproduktion eingesetzt und vorher in der Schweiz geparkt. Rizza zahlte 107 Mio. $ an die Staatskasse.

Gesundheit: 2020 kommt Malaysia gut durch die Corona-Pandemie. Das wird auch auf das Dichtmachen der Grenze zurückgeführt. 2021 sieht die Lage ganz anders aus: Es gibt im Juni 21 Rekordinfektionen von 7000 Fällen pro Tag. Man geht in den totalen Lockdown. Sogar die meisten Unternehmen müssen schließen. Das Gesundheitsministerium macht die Feiern zum Ende des Ramadan für den erneuten Ausbruch verantwortlich. Die Kritik an der Corona-Politik verstärkt sich. Malaysias Regierung muss zurücktreten.

Klimaschutz und Energie: Am 27.09.21 stellte der Premier den 12. Malaysia-Plan vor, der Klimaneutralität bis 2050 vorsieht. Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß halbiert werden. Ismael erklärte auch einen Baustopp für Kohlekraftwerke. Bei der Stromerzeugung sollen Gaskraftwerke eine zentrale Rolle spielen. Vgl. Der neue Kosmos Welt-Almanach 2023, S. 274.

Waldreservat Belum-Temengor/ Tiger: Im Norden der malayischen Halbinsel leben einige der letzten Tiger. 1959 gab es noch 3000 Exemplare. Die Tiere sind stark dezimiert, weil der Lebensraum verloren geht. Außerdem gibt es Wilderei, weil Tigerteile in der TCM verwendet werden. Dei Bemühungen zum Schutz der Tiger werden verstärkt.

 

Thailand:

Bevölkerung:: 71,8 Mio. Einwohner. Verteilung: Stadt 52,9%; Land 47,1%. Altersmedian: 39,7 Jahre. Alphabetenrate: Frauen 92,8%; Männer 95,5%. Bevölkerungsgruppen: Thai, Malaien, Khmer, Indigene, Nachfahren von Chinesen. Lebenserwartung: Frauen 84 Jahre; Männer 75 Jahre.

Politik: Hauptstadt Bangkok (Krung Thep). Machtkämpfe und Korruption belasten das Land. Durch das Stilllegen von Flughäfen wird der Tourismus, die wichtigste Devisenquelle des Landes, getroffen. Thailand, der weltgrößte Reisexporteur, will mit Vietnam, Myanmar, Kambodscha und Laos den Handel abstimmen (Reiskartell). 2010 kämpft das Land gegen Inflation. 2013 gibt es viele Demonstrationen gegen die Regierung (Korruption). Protestführer Suthep hat eine dubiose Vergangenheit. Anfang 2014 legt die Opposition die Hauptstadt Bangkok durch einen Generalstreik lahm (bei Wahlen hat sie keine Chance). Es ist ein Machtkampf entbrannt zwischen regierungstreuen "Rothemden" und oppositionellen "Gelbhemden". Über Bangkok wird der Ausnahmezustand verhängt (Desaster für den Tourismus und aufstrebende Junge aus der Mittelschicht). VW darf ab 2015 in Thailand Kleinwagen bauen. Im Herbst 2016 stirbt der thailändische König Bhumibol. Er war 70 Jahre König und der am längsten regierende Monarch der Welt. Am 26.10.17 findet die Einäscherungszeremonie statt. Thailands König wird 2018 Eigentümer aller Vermögenswerte der Monarchie. Er hat damit mehr als 30 Mrd. Dollar und ist der reichste Monarch der Welt vor dem Sultan von Brunei.  Zwölf Jugendliche werden im Juli 2018 aus einer Höhle durch eine kompliziere Tauchaktion gerettet. Ein ranghohes Mitglied der thailändischen Königsfamilie will 2019 Regierungschefin werden (Prinzessin Ubolratana). Nach einem öffentlichen Rüffel ihres Bruders, des Königs, muss sie aufgeben. Die Opposition reklamiert den Sieg für sich in den Parlamentswahlen. Die Aussicht auf einen Machtwechsel sind offen, weil das Militär eine starke Stellung hat. Überraschend wird die Partei der Armee zum Sieger erklärt. Betrugsvorwürfe werden laut. Offen ist, wie es weiter geht. Ein Soldat hat bei einem Amoklauf im Februar 2020 mindestens 20 Menschen getötet. Ende Februar 2020 löst das Verfassungsgericht eine populäre Oppositionspartei auf ("Future Forward"). Proteste gegen Regierung und Monarchie nehmen 2020 zu. Das ist ein Tabubruch. Die Jugend begehrt auf. Der Monarch lebt meist außerhalb Thailands am Starnberger See in Deutschland. Es soll wilde Sex-Partys geben. Im Oktober 2020 verbietet Thailands Regierung Versammlungen. Ende August 2022 wird Ministerpräsident Prayut suspendiert. Das macht das Verfassungsgericht des Landes. Er soll laut Verfassung das Ende seiner Amtszeit erreicht haben. Im Mai 2023 gibt es Neuwahlen. Die pro-demokratische Opposition gewinnt. Nächster Ministerpräsident dürfte Pita Limjaroenrat werden. Die Frage ist, ob die alten Generäle tatsächlich die Macht abgeben. Pita Limjaroenrat scheitert bei der Wahl im Parlament klar. Er kann eine Mehrheit nicht erreichen. Ein Gesetz mindert die Chancen eines Kandidaten, der nicht aus der Armee kommt. Die politischen Eliten und das Militär  verbannen ihn in die Opposition. Dafür kehrt der "Berlusconi von Bangkok" zurück. Gemeint ist Thaksin Shinawatra.  Spätestens um 1000 n. Chr. erreichte der Buddhismus Thailand. Es ist der Theravada - Buddhismus (wie in Sri Lanka, Myanmar, Kambodscha, Laos). Heute sind fast 95% der thailändischen Bevölkerung Buddhisten. Thailand ist heute eine Monarchie mit demokratischen Wahlen. Der König hat eine zweite Frau (Konkubine), die in der Öffentlichkeit durchaus gezeigt wird (Spitzname Koi, ehemalige Kampfpilotin). Sie war zeitweilig in Ungnade gefallen. Der König hält sich häufig in Bayern auf (er hat eine Villa in Tutzing, die er als Botschaft tituliert; sein Gefolge von 100 Personen wohnt in einem Luxus-Hotel, wo ständig Zimmer reserviert sind) . Es gibt Proteste in Thailand gegen den König (Rama X.) und die Monarchie. Es ist wohl der reichste Monarch der Welt. Die Bundesregierung kann nur wenig gegen den Aufenthalt tun. Im Januar 2021 feiert der Monarch mit allem Pomp den 36. Geburtstag seiner Zweitfrau Maha (jetzt plant er eine Aufwertung für sie).

Wirtschaft:  BIP 2022 536,16 Mrd. US-$. BIP 2020 -6,6% wegen der Corona-Krise (Tourismus). BIP 2017 455,2 Mrd. US-Dollar. Wachstum 2022 2,6%. Inflation 6,1%. 2007 Auflagen für Auslandsinvestitionen, ein buddhistisches Wirtschaftsmodell ist geplant; Aktienkurse sind gefallen. Der Baht, die Währung Thailands, wurde innerhalb des letzten Jahres um 20% aufgewertet. Der Export ist 2006 gegenüber dem Vorjahr um 18,4% gestiegen, 2007 18%. 2008 betrugen die deutschen Direktinvestitionen 1,63 Mrd. €. Das Land hat andauernde  Inflationsprobleme. Deshalb hat die Zentralbank Thailands den Leitzins zum achten Mal auf jetzt 4,75%  erhöht. Ab 2015 will die Regierung 100 Mrd. Dollar in Infrastruktur stecken. Deutsche Unternehmen hoffen auf Aufträge. Die größten Wertschöpfungsbeiträge zum BIP leisten die Tourismusbranche und die Naturkautschukbranche. Thailand ist der weltgrößte Hersteller von Naturkautschuk. Die Bedingungen für die Arbeiter in den Gummibäumen ist extrem hart (Nachschichten, Aufnahme von Giften, Nichteinhaltung des Mindestlohnes). Mittlerweile arbeiten überwiegend Arbeiter aus Kambodscha  dort. Nach den Plantagen kommt ein kompliziertes System von Zwischenhändlern im Land bis das Gummi als Vorleistung die Filialen der großen Reifenhersteller im Land erreicht (Bridgestone, Michelin, Continental). Der Weltmarktpreis für Kautschuk in aufgrund des Überangebots in den letzten Jahren gesunken. Einige Nachfrageländer setzen mittlerweile auch stark auf Recycling. Die Technik der Runderneuerung ist so ausgereift, dass die Qualitäten fast gleich sind. Anteil BIP nach Sektoren: Landwirtschaft 8,6%; Industrie 33,1%; Dienstleistungen 58,3%.

Global Government: Am 18. und 19.11.2022 findet in Bangkok, der Hauptstadt von Thailand,  der Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) statt. Xi Jinping  reist direkt vom G20-Gipfel auf Bali dorthin an. Er warnt davor, dass die Asien-Pazifik-Region zur "Arena für den Wettbewerb zwischen den großen Mächten" ("Hinterhof") wird.

Geschichte Thailands: Erste Besiedlung und Kultur der Funan. Die Thai kommen wahrscheinlich von Norden (von China vertrieben?). Sie kommen aus den Regionen Guangxi und Guangdong. 9. bis 13. Jh. besetzt vom Kmer-Reich von Angkor. Das Reich von Sakkothai (1238-1430). 1351 bis 1767 Reich von Ayutthaya (U Thong, Sohn eines chinesischen Kaufmanns und einer Thai-Fürstentochter) 1782. Nach der Vertreibung der zuvor siegreichen Burmesen, die 1767 der Thai-Hauptstadt Ayutthaya erobert hatten, begründet General Phraya Chakri (als König Rama I.) das dritte Thai-Reich mit der neuen Hauptstadt Bangkok. Chakri-Dynastie 1782 bis heute.

Kultur Thailands: Thailands Nationalhymne zwingt die Menschen in der Hauptstadt Bangkok täglich zum Pausieren. Zweimal am Tag schallt das Stück im Viertelvierteltakt und fordert zum Strammstehen auf. Der Komponist hat deutsche Wurzeln und soll von einer Straßenbahn inspiriert worden sein. Peter Veit (1883-1968) war sein Name. Er hatte einen deutschen Vater.

Umwelt, Naturkatastrophen: Das Land wird immer wieder von großen Naturkatastrophen getroffen (vor allem Tsunamis). Anfang 2020 macht die Regierung einen Aufruf, das Duschen und Zähneputzen um je eine Minute zu verkürzen. Wasser wird knapp im Land. Am 10.10.20 gibt es ein großes Busunglück mit vielen Toten. Der Bus wird von einem Zug getroffen.

Gesundheit: Die Corona-Krise führt auch in Thailand zum Ausnahmezustand. Der soll bis Ende April andauern. Die Mönche des Buddhismus beten weiter. Sie schützen sich aber mit Gesichtsschildern und Masken. Pali ist die Sakralsprache des Buddhismus. Thailand fährt dann eine Politik der Null-Prozent-Infektionen. Die Grenzen bleiben geschlossen und werden in absehbarer Zeit nicht geöffnet. Der Preis dafür ist hoch. Der Tourismus kommt zum Erliegen. Seit Ende März 2020 durften nur wenige Ausländer einreisen und müssen nach der Ankunft für 14 Tage in überwachte Quarantäne. Man hatte bis Oktober 2020 nur 59 Tote und kaum Kranke. Mit 6 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner (Januar bis November 2020) hatte Thailand weltweit den besten Wert.

Exkurs. Cannabis: Thailand hat Cannabis im Juni 2022 legalisiert. Dabei gab es vorher drakonische Strafen. Inzwischen ist das Land das Mekka für Marihuana-Fans. Es fehlt aber noch ein finales Gesetz. Es gibt einen Leitfaden für Touristen. Man kann Marihuana an jeder Ecke kaufen, sie ist verfügbar wie Gemüse. . Die Droge ist ein Wirtschaftsfaktor geworden. 1 Mrd. € könnte der jährliche Umsatz im thailändischen Cannabismarkt 2025 betragen. Man feiert jährlich ausgiebig in Bangkok den Weltcannabistag.

Vipassana: Auf klassischem Yoga aufbauende buddhistische Achtsamkeitsmeditation, außerdem verbreitet in Myanmar. Ziel ist die Befreiung von allen Hemmnissen und Einsicht in die wahre Natur der Realität. Techniken sind Sitzmeditation mit Atembeobachtung und Entfaltung von liebevoller Güte ("metta"), Mitgefühl ("karuna"), Mitfreude ("mudita") und Gleichmut ("upekkha").

Tourismus: Top-Attraktionen sind einmal River Kwai (Krieg von Japan in Südostasien). Es ist eine Brücke im westlichen Zentralthailand, wo 1956 der Monumentalstreifen "Die Brücke am Kwai" entstand, der zum Welterfolg mit sieben Oskars wurde. Zum Zweiten Sukhothai. Es ist die Wiege des Landes. 1228 verbündeten sich einige Thai-Fürsten gegen die Khmer und machten Sukhothai zur Hauptstadt ihres eigenen Königreichs Siam. Es ist heute Unesco - Weltkulturerbe. 200 Tempelruinen gehören dazu. Am bekanntesten ist der Königstempel Wat Mahathat. Bekant ist auch Wat Sri Chum mit dem Riesenbuddha. hinzu kommt Wat Traimit. Hier steht der wohl größte Goldgegenstand der Welt: Eine Buddha-Statue. Sie ist mehr als 3 Meter och und rund 5,5 Tonen schwer. Der Körper besteht zu 40 bis 80% aus Gold, das Gesicht sogar vollständig.  Im März 2021 werden es schon 12 Monate seit die Grenzen geschlossen sind. Urlauber werden weitgehend ausgeschlossen. Der Massentourismus erlebt eine beispiellose Krise. Die Wirtschaft beginnt zu meutern. Im Herbst 2021 öffnet sich Thailand wieder für die Touristen. Für die Insel Phuket gibt es ein Modellprojekt namens Sandbox (sieben Nächte in einem zertifizierten Hotel).

Beziehung zu Russland: 2023 wandern viele Russen nach Thailand aus. Die Regierung in Thailand scheint dies zu fördern. Es sind hauptsächlich wohlhabende Russen, die kommen. Sie bauen sich eine neue Existenz in Thailand auf.

Gastarbeiter aus Thailand: Viele Thailänder arbeiten im Ausland. Sie leben dann vorübergehend in Japan, Korea, in arabischen Ländern oder Israel. In Israel brechen traditionell viele Frauen und Männer Richtung Israel auf, um als Vertragsarbeiter auf den Feldern zu arbeiten.

32 Menschen aus Thailand wurden beim Überfall am 7. Oktober zu Geiseln. Sie wurden von der Hamas nach Gaza in Tunnel verschleppt (sie gehörten zu den 200 verschleppten Geiseln, 1200 Menschen wurden ermordet). Sie werden nach zwei Monaten wieder freigelassen und können nach Thailand zurückkehren. Die meisten haben in einer Kartoffelfabrik in Mivtahim nahe dem Gaza-Streifen gearbeitet. Sie sind in einen Konflikt geraten, den sie nicht verstehen (sie wussten nicht, wer Hamas war). Einige sind auch umgekommen. Die Gefangenen berichten über kalte Unterkünfte ohne Matratzen, über nur eine Malzeit pro Tag und auch über Misshandlungen. Vgl. Hölzl, Verena/ Stöhr, Maria: Im Tunnel der Hamas, in: Der Spiegel 50/ 9.12.23, S. 92f.

Thailand und Deutschland: Am 25.01.24 besuchen Bundespräsident Steinmeier und Bundesarbeitsminister Heil Thailand. Sie schließen mit dem Land ein Arbeitskräfteabkommen. Man will Facharbeiter aus Thailand, insbesondere Pflegekräfte, anwerben.

 

"Bambus ist leicht zu biegen", Vietnamesisches Sprichwort. Diese Eigenschaft von Bambus macht man sich von Nutzen: Trinkhalme, Hüte, Textilien, Baumaterialien, Möbel, Werkzeuge u. a. werden daraus produziert. Vietnam wird auch als Bambusstange mit zwei Reisenden bezeichnet (Süden Mekong, Norden Golf von Tonkin). Vietnam ist ein Land auf dem Sprung in die Zukunft. Die Bevölkerung ist jung und sehr fleißig. In den Großstädten Saigon und Hanoi sieht man schon das moderne Leben. Vietnam erstreckt sich über 1700 km von Nord nach Süd. Mehrmals täglich durchquert der Fernzug die Altstadt von Hanoi durch die schmale Train Street. Berühmt ist auch die alte von Franzosen gebaute Brücke. Sie gilt als Wahrzeichen für die Ausdauer des Landes (sie wurde im Vietnam-Krieg x-mal beschädigt und wieder repariert).

Ho Chi Minh-Mausoleum in Hanoi, Vietnam. Das Foto ist morgens um 6 Uhr 2019 gemacht. Um diese Zeit findet täglich ein Wachwechsel und ein Fahnenhissen statt. Das Gelände ist abgesperrt. Man kommt später nur nach Körper- und Gepäckkontrolle dahin. Ho Chi Minh (der nach Erleuchtung strebende, wie er sich später nannte; Onkel Ho genannt; es gibt auch die Legende, dass das Original von den Chinesen ersetzt wurde) hat als Symbolfigur das Land durch zwei Unabhängigkeitskriege geführt. Einen gegen die französische Kolonialmacht und einen gegen die USA. Er hat dem Land die Unabhängigkeit und die Vereinigung gebracht (siehe unten). Schon Ho selbst war sehr pragmatisch; er stülpte den Kommunismus als Ideologie auf, weil er die Erfolge in Russland und China gesehen hatte, Von seiner Bildung und seinem Leben her war war er eher französisch geprägt (sehr kritisch gegenüber China wie viele seiner Landsleute auch).

Vietnam:

Bevölkerung: 98 Mio. Einwohner 2022. 96 Mio. Einwohner (2020). Bevölkerungsdichte 302 Einwohner/Quadratkilometer (Vietnam ist etwas kleiner als Deutschland). Bevölkerungswachstum 1%. Verteilung Stadt/ Land: 30%/ 70%.  Man darf nur zwei Kinder haben. Mehr ginge allein schon aus Kostengründen nicht. Bildung muss zum geringen Teil privat bezahlt werden (Eliteschulen). Ab 18 Jahren besteht für Männer eine zweijährige Wehrpflicht. Man bekommt Zertifikate, die man im Beruf einsetzen kann. Hauptstadt Hanoi. 2019 sind fast zwei Drittel der Bevölkerung jünger als 35 Jahre. Analphabetenrate: Frauen 8%, Männer 4%. Eine Million Menschen verlassen jedes Jahr Schule und Uni, um einen Job zu suchen. Die Geburtenrate sank schon stark ohne Geburtenkontrolle von 1981=4,9 auf 2013=1,7. Volksgruppen sind Viet, Cham, Chinesen, Thai und Khmer. Viele junge Menschen verlassen das Land, um im Ausland, auch in Deutschland, Ausbildung und Job zu finden. Sie werden dabei teilweise von der Regierung unterstützt (auch mit der Verpflichtung zu Gegenleistungen: Spionage bei Regimegegnern, Devisenabführung). Es gibt auch Austauschprogramme zwischen Vietnam und Deutschland, z. B. bei Krankenschwestern und Pflegekräften. In Vietnam leben 54 ethnische Gruppen.

Menschenschmuggel: Vietnamesische Schleuser - Banden betreiben das Geschäftsmodell, Vietnamesinnen und Vietnamesen in die EU (Ungarn, Slowakei, Deutschland) zu schmuggeln. In Deutschland liegt das Zentrum in Berlin. Vor allem Frauen werden geschmuggelt, die dann systematisch ausgebeutet werden. Auch Drogen werden gehandelt. Es gibt auch unklare Situationen: Rund 500 vietnamesische Arbeiter bauen 2021 in Serbien die erste chinesische Reifenfabrik in Europa. Aktivisten sprechen von Sklavenarbeit. Wahrscheinlich setzt China wegen Corona keine eigenen Arbeiter ein.

Gesundheit: Über die Gesundheitssituation in Vietnam kommt sehr wenig an die Öffentlichkeit. In der Anbetracht der großen Touristenströme aus China (vor allem in die Halong - Bucht) und der hohen Zahl an Fremdarbeitern aus China wird das Land auch stark von der Corona-Krise betroffen sein. Informationen darüber werden zuerst nicht öffentlich. Man erfährt so gut wie nichts über die Situation im Land. Am 01.04.20 wird dann die "soziale Gefangenschaft" verkündet, was auf eine stärkere Betroffenheit hindeutet. Ende Februar wurde 17 Infektionsfälle bekannt gegeben, Ende März werden schon 43.000 Fälle öffentlich (200 Tote). Insgesamt ist Vietnam aber nicht so stark betroffen. Das ändert sich im Mai 2021. Da taucht eine neue Variante auf: eine Mischung zwischen indischer und britischer. Die Fallzahlen steigen wieder stark. Der Gesundheitsminister Nguyen Thanh Long äußert sich sehr besorgt. Bis Mitte Mai gab es nur 6396 offizielle Corona-Fälle, 47 Menschen starben.

Wirtschaft: Seit 1986 Sozialistische Marktwirtschaft (sechster Parteitag, Doi Moi). Es wurde damit eine große Wirtschaftsreform durchgeführt. Es gibt nur Volkseigentum, für das Nutzungsrechte verteilt werden. Seitdem jährliches Wirtschaftswachstum von 7 - 8%. BIP 2017 223,9 Mrd.  US-$. BIP pro Kopf 6400 USD. Währung Dong. Das Land hatte 2013 ein Wachstum von 5,3%  (2007 8,3%; 2006 8,2%). 2018 beträgt das Wirtschaftswachstum 6,8%. Seit 2014 steig das BIP um mindestens 6% jährlich (nur Indien mehr Wachstum in Asien). Sogar 2020 wird noch ein Wachstum von 6,0 bis 6,8% erwartet, trotz der Pandemie. Ursache ist der boomende Export in die USA, Japan und die EU. Das Land ist ein großer Gewinner im Welthandelsstreit. Die Arbeitslosenquote liegt 2018 bei 2,2%. Der Ho-Chi-Minh-Stock-Index ist 2007 um 250% gestiegen. 2008 befindet sich der Kurs im freien Fall und halbiert sich (Währungskrise durch Inflation). Eine Wirtschaftskrise erschüttert das Land. Goldimporte werden Mitte 2008 verboten. Ab Januar 2007 ist das Land das 150. Mitglied der WTO. Das BIP pro Kopf betrug 2007 513€, (2013 4001) die Inflationsrate 7,3% (2013 7,4%), die ALQ 5,1%. Die Währung heißt Dong. Wie kaum ein zweites Land investiert Vietnam in die Vorsorge gegen Naturkatastrophen.  Im Herbst 2014 lockern die USA ihr Embargo gegen Vietnam. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf stieg von 130 Dollar 1990 auf 1890 Dollar 2014.  Im August 2015 schließt die EU ein Handelsabkommen mit Vietnam. Zölle und andere Handelsbarrieren sollen abgebaut werden. Das Abkommen soll Ende 2017 in Kraft treten. Es gibt einige Kooperationen mit Japan. Die größte ist der Metro-Bau in Saigon.  In Vietnams Ho-Chi-Minh-Stadt herrschen chaotische Verkehrsverhältnisse. Auch auf den Gehwegen herrscht das Gesetz der Straße. Es gibt in der Stadt alleine 7,5 Mio. Mopeds. 

Die Beschäftigtenstruktur sieht offiziell wie folgt aus: Industrie und Handwerk 21%, Landwirtschaft und Fischerei 48%, Dienstleistungen 31%. Allerdings haben nur wenige Menschen einen festen Arbeitsplatz (15%?, wahrscheinlich aber mehr). Die meisten Menschen sind selbständig in einer Art Schattenwirtschaft. 75% der Menschen leben 2020 noch von der Landwirtschaft.

Probleme: Es gibt auch Menschenhandel aus Vietnam heraus. Er wird von Schleusern (mafiöse Strukturen) organisiert, meist über Osteuropa. Zielländer sind häufig Deutschland und Großbritannien. Am 03.03.20 macht die Bundespolizei eine große Razzia in vielen deutschen Städten. Es wird auch von Landraub in Vietnam berichtet. Dieser soll staatlich organisiert und brutal umgesetzt werden. Aus unserer Sicht fehlen oft die Hintergrundinformationen. Es gibt eigentlich nur Volkseigentum in Vietnam. Also gibt es eine Grauzone bei den Verfügungsrechten.

Unternehmen: Aktienindex ist der FTSE-Vietnam-Index. Die größten Positionen haben der Nahrungsmittelmulti Vietnam Dairy Products, der Mischkonzern Vingroup und der Hausbaukonzern Vinhomes. Der weltgrößte Handyhersteller Samsung fertigt bereits 2020 rund die Hälfte seiner Geräte in Vietnam. Apple verlegte die AirPod-Produktion nach Vietnam. Ein Drittel der Gesamtproduktion der Luxus-Kopfhörer soll dort stattfinden. Ende 2019 wird über die BMW-Filiale in Vietnam das BMW-Netzwerk geknackt und Wirtschaftsspionage betrieben (für einen Auftraggeber in einem anderen Land; BMW forscht an allen Antriebstechnologien). Siemens erhält den Zuschlag für den Bau einer U-Bahn (Dank für deutsche Entwicklungshilfe). Große Zulieferer der Sportartikelfirmen produzieren in Vietnam (z. B. Schuhe für Nike). Es wird zum Top - Investitionsstandort internationaler Einzelhandelskonzerne. Das Land hat 45 Flughäfen.

Aktienmarkt und Börse: VN Index Ho Chi Minh City. Er verliert allein 22 über -20%. Der engere HNX-Index büßte 41% ein.  2022 lässt auch der Markt am Mekong insgesamt Federn (FTSE). Nach dem Beginn des  Ukraine-Kriegs 2022 geht es nach unten.

Politik: Das Land hat 58 Provinzen und 5 Stadtverwaltungen. die Nationalversammlung hat 500 Sitze und wählt den 17-köpfigen Staatsrat. In der Sozialistischen Republik Vietnam ist die Kommunistische Partei als einzige Kraft zugelassen. Sie wählt alle fünf Jahre auf dem Volkskongress Zentralkomitee und Politbüro. Das System entspricht der Struktur nach dem in China. Am 10.11.17 besucht Trump das Land. Er spricht in Da Nang, wo die ersten US-Soldaten im Vietnam-Krieg landeten. Trump nimmt dort am APEC-Gipfel teil. Am 26./27.02.2019 treffen sich Trump und Kim, Staatschef von Nordkorea, (wieder mit dem gepanzerten Sonderzug angereist) in Hanoi. Trump bricht dann relativ schell die Gespräche abrupt ab. Im Mai 2014 kommt es zu gewaltsamen Protesten gegen China. China hat innerhalb der 200-Meilen-Zone illegal eine Bohrinsel errichtet. Vietnam entführt im Juli 2017 einen Geschäftsmann aus Berlin nach Vietnam (Regimegegner, aber reichlich korrupt). Es kriselt zwischen beiden Ländern. Es kommt immer wieder zu diplomatischen Verstimmungen, weil Regimegegner in Deutschland ausspioniert und eingeschüchtert werden (z. B. ehemalige Boatpeople). Reiche Vietnamesen investieren mittlerweile stark in Deutschland (Dienstleistungen, Gastronomie, Immobilien), um sich für den Notfall abzusichern. Soziale Medien wie Facebook und Instagram werden seit 2015 immer wieder blockiert.  Human Rights mahnt immer wieder an, dass Umweltaktivisten systematisch eingeschüchtert werden. Es gibt im Land einen Zielkonflikt zwischen Umwelt und Arbeit (insbesondere im Tourismus). Im Januar 2023 stürzt der Präsident. Nguyen Xuan Phue reicht seinen Rücktritt ein. Er wird von der KP (Zentralkomitee) für "Verstöße und Fehler" von Regierungsmitgliedern verantwortlich gemacht. Insider verweisen auf die Anti-Korruptionskampagne von KPV-Generalsekretär Nguyen Phu Trong (78 Jahre alt).

Hanoi das nächste Peking?: Vietnams Parteispitze folgt 2023 Chinas Beispiel. Sie säubert die Regierung. Investoren werden verunsichert. Der Wirtschaftsstandort ist interessant, aber undemokratisch. Präsident Steinmeier sagt seine Reise ab. Vgl. Hein, Christoph: Hanoi, das nächste Peking? in: FAZ 15.2.23, S. 16.

Alte Kaiserstadt Hue, Zitadelle. Hue war seit 1009 Kaiserstadt. Die Zitadelle wurde 1802 unter Kaiser Gia Long gebaut. Sie wurde nach dem Vorbild der Verbotenen Stadt in Peking angelegt. Die Hauptstadt wurde 968 ursprünglich in Hoa Lu in der Trockenen Ha Long-Bucht gegründet (Reste sind noch heute zu sehen). So sollte eine optimale Verteidigung gegen China möglich sein. Teile des Kaiserplastes in Hue wurden von den USA im Vietnam-Krieg bewusst zerstört. Heute ist es Weltkulturerbe der UNESCO (seit 1999).

Geschichte: 7. - 3. Jh. v. Chr. Bronzezeit und das Reich Van Lang der legendären Hung -Könige. 3 Jh. v. Chr. Es entsteht der erste historisch nachweisbare Staatenverbund Au Lac. Hauptstadt ist Co Loa.  111 v. Chr. Beginn der tausendjährigen Herrschaft Chinas. 931/938 Sieg über China, Unabhängigkeit. Durch General Ngo Quyen mit der Entscheidungsschlacht auf dem Bach-Dang-Fluss. Als er 944 stirbt, brechen Streitigkeiten zwischen Generälen und Fürsten aus. Dinh Bo Linh ruft sich 968 zum König aus und gründet das Reich "Dai Co Viet" und verlegt die Hauptstadt nach Hoa Lu. 1009 gründet Ly Thai To die erste stabile Dynastie und verlegt die Hauptstadt nach Thang Long (Hanoi). 1009 -1225 Ly - Dynastie führt Beamtenwesen ein. 10. Jh. Konfuzianismus wird Staatsphilosophie. Es ist der Beginn des ersten vietnamesischen Reiches "Dai Viet" (seit 1804 Viet Nam genannt). Es ist das einzige in Südostasien, das nie indischem Kultureinfluss unterliegt, immer auf China ausgerichtet bleibt. Im 16. Jh. teilen  Trinh und Nguyen das Land unter sich auf. 1862/1863 Beginn der französischen Kolonialherrschaft. 1939 - 1945 Japan besetzt Vietnam. 1946 - 1954 Erster Indochinakrieg. 1954 Auf der Indochinakonferenz in Genf Teilung des Landes. 1964 - 1975 Zweiter Indochinakrieg. 1975 Einmarsch der Nordvietnamesen in Saigon und Machtübernahme im ganzen Land. 1976 Gründung der Sozialistischen Republik Vietnam. 1979 Straffeldzug Chinas, schwere Wirtschaftskrise. 2007 Vietnam wird Mitglied der WTO.

Vietnamkrieg ("Die Grüne Hölle"): Es gab schon länger Vorbereitungen in den USA. Man befürchtete nach der Dominotheorie kommunistische Umstürze in der Region. Auslöser des Krieges war ein Vorfall im Golf von Tonkin (US-Zerstörer "Maddox" wurde angegriffen). Mit modernsten Waffen wollte man die kommunistischen Soldaten aus dem Süden vertreiben und den Norden besiegen. Doch der Vietkong kämpfte mit Guerillataktik (z. B. "Tigerfallen"). Legendär war der Tunnel von Cu Chi (siehe oben). Die Vietkong legten den Ho-Chi-Minh-Pfad an, ein 16.000 km langes verzweigtes Wegenetz von Nord nach Süd. Die Tet - Offensive war zwar eine militärische Niederlage für den Norden, aber durch die Bilder im Fernsehen des Westens doch ein Sieg. Die Berichterstattung stärkte die Antikriegsbewegung im Westen. Trotzdem zog sich das Ende des Krieges lange hin mit einer Niederlage der USA. Der Krieg hatte große Bedeutung für die Welt (wirtschaftlich: neues Währungssystem, kulturell: Asien war im Mittelpunkt, politisch: die USA erlitten einen großen Dämpfer und die erste Niederlage; China erzielte einen ersten Erfolg im globalen Machtkampf mit den USA ). Das deutsche Sanitätsschiff Helgoland vom Roten Kreuz lag im Vietnamkrieg vor Saigon und half vielen Menschen. Im Vietnamkrieg wurde auch Hanoi von den USA bombardiert. Berühmt sind die Berichte von der Sängerin Joan Baez, die tagelang in einem Luftschutzkeller verbringt. Sie singt dort auch ihre Hymne "We shall overcome". 1973 wurde ein Friedensvertrag zwischen den USA und Vietnam geschlossen. Als Personen besiegelten Le Duc Tho für Vietnam und Henry Kissinger für die USA den Vertrag. Viele sagen, der Vertrag hätte Jahre früher kommen können, um viele Menschenleben zu retten. Trotzdem erhält Kissinger den Friedensnobelpreis. Kissinger wurde 1923 in Fürth/ Franken geboren. Als Jude musste er 1939 mit seiner Familie in die USA fliehen. Er sprach fließend Deutsch und war Anhänger des Fußballvereins Greuther Fürth.

Die Boat People aus Vietnam: Menschen aus dem Süden flohen am Ende des Krieges aus dem Land. Es begann 1978 mit dem Schiff Hai Hong, auf dem sich etwa 2000 Flüchtlinge drängten (1000 wurden nach Niedersachsen aufgenommen). Das deutsche Schiff Cap Anamur nahm ab 1979 Flüchtlinge auf, die auch nach Deutschland gebracht wurden. Insgesamt wurden ca. 15.000 Vietnamesen eingebürgert. Die DDR holte ab 1980 Vietnamesen ins Land als "Vertragsarbeiter". Es gab eine zeitliche Begrenzung (ca. 70.000). Nach der Vereinigung waren 1993 noch ca. 17.000 registriert..

Religion und Kultur: Alle Weltreligionen haben in dem Land Spuren hinterlassen, was auch mit der Lage zwischen Süd- und Ostasien zusammenhängt. In Vietnam herrscht eine große Vielfalt an religiösen Strömungen. Das hat zu einer relativ großen religiösen Toleranz geführt.  Da ist der Daoismus, eine Naturphilosophie von Laotse in China, bei dem die Ahnenverehrung eine große Rolle spielt. Auch der Konfuzianismus, in dem jeder an seinem Platz gesehen wird, kommt aus China und wird noch heute als Tugendlehre beachtet. Er ist mehr Gesellschafts- und Staatslehre als Religion. Am stärksten ist der Buddhismus verbreitet, wie in den Nachbarstaaten Laos und Kambodscha. Stärker als in diesen beiden Ländern kommt das Christentum vor, was mit den europäischen Kolonialländern (Frankreich, Portugal) zusammenhängt. In erster Linie ist es der Katholizismus, der seit dem Sieg der Kommunisten bestimmten Beschränkungen unterliegt. Das hängt damit zusammen, dass während der französischen Kolonialzeit, reiche Katholiken die Machtelite in Süd - Vietnam bildeten.  Etwa ein Prozent der Bevölkerung sind Muslime und es gibt zusätzlich noch einige Sekten (Cao Dai, Hoa-Hao). Der Caodaoismus nimmt Elemente aus allen Religionen, insofern ist er mehr Kompromiss und Pragmatismus  (was der Toleranz zwischen den Religionen entspricht) als Sekte.2023 gibt es einen Buddha-Boom im Land und ganz Südostasien. Es gibt immer neue Rekorde bei Tempeln und Pagoden.  Es geht ums Geld. Es ist der kapitalistische Umgang mit der Religion. Im Zentrum steht das Karma: "Gutes tun, damit uns später Gutes widerfährt". Nach Vietnam gelangte der Buddhismus etwa im 2. Jahrhundert n. Chr. über China. Buddhisten sind heute die größte religiöse Gruppe im Land. Hier gilt der Mahayana - Buddhismus (chinesisch-japanische Prägung).

Exkurs: Thich Nhat Hanh. Er war im 20. Jahrhundert einer der wichtigsten und berühmtesten Vertreter des Buddhismus in der Welt. Er wurde Zen-Meister genannt und stand für die Ausbreitung des Achtsamkeits-Konzeptes in der Welt. 1968 war er für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen. Im Januar 2022 stirbt er mit 95 Jahren im Tu Hien - Tempel in der alten Kaiserstadt Hue/ Vietnam, wo er friedlich einschläft. Im Vietnam-Krieg 1966 hatte er fliehen müssen. Er baute dann Klöster im Westen auf. Europa-Zentrale war und ist EIAB in Waldbröl bei Köln/ Bergisches Land. Dorthin kamen und kommen Besucher aus 35 europäischen Ländern. 30 seiner 100 Werke sind auf Deutsch erschienen. Er betrieb auch das Meditationszentrum "Plum Village" auf Twitter. Nach dem Dalai Lama war er wohl der bekannteste Buddhist der Welt.  "Die Welt muss nicht sterben, um zu Wasser zu werden, sie ist bereits Wasser", war sein berühmtester Spruch.

Als größtes kulturelles Denkmal gilt die alte Kaiserstadt Hue (Weltkulturerbe der UNESCO). Der Palast befindet sich in einem abgeschlossenen Bereich innerhalb der Zitadelle Hues. Bei der Musik gibt es höfische und religiöse Musik, aber auch Unterhaltungsmusik. Es gibt auch besondere Instrumente (Sapekenklapper, Monochord). Beim Kunsthandwerk gibt es starke Einflüsse aus China (Lackarbeiten, Seidenmalerei, Keramik und Porzellan). Bei den Bergvölkern des Nordens gibt es starke Einflüsse der jeweiligen Herkunftsländer (Thailand, Laos). Vietnam hat als einziges asiatisches Land das lateinische Alphabet. Die Missionare lehrten die lateinische Schrift, weil die Menschen als Analphabeten die Symbolschriftzeichen nicht beherrschten. Die Kinder gehen drei Jahre in den Kindergarten. Ab 6 Jahre ist die Grundschule Pflicht. Bildung wird in konfuzianischer Tradition groß geschrieben. 2023 wird der Film "Barbie" in Vietnam verboten. Barbies Welt ist pink, doch Vietnam sieht rot. Eine gezeigte Karte enthält chinesische Ansprüche. Aus dem gleichen Grund wird der Film in Malaysia und den Philippinen gestoppt. Vgl. Neue Züricher Zeitung 12.7.23, S. 5.

Umwelt und Energie: Vietnam wird mit einer Tragestange verglichen, an der zwei Körbe hängen: Der schmale Küstenstreifen entspricht der gebogenen Stange. Dei beiden Ebenen - das knapp 15.000 Quadratkilometer große Rote - Fluss-Delta und das 40.000 Quadratkilometer große Mekong-Delta stellen die Körbe dar. Höchste Erhebung ist der 3143 m hohe Fan Si Pan. Noch im frühen 20.Jh. war Vietnam zu mehr als zwei Drittel von Wald bedeckt. Brandrodung, Abholzung und die großen Entlaubungsaktionen während des Vietnamkrieges haben den Wald auf weniger als ein Fünftel der Gesamtfläche reduziert. Bei einem schweren Tropensturm im Süden des Landes im November 2017 kommen fast 30 Menschen ums Leben. Im Mekong-Delta zeigen sich schon Vorboten des Klimawandels (weniger Regen). Durch den Bau von Staudämmen und weitere Umleitungen durch China in Tibet, wo der Mekong entspringt,  hat der Fluss bedeutend weniger Wasser, was große Auswirkungen auf die Landwirtschaft hat (Zentrum des Reisanbaus, vier Ernten pro Jahr möglich). Der Wolkenpass ist die Wetterscheide in Vietnam. Unterhalb herrscht tropisches Klima, oberhalb subtropisches. Im Juli 2014 zieht China seine umstrittene Bohrplattform vor Vietnam ab. Vietnam hat 33 Nationalparks. Der älteste ist Cuc Puong. In den Nationalparks leben besonders viele Primaten, darunter aussterbende Arten. Berühmt ist auch der Kon Ka Vinh - Nationalpark. Es liegt an der Grenze zu Laos. Es ist ein Regenwaldgebiet (mit seltenen Pflanzenarten, Orchideen). Vietnam wird immer wieder von Naturkatastrophen heimgesucht, zuletzt im Oktober 2020 mit vielen Toten.

Das Land hat zwei Wasserkraftwerke, Kohlekraftwerke (als Rohstoff im Land), Solarenenergie. Der Bau eines Atomkraftwerks, der 2008 mit russischer Hilfe begonnen wurde, ist gestoppt. Wasser wird als "blaues Gold bezeichnet". Es gibt Wasserförderanlagen mit Turbinen (Wasserkraftpumpen) bei Dongvan ganz im Norden. Das ist ein Karstgebiet. Auch im Norden an der Grenze zu China gibt es viel Kalkstein. Ein Drei-Länder-Projekt von Deutschland, Belgien und Vietnam sucht nach Wasser.

Vietnam ist hinter der VR China der zweitgrößte Schuhexporteur (12 Mrd. US-$). Beliebt ist das Lands im höheren Preissegment (Sportschuhe). Die Konkurrenz durch andere Niedriglohnländer wie Indonesien und Indien steigt. Der Lohndruck ist hoch. Die personalisierte und computergesteuerte Einzelfabrikation von Schuhen wieder in den Heimatländern könnte die Arbeitsplätze gefährden. Noch gibt es ein hohes Ausmaß an Billiglohnproduktion insgesamt. Auch weitere in ausländischen Direktinvestitionen hergestellte Produkte sind nur für den Export bestimmt  (Elektronikartikel: Samsung, Canon, Siemens Autos: Hyundai, Honda). Ausnahme sind Motorräder und Mopeds (Yamaha, Honda).  Eine zunehmend wichtige Einnahmequelle ist der Tourismus. Gerade die Küsten sind im Kommen. Ein Geheimtipp ist die Lan-Ha-Bucht im Norden Vietnams. Bootsfahrten durch die Bucht starten auf der Insel Cat Ba. Diese hat auch einen Nationalpark.

Kaffeeexporte. Der Klimawandel setzt den Kaffeebauern in Vietnam zu. Er verändert sowohl die Qualität als auch die Menge. Auf die Regenzeit ist kein Verlass mehr. Allerdings ist die dort gepflanzte Robusta - Sorte widerstandsfähiger als die Arabica -Sträucher.  17% der nach Deutschland importierten Bohnen kamen 2022 aus Vietnam. Quelle: Statistisches Bundesamt/ Wiesbaden. Der Kaffeeanbau in Vietnam war in dem ausmaß nicht traditionell. Er wurde erst später von der Regierung strategisch geplant.

Außenhandel insgesamt: wichtigste Exportgüter sind Rohöl, Textilien, Schuhe, Elektroteile und Meeresfrüchte, neuerdings auch Kaffee (hier zweitgrößter Exporteur nach Brasilien). Hinzu kommen Gold, Platinum und Edelsteine. Trotzdem hat das Land ein deutliches Außenhandelsdefizit (Bedarf an Konsumgütern). Wichtigste Handelspartner (Import) sind China, Taiwan, Singapur. Vietnam schließt fleißig Freihandelsabkommen ab. Am meisten hat das Land profitiert von einem Freihandelsabkommen mit den USA zu Obamas Zeiten. Das Land zieht auch großen Nutzen von den Handelstreitigkeiten der USA mit China und der EU. Immer mehr Firmen verlagern ihre Produktion aus China nach Vietnam, um Strafzölle zu vermeiden (Schaeffler: neues Werk in Bien Hoa; Apple; Sharp).  Bei Investitionen legt man großen Wert auf die Verbindung zu Forschung und auf Nachhaltigkeit. Vietnamesen sind gut ausgebildet, verdienen aber weniger als Chinesen. Die deutschen Exporte und Importe in das Land steigen stark an: 2018: Exporte in Höhe von 4,1 Milliarden Euro. Importe in Höhe von 9,8 Milliarden Euro. "Wir wünschen uns Projekte in Verbindung mit Forschung, bessere, nachhaltige Investitionen", Nguyen Chi Dung, vietnamesischer Minister für Planung und Investitionen 2019.

Deutschland und Vietnam: Weil die Abhängigkeit Deutschlands von China als zu hoch angesehen wird, wird Vietnam zu einer wichtigen Alternative in Asien. Am 13.11.22 besucht Bundeskanzler Scholz vor dem G20-Gipfel in Bali das Land. Er fordert eine klare Positionierung im Ukraine-Krieg. Vietnam steht eher auf der Seite Russlands. Er unterstützt das Land bei seinen Ansprüchen auf Meeresgebiete (Streit mit China).

Exkurs. Vereinbarung über Arbeitskräfte 2024: Am 23.01.24 besucht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Land. Er trifft Präsident Vo Van Thuong in Hanoi. Man unterzeichnet eine Vereinbarung. Sie besiegelt ein Kooperation bei Arbeitskräften/ Fachkräften. Arbeitsminister Heil ist auch dabei. Bürokratische Hürden auf dem deutschen Arbeitsmarkt sollen abgebaut werden und es soll faire Arbeitsbedingungen geben. 

Deutsch-Vietnamesische Handelskammer: In Ho-Chi-Minh-Stadt. Chef 2022 ist Marco Walde.

Handelsabkommen mit der EU und den USA, auch in Asien : Im Juni 2019 schließen die EU und Vietnam ein Freihandelsabkommen (EVFTA). 99 Prozent aller Zölle sollen abgebaut werden. Etwa zwei Drittel aller Waren werden von Zöllen befreit. Kinderarbeit wird verboten. Geistiges Eigentum wird geschützt. 2020 soll der Handelspakt RCEP fertig sein, der neben Vietnam auch China einschließt. Vietnam ist auch der transpazifischen Freihandelszone beigetreten (mit USA), was zur Abschaffung von bis zu 95% der bisherigen Zollbeschränkungen führen könnte. Ab 2020 ist Vietnam auch Mitglied der neuen Wirtschaftsintegration in Asien, der RCEP. Ihr gehören 15 Länder an.

Kooperation mit den USA: 2023 schließen Vietnam und die USA eine strategische Partnerschaft. Biden reist Anfang September 23 extra früher vom G20-Gipfel in Indien ab, um Vietnam zu besuchen.

Vietnam als neues China: Deutsche Unternehmen suchen in Asien zunehmend nach Alternativen zu China. Viele werden in Vietnam fündig. Mittelständler wenden sich von China ab: Engpässe in den Lieferketten, Null-Covid-Politik, Lebensbedingungen von Expats. einige Unternehmen denken über Verlagerungen statt. Vietnam bietet Zollvorteile dank des Transpazifischen Handelsabkommens mit den USA. Beispiele sind Brose, Kurz, Magnetec.

Konflikt und Kooperation mit China: Beide beanspruchen die Paracel-Inseln, die östlich von Vietnam und südlich von Hainan liegen. China kontrolliert die Inseln. Sie werden auch von Taiwan beansprucht. Die VR China spricht von einer "Neun-Strich-Linie", innerhalb derer das Land die Hoheit für sich sieht, um das Südchinesische Meer zu kontrollieren. Dazu gehören auch die Spratly-Inseln, die entweder von Vietnam oder China besetzt sind. Das Mischief Reef liegt aber auf in philippinischen Territorialgewässern. Immer mehr Unternehmen werden aus China nach Vietnam verlagert, weil die Produktionskosten günstiger sind (vor allem Lohnkosten). Das ist aber auch mit Ausbeutung von Menschen verbunden. China nutzt seinen großen Einfluss in Vietnam, um die Handelsbeschränkungen der USA (Zölle) zu unterlaufen.2021 nähert sich China wieder mehr. Man braucht jeden Verbündeten in der Strategie gegen die USA in Asien.  "Was mich angeht, ziehe ich es vor, fünf Jahre französischen Mist zu riechen, als den Rest meines Lebens chinesisch zu essen", Ho Chi Min, nordvietnamesischer Revolutionsführer im Vietnam-Krieg (das Misstrauen gegenüber China hat also Tradition).

"Mit jedem Tag des Lebens kommt ein Stück Weisheit hinzu", aus Vietnam.

 

Singapur:

Geschichte und Bevölkerung: Die Stadt begann als Fischerdorf. Dann wurde sie Sultanat. 1819 überlässt der Sultan von Jahore Singapur der britischen "East India Company". Später war sie Kronkolonie der Briten und wichtiger Handelsplatz. Der Name kommt aus dem Sanskrit und bedeutet "Löwenstadt". Der Stadtstaat ist der flächenmäßig kleinste Staat in Asien. 1819 gründen die Briten Singapur als rasch aufstrebende und bald wichtigste ihrer Straits Settlements. Einwohner 5,6 Mio. 2015 feiert das Land 50 Jahre Unabhängigkeit. Im Süden von Singapur auf der Insel Sentosa (Ruhe, Frieden) im Luxushotel "Capella" kommt das Treffen zwischen Trump und Kim tatsächlich zustande. Es gibt auch eine Vereinbarung. Berühmt ist die Verordnung gegen "Kaugummi-Vandalismus", die 2010 erneuert wird. Seit 1938 gibt es ein Gesetz, das homosexuelle Handlungen verbietet (2 Jahre Gefängnis). Das Gesetz wird immer noch angewandt und zeigt, wie konservativ das Land ist.   Einmalig ist Singapurs Sprachenmix Singlish. Es ist ein Mischmasch aus Englisch, Malay, Mandarin und Tamil. Es ist nicht mehr verpönt, sondern gehört zum Nationalstolz. Singapur ist von der Staatsform eine Diktatur. Berühmt sind die Gardens by the Bay, ein 1822 gegründeter Park am Hafen. Hermann Hesse war von diesem Park fasziniert, Er wohnte auch im Raffles, dem berühmten Hotel. Vgl. Hermann Hesse "Aus Indien", Fischer-Verlag 1913.  

Politik: Die Regierungspartei PAP regiert schon lange seit 1965. 2020 erreicht die neu gegründete PSP einen Achtungserfolg. Das Land ist eine Parlamentarische Republik offiziell. Faktisch ist es eher eine Diktatur. Die Meinungen unter Fachleuten gehen auseinander, wohin Singapur faktisch driftet. Man äußert Sympathie mit Putin und verhält sich neutral (Verständnis für Russland). Als neuen Regierungschef hat man Lawrence Wong im Auge.

Wirtschaft: Singapur gilt als Symbol des Aufstiegs Asiens im Rahmen der Globalisierung. BIP 2020 339,98 Mrd. US$ (-5,4% durch die Pandemie). BIP 2017 323,9 Mrd. US-$. Singapur ist eine wichtige Basis für westliche Unternehmen für die Betreuung für Direktinvestitionen. Umstritten ist die Beurteilung der Regierungsform: Diktatur. Singapur erhöht 2007 die Einkommen seiner Minister um 60% als Schutz vor Korruption. Die Wachstumsrate beträgt hier 7,9% (2006), 2010 14% nach einem Einbruch 2009 wegen der Krise (-2,1%). Hier leben 4,99 Mio. Einwohner. Wichtigste Branchen sind Finanzen und Versicherungen, Verarbeitendes Gewerbe und Handel. Ein Staatsfonds aus Singapur stützt Ende 2007 die UBS (9,8 Mrd. $) und Merrill Lynch (Temasek 4,4 Mrd. $). Erstmals seit 4 Jahren ist die stark exportabhängige Wirtschaft im letzten Quartal 2007 um über 3% geschrumpft. 2013 bestraft die Notenbank 20 Banken wegen Zinsmanipulation.  Level33 ist die höchstgelegene Mikrobrauerei der Welt. Von der Terrasse hat man einen gigantischen Ausblick über die Stadt.

Die Inflationsrate in Singapur trotzt ab 202 dem weltweiten Trend. sie liegt bei nur 2,3%. Für 2022 werden 3,5% erwartet.

Hafen von Singapur: Der Hafen von Singapur ist der zweitgrößte Container-Hafen der Welt. Er liegt hinter Shanghai/ China und vor Ningbo/ China.

Singapur als Stützpunkt westlicher Firmen: Viele Unternehmen bearbeiten Asien von Singapur aus. Der Staat ist zwar eine Diktatur, hat aber eine sehr erfolgreiche Wirtschaft. Auch die deutsche Firma Wirecard war dort. Ebenso Continental. Ab 2017 soll Siemens Singapur zur digitalen Modellstadt machen. 2020 soll kräftig investiert werden in LED -beleuchtete Gemüsefabriken und Fischfarmen in den seichten Gewässern vor der Nordküste. Siemens liefert  Sensoren und künstliche Intelligenz. Der Stadtstaat steht in Rankings zur Wettbewerbsfähigkeit immer ganz oben. Er gehört zu den reichsten Ländern der Welt und hat mit die höchsten Lebenshaltungskosten. Mit mehr als elf Millionen Touristen gehört Singapur zu den zehn meistbesuchten Städten des Globus. Star Alliance (Luftverkehrsbündnis) errichtet ab 2021 ein neues Zentrum in Singapur.

Singapur und Deutschland: Im November 2022 findet der Asien - Pazifik - Gipfel der deutschen Wirtschaft in Singapur statt. Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck kommen. Man will Singapur als Alternative zu China ausbauen (Abhängigkeit von China verringern). Man strebt ein Freihandelsabkommen mit Singapur an.

Deutsche Außenhandelskammer in Singapur: Sie ist für einige Länder in Asien zuständig.

Singapur als Hort der Reichen: In Scharen zieht es die Superreichen nach Singapur. Es locken niedrigere Zinsen und weniger Turbulenzen als in Hongkong. Singapur profitiert also von der Situation in Hongkong. Viele Vermögensverwalter lassen sich mittlerweile in Singapur nieder. Viele Familiy - Offices werden gegründet. Singapur konkurriert mit New York, London und Hongkong um die Rangfolge der Finanzmetropolen in der Welt.

Singapur als Zufluchtsparadies für Chinas Oberschicht: Chinas Oberschicht hat Angst vor der wachsenden Kontrolle durch Xi Jinping. Viele Reiche setzen sich deshalb nach Singapur ab (zumindest Zweitwohnsitz). Sie versuchen dort ihr Vermögen in Sicherheit zu bringen. Vor allem die Zahl der Family Offices ist rapide angewachsen (700 ende 2021). An singapur schätzt man das politische Klima und die Stabilität.  Vgl. Petring, Jörn: Im Paradies der Luxusflüchtlinge, in: WiWo 48/ 25.11.22, S. 34f.

Economic Development Board: Wirtschaftsförderungsbehörde Singapurs. Weltweit bekannt. Sie hat den Stadtstaat nach oben gebracht. Vor einem halben Jahrhundert war der Handelsposten von unterbezahlten Industriearbeitsplätzen bestimmt. Davor entluden chinesische Kulis die Sampans aus Sumatra.

Singapur als Konferenz-Standort: Im Juni 2022 findet die Shangri-La-Sicherheitskonferenz  in Singapur statt. Chinas Verteidigungsminister Wei Fenghe droht Taiwan: Im Taiwan-Konflikt würde notfalls militärische Gewalt eingesetzt.

Gesundheit und Bildung: Singapur hat ein hervorragendes Gesundheitssystem. Das bewährt sich im März 2020 in der Corona-Krise. Notfallpläne waren in der Schublade, weil man in der Vergangenheit schon von Corona (Sars, Mers) betroffen war. So gab es eine gute Vorbereitung. Hinzu kam eine Totalüberwachung der Handys. Tracking deckte bei jedem Infizierten die Kontaktpersonen der letzten zwei Wochen auf. Großflächige Tests wurden zusätzlich durchgeführt. Trotzdem gab es eine fatale Fehleinschätzung: In wenigen Tagen steigen die Infektionsraten wieder dramatisch an (Verzwanzigfachung in einer Woche). Man hatte die Gastarbeiter vergessen. Sie sind Wanderarbeiter aus Bangladesch, Indonesien und Indien, die überwiegend am Bau arbeiten. Sie werden in engen Quartieren eingepfercht. 25 Unterkünfte müssen unter Quarantäne gestellt werden. Viele Bauarbeiter müssen umquartiert werden.

Das Bildungssystem ist stark von der historischen Tradition geprägt. Es gibt eine Reihe europäischer Schulen. Überwiegend  sind sie britisch beeinflusst. Auch eine europäische, deutsche Schule ist vorhanden.

Exkurs. Langschwanzmakaken (auch Jawaaffen genannt): Sie sind überall. Sie stehen auf der Roten Liste. Der Lebensraum schrumpft. Sie sind für die Medikamentenforschung extrem wichtig. Sie leben außerdem noch in Thailand. Man schätzt, dass bis zu 450.000 Makaken für Forschungszwecke gehandelt werden. Sie werden zum Teil in buddhistischen Tempeln als heilig verehrt.

Modell für den Fortschritt (Smart City, Future City, Green City; Smart Nation): Das Innovationsmanagement gilt als das Beste in der Welt. Ab 2017 soll Siemens Singapur zur digitalen Modellstadt machen.  Vgl. Schnaas, Dieter: Tropenübungsplatz, in: Wirtschaftswoche 1/2 2020, 3.1.20, S. 26ff. Bei den Nutzern dieser Plattform liegt Singapur in Asien an der Spitze. Mit der Corona-Krise 2020 wird das Land sehr gut fertig. Der Flugdienst Volocopter will bis 2024 Flug-Taxi-Dienst in Singapur einrichten. Das Unternehmen ist im Bruchsal/ BW. Singapur vernetzt sich wie kein anderes Land der Erde. Schon 2021 geht fast alles mit dem Handy. Die Politiker gelten als visionär - die Bürger als folgsam.

Staatskapitalismus als Vorbild: Der Westen hat in der Welt immer weniger zu melden. "Asiatische Werte" sind auf dem Vormarsch. Der Staatskapitalismus in Singapur gilt vielen als idealer, pragmatischer  Kompromiss zwischen Demokratie und autokratischen Regimen.

Als Musterprojekt gilt der Pungol Digital District, ein Stadtteil im Nordosten Singapurs: 50 Hektar, 28.000 Arbeitsplätze, 12.000 Studenten. Immer mehr chinesische Baukonzerne ziehen am Rande Hochhäuser hoch. Es entsteht ein Ökosystem für Wissenschaft und Industrie. Damit verbunden ist eine "Open Digital Platform". Es wird eine Dateninfrastruktur aufgebaut. Am Ende soll der Stadtteil über eine einzige Plattform über Echtzeit-Daten gesteuert werden. Der SingPass soll fast alles ermöglichen. Vgl. Hein, Christoph: Smart Nation Singapur, in: FAZ Nr. 119, 26.5.21, S. B4.

Es wird auch ein neuer Stadtteil gebaut: Tengah. Er soll für die Gegensätze Urbanität und Dschungel stehen. Wichtige Bestandteile sind ein zentrales Kühlungssystem, eine automatisierte Müllentsorgung. In der Siedlung mitten im Urwald sollen die Menschen im Einklang mit der Natur leben. Eine App informiert laufend übe rden Energieverbrauch. 

Singapur gilt auch als Vorreiter in digitaler Regierung.

Internationale Konzerne nutzen Singapur als Experimentierfläche. Zukunftstechnologien bekommen die Bewohner oft als Erste zu Gesicht. Auch deutsche Konzerne forschen dort. 2022 lauf Tests mit Robotern, die Essen bringen.

 

Taiwan (Republik China, Nationalchina, Formosa: "die Schöne"; Zhonghua, Insel der Erdbeersoldaten):

Bevölkerung und Fläche: Taiwan hat 23,8 Mio. Einwohner. 78,6 % der Bevölkerung leben in Städten. Das Land umfasst 36.197 Quadratkilometer (Rang 134). Einwohner pro Quadratkilometer: 658 (Rang 9). Größte Stadt ist die Hauptstadt Taipeh (eine der modernsten Metropolen in Fernost, kulinarisches Mekka). Es gibt 124 Mobilfunkverträge pro 100 Einwohner. Nur 130 km trennen Taiwan an der schmalsten Stelle vom chinesischen Festland, 180 km sind es an der Westküste. 404.000 Taiwanesen arbeiten auf dem chinesischen Festland. 2,71Mio. Chinesen vom Festland besuchten 2019 Taiwan als Touristen.

Vergleichsgrößen: Die Insel ist in Fläche so groß wie Baden-Württemberg, in der Wirtschaftsleistung etwas größer als Bayern und in der Bevölkerung so groß wie Baden Württemberg und Bayern zusammen.

Wichtige Städte außer Taipeh: Neu-Taipeh, Taichung, Kaohsiung, Taoyuan, Tainan, Taitung, Yilan, Hengchun, Pintung, Zhongli, Hualien. Direkt Taiwan gegenüber liegen die chinesischen Städte Xiamen, Quanzhou und Fuzhou (Provinz Fujian).

Tainan ist die wohl unchinesischste Stadt Taiwans. William Tai ist ihr Lieblingssohn. Er kandidiert 2024 in der Präsidentenwahl am 13.1.24. Er war auf Taipehs bestem Jungengymnasium und studierte Medizin an der renommiertesten Hochschule des Landes, machte einen Master in Harvard.

Verwaltungsgliederung: 13 Bezirke und neun Städte.

Kultur: Das Nationale Palast-Museum in Taipeh ist einmalig: Es stellt die weltweit größte Kollektion chinesischer Kunst aus (Kunstschatz des Kaisers von Jahrtausenden). Götter- und Geisterglaube spielen in Taiwan noch eine Rolle. Als einziges Land in Asien hat es die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt. Am 22.4.22 meldet der Fernsehkanal CTS eine chinesische Invasion.  Der Sender entschuldigt sich später für die Falschnachricht. Zwei-Top-Managerinnen verlieren ihren Job.

Taipeh will ab 2021 mit Sprachzentren ein positives Taiwan-Bild im Ausland vermitteln. 18 solcher Sprachzentren sollen eröffnet werden. 15 sind in den USA, die übrigen drei in Hamburg, Paris und London. Die Initiative wird von der US-Regierung unterstützt. Wahrzeichen der Stadt ist die Chiang-Kai-shek-Gedächtnishalle. Das Monument steht im Zentrum der Stadt und ist von einem Park umgeben.

Identität: Die letzte Umfrage stammt aus dem Jahre 2022. Davor gab es die Umfrage aus dem Jahre 1994. 2022 antworteten die Taiwaner auf die Frage "Sind wir Chinesen oder Taiwaner" wie folgt: Taiwanesisch 60,8%; Beides 32,9%; Chinesisch 2,7%; Keine antwort 3,6%. 1994 hatte noch "Beides" die Mehrheit gehabt. Die meisten Taiwaner lehnen eine Vereinigung mit China ab und haben eine eigene Identität als Taiwaner entwickelt. Allerdings wächst in Taiwan die Sorge, dass Chinas Propaganda mit populären Apps wie TikTok den Verteidigungswillen der jungen Generation untergraben könnte.  Quelle: HB 28.3.23, S. 14f.

Freiheiten: Wenige Staaten in Asien sind heute progressiver. Frauen sind besser gestellt als in den Nachbarländern. Ihr Anteil im Parlament ist höher. Homosexuelle Paare dürfen seit 2019 heiraten. Wahrscheinlich würde es nach einer Wiedervereinigung zur "Umerziehung" kommen. Vgl. Peters, Katharina Graca: Stoisch im Sturm, in: Der Spiegel Nr. 48/ 26.11.22, S. 90ff.

Religion: Man wurde lange Zeit von Kolonialherren diskriminiert. Die Bewohner der Insel wurden anfangs "Eingeborene" genannt (domin, Erdmenschen). Nach Protesten nannte man sie "Bewohner dieser Insel" (honto jin). Die Religion hat eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung eines neuen Selbstverständnisses gespielt. In den Tempeln der Insel wurden nicht nur religiöse Rituale , sondern auch öffentliche Versammlungen durchgeführt. Das führte zu strenger Kontrolle. Die Taiwaner sollten zu Untertanen des japanischen Kaisers erzogen werden. Nach 1945 setzte sich die Diskriminierung fort. Aus die Japanisierung folgte eine gewaltsame Sinisierung. Die ostasiatische Arbeitsteilung in der Religion wurde fortgesetzt (es gibt keinen Exklusivanspruch): Die Erziehung ist konfuzianisch ausgerichtet. Die Ahnenverehrung kommt aus dem Daoismus. Für das Jenseits ist in der Regel der Buddhismus zuständig. Es gibt auch viele buddhistische Laienorganisationen. Am wichtigsten ist Tzu Chi (Barmherzige Hilfe). Es gibt auch Christen in Taiwan. Presbyterische Missionare waren schon im 19. Jahrhundert auf der Insel aktiv. Sie betrieben Schulen und Krankenhäuser. Vgl. Thome, Stephan: Gebrauchsanweisung für Taiwan, München 2021, S. 150ff.

Amtssprache: Chinesisch (Putonghua).

Geschichte Taiwans: Um 4000 v. Chr. lebten Menschen im Delta des Jangtsekiangs rund um den heutigen Großraum Shanghai. Diese besiedelten auch Taiwan. Sie lebten in enger Verbundenheit mit dem Wasser. Sie trieben Handel mit den Chinesen des Binnenlandes. Später spricht man von der Lianghzhu-Kultur, die sich auch ab 3400 v. Chr. im Jangtse-Delta findet: Die Menschen betrieben Nassreisanbau, intensive Fischerei und Fischzucht, schützten ihre Städte durch Mauern. Um 2200 v. Chr. findet die Lianghzu-Kultur ein abruptes Ende (weltweite Klima - Veränderung sorgt für steigende Meeresspiegel). Seit 1895 war Taiwan japanische Kolonie. Die Republik China wurde 1912 gegründet, nachdem in Peking das Kaiserreich gestürzt war. Nach dem Ende des 2. Weltkriegs entbrannte ein Bürgerkrieg  in China. Er war zwischen den von den USA unterstützten Militärherrschers Chiang Kai-shek und den Kommunisten von Mao Zedong, der am 1. Oktober 1949 auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking die Volksrepublik ausrief. 1949 kamen die Reste der nationalchinesischen Truppen von Chiang Kai-shek auf die Insel. Chiang-Kai-shek (1887-1975) war im chinesischen Bürgerkrieg (1927-1949) Gegenspieler Maos. Die Siegermächte hatten 1945 die Insel an den General übergeben (er kam mit 2 Mio. Anhängern). Bis 1987 war Taiwan noch Militärdiktatur, Chiang-Kai-shek war militärischer Oberbefehlshaber  und beanspruchte bis zu seinem Tod ganz China. Erst da wurde das Kriegsrecht ausgehoben. Die "Republik Chinas" sah sich als die legitime Herrschaft Chinas. Im Kalten Krieg vertraten sowohl die VR China als auch Taiwan die Auffassung, es gebe nur ein China. Zunächst war Taiwan im Vorteil: Bis 1971 vertrat es China als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen. Die VR war diplomatisch völlig isoliert. 1972 erkannten dann die USA die VR China an. Erstmals wurde 1996 der Präsident direkt gewählt. 1972 anerkannten die USA die Ein-China-Politik (Shanghai - Kommunique`, Nixon). Das kam mit der historischen Reise von Nixon nach China. Die Sowjetunion hatte immer die VR China unterstützt. Die USA erkannten 1979 die VR China an; 1987 wurde in Taipeh das Kriegsrecht aufgehoben (auf den Kimmen-Inseln fünf Jahre später).  Inzwischen wollen viele Taiwanesen keine Wiedervereinigung mehr. Bei Hongkong haben sie gesehen, dass der "Ein Land - Zwei-Systeme-Gedanke" nicht funktioniert. Die VR China hat ein großes Interesse an der Wiedervereinigung: militärisch, wirtschaftlich, politisch.  Heute rudern die USA wieder zurück und versuchen mit anderen Staaten (Japan, Indien, Südkorea, Australien, Neuseeland, Kanada) eine Allianz gegen China aufzubauen. Nach dem Taiwan Relations Act würden die USA der Insel im Ernstfall helfen, sich selbst zu verteidigen. Was das konkret heißt, ist unklar. 2014 besetzt die studentische "Sonnenblumenbewegung" das Parlament in Taipeh aus Protest gegen ein Wirtschaftsabkommen der KMT-Administration mit Peking. 2024 tritt die China kritische Staatschefin Tsai Ing-wen (DPP) nach zwei Amtszeiten ab.

Autoritäre Vergangenheit: Nach dem 2. Weltkrieg übernahmen die Kuomintang (ICMT) die Herrschaft über Taiwan. Danach stieg die Inflation und die Korruption stark an. Die Unzufriedenheit der Bevölkerung in Taiwan mit der neuen Führung war groß. Diese lässt 10.000 Soldaten vom Festland kommen, die ein Massaker anrichten ("228-Massaker"). Danach folgt "Weißer Terror". Es wird das Kriegsrecht verhängt (1949). Bis 1987 werden ungefähr 140.000 Menschen inhaftiert und teils hingerichtet. Der Wandel zur Demokratie kam relativ spät. Diese Geschichte muss man im Blick haben, wenn man das totalitäre Regime in China kritisiert. Vgl. Fiedler, Lena: Taiwans offene Wunden, in: Die Zeit 51/ 8.12.22, S. 19..

Gesundheit: Taiwan hat wie Südkorea und Singapur viel Erfahrungen mit Seuchen, die aus China kommen. Man bekämpfte viele Fälle von Sars und Mers. Deshalb hat das Land eine gutes Vorsorgesystem. Es besteht aus den Elementen kontrollieren, isolieren, testen und Big Data nutzen. Taiwan hat nicht so viele Covid-19 Fälle trotz Neujahrsfest und Reisen. Nach der Erfahrung mit Sars richtete Taiwan 2003 ein Nationales Stabszentrum ein: National Health Command Center (NHCC), das alle Maßnahmen anordnet, überwacht und koordiniert. Schon bei dem ersten Verdacht wurde eine gigantische Eindämmungsmaschinerie in Gang gesetzt. Daten sind vernetzt. Passagierscheine werden per SMS vergeben. Es gibt eine nationale Hotline. Schon am 23.01.20 verbot man Einreisen aus Wuhan. Taiwan hat eine Digitalministerin (Audrey Tang 2021, seit 2016, "digitaler Zaun"). Sie kann mit digitalen Instrumenten einen Lockdown verhindern. Außerdem gibt es immer Quarantäne nach der Einreise. Die Anti - Corona - Politik war ganz eigen. 2021 erreicht man weitgehend Normalität.  Doch im Mai 21 entwickelt sich Taiwan wieder zum Sorgenkind. Die Infektionszahlen explodieren plötzlich. Es gibt Panik und Hamsterkäufe. Als Ursache hat man Hotels am Flughafen von Taipeh im Verdacht. Der Börseindex verliert seit Anfang Mai um 12,5% (siehe unten). Vgl. O. V.: Taiwans Weg vom Musterschüler zum Sorgenkind, in: FAZ 18.5.21, S. 2. Die Regierung reagiert mit starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens. Es fehlen Impfungen (man hat wesentlich weniger Impfdosen von Astra und Moderna bekommen als bestellt).

Wirtschaft: Der taiwanesische Aktienindex ist der dynamischste in Asien. Taiwan: 23,4 Mio. Einwohner (2013); BIP 2017 572,8 Mrd. US-$; BIP pro Kopf 39.000 $ (wie Deutschland); Wachstum des BIP 2020 3,1% trotz Corona (erste quartal 2021 +8,2%). ALQ 4,1%; Export nach Deutschland 6,5 Mrd. €; Import 5,8 Mrd. €. Taiwan hatte 2006 ein Wirtschaftswachstum von 4,4% (ALQ: 4,6%). Acer kauft den US-Konkurrenten Gateway. Taiwan hat bis 2008 ca. 64 Mrd. $ auf dem chinesischen Festland investiert (offiziell Platz vier, inoffiziell wahrscheinlich 250 Mrd. $ mit Briefkastenfirmen). 2009 will China Taiwan bei Investitionen auf dem Festland 19 Mrd. $ zur Verfügung stellen und erwartet im Gegenzug Handelserleichterungen. Das bilaterale Handelsvolumen liegt bei 102 Mrd. $. Taiwan hat Direktinvestitionen in China in Höhe von 8497,7 Mio. US-$. Der Wahlsieg des China freundlichen Kandidaten 2008 lässt die Aktienkurse nach oben schießen. Die Weltwirtschaftskrise trifft das Land schwer (-4% 2009). 2010 wird ein Freihandelsabkommen mit der VR China abgeschlossen (Zölle für 800 Produktgruppen fallen weg, mehr Freiraum für Dienstleister).  Sowohl bei Exporten als auch bei Importen ist China schon der größte Handelspartner.  28% aller Exporte gehen nach China. Die weitere Rangfolge: USA, Hongkong, Japan. 2018 trat eine Steuerreform in Kraft: Unternehmenssteuer angehoben, Ertragssteuer gesenkt, Zusatzsteuer für inländische Investoren wird gesenkt. Taiwan gehört zu den Weltmarktführern bei High-Tech-Geräten.  "Wir sind eine Familie", Xi Jinping, Staatspräsident Chinas über die Beziehungen zu Taiwan, 2015. Vgl. zu den wichtigsten Unternehmen "Unternehmen, Taiwan".

Währung: Neuer Taiwan Dollar (NT$)=100 Cent. Kurs  1US-$=30,00 NT$.

Inflationsrate in Taiwan: Sie lag 2021 bei 1,8%. Für 2022 werden 2,3% erwartet. Damit stellt sich das Land gegen den weltweiten Trend.

Außenhandel: Import: 259, 5 Mrd. US-$ 2016; Elektronik, Maschinen, Erdöl; größter Handelspartner China vor USA und Japan. Export: 317,4 Mrd. US-$ 2021; Elektronik, Maschinen, Elektrotechnik, Kunststoffe; Länder: China vor USA und Japan. Anteil am Welthandel: Import 1,4% 2017; Export 1,8%.

Statistik: In der Statistik Chinas wird Taiwan als Teil Chinas ausgewiesen. Das gilt auch für die Außenhandelsstatistik.

Halbleiter und Technologie: Viele Firmen haben Produktionsstätten in Taiwan. Einzelne Branchen ragen heraus, so die Fahrradindustrie. Rahmen und Zubehör kommen oft aus Taiwan (ZEG - Betriebe in Deutschland). Zu nennen ist auch die Computerindustrie. Viele Notebooks werden hier gefertigt. Taiwan will im Januar 2021 helfen, den Halbleiterengpass zu beseitigen. Viele Halbleiter-Module werden in Taiwan gefertigt. TSMC weitet 2021 seine Produktion massiv aus. Die Firma ist der größte Vertrags -Chiphersteller der Welt. Größter Kunde ist die Autoindustrie. Taiwan hat 2021 18,6% Anteil an der Welt-Chip-Produktion. Es führt die VR China (22,7%), an dritter Stelle liegt Japan (17,3%) vor Südkorea (14,8%). Dann erst folgen die USA (10,4%) vor der EU (7,9%).

Bedeutung der Halbleiterindustrie: Die Halbleiterindustrie ist Dreh- und Angelpunkt. Das Land ist weltweit führend in der Auftragsproduktion von Computerchips. Sie tragen 15% zum BIP bei und machen 40% des Exportes aus. Taiwan hat den Industriezweig systematisch durch Subventionen aufgebaut. Die Dominanz galt als Lebensversicherung - doch sie könnte auch das Angriffsrisiko durch China erhöhen (die großen Firmen aus Taiwan machen systematisch DI in den USA und Japan). Vgl. Welter, Patrick: Taiwans Chip-Schatz, in: FAZ Nr. 175/ 3.8.22, S. 15. In Taiwan werden 60% aller weltweiten Halbleiter produziert und 90% der Spitzenprodukte. Ab 2023 versucht der größte Chiphersteller der Welt TSCM seine Produktion zunehmend ins Ausland zu verlagern (USA/ Arizona, EU/ Deutschland). Was bedeutet das für die Insel (das war nämlich auch ein Schutz im Konflikt mit China, das die Chips braucht). Vgl. Die Zeit 12/ 16.3.23, S. 28.

Auch China braucht die Chips aus Taiwan (60% der weltweiten Nachfrage). Die lokale Produktion reicht bei weitem nicht aus. Sie macht nur ca. 50 Mrd. $ aus. Für 250 Mrd. $ muss importiert werden. Vgl. WiWo 32/ 5.8.22, S. 33. 31% der taiwanesischen Chip-Ausfuhren landen in China. TSCM ist der weltweit größte Auftragsfertiger. Der Börsenwert beträgt 2022 432 Mrd. Dollar. TSMC fertigt 53% aller Chip-Exporte. Der Gründer von UMC/ Hsinchu Robert Tsao spendet 2022 33 Mio. € für die Verteidigung der Insel gegen China.

Textilproduktion: Taiwan war einmal ein Niedriglohnland. Es dominierte die Textilindustrie. Viel wurde damals auch nach Deutschland exportiert. Der Strukturwandel hat Taiwan zu einem asiatischen Tiger gemacht.

Unternehmen:  Rund 8000 taiwanesische Unternehmer sind auf dem chinesischen Festland aktiv, darunter auch Foxconn (arbeitet für Apple). Es besteht eine gegenseitige Abhängigkeit. Eine Blockade durch China würde den Handel zusammenbrechen lassen. Vgl. auch: Unternehmen, Taiwan auf der Seite "Links".

Deutsche Unternehmen in Taiwan: Ca. 250 deutsche Unternehmen sind 2021 ansässig. Die Insel ist ein besonders guter Standort für Elektronik- und Halbleiterindustrie.  EnBW investiert 2018 in Windenergie-Projekte in Taiwan. WPD AG ist bei Offshore - Projekten in Yunlin und Guanyin dabei. Vor Ort Marktanteil von 30%. Die deutsche Firma Merck produziert Halbleiter auf Taiwan.

Deutsche Rüstungsgüter für Taiwan: Die taiwanesische Küstenwache kauft bis 2027 141 neue Schiffe aus Deutschland (Rolls-Royce Power Systems in Friedrichhafen). Die CSBC in Kiel baut Unterseeboote mit lautlosen Antrieben, die auch bestellt sind. Deutsche Unternehmen profitieren vom Rüstungswettlauf im Südchinesischen Meer.

Freihandelsabkommen der EU mit Taiwan: Im September 2021 gibt die EU bekannt, dass sie die Handelsverbindungen zu Taiwan vertiefen will (Freihandelsabkommen). Da könnte Ärger mit China drohen. China hat aber selbst ein Freihandelsabkommen mit Taiwan. Die EU will ein positives Signal an Taiwan senden, weil dort mit TSMC der größte Chip-Hersteller sitzt. Im November 2021 besucht eine Delegation von EU-Abgeordneten Taiwan. Sie sichern Taiwan Solidarität im Konflikt mit China zu. China rügt den Besuch.

Staatsform: Semipräsidiale Republik. Regierungspartei DPP. Jahr der Verfassung 1947. Wahlrecht 20 Jahre.

Politik: Im November 2015 treffen sich die Präsidenten von Taiwan und der VR China in Singapur. Anfang 2016 gewinnt die Kandidatin der Oppositionspartei (Tsai Ing-wen; die gegen Annäherung an die VR China ist) die Präsidentenwahl. 2017 bekommt das Land eine Digitalministerin (Audrey Tang; kann programmieren; zwei Geschlechter). Das Land soll aus den Fängen Chinas befreit werden. China will sich Taiwan einverleiben, auch wenn man dort von Wiedervereinigung gar nichts hält. Noch würden eine Reihe von Militärstützpunkte der USA unweigerlich zu einem Krieg im Pazifik führen. Im November 2018 stimmt die Mehrheit in Taiwan gegen die Ehe für alle. Bei der Präsidentenwahl 2020 stehen sich Tsai Ing-wen (63, Juristin, proamerikanisch) und Han Kuo-yu (62, chinafreundlich, Bürgermeister von Kaohsiung) gegenüber. Mit einer Wahlbeteiligung über 80% wird die Amtsinhaberin Tsai mit großer Mehrheit wieder gewählt (57%). US-Vertreter besuchen wieder häufiger Taiwan. Ein hochrangiger Vertreter des US-Außenministeriums besucht im September 2020 die Insel. Anlass ist die Gedenkfeier für den im Juli verstorbenen Präsidenten Lee Teng-hui. Das Land hat vor dem neuen Präsidenten Biden etwas Bammel. Biden gilt als China freundlich. Nancy Pelosi besucht Anfang August 2022 das Land. Präsidentin Tsai besucht 2023  auch die USA (Treffen mit McCarthy). Mit ihm will sie die Taiwan-Freunde in den USA erreichen. Sie führt in Taiwan das grüne Lager (unabhängiges Land, Demokratie). auch der Vizepräsident besucht 2023 noch die USA. Der Foxconn - Gründer Terry Gou will 2024 bei der Präsidentschaftswahl in Taiwan antreten, um die Beziehungen zu China zu verbessern. Damit gibt es bisher 4 Kandidaten. Ein weiterer Milliardär tritt an: Robert Tsao, der Chip-Magnat von UMC. Er vertritt einen harten Kurs gegenüber China. Auch TSMC -Gründer Chang akzeptiert eine enge Bindung an die USA. Favorit ist bisher William Lai, der als China kritisch gilt und für eine Unabhängigkeit eintritt. Lai war Nierenarzt. Lai tritt gegen die so genannten Chinaversteher an. Die China - Versteher schmieden Ende 2023 ein Bündnis: Es wird angeführt von Ko Wen-je (TPP) und Hou Yu-ih (KMT). Alexander Huang ist außenpolitischer Berater. Er will das Fieber senken, Spannungen reduzieren, Zeit gewinnen. Vgl. Die Zeit 3/ 11.1.24, S. 5. William Lai von der regierenden Demokratischen Fortschrittspartei gewinnt die Präsidentenwahl mit rund 40%.

Exkurs. Triaden: Der Begriff wurde von den Engländern vergeben, als sie China beherrschten. Er steht für Himmel, Erde und Wasser. Die Triaden haben eine lange Tradition in China. Sie bildeten sich ursprünglich als Widerstand der Bauern gegen die Machtergreifung der Chin (Mongolen) in China im 17. Jahrhundert. Sie übernahmen später wichtige Teile der Schattenwirtschaft. Am mächtigsten waren die Hongmen. Die "Grüne Bande" herrschte in Shanghai mit dem "Großohrigen Du" als Führer. Sie machten Geschäfte im Rotlichtmilieu und mit Opium. Sie halfen Sun Yat Sen an die Macht, der ihr Mitglied war.. Als die Kommunisten unter Mao die Herrschaft übernahmen und sich auf die Bauern stützten, mussten sie mit Tschiang Kai Chek nach Taiwan fliehen. Sie hatten ihm geholfen, die Arbeiter zu unterdrücken. Sie halfen dann bei der Diktatur in Taiwan. Heute sind die Bamboo Union, so heißt die Triade in Taiwan, immer noch sehr einflussreich (es gibt noch ander). Ihr Führer ist der "Weiße Wolf". Ihre Rolle ist umstritten. Es gibt auch Gerüchte, dass sie für die KPCh arbeiten. Jedenfalls sind die Triaden heute in Taiwan, Hongkong und auch in der VR China. Sie besitzen Unternehmen, den Spiel- und Wettbereich, das Rotlichtmilieu, den Drogenhandel,  große Teile der Gastronomie (auch global) u. a. Sie sind weltweit verbreitet. Ihr Einfluss in Taiwan ist heute nicht zu unterschätzen. Sie sind gut vernetzt in die Politik. Angeblich treten sie für eine Wiedervereinigung ein.

Exkurs. Shih Ming-teh: 1941 im taiwanischen Kaohsiung geboren, am 15. Januar 2024 gestorben in Taipeh. Seine Kindheit war geprägt von der Grausamkeit das Kuomintang-Regimes, sein Vater wurde verhaftet und starb wenig später. Anfang der Sechziger trat Shih offen für Taiwans Unabhängigkeit ein. Die Kuomintang - Diktatur verhaftete ihn und gab ihm lebenslänglich. 1990 kam er frei. Er wurde Chef der DPP. Wegen eines Korruptionsskandals brach er mit der Partei. Vgl. Der Spiegel 4/ 20.01.24, S. 117.

Beziehungen und Status zu  China: Taiwan wird von vielen multinationalen Unternehmen zu "Greater China" gerechnet. Seit 1992 besteht ein Konsens, dass es nur ein China gibt, allerdings mit zwei politischen Systemen ("Ein-China-Prinzip"; "ein Land, zwei Systeme"). Taiwan will den "Nationalen Vereinigungsrat" auflösen und erntet damit heftige Kritik aus China. 2008 gibt es eine Annäherung durch ein erstes Treffen der Parteichefs nach 60 Jahren (Vereinbarung direkter Flugverbindungen). Im Februar 2014 gibt es erstmals seit 1949 Gespräche auf Regierungsebene zwischen China und Taiwan. 2018 verstärkt China den Druck auf Fluggesellschaften: Sie müssen den Anspruch auf Taiwan bestätigen. Sie dürfen Taiwan nicht mehr als Land benennen. Außenpolitisch unterhält China in Rivalität zu Indien besonders enge Beziehungen zu Pakistan und Burma. China fürchtet eine Einkreisung durch Indien, Russland, Südkorea und Japan. China kauft sich daher immer mehr in Pakistan ein (Milliardeninvestitionen). China plagt die Sorge, das sich Taliban- und IS-Terror via Pakistan auf die muslimische Provinz Xinjiang im Westen Chinas ausdehnen könnten. Zum anderen geht es um einen die Arabische See und den Indischen Ozean beherrschenden Seekorridor vom südpakistanischen Hafen Gwadar aus. Ein Zubringer von der nördlichen Seidenstraße aus wird errichtet. Im Finanzmarktbereich scheint es mittlerweile eine Zusammenarbeit mit Japan zu geben. Die tibetisch-nepalesische Grenze wird seit 2007 stark überwacht. Die Flucht von Tibetern soll verhindert werden. Zu Füßen des Cho Oyu wird vor allem der Nangpa La - Pass kontrolliert. China vorgelagert ist eine Inselkette, die von der Koreanischen Halbinsel über Japan, Taiwan, die Philippinen bis nach Indonesien reicht. Alle diese Staaten sind mit den USA durch Militärabkommen oder Sicherheitsgarantien verbunden ("umgekehrte Große Mauer"). Streit gibt es mit Vietnam und China um die Paracel- und Spratly-Inseln. Erstmals bringen die Chinesen 2018 Raketen auf den Spratly-Inseln in Stellung. An ihnen vorbei führt eine der weltweit wichtigsten Handelsrouten. Mit Japan gibt es Konflikte um die Senkaku-Inseln. Im südchinesischen Meer gibt es auch Auseinandersetzungen um Inseln mit Malaysia und den Philippinen. Vor der philippinischen Küste haben die Chinesen künstliche Riffe geschaffen. Die USA schaltet sich immer wieder in den Schlagabtausch ein. Der Nationalismus in China selbst könnte irgendwann außer Kontrolle geraten. Das Land beruft sich auf seine lange Tradition, in der es Jahrhunderte lang die Nachbarländer dominierte. Die USA und China kämpfen um die Vorherrschaft im Pazifik (der amerikanische Admiral Davidson, der für den Pazifik zuständig ist, rechnet mit einer Übernahme Chinas bis 2007). Umstritten sind die Seegebiete, die China kontrollieren will (das Land wird vom internationalen Gerichtshof in Den Haag verurteilt). China will sich Taiwan einverleiben, auch wenn man dort von Wiedervereinigung gar nichts hält. Die USA verfügen über eine Reihe von Marinestützpunkte in dem Bereich. Heute sieht sich das Land als "Daguo" (die Großmacht), das groß sein will, aber frei von imperialen Zielen. Vgl. zu gegenteiliger Auffassung: Graham Allison: Destined for War: Can America and China Escape Thucydides´s Trap, Houghton Mifflin 2017. Ab 2019 geht Taiwan wieder mehr auf Distanz zu China. Unter dem Eindruck zunehmender Ideologie in China soll die Abhängigkeit verringert werden. Als Symbol steht dafür die Taiwan Exchange Foundation (TAEF) in Taipeh. Man sucht mehr Handel mit anderen Ländern. Das Verhalten von China gegenüber Taiwan wird  2021 aggressiver. Die USA erhöhen ihre Militärpräsenz und wollen Kontakte zu Regierungsvertretern in Taiwan verstärken. Am Nationalfeiertag 1. Oktober 2021 dringen Kampfflugzeuge der VR China in den Luftraum von Taiwan ein. Taiwan spricht von 39 Flugzeugen und fühlt sich provoziert. Der Präsident der VR China Xi Jinping weist gleichzeitig darauf hin, dass China die Wiedervereinigung anstrebt. In Litauen/ Vilnius eröffnet Taipeh/ Taiwan eine Vertretung im November 2021. Deshalb stuft die VR China die Beziehungen zu Litauen herab. Man kommt dann auf die Geschäftsträgerebene. Die VR China spricht von einem "äußerst ungeheuerlichen Akt". Litauen gehört zur EU. China erlässt Wirtschaftssanktionen gegen Litauen: einen vollständigen Handelsboykott. 2023 versucht China, in den beginnenden Wahlkampf in Taiwan einzugreifen. Die Kommunisten versuchen, mit gezielten Lockerungen der Opposition zu helfen. Vgl. Böge, F.: Roter Teppich in Peking, in: FAZ 15.2.23, S. 8. Taiwans Ex-Präsident Ma Ying-jeou kündigt im März 2023 einen China-Besuch an, der 10 Tage dauern soll. Das ist der erste offizielle Besuch seit 70 Jahren. Er trifft allerdings keine Regierungsvertreter. Angeblich geht es um seine Vorfahren und Jugendaustausch. In Wahrheit dürfte es darum gehen, dass die KMT Taiwans (blaue Lager) und die KPCh die Präsidentschaftswahlen in Taiwan im Januar 2024 beeinflussen wollen. Peking bleibt auch auf dem Volkskongress 2023 dabei, dass Taiwan Teil der Volksrepublik Chinas ist und droht, die Insel notfalls mit Gewalt einzugliedern. Ein Krieg gilt weiterhin kurzfristig als unwahrscheinlich, aber die Angst steigt. Als Reaktion auf den USA-Besuch der Präsidentin probt China die Abriegelung Taiwans (Manöver). Auch der Vizepräsident Taiwans reist in die USA. China versucht, mit Nadelstichen zu antworten: Die Einfuhr von Mangos aus Taiwan wird verboten. In seiner Neujahrsansprache bekräftigt Xi den Anspruch auf Taiwan: "Die Wiedervereinigung des Mutterlands ist historisch unvermeidlich", Xi Jinping, chinesische Originalfassung der Neujahrsansprache 2024.

Wichtige Inselgruppen: Bei den Spratly-Inseln versucht China, Tatsachen zu schaffen. Zum Beispiel sind zahllose Schiffe am Whitsun-Riff. Nach chinesischen Angaben Fischerboote. Nach philippinischer Ansicht verkappte Militärboote. Der Konflikt ist sehr komplex. Anrainerstaaten sind Vietnam, Malaysia, Brunei, Taiwan. Handelsrouten verbinden den indischen und den Pazifischen Ozean. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs gehörten die Insel zu Japan. 1951 erhob Taiwan Anspruch (Vertrag von San Francisco). Heute erhebt China Ansprüche.

Kimmen-Inseln: Sie liegen südwestlich von Taipeh. Es ist die engste Stelle zum Festland. Es sind nur zwei Kilometer. Es gibt ein ausgedehntes Bunker- und Tunnelsystem. Es gibt Sperrriegel gegen die Angreifer vom Festland. Mit 5 Angriffswellen versuchten schon Maos Truppen die Kimmen-Inseln zu erobern. Hier stichelt China immer wieder. Nachdem im Februar 2024 ein chinesisches Fischerboot gekentert war (illegal eingedrungen ohne Kennung), verschafft sich die chinesische Küstenwache Zugang zu der Ausflugsfähre "King Xia". Sie fordert die Crew auf, Papiere vorzulegen. Experten sehen darin eine Grauzonentaktik: kleine Nadelstiche, die zwar weiter die Grenze verwischen aber zu harmlos sind, um ein Eingreifen zu rechtfertigen. Taipeh reagiert mit Zurückhaltung. Vgl. Der Spiegel 9/ 24.2.24, S. 71.

Verteidigung und Manöver: Auf Taiwan selbst gibt es vier Marinebasen. Hinzu kommen die Marinebasen der USA auf Taiwan und im Pazifischen Ozean. Die VR China hat direkt gegenüber Taiwans drei Marinebasen. Früher waren die Manöver Chinas in der Regel zwischen dem Festland und Taiwan. Das letzte große Manöver der VR 2022 umkreiste die ganze Insel. Ende 2022 kommt wieder eine Militärübung Chinas (man reagiert auf höhere Militärhilfe der USA für 2023). In Taiwan wird der Wehrdienst verlängert: Auf 12 statt wie bisher 4 Monate. Die militärischen Kontakte zu den USA werden ab 2023 noch ausgebaut (Treffen von Präsidentin Tsai Ing-wen mit US Parlamentariern in Taipeh im Februar 23).

Militärische Stärke (2022): Taiwan hat 170.000 Soldaten (China: 2.035.000), 1200 Artillerie (China 9800), Kriegsschiffe 57 (China 139), U-Boote 2 (China 71), Kampfjets 300 (China 1900), Bomber/ Angriffsflugzeuge 0 (China 450). Quelle: US-Verteidigungsministerium. Xi hat seiner Armee den Auftrag gegeben, bis 2027 in der Lage zu sein, Taiwan erobern zu können.

Kuma - Akademie: Sie liegt im Stadtzentrum von Taipeh. Sie ist eine NGO und will eine zivilrechtliche Verteidigungsinfrastruktur aufbauen. In ihren Workshop-Programmen gibt e sKurse übe rerste Hilfe oder Medienkompetenz gegen Desinformation aus China. Es gibt auch militärisches Training.

Chinas Traum von Einheit und Weltmacht: Der Konfuzianismus wird  als Grundlage einer gemeinsamen Kultur gesehen. Das ist auch gut mit dem Ethno - Nationalismus vereinbar. Es handelt sich in beiden Ländern in der Mehrheit um Han - Chinesen. Vgl. Görlach, Alexander: Alarmstufe Rot. Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Pazifik in einen globalen Krieg führt, Hamburg 2022. Viele Experten sehen 2035 als Zielmarke für eine Invasion in Taiwan. Erst muss ein küstennahes Nachschubsystem aufgebaut werden. Es braucht mehr Truppentransporter und mehr Fallschirmjäger.  Auf dem 20. Parteikongress im Oktober 22 in Peking äußert sich Xi Jinping aggressiv gegenüber Taiwan. Er betont die Wiedervereinigung und will auf Gewalt nicht verzichten. Experten rechnen mit einer Annexion frühestens 2027. Die Wahl von Lai (Chinakritiker) könnte die Spannungen verstärken. Er gehört zur Denkschule "Abschreckung". Die Denkschule "Entgegenkommen" hat die Wahl verloren.

Ein Land, zwei Systeme: Dieser Slogan galt viele Jahre auch für Taiwan nach einer Wiedervereinigung. Spätestens seit der Ereignisse in Hongkong ist er überholt. Inzwischen sind auch die chinesischen Vertreter ehrlicher: Es wird Umerziehung geben (Zerstörung sozialer Strukturen, Indoktrination). Vgl. Thome, Stefan: Pflaumenregen 2021. Auch von ihm: Die Insel der Freiheit, in: Die Zeit Nr.33/ 11.8.22, S. 49. Taiwan will die Beziehungen mit den USA und anderen Partnern (Japan, Südkorea) vertiefen. Die Dialogbereitschaft gegenüber der VR soll aufrechterhalten bleiben. Vgl. Der Spiegel 4/ 20.01.24, S. 71.

Taiwankrise und Handelskrieg der EU mit China: Das Ifo-Institut errechnet 2022 ein Handelsmodell, das beinhaltet, was im schlimmsten Falle für Deutschland passieren kann. Berechnet werden die Wertschöpfungsverluste der deutschen Industrie im Falle eines Handelskrieges (analog den westlichen Sanktionen gegen Russland). Automobilindustrie -8,5%; Transport -5,1%; Maschinenbau -4,3%; Pharma -2,9%; Chemie -1,3%. Im April 23 reisen Macron und von der Leyen nach China. Sie sprechen zweigleisig. Macron untergräbt die europäische Chinastrategie, um sich selbst (Frankreich) Vorteile im Handel zu sichern. Er distanziert sich von der Politik der USA gegenüber Taiwan.

Taiwan und die USA als Schutzmacht: 2019 schließen die USA mit Taiwan ein Milliarden-Rüstungsgeschäft (2,2 Mrd. $) ab. China ist empört. Es sieht einen Verstoß gegen das "Ein-China-Prinzip". Er fordert die USA auf, das Geschäft sofort rückgängig zu machen. Es wäre der größte Waffenkauf seit Jahrzehnten. Seit 1949 ist der Inselstaat unabhängig. Die USA haben mehrere Militärbasen dort und sehen sich als Schutzmacht. kurz vor Amtsantritt von Biden im Januar 2021 werden noch alle Einschränkungen zwischen Vertretern der USA und Taiwan aufgegeben (bestehen seit 1979). Pompeo will noch Fakten für eine Unabhängigkeit Taiwans schaffen. Natürlich ist China empört. Im November 2021 besuchen US-Abgeordnete Taiwan. China macht prompt Militärübungen vor der Küste. Das "Säbelrasseln" wird zum Ritual. Für Juli 2022 ist die größte Militärübung der Geschichte geplant. Kiews Taktik soll genutzt werden. Anfang August 2022 besucht Nancy Pelosi Taiwan. Sie ist die ranghöchste Amerikanerin in Taipeh seit 1997. Sie ist nominell die Nummer drei in den USA. Peking will militärisch auf Pelosis Taiwanreise reagieren. Das macht es mit großen Manövern. Biden hatte kein Interesse an der Reise: Einmal ist er in Europa gebunden. Zum anderen sind die Handelsprobleme mit China (Strafzölle, Covid-Restriktionen) eine Ursache für die hohe Inflation in den USA. Vgl. auch: Fahrion, Georg u. a.: Dämonen der Vergangenheit, in: Der Spiegel Nr. 32/ 6.8.2022, S. 74ff.  US-Kriegsschiffe durchqueren 2022 immer wieder die Taiwanstraße. Man spricht von einer "strategic ambiguity" (unklar, ab welchem Punkt die USA eingreifen). Sie erhöhen für 2023 die Militärhilfe für Taiwan. Sofort setzt China wieder eine Militärübung vor Taiwan an. Präsidentin  Tsai ing - Wen besucht im April 2023 Amerika. Offizieller Schwerpunkt ihrer Reise sind Kontakte zu sieben mittel- und südamerikanischen Staaten, die Taiwan anerkennen und nicht die VR China. Honduras hat allerdings gerade die Seiten gewechselt. In den USA trifft sie McCarthy und andere hochrangige Politiker. China droht mit Vergeltung und schickt ein Patrouillen - Boot vor die Provinz Fujian in die Straße von Taiwan. In Japan haben die USA 54.000 Soldaten stationiert, so viele wie in keinem anderen Land. Zur Wahl von Lai im Januar 2024 kommt eine US-Delegation nach Taiwan.

Taiwan und Handelsabkommen mit den USA: Im August 2022 beginnen die USA und Taiwan mit Handelsgesprächen. ziel soll ein Handelsabkommen sein. Das sorgt für Verstimmungen mit China. Federführend sind das Amerikanische Institut in Taiwan (AIT) und die Taipeh Wirtschafts- und Kulturvertretung (Tecro) in Washington. Es soll um Handelserleichterungen gehen.

Taiwan und der Ukraine-Krieg bzw. die Ukraine: Er spiegelt sich auch im Verhältnis von Taiwan zu China. Auf der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses 2022 in China wird der ausländische Einfluss und Separatismus in Taiwan kritisiert. Man kritisiert die Wellen, die von den USA und Japan ausgehen. China schaut mit Argus-Augen auf die Wirtschaftssanktionen des Westens gegen Russland. Man wird alles tun, um die Finanzmärkte unabhängiger zu machen. Auch die Verteilung der Devisenreserven wird geändert werden.

Beide Länder wehren sich gegen autoritäre Nachbarreiche. Rund 8000 km trennen Taiwan und die Ukraine. Taiwander kämpfen in Kiews internationaler Legion. Seit Kriegsbeginn hat 100 Mio. € für humanitäre Hilfe gegeben. Man finanziert Wiederaufbauprojekte in Charkiw, Kiew, Butscha und Lwiw. Es ist eine Partnerschaft entstanden.

Taiwan und Japan: Bislang hatte sich Japan im Konflikt zwischen China und Taiwan zurückgehalten. 2021 stellt sich Japan immer offener an die Seite Taiwans - wenn nötig, auch militärisch. Die Annexion Taiwans würde einen Krieg auslösen. Vgl. FAZ Nr. 160, 14. Juli 2021, S. 6. Japan hat Inseln, dei nahe bei Taiwan liegen. Am nächsten ist Yonaguni. Dort gibt es eine große Militärbasis, die jetzt ständig vergrößert wird. Auch Okinawa ist nicht weit. Bis 1972 war die Insel von den USA besetzt. die Stützpunkte der USA blieben.

Taiwan und Südkorea: Beide vereint ihre Interessen im Pulverfass Westpazifik. Wenn China Taiwan erobert, könnten Südkorea und Teile der Philippinen als nächste dran sein. Die Neue Seidenstraße legitimiert alle militärisch-politischen Machtmittel.

Taiwan und Deutschland:  Es gibt eine Taipeh-Vertretung in Deutschland. In Taipeh ist ein Deutsches Institut. Außerdem gibt es politisch eine Deutsch - Taiwanesische Gesellschaft in Berlin. In Taipeh ist der Chin. - Deutsche Kultur- und Wirtschaftsverband. Wirtschaftlich existiert ein Außen-Entwicklungsrat (TAITRA) in München/ Düsseldorf. In Taiwan besteht das Deutsche Wirtschaftsbüro (AHK), Germany Trade Invest. Kulturell hat die Taipeh-Vertretung in Bonn eine Wissenschaftsabteilung. Auf Taiwan findet man das Goethe-Institut, DAAD und Deutsche Schule. Immer mal wieder besuchen Abgeordnete des Bundestages Taiwan. So auch Anfang Oktober 2022. Sofort kommt Kritik aus der VR China. Am 22./23. besucht wieder eine Delegation aus dem Bundestag Taiwan (Menschenrechtsausschuss). Im Bundeswirtschaftsministerium gibt es 2022 Spekulationen, dass China 2027 Taiwan annektiert.  Repräsentant Taiwans in Berlin ist 2022  Jhy-Wey Shieh (seit 2016). Deutschland ist extrem abhängig von der VR China  (vor allem Auto- und Chemieindustrie). Wenn politische Delegationen aus Deutschland nach Taiwan reisen, gibt es routinemäßig Kritik aus der VR. So bei einem Besuch einer FDP-Delegation im Januar 2023. Im März 2023 ist die Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger in Taiwan (20.3. und 21.3.). Sie spricht in Taipeh mit Regierungsvertretern. Man schließt ein Technologieabkommen. Es ist der erste Besuch eines Regierungsmitglieds seit 26 Jahren. Die Regierung in Peking reagiert empört.

Außenpolitik Taiwans: Taiwan betreibt 2021 in 74 Ländern Büros. Diese sind nicht Botschaften gleichgestellt, weil das Ein-China-Prinzip" gilt: Die VR China sieht sich als einziges China, das neben dem Festland-China auch die Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macau sowie Taiwan umfasst. 2021 eröffnet Taiwan in Litauen erstmals in Europa eine Vertretung unter eigenem Namen.

Stachelschwein-Strategie: Asymmetrie ist das Schlüsselwort (24 Mio. Menschen gegen 1,4 Mrd.). Die Kosten eines möglichen Angriffs sollen in die Höhe getrieben werden, so dass der Aggressor zurückschreckt (Stachelschwein-Strategie). Der Konflikt findet in einer Grauzone zwischen Krieg und -Frieden statt durch ökonomischen und diplomatischen Druck, Fake News und militärischen Drohgesten. Vgl. Lau, Jörg: Die Stachelschwein-Strategie, in: Die Zeit Nr. 3/ 12.1.23, S. 8.. Hinter der Strategie steht am ehesten die regierende DPP. Abschreckung und Internationalisierung. Mit der Wahl von Lai kann die Strategie fortgesetzt werden.

Taiwan und die Jugend: Den Jungen ist die Volksrepublik fremd. Sie sympathisieren mit den Demonstranten in Hongkong. Taiwan wird zum Zufluchtsort für Andersdenkende. Vgl. Naß, Matthias: Drachentanz, München 2021, S. 157ff.

Taiwan und Sport: Der Sport ist immer Teil der Politik. Als Taiwans Sportler bei der Eröffnungszeremonie in Tokio das Stadion betraten, schaltete der Streaming - Dienst Tencent aus China kurzerhand die Übertragung ab. Der Sieg der Taiwaner im Badminton-Doppelfinale wird nationalistisch in Taiwan gefeiert.

Taiwan und Stimmung: Trotz der massiven chinesischen Drohungen 2022 bleibt die Stimmung ruhig. Es besteht keine Panik oder Angst. Das Bedrohtsein ist zur Routine geworden. Man rechnet mit einem Angriff frühestens 2027. Das könnte aber auch ohne Krieg geschehen (Politik der Nadelstiche). Vgl. Yang, Xifan: Insel der Erdbeersoldaten, in: Die Zeit Nr. 37/ 8.9.22, S. 7.

Natur und Umwelt: Der Sonne-Mond-See ist das größte Binnengewässer. Für Hochzeitspaare ist der See ein Muss. Rund um den See gibt es jede Menge Luxusressorts. Besonders schön ist der Xuangguang-Tempel. Man kann den See zu Fuß oder per Rad erkunden. Deutsche, Österreicher und Schweizer benötigen kein Visum für die Einreise. Taichung ist der Hauptort (45 Minuten von Taipeh mit dem Schnellzug).

2021 wird das Wasser in Teilen des Landes reduziert. 2020 blieben Taifune aus. Es fiel zu wenig Niederschlag. Es ist wohl die schlimmste Dürre seit 57 Jahren. Viele Stauseen haben nur 20% ihres normalen Wassers.

Klimaneutralität/ Energie: Taiwan will bis 2050 Klimaneutralität erreichen. 2022 stammen immer noch 80% der Energieversorgung aus fossilen Brennstoffen, die zu 99% importiert werden müssen. Der Rest wird aus Wasserkraft, erneuerbaren Energien und Kernenergie erzeugt. Der Atomausstieg ist beschlossene Sache; die Genehmigung für den letzten aktiven Meiler läuft 2025 aus.

Attraktive Regionen: Der Osten des Landes hat atemberaubende Naturparks (bis zum geographischen Mittelpunkt, dem höchsten Berg Ostasien Yu Shan/ Jadeberg, 3592 Meter hoch). Die Vegetation wuchert über Berge und Hügel, die steil abfallen und fast nahtlos ins Meer übergehen. Zwischen den Steilhängen und dem Strand bleibt an vielen Stellen nur noch Platz für die Eisenbahnlinie und die parallel dazu verlaufende Straße.

Der Norden des Landes hat auch viel zu bieten: Japanische Badetraditionen, deutsche Backrezepte und ein kanadischer Glaubensbote. Es locken Tamsui mit dem gleichnamigen Fluss, an dem Fahrradwege angelegt sind und dem Tamsui Oxford Museum. Die Stadt Beitou   bietet ein Grand View Resort und einen Garden Spa.  Auch das 1629 erbaute Fort San Domingo ist eine Besichtigung wert.

Ureinwohner: Wushe und Hongye gelten als Orte, wo die Ureinwohner der Insel lebten. In Wushe lebten die Seediq. Sie lebten monogam und besaßen einen starken Begriff von ehelicher Treue. Ein Großteil des Volkes wurde von den Japanern interniert. Hongye liegt unweit von Taitung. Hier am Rande des Zentralmassivs lebten Ureinwohner vom Volk der Bunum. Vgl. Stephan Thome: Gebrauchsanweisung für Taiwan, München 2021, S. 164ff.

Lüdao und Tainan als Inseln des Widerstands: Auf Lüdao lebten einst Piraten. Sei machten gemeinsame Sache mit der Niederländischen Ostasien-Kompanie. Besonders bekannt ist der Piratensohn Zheng Chenggong (1624-1662). Er war Gelehrter und Rebell. Er wird heute als eine Art Schutzheiliger der Insel verehrt.  In Tainan ist Koxinga ein Schrein geweiht. Auch er war ein Piratensohn. Er ging zuerst nach Japan, später nach Fuzhou im Süden Chinas. Er übernahm kurze Zeit die Herrschaft in Taiwan. Bevor er die Philippinen angreifen konnte, starb er. Vgl. Stephan Thome: Gebrauchsanweisung für Taiwan, München 2021, S. 186ff.

Katastrophen:  Ein schweres Erdbeben in Taiwan wirft im Februar 2016 ein 16-stöckiges Hochhaus um (116 Menschen sterben, 475 werden verletzt). Im Februar 2018 richtet ein Erdbeben große Zerstörungen an. In der Corona-Krise ist Taiwan sehr erfolgreich. Im Osten Taiwans kommt es am 1.4.21 zu einem schweren Zugunglück. Mindestens 50 Menschen kommen ums Leben. Der Zug war mit über 500 Menschen voll besetzt, während des mehrtätigen Totengedenkfestes. Im Oktober 2021 kommt es zu Dutzenden Toten bei einem Hochhausbrand in Koahsiung im Süden des Landes. Im März 2022  legt ein Stromausfall fast die ganze Insel lahm. Auslöser war das Abschalten eines Kraftwerkes. Im September 2022 gibt es ein schweres Erdbeben nahe der Hauptstadt Taipeh. Vom 24.7. -4. August 23 richtet der Taifun Doksuri (Egay) große Schäden an.

Digitale Demokratie: Unter Demokratieforschern ist Taiwan der Vorzeigefall. Die Bürgerbeteiligung wurde durch die Digitalisierung massiv ausgebaut. Man setzt nicht auf Kontrolle. Es wurde die Plattform "Polis" entwickelt. "Regenschirm" - und "Sonnenblumenbewegung" vereint Hongkong und Taiwan gegen Peking.

Desinformation: Digitalministerin ist 2023 Audrey Tang. Sie soll ihr Land vor chinesischer Desinformation schützen. Das Land soll auch resilient gegen einen Angriffskrieg sein. Es werden 700 Satellitenempfänger installiert, um die heimische Kommunikation im Angriffsfall sicherzustellen.

Ein beträchtlicher Anteil an Desinformationen stammt aus Taiwan selbst. Selbst regierungstreue Medien lassen gelegentlich kritische Stimmen gegenüber der Regierungspolitik zu Wort kommen. Vgl. Hofmann, Jeanette: Desinformation, Zensur und Zivilgesellschaft. dei digitale Transformation in Singapur und Taiwan, in: WZB -Mitteilungen, Heft 180/ Juni 2023, S. 40ff.

 

Myanmar:

Geschichte: Um 200 v. Chr. legen nahe den Ufern des Irrawaddy Angehörige des Volkes der Pyu erste größere städtische Siedlungen an. In der fruchtbaren Flussebene graben sie Kanäle, um Felder zu bewässern, und errichten imposante Heiligtümer aus gebrannten Ziegeln. Die Stadtstaaten sind eigenständig organisiert und unterhalten später Handelskontakte nach Indien. Um 1067 n. Chr. schwingt sich mit Pagan ein neues Reich zum Hegemon am Irrawaddy auf. Sie haben bereits die Städte der Pyu einverleibt. Sie unterwerfen auch weitere Völker. Die Hauptstadt der Pagan am Mittellauf  wird zum bedeutendsten buddhistischen Zentrum mit rund 4000 Tempeln. Um 1113 gravieren Steinmetze geschwungene Schriftzeichen in eine Steinstele - die wohl älteste erhaltene Inschrift auf Birmanisch. 1287 fällt ein Mongolenheer von Norden aus in Pagan ein. Pagan ist geschwächt, weil alle Ressourcen in Klöstern sind, die keinen Militärdienst leisten. 1752: Die Taungu-Dynastie wird abgesetzt, nachdem Truppen eines Reiches, das sich im Süden vom birmanischen König abgespalten hat, die Hauptstadt erobern. Schon bald schwingt sich ein lokaler Fürst zum neuen König auf, zerschlägt 1757 das südliche Königreich und begründet die Konbaung-Dynastie. 1885 überrennt das britische Herr, das vorher schon den Süden erobert hatte, auch den Norden Birmas. Sie fügen das Reich als Provinz Burma Britisch-Indien zu. 1947 bei der ersten Wahl zur Nationalversammlung für einen unabhängigen Staat Birma (ab 1989 Myanmar) erhält die AFPFL fast alle Sitze. Vgl. O. V.: Die Geschichte Südostasiens, Geoepoche Geschichte Nr. 109, S. 72ff.

Politik Myanmar (Burma, Birma; 53 Mio. Menschen). Hauptstadt Nay Pyi Taw. Größte Stadt des Landes ist Rangun, zweitgrößte Mandalay. 2012 versucht man die Regimegegnerin Aung San Suu Kyi einzubinden. Am 08.11.15 findet die erste demokratische Wahl seit 25 Jahren statt. Die Partei von Oppositionsführerin Aung San Suu Kyis geht als klare Siegerin hervor. Im März 2018 tritt Präsident Htin Kyaw überraschend zurück. Als Nachfolger wird der bisherige Unterhauschef Win Myint gehandelt. Deutschland will die Entwicklungshilfe einstellen (Plan ab 2020, Korruption, Vertreibung). Myanmars Regierungspartei Nationale Liga für Demokratie (NLD) hat nach eigenen Angaben am 8.10.20 wieder eine absolute Mehrheit erzielt (gegen die militärtreue USDP). Das ist ein Wahlsieg der Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi. Sie steht international in der Kritik wegen Völkermord an den Rohingya. Ende Februar 2021 wird die UN - Botschafterin abgesetzt. Sie hatte die internationale Gemeinschaft dazu aufgerufen, sich der Militärjunta im Land zu widersetzen. Gegen die abgesetzte Regierungschefin Aun San Suu Kyi werden 2021 Gerichtsverfahren eingeleitet. Es kommen immer neue strafrechtliche Vorwürfe (Schmuggeln von Funkgeräten ins Land, Annahme von Bestechungsgeldern). Die EU (Außenminister) verhängt Sanktionen gegen Personen der Militärjunta in Myanmar. Nach dem großen Blutvergießen des Militärs protestiert die internationale Gemeinschaft. Sie nimmt Kontakt zur Gegenregierung auf (CRPH, auch im Ausland). Die USA stoppen ihre Handelsvereinbarung mit dem Land. Myanmars Botschafter in GB, der Gegner der Militärjunta ist, bekommt keinen Zugang mehr zur Botschaft. Er wird abberufen. Anfang Dezember 21 wird Aun San Suu Kyi zu vier Jahren Haft verurteilt (unter Ausschluss der Öffentlichkeit). Weitere Prozesse gegen sie folgen. Man rechnet mit 120 Jahren Haft. Ende April 2022 wird Aung San Kyi wegen Korruptionsvorwürfen zu weiteren 5 Jahren Haft verurteilt. Im Juni 2022 wird sie in Einzelhaft verlegt. Im August 2022 kommt eine weitere Verurteilung zu sechs Jahren Haft (Korruption in vier Fällen). Am 30.12.22 wird sie zu weiteren 7 Jahren verurteilt. Für 2023 hat die Militärjunta eine Wahl angekündigt. Es scheint aber eine Scheinwahl zu sein, die null Legitimität beim Großteil der Bevölkerung hat. Großen Einfluss auf Politik Myanmars haben China und Indien. 

Militärputsch und Proteste: Am 31.01.2021 putscht das Militär wieder. Die führenden Politiker werden verhaftet. Man wirft ihnen Wahlbetrug vor. Die Regierungsmitglieder werden ausgewechselt, auch die Richter. Es gibt weltweite Proteste gegen den Militärputsch (auch der USA). Der Weltsicherheitsrat beschäftigt sich mit dem Thema und zeigt sich besorgt. Der neue starke Mann in Myanmar ist Armeechef Min Aung Hlaing. Er war nie weg von der Macht, hatte sie nur verschleiert. Es gibt Demonstrationen in der Millionenstadt Mandalay im Norden des Landes. Die Militärführung setzt Sperren des Online-Netzwerks "Facebook" ein. Demos werden hierüber organisiert. Trotzdem demonstrieren immer wieder Zehntausende und fordern die Rückkehr zur Demokratie. Sie halten als Zeichen des Protestes drei Finger in die Luft (Widerstandssymbol aus der Filmreihe "Tribute von Panem"). In der Wirtschaftsmetropole Rangun gehen ca. 100.000 auf die Straße. Die Demos im ganzen Land weiten sich aus. Die Armee setzt Wasserwerfer ein. Es gibt Aushangssperren. Zwei Wochen nach dem Putsch bleibt das Militär unerbittlich: Panzer rollen, es fallen Schüsse. Das Militär verspricht wieder mal Wahlen. In der zweitgrößten Stadt des Landes, Mandalay, werden drei Demonstranten erschossen. In der größten Stadt des Landes kommt es zu Zusammenstößen zwischen Anhängern des Militärs und Gegnern. Die Zusammenstöße zwischen den Demonstranten und dem Militär werden härter: mindestens 18 Tote. Die Demonstrationen gehen weiter. Mittlerweile beschäftigen sich auch die Nachbarländer mit dem Aufruhr. Droht dem Asea-Bund gar die Spaltung? Am 14.3.21 verhängt das Militär das Kriegsrecht. Entmachtete Abgeordnete erklären eine Gegenregierung im Untergrund. Es gibt teilweise noch Netzwerke im Untergrund von dem letzten Aufstand (Safran-Revolution). Buddhistische Mönche spielen eine wichtige Rolle. Bis März 2021 gibt es mindestens 280 Tote bei Demos und mehr als 2800 Verhaftete (viele Studenten). Schwerpunkte sind Shan, Mandalay, Yangon, Monywa. Am Tag des bewaffneten Militärs am 26.3.21 (Gedenken an Kampf gegen Japan) werden allein über 100 Menschen getötet. Viele Soldaten desertieren (nach Indien?), weil sie nicht auf Bürger schießen wollen. Der Ausnahmezustand wird im Juli 2021 bis August 2023 verlängert. Dann soll es Neuwahlen geben. Das kündigt Juntachef Min Aung Hlaing an. Am 8.12.21 kommt es wieder zu einem Massaker durch das Militär (11 Tote). Aus einem aufstrebenden Land hat das Militär ein Konfliktgebiet gemacht. Am 18.4.22 lässt das Militär mehr als 1600 Gefangene frei (darunter Journalisten und Ausländer). Im April 2023 wird eine Bombe auf ein Dorf (Kanbalu) geworfen, in dem Aufständische vermutet werden. Es gibt über 100 Tote.  Als erstes Land der Welt sanktionieren die USA die Militärführung: Der Zugriff der Militärs auf Vermögen Myanmars in den USA in Höhe von 827 Mio. €  bleibt ihnen verwehrt. Es gibt eine Reihe von Oppositionsgruppen. Eine der bekanntesten ist "88 Generation Students" mit dem Aktivisten Ko Jimmy (Kyaw Min Yu).

Armee in Myanmar: Seit der Unabhängigkeit des Landes 1948 eine weitgehend abgeschlossene Kaste, die wie ein religiöser Orden agiert (zumindest die Offiziere und Unteroffiziere; Tatmadaw). Sie sieht sich als Hüter des nationalen Schicksals. Fast alle Einsätze fanden und finden innerhalb des Landes statt (gegen rebellische ethnische Minderheiten). Die Armee agierte immer rassistisch. "Senior General" Min Aung Hlaing hat großen Ehrgeiz und ist sehr eitel. 2020 erhält die Armee ihr erstes U-Boot aus Russland (vorher in Indien). Zwei weitere sollen folgen. Die Armee braucht eine funktionierende Wirtschaft, um sich zu finanzieren. Sie ist 350.000 Mann stark, aber nicht alle Einheiten sind kampffähig. Vgl. Anthony Davis, Sicherheits- und Militärexperte an der Uni Bangkok. Facebook sperrt Ende Februar 2021 die Konten des Militärs. Die Weltbank stellt alle Kreditzahlungen ein. Im Dezember 2021 brennt das Militär ein ganzes Dorf nieder (Kaebar). Gegen Aung San Suu Kyi werden immer neue Anklagen erhoben, um sie politisch auszuschalten (zuletzt geht es um eine Schenkung an eine Stiftung). Gegen Dissidenten verhängt die Militärjunta Todesurteile. Mit Granaten schießt man auf friedliche Demonstranten. Die Sicherheitslage ist auch 2023 noch prekär. De facto befindet sich das Land im Bürgerkrieg, eine Vielzahl von Bewaffneten bekämpfen die Junta, aber auch sich gegenseitig. Einen Tag nach dem traditionellen Neujahrsfestes (2021 17.4.21) lässt die Militärjunta 23.000 Gefangene frei.

Ethnische Minderheiten und Rebellenarmeen: Rebellenarmeen ethnischer Minderheiten beteiligen sich 2021 immer mehr am Konflikt. Die Auseinandersetzungen nehmen zu. In Naungmon wird eine Polizeistation angegriffen und elf Polizisten werden getötet. In Bago tötet das Militär mehr als 80 Menschen am 11.4.21. Vgl. Fähnders, Till: Sie stapeln die Leichen an der Pagode, in: FAZ 12.4.21, S. 2. An der Grenze zu Thailand kommt es Ende April 21 zu heftigen Kämpfen. Nahe der Stadt Mae Sam Laep kämpfen Rebellen, hauptsächlich KNU, gegen Außenposten der Armee. Es gibt immer mehr Flüchtlinge nach Thailand und Indien. Die Jugend scheint den Glauben an den Fortschritt zu verlieren. Im März 2022 stufen die USA die Gewalt gegen die Rohingya als Völkermord ein.

Überläufer: 2023 lockt die Junta Überläufer. Widerstandskämpfer sollen ihre Waffen niederlegen. Ihnen werden hohe Geldprämien in Aussicht gestellt. Dei Strafen würden erheblich gemildert.

Rohingya und Flüchtlingscamps: 1 Million Menschen leben seit 2018 im größten Flüchtlingscamp der Welt in Bangladesch. Das Lager Kutu Palong liegt 30 km vom Touristenort Cox´s Bazar im Süden des Landes. Sie waren 2017 geflüchtet über den Grenzfluss nach Bangladesch. Bangladesch will sie loswerden, Myanmar will sie nicht zurücknehmen. Die Welt lässt die Rohingya allein. Vgl. Aisslinger, Moritz: Das Lager der Vergessenen, in: Die Zeit 11/ 9.3.23, S. 11.

Kultur: Bei den Padaung-Frauen erscheint der Hals als Spirale gestreckt. Es ist aber das Gewicht des Metalls, das den Oberkörper verformt und nach unten drückt.

Geschichte: Bereits 3000 v. Chr. gab es eine Besiedlung am Irrawaddy-Fluss. Als Territorialstaat gibt es das Land seit dem 11. Jahrhundert. Danach gab es aufsteigende und untergehende Königreiche. Im Jahre 1885 kam eine britische Besetzung (Teil von Britisch-Indien, beherrscht von einem Gouverneur). 1943 besetzten die Japaner das Land. Es gibt heute sieben Regionen. Die Militärs putschten 1974, 1989 und 2021. 1974 richteten sie einmal ein sozialistisches Regime ein und viele Unternehmen wurden verstaatlicht.

Wirtschaft:  Währung Kyat. Das BIP betrug 2011 857 Mrd. $. Das Land hat eine schlechte Infrastruktur, viele Umweltschäden und es gibt  viel Korruption. BIP 2017 70 Mrd. US-Dollar.  2017 expandiert der deutsche Handelskonzern "Metro" in das Land.  Die wirtschaftliche Entwicklung geht nicht voran (obwohl die USA die Sanktionen aufgehoben haben); die Auslandsinvestitionen sind rückläufig. Die USA stoppen im März 2021 die Handelsvereinbarungen (Sanktion für Todesschüsse des Militärs). Das Militär ist im Blutrausch. Es gibt einen Ansturm auf die Banken (Finanzmetropole Yangon). Die Menschen trauen dem Finanzsystem nicht mehr. Die Wirtschaft liegt 2023 am Boden.

Billigwerkbank: Seit dem Ende der EU-Sanktionen wird Myanmar zur neuen Billigwerkbank. So lassen etwa Aldi und Lidl da fertigen. Das gilt vor allem für Textilfabriken. Auch Zulieferer für Adidas produzieren dort.  2018 steigen die zollfreien Ausfuhren in die EU auf 2,3 Mrd. € (2015: 535 Mio. €). Die GIZ pumpte Milliarden in das Programm "Smart Myanmar".

Ausländische Direktinvestitionen in Myanmar: Sie sprangen von 900 Mio. $ 2010 auf 2,5 Mrd. 2011. 2013 prognostizierte McKinsey ein Vervierfachung der Wirtschaft bis 2030.

Deutsche Unternehmen: Deutsche Mittelständler sind recht aktiv. Sie wollen einen der letzten unbearbeiteten Wachstumsmärkte erschließen. Das geht aber nur über Verbindungen zum Militär. Unternehmen sind für die Streitkräfte eine wichtige Einnahmequelle. Krones hilft der Myanmar Brewery (Staatsunternehmen, seit 1995). Das Unternehmen zog sich allerdings 2017 zurück.  Das Hamburger Textilunternehmen Deltex  lässt Sportbekleidung nähen. Der Münchener Telekommunikationsausrüster Adva liefert Technik an Firmen. Weiterhin sind Heidelberger Druck  und Fraunhofer Institut vertreten (mit Elektronikunternehmen Rohde & Schwarz). Vgl. Peer, Mathias: Die heiklen Geschäfte der Mittelständler in Myanmar, in: Handelsblatt Nr. 247, 21.12.2020, S. 26f. Auch der Geldnotendrucker Giesecke & Devrient aus München unterhält enge Kontakte. 2021 werden Zulieferungen ausgesetzt. Doch die Zukunft des Geldes in Asien scheint eh digital zu sein. Die Deutsche Post betreibt seit 25 Jahren eine Tochter im Land (DHL, gemeinsam mit Postministerium im Land). Die KfW stellte 30 Mio. $ für das Unternehmen Irrawaddy Green Towers (IGT) zur Verfügung. Das Webhosting - Unternehmen Hetzner unterstützt direkt das Militär. Der Elektronik-Konzern Rohde & Schwarz (siehe oben) liefert Kommunikationstechnik für das Militär. Der indische Unternehmer Adani hat deutsche Technik von Siemens nach Myanmar verschifft. Siemens ist wohl getäuscht worden.  Ne Win, ein früherer Lilitär-Diktator ließ zum Dank einst ein "birmanisches Teehaus" bei Wiesbaden bauen, das heute noch steht. Mitarbeiter der Hans-Seidel-Stiftung (CSU) richten seit 2014 Oktoberfeste in Yangon aus. Sponsor ist die Dagon-Brauerei, die dem Militär gehört. Vgl. Klawitter, Nils: Hilfe für die Junta, in: Der Spiegel 14/ 3.4.2012, S. 94.

Deutscher Fußballnationaltrainer: Der Deutsche Michael Feichtenbeiner ist 2023 Fußballnationaltrainer. Kritiker bezeichnen ihn als Kollaborateur der brutalen Junta, andere loben ihn  als Entwicklungshelfer. Er bewegt sich in jedem Falle in einem heiklen Spannungsfeld. Jedenfalls geht e smit dem Fußball aufwärts: Erstmals die Gruppenphase bei den Asian Games überstanden.

Opiumanbau: Tausende von Kleinbauern leben vom Opiumanbau (Schlafmohn). Man schätzt, dass ca. 70.000 Kleinbauern im Hochland davon ihren Unterhalt bestreiten. Insgesamt wurden 2018 520 Tonnen produziert (Schätzung der UN). Kein pflanzliches Produkt ist in Relation zu seinem Gewicht wertvoller. Mittlerweile konkurrieren zwei Entwicklungshilfeorganisationen darum, die Kleinbauern davon wegzubringen. Es sind die UNODOC (Büro der UN für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, von Deutschland und Finnland finanziert) und die USAID (Organisation der USA). Beide arbeiten mit dem Alternativprodukt Kaffee, gehen aber unterschiedliche Wege. 950 Bauern haben sich bis 2019 dem UN-Projekt angeschlossen.

Jade: Myanmar ist einer der größten Jade-Produzenten der Erde. In der Region Hpakant nahe der Grenze zu China im Bundesstaat Kachin ist eines der größten Jade - Haupt-Abbaugebietes der Welt. Hier liegen viele Minen. Sie gelten insgesamt als unsicher. Im Juli 2020 gibt es viele Opfer nach einem Erdrutsch.

Seltene Erden:  Das Land hat die drittgrößten Vorkommen hinter China und den USA.

Teak-Exporte (Holz): Myanmar ist einer der größten Holzexporteure der Welt. Es geht um hochwertiges Teakholz, das aus Mangrovenwäldern gewonnen wird. Es wird vor allem im Yachtbau verwendet. Das Holz ist Plantagen-Teakholz weit überlegen. Da die EU und andere Staaten die staatliche Gesellschaft sanktioniert haben, läuft die Abholzung und der Export vor allem über kriminelle Organisationen.

Tourismus: Myanmar wird als Tourismus-Ziel immer attraktiver. Besonders attraktiv ist der Mergui-Archipel vor der Westküste des Landes. Es ist die Heimat der Moken, die sich Jäger der Meere nennen. Sie sind Seenomaden und helfen ein einzigartiges Öko-System zu schützen.

Myanmar und China: Das Land  hat eine große strategische Bedeutung für China: Im September 2007 werden alle Verbindungen nach außen, insbesondere das Internet, gekappt. China will eher einen Sturz der Militärjunta verhindern. Bodenschätze, Holz, Öl und Gas lagern dort in großen Mengen. Ein wichtiges Exportgut ist auch Jade. Der Jade-Handel ist fest in chinesischer Hand. In China ist Jade ein Symbol des Glücks. Wichtig ist auch der Zugang zum Golf von Bengalen. China hat einen direkten Draht zum Militär und lenkt im Hintergrund (mehr Duldung des Militärs, wirtschaftliche Beziehungen sind entscheidend). Die gemeinsame Landesgrenze ist 2129 km lang. Militärcoups haben in der Region eine lange Tradition. In der Regel blockiert China - zusammen mit Russland - UN-Reaktionen auf den Militärputsch. Der "China-Myanmar Economic Corridor" (CMEC) hat für China oberste Priorität.

Im Rahmen des Neuen Seidenstraßenprojektes hat Myanmar eine große strategische Bedeutung für China. Einmal verfügt das Land über wichtige Bodenschätze (Öl, Gas, Holz, Jade).  Zum anderen ist es ein Verkehrsweg und Energielieferant. China wollte am Ursprung des Irrawaddy einen Staudamm bauen, der China mit Energie versorgen soll. 90% der Energie sollten nach China fließen. Nach heftigen Protesten der Bevölkerung wurde das Projekt vorerst gestoppt. China traut weder der Minderheit der Muslime noch der Mehrheit der Buddhisten. So werden  - wie fast immer - nur Chinesen in den Projekten beschäftigt. Das macht die Chinesen aber sicher nicht beliebt.  Es gibt nur eine sichere Straße zwischen Myanmar und China. Das ist die Burma Road. Es war eine wichtige Route für Chinas Alliierte im Zweiten Weltkrieg gegen die Japaner. Sie wurde in den 1930er Jahren gebaut. Sie führt in China in die Provinz Yunnan. Es gibt schon gebaute Gasleitungen von Myanmar nach China, die aber bisher kaum genutzt werden. Das Hafenprojekt Kyaukpyu wurde von 7,5 Mrd.  auf 1,3 reduziert. Es soll zu einem verkürzten Seeweg führen von Südchina über Hambantota in Sri Lanka.

Das Malakka-Dilemma: Das Land  schafft eine Verbindung zum indischen Ozean, ohne die Meerenge bei Singapur und die Straße von Malakka passieren zu müssen. Dieses geographische Nadelöhr ist als Malakka-Dilemma bekannt. Heute schützt die 7.Flotte der US-Marine die Straße. Immer wieder wird die Idee ins Spiel gebracht, einen Kanal durch die malyaische Halbinsel zu bauen. So weit ist es noch nicht gekommen. Aber Myanmar ist der "Hintereingang" zum indischen Ozean. Heute schon baut China jede Menge Leitungen durch Myanmar. Man hat den Überblick verloren. Vgl. Mattheis, Philipp: Die dreckige Seidenstraße, München 2023, S. 183ff.

Umwelt und Naturkatastrophen: Ein Tropensturm im Mai 2008 verwüstet das Land und führt zu über 20.000 Toten und über 40.000 Vermissten (Zyklon löste Flutwelle aus). Das Land hat viele Umweltkatastrophen. Der Monsunregen trifft 2015 das Land am stärksten: Überschwemmungen. Im November 2015 kommen bei einem Erdrutsch ca. 100 Menschen um (ausgelöst durch eine Jade-Mine). Auf dem Climate Risk - Index von German Watch steht das Land ganz oben.

In den letzten Jahren ab 2012 wurden 100 neue Tierarten in dem Land entdeckt. Das ist ein Beweis für die erstaunliche Artenvielfalt in dem Land (37 Geckoarten, 17 Arten Süßwassermuscheln, Stumpfnasenaffe).

Ethnische Konflikte und Vertreibung: 2013 töten Buddhisten hilflose Muslime in Massen und zerstören Moscheen. Konzerne meiden das Land eher wegen hoher Risiken. KMU aus Deutschland sind aktiv (deutsche Direktinvestitionen Stand 2014 8,3 Mrd. €). Tausende Flüchtlinge verlassen 2015 das Land (Rohinggya-Flüchtlinge, verfolgte Muslime, Einwanderer aus Bangladesch und Pakistan in der britischen Kolonialzeit). Besonders die Muslime werden diskriminiert und verfolgt. Auch unter Aung San werden die Moslems erheblich diskriminiert und gar verfolgt. Immerhin darf der buddhistische Hetzer Wirathu öffentlich seine Thesen nicht mehr verbreiten (aber er gilt als verlängerter Arm des Militärs). Im August 2017 kommt es wieder zu starken Gefechten mit den Rohingyas (über 100 Tote). 60.000 Menschen der Volksgruppe fliehen Ende August 2017 nach Bangladesch. Mittlerweile sind wohl 230.000 bis 389.000 Menschen geflohen. Insgesamt sind ca. 600.000 Rohingya - Flüchtlinge in Bangladesch. Das Flüchtlingslager Kutupalong ist das größte der Welt. Im Oktober 2017 sammelt eine Geberkonferenz in Genf 340 Mio. € für die Flüchtlinge. Die Grenze könnte vermint sein, um eine Rückkehr zu verhindern. Indien will die 40.000 Rohingyas zurückschicken. Die UN warnen vor "ethischen" Säuberungen. Es könnte für Südostasien gefährlich werde, wenn der Konflikt Schule macht. Auf internationalen Druck hin nehmen Myanmar und Bangladesch Gespräche über die Rückkehr von Flüchtlingen auf. Man einigt sich über eine Rückkehr innerhalb von 2 Jahren. 2018 wirft die UN Myanmar Massentötungen und -Vergewaltigungen vor ("Absicht von Völkermord"; Stigmatisierung der Rohingyas). Im Mai 2019 klagt Amnesty International über die Bedingungen in Gefängnissen. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag (IGH) führt einen Prozess wegen Völkermord gegen Myanmar. De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi (Friedens-Nobelpreisträgerin?) sagt im Dezember 2019 aus. Im Mittelalter war Bagan im heutigen Myanmar die Hauptstadt eines riesigen buddhistischen Reichs, die Stadt war 15-mal größer als das mittelalterliche London. Sie war berühmt in ganz Asien. In Myanmar ist der Theravada - Buddhismus (wie in Thailand, Kambodscha, Laos, Sri Lanka). Sehr berühmt ist der Mönch Mahakassapa. Buddhisten aus ganz Asien strömten in das wohlhabende Bagan mit seinen frommen Königen. Viele blieben auf Dauer. Nur 5% der Bevölkerung Myanmars sind Muslime. Dennoch schüren nationalistische Mönche immer wieder die Angst vor Überfremdung.

Humanitäre Katastrophe: 2021 droht dem Land eine große Hungersnot. Etwa 800.000 Menschen benötigen Hilfe. 360.000 Menschen sind auf monatliche Unterstützung angewiesen. Insgesamt leiden 3,4 Mio. Menschen Not. Die Treibstoffpreise explodieren. Der Palmölpreis steigt um 20%. Der Reispreis geht 5% in die Höhe. Geld gibt es nur begrenzt, weil die Banken gelähmt sind. Vgl. UN-World-Food-Program. Amnesty International fordert für das Land ein globales Waffenembargo.

Naturkatastrophe: Am 13.5.23 bedroht ein Zyklon Myanmar. Flüchtlingslager und Küstenorte werden evakuiert. Der Zyklon "Mocha" fordert trotzdem über 400 Tote. Die meisten sind Rohingya.

Asean als Rahmen: Die Staatschefs der Asean - Gruppe treffen sich am 24.4.21 in Djakarta/ Indonesien. Sie fordern den anwesenden Militärführer auf, zur Demokratie zurückzukehren. Sie haben großen Einfluss durch Wirtschaftshilfen für das Land.

Unruhen: 2019 kommt es in der Provinz Rakhine zu Unruhen. In der Region bekämpfen sich islamische Rebellen und das Militär. Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi lässt das Internet in der Provinz sperren.

Luftangriffe der Armee: Die Armee lässt einen Luftangriff im Oktober 2022 auf ein Konzert in Kachin-Stadt fliegen. Mindestens 80 Menschen kommen ums Leben. Mit dem Konzert sollte der Gründung von der Unabhängigkeitsorganisation Kachin Independence Organisation vor 62 Jahren gedacht werden. Sie setzt sich für die Rechte der Volksgruppe der Kachin ein.

Bridgefy: App. Man kann Botschaften ohne Web senden. Man nutzt das Bluetooth-Netzwerk durch Selbstvernetzung. Für bis zu 30 Nutzer ist die Nutzung kostenlos. Bis zu 1000 Nutzer werden 2021 99 US-Dollar fällig. Das Netz erlangt traurige Berühmtheit in Myanmar. Es  kommt immer dann zum Einsatz, wenn die Behörden  das Internet abschalten.

 

Bhutan:

Allgemein: In Bhutan, das etwa so groß wie die Schweiz ist, leben 2,3 Mio. Menschen (andere Statistiken nennen 1 Mio. bzw. 790.000). Der Staatsname ist "Druk Yul": "Land des Donnerdrachens" in der Landessprache.

Wirtschaft und CNH: Interessant ist die "Cross  National  Happiness" (GNH), d. h. wichtiger als wirtschaftliches Wachstum ist die Zufriedenheit der Menschen. Allerdings muss mehr als die Hälfte des Staatshaushalts durch Kredite und Zuschüsse aus dem Ausland abgedeckt werden.  Das BIP beträgt 2,64 Mrd. US-$ 2022, 2,5 Mrd. US-$ (2020). Wachstum BIP 4,3%. Inflation 5,9% (2022). Arbeitslosenquote 3,6% (2022). Die meisten Menschen arbeiten in der Landwirtschaft (55%). Ca.60% der Menschen leben auch auf dem Land. Das Land muss mehr importieren als es exportiert. Das Bruttonationalglück arbeitet mit den Indikatoren gutes Regieren, nachhaltige, soziale und wirtschaftliche Entwicklung, Kulturförderung und Umweltschutz.

Außenhandel: Import 1,7 Mrd. US-$: Brennstoffe, Luftfahrzeuge, Maschinen. Export 2022: 720 Mio. US-$: Steine, Erden, Gips und Zement, Eisen und Stahl.

Umwelt: 2013 plant das Land, erster Öko-Staat der Welt zu werden (biologische Landwirtschaft Pflicht). Bhutan will CO2-neutral bleiben. In der Verfassung steht, dass 60% der Wälder erhalten werden müssen. Mehr als dei Hälfte des Staatsgebietes steht unter Naturschutz. Allerdings ist Wilderei in den Grenzregionen ein großes Thema. Begehrt sind der Rote Panda (streng geschützt) und der Schwarzhalskranich. Letzterer gilt als Himmelsbote (es gibt noch 500 in ganz Bhutan).

Politik: Hinter der vordergründigen Demokratie mit der Partei der "vollkommenen Harmonie" steht ein Königreich, das keine Abweichler duldet. Bhutan ist das letzte noch existierende souveräne buddhistische Königreich auf dem Dach der Welt (Konstitutionelle Monarchie). König ist Wangchuck. Traditionell ist die Beziehung zu Tibet eng. Die Machtspiele Chinas treiben das Land eher in die Arme Indiens. Viele Tibeter sind nach Bhutan geflohen. Normalerweise pendelt das Land geschickt zwischen China und den USA.

Religion:  In dem Land wurde der Buddhismus im 12. Jahrhundert Staatsreligion. Lange lag die eigentliche Macht in den Händen der Lamas. Sehr verbreitet ist der Mahayana-Buddhismus (tibetisch). Er verspricht einen schnelleren Ausweg aus dem leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten. Durch anspruchsvolle spirituelle Übungen (Tantra, Yoga) kann der Mensch Erleuchtung innerhalb des Lebens erlangen. Es bedarf enger Beziehungen des Meisters, dem Lama, mit seinem Schüler. Sehr populär sind Bodhisattvas, erleuchtete Wesen (sie könnten ins Nirvana einziehen, entscheiden sich aber für den Meister). Der Dalai-Lama gilt als menschliche Erscheinungsform. Lama bedeutet "Hoher Priester". Zwar durften Frauen später Nonnen werden, doch sie galten als unrein und mussten sich Männern grundsätzlich unterordnen. So ist auch heute noch die Alphabetengrate bei Frauen bei 57%.

Gesundheit: Rund 800 Covid - Fälle gab es 2020 (1 Todesfall). Das mag an den wenigen Ausländern liegen. Beim Impfen entwickelt das Land Rekordgeschwindigkeit (April 2021 63%, Platz 2 in der Welt hinter Seychellen). Die Lebenserwartung liegt heute bei 70; sie hat sich innerhalb kurzer Zeit verdoppelt. Die Corona-Pandemie brachte den Tourismus zum Erliegen.

Territorialer Konflikt mit China: China beansprucht noch einige Teile von Bhutan. Die Regionen liegen an der Grenze zum autonomen Gebiet Tibet. Es handelt sich um das Doklam-Plateau und Gebiete um die Städte Jakarlung und Pasamlung. Vgl. Winter, M.: China 2049, München 2019, S. 149. Die Chinesen errichten illegal ein Dorf auf dem Territorium von Bhutan. Sie gehen aggressiv vor. In Bhutan leben um die 2000 Tibeter, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind.

Bhutan und Deutschland: Der Regierungschef aus Bhutan Lotay Tshering besucht im März 2023 zum ersten Mal Deutschland. Scholz lobt dabei das Konzept "Bruttonationalglück" und sieht das Land dabei als Vorreiter.

 

Kambodscha:

Bevölkerung: 17 Mio. Einwohner. Verteilung: Stadt 24,7%; Land 75,3%. Wachstum 1,4%. Lebenserwartung: Frauen 72 Jahre; Männer 68 Jahre. Hauptstadt: Phnom Penh.

Politik: Parlamentarische Monarchie. Staatsoberhaupt: König Norodom Sihamoni (seit 2004). Regierungschef: Premierminister Hun Sen. Im Jahre 1997 kam Hun Sen per Staatsstreich an die Macht. Bei Wahlen verbietet er die wichtigste Oppositionspartei. Im November 2018 gibt es erste Gerichtsurteile gegen Verbrechen der "Roten Kmer". Verwaltungsgliederung: 24 Provinzen und 1 Sonderverwaltungsgebiet.

Geschichte: Funan-Reich 1. -7. Jahrhundert). Chenia-Reich 7- - 8. Jahrhundert). Kmer-Reich (9. - 15. Jahrhundert). Abhängigkeit von Thailand und Vietnam (15. - 19. Jahrhundert). Französische Kolonialherrschaft (1863 - 1953). Erst in den 1950er-Jahren endete die französische Herrschaft. Dann wurde das Land in den Vietnamkrieg hineingezogen. 1975 stürzten die Roten Khmer das pro -amerikanische Regime, das 1970 die Macht übernommen hatte. Während dieser Herrschaft sollen 1,2 Mio. Menschen gestorben sein (Hinrichtung, Unterernährung, Überarbeitung, Krankheiten). 1979 marschierte Vietnam ein und errichtete bis 1989 ein Protektorat. Seit 1998 Unabhängigkeit und Wiederaufbau.

Wirtschaft: Währung Riel. BIP 2022 28,54 Mrd. US-$. BIP 2017: 22,2 Mrd. US-$. 26,19 Mrd. US-$ (2021). Das Land hatte 2006 ein Wachstum von 9,5% und profitiert stark von seinen Ölvorräten. Inflation 5,3% (2022). Viele Menschen in dem Land verdienen gerade einmal 3 $ pro Tag. BIP/ Kopf 1785 $. ALQ 0,4%.

Außenhandel: Import 29,8 Mrd. US-$: Edelsteine, Metalle, Wirk- und Strickwaren, Brennstoffe. Export 22,47 Mrd. US-$: Bekleidung, Lederwaren, Schuhe.

Exkurs. Kuh-Leih-Projekt: Eine Kuh ist so viel wert wie ein Haus. Sie bleibt für viele Dorfbewohner ein Traum. Kambodscha ist eines der ärmsten Länder Südostasiens. Zwei Männer aus Australien versuchen 2023 zu helfen. Sie gründen das Projekt "Cows for Cambodia". Es fungiert als eine Art Bank für Kühe. Die gemeinnützige Organisation besitzt eine eigene Kuhherde. Sie verleiht einzelne trächtige Kühe an Familien. Fünf Monate nach Geburt des Kalbs geht die Kuh an die Organisation zurück.

Hauptstadt und wichtige Städte:  Phnom Penh (1,57 Mio.). Siem Reap, Battambang, Sihanoukville, Sisophon.

Seidenstraße und Sihanoukville: Mittlerweile ist das Land in das chinesische Neue Seidenstraßenprojekt eingebunden. Die Stadt Sihanoukville ist eine wichtige Station der maritimen Seidenstraße. Bade- und Erholungsort war sie immer.  Gleichzeitig bauen die Chinesen sie zu einer Spiel- und Amüsierstadt um. Die Einheimischen sind verbittert. Die Stadt entwickelt sich 2022 zu einem hotspot des globalen Internetbetrugs. Menschenhändler locken Migranten aus ganz Asien in so genannte Scam-Fabriken (Betrugsfabriken). Vgl. Collini, Francesco u. a.: Verraten und verkauft, in: Der Spiegel Nr. 42/ 15.10.22, s. 90ff..

Umwelt: Ein großer Teil der Wälder fallen immer mehr Brandrodungen zum Opfer.  Die indigenen Völker, die seit Jahrhunderten Landwirtschaft betreiben, verlieren ihre Felder an große Naturkautschukfirmen. Immer Gummi wird für die PKW-Reifen, vor allem in Asien, benötigt. CO2-Emissionen/Kopf 0,9 t.

Bildung: Im November 2019 geht ein Beispiel einer Schulklasse im Norden  des Landes (Provinz Preah Vihear) um die Welt: 400 Grundschüler haben für neue Klassen einen Spendenaufruf gemacht. Zwei neue Gebäude können gebaut werden.

Erwerbstätige: Landwirtschaft 31,2%; Industrie 29,6%; Dienstleistungen 39,2%.

Exporte: Kambodscha liefert die meisten Fahrräder nach Deutschland. Kein Land der Welt liefert mehr. Es waren 2018  560.000. Die Arbeitsbedingungen in den Fabriken gelten als miserabel. 5,50 Euro verdienen Fabrikarbeiter im Durchschnitt am Tag bei hoher Belastung. Machen Arbeiter haben zusätzlich noch lange Anfahrtszeiten. Die EU hat in einem Prüfbericht im November 2019 Verletzungen der Regeln der ILO festgestellt. Die Wettbewerbskommissarin soll entscheiden (setzt Frist), ob das Land seine Zollvorteile verliert. Vgl. Zacharakis, Z.: Unterm Rad, in: Die Zeit, Nr. 51, 5.12.19, S. 38f. Im Jahre 2020 setzen mehr als 110 Bekleidungsfirmen (unter anderen H&M, C&A) ihre Produktion wegen Corona aus. Ein Lieferkettengesetz könnte auch große Auswirkungen haben. Weitere Exporte: Textilien, Gold, Schuhe, Handtaschen, Reiseartikel.

Gesundheit in Kambodscha: Anfangs wird man durch Schließung der Grenzen gut mit der Pandemie fertig. Im Juni 2021 kommt ein Ausbruch: Vier Chinesen haben auf dem Flug von Dubai nach Phnom Phenh einen Sicherheitsbeamten bestochen und ihre Quarantäne gebrochen. Sie feierten in Clubs und verbreiteten so die Pandemie.

Landminen: Ein großes Problem sind auch 2020 noch die vielen Landminen. Man versucht, sie systematisch ausfindig zu machen. Sehr erfolgreich werden dabei Ratten eingesetzt. Die Ratte "Magawa", die eine Fläche von 20 Fußballfeldern von Minen räumte, erhält dafür eine der höchsten Auszeichnungen des Landes.

Kultur und Literatur: Der Bürgerkrieg im Land und die Kmer müssen immer noch bewältigt werden. 2021 erscheint ein sehr empfehlenswertes Buch dazu in Deutschland: Judith Taschler, Das Geburtstagskind, Roman 2021. Zwei Geschwister sind aus Kambodscha geflohen. Sie haben sich auch geliebt. Der Bruder baut sich eine Existenz in Deutschland auf und hat Kinder. Die Schwester landet nach Frankreich in den USA. Der Bruder verdrängt die Vergangenheit. Die Schwester hält Vorträge über Kambodscha in den USA. Die Kinder des Bruders schenken ihm zum Geburtstag ein Wiedersehen mit der Schwester.

Angkor Wat und Geschichte: Bekannteste und größte Tempelanlage der Welt. Sie liegt ca. 240 km nordöstlich der Hauptstadt Pnom Penh in der Provinz Siem Reap. Sie wurde ich 10. Jh. gebaut unter Yasovarman (889-910). Sie war Teil einer Bewässerungsanlage mit Stausee, die den Reisanbau das ganze Jahr ermöglichte. Das Wasser um die Tempelanlage bewirkte, dass der Wald nicht früher vordringen konnte. Das Khmerreich war sehr wohlhabend und eroberte das Nachbarvolk der Cham (die es später umgekehrt machten). Angkor Wat ist höchstwahrscheinlich der Toten-Tempel (Totengott Yama) für Suryavarman II. Ursprünglich hinduistisch für Vishnu wurde die Anlage später als Heiligtum und Kultstätte des Theravada-Buddhismus genutzt. Preah Ko, im 9. Jahrhundert errichtet, ist wahrscheinlich das erste große Gotteshaus in Angkor. Man sieht oft die Gesichter der Herrscher, die den Bau des jeweiligen Tempels befohlen haben. Man arbeitete mit Elefanten und Büffeln. Die Tempel-Anlage ist Nationalsymbol und Teil der Fahne. Um 1200 erreicht das Khmer-Reich seine größte Ausdehnung. Dann setzen Nachbarstämme es immer mehr unter Druck. 1431 erobern die Thai die Khmer-Hauptstadt, die 1434 zugunsten von Phnom Penh aufgegeben wird. Die Thai übernehmen viele kulturelle Traditionen. Die Anlage wurde später von Portugiesen und Franzosen restauriert. Frankreich entriss Kambodscha der vietnamesischen und siamesischen Vorherrschaft und machte es 1863 zu seiner Kolonie (Protektorat). 1953 wurde das Land wieder unabhängig. Später herrschten  die Roten Khmer.

Exkurs. Zirkusschule: Hier können Kinder Akrobatik, Tanzen, Musizieren und Zeichnen lernen. Das Projekt stiftet Zukunftschancen. Der Camus ist in der drittgrößten Stadt des Landes Battambang, an der Grenze zu Thailand. Er umfasst ein halbes Dutzend Gebäude und eine Trainingshalle. 

Repression: Sie nimmt im Lande zu. 2021 wurden 9 Funktionäre der Oppositionspartei (CNRP) in Abwesenheit zu hohen Haftstrafen verurteilt. 150 Parteimitglieder auf unteren ebenen stehen unter Anklage.

 

Laos:

Bevölkerung: 7,63 Mio. Einwohner (2022). Wachstum: 1,4%. Verteilung: Stadt  36,9%; Land 63,1%. Religionen: Buddhismus, Christentum u. a.

Hauptstadt Vientiane. Wichtige Städte: Savannakhet, Pakse, Luang Prabang, Phonsavan.

Staatsform:Volksrepublik. An der Spitze Kommunistische Partei. Thoungloun ist Generalsekretär. Laos ist in unseren Sinne keine Demokratie, also unfrei (nach Freedom House). Es geht dem Land nicht um Wahrung der Demokratie und Menschenrechte. Es gibt positive Worte zum "starken Mann Putin" in Russland.

Der Einfluss Chinas war historisch immer relativ begrenzt. Nur das nördliche Laos stand unter der wirtschaftlichen Einflusssphäre Chinas. Man schätzt, dass 2013 300.000 Chinesen als Migranten in Laos leben. Chinesen investieren in Laos. Luang Prabang ist die frühere königliche Hauptstadt. Sie ist UNESCO-Weltkulturerbestadt. Sie ist bei Touristen sehr beliebt. Man will den Einfluss Chinas nicht zu groß werden lassen und nutzt die Rivalität der Großmächte aus. "Die Vietnamesen pflanzen Reis, die Kambodschaner schauen zu, die Laoten hören ihn wachsen", Spruch der Franzosen über die Mentalität der drei Völker.

Thong Hay Hin: Die Ebene der Tonkrüge, nahe Phonsavan. Mehrere Hundert Steinkrüge mit einer Größe von bis zu drei Metern wurden gefunden. Ihr Alter wird auf 1500 bis 2000 Jahre geschätzt. 2019 wurde das Gebiet zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt.

Wirtschaft: Währung Kip. BIP 2017 17 Mrd. US-$. 18,55 Mrd. US-$ 2021. BIP 2022 15,3 Mrd. US-$. Im Jahre 2017 wächst die Wirtschaft rasant; 2021 2,1%.  Die Börse ist eine der kleinsten der Welt (Laos Composite Index). 2018 kommt Bewegung in den Kapitalmarkt (fünf Börsengänge). 2020 schrumpft die Wirtschaft erstmals seit der Asienkrise 1998. Die Staatsschulden steigen auf über 60% des BIP. Größter Gläubiger ist China. Der aktuelle Fünfjahresplan sieht eine Vertiefung der Beziehungen vor. Die Freundschaft zu Vietnam ist abgekühlt. Inflation 3,8% (2021). ALQ 1,3%.

Rohstoffe: Laos hat große Vorkommen an den Bodenschätzen Gold, Silber, Kupfer. Es wird Raubbau betrieben von chinesischen Minenunternehmen. Auch die ökologischen Folgen sind bedenklich.

Außenhandel: Import 6,53 Mrd. US-$. Nahrungsmittel, Maschinen, Petrochemie, Chemische Güter. Export 7,62 Mrd. US-$. Nahrungsmittel, Rohstoffe, Gold, Tabak.

Verkehr; Schleichende Übernahme durch China: Laos droht eine art chinesische Provinz zu werden. China baut eine Zugstrecke durch das Land (Laos-China-Railway). Auf 417 Kilometern durchschneidet sie das Land. Es sollen auch chinesische Touristen aus der Nachbarprovinz Yunnan kommen. Damit wird es ein regionaler Knotenpunkt. aber der Zug ist primär für China. Die Zugstrecke soll durch Thailand und Malaysia verlängert werden. Es geht sogar noch weiter zu einem "panasiatischen Eisenbahn-Netzwerk". Vgl. Mattheis, Philipp: Die dreckige Seidenstraße, München 2023, S. 197ff.

Zusammenbruch/ Verschuldung?: 2022 kämpft Laos mit dem wirtschaftlichen Zusammenbruch. Das Land hat immense Schulden bei China. Treibstoff ist unbezahlbar. Kredite können kaum noch bedient werden. Vgl. FAZ 6.7.22, S. 18. Laos ist völlig abhängig von China. Der Schnellzug bei Vientine hat alleine zu 7 Mrd. $ Schulden geführt. China macht bisher keine Schuldenschnitte. Vgl. HB 18.10.22. Das Joint-Venture "Zug" wird über die Exim Bank finanziert (60% Kredit). Die Gesamtverschuldung des Landes liegt über 100%.

Umwelt: CO2-Emissionen/Kopf 5,8 t. 2022: 2,8 t. Enorme Umweltschäden durch den Rohstoff-Abbau durch chinesische Firmen. Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 71,6%. .

 

Philippinen:

Allgemein: 117 Mio. Einwohner 2022. Hauptstadt Manila. Beim Papstbesuch Mitte Januar 2015 in Manila fehlen Toiletten. Deshalb müssen die Polizisten vorsichtshalber Windeln tragen. Der Jeepney ist ein umgebauter Jeep aus alten Beständen, die die US-Armee nach dem 2. Weltkrieg zurückließ. Sie sind zum Symbol für nationalen Erfindergeist geworden, obwohl sie große Umweltverschmutzer sind. Das älteste Kunstwerk der Welt findet man 2015 auf Jawa: eine verzierte Muschel ist 540.000 Jahre alt.  Im Juli 2016 entscheidet der internationale Gerichthof in Den Haag über den Inselstreit zwischen den Philippinen und China. Er gibt den Philippinen recht. Trotzdem verordnet Präsident Duterte einen radikalen Kurswechsel. Er wendet sich von den USA ab und nähert sich China. Die Terrororganisation Abu Sayaf tötet im November 2016 eine deutsche Seglerin und entführt ihren Mann (Lösegeld). Mit Milliardeninvestitionen versucht das Land, die Hauptstadt Manila mit Infrastrukturprojekten gegen Überschwemmungen abzusichern. 2017 gewinnen die Islamisten Boden in dem Land. Bei Gefechten gibt es viele Toten. Am 12.11.17 besucht der US-Präsident Trump das Land.

Wirtschaft:  Währung Philippin. Peso. BIP 2017 313,6 Mrd. US-$.. BIP 2022 404,26 Mrd. US-$.  Wachstum 2022 7,6%. BIP/Kopf 3623 US-$. Inflation 5,8%. Anteil BIP nach Sektoren: Landwirtschaft 10,2%; Industrie 28,4%; Dienstleistungen 61,4%. ALQ 2,2%. CO2-emissionen pro kopf 1,3t. Strom aus erneuerbaren Energien 21,2%.  Nirgendwo gibt es so viele englischsprachige Callcenter wie auf den Philippinen (1,3 Mio. Menschen arbeiten dort). Sie tragen zum Boom der Wirtschaft bei (8% vom BIP). 2017 gibt die philippinische Zentralbank fehlerhafte 100-Peso-Scheine heraus (Porträt eines früheren Präsidenten fehlt).

Manila als Metropol-Region: Hier leben 13,4 Mio. Menschen. Die Stadt hatte einen zweifelhaften Ruf als als motorisierte Metropole. Sie drohte im täglichen Verkehrschaos zu versinken. Doch wegen steigender Benzinpreise als Folge des Ukraine-Krieges fahren die Menschen zunehmend Fahrrad. Das könnte eine Chance für den grünen Wandel sein, Manila kann wieder atmen Berühmt ist das Viertel Poblacion. Das ist der Ort der Sünde. Es gibt käuflichen Sex, Drogen und Party ohne Ende. Das Schmuddel - Viertel soll umgewandelt werden.

Politik: Staatsname: Republik der Philippinen. Staatsform: Präsidiale Republik. Präsident Rodrigo Duterte will sich 2022 zurückziehen. Im Rahmen des Anti-Drogen-Krieges soll er massive Menschenrechtsverletzungen begangen haben. Der Sohn des einstigen Diktators Ferdinand Marcos will für die Präsidentschaft kandidieren (Ferdinand Marcos jr.). Kehrt der Marcos-Clan zurück an die Macht? Er ging im Zuge eines Volksaufstands 1986 nach Hawaii (voll gestopft mit Goldbarren und Diamantenketten). Bei der Präsidentschaftswahl gewinnt der Sohn von Marcos: Ferdinand junior. Die Dynastie Marcos feiert eine Wiederauferstehung.

Exkurs. Fidel V. Ramos: Er starb im Juli 2022 mit 94 Jahren. Er war in West-Point ausgebildet. Er kämpfte als Soldat im Korea- und Vietnam-Krieg. Als Chef der nationalen Polizei stützte er einst den Diktator Ferdinand Marcos. 1986 half er ihn stürzen. 1992 bis 1998 war er Präsident. Er liberalisierte die Gesellschaft und die Wirtschaft. Einer seiner größten Erfolge war die Versöhnung mit extremistischen und separatistischen Gruppen.

Dynastie-Kartell: Die Marcos- und die Duterte-Familie scheinen eine Allianz eingegangen zu sein. So scheint sich eine Autokratie zu entwickeln. Beide Familien haben eine Menge Dreck am Stecken. Legendär war Imelda Marcos (ehemalige Schönheitskönigin): ihre gute Beziehung zu Mao, Gaddafi und Fidel Castro, ihr Schuh-Tick, ihre Feierlaune. Vgl. Follath, Erich: Im Bann der schrecklichen Familie, in: Die Zeit 52/ 15.12.22, S. 22.

Drogenkrieg: Präsident Rodrigo Duterte geht 2018 unerbittlich gegen den Drogenhandel vor. Mit dem Versprechen hatte er die Wahl 2016 gewonnen. 30.000 drogenabhängige Menschen wurden schon getötet. Die Angst hat Methode. Das Angebot an Drogen wächst, die Preise fallen. Immer wieder kommt es 2019 zu Anschlägen, bei denen es viele Tode gibt. Ab 2019 stellen sich in der mächtigen katholischen Kirche viele gegen ihn. Doch auch sie müssen um ihr Leben fürchten. Kinder (der Präsident möchte schon Kinder ab 9 Jahren strafmündig erklären) und Jugendliche landen wegen kleinster Vergehen reihenweise im Gefängnis. Essen klauen reicht manchmal schon. Betten gibt es nicht. Hofgang ist selten. Der Frust entlädt sich dann in Gewalt. Viele Kinder werden in Drogen-Operationen auch getötet oder bleiben als traumatisierte Waisen zurück. 

Geschichte: 1565 landet der Konquistador Miguel Lopez de Legazpi mit seiner Flotte vor den Philippinen und nimmt sie für Spaniens Krone in Besitz. Die Inseln wurden nach dem spanischen König Philipp II. benannt. Das dünn besiedelte Archipel war seit Jahrhunderten ein Umschlagplatz für Waren aus China, wie Seide und Porzellan. Die Spanier tauschen die Güter gegen Silber aus ihren Kolonien in Amerika. Ein Großteil der Einwohner nimmt den  katholischen Glauben an. 1896 beginnt der Unabhängigkeitskampf. 1897 siegen zunächst die Spanier. 1898 im Krieg zwischen den USA und Spanien greifen die Kämpfe auch auf die Philippinen über. Die USA kaufen den Archipel für 20 Mio. US-Dollar von den Spaniern. 

Streit mit China: 2012 übernahmen die Chinesen nach einem Fischereistreit kurzerhand die Kontrolle über Scarborough Shoal. Der ständige Schiedsgerichtshof in Den Haag erklärte das für illegal. Es gibt auch Krach über andere Inseln und die Ausdehnung des chinesischen Hoheitsgebietes vor Hainan (Spratly-Inseln). Das Mischief-Reef liegt in Territorialgewässern der Philippinen. Es wurde aber von China zu einem Luftwaffenstützpunkt ausgebaut (Meiji auf Chinesisch). Der Inselstreit steht immer wieder auf der Tagesordnung von ASEAN. Es konnte keine Einigung erzielt werden (z. B. über einen Verhaltenskodex). In den umstrittenen Gewässern lagern große Kobaltvorkommen. Der Rohstoff ist wichtig für die Batterie und Akkuproduktion. Die Philippinen sind einer der größten Produzenten (nach Kongo, Russland, Australien, Kuba). Bei den Spratly-Inseln versucht China, Tatsachen zu schaffen. Zum Beispiel sind zahllose Schiffe am Whitsun-Riff. Nach chinesischen Angaben Fischerboote. Nach philippinischer Ansicht verkappte Militärboote. Der Konflikt ist sehr komplex. Anrainerstaaten sind Vietnam, Malaysia, Brunei, Taiwan. Handelsrouten verbinden den indischen und den Pazifischen Ozean. Bis zum Ende des 2. Weltkriegs gehörten die Insel zu Japan. 1951 erhob Taiwan Anspruch (Vertrag von San Francisco). Heute erhebt China Ansprüche. Die Philippinen versuchen sich abzusichern. Sie nähern sich militärisch immer mehr den USA an (gemeinsame Manöver). Boote der Philippinischen und Chinesischen Küstenwache kollidieren öfters.

Abkehr von China ab 2023: 2023 steigt das asiatische Land aus der Initiative "Neue Seidenstraße" aus. Es will geplante Eisenbahnstrecken ohne Hilfe Pekings finanzieren.

Philippinen und Deutschland: Am 11.1.24 besucht Außenministerin Baerbock das Land. Sie sagt Unterstützung in der Auseinandersetzung mit China zu (Störung von Schiffen). Prompt kommt eine Retourkutsche aus Peking.

Philippinen und USA: Das Land hat einen Vertrag mit den USA, der ihnen im Verteidigungsfall Beistand zusichert. Im April 2024 treffen sich der philippinische Präsident Ferdinand Marcos jr., Fumio Kishida/ Japan und Joe Biden in Washington. Der US-Präsident will mit Japan und den Philippinen China in Schach halten. Vgl. Der Spiegel 16/ 13.4.24, S. 70.

Balikatan-Übung: Jährlich stattfindendes Militärmanöver mit den USA im südchinesischen Meer. "Balikatan" ist philippinisch und heißt "Schulter an Schulter". Nördlich ist das Land nur 300 km von Taiwan entfernt. Es wird auch die Rückeroberung von Inseln geübt.

Rohstoffe Philippinen: Sie sind der größte Lieferant für Nickelerz für China. Bei der Minen-Produktion von Nickel liegt das Land auf Platz zwei in der Welt hinter Indonesien und vor Russland. Bis Frühjahr 2022 ist der Nickelpreis innerhalb eines Jahres um +99% gestiegen. Sie zählen auch zu den wichtigsten Ländern bei Gold und Kupfer. Es gibt auch öl- und Gasvorkommen, deren Ausbeutung umstritten ist.

Probleme: Dazu gehören Armut, Kinderarbeit und Umweltverschmutzung. Auch die Philippinen importieren große Mengen Müll aus den Industrieländern, der nicht ordentlich entsorgt wird.  Ein Foto des deutschen Fotographen Hartmut Schwarzbach über das Fischen von Plastikmüll von Kindern vor Manila wird vom UN-Kinderhilfswerk Unicef zum Foto des Jahres 2019 gekürt. Im Süden des Landes wütet die militante Islamisten - Gruppe Abu Sayyaf. Sie macht immer wieder Bombenanschläge.

Steuerbetrug: Die Philippinen sind ein Paradies für Steuersünder. Der neue Präsident Ferdinand Marcos muss ab 2023 gegen Steuersünder härter vorgehen. Als Sohn eines prominenten Steuerbetrügers dürfte ihm das schwer fallen. Vgl. Lill, Felix: Familienband, in: Die Zeit 16/ 13.4.23, S. 27.

Religion: Die katholische Kirche hat viele Gläubige. Das Land ist zuriefst katholisch. Das Erzbistum Manila beginnt 2022 mit dem Bau eines Exorzismuszentrums. Sie soll "Zentrum des heiligen Michael für sprirituelle Befreiung und Exorzismus" heißen. Es ist das erste Zentrum dieser Art in Asien. Es gibt im Land auch viele Muslime.

Corona-Pandemie und Bildung: Über zweieinhalb Jahre fiel auf den Philippinen der Unterricht aus. Viele Schüler sind bis heute 2023 nicht zurückgekehrt. Nun reist der Lehrer Samboy de Leon mit einer Eisenbahn-Draisine in abgelegene Orte - und kämpft um jedes Kind. Vgl. Stormer, Carsten: Auf stillgelegten Gleisen, in: Die Zeit Nr. 3/ 12.1.23, S. 33

Exkurs. Chelsea Marie: Sie ist eine Trans - Frau und eine der populärsten Wrestlerinnen der Philippinen. Trans Personen sind hier ein fester Bestandteil der Gesellschaft. Sie könnte nicht nur als Wrestlerin weltweit eine Pionierin sein. 

Naturkatastrophen: Im November 2013 trifft der stärkste Taifun aller Zeiten auf die Philippinen. Der Taifun "Haiyan" sorgt für schwere Verwüstungen (über 4.000 Menschen sterben, am schlimmsten betroffen ist die Stadt Tacloban; 2,5 Mio. Menschen brauchen Hilfe). Im Januar 2020 bricht der Vulkan Taal aus. Er liegt in der Nähe der Hauptstadt Manila. Die Luft ist stark beeinträchtigt. Anfang November trifft wieder der stärkst Taifun, den es 2020 gegeben hat, auf die Philippinen. Er bringt viele Opfer und Verwüstungen mit sich. Ein neuer Wirbelsturm Mitte November 2020 richtet auch große Schäden an. Das Land steht auf dem Climate Risk-Index von German Watch ganz oben. Mitte Dezember 21 kommt es zu starken Regenfällen und Überschwemmungen, die viele Tote mit sich bringen. Ende Juli 2023 trifft ein Taifum die Insel (Doksuri/ Egay). Er richtet große Verwüstungen an. Er zieht dann weiter, auch nach China (Peking steht unter Wasser). Die Anpassung an den Klimawandel ist für das Land eines der Hauptprobleme.

Internationales Recht: Bei Ermittlung von Massenmorden im so genannten "Anti-Drogenkrieg" wollen die Philippinen nicht mit dem internationalen Strafgerichtshof zusammenarbeiten. Das Land erkennt den Strafgerichtshof nicht an.

Exkurs. Gesetz aus der Zeit der Militärdiktatur (PD 1727): Wer bei Gepäckkontrollen das Wort "Bombe" in den Mund nimmt, kommt ins Gefängnis. Es wird ausdrücklich vor "bomb jokes" gewarnt. Bombendrohungen können Anlass für Verhaftungen sein (40.000 Pesos oder 5 Jahre Gefängnis).

Kommunikation/ Presse: Rappler ist eine Online-Nachrichten-Seite. Gründerin 1993 Maria Ressa, Chefin und Journalistin. Sie bekommt 2021 den Friedensnobelpreis. Die Regierung versucht sie daran zu hindern, zur Verleihung nach Oslo zu fliegen.

Tourismus: Von Frankfurt wird Cebu und Manila angeflogen. Geoplan und Explorer bieten organisierte Reisen an. Vgl. allgemein: www.morefunphilippines.de . Empfehlenswert ist Insel-Hopping. Besonders interessant ist die Insel Palawan (insgesamt 7641 Inseln). Nahe Coron zählen Kanyangan Lake und Twin Lagoons zu den Favoriten. 

 

Timor-Leste:

Südostasien. 1,36 Mio. Einwohner. Hauptstadt: Dili. Staatsform: Parlamentarische Demokratie. BIP: 3,66 Mrd. US-$.

 

Malediven:

436.000 Einwohner. Hauptstadt Male.

Lage: 9 Inselgruppen im Indischen Ozean, südwestlich von Indien und Sri Lanka.

Sprache: Dhivehi

Religion: Islam.

Politik: Mit Unterstützung Chinas wird 2018 wieder ein autoritäres Regime eingerichtet (chinesischer Brückenknopf). Vorher herrschte Gewalt und Chaos in der Hauptstadt Male.2019 will man die Demokratie zurückerobern. Die Maledivische Demokratische Partei (MDP) gewinnt 60 von 87 Sitzen im Parlament. In China dürfte diese Entwicklung Missfallen auslösen.

Wirtschaft: BIP 2022 6,21 Mrd. US$. Wachstum 12,3%. 92020 steigt der Schuldenstand um ein Viertel. auf 149% des BIP. Die Wirtschaftsleistung sinkt Pandemie bedingt um -32%. Es gibt Sorgen um die Zahlungsfähigkeit des Landes. IWF und Rating - Agenturen stufen die Kreditwürdigkeit herab.

Währung: Rufiyaa= 100 Laari

Umwelt: Die Inselgruppe ist vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht.

Tourismus:Die Malediven sind bei uns vor allem als Urlaubsparadies bekannt. Sie drohen im Zuge des Klimawandels und des folgenden Anstiegs des Meeresspiegels zu verschwinden. 2024 tauchen Strandfotos von Modi, dem indischen Premier auf. Er macht Urlaub für Laksweep, eine Gruppe indischer Inseln vor der Westküste. Er bezeichnet sie als die schönsten Sandstrände. Dei Malediven empfinden das als Reiseboykott. Die Inder stellen bis jetzt die größte Reisegruppe. Vgl. Der Spiegel 4/ 20.01.24, S. 71.

Beziehung zu China: Unter dem Autokraten Yameen haben die Malediven mehrere Abkommen mit China unterzeichnet. Sie stehen dort mit drei Milliarden Dollar in der Kreide. Als Vorzeigeprojekt wurde die vierspurige China-Malediven-Freundschaftsbrücke gebaut, die über zwei Kilometer des Indischen Ozeans verläuft. Die Brücke verbindet die maledivische Hauptstadt mit dem internationalen Flughafen und der schnell wachsenden künstlichen Insel Hulhumale. Allerdings gibt es kaum Autos und Straßen. 

 

 

Mongolei:

Zentralasien. 3 Mio. Einwohner. Hauptstadt Ulaan-Baator.  Viermal so groß wie Deutschland. Das am dünnsten besiedelte Land der Welt.

Wichtige Städte: Erdenet, Darchan, Mörön, Tschojbalsan.

Die gemeinsame Grenze mit China ist 4700 Kilometer lang (längste Grenze Chinas mit einem Nachbarland). Die mongolische Revolution 1921 machte der chinesischen Besatzung ein Ende (Annexion durch das Qing - Reich im 17. Jh.). Die Mongolei geriet unter die Einflusssphäre der Sowjetunion. Heute versucht man Distanz zu halten gegenüber den beiden Riesen. Ein Symbol ist wie eh und je Dschinghis Khan, um sich mit Nationalstolz abzugrenzen. Rund 50 Kilometer von Ulan-Bator  entfernt thront Dschingis Khan zu Pferde auf einem künstlichen Hügel als 25 Meter hohe Statue aus Edelstahl. Dschingis Khan herrschte einst über das größte Reich der Geschichte. Er revolutionierte die Militärtechnik, indem er in großem Maße Pferde einsetzte. Pferde wurden als Steppenwildtiere domestiziert.

Politik Mongolei: Ende Juni 2020 wird erstmals in der drei Jahrzehnte langen Geschichte eine Regierungspartei wieder gewählt (MVP: Mongolische Volkspartei). Ministerpräsident Khurelsukh gewinnt 80% der Stimmen. Das Land hat große wirtschaftliche Probleme. Anfang 21 tritt die Regierung zurück: Entrüstung über ein Covid-Video.

Wirtschaft und Börse: BIP 2017 11,5 Mrd. $. 2021 hat der Aktienindex der Mongolei die dynamischste Entwicklung in der Welt. Es ist der MSE Top 20-Index. Mongolische Aktien explodieren, weil dahinter Rohstofffirmen stecken. Das sieht man auch bei Platz zwei und drei: Sambische Aktien, Abu-dhabische Aktien.

Rohstoffe, Bodenschätze:  Die Mongolei verfügt über riesige Rohstoffreserven an Gold, Kupfer und Steinkohle. Sie wirbt um Investoren. Deutschland hat mit dem Land ein Rohstoffabkommen.

Rohstoffabkommen mit Deutschland: Deutschland schließt im Herbst 2011 ein Abkommen mit der Mongolei: Lieferung Seltener Erden, Investitionen in Bildung und Technologie in der Mongolei.

Abkommen über strategische Partnerschaft mit Deutschland: Im Februar 2024 macht Bundespräsident Steinmeier einen Staatsbesuch. Er trifft seinen Präsidentenkollegen Ukhnaa Khurelsukh in der Staatsjurte in Ulan Bator. Man will diei Beziehungen vertiefen und schließt eine Vereinbarung für eine strategische Partnerschaft. Die Mongolei ist demokratisch und zwischen den autoritär regierten Riesen China und Russland eingeschlossen.

Währung: Tugrug.

Außenhandel: Import 8,7 Mrd. US-$: Brennstoffe, Kraftwagen, Zugmaschinen, Maschinen. Export 12,54 Mrd. US-$: Erze, Edelsteine, Metalle.

Arbeitslosenquote: 8,2%.

Energie: Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energie: 10%. CO2-emission/ Kopf 7,7t.

Asia-Pacific-Trade Agreement (APTA): Man trat 2020 bei. Es ist ein Handelsabkommen zwischen Bangladesch, Indien, Laos, Republik Korea und Sri Lanka.

Kulturelle Identität: Sowohl die Sowjetunion als auch China fahren einen offensiveren Kurs gegen die Kultur der Mongolen. In den Schulen (Grundschulen) soll früher in den jeweiligen Landessprachen unterrichtet werden.

Exkurs. Adlerjagd: Es ist eine Art Nationalsport. Sie ist vergleichbar unserer Falkenjagd (besonders beliebt im Nahen Osten). In der Regel jagt man auf Füchse und zu Pferd. Nach und nach werden dafür auch Frauen als Jägerinnen zugelassen.

Religionen: Es herrscht Religionsfreiheit. Alle Weltreligionen sind vertreten. Im September 2023 kommt der Papst ins Land. Er lobt das friedliche Zusammenleben der Religionen.

Der deutsche Dschingis Khan: Der baltendeutsche Adlige Roman von Ungern-Sternberg schwang sich im russischen Bürgerkrieg im Namen des Zaren zum Warlord in der Mongolei auf. Er lebte von 1886 bis 1921. Er war bekannt als Judenhasser und Feind der Bolschewiki. Er nannte sich "Selbstbeherrscher der Steppe". Er scheiterte als sich Bolschewiki und Chinesen verbünden. 1921 wird er nach einem Schauprozess erschossen. Vgl. Thumann, Michael: Ein deutscher Dschingis Khan, in: Die Zeit Nr. 10, 4.3.21, S. 20.

Gesundheit: 2020 hat man kaum Corona, weil man sofort die Grenzen geschlossen hatte. Anders ist dies im Juni 2021. Die Sieben - Tage - Inzidenz steigt auf 170.

Tourismus: In der mongolischen Hauptstadt gibt es zahlreiche Hotels. Auf dem Land finden sich zahlreiche Ger Camps (Camping-Plätze). Sehr schön ist das farbenfrohe Nationalfest Naadam (11. bis 13. Juli). Ab Juni 2022 soll es Direktflüge ab Frankfurt geben (vorher Zwischenlandung in Jekaterinburg). Vgl. Galsan Tschinag: Die neun Träume des Dschingis Khan, Insel Verlag.

 

Afghanistan (Islamische Emirat Afghanistan):

Bevölkerung/ Grundlagen. 42,24 Mio. Einwohner (2022). Hauptstadt Kabul.  Religion 99% Muslime (80% Sunniten, 19% Schiiten, Minderheit von Ismaeliten). Sprachen: Paschtunisch und Dari (Persisch). Ethnien: Paschtunen, Tadschiken, Hazara, Usbeken, Sadat. Minderheiten sind Turkmenen, Hindus, Pashai (Vielvölkerstaat, mehr als 30 Sprachen). Das Land liegt an der Schnittstelle von Südasien, Zentralasien und Vorderasien, hat also eine wichtige strategische Lage. 3/4 des Landes sind schwer zugängliche Gebirgsregionen.  Staatsreligion: Islam. Die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei nur 48 Jahren. Rund zwei Drittel der Afghanen sind 2021 unter 25 Jahre (Altersmedian 16,9 Jahre). Nur 18% können lesen und schreiben.  Im Herbst 2016 wird ein Rückführungsabkommen mit Deutschland geschlossen. Allerdings bekommen viele ehemaligen Beschäftigten der Deutschen (z. B. Dolmetscher) keine Einreisegenehmigung oder sie wissen nicht wie bzw. haben kein Geld, um nach Deutschland zu kommen. Verteilung der Bevölkerung: Stadt 26,6%; Land 73,4%.

Wichtige Städte und Grenzen: Die größten Städte sind neben Kabul, der Hauptstadt, Herat, Mazar-e Scharif, Kunduz, Bamiyan, Dschalabad, Ghazni, Khost und Kandahar. Das Land grenzt an den Iran, Turkmenistan, Tadschikistan, China und Pakistan.

Geschichte: In der Antike  gehörte das Land zum Perserreich. 329 v. Chr. kam Alexander der Große nach Afghanistan. Er hatte sein Hauptquartier im Pandschir-Tal. Er konnte die Perser besiegen. Im 14. Jahrhundert konnte Timur von Kabul aus sein Reich bis in den Iran ausdehnen. 1378 plünderte er Isfahan. 1504 bis 1530 beherrscht Babur ein Mogulreich von Kabul aus. Er hatte vorher 1504 von Usbekistan aus (dort wurde er 1483 geboren) Kabul erobert. Anfang des 19. Jahrhundert gehörte das Land zum British Empire. 1842 besiegt  die Armee Afghanistan das britische Kolonialreich. 1893 gewinnt GB das Land zurück. Es wurde dann nahezu selbständig 1919 unter Amanullah Khan, wobei es immer während dieser Zeit große Einflüsse aus GB und Russland gab. 1933 kam wieder die endgültige Unabhängigkeit. 1979 erfolgte der Einmarsch der UdSSR. Die Gegenbewegung Taliban, die sich als Zweckbündnis in Pakistan bildete, wurde von den USA und Saudi-Arabien unterstützt. 1987 ziehen die russischen Soldaten ab (13.000 russische Soldaten fallen).1996 siegten die Taliban, sie konnten aber den regionalen Führer Massoud nicht besiegen. Sie rufen 1997 das islamische Emirat Afghanistan aus. 2001 marschierten die USA mit ihren Verbündeten ein (wegen des islamistischen Anschlags in New York ( World Trade Center, der von Terrorbewegungen in dem Land organisiert war). Am 15. August 2021 erobern die Taliban wieder die Hauptstadt Kabul. "Wenn du dich jemals nutzlos fühlst, dann erinnere dich daran, dass es 20 Jahre brauchte, Billionen von Dollar und vier US-Präsidenten, um die Taliban durch die Taliban zu ersetzen", 2021 in den sozialen Medien kursierend. "Es ist leicht, nach Afghanistan rein zukommen, aber unmöglich, sein Heer wieder raus zubringen", Alexander der Große.

"Trink Wein in Kabuls Zitadelle, und rastlos kreisen den Becher. Denn Kabul ist Berg und ist Meer, in Stadt und Ebene zugleich", Mulla Muhammad zit. in Babur, Das Babur-nama".

Kultur: Die wenigen Fortschritte für afghanischen Frauen drohen wieder verloren zu gehen. Auf dem Land sind sie ohnehin nie angekommen. Frauen sind in der Kultur nicht hoch angesehen (Mädchen werden noch zum Sterben rausgelegt in die Sonne). Hier vereinen sich die Religion "Islam" und die alte Agrarkultur. Die Frauen haben Angst, dass nach dem Abzug der ausländischen Truppen im September 2021 alle kleinen Freiheiten verloren gehen. Erste Eindrücke scheinen das nicht zu bestätigen. Nur die Kleidung muss islamisch sein. Es gibt einige Demonstrationen für Frauenrechte, die teilweise geduldet werden. Furcht haben viele Bereiche. So auch der Sport: Vereine wurden verboten genauso wie Fußballspielen auf der Straße. Das Scheitern der NATO in Afghanistan, zeigt wieder mal eindeutig, dass sich nicht in jede Kultur der Welt Demokratie exportieren lässt. In Fahrzeugen soll keine Musik mehr gehört werden. Es wird immer wieder diskutiert, ob das Land eine kulturelle Identität habe.

Karim Asir war in seinem Land ein berühmter Mann. Er spielte Charlie Chaplin. Auf You Tube konnten ihn Millionen sehen. Heute lebt er mit seiner Familie in Deutschland. Vgl. Die Zeit 23.6.22, S. 55.

Frauenrechte: Die Taliban wollen die Trennung der Geschlechter an Universitäten. Sie verbieten im November 21 Filme mit Schauspielerinnen. Auf längeren Wegen dürfen Frauen nur noch in Begleitung eines nahen männlichen Verwandten gehen. Später wird da verschärft: Frauen dürfen nicht ohne männliche Begleiter hinausgehen. In allen Transportmitteln dürfen nur Trägerinnen eines islamischen Hidschab befördert werden. Vor der Machtübernahme der Taliban gab es in dem Land 69 weibliche Abgeordnete. Heute leben 25 von ihnen in Athen (man spricht von Exilparlament der Frauen). Vgl. Kuntz, Katrin: Das Exilparlament der Frauen, in: Der Spiegel 6/5.2.22, S. 88f. Ab 2022 müssen Frauen im gesamten öffentlichen Leben Kopftücher tragen. Mädchen dürfen nicht mehr studieren. Die Taliban erlauben im März 2022 den Unterricht für ältere Mädchen (ab der 7. Klasse). Sie müssen den Hidschab tragen und in separaten Gebäuden von weiblichen Lehrkräften unterrichtet werden. Doch die Schulen werden gleich wieder geschlossen. Im Mai 2022 ordnen die Taliban an, dass Frauen in der Öffentlichkeit nur mit Burka auftreten dürfen. Mädchen unter 12 Jahren dürfen nicht zur Schule gehen. Im August 2022 werden Frauen-Proteste in Kabul mit Schüssen in die Luft aufgelöst. Im Friedensvertrag der USA mit den Taliban 2020 spielten Frauenrechte keine Rolle. Medica Mondiale hat die meisten Büros geschlossen. Aus Verzweiflung werden Mädchen wieder sehr früh verheiratet (Brautpreis, Essen). Die Frauen werden grundsätzlich aus der Öffentlichkeit verbannt. Im Dezember 2022 geben die Taliban bekannt, dass Frauen nicht mehr studieren dürfen (auch kein Besuch von Fitness-Studios, öffentliche Parks). Es bildet sich ein stiller Widerstand. Weiterhin kommt ein Beschäftigungsverbot bei Frauen in NGO (diese Entscheidung war bei den Taliban umstritten). Damit können viele Organisationen in Pakistan nicht mehr arbeiten. Die Bundesentwicklungshilfeministerin Schulze will die Hilfe aussetzen. Für Mädchen ist die Situation hoffnungslos. Sie haben keinen Zugang zu Schulen oder Hochschulen mehr. Sie sind zurückgeworfen auf die Familie. Der wirtschaftliche Druck zwingt viele schon früh zum Arbeiten (z. B. Teppich knüpfen). Kinderarbeit breitet sich aus. Vgl. "Die Not ist kaum vorstellbar", in: Die Zeit Nr. 5/ 26.1.23, S. 32. Das Bildungsverbot für Frauen und Mädchen ist sehr umstritten. Es gibt immer wieder Forderungen und Briefe zur Aufhebung. Die Taliban wollen internationale Anerkennung. Der Führer Emir Haibatullah Akhundzada weigert sich aber und hält dem Fundamentalismus fest. Vgl. Der Spiegel 8/ 18.2.23, S. 71. Für Frauen gibt es kein soziales Leben mehr. Sie müssen die meiste Zeit zu Haus verbringen. Das einzige Fenster zur Welt ist das Internet. Es gibt eine US-Organisation, die Frauen fördert: "Educate Girls now". Vgl. Der Spiegel  20/ 13.5.23, S. 75.  Im Juli 2023 werden die Schönheitssalons verboten. Das war eine der letzten Beschäftigungsmöglichkeiten für Frauen. Die Verbote gehen vom "Ministerium für die Verhütung des Lasters und die Verbreitung der Tugend" aus. "Die Deutschen sollen sich nicht immer nur um Probleme der Frauen kümmern", Anas Haqqani. "Freiheit verdirbt den Charakter der Frauen", Taliban 2023.

Kunst: Taliban-Kämpfer plündern historische Kunstschätze in einem Museum in Bamiyan. Sie verkaufen sie. Buddha-Köpfe und andere historische Fragmente wurden aus den Lagerräumen der Restauratoren gestohlen. Das Tal in der Provinz Daikundi ist berühmt für seine gigantischen, in Felsen gemeißelte, Buddha-Statuen. Im März 2001 wurden die buddhistischen Kunstwerke von den Taliban als unislamische "Götzenbilder" gesprengt.

Ab Juni 22 bis 11. September 2022 stellt das Museum Pfalzgalerie in Kaiserslautern Werke der afghanischen Künstlerin Kabru Khademi aus. Es ist weltweit erste Einzelausstellung einer afghanischen Künstlerin. Enthalten ist auch Feministische Pornografie.

Religionen in Afghanistan: Muslime (99%, ganz überwiegend Sunniten, auch Schiiten, die Paschtunen sind ganz überwiegend Sunniten), Hindus (15.000), Sikhs, Juden, Christen. Die Christen und Juden werden heute verfolgt.

Wirtschaft: BIP 2020 19,13 Mrd. US-$ (-6,5%). BIP 2017 20,8 Mrd. US-$.  Es ist eines der ärmsten Länder der Welt (36% der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze). Währung Afhani. 15% des BIP werden illegal produziert (Opium, drei Viertel der Weltproduktion) . 2017 wird die größte Schlafmohnernte der Geschichte (Opium) erzielt. Das füllt die Kassen der Taliban. Frauen und Männer sind rechtlich gleichgestellt. Das steht in völligem Kontrast zu der gesellschaftlichen Realität. Die Taliban sind auf finanzielle Unterstützung aus dem Ausland angewiesen. Erwerbstätige nach Sektoren (2020) Landwirtschaft 42,4%, Industrie 18,2%, Dienstleistungen 39,4%. Import 6,48 Mrd. US-$. Export 783 Mio. US-$. Riesiges Handelsdefizit (2020): Nahrungsmittel und Energie werden importiert. Quelle: Kosmos Welt-Almanach und Atlas, 2021, S. 30. Ende 2021 kollabiert die Wirtschaft. Millionen sind von Hunger bedroht. Die Wirtschaftssanktionen, die die Taliban treffen sollen, entziehen Millionen von Menschen die Lebensgrundlage. Anteil BIP nach Sektoren: Landwirtschaft 28,3%; Industrie 13,1%; Dienstleistungen 58,6%.

Außenhandel: Import 2022 5,63 Mrd. US$ (Obst, Nüsse, Gemüse und Pflanzen, Metalle). Export 2022: 883 Mio. US$: Müllereierzeugnisse, Tabak, Maschinen.

Energie: CO2-Emission/ Kopf 0,2t. Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 84%

Mohn: 15% des BIP werden illegal produziert (Opium, drei Viertel der Weltproduktion) . 2017 wird die größte Schlafmohnernte der Geschichte (Opium) erzielt. Das füllt die Kassen der Taliban. Im April 2022 verbieten die Taliban (Chef Hibatullah Achundsada) den Mohnanbau in Afghanistan. Er ist unabdingbar für die Produktion von Opium und Heroin. Es wird ein Dekret gemacht. Verstöße werden mit einer sofortigen Zerstörung der Mohnfelder bestraft. Es droht weiterhin eine Strafverfolgung nach der Scharia. Afghanistan ist der weltweit größte Mohnanbauer und Rauschgiftproduzent sowie Exporteur. Der Drogenhandel war immer die wichtigste Einnahmequelle der Taliban. Deshalb sind Zweifel angebracht. Die Opiumproduktion bricht 2023 um 80% gegenüber dem Vorjahr ein. Dei Absatzkanäle sind weg gebrochen. In den USA und Europa springt Fentanyl in die Bresche. Das ist ein hochpotentes Opiat, das im Labor hergestellt wird. Es ist 50mal wirksamer als Heroin. 

Notenbank: Ende April 2021 beliefen sich die Reserven an Dollar auf 9,4 Mrd. Ein großer Teil des Geldes ist außerhalb Afghanistans untergebracht. Es ist bisher unklar, inwiefern die Taliban darauf Zugriff haben. 2022 ist ein Milliardenguthaben weiterhin nicht zugänglich. Die Banken sind kaum funktionsfähig.

Staatseinnahmen: Die Herrschaft der Taliban hat folgende Einnahmen: 1. Kriminelle Aktivitäten (Lösegeld, Schutzgeld). 2. Anbau von Schlafmohn (größter Produzent der Welt). 3. Steuern (die Taliban sind hierin sehr kreativ, sie nehmen auch Wegzölle, aber maximal 5-10%). 4. Förderungen von außen (Saudi-Arabien, Katar; China; Russland und die Türkei dürften eher zurückhaltend sein). Viele Länder stoppen die Entwicklungshilfe nach der Machtübernahme der Taliban.  Die EU will verhandeln. Gelder fließen aus arabischen Ländern und aus dem Iran, aber oft nur an spezielle Gruppen 5. Rohstoffe. Es gibt große Vorkommen von Öl, Gas, Uran, Gold, Lithium, Seltenen Erden. Afghanistan hat auch 9,4 Mrd. Dollar Devisenreserven. Doch der Zugriff ist praktisch unmöglich (USA). Auch die Überweisungen der afghanischen Diaspora dürften versiegen. Die USA haben 10 Mrd. $ an afghanischem Staatsguthaben eingefroren. Vorerst kommen die Taliban nicht ran. Sie brauchen dringend die internationale Anerkennung durch dir UNO. Alle internationalen Hilfszahlungen sind seit der Machtergreifung der Taliban ausgeblieben. Der Staatsbankrott rückt 2022 näher. Die USA wollen die afghanischen Reserven (Auslandsguthaben) für die Terroropfer des 11. September 2002 verwenden. Das stößt auf Empörung in Afghanistan. Das Land ist auch verwöhnt. Zeitweise floss sehr viel Geld aus dem Ausland als Unterstützung ins Land (Höhepunkt aus Deutschland 2001, ohne Kontrolle, auch aus Stiftungen).

Finanzmärkte und Bankensystem: Das afghanische Bankensystem braucht nach der Übernahme der Taliban 2021 Liquidität (Vermögenswerte lagern noch in Europa). Der Treuhandfonds für den Wiederaufbau Afghanistans (ARTF) lagert bei der Weltbank. Sie könnte 280 Mio.  sofort freigeben. Die USA und andere Geberländer könnten Finanzinstitutionen unterstützen.  Humanitäre Hilfen müssten fließen. Sanktionen könnten aufgehoben werden. Vgl. Miliband/ Desir: Im Umgang mit Afghanistan muss der Westen umdenken, in: WiWo 5/ 28.1.22, S. 10.

Rohstoffe in Afghanistan: Welche Rohstoffvorkommen das Land wirklich hat, ist sehr umstritten. Bisher sind alle Projekte aus Russland (Gazprom) oder China (MCC, Kupfer) eher gescheitert. Korruption, unausgereifte Infrastruktur und fehlende Technik haben alles verhindert. 70 Prozent der Fläche des Landes sind unerforscht. Große Teile sind überhaupt nicht zugänglich. Also muss die Angabe der Rohstoffe im letzten Abschnitt stark relativiert werden.

Umwelt und Natur/ Naturkatastrophen: Der Westen Afghanistans ist von großer Dürre betroffen. Es hat schon zwei Jahre nicht mehr geregnet, Es drohen Hungersnöte. Fast neun Millionen Afghanen seien aktuell von Hunger betroffen. Fast 23 Mio. Menschen seien bedroht. Quelle: Welternährungsprogramm.

Im Juni 2022 gibt es ein schweres Erdbeben in den ostafghanischen Provinzen Paktika und Chost (Grenzregion zu Pakistan). Mehr als 1000 Menschen kommen ums Leben, mehr als 1500 werden verletzt. Rettungsaktionen sind sehr schwierig, weil die Region unwegsam ist. Auch deutsche Hilfskräfte sind auf dem Weg ins Katastrophengebiet. Sie laufen über die Organisationen Unicef und WHO. Im Oktober 2023 gibt es ein schweres Erdbeben in der Nähe von Herat (nordwestlich) an der Grenze zum Iran. Viele Menschen kommen ums Leben. Es folgen weitere schwere Beben. Es gibt Tausende Tote (mehr als 2000, Stärke 6,3). Das ist eine große humanitäre Krise, weil viele Hilfsorganisationen das Land verlassen haben.

Politik: Staatsform: Islamische Präsidialrepublik. Staatsoberhaupt: Präsident. Legislative: Nationalversammlung. Verfassung von 2004.  Nach der Präsidentenwahl drohen dem Land neue Unruhen. Es gibt eine Kontroverse um 300.000 Stimmen. Die Regierung galt als zerstritten, inkompetent und korrupt. Die Regierung konnte nie mit dem vielen Geld aus dem Ausland umgehen: Es fehlten Kapazitäten und Fähigkeiten. 2021 übernehmen die Taliban wieder die Macht. Sie hatten schon lange politische Parallelsysteme aufgebaut. Es gab zahlreiche Schatten-Büros. Das Außenministerium war praktisch in Doha. Sie führen ein radikal - islamistisches Emirat ein. Rechtsgrundlage ist die Scharia. Die Taliban hat Clan-Strukturen (Stammes-Hierarchien). Allerdings gibt es auch verschiedene Stämme und  Strömungen. Man wird sehen, welche die Oberhand gewinnen (gemäßigte und moderne oder steinzeitliche, militante, fundamentale sehr radikale). Die Taliban haben zwar militärisch gewonnen. Aber das Regieren dürfte nicht leicht werden.

Verteilung: die Verteilung ist extrem ungleich. Ca. 40 Familien, die ihren Schwerpunkt in Kabul haben, besitzen den größten Teil des Vermögens. Auf dem Lande leben überwiegend Arme, die außerdem über wenig Bildung verfügen. Die Religion, d. h. der Islam, sichert die Vermögensstruktur. Eine reiche Oberschicht hat sich abgesetzt. Die Mittelklasse verarmt, die Besitzlosen verelenden.

Armut: 70% der afghanischen Haushalte gelingt es 2022 nicht, ihre Grundbedürfnisse abzudecken. Das Ausmaß der Armut ist hoch, zusammen mit Hunger. Die Unzufriedenheit in der Bevölkerung ist hoch. Vgl. Peer, Mathias: Das "traurigste Land der Erde", in: HB Nr. 155, 12./ 13./ 14. August 2022, S. 15.  2023 nimmt die Armutskrise im Land zu. Rund 85% der Bevölkerung im Land müssen mit weniger als einem Dollar pro Tag auskommen. Fast jeder dritte Afghane hat nicht genug zu essen. Besonders negativ wirkt sich auch aus, dass Frauen nicht mehr arbeiten können. Vgl. Der Spiegel 40/ 30.9.23, S. 69..

Hungerkrise: 2024 herrscht eine Hungerkrise im Land, ausgerechnet im Ramadan. 15,8 Mio. der 42 Mio. Menschen sind vom Hunger bedroht. Die Taliban haben feste Preise für Grundnahrungsmittel  festgelegt. doch die Händler halten sich nicht daran. Beim Welthungerindex lag das Land 2023 auf Platz 114 von 125. Seit 2015 gab es mehrere Dürreperioden, die die Ernten beeinträchtigen.

Flüchtlinge und Iran, Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan sowie Pakistan: Nachdem die Amerikaner und Europäer mit dem Militär das Land verlassen haben, rücken die Taliban vor. Insgesamt sollen 3,4 Mio. Flüchtlinge im Land unterwegs sein. Es gibt große Flüchtlingsströme nach Iran und dann in die Türkei. Von dort wollen viele nach Europa. Der Iran ist das Schlüsselland. Es hat sowohl von der Sprache (Dari) als auch der Ethnie sowie der Religion traditionell enge Beziehungen zu Afghanistan.  Im Iran leben Mitte 2021 780.000 Flüchtlinge. Ohne gültigen Pass leben 2,5 Mio. Afghanen im Iran. Man fürchtet eine humanitäre Katastrophe. Die anderen Nachbarländer sind eher nicht Transitländer, sondern müssten die Flüchtlinge für lange Zeit aufnehmen. Die Aufnahme dort hängt von Religion und Volksgruppe ab. Russland hat Angst vor islamischen Flüchtlingen. Ebenso China, das mit der Problemregion Xinjian an das Land grenzt. In Pakistan leben Mitte 2021 1,4 Mio. Flüchtlinge. Ende 2021 sind es schon 2 Mio. Viele leben seit Jahrzehnten in dem Land. Sie sind in Sicherheit, aber ohne Perspektive. Je tiefer Pakistan in eine ökonomische Krise stürzt, desto lauter werden die Stimmen, die sich gegen die afghanischen "Gäste" richten. Die Zahl der Flüchtlinge in Usbekistan und Tadschikistan ist nicht bekannt (viele Usbeken und Tadschiken bilden aber die Bevölkerung in Afghanistan). Diktator Empali Rahmon aus Tadschikistan fürchtet den Islam. Usbekistan hat überwiegend ökonomische Interessen. Turkmenistan will sein Gas-Pipeline nach Pakistan bauen. An Flüchtlingen ist man eher nicht interessiert. Einige Nachbarländer wollen die Durchreise von Deutschen und Landespersonal der Bundeswehr zulassen (mit Deutschland vereinbart, wenn die Taliban zustimmen oder die Sicherheit herstellen können). Tadschikistan will allenfalls Tadschiken aufnehmen (kämpfen unter Massud im Pamir-Tal gegen die Taliban, ähnliche Sprache). Im Land findet Mitte September 21 eine Konferenz aller Staaten statt, die Grenzen zu Afghanistan haben.  Im Zentrum steht die Aufnahme von Flüchtlingen. Die deutsche Botschaft in Afghanistan ist geschlossen. Migrationsangelegenheiten (Familiennachzug, Ausreise) werden in Indien oder im Iran bearbeitet.  Auch 2022 fliehen jeden Tag Tausende über offene Routen im Süden ins Ausland. Die Taliban lassen sie ziehen, aber nicht ohne Gegenleistung (Exportgut).

Krieg/ Unruhen in neuerer Zeit/ USA:  Die Taliban organisierten sich ursprünglich in Pakistan als Gegenbewegung gegen die russische Armee (von Saudi-Arabien und den USA unterstützt). Taliban und die US-Regierung verhandeln 2019 im Hintergrund über einen Frieden. Was Terrorismus angeht, ist die Lage in Afghanistan besonders schlimm (auch 2019; Quelle: Institut for Economics and Peace/ IEO, London). Auf dem globalen Terrorismus-Index löst das Land den Irak auf dem ersten Platz ab. 2018 starben mit 7379 Menschen knapp 60% mehr bei Anschlägen als 2014. Viele junge Menschen verlassen verzweifelt als Flüchtlinge das Land. Im Norden erobern die Taliban Distrikt um Distrikt, ein mörderischer Feldzug. Im Februar 2020 wollen die USA und Taliban ein Abkommen unterzeichnen. Man trifft eine historische Vereinbarung in Doha/ Katar: Abzug aller internationaler Truppen bis Mai 21. Im Oktober 2020 gibt es starke Gefechte in Südafghanistan. Zehtausende Menschen fliehen. Als Trump schon abgewählt ist im November 2020, trifft er einen Beschluss, hohe Truppenkontinente aus dem Land abzuziehen (von 4500 auf 2500). Das verschlimmert die Lage seiner Verbündeten (z. B. Deutschland, Großbritannien, Australien). Im Januar 2021 ist die Anzahl der US-Soldaten auf dem Tiefststand: 2500. Die Nato berät über einen Abzug aus Afghanistan, weil eine erhöhte Bedrohung der Soldaten besteht (weil die US-Truppen weg sind). Die USA unter Biden wollen den Abzug koordinieren. Die Nato beschließt den gemeinsamen Truppenabzug aus dem Land, wahrscheinlich wird er im September 2021 erfolgen. Für die zahlreichen Unterstützer und Helfer der Truppen wird zu wenig gesorgt. Die Taliban rücken vor. Sie nehmen die erste Provinzhauptstadt seit 2016 ein: Sarandsch in der Provinz Nimrus mit geschätzt 65.000 Einwohnern. Sie ist ein wichtiger Handelsknotenpunkt an der Grenze zum Iran. Rasant erobern die Taliban große Teile des Landes zurück und stehen kurz vor Kabul. Die nicht-radikalmuslimische und bisher privilegierte  Führungsschicht verlässt das Land. Erste Botschaften und Helfer werden evakuiert. Dies geschieht vom militärischen Teil des Flughafens aus. Der Präsident flieht am 14.8.21 aus dem Land. Damit tritt auch die Regierung ab. In den westlichen Ländern, die Truppen im Land hatten, spricht man von einem Desaster nach 20 Jahren Krieg (die Geheimdienst wurden von dem frühen Zusammenbruch überrascht). Über Doha und Rammstein richten die USA Luftbrücken ein, wo Beschäftigte der US-Armee ausgeflogen werden. Der Endtermin für diese Aktionen liegt am 31.8.21. Tatsächlich ziehen die USA alle Soldaten bis dahin ab und beenden die Evakuierung. Insgesamt wurden 116.700 Menschen evakuiert. Die Haltung der Taliban zu den USA ist sehr gespalten. Viele Führer lassen ihre Kinder noch in den USA studieren. Im Dezember 2023 fliegen die USA ehemalige Ortskräfte aus Afghanistan über Ramstein in die USA aus. 

Taliban: Die Taliban bildeten sich ursprünglich während der britischen Kolonialherrschaft als Gegenbewegung. Sie wurden reorganisiert 1994 in Pakistan gegen die russische Besetzung. Ursprung ist eine Koranschule in Indien, die dem Wahabismus ähnelt. Deshalb auch die engen Beziehungen nach Saudi-Arabien. Die Taliban sind so erfolgreich, weil sie nicht korrupt sind, klare hierarchische Strukturen besitzen, einen festen Glauben haben und massiv von Saudi-Arabien und Pakistan unterstützt werden. Hinzu kommt, dass die relevanten Ethnien vertreten sind. Sitz der Führung ist Pakistan (Karachi, Quetta). Dort sitzen auch spezielle Koranschulen, die radikalisieren und ausbilden (Akora Khattak, Abbotabad). In diesen Madrasas wurde auch das pakistanische Militär zu großen Teilen ausgebildet. Innerhalb der Taliban gibt es ganz unterschiedliche Kräfte mit ganz unterschiedlichen Interessen. Wir wissen viel zuwenig darüber. 2022 im Januar beginnen Verhandlungen der Taliban (15 Vertreter) mit den USA und europäischer Staaten (Deutschland, Frankreich) in Oslo. Es geht um Hilfe. In Afghanistan droht eine Hungersnot. Das soll keine Anerkennung des Regimes bedeuten.

Die Taliban bereiten sich 2021 auf eine mögliche militärische Machtübernahme nach einem Abzug und einem Scheitern der Friedensgespräche vor. Sie bevorzugen aber eine Verhandlungslösung: internationale Anerkennung zusammen mit Hilfsgeldern. Insofern gibt es noch Druckmittel gegen die Taliban. Das hindert sie aber nicht daran furchtbare Anschläge zu verüben. So ein blutiger Anschlag gegen eine Mädchenschule in Kabul (sie bestreiten allerdings die Tat). Die Rolle der Frau ist bei den Taliban nicht verhandelbar. Bei Abzug der Truppen der USA beherrschen sie ca. 50% des Landes. Es gibt ein Abkommen zwischen den USA und der Taliban, aber nicht zwischen der Regierung in dem Land und der Taliban. Viele muslimische Terrororganisationen wollen nach Truppenabzug wieder in das Land zurück. Die Taliban töten im August 2021 den afghanischen Regierungssprecher Dawa Khan Menapal. Mitte August 2021 übernehmen sie faktisch die Macht im Lande mit der kampflosen Eroberung von Kabul. Alle Prognosen über den Widerstand der Armee waren falsch. Die Taliban errichten ein islamisches Emirat mit der Scharia als Grundrecht. Auch sind inzwischen afghanische Usbeken und Tadschiken dabei. Das Staatsversagen hat sie zu den Taliban getrieben. Die Soldaten der staatlichen Armee haben mit ihrer Ausrüstung Geschäfte gemacht. Sie haben alles verkauft, was nicht niet- und nagelfest war. Die Taliban geben im September 2021 eine Sicherheitsgarantie für humanitäre Helfer. Sie bilden auch eine Regierung. In der Übergangsregierung sind weder Frauen noch Vertreter anderer Gruppen. Es gibt sofort Konflikte unter den verschiedenen Strömungen in der Regierung. Nach einem UN-Bericht 2022 haben die Taliban mehr als 100 Ex-Beamte getötet.

Chef der Taliban ist Haibatullah Achundsada. Er wird "Anführer der Gläubigen" genannt. Vorgänger Mansur wurde 2016 von der US-Armee getötet. Achundsada ist 2021 etwa 60 Jahre alt. Sein Stellvertreter ist Siradschuddin Hakkani. Er ist Oberhaupt des Hakkani-Clans. Sein Netzwerk besteht auch in Pakistan und hat enge Verbindungen zu Al-Qaida. Er ist etwa 40 Jahre alt. Sein Bruder ist Anas Haqqani, der mit westlichen Medien redet (Interview im Spiegel 28/ 9.7.22, S. 90ff., er ist 2022 erst 28 Jahre alt, er gilt als intellektueller Kopf der Familie). Ein weiterer Stellvertreter ist Mullah Jacub. Er ist der Sohn des langjährigen Taliban-Chefs Mullah Omar und Chef der Milizen der Taliban. Sprecher der Taliban ist Sabiullah Mudschaid. Das mächtigste Netzwerk von allen sollen die Haqqani sein. Kern ist die Familie Dschalaludin aus Kkost. Siradschuddin gehört dazu als Anführer und Innenminister. Auch hier bestehen Beziehungen zu Al-Qaida und zum Pakistanischen Geheimdienst ISI (also auch Zugriff auf alle Personaldaten). Man teilt die Taliban in zwei große Lager ein: Kandahari (die "alten Taliban") und Khosti (die "neuen Taliban"). Die Taliban können sehr gut organisieren. Sie verschwanden nie von der Bildfläche, sondern arbeiteten mit Schattengouverneuren.

Andere Gruppen: Al-Qaida, ein loses, weltweites Terrornetzwerk (1988 von Osama bin Laden in Peschawar/ Pakistan gegründet) und Islamischer Staat (IS)  sind weiterhin relativ mächtig und aktiv in Afghanistan. Sie versuchen, wieder mehr Einfluss zu gewinnen. Der Al-Qaida-Führer Aiman al-Zawahiri wird am 28.7.22 von einer US-Drohne, die eine Rakete abschießt,  in der Innenstadt von Kabul getötet. Er war der Hauptverantwortliche für den Anschlag vom 11. September 2001 in New York. Die USA werfen den Taliban ein Bruch des Doha-Abkommens vor. Der IS tritt mit einem Bomben-Anschlag auf den Flughafen in Kabul Ende August 21 hervor, bei dem es viele Todesopfer gibt. Als Vergeltung führen die USA einen Drohnenangriff gegen Führer des IS aus. Raketenangriffe des IS folgen, die zum größten Teil von der US-Flugabwehr verhindert werden. Der IS strebt weiterhin ein Kalifat an. Es ist der regionale Ableger der Provinz Chorasan (ISKP). Er hat sich 2015 gebildet aus unzufriedenen Mitgliedern der Taliban und Al-Qaidas). Die Machtverhältnisse zwischen Taliban und diesen Gruppen ist intransparent. Es gibt auch Stämme, die versuchen, wieder mehr Einfluss zu gewinnen. Die Stammesfürsten sind ganz wichtige Figuren. So formiert sich gewaltiger Widerstand im Pandschirtal. Anführer ist Widerstandskämpfer Massud (er ist der Sohn des Stammesführers, der nie von den Taliban bezwungen wurde). Angeblich erobern die Taliban Anfang September 2021 dieses Tal (wahrscheinlich nur Teile). Besonders gefährlich sind die Gruppen, die globale Ziele verfolgen. Die Taliban haben sie in der Vergangenheit weder bekämpft noch unterstützt, aber geduldet. Sie werden von der Türkei, Katar und Pakistan unterstützt. Dem internationalen Terrorismus wird der Abzug der Nato aus Afghanistan Auftrieb geben. Kernpunkt und Tummelplatz internationaler Terroristen ist schon immer die Provinz Nordwaziristan. Dann gibt es noch TTP. Die militant islamistische Dachorganisation besteht aus pakistanischen Taliban, die den Sturz der pakistanischen Regierung anstreben. Am 19.4.22 kommt es zu einem Anschlag auf eine Schule. Sechs Menschen sind tot, über 20 verletzt. Die Schule liegt in einem Viertel der schiitischen Minderheit Hasara. Sie sind immer wieder Zielscheibe des IS. In der Maulwai-Sikandar-Moschee nördlich von Kundus wird am 22.4.22 ein Anschlag gemacht. Es gibt mindestens 33 Tote.

Die Ideologie: Paschtunwali und Deobandismus: Die Ideologie der Taliban hat sich über drei Generationen entwickelt. Sie ist zuerst stark von der paschtunischen Dorfkultur geprägt (erste Generation, vor 1965 geboren). Die zweite Generation besuchte islamische Schulen, die der radikalen Deoband-Bewegung zugerechnet werden. In der dritten, heutigen Generation gibt es Vertreter der Taliban, die sie politikfähig machen wollen. 1. Dorfkultur: Hudschra/ Moschee als Mittelpunkt. Mullah als Lehrer. Taliban als Schüler. Grundlage ist der paschtunische Ehren- und Wertekodex Paschtunwali. 2. Deoband: Es ist eine nordindische Kleinstadt mit der islamischen Hochschule Dar al-Ulum. Das war die Denkschule des radikalen Islam. Daraus erwuchs Dar al-Ulum Haqqania nahe Peschawar. Sie wurde die Universität des Dschihads. eng mit der Ideologie und ihrer Geschichte ist das Haqqani-Netzwerk verbunden (siehe oben). Vgl. Hermann, Rainer: Afghanistan verstehen. Geografie, Geschichte, Glaube, Gesellschaft, Stuttgart (Klett-Cotta) 2022 S. 124ff.

Afghanistan und Deutschland, auch EU: Deutschland hatte traditionell enge Beziehungen zu dem Land. Die Uni in Kabul war lange Partneruniversität von der Uni Köln. Es gab viele Entwicklungsprojekte. Durch die vielen und langen Kriege (mit Russland, USA u. a.) erlitten die Beziehungen großen Schaden. Trotzdem gibt es viele Partnerschaftsorganisationen zu dem Land. Sie werden überwiegend von immigrierten Afghanen betrieben. Nach 2001 beteiligte sich Deutschland an der Militäraktien im Land. Hauptquartier für Deutschland war Masar-i-Scharif. Mit Milliardenhilfen finanzierte Deutschland einen Flughafen, Straßen und Brücken. Es gab zahlreiche weitere Großprojekte (z. B. Siemens Energy). Ende 2020 hatte die GIZ noch über 1000 Beschäftigte in dem Land. Allein für Entwicklungshilfe wurde seit 2011 3,5 Mrd. ausgegeben für Schulen, Krankenhäuser und sonstige Infrastruktur. Viel Geld wurde auch in die Ausbildung von Soldaten und Polizei gesteckt. 2500 Ortskräfte haben nach Schätzungen für deutsche Arbeitgeber gearbeitet (Übersetzer, Fahrer, Wächter, Köche). Es wird eine Luftbrücke mit der Zwischenstation Usbekistan (Taschkent) eingerichtet. Eine weitere Luftbrücke der USA geht über Doha und Ramstein (auch medizinische Notfälle für Deutschland). Der BND hatte den Zusammenbruch der gewählten Regierung lange vorausgesagt, aber sich im Datum total geirrt. Deutschland stoppt die Entwicklungshilfe für das Land. Bis September 2021 hat Deutschland 5350 Menschen aus Afghanistan evakuiert. Es gibt ein Patenschaftsnetzwerk für afghanische Ortskräfte in Deutschland (Vorsitzender Marcus Grotian). Die Taliban wollen eine enge Beziehung zu Deutschland (weil sie Geld brauchen). Im Gegensatz zu den USA haben die Deutschen ungeheuer viele Bildungsinstitutionen aufgebaut (Schulen, Hochschulen) und ebenso viel für die Infrastruktur getan (Straßen, Brücken, Stromleitungen). Diese Arbeit wird besonders geschätzt. Insgesamt hat Deutschland für das Land 17,3 Mrd. € ausgegeben (Afghanistan-Einsatz über 20 Jahre). Die EU-Kommission schließt Ende 2021 Wirtschaftshilfe vorerst aus. Ab 2022 will die Taliban-Regierung wieder Pässe ausstellen, so dass dann Ausreisen möglich werden. Es ist noch offen, on Deutschland die restlichen Bediensteten des deutschen Militäreinsatzes ins Land holt. Deutschland stellt Ende 21 einen Aktionsplan vor. Er zeigt viel guten Willen für Afghanistan. Schon jetzt ist man mit 600 Mio. € der größte humanitäre Geldgeber. GIZ-Helfer fürchten 2022 die Rache der Taliban. Sie fühlen sich von Deutschland vergessen. Vgl. Lehman, T./ Malzahn, P.: "Ruf mich nicht mehr an", in: Der Spiegel Nr. 25/ 18.6.22. Im April sperrt Deutschland Visa, die schon erteilt wurden. Man fürchtet Fälschungen. Frauen und Familien warten im Iran. Ende 2023 wollen die USA Ortskräfte über Ramstein ausfliegen. Sie sollen zwischenzeitlich in einer US-Kaserne bei Kaiserslautern unterkommen. Mit einem Special Immigration Visa" sollen sie weiter in die USA geflogen werden. Im Februar 2024 kommt die Enquete-Kommission des Bundestages, die den Bundesswehr-Einsatz am Hindukusch untersuchen und bewerten soll, zu einem Ergebnis: Sie stellt Deutschland und seinen Partnern ein desaströses Zeugnis aus.  Ende 2020 lebten in Deutschland 272.000 Afghaninnen und Afghanen, von denen 216.000 als Schutzsuchende gekommen waren. Zum 31. April 21 waren 40% in Beschäftigung (3% mehr als bei anderen Asylsuchenden). Es gibt also gute Chancen für Afghanen auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Am 8.7.22 startet der Untersuchungsausschuss zur chaotischen Evakuierung ehemaliger Ortskräfte in Afghanistan, die auf die Ausreise nach Deutschland warteten. Stegner von der SPD ist Vorsitzender. Im Oktober 2022 kommt ein neues Aufnahmeprogramm: Monatlich 1000 besonders gefährdete Afghaninnen und Afghanen sollen nach Deutschland kommen können. 12,2 Mrd. € hat die Bundeswehr für die Militäreinsätze in Afghanistan ausgegeben.

"Erst englische Lieder mit fröhlichem Klang. Dann Hochlandslieder wie Klagegesang. Sie bliesen die Nacht und über den Tag, Laut, wie nur die Liebe rufen mag. Sie bliesen - es kam die zweite Nacht. Umsonst, daß ihr ruft, umsonst, daß ihr wacht. Die hören sollen, sie hören nicht mehr. Vernichtet ist das ganze Heer, mit dreizehntausend der Zug begann, Einer kam heim aus Afghanistan", Theodor Fontane, Gedichte in drei Bänden, Berlin 1989. Hier "Das Trauerspiel von Afghanistan". Es geht um das Fiasko des ersten Anglo-Afghanischen Kriegs (1839-1842). Fontane wirkte vier Jahre in London (als Korrespondent und Preußen-Lobbyist). Vgl. Die Zeit Nr. 50, 6.12.21, S. 16. Das Gedicht ist auch abgedruckt in dem Buch von Amiri, S. 37f.

Es gibt noch eine deutsch-iranische Parlamentariergruppe. Leiter ist Ahmad Nadeiri 2023. Er hat an der FU Berlin promoviert. Er ist Regime treu. Im November 2023 tritt ein Taliban in der Ditib-Moschee in Köln auf. Es hagelt Kritik.

Katar: Das Emirat gewinnt durch die Krisendiplomatie in Afghanistan an Gewicht. Es macht die Taliban salonfähig. Auch das US-Abkommen mit den Taliban wurde in Doha/ Katar verhandelt. Katar setzt auf einen politischen Islam. 50.000 Flüchtlinge auf Afghanistan nahm Katar bis September 2021 auf. Die Außenminister der Alliierten in Afghanistan verhandeln mit Taliban - Vertretern in Katar. Nicht nur als Vermittler ist das Land sehr wichtig. Man setzt in Deutschland 2022 auch aus LNG - Lieferungen als Ersatz für Erdgas aus Russland. Die Ausrichtung der Fußball - WM 2022 bringt dem Land viel Anerkennung in der arabischen Welt ein.

Afghanistan und China: Afghanistan und China haben eine 79 km lange gemeinsame Grenze. Die Taliban suchen die Unterstützung Chinas. Eine Delegation hochrangiger Taliban-Vertreter besucht im Juli 2021 Afghanistan. Sie wird von Außenminister Wang Yi empfangen. China interessieren in erster Linie Auswirkungen auf separatistische Bewegungen und Aufständische im eigenen Land (Uiguren).  Die Grenze verläuft ausgerechnet entlang der Krisenregion Xinjiang. Die Taliban hatten zugesichert, sich nicht in die inneren Angelegenheiten Chinas einzumischen. Man ist auch an den Rohstoffen interessiert. China ist schon 2021 der größte Auslandsinvestor mit Öl- und Gasprojekten. Afghanistan hat reiche Rohstoffvorkommen: Gold, Seltene Erden, Uran, Lithium. Außerdem will man gerne Staatsunternehmen am Aufbau des Landes profitieren lassen. Man spricht von einem "Kuschelkurs" Chinas, der aber stark handelsorientiert ist. Deshalb gab es schon früher Kontakte zur Taliban. Man will Afghanistan schon lange in das Projekt der Neuen Seidenstraße einbinden. Man plant eine Autobahn von Kabul bis ins pakistanische Pesgawar. Das Land soll in den China-Pakistan-Wirtschaftskorridor (CPEC) integriert werden (57 Mrd. $). Man will den Zugang zum Indischen Ozean sichern. Der Abzug der Truppen und die Form hat das Vertrauen in die USA erschüttert. Davon könnte China profitieren. Die Chinesen versuchen auch, in die Lücke zu stoßen. Aber sie sehen das Land weiterhin als Sicherheitsrisiko. An der Grenze liegt Xinjiang, die Provinz der muslimischen Uiguren. Die Milizenführer haben sich nach Afghanistan zurückgezogen, unter den Schutz der Taliban. Peking will von den Taliban die Zusicherung, dass sie das East Turkistan Islamic Movement (ETIM) nicht unterstützen, das durch Terrorakte versucht, die Provinz Xinjiang von China abzuspalten. 2023 schließt man erstmals eine große Wirtschaftskooperation ab: Xinjiang Central Asia Petrolium and Gas Co. (CAPEIC) investiert 540 Mio. $ ins afghanische Ölgeschäft. Beide Seiten verhandeln auch über den Abbau von Lthium.

Afghanistan und Indien, Pakistan: Beide Länder streben einen großen Einfluss in dem Land an. Pakistan hat aufgrund von Lage, Geschichte und Religion Vorteile. Trotz offizieller Dementis hat Pakistan immer die Taliban unterstützt (sogar aufgebaut). Es bestand jahrelang eine paradoxe Situation: Die Taliban hatten ihre Basis in Pakistan. Gleichzeitig lief der Nachschub für die alliierten Truppen in Afghanistan über das Land. Der Pakistanische Geheimdienst ISI stützt die Führungsgruppe der Taliban in jeder Hinsicht. Es erkannte 1996 auch zusammen mir Saudi-Arabien und den VAE als erstes das Taliban-Regime an. Wichtige Unterstützer der alten Regierung (Nord-Allianz)  waren der Iran, Russland und Indien.  Indien hatte die afghanische Regierung besonders unterstützt. Es fürchtet das islamische Emirat. Ende 2022 kommt es zu Grenzkonflikten zwischen den Taliban und Pakistan. Es gibt mindestens 7 Tote. Beide Seiten bemühen sich um Mäßigung und Ruhe.

2023 distanziert sich Pakistan zunehmend von den Taliban. Das hängt auch damit zusammen, dass der Einfluss Pakistans auf die Taliban immer mehr nachlässt. Pakistan revanchiert sich. In Pakistan leben 4,4 Mio. Flüchtlinge aus Afghanistan. Davon haben 1,7 Mio. keine gültigen Papiere. Sie leben teilweise schon Jahrzehnte in Pakistan - und arbeiten zum Teil. Die meisten müssen auf Anweisung der pakistanischen Regierung jetzt das Land zum 1.11.23 verlassen. Das führt zu großem Leid und Elend, wenn man an die Zustände in Afghanistan denkt. Andererseits leidet Pakistan massiv unter seinen Naturkatastrophen (Überschwemmung), so dass sich das Land auf seine Situation konzentriert. Außerdem wird von Anschlägen in Pakistan berichtet, für die die Flüchtlinge verantwortlich gemacht werden. die Parlamentswahl in Pakistan im Februar 2024 spielt auch eine Rolle.

Afghanistan und Russland: Nach der Machtübernahme der Taliban trifft sich der russische Botschafter mit der Taliban-Führung (insbesondere dem Sicherheitskoordinator). Man erwägt eine Anerkennung des Regimes. Vor Flüchtlingen aus dem Land hat man Angst. Aber es gilt, wer gegen den Westen ist, ist gut für uns. Afghanistan-Krieg: 1979 marschierte die Sowjetunion in Afghanistan ein. Sie fürchtete ein Vordringen der USA. Der Einmarsch stieß auf großen Widerstand im Westen (Entrüstung, Sanktionen). Der Westen fördert auch den islamischen Widerstand. 1986 kam der Rückzug Russlands aus Afghanistan. Der Nimbus der "Roten Armee" war angeschlagen. Sie war auf diese Form des Krieges nicht vorbereitet gewesen. 2022 wird das Verhältnis zu Russland wieder merklich besser. Die Taliban schließen einen Vertrag mit Russland: Flüssiggaslieferungen nach Afghanistan. Hinzu kommen jährliche Lieferungen von 1 Mio. Tonnen Benzin und 2 Mio. Tonnen Weizen. Das ist das größte Handelsabkommen seit der Machtübernahme der Taliban.

Afghanistan und Iran, Arabische Länder, Türkei: Der Iran hat die Taliban immer unterstützt. Das sowohl militärisch als auch finanziell. Dies wurde gemacht, obwohl die Taliban eher sunnitisch sind (es gibt aber enge sprachliche und ethnische Beziehungen, aber auch die Regierung bekam Unterstützung).  Weitere Gelder kommen aus den arabischen Ländern (Saudi-Arabien, Katar). Die Türkei ist gespalten. Einerseits freut man sich über den Sieg der Sunniten. Andererseits errichtet man eine riesige Grenzmauer gegen die Fluchtwelle aus Afghanistan. Die Bevölkerung in der Türkei will keine Flüchtlinge mehr.

Gesundheit und humanitäre Hilfe: Von der Corona-Krise wird das Land auch hart getroffen. Trotzdem hört man oft den Satz: Der Alltag ist gefährlicher als Corona. Ein humanitärer Gipfel der UN sammelt 1,1 Mrd. $. 100 Mio. davon kommen von Deutschland (mit Aussicht auf weitere 500 Mio.). Das Geld ist auch für Nachbarstaaten, die Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen. Ein weiterer humanitärer und virtueller  Gipfel der G20 findet in Rom im Oktober 2021 statt: Nicht dabei sind Russland und China. Die EU gibt 1 Mrd. €, Deutschland davon 600 Mio. Die USA gewähren trotz Taliban - Regime humanitäre Hilfe. Immer mehr humanitäre Organisationen kehren in das Land zurück. Das Dilemma ist: Man will die Menschen unterstützen, ohne das Taliban - Regime aufzubauen. 22,8 Mio. Menschen sind von Armut und Hunger bedroht. Die Bundesregierung gibt Ende März 2022 noch mal 200 Mio. € an Afghanistan für humanitäre Hilfe. Die UN (Geberkonferenz) will 4,4 Mrd. US-Dollar einwerben.  Die UN unterstützen 2022 noch 28 Mio. Menschen in dem Land. Das Verbot von weiblichen Angestellten in NGO könnte viele Projekte zum Erliegen bringen.

Menschenrechtsverletzungen in Afghanistan: Eine Un-Kommission hat die Menschenrechtsverletzungen untersucht. In dem Un-Report, der im Juli 2022 veröffentlicht wird, werden allein 160 außergerichtliche Tötungen aufgeführt. Es gab 56 Fälle von Folter oder Misshandlungen. 170 willkürliche Festnahmen werden genannt. Es gibt die Empfehlung von Experten, der Westen solle mit den Taliban verhandeln, um den Afghaninnen und Afghanen zu helfen.

Quellen: Focus, Der Spiegel, Die Zeit, Wirtschaftswoche, Rheinpfalz, ZDF, ARD  (verschiedene Nummern und Sendungen). WiWo 34/20.8.21, S. 36ff. Die Zeit Nr. 34, 19.8.21. Der Spiegel Nr. 35/28.8.21, S. 72ff. Wikipedia. Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin. Centre for the Studies of Armed Groups, London. Statistisches Jahrbuch des Auslands (Destatis). Marozzi, Justin: Islamische Imperien, Berlin 2020 (Insel). Amiri, Natalie: Afghanistan. Unbesiegter Verlierer, Berlin (Aufbau) 2022. Rashid, Ahmed: Sturz ins Chaos. Afghanistan, Pakistan und die Rückkehr der Taliban, Berlin: Edition Weltkiosk 2021. https://www.afghanistan-analysts.org/en/ . Willemsen, Roger: Afghanische Reise, Frankfurt (Fischer) 2006. Hermann, Rainer: Afghanistan verstehen. Geografie, Geschichte, Glaube, Gesellschaft, Stuttgart (Klett-Cotta) 2022. Reuter, Christoph: "Wir waren glücklich hier". Afghanistan nach dem Sieg der Taliban. Ein Roadtrip, DVA, 2023.

 

Nepal:

Bevölkerung und Politik:  Südasien. 30,9 Mio. Einwohner. Einwohner pro Quadratkilometer 219. Verteilung: Stadt 21,5%; Land 78,5%. Altersmedian: 24 Jahre. Hauptstadt Kathmandu.   Amtssprache: Nepali. Im Herbst 2015 wird eine neue Verfassung beschlossen. Sie beinhaltet die Trennung von Kirche und Staat. Damit wird das Land nicht zum Hindu-Staat.

Staatsform und Instabilitäten: Bis 2008 war das Land eine Monarchie. Sie wurde nach dem Krieg mit maoistischen Guerillas abgeschafft. Nepal ist eine Republik (schon 13 Regierungen bis 2024 verbraucht). Staatsoberhaupt ist Präsidentin Bidya Devi Bhandari. Regierungschef ist Ministerpräsident Sher Bahadur Deuba. 2024 sind die Bürger enttäuscht von ihren Politikern. Demonstranten fordern die Abschaffung der Demokratie. Viele wollen den damaligen König zurück. Das war Gyanmenda Shah. Hier kann Einfluss aus Indien vermutet werden. Die monarchische RPP hat starke Verbindungen ins benachbarte Indien. Sie erhält wohl Geld von der BJP in Indien. Vor allem der BJP-Politiker Yogi Adityanath soll dahinter stecken. Er ist Chef des größten indischen Teilstaates Uttar Pradesh, ein Hindu-Mönch und gilt als einer der radikalsten Vertreter des Hindu-Nationalismus. Vgl. Babst, Andreas: "König. kehr zurück, rette das Land", in: NZZ 15.4.24, S. 3.

Wirtschaft: Währung Nepalesische Rupie. BIP 2022 40,15 Mrd. $. Wachstum BIP 5,8%. BIP/Kopf 1332 $. Inflation 6,3%. Anteil BIP nach Sektoren: Landwirtschaft 26,2%, Industrie 13,4%; Dienstleistungen 60,4%. ALQ 11,1%. CO2-Emmissionen/kopf 0,5t. Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien: 100%. BIP 2021 34,52 Mrd. $ (2017 24,5 Mrd. US-$.).Trotz Milliardenhilfen kommt der Wiederaufbau 2015 nicht so recht voran. Es kommt zu heftigen Potesten gegen die zukünftige Aufteilung des Landes in sieben Provinzen.  Die Reisewarnungen in der Corona-Pandemie treffen das Land voll. Außerdem können die nepalesischen Gastarbeiter nicht nach Indien oder in die Golfländer. Viele Nepalesen arbeiten in Katar auf Baustellen. Das sind nicht nur die Stadien für die WM. Sie arbeiten unter unwürdigen Bedingungen (niedriger Lohn, schlechte Arbeitsbedingungen, menschenunwürdige Unterkünfte). Dei Inflation beträgt 2021 4,1%.

Außenhandel Nepal: Import 18,62 Mrd. $ (Nahrungsmittel, Eisen & Stahl, chemische Güter, Maschinen). Export 1,98 Mrd. $ (Textilien, Öle, Rohstoffe).

Nepal und Deutschland: Deutschland stellt seine Entwicklungshilfe bis 2030 ein im Rahmen der Konzentration der Entwicklungshilfe (konkrete Bedingungen: Demokratie, keine Korruption, Reformen).

Arbeitskräfte in und außerhalb Nepals: Die Reisewarnungen in der Corona-Pandemie treffen das Land voll. Außerdem können die nepalesischen Gastarbeiter nicht nach Indien oder in die Golfländer. Viele Nepalesen arbeiten in Katar auf Baustellen. Das sind nicht nur die Stadien für die WM. Sie arbeiten unter unwürdigen Bedingungen (niedriger Lohn, schlechte Arbeitsbedingungen, menschenunwürdige Unterkünfte). Die ALQ Nepals liegt 2021 bei 5,1%.

Landwirtschaft in Nepal: Zum Glück kann die ertragreiche Landwirtschaft die Menschen ernähren. 64,5% aller Arbeitskräfte sind in der Landwirtschaft.

Natur und Tourismus (Erdbeben): 1,1 Mio. Arbeitsplätze hängen am Tourismus. Bei einem verheerenden Schneesturm in Nepal im Herbst 2014 kommen 43 Wanderer und Bergsteiger aus aller Welt um. Es ist das schlimmste Trekking-Unglück in der Geschichte des Staates. Ende April 2015 (25.) wird Nepal von einem Erdbeben heimgesucht. Das Epizentrum liegt nahe der Hauptstadt Kathmandu. Über 9.000 Menschen wurden tot geborgen.. Kulturdenkmäler (z. B. "Affentempel", Dharhara-Turm) wurden zerstört. Auch China, Indien und Bangladesch sind betroffen. 1,4 Mio. Menschen sind auf Lebensmittelhilfe angewiesen. Es gibt viele Nachbeben. Entlegene Regionen sind schwer zu erreichen. Ein großes Nachbeben am 12.05.15 der Stärke 7,3 richtet weitere große Schäden an.  2015 wird zum ersten Mal seit Jahrzehnten kein Mensch auf den Mount Everest steigen. Die Südseite war von Nepal wegen Erdbeben gesperrt worden. China hatte die Nordseite aus dem gleichen Grund geschlossen. Die Einheimischen hoffen auf die Rückkehr der Touristen. Das zweitärmste Land Asiens braucht sie dringend. Anfang September 2017 wird das Land von Überschwemmungen heimgesucht. Im November 2023 gibt es wieder ein schweres Erdbeben. Das Epizentrum liegt ca. 400 km nordöstlich von Katmandu. Es richtet große Zerstörungen an und kostet über 150 Menschenleben.

Andere Katastrophen:  Bei einem verheerenden Schneesturm in Nepal im Herbst 2014 kommen 43 Wanderer und Bergsteiger aus aller Welt um. Es ist das schlimmste Trekking-Unglück in der Geschichte des Staates. Ende April 2015 (25.) wird Nepal von einem Erdbeben heimgesucht. Das Epizentrum liegt nahe der Hauptstadt Kathmandu. Über 9.000 Menschen wurden tot geborgen.. Kulturdenkmäler (z. B. "Affentempel", Dharhara-Turm) wurden zerstört. Auch China, Indien und Bangladesch sind betroffen. 1,4 Mio. Menschen sind auf Lebensmittelhilfe angewiesen. Es gibt viele Nachbeben. Entlegene Regionen sind schwer zu erreichen. Ein großes Nachbeben am 12.05.15 der Stärke 7,3 richtet weitere große Schäden an.  2015 wird zum ersten Mal seit Jahrzehnten kein Mensch auf den Mount Everest steigen. Die Südseite war von Nepal wegen Erdbeben gesperrt worden. China hatte die Nordseite aus dem gleichen Grund geschlossen. 2017 wird das Land von Überschwemmungen heimgesucht. Im Januar 2023 stürzt ein Flugzeug der Gesellschaft Yeti Airline ab. Es gibt viele Tote (70), darunter 15 Ausländer. Absturzort ist die Stadt Pokhara im Himalaja (Inlandsflug von Kathmandu aus), von der viele Expetitionen/ Trekkingtouren ausgehen. Für das Anfliegen braucht man gut gewartete Maschinen und gut ausgebildete Piloten. An Beidem scheint es zu fehlen.

Mt. Everest und Bergsteigen: Für Nepal ist das Business mit dem höchsten Gipfel der Welt eine wichtige Einnahmenquelle: Wer den Everest besteigen will, muss 2021  11.000 Dollar zahlen. Bis Ende April 2021 machten das über vier Millionen Dollar aus. Am Mt. Everest sterben immer mehr Menschen, die den Berg besteigen wollen. Grund sind die Staus und die fehlenden körperlichen Voraussetzungen. Der Alpinist Wolfgang Nairz hat 2001 die Nepalhilfe Tirol gegründet (er war bereits über 90-mal in Nepal). Sie baut Schulen und bietet Hilfe zur Selbsthilfe. Hans Kammerlander aus Süd-Tirol/Arntal, der mit Reinhold Messner und alleine viele Achttausender in Nepal bestiegen hat, fördert ein Schul-Projekt. Es gibt auch eine Sir-Edmund-Hillary-Stiftung. Sie unterstützt karitative Hilfsprojekte in Nepal von Deutschland aus. Vorsitzender 2021 ist Manfred Häupl. Er leitet auch seit über 35 Jahre den auf Nepal spezialisierten Trekkingreise-Spezialisten Hauser Exkursionen.

Tiger: In kaum einem anderen Land gibt es noch so viele wild lebende Tiger. Ende 2021 sollen sie gezählt werden. Die Zählung solle drei Monate dauern. Begonnen wurde im Chitwan - Nationalpark im südlichen Tiefland des Himalaya - Staates. Das Ergebnis soll zum Welt-Tiger-Tag am 29. Juli 2022 präsentiert werden. Man schätzt, dass noch ca. 235 Königstiger (Bengal-Tiger) hier leben. Die Wilderei wird stärker bekämpft, man arbeitet dabei mit den Dorfgemeinschaften zusammen.

Corona in Nepal: Nepal tut sich schwer mit Einschränkungen wie sie China auf seiner Seite macht. Auf dem höchsten Berg sind 2020 wegen der Corona-Pandemie keine Touristen erlaubt. Damit sind Zehntausende nepalesische Helfer arbeitslos, die Bergssteigern aus aller Welt sonst das Abenteuer ermöglichen. China will 2021 die höchstgelegene Landesgrenze schließen, wegen Corona. Man will vor allem die neuartigen Mutanten verhindern.

Geschichte und Seidenstraße: Nepal und auch Bhutan waren in der Geschichte "Spielwiesen" für Indien und China. In der Tiefebene von Terai sind die Grenzen zwischen Nepal und Indien immer offen gewesen. Die chinesisch-nepalesische Grenze verläuft zu 90% durch unbewohntes Gebirge. Im Zuge der Neuen Seidenstraße - Initiative soll eine Eisenbahnverbindung zwischen Kathmandu und Lhasa gebaut werden. In Nepal gibt es 2020 auch viele Infizierte mit dem Corona-Virus. Die Polizei überwacht rigoros die Ausgangssperre (Menschen werden mit langen Greifarmen eingefangen).

Religion und Volksglaube: Der Hinduismus dominiert im Land. Er vermischt sich mit Volksglauben. Es gibt die Jahrhunderte alte Tradition der Kumari. Das ist die Verkörperung einer wichtigen Göttin des Hinduismus. Ein Kind von etwa drei Jahren wird ausgewählt und verkörpert die Rolle bis 11 Jahre. Rote Kleider und viel Make-up gehören zum Erscheinungsbild. Die Göttin kann segnen und in die Zukunft sehen. Die Göttin residiert in Kathmandu in einem speziellen Kumari - Haus. Sie darf sich nicht verletzten. Sie wird von ihrer leiblichen Familie isoliert. Nach dieser Zeit darf Die ehemalige Göttin ein normales Leben führen.

Boudhanath Stupa: Nepals größtes buddhistisches Bauwerk. Man steigt 2021 auf biologisch abbaubare Gebetsfahnen um, um in Einklang mit der Natur zu stehen. Das Bauwerk steht in Kathmandu. Die Wimpel sind kompostierbar (Baumwolle, wasserlösliche Farben, Seile aus Naturfasern).

Mädchen, Frauen: Mädchen aus ärmeren Familien haben kaum Chancen auf Bildung. Oft werden sie schon als Teenager (mit 15) verheiratet. Oder sie kommen in Klöster, die in der Regel auch gute Schulen haben. Berühmt ist die Arya Tara School. Wer Nonne bleibt, darf in Kathmandu oder Indien studieren: Buddhistische Philosophie, tibetische Medizin oder auch Business. Vgl. Hauser, Bernd: Heirat mit 15 oder Nonnenschule, in: Rheinpfalz am Sonntag 8. Mai 2022.

Stockkampf:  In Nepals Hauptstadt Kathmandu werden Nepalesinnen zum Stockkampf ausgebildet. Zehn Tage dauert das Training von 100.000 Zivilistinnen. Sie sollen Sicherheitskräfte sein für die am 13. Mai 22 stattfindenden Kommunalwahlen. Sie heißen Myadi-Polizisten. Sie müssen körperlich fit sein, mit einem Stock bewaffnet und sich mit Menschenmengen auskennen. Nepals Wahlgesetz gilt als unstabil und chaotisch. Seit der Abschaffung der Monarchie 2008 hat bereits zwölfmal der Regierungschef gewechselt.

"Bikini-Killer": Er war für mehr als 20 Morden zwischen 1972 und 1982 in Indien und Thailand verantwortlich. Er hatte seine Opfer unter Rauschgifte gesetzt, misshandelt, ausgeraubt und ermordet. Er hatte auch den Spitznamen "Schlange". Zuletzt saß er in Nepal im Gefängnis (dort 2 Morde). Ende 2022 wird er freigelassen. Vgl. FAZ Nr. 299/ 23.12.22, S. 9.

 

Brunei Darussalam:

Geografie: Von Malaysia umgeben. Südostasien. Höchster Punkt: Bukit Pagon 1850 m.

Bevölkerung: Ca. 440.000 Einwohner. 4 Distrikte. Amtssprache: Malaiisch. Bevölkerungsgruppen: Malaien, Chinesen, Indigene u. a.

Religionen: Islam, Christentum, Buddhismus u. a.

Politik: Islamisches Sultanat (Absolute Monarchie). Hauptstadt Bandar Seri Begawan. Staatsoberhaupt: Sultan Haji Hassanai Bolkiah Mu`zzaddin Waddaulah. Jahr der Verfassung 1959.

Wirtschaft: BIP 19,92 Mrd. $ 2021 (BIP 13,47 Mrd. US-$ 2019). Inflation 1,7% 2021.

Außenhandel: Das Land importiert (Nahrungsmittel, Maschinen) mehr als es exportiert. Die Bodenschätze gehen zu Neige.

 

Russland (Russische Föderation):

Grunddaten: Fläche 17.075.400 Quadratkilometer (Weltrang 1). Hauptstadt Moskwa, Moskau. 8 Föderalbezirke mit 83 Territorialeinheiten, 9 Regionen (krai), 46 Gebiete (oblast). Exklave: Kaliningrad (früher Königsberg). Autonome Republiken: Republik Altai, Republik Baschkortostan, Republik Burjatien, Republik Chakassien, Republik Dagestan, Republik Inguschetien, Republik Kabardinien, Republik Kalmückien, Republik Karatschai-Tscherkessien, Republik Karelien, Republik Komi, Republik Mari El, Republik Mordwinien, Republik Nord-Ossetien-Alanien, Republik Sacha, Republik Tatarstan, Republik Tscheschenien, Republik Tschuwaschien, Republik Tuwa, Republik Udmurtien. Ein großer Teil der Russischen Föderation gehört zu Europa. Traditionell fühlt sich Russland auch mehr zu Europa gehörig, vor allem von der Kultur her. Hier wird das ganze Land Asien zugeordnet, man spricht auch von Eurasien. Es gibt auch Republiken, in denen nicht die Staatsreligion "Russische Orthodoxie" dominiert. So etwa in Dagestan im Osten (Grenzlänger sind Georgien, Aserbaidschan). Hauptstadt ist Chassawjurt. So kommt es auch immer wieder zu antisemitischen Angriffen (etwa beim Gaza-Krieg 2023).

Ich habe das Land mal längere Zeit noch zu Zeiten der Sowjetunion besucht. Ich war unter anderem in Moskau und Sibirien (Skilanglauftour, mit DDR-Läufern). Auffällig war die Deutschland-Freundlichkeit, trotz der Vergangenheit. Beeindruckt hat mich auch die Gastfreundschaft. Schade ist, dass aufgrund der Ukraine-Krise und der Annexionen (2014 und 2022) die Unternehmenskontakte und auch Wissenschaftskontakte immer mehr reduziert werden, obwohl das Gegenteil notwenig wäre. 

Bevölkerung:  143,3 Mio. Einwohner (2013). 80% Russen. Außerdem Ukrainer, Baschkiren, Tschuwaschen, Tschetschenen, Armenier, Mordwinen, Weißrussen, Deutsche. Der Kreml will 2018 die Kontrolle über das Internet. Mit VPN kann man dies aber mühelos umgehen (nicht wie in China). Ganze Geschäftsmodelle werden zerstört.  Im April 2019 beschließt das russische Parlament ein kontrolliertes Internet. Die Wada schließt Russland vier Jahre von internationalen Sportwettbewerben aus. Im Mai 2020 führt Russland ein Zentralregister für alle Einwohner-Dateien ein. Diese Datenbank enthält alle Informationen eines Menschen von der Geburt bis zum Tod. Im Mai 2021 erschüttert ein Anschlag auf eine Schule in Kasan das Land. Es kommen viele Kinder um. Der Attentäter ist ein Student für IT - Management.

Im Ukraine-Krieg 2022 erleichtert Russland die Einbürgerung für alle Ukrainer. Es gibt ein vereinfachtes Verfahren. 2023 geißeln die UN die Deportation ukrainischer Kinder. Minderjährige werden aus der Ukraine nach Russland verschleppt.

Wohnungsmarkt: In Russland können sich seit einigen Jahren nicht weniger, sondern immer mehr Menschen Immobilien kaufen. Denn der Standard ist niedrig, und die Wohnungen werden immer kleiner.  Am Stadtrand wird überall gebaut (billige Hochhaussiedlungen). 40 Quadratmeter reichen oft. Vgl. Wagner, Katharina: Der Traum von der Einzimmer-Hochhauswohnung, in: FAZ Nr. 3, 5. Januar 2022, s. 17

Gesundheit: In Russland steigen die Infektionen an Corona (Covid-19) rapide an. Putin verkündet 9 Tage Pause, verschiebt die Volksbefragung, setzt die Armee ein, gibt auch Wirtschaftshilfen. Der Zwangsurlaub wird bis Ende April 20 verlängert. Moskau ist besonders betroffen. Russland schließt seine Grenzen. Am 30.3 werden die Regeln verschärft. In Moskau gibt es Ausgangssperre. Schutzausrüstung scheint aber ausreichend vorhanden zu sein. Man liefert große Mengen noch an New York. Das Corona-Virus verbreitet sich rasend schnell (08.05: 200.000 Infizierte, 2000 Tote). Am 24.07.20 hat man 800.000 Infizierte. Täglich kommen fast 6000 neu hinzu. Ab Herbst 2020 will Russland als erstes Land der Welt gegen Corona impfen. Das kommt dann doch nicht, bzw. als Test in Phase III: . Camaleja-Institut (Impfstoff Sputnik), wird dann von Biontech aus Mainz und Moderna überholt. Am 24.11.20 sind es schon täglich 25.000 Infizierte und 491 Tote an einem Tag. Am 6.12.20 starten die ersten Massenimpfungen in Moskau. 70 Kliniken sind beteiligt. Man verwendet den selbst entwickelten Impfstoff Sputnik V. Die Zahl der Corona - Toten muss Ende 2020 nach oben korrigiert werden: Fast 190.000 Corona - Tote 2020. Merkel telefoniert Anfang 2021 mit Putin. Es soll eine Kooperation bei der Produktion von Impfstoffen ausgelotet werden. Die Kontakte dazu sollen fortgesetzt werden. Russland will für Sputnik V auch eine EU-Zulassung. Studien belegen, dass Sputnik V eine Wirksamkeit von 91% hat und keine wesentlichen Nebenwirkungen. Er ist leicht transportabel und billig. Wenn er zugelassen wird in der EU, soll er auch dort produziert werden. Russland hat bis Mitte 2021 drei Impfstoffe: Der dritte Impfstoff ist CovoVac. Damit ist Russland das erste Land mit drei Impfstoffen. Er stammt vom Tschumakow-Forschungszentrum für immunobiologische Präparate.

Zwangsuntersuchungen für Ausländer: Ausländer müssen umfassende medizinische Untersuchungen machen. Ein neues Gesetz tritt Ende 2021 in Kraft. Es sieht regelmäßige Testes unter anderem auf HIV, Syphilis, Tuberkulose, Covid-19 für Ausländer vor, die in Russland arbeiten. Auch Familienangehörige sind betroffen.

Psychotherapie und Berichtspflicht: Seit Kriegsbeginn 2022 steigt die Nachfrage nach psychologischer Hilfe rapide an. Ein neues Gesetz soll Therapeuten verpflichten, dem Staat aus den Sitzungen zu berichten. Es gibt einen Boom in der Branche durch Start-ups und Apps. Man therapiert online. Vgl. Hans, Julian Ängstlich und depressiv, in: Die Zeit 52/ 15.12.22, S. 40f.

Alkohol: Russland hat einen sehr hohen Alkoholverbrauch pro Kopf. Nach offiziellen Angaben soll er in den letzten Jahren von 18 auf 9,3 Liter im Jahr gesunken sein (Deutschland 10,6 Liter pro Jahr). Die Statistik ist sehr ungenau. Viele Russen auf dem Lande brennen aus Preis- und Qualitätsgründen ihren Alkohol selbst. Laut WHO betreiben 11,6% aller Russen über 15 Jahre "verhängnisvollen Alkoholmissbrauch". Für Alkholkonsum in der Öffentlichkeit gibt es hohe Bußgelder oder Arrest. Die Preise für Alkohol wurden in den letzten Jahren stark erhöht (aber immer noch billiger als in Skandinavien). Vgl. Scholl, Stefan: Einer geht noch, in: Rheinpfalz am Sonntag 28. März 2021, S. 3. Nach eigenen Erfahrungen ist der Alkoholkonsum stark von der Verfügbarkeit abhängig: Man trinkt gerade das, was man bekommen kann, oft durcheinander. Sehr gefährlich ist der Konsum in Sibirien. Bei extremer Kälte muss man immer zu zweit auf die Toilette (eigene Ski-Tour durch Sibirien).

Politik: Verfassung von 1993. Präsidialrepublik. Direktwahl des Staatsoberhauptes alle 6 Jahre. Die letzte Parlamentswahl war 2011. Es gibt 450 Sitze. Diese halten vier Parteien (Rangfolge): Einiges Russland, Kommunistische Partei, Gerechtes Russland, Liberaldemokratische Partei. 2014 finden die Olympischen Winterspiele in Sotschi statt.  In der Ukraine-Krise im März 2014 interveniert Russland auf der Krim. Die G8 droht mit dem Ausschluss Russlands und stoppt die Vorbereitungen zum G8-Gipfel in Sotschi.  2017 protestiert eine neue Generation (Jugendliche) gegen Korruption und führt das Land in eine innenpolitische Erstarrung. Bei einem Terroranschlag in der U-Bahn von St. Petersburg kommen 11 Menschen ums Leben und über 40 werden verletzt (wahrscheinlich vom Islamischen Staat). Bei einem Besuch von Merkel in Russland Anfang Mai 2017 bekräftigen beide Seiten die deutsch-russische Kooperation. Merkel lehnt im Juni 2019 bei einem Besuch des ukrainischen Präsidenten Selensky eine Ausweitung der Sanktionen gegen Russland ab. Bei Protesten für faire und freie Wahlen in der Hauptstadt Moskau hat die Polizei im August 2019 über 900 Menschen festgenommen. Im Dezember verhandeln Russland, die Ukraine, Frankreich und Deutschland in Paris über ein Ende des Ukraine-Krieges. Ende 2019 wird die Brücke zwischen Russland und der Krim-Halbinsel fertig. Im Dezember 2019 wird eine neue Hyperschallrakete vorgestellt. Die "Avantgarde" soll 20 mal so schnell wie der Schall sein. Sie soll mit Abwehrsystemen nicht abzufangen sein. Die Niederlande, Australien und Großbritannien machen Russland für den Abschuss des Malaysia-Airlines-Flugzeugs MH17 verantwortlich. Für die russischen Oligarchen, die häufig auch Sponsoren sind, wird das Klima in London eisig. Mitte September 2018 führt Russland das größte Militärmanöver seiner Geschichte durch (Wostok-2018; Beteiligung von China).Am 18.03.2018 wird Präsident Putin für weitere sechs Jahre gewählt (67% Wahlbeteiligung, 77% der Stimmen). Am 15.01.20 tritt die Regierung zurück. Putin will die Verfassung umbauen (Verfassungsreform). Das Parlament soll zukünftig den Ministerpräsidenten bestimmen. Der Chef der nationalen Steuerbehörde Michail Mischustin wird vorgeschlagen und vom Parlament gewählt. Die Popularitätswerte von Wladimir Putin sind im Mai 20 so niedrig wie nie zuvor. Die Menschen in Russland billigen aber am 30.06.20 die neue Verfassung (73%). Die Wahlbeteiligung lag bei 65%. Putin kann bis 2036 an der Macht bleiben. Die Ehe wird als Verbindung zwischen Mann und Frau festgeschrieben. Ende  Juli gibt es große Proteste in der Provinz Chabarowsk. Putin hatte den Gouverneur wegen Auftragsmorden vor 15 Jahren abgesetzt. Tausende protestieren, weil sie glauben, dass Putin den beliebten Politiker loswerden will. Die Proteste könnten auf andere Regionen im Osten übergreifen. Die Menschen sind unzufrieden. Viele Konflikte belasten 2020 das Verhältnis zu Deutschland: Besetzung der Krim, Tiergartenmord, Hacker im Bundestag, Weißrussland. Johann Saatfelder von der SPD wird im August 2020 neuer Russland-Beauftragter der Bundesregierung. Im Oktober. Die Duma sichert am 24.3.21 Putin eine Machtoption bis 2036. In seiner Rede an die Nation  im April 2021 greift Putin den Westen an. Er spricht von einer "Roten Linie". Am 19. und 20. August 2021 besucht Merkel Russland. Es ist ihr Abschiedsbesuch. Sie setzt sich für die Freilassung von Nawalny ein. Es geht auch um Afghanistan. Die Kremlpartei Geeintes Russland hat bei der Duma-Wahl am 19. September 2021 gewonnen und wird stärkste Kraft. Die Popularität war zuletzt stark gesunken. Zweiter werden die Kommunisten. Es gibt Manipulationsvorwürfe. Russland gleitet immer mehr von einem autoritären Regime in eine Diktatur ab. Bei der Präsidentenwahl im März 2024 kommt Putin auf knapp 88%.

Duma: Parlament von Russland. Russland ist keine Demokratie. Im Grunde genommen segnet das Parlament nur die Entscheidungen Putins ab. Dieses System überträgt Putin auch nach außen: Er hält nichts von internationalen Verträgen, nichts von der Souveränität von Staaten, nichts von Demokratie.

ZK, Politbüro: Die üblichen Gremien in einem kommunistischen Regime. Die Machtkontrolle in der Elite funktioniert in Russland nicht mehr. Russland gleicht einer Diktatur. Putin hat das alleinige Sagen. Es gibt aber große Risse in der Führung.

Sicherheitsrat: Er berät Putin in strategischen und militärischen Fragen. Eine öffentliche Übertragung einer Sitzung macht aber deutlich, dass Putin das Kommando führt. Putin verhöhnt seinen Auslandsgeheimdienstchef Naryschkin.

KGB: Er wurde 1954 gegründet. Er ist einer der besten und gefürchtesten Geheimdienste der Welt. Die Spionageorganisation erwies sich als wichtigste Stütze des Repressionsapparates der Sowjetunion. Anfang der 1990er-Jahre wurde er aufgelöst, wirkt aber immer noch im Verborgenen. Es war eine der einflussreichsten Institutionen der UdSSR. Es gab schätzungsweise 480.000 Agenten. Putin lernte dort sein Handwerk. Die Netzwerke stützen ihn noch heute. Die Lubjanska in Moskau war die einstige Zentrale.

Moskau als Hauptstadt: Moskau ist ganz klar das Zentrum des Landes. Zu Zeiten der Sowjetunion musste man bei allen Reisen zuerst mal drei Tage in Moskau verweilen. In der stadt treten die Gegensätze zwischen Arm und Reich in den Vierteln zum Ausdruck. Der Bürgermeister Sergej Sobjanin ist sehr beliebt. 2023 gewinnt er die Bürgermeisterwahlen haushoch.

Exkurs: Alexejew Nawalnyj und Opposition: Nawalny ist von der Ausbildung her Jurist. Er hat viele Gesichter und ist nicht zimperlich. Er zeigt rassistische Parolen und demontiert seine Gegner. Im August 2020 wird der prominente Regimekritiker Nawalny in eine Klinik in Sibirien (Omsk) eingeliefert. Verdacht auf Vergiftung. Er wird dann in die Charite in Berlin geflogen (mit Spendengeldern). Der Verdacht auf Vergiftung bestätigt sich (Cholinesterase-Hemmer, Nervengift, Atropin hilft). Man findet Nervengift aus der Nowitschok-Gruppe (in Russland als chemischer Kampfstoff entwickelt). Vielleicht soll die Opposition in Russland ihre führenden Köpfen verlieren (zumindest eine Zeit lang). Die Bundesregierung verlangt Aufklärung. Sie und die EU wollen weitere Infos abwarten. Schließlich werden im Oktober Sanktionen von der EU verhängt (Kontosperrungen, Einreiseverbote). Russland kündigt "spiegelgenaue"  Gegenaktionen an. Diese kommen am 12.11.20 gegen Deutschland und Frankreich. Während der Abwesenheit von Alexej Nawalny in Russland verbreiten sich dort ungeheuerliche Nachrichten über ihn und seine Frau Julia. Etwa westliche Geheimdienst wollten ihn durch seine Frau bei der Opposition ersetzen. Schon seit vielen Jahren werden obskure Beiträge über Nawalny veröffentlicht. Man will wohl Nachrichten fluten, um die Wahrheit auszulöschen. Nawalny selbst will nachweisen, dass der russische Geheimdienst hinter dem Anschlag steckt. Das scheint ihm zu gelingen. Nawalnyj war nie zimperlich in der Auswahl seiner Verbündeten. Früher suchte er am rechten Rand Verbündete. Doch der Kreml bot den Radikalen mehr. Die Politik in Russland ist sehr ökonomisch und auf Macht ausgerichtet. Nawalnyj gibt im Januar 2021 bekannt, dass er nach Russland zurück will. Viele in Deutschland sind erleichtert. Nawalnyj scheint unberechenbar: Er fliegt Ende Dezember einfach mal zum Urlaub nach Gran Canaria. Dort sind immer viele Russen, von denen sicher einige nicht seine Freunde sind. Dann kommt nach Corona hinzu. Am 17.01.21 fliegt er nach Russland zurück. Dort wird er wohl sofort festgenommen. In einem Schnellverfahren wird er zu 30 Tagen Haft verurteilt. Die baltischen Staaten Estland, Lettland, Litauen drängen in der EU auf weitere Sanktionen. Sie wollen auch einen Stopp der Pipeline. Nach der Verhaftung gibt es in ganz Russland Protestaktionen von Zehntausenden der Opposition. Viele Demonstranten (3000?) werden festgenommen. Im Internet zeigt Navalnyj ein Schloss am Schwarzen Meer, das angeblich Putin gehört. Als Eigentümer offenbart sich später der Oligarch Arkadi Rotenberg (nur zum Schein?). Die USA und Kanada prangern die Festnahme der Demonstranten an. Der Ruf nach weiteren Sanktionen wird lauter. Am 31.01.21 weiten sich die Demos auf ganz Russland aus, auch auf Sibirien. Es sind nicht nur Anhänger von Nawalny, sondern viele Unzufriedene. Über 4000 Menschen werden festgenommen. Am 02.02.21 findet eine Gerichtsverhandlung statt. Man rechnet damit, dass Nawalny wegen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen länger ins Gefängnis muss. Es werden zwei Jahre und acht Monate (Anrechnung der Untersuchungshaft). Die NGO OWD geht von 11.000 festgenommenen Demonstranten seit Nawalnys Rückkehr aus (bis Anfang Februar 2021). Berlin ist offen für weitere Sanktionen. Der Europarat appelliert an Russland. Drei Diplomaten aus Deutschland, Polen und Schweden werden ausgewiesen. Das ist ein Affront, weil gleichzeitig der EU-Außenbeauftragte Josep Borell  in Russland verhandelte. Gibt es neue Sanktionen? Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg fordert Nawalny freizulassen. Der russische Justizminister sieht dafür keine gesetzliche Grundlage und warnt vor einer Einmischung in die russischen Parlamentswahlen im September. Nawalny unterliegt bei zwei Gerichtsverfahren (Widerspruch, Berufungsgericht) und muss in ein Straflager. Die EU verhängt Sanktionen gegen russische Oligarchen und Verantwortliche: Vermögenssperren, EU-Einreiseverbote. Russische Politiker und auch Intellektuelle denken darüber nach, Dissidenten wieder auszubürgern (wie früher in der Sowjetunion; Vgl. Thumann, Michael: "Verrat am Vaterland, in: Die Zeit Nr. 10, 4.3.21, S. 5. Vor der Parlamentswahl im September werden russische Oppositionelle (unabhängige Kandidaten) ins Gefängnis oder Exil geschickt. Politische Tätigkeit wird ihnen verboten. Besonders Mitarbeiter von Nawalny sind im Visier. Im März 2022 gibt es eine weitere lange Haftstrafe gegen Nawalny (Betrug, Korruption). 2023 gibt es Sorge um Nawalnys Gesundheit. offenbar wird ihm der Zugang zu einem Krankenhaus verweigert. Ende August 2022 wird der ehemalige Bürgermeister von Jekaterinburg Jewgenij Roisman festgenommen beim Joggen. Er soll sich gegen den Ukraine-Krieg geäußert haben. Zur Opposition gehört auch Wladimir Kara-Mursa. Er sitzt 2022  in Haft (ihm drohen 10 Jahre). Er prognostiziert das Kollabieren des Regimes. Schon 2023 weit vor der Präsidentenwahl verschwindet Nawalny von Bildfläche. Er taucht dann Ende des Jahres wieder in einem Straflager auf. Am 16.2.24 wird der Tod von Nawalny offiziell bekannt gegeben. Die Leiche des Kremlkritikers konnte noch nicht obduziert werden (war der Tod Zufall aufgrund der schlechten Haftbedingungen oder ist Putin so unsicher vor der Wahl und ließ ihn umbringen?). Die Bundesregierung bestellt den russischen Botschafter ein. Der Nawalny - Folterknecht wird zum General befördert. Die Mutter bekommt Zugang zum Leichnam. Am 24.2.24 wird ihr der Leichnam ausgehändigt (2. Jahrestag Beginn des Ukraine-Krieges). Er soll auf einem Friedhof in Moskau im Südosten beerdigt werden (Borisowski, damit man das Grab nicht so schnell findet). Seine Frau Julija Nawalnaja will sein politisches Vermächtnis weiterführen. Angeblich war schon ein Austausch von Nawalny fest geplant (gegen den "Tiergartenörder"). Die Witwe redet Ende Februar 24 vor dem Europaparlament. Sie sagt: "Putin ist Chef einer kriminellen Gang". Nawalny soll am 1.3.24 beerdigt werden. Es kommen Tausende von Menschen. Viele werden verhaftet ("Nein zum Krieg"). Von Socrates bis Nawalny - die Geschichte des Vergiftens ist lang und perfide. Dei alten Griechen vertuschten Giftmorde als Krankheiten. Heute schaltet der Kreml seine Kritiker mit toxischen Substanzen aus. Etwa 1500 Giftstoffe können Rechtsmediziner in einer routinemässigen Untersuchung finden. Doch es gibt Hunderttausende. Vgl. Weber, Anna: Gift für den Gegner, in: NZZ 6.3.24, S. 23. Jeden Tag kommen Hunderte ans Grab, das direkt hinter dem Tor ist.

Navalny hat Unterstützer in Russland, die wollen, das sich was ändert. Darunter ist der Unternehmer Jewgenij Tschitschwarkin (Handyhandelskette Euroset). Er wohnt zum großen Teil in London. Ein weiterer Unterstützer ist Sergej Aleksashenko, ehemaliger Politiker und Zentralbanker aus Kiew. Geld gibt auch Boris Simin, Sohn des russischen Mobilfunkpioniers Dmitri Simin. Vgl. Heissler, Julian/ Zastiral, Sascha: Peanuts gegen Putin, in: WiWo 7, 12.221, S. 40f. Der Präsident schickt "Flashmobs" aus, die für ihn demonstrieren. Daraufhin hagelt es Spottnamen für Putin ("Bunkerzwerg", Onkel Wowa). Die Vertrauensrate für Putin fällt gerade mal wieder. Die russische Justiz verhängt im April 21 Arbeitsverbote. Damit legt sie Organisationen/ Stiftungen von Nawalny lahm. Im Vorwahlkampf 2024 zeichnet sich doch noch ein Putin - Konkurrent ab. Es ist Boris Nadeschdin. Er muss 100.000 gültige Unterschriften sammeln, um als einziger Gegenkandidat zu Putin anzutreten. Die Russen stehen Schlange dafür. Er will Frieden mit der Ukraine. Nadeschdin wird zur Wahl nicht zugelassen. Die Wahlkommission bemängelt die Unterschriftenlisten. Er hätte wohl zu viele Stimmen auf sich gezogen, die für Frieden sind.

Straflager YAG14/10 in Krasnokamensk: Hier werden die meisten Regimekritiker untergebracht. Es herrscht Willkür und Grausamkeit. Es drohen Sonderarrest (für Disziplinlosigkeit) und Schläge (für Beschwerden). Es gibt auch regelmäßige Schläge durch Polizeieinheiten. Blut und Kot sind auf den Korridoren. Es gibt in Russland 692 Strafanstalten. Nur acht sind Gefängnisse. Die Übrigen Gefangenen leben in Holz- und Ziegelbaracken. Es muss gearbeitet werden, manchmal auch mit giftigen Chemikalien. Die Info war allerdings falsch in den Medien. Nawalny meldet sich aus der Gefangenenkolonie IK-2 in Pokrow bei Moskau. Es führt auch ein strenges Regime. Ehemalige Insassen berichten von psychologischem Druck und einem Alltag voller Schikanen. Das Lager gehört zu den roten, in denen die Verwaltung das Sagen hat. Nawalny tritt im März 2021 in einen Hungerstreik. Er will bessere ärztliche Betreuung (Lähmungserscheinungen). Er wird in das Krankenhaus des Straflagers eingeliefert. Er beendet den Hungerstreik.

Wirtschaft: BIP 2021 4226 Mrd. US-$. (1505 Mrd. €; Prognose; vergleichbar mit dem Spaniens, nach Kaufkraftparität allerdings 6. größte Volkswirtschaft der Welt, pro Kopf vergleichbar mit Bulgarien). Seit 2013 wuchs die Wirtschaft im Schnitt nur um 0,8% (Sanktionen). BIP 2017 1578 Mrd. US-$. BIP 2013 2118 Mrd. US-$. Realer Zuwachs 1,3%. Reales Wachstum des BIP 3,4% (2012; 2014: 0,1%, Prognose 2015: -1,7%). Prognose für 2018: +1,5%. BIP je Einwohner 11.100€ (2012). Anteile: Landwirtschaft 4%, Industrie 36%, Dienstleistungen 60%. Staatsschuldenquote 12% (2018: 17,3%). Inflationsrate 5,1% (2012; 2015 15%). Arbeitslosenquote 2018: 5,3% (Prognose). Russische Auslandsverschuldung 2013 ca. 480 Mrd. €. Weltanteile der Produktion: Öl 13%; Gas 18%. Russische Exporte sind im Gegensatz zu denen anderer Länder hauptsächlich Öl und Gas. Russlands Bedeutung im Außenhandel ist stetig gewachsen.  Der Rubel steht schon seit Wochen unter Druck und wurde weiter abgewertet (12% Wertverlust im März 13). Weitere Sanktionen werden von der EU und den USA angedroht. Einreiseverbote für Russen und Kontensperrungen sind geplant (wird nach dem Referendum umgesetzt).. Deutschland deckt seinen Erdgasbedarf zu knapp 39 Prozent aus Russland. Die Wirtschaft Russlands ist nicht besonders effizient. Die Arbeitsproduktivität beträgt nur 40% der USA.  Ende Juli hebt die russische Zentralbank den Leitzins an (um 0,5% auf 8%). Unter dem Druck der Ukraine-Krise muss die hohe Inflation bekämpft werden. Wegen der Zerschlagung des Ölkonzerns Yukos muss Russland eine Rekord-Entschädigung an die einstigen Aktionäre zahlen (37,2 Mrd. €). Russland baut ab 2014 seine Militärpräsens in der Arktis aus. Das hat angesichts der Ukraine-Krise strategische Gründe. Zudem lagern unter der Arktis riesige Rohstoffvorkommen. Der Start der Freihandelszone zwischen EU und der Ukraine wird auf Ende 2015 verschoben. Russland sucht 2014 die Nähe zu China. Angesichts westlicher Sanktionen werden diverse Abkommen mit China geschlossen.  Der Ölpreisverfall beeinflusst auch stark den russischen Aktienmarkt (Leitindex im Minus). Insgesamt zeigt die ökonomische Krise auch Putins Versagen in der Wirtschaftspolitik. Staat moderne Industrien aufzubauen, wurde einseitig die Rohstoffbranche gefördert. Ein Tauschgeschäft zwischen der BASF und Gazprom scheitert Ende 2014 an den politischen Verhältnissen. Russland muss Ende 2014 die Banken stützen (16,5 Mrd. Dollar). Die Rating -Agentur Fitch stuft Russland Anfang 2015 auf eine Stufe vor Ramschstatus herunter; Standard & Poor`s gibt wenig später Ramschstatus.. Einige Banken in Europa sind besonders betroffen, wenn russische Kunden ihre Schulden nicht mehr begleichen können (Raiffeisen Bank International aus Österreich; OTP aus Ungarn). Zu Beginn 2015 muss Russland den Etat drastisch kürzen (45 Mrd. $ weniger Einnahmen). Der Mittelstand in Russland ist besonders betroffen (steigende Lebensmittelpreise, Urlaub im Ausland nicht mehr möglich). Die EU will Mitte Februar 2015 weitere Wirtschaftssanktionen verhängen. Die Kapitalflucht aus Russland hatte 2014 einen Umfang von 150 Mrd. $; 2015 werden 115 Mrd. $ geschätzt (die westlichen Banken trifft es am härtesten; der Staat muss einige russische stützen). Das Land brauchte dringend eine Öffnung und Diversifizierung der Wirtschaft (hat aber wegen der Sanktionen und des niedrigen Ölpreises immer weniger Geld dafür). Vielleicht wird Minsk II eingehalten und es kann zu einer Lockerung der Sanktionen kommen.  Die EU verlängert Mitte des Jahres 2015 die Sanktionen bis Januar 2016. Russland hat im Herbst 2015 massive Probleme mit seinen Staatsfinanzen. Das Gesundheitssystem ist schon in einem desolaten Zustand (Reformen notwendig). Der Anstieg des Ölpreises Ende 2016 führt zu einer Stabilisierung der russischen Wirtschaft.2017 könnte die Wirtschaft in Russland nach längerer Zeit wieder wachsen. Es gibt immer wieder Festnahmen nach Massendemonstrationen. Belgische Abfangjäger fangen Mitte Januar 2018 eine russische Tupolew über den Niederlanden ab (strategische Nuklearübung?).  Allein während des US-Angriffs (auch Frankreich, GB) auf Syrien fällt der Rubel-Wert um 10%. Die niedrigen Energiepreise (Öl, Gas) machen Russland 2020 schwer zu schaffe. Hinzu kommt die Corona-Krise. Der "Nationale Wohlstandsfonds in Höhe von 150 Mrd. Euro wird nicht angetastet. Sechs Mio. Kleinunternehmen stehen vor der Pleite. Viele private Haushalte leiden unter Armut. 2020 dürfte das BIP um -5,5% sinken (Quelle: IWF). Die Löhne sinken, die Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst. Man sieht nicht, wie das Land aus der schweren Krise herauskommen soll. Die Inflation ist 2020 extrem hoch (kumuliert 2000 bis 2020 571%, Welt 208). Der aktuelle Leitzins beträgt 5,0%. 2020 und 2021 muss man eine ernüchternde Bilanz ziehen - trotz Rohstoffreichtums. Russland hat mit seinem BIP einen Anteil von 3,1% am Welt-BIP. Für 2022 erwartet man ein deutliches Wirtschaftswachstum von +4,7%. Der Krieg wird sicher zu einem Einbruch führen, das Wachstum dürfte über Jahre gering ausfallen. Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen langfristig mit einem Einbruch des Wachstums um -10% (Ifo, Österreichisches Institut). Entscheidenden Einfluss hat der Umfang eines Energie-Embargos. Kurzfristig bricht das BIP um -15% ein (1. Quartal 22). Die russische Luftfahrt steht vor dem Kollaps. Im Juni 2022 findet ein Internationales Wirtschaftsform in St. Petersburg statt. Putin erklärt den "wirtschaftlichen Blitzkrieg des Westens" für gescheitert. Seine "militärische Spezialoperation" erklärt er für alternativlos. Dann wird sichtbar, dass es mehr ist: Das Parlament bereitet im Juli 22 den Umbau in die Kriegswirtschaft vor. Die Wirtschaft wird auf die Bedürfnisse der Armee ausgerichtet. Einzelne Branchen können zur Belieferung der Armee verpflichtet werden. Arbeiter in diesen Betrieben können zu Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit und Verzicht auf Urlaub verpflichtet werden. Ende 2023 sind Arbeiter in Russland Mangelware. Laut Industrieministerium fehlen 870.000 Fachkräfte. Es fehlen Produktionskapazitäten. 2024 soll der russische Militärhaushalt um fast 70% auf 108 Mrd. € wachsen (29% der Gesamtausgaben, vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion 16%). Die Wirtschaft wächst 2023 um 3,5% (Statistik ist allerdings auch Kriegsführung). Es fehlt Geld für Investitionen und neue Technik. "Es ist gut, dass vielfältige Handelsbeziehungen zu Russland bestehen. Es ist zudem eines der finanziell solidesten Länder überhaupt mit nur zehn Prozent Staatsverschuldung", Karl-Erivan Haub, Chef des Handelskonzerns Tengelmann. "Die Kosten der Refinanzierung für Banken und kleine und mittlere Unternehmen sind enorm gestiegen", Natalia Akindinowa, russische Ökonomin. "Russland macht mir Angst und viel mehr Sorgen als Griechenland", Robert Shiller, US-Wirtschaftsnobelpreisträger, 2015. In der Ukraine-Krise hat sich die Zu- und Abnahme von Ausländern drastisch verändert: Europäer und US-Amerikaner haben das Land verlassen; Weißrussen, Chinesen und Ukrainer sind gekommen. Im August 2015 lässt Putin demonstrativ illegal eingeführte Lebensmittel aus der EU vernichten. BASF und Gazprom tauschen Unternehmensteile trotz der politischen Lage. Die Allzweckwaffe VEB wird 2016 zum Problem. Sie ist eigentlich keine Bank, da keine Banklizenz (ursprünglich Außenhandelsbank). Vorbild war die KfW. Die Kreditausfälle werden immer größer. 2016 plant Daimler trotz der Sanktionen den Bau eines Autowerkes in Russland. "Die Ökonomen haben sich als fähiger erwiesen als die Generäle", Alexandra Prokopenko, Ökonomin (in: Der Spiegel 9/ 24.2.24, S. 12).

Notenbank, Rubel und Geldpolitik:  Im November 2014 gibt die russische Notenbank den Rubel frei, worauf hin zunächst eine Erholung des Kurses einsetzt. Die Inflationsrate liegt Ende 2014 bei 8%, was stark die ärmere Bevölkerung bei Lebensmitteln trifft. Die Prognose der russischen Regierung für das Wachstum 2015 liegt bei -3,0% (Zentralbank: -4,8%; erstmals seit 2009 keine Wachstum). Am katastrophalsten wirkt sich der niedrige Ölpreis aus (68% beträgt der Anteil von Öl und Gas am Export).  Ende 2014 verkauft die Regierung Devisenreserven. Der Rubel verliert massiv an Wert (50% gegenüber Dollar, 40% gegenüber Euro seit Jahresbeginn 2014). Die Zentralbank erhöht den Leitzins auf 9,5% als Gegenmaßnahme; später sogar auf 10,5% und 17%. Nach einer Leitzinssenkung von 11,5 auf 11% ist der Rubel am 31.07.15 auf den tiefsten Stand seit vier Monaten gefallen (1 Euro 67 Rubel; 1 Dollar 61 Rubel). Im August 2015 steht der Rubel bei 81,32 Rubel pro Euro (ein Dollar kostete 70,91 Rubel). Elvira Nabinullina ist die Chefin der Notenbank 2021 und 2022 (loyal zu Putin, auch im Krieg; sie gilt als liberal). Sie erhöht 2021 den Leitzins mehrmals wegen der Inflation. Im Dezember 21 soll der Leitzins auf 8% angehoben werden. Das Inflationsziel für 2022 ist 4%. Anfang 2022 ist der Leitzins bei 8,5%. Ende 2021 überlegt man, eine finanzielle Abkopplung von Swift. Das würde großen Schaden in Russland anrichten, ist aber auch ein Horrorszenario für die Handelspartner. Ende 2021 beträgt der Wechselkurs des Rubel zum Euro 1 Euro = 83,0068 Rubel. Die Fremdwährungsreserven des Landes liegen Ende 2021 bei 630 Mrd. US-$ (das meiste in Devisen, Rest in Gold, ca. im Wert von 100 Mrd. US-$). Der Rubel gilt 2022 als die instabilste Währung der Welt (Agentur Bloomberg). Bis März 2022 (nach dem Einmarsch) hat sie schon 40% gegenüber dem Dollar verloren, bis Mitte März 22 50%.  Am 23.März 2022 gibt Russland bekannt, dass alle Energielieferungen in den Westen mit Rubel bezahlt werden müssen ("unfreundliche Staaten": EU, Kanada, GB). Damit stützt er den Rubel-Kurs und umgeht teilweise Sanktionen gegen die russische Notenbank. Die russische Zentralbank bekommt eine Woche Zeit, die Modalitäten für die Umstellung von Devisen- auf Rubelzahlungen festzulegen. Die EU weigert sich, in Rubel zu zahlen, weil laut Vertrag der Euro gilt. Damit könnte auf diesem Wege ein Gasembargo automatisch kommen. Die EU und Deutschland finanzieren nicht direkt den Krieg gegen die Ukraine. Die russische Kriegswirtschaft ist autark: Rohstoffe, Energie, Militärgeräte und Nahrungsmittel sind vorhanden. Obwohl Putin am 31.3.22 ein Dekret zur Rubel-Zahlung ab 1.4.22 erlässt, soll Deutschland weiter Euro über die Gazprom-Bank bezahlen können (von Sanktionen nicht betroffen). Es soll ein Konto bei der Gazprom-Bank in Luxemburg eröffnet werden, die Euro oder Dollar-Zahlungen in Rubel umtauscht. Der Ausverkauf bei russischen Anleihen ist immens. Einige hoch spezialisierte Hedgefonds wittern auf lange Sicht trotzdem lukrative Geschäfte. Bei Polen und Bulgarien stellt Russland die Gaslieferungen ein, weil sie nicht in Rubel zahlen. In einigen ukrainischen Regionen will Russland den Rubel als Zahlungsmittel einführen (so etwa in Cherson). Deutschland arbeitet bei den Energiezahlungen an Russland mit einem Trick: Es überweist Euro an die entsprechende russische Bank. Diese tauscht den Betrag dann in Rubel um. So können beide Seiten ihr Gesicht wahren. Vgl. Schieritz, Mark:  Spielchen mit Putin, in: Die Zeit Nr. 19/ 5. Mai 2022, S. 22.

Die Notenbank wird nach dem Angriff auf die Ukraine mit Sanktionen belegt: 1. Einfrieren des Auslandsvermögens. 2.  Unterbinden von Transaktionen mit dem Ausland. Sofort fällt der Rubel auf den tiefsten Stand jemals. Die Notenbank erhöht den Leitzins auf 20%. Später erholt sich der Rubel-Kurs wieder auf Vorkriegsniveau /hohe Preise von Energie in Devisen bezahlt). Dann senkt die Notenbank den Zinssatz wieder. Die Inflation in Russland liegt bei 18% (April2022). Am 18.9.22 wird der Leitzins abermals gesenkt um 0,5 Prozentpunkte auf 7,5%. Die Notenbank signalisiert gleichzeitig ein Ende der Zinssenkungen. Die Inflationsrate liegt bei rund 14%. 2024 liegt die Inflation bei über 7%. Um die Inflation zu zähmen, hält die Zentralbank die Leitzinsen auf der Rekordhöhe 16%.  Vgl. Thumann, Michael: Womit keiner rechnet, in: Die Zeit 7/ 8.2.24, S. 19. Die Inflation lag schon im Dezember 23 bei  7,4%. Sehr stark steigen die Preise für Obst, Gemüse (+20%), Fleisch und vor allem Eier  (+40%). Die Reallöhne steigen auch - doch längst nicht bei allen. Vgl. HB 13.2.24, S. 10.

Exkurs: Rubel-Kurs: Am Anfang des Ukraine-Krieges 2022 sackte der Rubel in den Keller (Rubel-Crash), insbesondere durch die Wirtschaftssanktionen. Dann erholte er sich wieder und erreicht sogar eine größere Stärke als vor dem Krieg. Offensichtlich manipuliert Putin den Kurs: 1. Beschränkungen des Devisenverkehrs. 2. Anhebung der Zinsen. 3. Rekordüberschuss der Handelsbilanz (Export von Öl und Gas zu extrem hohen Preisen). 4. Umstellung der Gaszahlungen in Rubel ab 1.4.22. Nur ein komplettes Embargo könnte den Rubel in die Knie zwingen. Für die Verbraucher gibt es Preisexplosionen. Einige Waren haben sich seit Jahresbeginn um 50 bis 70% verteuert. Das betrifft Luxusprodukte genauso wie alltägliche Lebensmittel. Vgl. auch: Eckert, Daniel/ Zschäpitz, Holger, Das Rätsel um den Rubel, in: Welt am Sonntag Nr. 21/ 22. Mai 2022, S. 35. Mitte April 2023 fällt die russische Währung auf den tiefsten Stand seit einem Jahr. Dann stürzt er 2023 weiter ab (1 € etwa 100 Rubel). Russlands Staatshaushalt profitiert, die russischen Bürger trifft die Entwicklung hart. Damit zeigen die westlichen Sanktionen gegen Exporte Wirkung.

Gold- und Devisenreserven: Seit 2015 steigen die Reserven kontinuierlich. Im vergangenen Jahr 2021 betrugen sie rund 620 Mrd. Dollar. Die Fremdwährungsreserven des Landes liegen Ende 2021 bei 630 Mrd. US-$ (das meiste in Devisen, Rest in Gold, ca. im Wert von 100 Mrd. US-$). Das deutet darauf hin, dass Putin lange auf einen Krieg hin gearbeitet hat. Die meisten Währungsreserven lagern in China (17,7 %, verfügbar). 15,6% sind in Frankreich (blockiert). Dann kommt Japan mit 12,8% (blockiert). Deutschland hat 12,2%., die USA 8,5%, BIZ/ IWF 6,4%, GB 5,8% (alle blockiert). Quelle: WiWo 11/ 11.3.22, S. 6. Der Bestand an US-Staatsanleihen und Goldreserven  wurde von 2017 bis 2022 drastisch umgeschichtet: 2017 Staatsanleihen 103 Mrd. $, Gold 77 Mrd. $; 2022 4 Mrd. € Staatsanleihen, 148 Mrd. € Gold (23%). 2022 werden ungewöhnlich große Mengen an Gold von Russland nach GB/ London transferiert. Dort sind keine Sanktionen zu erwarten und Gold ist zollfrei (muss nur deklariert werden).

Exkurs: Der Midas von der Moskwa. In den letzten 15 Jahren hat Putin massenweise Gold gehortet. Es sollen 2300 Tonnen sein (IWF, in Hochsicherheitstresoren in Moskau und St. Petersburg)). Das ist fünfmal so viel wie das sagenhafte Zarengold. Das Gold ist vor westlichen Sanktionen sicher. Es könnte aber nicht auf offiziellen Märkten verkauft werden (sanktioniert, Preis würde sofort sinken). Jahrelang wurde die eigene Goldförderung in Sibirien abgeschöpft. Vielleicht setzte Putin auch auf einen Verfall des Westens samt Währungen. Vgl. Fischermann, Thomas: Der Midas von der Moskwa, in: die Zeit Nr. 13/ 24. März 2022, S. 26. Die russischen Goldraffinerien sind von den westlichen Sanktionen betroffen. so sinkt weltweit das Angebot an Gold. Das treibt den Goldpreis in die Höhe (es ist immer zu unterscheiden zwischen dem Preis in Dollar und Euro). Gold profitiert auch von der Aktien- und Anleiheschwäche.

Die russischen Banken können das Zahlungssystem Swift leicht durch Telex ersetzen. Russische Banken wickeln ihre Geschäfte auf altmodische Weise ab - wie vor der Gründung von Swift 1973. Banken können auf andere Nachrichtenkanäle zugreifen. Telex ist ein System zur Nachrichtenübermittlung mithilfe von Fernschreibern.

Kriegswirtschaft: Die russische Wirtschaft erweist sich überraschend widerstandsfähig. Russland hatte einiges an Reserven. Der Ukraine-Schock hat die Öl- und Gaspreise in die Höhe getrieben. Gleichzeitig stagnieren die Ausgaben für Bildung, Gesundheit und Infrastruktur. Für  seine Rohstoffe bekommt Russland niedrigere Preise. Der Export ist komplizierter. Inzwischen fließt ein Drittel des Staatshaushalts in die Rüstung. Das erinnert an den Zusammenbruch der Sowjetunion. Vgl. Focus 107 2024, S. 22. Die  langfristigen Aussichten für das Land sind düster. Dei historische Erfahrung zeigt, dass der Umstieg von einer Kriegs- auf eine Friedenswirtschaft mit erheblichen Friktionen verbunden ist. Vgl. Langhammer, R.- J.: Dinner mit dem Teufel, in: WiWo 13/ 22.3.24, S. 39.

Tod als lukrativster Nutzen des Lebens: 28% aller Beschäftigten verdienen nicht mehr als der Mindestlohn. Freiwillige für den Krieg können mit 700.000 Rubel Sofortprämie rechnen. Dei Familien getöteter Soldaten erhalten bis zu 5 Mio. Rubel an Entschädigung. Sie bekommen damit mehr Geld als der Tote über den ganzen Rest seines Lebens verdienen könnte.

Oligarchen und Putin sowie KGB: Das ist eine Gruppe von ehemaligen KGB-Agenten um Putin, die die Macht in Russland übernommen haben. Der KGB rekrutierte die Besten. Das war ihm möglich, weil es die attraktivsten Jobs waren, die man in Russland bekommen konnte. Die neue Klasse hat auch viele Unternehmen in der Hand. In andere investiert niemand, weil man eine Übernahme aus dem Sicherheitsapparat fürchtet.  Vgl. Catherine Belton: Putin `s People, William Collins 2020 (Deutsch "Putins Netz"). Standardwerk darüber ist Karen Dawisha: Putins Kleptokratie, Wem gehört Russland, 2017. Die Oligarchen sind in der Transformation der russischen Wirtschaft von der reinen Staatswirtschaft zur privaten Unternehmen entstanden (Epoche Jelzin). Kaufen konnte damals, wer Geld und Beziehungen hatte (auch viele Kriminelle, Maffia). Nikolaj Schamalow ist der Organisator des Putin - Palastes am Schwarzen Meer und sein häufiger "Strohmann". Sein Sohn Kirill machte auch Karriere: Beim Jura-Examen ließ er sich helfen. Mit 28 wurde er Vizepräsident von Sibur, Russlands größten Petrochemiekonzern. Der Schwiegersohn  von Putin spielt auch eine wichtige Rolle. Mit seiner Frau besuchte er auch das Weltwirtschaftsform in Davos.  Die Ehe wurde mittlerweile geschieden. Vgl. Schmidt, Friedrich: Putins Günstlinge, in: FAZ Nr. 40, 17.2.21, S. 3. Immer mächtiger wird der russische Verteidigungsminister. Er führt Kriege in aller Welt. Er dehnt seinen Einflussbereich systematisch aus. Er lässt auch Waffen an das Militär in Myanmar liefern und unterstützt die Taliban. Sein Name ist Sergej Schojgu. Manche handeln ihn schon als Putins Nachfolger. Nach 4 Wochen Ukraine-Krieg wird er allerdings nicht mehr in der Öffentlichkeit gezeigt., weil das Meiste schief läuft. Andere wichtige Köpfe sind: Igor Setschin/ Rosneft; Alexej Miller/ Gazprom; Sergej Iwanow/ Alrosa-Diamanten; Margarita Simonjan/ RT; Maria Sacharowa/ Außenministerium; Dennis Bortnikow/ Staatsbank VTB; Brüder Rotenberg/ Baukonzern SGM. Nikollaj Tokarew/ Transneft; Alexej Mordaschow/ TUI; Usmanow/ Kommersant, Immobilien, Metallindustrie (Yacht in Hamburg, Immobilien in Berlin und am Tegernsee). Leonid Mikhelson (Miteigentümer des Gaskonzerns Novatek).  Weitere Namen in der Seilschaft sind (teilweise noch aus DDR-Zeiten): Jewgeni Schkolow, Sergei Tschemesow/ Rostec. Wichtig ist auch noch Michail Fridman. Über seine Holding ist er an Wintershall beteiligt. Er ist Gründer der Alfa Group.  Hinzu kommt Oleg Deripaska. Er wurde reich mit Aluminiumwerken. Er gilt als Putins bester Mann. In Deutschland gut vernetzt ist Viktor Charitonin. Über die NR-Holding (große Pharmafirma in Russland) ist er Eigentümer des Nürburgrings. Er will 2023 auch den Flughafen Hahn übernehmen. Man fragt sich, was er damit vorhat.  Putin hat aber eindeutig die Führung.  2022 kommen auffällig viele Oligarchen mit ihren Familien ums Leben (Selbstmord? Mord?). Deutschland ist der Umschlagplatz illegaler russischer Gelder. Die Duma sichert am 24.3.21 Putin eine Machtoption bis 2036. Viele Dinge in der Außenpolitik Russlands sind nur durch die Innenpolitik zu erklären. Durch Feinbilder will man das Land zusammenschweißen und die Schwäche überdecken. Russland gleicht immer mehr einer Autokratie: Presse und Justiz sind weitgehend gleichgeschaltet. An allen Schalthebeln der Macht sitzen ehemalige Führungskräfte des Innlandsgeheimdienstes. Die Sanktionen des Westens setzen vor allem bei den Eliten an: Sie haben Vermögen im Westen (einschließlich Yachten und Immobilien) und lassen ihre Kinder dort studieren. Sie sind die Profiteure des Systems. Neuer Rückzugsort für die Superreichen als Ausgleich wird Dubai. Die Oligarchen bringen dort ihr Vermögen in Sicherheit. Beliebt ist auch Israel: Es wird zum sicheren Hafen für Putins Freunde und unterstützt die westlichen Sanktionen nicht. Jüngere Russen, die gut ausgebildet sind und die Repression nicht mehr wollen, fliehen bevorzugt nach Istanbul. Ein weiteres Ziel ist Tiflis in Georgien. 2023 bittet Putin seine Oligarchen zur Kasse. Das ist eine Vermögenssteuer auf Russisch. Er will seine Oligarchen schröpfen, um den Krieg in der Ukraine zu finanzieren. Die Unruhe in der Elite wächst. Vgl. Kireev, Maxim: Putin bittet die Oligarchen zur Kasse, in: WiWo 9/ 24.2.23, S. 36.  In Russland kursieren sehr viele Putin - Witze. Ein boshafter: "Er trinkt, tanzt, fliegt und schwimmt. Nur ins Weltall traut er sich nicht". Dann werden nämlich alle schreiben: "Wladimir Wladimirowitsch , bleiben Sie dort, tun Sie dem Volk den Gefallen", Michael Gorbaschow. Russland hat heute wieder das Ziel, das alte Sowjetimperium wieder herzustellen. Seit dem Angriff auf die Ukraine gehen westliche Regierungen gegen Putins Oligarchen vor. Man stößt aber schnell an die Grenzen: Die Milliardäre haben ihr Vermögen gut verschleiert. Die Sanktionen werden später auch auf die Familie von Putin (Töchter) und Lawrow ausgedehnt. Im August 2022 gibt es einen Mordanschlag (Autobombe) auf die Tochter des kremlnahen Ideologen Alexander Dugin bei Moskau. Es gibt verschiedene Vermutungen über die Täter: Am wahrscheinlichsten ist ein Anschlag des Inlandsgeheimdienstes, um die Ukraine zu beschuldigen und bei Getreuen Angst zu verbreiten.  "Die Verräter werden ins Gras beißen, Glauben Sie mir", Putin.

Exkurs: Wladimir Putin (Lebenslauf): Putin wurde in der früheren Zarenmetropole St. Petersburg 1954 geboren. Als die Stadt noch Leningrad hieß, wuchs er in ärmlichen Verhältnissen auf. Er wurde in einer russisch-orthodoxen Kirche getauft. Er trainierte Judo und brachte es zum schwarzen Gürtel. Dann studierte er Jura in St. Petersburg wie sein enger Vertrauter Dmitri Medwedew. Zunächst wurde er vom KGB abgewiesen, dann doch genommen. Er führte eine Kommission zur Aufklärung von Korruption und Betrug in der Stadtverwaltung. Viele seiner Kollegen gelangten später in hohe Positionen in der Wirtschaft. So auch Igor Setschin von Rosneft. Putin sorgte für einen Tausch von Lizenzen gegen Nahrungsmittel. Später leitete Putin die KGB-Abteilung in der DDR (1985 bis 1990 KGB-Offizier in Dresden). Dort lernte er auch fließend Deutsch und arbeitete sich in deutsche Kultur und Geschichte ein. 1999 berief Präsident Boris Jelzin ihn zum Ministerpräsidenten der Kreis um Jelzin glaubte, dass der unscheinbare Mann die liberale Richtung fortsetzen würde). 2020 wurde er zuletzt wieder Präsident. Er räumte mit dem Chaos unter Jelzin auf. 2021 setzte er eine Verfassungsänderung durch, die ihm das Weiterregieren bis 2036 ermöglicht. US-Politiker wollen wegen der Ukraine-Krise einen Bericht über Putins Vermögen ins Internet stellen. Putin gilt als deutschfreundlich. Bemerkenswert war seine Rede auf Deutsch im Deutschen Bundestag 2001. Hintersinn war sicher, Deutschland auf lange Sicht von den USA zu sich rüberzuziehen. Putin strebt eine Dominanz in Europa ohne die USA an. Damit bedroht er Europas Stabilität (er will eher spalten) und die Partnerschaft mit den USA. Ökonomisch-rationale Argumente beeinflussen ihn weniger als der historische Traum von einem neuen Groß-Russland. In Kiew sieht er die historische Keimzelle eines solchen Reiches (laut einem Aufsatz von ihm, auch Reden). In seinen Reden verwendet er immer mehr Floskeln aus dem Hitler-Buch "Mein Kampf", vor allem mit rassistischem Ton. Unklar sind Analysen seines Geisteszustandes. Einige sehen eine Wesensveränderung (paranoid, narzisstisch, aggressiv). Andere sehen ihn völlig isoliert unter dem starken Einfluss militaristischer Kreise um Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Klar ist, dass er allen ehemaligen Republiken im GUS-Bereich den Weg zur Demokratie, Reststaatlichkeit und Westanbindung verwehren will, weil sie sein Geheimdienst-System bedrohen. Die Verflechtung von Oligarchie, Geheimdienst und Organisierte Kriminalität ist sein Erfolgsrezept. Er hat sicher auch Diktatorallüren. Er ist bisher vor allem als brutaler Kriegsherr ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung in Erscheinung getreten (Machtergreifung in Moskau, Tschetschenien, Georgien, Krim, Syrien, Kasachstan, Libyen). Man bezeichnet ihn auch heute als "Möchtegern-Zaren" (autokratisch, Peter und Katharina die Große als Vorbild, er verwandelt historische Traumata in Hass). Das äußerst Gefährliche an seinem Krieg gegen die Ukraine ist, dass er aus Schwäche handelt. Die Frage ist, was er noch gewinnen kann oder man ihm zu gewinnen gibt. Er ist ohne große Perspektive eingezwängt zwischen China (mit dem es auch noch Gebiets - Zwistigkeiten in Sibirien gibt) und der EU, deren Demokratiemodell und Wohlstand er fürchtet (gleichzeitig aber Schwäche und Verfall sieht). Es war aber auch ein großes Versäumnis des Westens, der Forderung Russland seit den 1990er-Jahren nach einer europäischen Friedensordnung nicht nachzukommen. Putin verfehlt im Krieg so ziemlich alle seine Ziele ("Entnazifizierung", Demilitarisierung) Die Blamage seiner Armee ist deutlich. Jetzt will er noch verhindern, dass aus der Ukraine eine prosperierende Demokratie auf dem Weg in die EU wird.  Seine Rückschläge machen ihn gefährlicher (Massenvernichtungswaffen?). Er fürchtet die Niederlage mehr als Kriegsverbrechen. Um sein Gesicht zu wahren, will er zumindest den Donbass und die Landverbindung zur Krim. Seine persönliche Lage wird immer prekärer. Er trinkt nur aus der Thermos-Kanne, weil er Angst vor Vergiftung hat. Ideologisch sieht er sich als Vertreter des Putinismus: Gedankenmodell für den russischen Staat. Historische Mission. Retter christlicher Mythen. Neoeurasismus. Die liberale Demokratie trägt die Saat der Selbstzerstörung in sich. Der Trumpismus wird als Kind des Putinismus gesehen. Der Westen mit seinem Liberalismus bedroht Russland. Er liest wohl kaum Zeitungen und misstraut dem Internet. Mitte 2022 verstärken sich Gerüchte, dass sich der Gesundheitszustand von Putin drastisch verschlechtere. Ohne Putsch gegen Putin müssen sich die Ukraine und die Nato auf jahrelange Kämpfe einrichten. Ökonomisch kann Putin durchhalten, da er von China, vielen ehemaligen Sowjetrepubliken, der Türkei, dem Iran und zum großen Teil den BRICS - Staaten unterstützt wird. einer der besten Kenner Russlands, Michael Thumann von der Zeit, sieht als Motiv Putins und seiner Getreuen  für den Krieg folgendes: Revanche nehmen für die demokratische Öffnung nach 1991 und die vermeintliche Demütigung durch den Westen. Vgl. Thumann, Michael: Revanche. Wie Putin das bedrohlichste Regime der Welt geschaffen hat, München (Beck) 2023. In seinem Land fährt Putin mit dem Panzerzug. Er nutzt den Zug aus Gründen der Geheimhaltung und der Sicherheit (Kim in Nordkorea macht es genau so). Vgl. Scholl, S.: Putin fährt mit dem Panzerzug, in: Rheinpfalz 16.2.23, S. 1. Knapp ein Jahr nach dem Beginn des Ukraine-Krieges (24.2.22) hält Putin eine Rede zur Lage der Nation. Die Schuld am Einmarsch gibt Putin dem Westen. Die Nato habe den Krieg losgetreten. Putin hört am meisten auf Nikolaj Patruschew, den Chef des Sicherheitsrates. Andere Mitglieder der Moskauer Elite sprechen auch über Putins Ablösung. Privat dringt nur wenig über Putin an die Öffentlichkeit. Er soll wohl vier Residenzen haben: eine in St. Petersburg, eine in Moskau, eine im Waldai und eine in Sotschi. Zwischen diesen pendelt er in einem gepanzerten Eisenbahnzug. Er ist geschieden und hat als Freundin Akina Kabajewa, die 31 Jahre jünger ist, ehemalige Sportgymnastin mit Goldmedaillen und drei Kinder von ihm hat. Sie soll selbst über Immobilien im Werte von 120 Mio. $ verfügen. Sie hat den Vorsitz in Russlands größter privaten Medienholding NMG.    "Er wird weitermachen, solange er noch eine Chance sieht", Catherine Belton, in: Der Spiegel 9/ 25.2.23, S. 80ff. (Autorin von dem Bestseller "Putins Netz"). Im März 2023 erteilt der Internationale Strafgerichtshof einen Haftbefehl gegen Putin wegen Kriegsverbrechen. Das hat nur symbolische Bedeutung (das Gericht wird weder von Russland noch von den USA anerkannt). Vgl. auch: Merkel, Wolfgang: Putins Reich, in: WZB Mitteilungen 3/23, S. 45ff.: "Putins Nationalismus ist nicht rassistisch, sondern politisch und multiethnisch". "Sollte es einen Regimewandel geben, wird er kaum von den schwachen liberalen, demokratischen Kräften eingeleitet". Im Juni 2023 scheitert ein Putschversuch von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin auf friedlichem Wege. Putin ist angezählt und geschwächt. Die Spezialistin Sabine Fischer stellt 2023 die These auf, dass Chauvinismus das Land in krieg getrieben habe: .Eine gefährliche Mischung aus Nationalismus, Sexismus und Autokratie. Diese Denkweise könne das Regime überdauern. Putin könne diesen Krieg nicht ohne Sieg beenden. Vgl. Fischer, Sabine: Die chauvinistische Bedrohung: Russlands Krieg und Europas Antworten, Econ-Verlag 2023. Er könnte auch versucht sein, den Krieg in die Länge zu ziehen, damit ihm nicht die Rechnung präsentiert wird. Es geht Putin um den Machterhalt. Im Februar 24 schlägt ein Interview von Putin hohe Wellen. Er gibt es dem ehemaligen Starmodertor von Trump Tucker Carlson. Es ist eine Propagandaoffensive: Russland sei zu Dialog bereit. Die Präsidentenwahl im März 2024 gewinnt Putin mit knapp 88%. Sergei Gerasimow, der im ukrainischen Charkiw lebt, stellt ein düsteres Charakterbild aus. Putin glaube wirklich, die ganze Welt bestehe aus Menschen, die dümmer seien als er selbst - und das sei wichtig für sein Selbstwertgefühl. Vgl. Der Mann mit dem Wolfsgrinsen, in: NZZ 27.3.24, S. 11.

Familie von Putin: Putin spricht nicht über sein Privatleben (alle Fragen blockt er ab). Putin hat offiziell zwei Töchter. Die ältere, Maria Woronzowa, kam in Leningrad zur Welt. Sie besuchte wie die jüngere Tochter, Katerina, die deutsche Botschaftsschule in Moskau. Maria lebte zwischenzeitlich mit ihrem mittlerweile geschiedenen Ehemann in den Niederlanden. Sie studierte Medizin. Im Januar 2024 gibt sie ein skurriles Interview (wäre ohne Zustimmung des Kreml nicht möglich gewesen). Sie plaudert über regenerative Medizin im Westen und in China. Sicherheit sei für sie das Wichtigste. "Bevor du etwas abschneidest, solltest du es siebenmal abmessen". Vgl. Die Rheinpfalz, 13.1.24, S. 1

Exkurs: Michail Gorbatschow: Er war der letzte Staatschef der Sowjetunion. Er gilt als Befürworter der Wiedervereinigung. Er stirbt am 30.8.22 in einem Krankenhaus in Moskau, 1952 trat er in die KPdSU ein. In seiner Heimat stand er wegen des Zerfalls und der Auflösung der Sowjetunion 1991 vielfach in der Kritik. Er hat die Welt verändert wie nur wenige in der Geschichte. Er wollte auch mit der autokratischen, zaristischen Tradition Russlands brechen, an die Putin wieder anknüpft. Gorbatschow war Experte für Landwirtschaftspolitik, zuerst KP-Gebietsparteichef in Stawropol. Von 1985 bis 1991 war er Generalsekretär des ZK, 1990 wurde er Präsident. Er verpasste der Sowjetunion eine Reihe von Reformen, da seine Vorgänger einen Stillstand ausgelöst hatten. Man  sprach von Glasnost und Perestroika. Ab 1988 führte er in jedem sozialistischen Land "die Freiheit der Wahl" ein.

Ökonomische Modernisierung: Sie wird in Russland verschlafen. Die Institutionen verfallen (Universitäten, Unternehmen, Verwaltung). Das gleiche gilt für die Infrastruktur (Straßen, Schienen, Brücken, Flughäfen). Die Demokratisierung wird abgelehnt und damit auch jede Art von Reformen. Überholtes und Modernes konkurriert überall im heutige Russland. Man bewegt sich teilweise zurück in der Spätphase der Sowjetunion. Die große Frage ist, was die nächste Generation macht. Vgl. Kolesnikov, Andre: Putin verspielt Russlands Zukunft, in: WiWo 9, 26.2.2021, S. 44f. (Er ist Publizist, Jurist, Senior Fellow am Moskauer Carnegie Center). Sicher ist die Wirtschaftspolitik unter Putin desaströs. Die Korruption ist hoch. Die Armut nimmt zu. Der Lebensstandard sinkt. Es gibt keine besseren Krankenhäuser, Schulen und Straßen. "Es ist ein zerfallender Staat, der kaum mehr zu retten ist. Was wird den Russen helfen, die Fäulnis zu überwinden?" Wladimir Sorokin, bekannter russischer Schriftsteller, siehe Der Spiegel Nr. 16/ 16.4.22, S. 46ff.

Objektiv ist die Wirtschaft seit dem Amtsantritt Putins kaum gewachsen. Den Menschen geht es schlechter als vor dem Amtsantritt. Trotzdem stehen die Menschen hinter Putin (Solidarität wegen der vielen Kriege/ Außenbedrohung und Gehirnwäsche). Trotz aller Kriegskosten und Sanktionen könnte die russische wirtschaft 2023 wieder wachsen. Das ist aber dann nur eine Momentaufnahmen und Folge einer Kriegswirtschaft. Strukturell wird der zustand der Ökonomie immer schlechter. Die faktische Staatswirtschaft wird zur Potemkinschen Ökonomie. Vgl, Loss, Bert/ Trummer, Ernst: Putins Potemkinsche Ökonomie, in: Wiwo 36/ 1.9.23, S. 36f.

Unternehmen:  Vgl. Wichtige Unternehmen Russland. Wichtige Verbände  der Unternehmen sind: Mittelstandsverband "Unterstützung Russlands" und der Wirtschaftsclub ""Business Russland". Durch die Corona-Krise geraten viele Firmen an den Rand der Zahlungsunfähigkeit. die Regierung hatte die Unternehmen gezwungen die Löhne weiterzuzahlen, während die Beschäftigten zu Hause bleiben mussten. Im September 2020 kommt ein Konjunktur- und Reformprogramm (Nationaler Aktionsplan zur Wiederherstellung von Beschäftigung  und Einkommen, Wirtschaftswachstum und langfristigen Strukturveränderungen in der Wirtschaft). Investitionen sollen unterstützt werden, Importsubstitution soll vorangetrieben werden, Exporte will man fördern. Der Wohnungsbau soll forciert werden, die Verkehrsinfrastruktur ausgebaut werden. Das BIP soll jährlich um 3,5% wachsen (2021 3,3%, 2022 3,4%). 55 Mrd. Euro (umgerechnet) sollen eingesetzt werden, wobei noch offen ist, wo das Geld herkommt. Die größten Unternehmen in Russland sind: Gazprom (Börsenwert 2022 89 Mrd. €), Rosneft (69), Sberbank (64), Novatek (57), Lukoll (55), Norilsk Nickel (39), Polyus (20), Novolipetsk Steel (16), Severstal (16), Rusal (15). Ikea und H&M stellen in Russland vorerst ihre Geschäfte ein. Das gleiche machen folgende US-Unternehmen: Mc Donald´s, Coca Cola, Pepsi Cola, Starbucks. Auch Rolex aus der Schweiz stoppt sein Russland-Geschäft. Die französischen Luxusunternehmen Chanel und LVMH geraten in große Verlegenheit: Der Konsum in Russland spielt eine große Rolle. Die Ölkonzerne Exxon Mobil und Shell wollen sich zurückziehen. Japan hält an Öl- und Gasprojekten in Russland fest. In einigen Branchen, wo die Europäer weichen, springen die Chinesen ein. so in der Automobilbranche. 2023 dürfte der Anteil schon auf 50% steigen. Aber die Chinesen investieren anders. Die Autos werden in China gebaut und in Russland nur zusammengebaut (Moskwitsch, JAC).

Deutsche Unternehmen in Russland: 2011 waren 6.301  deutsche Unternehmen in Russland. 2021 waren es nur noch 3.651. Grund war die Sanktionspolitik gegenüber Russland wegen der Annexion der Krim. Rund 40.000 deutsche Unternehmen haben Geschäftsbeziehungen zu Russland (ca. 280.000 Jobs hängen an Russland). Die deutschen Direktinvestitionen entwickelten sich aber positiv: 2011 1.147 Mrd. €. 2021 1.510 Mrd. €. Vgl. HB Nr.12/ 15. Februar 2022, S. 6. Nach dem Einmarsch in der Ukraine zieht es deutsche Firmen eher weg aus Russland. Daimler Truck stoppt seine Kooperation mit Kamaz in Russland und liefert keine Zuliefererteile mehr (produziert auch für die Armee). Die Mercedes - Group hält aber 15% an Kamaz. Nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine ziehen sich viele Unternehmen zurück: BMW, Playmobil, Kühne & Nagel, Siemens, MAN. 2,3% ihres Umsatzes machen deutsche Unternehmen in Russland. Es gibt auch Unternehmen, wie die Thalheimer Transformationswerke im Erzgebirge, für die Russland der wichtigste Markt ist. Im März 2022 stoppen die SAP und die BASF ihre Geschäfte in Russland. Die BASF hatte in der Vergangenheit einen sonderbaren Deal getätigt: Die Tochter Wintershall/ Dea hatte den größten Gasspeicher in Reden samt Leitungsnetz an Gazprom verkauft und dafür Förderrechte in Sibirien erhalten (nicht genehmigungspflichtig? mit Hermes-Bürgschaften vom Bund). Mercedes verkauft keine Autos mehr. Obi (Baumarkt) stoppt seine Geschäfte in Russland. Im März 2022 stoppt Continental die Produktion in Russland. Adidas zieht sich vorläufig aus Russland zurück, schreibt das Land aber noch nicht ganz ab (7000 Beschäftigte in Russland und der Ukraine werden weiterbezahlt). Heidelberg Cement betreibt drei Werke auf russischem Staatsgebiet. VW betreibt eine Firma 170 km südwestlich von Moskau (Kaluga). Man lässt auch beim russischen Autobauer Gaz mit Sitz in Nischni Nowgorod produzieren. Russland droht den Unternehmen mit Enteignung. Airbus und Siemens warten noch ab. Sie wollen die Sanktionen unterstützen, haben aber Angst vor Vergeltung. Vgl. Gnirke, K. u. a.: Furcht vor Rache, in: Der Spiegel 11/12.3.22, S. 74ff. Weitere deutsche Unternehmen schränken ihr Russland-Geschäft ein: Deutsche Bank, Lidl und Kaufland, Colgate-Palmolive. KSB hält seine Geschäfte aufrecht, weil die russische Bevölkerung am meisten unter einem Stopp leiden würde. Telekom will an seine russischen Standorten festhalten (St. Petersburg/ Zentrale, Moskau, Woronesch). Deutsche Leasing stopp das Neugeschäft in Russland. Sennheiser (Audiospezialist) zieht sich aus Russland zurück. Bosch soll Auflagen für Ausfuhren nach Russland missachtet haben. Das Ministerium prüft die Exporte. Die SAP will sich komplett aus Russland zurückziehen (dann Dementi). Kion prüft den Verkauf seines Geschäftes in Russland. Die meisten deutschen Unternehmen schränken ihr Geschäft ein oder stellen es vorübergehend ein: VW, Dürr, Putzmeister, Miele, SMS, Henkel, Lufthansa. Mehr als ein Dutzend Unternehmen betreibt weiter Geschäfte: Bayer, Fresenius, Merck, Südzucker, Nabaltec, Munich Re, Metro, Ritter Sport. Vgl. WiWo 13/ 26.3.22, S. 7. Firmen, die in Russland bleiben, laufen Gefahr, auf einer schwarzen Liste zu landen. Das Reputationsrisiko in Russland ist riesig, aber der Umsatz auch. Vgl. Bund, K./ Rudzio, K.: Darf man mit Russland noch Geschäfte machen, in: Die Zeit Nr. 14/ 31.3.22, S. 19.Im April 22 zieht sich Dr. Oethker ganz aus Russland zurück. Die Bundesregierung schnürt im April 22 ein Hilfspaket für deutsche Unternehmen, die besonders stark vom Ukraine-Krieg betroffen sind ("Stoßdämpfer": Kredite über die KfW, Bürgschaften, staatliche Zuschüsse, auch für Unternehmen, die besonders unter hohen Energiepreisen leiden). Solange Putin regiert, dürfte das Russland-Geschäft für deutsche Konzerne erledigt sein. Sie müssen ihr Russland-Geschäft vorerst abschreiben. Henkel stellt im April 22 die Produktion in Russland ein. Continental muss dei Produktion wieder aufnehmen. Grund seien "harte strafrechtliche Konsequenzen ", die Mitarbeitern und Führungskräften am Ort drohten, wenn sie den Bedarf in dem Land nicht bedienten. Bei Wirecard führt eine Spur nach Russland. Der mutmaßliche Betrüger Jan Marsalek soll sich in dem Land aufhalten. Die Auslieferung wird beantragt. Ritter Sport spendet seine in Russland erwirtschafteten Gewinne. Tschibo gibt im August 22 sein Russland-Geschäft auf.  1284 Unternehmen aus der EU waren vor dem Ukraine-Krieg in Russland tätig. Die meisten ziehen sich danach zurück. Am meisten bleiben deutsche Unternehmen (19,5%), gefolgt von Zypern (16,4%), USA (12,4%) und Japan (7%). Quelle: Uni St. Gallen/ Simon Evenett.. Henkel will sich mittelfristig auch zurückziehen. Der Verkaufsprozess ist schwierig. Vgl. WiWo 7/10.2.23, S. 46ff. Siegfried Wolf, Aufsichtsrat bei Autozulieferer Schaeffler, will den russischen Anteil des Konzerns übernehmen. Damit arbeitet er mit dem russischen Partner Deripaska zusammen. Der Deal ist sehr umstritten. VW bereitet 2023 seinen Abschied aus Russland vor. Der frühere Partner GAZ hat VW verklagt. Die Russen beschlagnahmen das Vermögen. 2023 werden praktisch nur noch russische und chinesische Autos in Russland verkauft. Japan, Südkorea und Europa sind ausgestiegen. Wolf möchte die deutsche Autoindustrie in die russische Produktion wieder einbinden. Die Fraport, wo das Land Hessen und die Stadt Frankfurt beteiligt sind, hält Anteile am Flughafen St. Petersburg. Der wird auch militärisch genutzt. Von Verkauf oder Enteignung ist noch keine Rede. Das Handelsunternehmen Globus darf Gewinne aus dem Russland-Geschäft 2023 nach Deutschland transferieren. Mit dem russischen Finanzministerium wurde eine entsprechende Vereinbarung geschlossen. DMG Mori aus Bielefeld verlässt offiziell Russland. Das Unternehmen verdient aber weiter dort Geld: Die Geschäfte laufen über Drittunternehmen. 2024 verlässt Knauf (Baustoffe, 90 Jahre alt, Familienunternehmen) Russland. An 14 Standorten werden 4000 Mitarbeitende beschäftigt.   Vgl. auch Beschorner, Thomas: Should I stay or should I go? in: WiWo 19/ 6.5.22: "Es gibt keine guten Geschäfte in einem falschen Krieg". Bitte keine Moralisierung je nach Lage. Der Autor spricht von "Whataboutismus". "Wenn wir uns aus Russland zurückziehen, besteht die Gefahr, dass andere Firmen Cremes unter unserem Namen vertreiben", Vincent Warnery, Vorstandschef von Beiersdorf 2022.

Verstaatlichung deutscher Unternehmen (russische Gegensanktionen und umgekehrt): 24,6 Mrd. € betrugen die deutschen Direktinvestitionen 2019 in Russland. Russland plant 2022 ein Gesetz zur Enteignung ausländischer Vermögen. Fraglich ist, was der deutsch - russische Investitionsschutz in Kriegszeiten noch zählt. Vgl. Anger, Heike: Wenn Verstaatlichung droht, in: HB Nr. 52, 15.3.22, S. 10. Umgekehrt gibt es auch viele russische Unternehmen in Deutschland. Das zeigt auch die ganze deutsche Energieabhängigkeit. In Brandenburg/ Schwedt liegt die PCK Raffinerie. Sie raffiniert russisches Öl, in Deutschland. Sie gehört zum Rosneft - Konzern (Gerhard Schröder sitzt im Aufsichtsrat). Chef ist 2022 der Deutsche Ralf Schairer. Einige deutsche Unternehmen halten trotz des Ukraine-Krieges und der Sanktionen am Russland-Geschäft fest. Es müssen der Begründung nach lebenswichtige und lebensrettende Produkte sein. Es bleiben 21 Unternehmen im Geschäft. Quelle: Erhebung der Uni Yale, USA.

Exkurs: Leitbilder und Werte als Grundlage der Russland-Politik der deutschen Unternehmen. Unternehmen wollen Leitbilder und Werte ("Purpose") definieren. Damit wollen sie in Krisenzeiten auch umstrittene Entscheidungen rechtfertigen. Die Zeit für Unternehmer und "In guter Gesellschaft -Stiftung für zeitgemäßes Unternehmertum" haben dazu eine Umfrage durchgeführt. wichtige Unternehmen sind Ritter Sport, Globus-Märkte, Viessmann,  Vgl. Tönnesmann, Jens: Raus aus Russland? in: Die Zeit Nr. 25/ 15. Juni 2022, S. 29.

Börse: Aktienindex in Russland ist der RTS. Er ist 2020 um 0,52% gestiegen. Von Januar 2020 bis Ende 2021 ist er um +850% gestiegen. Die Rohstoffkonzerne prägen das Bild mit den steigenden Energiepreisen. Der russische Aktienindex bricht 2013 ein (große Moskauer Börsen MMWB, RTS).2015 haben sich Russlands Währung und der Aktienmarkt deutlich erholt. 2022 sind die enthaltenen Unternehmen 619 Mrd. € wert. Im Februar geht der RTS in den Keller. Er sinkt um mindestens 25%, später noch weiter. Grund ist der Ukraine-Krieg. Russlands Reiche werden nervös. Sie verlieren Milliarden. Schließlich wird die Börse geschlossen. Die russischen Unternehmen an der deutschen Börse werden ausgesetzt. In Moskau gibt es einen Finanzdistrikt.

Frauenparadoxon: Im Alltag und der Kultur ist Sexismus und Macho-Gehabe noch stark verankert. In den Unternehmen haben allerdings die Frauen relativ viel Macht, scheinbar mehr als in vielen westlichen Industrienationen. Bei den weiblichen Finanzvorständen in Unternehmen/ Großkonzernen hat Russland sogar den höchsten Anteil (24,4%; China 24,3,;  USA 12,0; Deutschland 8,0%; Japan 0%; Quelle: Deloitte 2020). Finanzen scheint das Feld für Frauen zu sein. Das haben früher Studien im Mittelstand belegt (auch in Japan).  Besonders die Männer scheinen in Russland die Wende 1990 nicht gut verkraftet zu haben. Durch den Ukraine-Krieg und die großen Fluchtbewegungen, insbesondere von Frauen, droht Menschenhandel: Sie werden gezielt an Bahnhöfen von osteuropäischen Kriminellen angesprochen (Rotlichtmilieu, Reinigungskräfte, Altenpflege). 2022 behauptet die Politikwissenschaftlerin Florence Gaub (Vize-Direktorin des Instituts der EU für Sicherheitsstudien) Gewalt, auch gegen Frauen, würde in Russlands Gesellschaft verharmlost. Die russischen jungen Frauen stehen auf Soldaten. Die verleihen Status. Bei Verwundung gibt es Geld: 41.000 €. Wenn ein Soldat fällt, gibt es noch mehr. 2023 gibt es immer mehr Frauen (Ehefrauen, Mütter), die aufbegehren. Sie werden für Putin zum Problem.

2023 fliehen Tausende Schwangere aus Russland nach Argentinien. Sie bringen ihre Kinder dort zur Welt und beantragen die argentinische Staatsbürgerschaft. Es wird geprüft, ob ein kriminelles Netzwerk dahinter steckt. In Argentinien geborene Kinder erhalten automatisch die Staatsbürgerschaft. Argentinische Staatsbürger können ohne Visum in mehr als 160 Länder reisen. Deshalb ist der Pass sehr attraktiv. Ende 2023 verschärft Putin das Vorgehen gegen Abtreibungen. Es steigt der Druck auf russische Frauen für mehr Geburten. Russlands Bevölkerung schrumpft seit Jahren. Der Ukraine-Krieg hat die Entwicklung verschärft.

Rohstoffe (insbesondere Öl und Gas): Russland ist das rohstoffreichste Land der Erde. Der meiste Teil des Staatshaushalts kommt vom Export von Öl, Gas und Kohle sowie Nickel, Titan, Platin, Kobald und Aluminium (ca. die Hälfte der Staatseinnahmen). Hinzu kommen Palladium und Neon. Russland ist auch der größte Kali-Exporteur der Welt (zusammen mit Belarus 40%). Andere Länder in Europa, wie Frankreich, sind auf den Import von Uran angewiesen.  Die Anteile am Weltmarkt sehen wie folgt aus: Erdöl (12%), Erdgas (18%), Kupfer (8%), Nickel (11%), Seltene Erden 60%), Lithium (13%). Anders sieht es bei der Veredlung aus, wo China wichtiger ist. Putin in Russland macht einen Nebenkriegsschauplatz auf. Er senkt dramatisch die Preise für Gas und Öl. Er setzt sich von der Opec ab und brüskiert Saudi-Arabien. Damit werden aber am härtesten die Länder belastet, die hohe Förderkosten haben. Das trifft voll die US - Fracking - Industrie. Preise unter 40-50 Dollar sind für sie nicht tragbar. Außerdem sind die Unternehmen hoch verschuldet. Es sieht wie eine Revanche für die USA wegen der Sanktionen gegen Nord - Stream 2. Auch das könnte die Wiederwahl von Trump gefährden. Es zeigt sich immer gravierender, dass Kriege heutzutage auf andern als militärischen Ebenen stattfinden (Ressourcen, Cyberspace/ Internet, Viren). Die Gasexporte sinken dramatisch durch die Corona-Krise. Russland und Deutschland wollen North Steam 2 auf jeden Fall zu Ende bauen.  Die Genehmigungen deutscher Behörden liegen vor. Schweizer Schiffe sollen durch russische ersetzt werden. Die USA sind offenbar unter Biden zu neuen Gesprächen bereit und wollen Deutschland entgegen kommen. Deutschland hat schon Zugeständnisse gemacht: Kauf von US-Gas, Liefergarantie für Ukraine. Knapp über 50% des deutschen Erdgases kommen aus Russland (das erklärt auch das deutsche Festhalten an dem Projekt). die Pipeline darf zu Ende gebaut werden, was wohl 2021 geschieht.  Vgl. auch Gas-Pipelines. Immer wieder zu Unfällen kommt es in Bergwerken. So Ende November 2021 im Westen Sibiriens. In einem Kohlebergwerk gibt es 50 Tote. Die Bergwerksbosse kommen in Haft.Katar und die USA arbeiten an einem Notfallplan für Europa, falls das russische Gas nach einem Ukraine Krieg ausbleibt. Der größte Gaslieferant, Uniper, spricht davon, dass Russland seine Verträge erfüllt. Die Einnahmen aus den Rohstoffen will Russland in die Diversifizierung der Wirtschaft stecken. Man ist zu stark von den Preisschwankungen bei Rohstoffen abhängig. Auch die Zentralbank hat noch riesige Reserven. Mittel sind also da. Man muss nur die strukturellen Reformen umsetzen. Vgl. Kireev, Maxim: Da hilft nur China, in: WiWo 7/11.2.22, S. 30f. Auch die USA beziehen Rohöl aus Russland. Es ersetzt das ausbleibende Öl aus Venezuela (perfekt, weil gleiche Qualität, aber billiger). Sie zögern allerdings, es in die Sanktionen gegen Russland einzubeziehen.  Es gibt Staaten in der EU, die noch mehr als Deutschland auf russische Gaslieferungen angewiesen sind: Ungarn, Lettland, Finnland. die Gasimporte sollen aber reduziert werden. Russland liefert auch Gas in asiatische Länder: Japan (3,5% seines Gases), Taiwan (1,4%), Südkorea (1,2%). Die Gesamteinnahmen Russlands  aus Energieeinnahmen dürften 2022 wegen der hohen Energiepreise einen Rekordniveau erreichen (über 300 Mrd. €).Im April 2022 stoppt Russland die Gaslieferungen an Polen und Bulgarien. Offizieller Grund ist: Nicht-Zahlung in Rubel. Wahrscheinlich ist es eine Vergeltung gegen Polen in erster Linie, weil es den Hafen Danzig für Deutschland für Ölimporte zur Verfügung stellt (so kann Deutschland unabhängig werden von russischem Öl). Weiterhin versucht Putin, die EU zu spalten. Laut von der Leyen ist die EU auf einen Lieferstopp vorbereitet. Russland liefert kein Gas mehr an Finnland (Nato-Beitritt, keine Rubel-Zahlung). die Gaslieferungen an Deutschland werden im Juni 2022 gedrosselt, erst um 40%, dann um 60%. Die Sorge wächst, dass Putin den Hahn ganz zudreht. So kommt es dann auch. Bei Öl deckeln die EU, G7 und Australien den Preis bei 60$ Anfang Dezember 2022. Russland will neue Länder erschließen, die mehr abnehmen. Das erste Land ist Pakistan, Indien und China könnten folgen. Russland bietet günstige Konditionen.

Russland hat weltweit 10% der Agraranbaufläche. Hinzu kommen ca. 5% für die Ukraine. Beide Länder haben also eine große Bedeutung für die Welternährung. Die Sperrung der Häfen der Ukraine durch Russland (auch Odessa) verhindert den Getreideexport aus der Ukraine. Züge als Ersatz können die Kapazitäten nicht zur Verfügung stellen. Wenn die Lager und Silos in der Ukraine gefüllt sind, kann die neue Ernte nicht verwertet werden.

Ölindustrie in Russland: Sie ist die wichtigste Einnahmequelle für den Haushalt und für Devisen. Auch ohne ein europäisches Embargo (bis Ende 2022 Importstopp, Übergangsfrist für Ungarn und Slowakei) befindet sich die wichtigste Branche des Landes in einer tiefen Krise.  Die Lager sind gefüllt - aber auf den internationalen Märkten wird Moskau seinen Rohstoff nicht mehr los. 2020 hat Russland 524 Mio. Barrel produziert. Die Sorte Uralöl liegt -23,83 US-$ unter dem Preis von Brentöl. Die Europäer weichen aus: Polen auf Saudi-Aramco, Frankreich auf Abu Dhabi. Rosneft steht schon massiv unter Druck, auch Yukos (aufgelöst, bei Nachfolgeteilen). Putin dürfte die Hälfte seiner Öleinnahmen verlieren. Andere Länder können das nicht ausgleichen (andere Raffinerien, zu kleine Schiffe). Vgl. Brüggmann, Matthias: Ölindustrie im Niedergang, in: HB Nr. 85/ 3. Mai 2022, S. 6. Bei Öl deckeln die EU, G7 und Australien den Preis bei 60$ Anfang Dezember 2022. Russland will neue Länder erschließen, die mehr abnehmen. Das erste Land ist Pakistan, Indien und China könnten folgen. Russland bietet günstige Konditionen. Russland will ab Februar 2023 keine Exporte von Öl in Länder mit Ölpreisdeckel machen (60$). Dazu macht Putin ein Dekret. Den Ölpreisdeckel haben die EU und G7 beschlossen. Russland steigert seine Exporte an Öl nach Indien 2022 und 2023 ganz erheblich. Es wird dann in indischen Raffinerien verarbeitet un dwieder exportiert, auch nach Europa (Deutschland, vor allem Diesel)

Gasförderung in Russland: 2021 fördert Russland 702 Mrd. Qubikmeter Gas, so viel wie nie zuvor. Das größte Abnehmerland war Deutschland mit 23,7%. Dann folgen die Türkei (13,2%), Belarus (9,7%), Dänemark (9,0%), Frankreich (5,7%). Russland selbst hat große Speicherkapazitäten. 72 Mrd. Kubikmeter Erdgas kann Russland einspeichern. Vgl. Krapp, Catiana: Plötzlicher Überfluss, in: HB 5.7.22, S. 22f.

Geschichte der Energiebeziehungen zwischen Russland und Europa: Öl wurde seit der Zarenzeit im späten 19. Jahrhundert geliefert. Ideologische Auseinandersetzungen spielten keine Rolle; Russland war immer verlässlicher Partner. Gas sahen die europäer lange als Alternative zum arabischen Öl. 1973 kam das erste Gas aus Russland nach Deutschland.  Damals wurden sogar Lieferungen an dei Ukraine gekappt, um Lieferverträge zu erfüllen. Russland profitierte erst spät mit steigenden Weltmarktpreisen vom Ölgeschäft. Mit den Rohstoffexporten ließ sich aber der Kapitalismus nicht überholen, aber immerhin Devisen erwerben. Damit konnte man kapitalistische Technik und Waren einkaufen. Bei der Transformation gab es kaum Steuereinnahmen. Um seine Grundverpflichtungen zu erfüllen, verhökerte der Staat sein Silberbesteck. Erst Putin macht dei Privatisierung der Energieförderung rückgängig. Er wollte den Zugang zu den Schlüsselsektoren und Renditen. Wenige staatliche Kernunternehmen sollen die Wirtschaft kontrollieren. Nach den westlichen Wirtschaftssanktionen wird das russische Öl und Gas neue Abnehmer finden.  Vgl. Perovic, Jeronim: Rohstoffmacht Russland. Eine globale Geschichte, Böhlau 2022. Ein Leck in Nordstream 1 und 2 im September 22 (staatlicher Anschlag mit 4 Löchern) verhindert dann auf Monate weitere Gaslieferungen.

Technologie Russland: Russland ist eine der führenden Technologie-Nationen. 1957 wurde mit Sputnik 1 der erste Satellit in die Erdumlaufbahn befördert, was einen Schock im Westen auslöste.  1961 umrundete Juri Gagarin als erster Mensch im Weltraum unseren Planeten. Heute ist Russland auf Technologie-Importe aus dem Westen angewiesen (z. B. im Flugzeug- und Fahrzeugbau). Deshalb treffen ihn auch die Wirtschaftssanktionen mittelfristig hart. Im August 2023 zerschellen Russlands Weltraumpläne auf dem Mond. Luna-25 misslingt.

Informationstechnologie und Wettbewerb: Nicht nur Europa muss seine Rolle im globalen Machtkampf zwischen den USA und China finden. Das gleiche gilt für andere relativ starke IT - Nationen: Russland und Indien. Russland will ausländische Internet-Plattformen blockieren können. Ein besonderer Dorn im Auge ist den Russen Youtube. Russische Abgeordnete wollen entsprechende Gesetze machen, die ausländische soziale Netzwerke blockieren können. Der Kreml geht tatsächlich entschieden gegen Youtube vor. Es werden verschärfte Regeln entworfen. Auf der anderen Seite versucht der russische Geheimdienst immer wieder soziale Medien im Ausland zu beeinflussen oder zu lenken. Das zeigt sich besonders in Wahlkämpfen. Im Moment deutet alles daraufhin, dass sich die digitale Welt zersplittern wird. Es wird regionale Sphären geben. Der Ukraine-Krieg trifft die IT - Branche hart. Gründer und Programmierer kehren dem Land den Rücken zu. Es sollen 170.000 sein. Von Zypern aus wollen viele weiter agieren. Vgl. Bidder, B.: Am Strand von Moskau, in: Der Spiegel 25/ 18.6.22, S. 72ff. Andere Statistiken sprechen von nur 100.000 russischen IT - Spezialisten, die das Land verlassen haben. Sie gelten in Russland als Vaterlandsverräter. Es soll ein Gesetz gegen die Ausreise kommen (sie sind vom Kriegsdienst ausgenommen, trauen aber dem Kreml nicht). Der Krieg in der Ukraine führt zu einem starken Einbruch der IT-Branche in Russland (2021 noch 15% Wachstum, man spricht von einer digitalen Verzwergung). Im November 2023 findet in Moskau eine großartig aufgemachte Ausstellung über die "Errungenschaften Russlands" statt. Es geht vor allem um Unterhaltung und Konsum. Kritiker sprechen von "Potemkinschen Digitaldörfern". Es geht wohl auch um die Wiederwahl Putins im März 2024 ("Konsum statt Blut und Tränen").

Staatshaushalt: Der Staatshaushalt umfasste 2016 Ausgaben von umgerechnet 236,6 Mrd. Dollar, dem standen Einnahmen von umgerechnet 186,5 Mrd. Dollar gegenüber. Damit hatte das Land einen Haushaltsdefizit in Höhe von 3,9 Prozent des BIP. Der Abschluss der Duma- und Präsidentenwahl gibt ab Mitte 2012 Anlass zu neuen umfangreichen Modernisierungsausgaben zugunsten der Infrastruktur, Wirtschaft und der Landesverteidigung. Angekündigt ist auch eine weitere Steigerung der Sozialausgaben. Somit werden die Ausgaben tendenziell weiter steigen, was aufgrund einer geringen Verschuldungsquote kein Problem darstellt. Die Staatsverschuldung betrug 2016 17,0 Prozent des BIP. 2006 betrug der Anteil der Staatsausgaben vom BIP folgender Bereiche: Gesundheit: 5,3 Prozent, Bildung: 3,8 Prozent (2005), Militär: 3,9 Prozent (2005). Haushaltskonsolidierung steht im Vordergrund. Dazu werden die staatlichen Fonds wieder eingeführt, die die Budgetdefizite ausgleichen sollen. Die Corona-Krise senkt die Einkommen der Menschen (-11,5%). Dadurch sinken die Staatseinnahmen. Rund ein Drittel der russischen Staatseinnahmen kommen aus dem Öl-Export (März 2022, auch auf Grund der extrem gestiegenen Weltmarktpreise).

Staatsverschuldung: Russland hat eine Staatsverschuldung 2020 von 17,9%. Das ist extrem gering, vor allem im Vergleich zu den G7. 2021 betragen die Staatsschulden auch nur ca. 20%. Absolut liegt die Auslandsverschuldung bei 478,2 Mrd. US-$ Ende 2021 (Sonstige Sektoren, Banken, Staat, Zentralbank). Russland hat seine Auslandsschulden drastisch zurückgefahren.  Es könnte einer neuen Sanktionswelle besser standhalten. Russland ist vorbereitet. Fitch stuft die Schulden von B auf C herunter im März 22. Ein Zahlungsausfall könnte irgendwann kommen. Offenbar bemüht sich Russland Mitte März 22 , fällige Zinsen auf zwei Dollar-Anleihen zu zahlen, um einen Zahlungsausfall zu vermeiden. Doch es passiert nichts. Russland hat noch bis zum 15. April Zeit. Sollte diese Frist verstreichen, wäre die Staatspleite offiziell. Bis dahin sind noch 615 Mio. Dollar für Zinsen an Investoren zu überweisen. Russland fehlt der Zugriff auf die Devisen, um die Auslandsschulden zu begleichen. Damit rückt die Zahlungsunfähigkeit immer näher (April 22). Die würde sich dann auch auf die Unternehmen ausdehnen. Moskau hat im Grunde genommen die Wahl zwischen dem langsamen Auszehren der Devisenreserven und der Erklärung des Staatsbankrotts.

Im Sommer 2022 kann Russland seine Auslandsschulden nicht mehr begleichen. Zunächst ist Taiwan betroffen. Es ist aber eine technische Zahlungsunfähigkeit: Russland könnte zahlen und will auch, aber die westlichen Sanktionen verhindern das.

Banken und Beziehung zur Notenbank: Notenbankchefin ist 2022 Elwira Nablulina. Die Zentralbank rettet drei große private Banken mit Liquiditätsproblemen und einem hohen Anteil fauler Kredite (Otkrytie, Binbank, Promsswasbank). Die Zentralbank übernimmt die Geschäftskontrolle und die Kapitalmehrheit. Am 24.7.20 wird der Leitzins auf 4,25& gesenkt. Das ist der niedrigste Stand in diesem Jahrtausend. Die russischen Banken investieren in die Digitalisierung, um den Anschluss an die USA und China nicht zu verlieren. Russland strebt zusammen mit China an, sich vom globalen Finanzsystem, das von den USA dominiert wird, zu emanzipieren. Man hat Angst vor Sanktionen (z. B. über Swift). Der Leitzins liegt 2021 bei 5,0%. Nach dem Einmarsch in dei Ukraine wird er auf +20% erhöht. Beim Einmarsch in die Ukraine verlieren die Bankaktien auch am meisten. Die Filialen der Sberbank im Ausland stehen nach den Sanktionen des Westens vor dem Aus. Auch Banken in Russland könnten Pleite gehen (was Putin mit allen Mitteln verhindern wird). Am 12.6.22 senkt die russische Notenbank erneut den Leitzins (um 1,5% auf 9,5%). Damit ist der Leitzins auf dem selben Niveau wie vor dem russischen Einmarsch. Die Zentralbank senkt die Inflationsprognose (Mai 22 +17,1%).

Finanzmärkte: Es kommt zur Panik nach den Wirtschaftssanktionen des Westens. Der Inflationsschub wird weiter gehen.  Die internationalen Finanzmärkte haben das Risiko des Zahlungsausfalls Russlands fest einkalkuliert, aber auf Grund der geringen internationalen Verflechtungen auch für überschaubar gehalten. 

Konsummärkte: Beim Einmarsch in die Ukraine setzt in Russland ein Kaufrausch ein. Läden werden leer gekauft. Das gilt für die Edelmarken in der Innenstadt Moskaus: Louis Vuitton, Fendi, Gucci, Prada, Chanel. Vor allem im ZUM, der Mall für Edelwaren. Auch Apotheken werden gestürmt. Bestimmte Lebensmittel waren sehr gefragt (Nudeln, Haferflocken, Salz, Butter, Nüsse, Honig, Alkohol). Vgl. Nienhaus, Lisa u. a.: Russlands letzter Kaufrausch, in: die Zeit Nr.11/ 16. März 2022, S. 21.

Bedeutung des Finanzplatzes London für Russland: 31 russische Konzerne und Banken sind in der London Stock Exchange zweit - gelistet. Darunter sind Rosneft, Gazprom und Sberbank.  Alle diese Firmen können mit Sanktionen belegt werden. Die Aktien könnten vom Handel ausgesetzt, jegliche Geschäfte mit den Firmen verboten werden. London ist auch die Hauptstadt des globalen Devisenhandels. 43% des weltweiten Handels werden dort abgewickelt. Wenn GB Sanktionen treffen würde, träfe man auch die westlichen Geschäftspartner.  Auch der Finanzplatz New York könnte wirksame Sanktionen erlassen. In London wäscht Russland sein Geld. Bisher tat sich GB auch bei den "Goldenen Visa" hervor (bis Kaufen der Staatsbürgerschaft, das ist durch den Brexit uninteressanter geworden). Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion begann ein explosionsartiges Wachstum der Londoner City. Hier kann man über Scheinfirmen anonym anlegen. Beim Aufenthaltsrecht gibt es ein Eilverfahren. Die konservative Partei soll mit riesigen Summen gesponsert worden sein (hat auch im Brexit eine Rolle gespielt). Im Brexit-Fall haben Russland und die USA leider ein gemeinsames Ziel gehabt: die EU als Konkurrent zu schwächen.

Immobilienmarkt: Er ist sehr undurchsichtig. Das verstärkt sich, wenn man den Immobilienbesitz von Russen im Ausland betrachtet. Gerade in Berlin haben viele Russen in Luxusimmobilien investiert. Ein großer Teil des Geldes stammt aus Korruption. Immer wieder taucht der Name Ponomarenko auf (ein Oligarch samt Familie).

Arbeitsmarkt/ Erwerbstätigkeit: Hohe Erwerbsbeteiligung, auch von Frauen. Die Zahl der Erwerbstätigen geht kontinuierlich zurück (niedrige Geburtenrate, hohe Sterblichkeit, niedrige Lebenserwartung bei Männern). Große Unternehmen vermeiden Entlassungen, stattdessen werden bei schlechter Auftragslage Löhne und Gehälter gekürzt oder monatelang nicht gezahlt. Die Einkommenszuwächse werden durch die hohe Inflationsrate aufgezehrt. Viele Russen sind gezwungen, sich einen Zweitjob zuzulegen. Es wird geschätzt, dass der Anteil der Erwerbstätigen, die in der Schattenwirtschaft arbeiten, bei 40% liegt. Häufig handelt es sich um Kleinunternehmer in der "Garagenwirtschaft". 15% der Erwerbstätigen lebt unterhalb des Existenzminimums. Im Zuge des Ukraine-Krieges sollen allein 100.000 junge Menschen aus der IT - Wirtschaft aus Russland ausgewandert sein (Ziel: Istanbul, Tiflis). Putin sieht sich gezwungen, vorübergehend die Wehrpflicht auszusetzen. Schon vor dem Krieg hatte Russland ein Produktivitätsproblem. Das wird sich in den kommenden Jahren noch verschärfen. Der Fachkräftemangel ist eine der größten Wachstumsbremsen des Landes. Ursachen sind die Demographie und der Krieg in der Ukraine. Die Reaktion des Regimes: mehr Zwangsarbeit. Vgl. Losse, Bert/ Trummer, Ernst: Putins zerbröselnde Ökonomie, in: WiWo 9/ 24.2.23, S. 38f. Russland lässt auch Kinder aus der Ukraine verschleppen, um das eigene Bevölkerungsproblem abzuschwächen (humanitäre Gründe werden vorgeschoben). Die Kinder werden zum großen Teil adoptiert und bekommen neue Namen. auf der anderen Seite haben junge, innovationsstarke Menschen das Land in Massen verlassen. Es ist zweifelhaft, ob sie jemals bereit sind, wieder zurückzukehren.

Sozialsystem: 2018 wird die Regelaltersgrenze für den Bezug einer Rente schrittweise angehoben: Für Männer bis 2028 von 60 auf 65 Jahre. Für Frauen bis 2034 von 55 auf 63 Jahre. Außer für Mütter mit vier und mehr Kindern. Höhere Rentenzahlungen sollen durch eine Anhebung der Mehrwertsteuer um zwei Prozentpunkte auf 20% ausgeglichen werden.

Soziale Ungleichheit: Die Auflösung der Sowjetunion führte von 1992 bis 1995 zu einem starken Rückgang des Lebensstandards. Das Pro-Kopf-Einkommen steigt seit 2000 wieder und liegt 2018 bei 70% des westeuropäischen Niveaus in Kaufkraftparität (aufgrund des schwachen Rubels sogar nur noch halb so hoch). Die Einkommensteuer liegt bei 13% bei einem Einkommen von 1000 Rubel gleichermaßen wie bei 100 Mrd. Rubel. Man spricht von einer Kleptokratie in Russland: Von  1993 bis 2018 gab es riesige Handelsüberschüsse (Rohstoffen Energie). die zu keinen Finanzreserven geführt haben (wie in Norwegen oder China). Die Frage ist, wo das Geld geblieben ist. Vgl. Thomas Piketty: Der Sozialismus der Zukunft, München 2021, S. 122f.  Die Armut in Russland ist groß. Man merkt die wirtschaftlichen Probleme und die westlichen Sanktionen. Die Menschen haben aber eine hohe Toleranzgrenze. Der Nationalismus, der durch die Krieg geschürt wird, federt vieles ab. Doch Putin hat den Gesellschaftsvertrag mit seinem Volk zerrissen. Das wird klar, als aus der "Spezialoperation" ein totaler Krieg wird. Gerade die Söhne aus dem Mittelstand und aus ärmeren Familien müssen in den Krieg. Gerade nach dem Krieg könnten Verteilungskonflikte aufbrechen. Der Umstieg von Kriegs- auf Friedenswirtschaft ist mit erheblichen Friktionen verbunden.

Umwelt: Nach Russlands INDCs-Plänen sollen die Treibhausgasemissionen bis 2030 um rund 25% bis 30% unter das Niveau von 1990 sinken. Allerdings lag die Wirtschaft des Landes 1990 danieder, so dass die Steigerung nichts aussagt (Statistischer Basiseffekt). Vgl. zu den Zielen und der Effektivität einzelner Länder als Quelle: Climat Action Tracker, http://climateactiontracker.org/countries/developed/russianfederation.html. Russland liegt beim Kohlendioxidausstoß weltweit auf Platz 4 (1800 Mio. Tonnen 2013; 2015 Platz 5, 4,9%). Russland bezweifelt immer wieder die wissenschaftliche Basis des Klimawandels (Wirkung von CO2 u. a.). Russland hat bei den globalen Treibhausgasemissionen einen Anteil von 5,2%. Ziel ist es (in Paris vereinbart) bis 2030 um 25% bis 30% gegenüber 1990 zu senken. Im Januar 2020 verkündigt die russische Regierung einen umfassenden Klimaplan. Es werden 30 Maßnahmen präsentiert. Dabei geht es unter anderem um den Bau von Dämmen und das ausweichen auf hitzeresistente landwirtschaftliche Anbauflächen. Im Kern geht es um die Bewältigung der Folgen des Klimawandels. Am 04.06.20 kommt es zu einer Umweltkatastrophe in Sibirien (Norilsk, Flüsse Ambarnaja, Daldykan). 20.000 l Diesel laufen aus einem Kraftwerk aus. Putin ruft den Notstand in Sibirien aus. Es wird ein Sperrgürtel aus Kunststoffschwimmern aufgebaut. 2019 hat das Land 1.533 Tonnen CO2-Emissionen (wesentlich niedriger als China, USA, EU). Man braucht Russland auch im weltweiten Kampf gegen den Klimawandel.  2020 läuft auf der russischen Halbinsel Kamtschatka eine Umweltkatastrophe ab. Es gibt ein rätselhaftes Tiersterben. Es wird wild über die Ursachen spekuliert (Beben am Meeresgrund, geheime U-Boot-Basis, Giftmüll). 2021 gibt es die historisch größten Wald- und Flächenbrände in Russland. Die Hälfte der Fläche von Deutschland wird vernichtet. Damit wird der Negativrekord von 2012 gebrochen. Schon im Frühjahr 2022 sind Brände in Sibirien wieder außer Kontrolle. Betroffen ist die Region um Krasnojarsk. Es wird immer schlimmer.

Auf der von Russland annektierten Krim herrscht 2020 Wassermangel. Das Leitungswasser ist trübe ("Kwass", Krimbier). 23 Seen und Stauseen drohen auszutrocknen. Es fehlt ausreichender Zugang zu Trinkwasser. Der Kreml macht die Ukraine dafür verantwortlich. Diese hat die Schleusen des Nordkrimkanals geschlossen. Der deckte 86% des Bedarfs der Halbinsel mit Wasser aus dem Fluss Dnjepr. Die Ukraine blockierte den Kanal mit einem Damm. Es sollen Meerwasserentsalzungsanlagen gebaut werden. Der Kreml hat 500 Mio. € für die Bewässerung der Krim bewilligt. 2021 werden Tausende Ausländer auf der Krim enteignet. Putin hatte ein entsprechendes Dekret schon im März 2020 unterzeichnet.

In Russland häufen sich die Naturkatastrophen in Folge des Klimawandels. 2021 fressen sich Feuerwalzen durch die russische Taiga. Hunderte Brände vernichten die Natur. Auch in Sibirien wüten Waldbrände. Laut Greenpeace vernichten Waldbrände in Russland inzwischen drei. bis viermal so viel Wald wie legale und illegale Holzeinschläge. Weil Löschflugzeuge, Personal und Treibstoff fehlen, werden Brände oft nur beobachtet statt bekämpft.

Arktis und strategische Bedeutung: Durch den Klimawandel bekommt die Arktis einen großen Bedeutungszuwachs. Rohstoffe, die dort lagern, sind leichter auszubeuten. Die Schmelze des Eises öffnet neue Wasserstraßen. China und Russland haben das schon lange erkannt. Neue Wasser- und Seefahrtsstraßen können den Weg von Asien nach Europa um 6000 km verkürzen. Russland baut schon lange Militärstationen in der Arktis. Norwegen, Skandinavien, Grönland, Kanada und die USA sind beunruhigt. Es drohen aber auch Konflikte mit China. Der Ukraine-Krieg behindert massiv das Seidenstraßen-Projekt Chinas.

Außenhandel und Direktinvestitionen: Anteil am Welthandel 20140 2: Import 1,8%, Export 2,9%. Von den Rohölimporten kommen 35% aus Russland. Der deutsche Warenverkehr mit Russland sieht wie folgt aus: Exporte 36,1 Mrd. €; Importe 40,4 Mrd. € (2013; Quelle: Ostausschuss der deutschen Wirtschaft). Der Handel mit Russland hatte 2013 einen Anteil von 3,8% am gesamten deutschen Außenhandel. Die wichtigsten Exportgüter sind Kraftwagen, Maschinen und Chemische Erzeugnisse; die wichtigsten Importgüter Erdöl und Ergas; Metalle, Kokereierzeugnisse. Die deutschen Direktinvestitionen in Russland lagen 2011 bei 9 Mrd. €. Hauptstandorte deutscher Unternehmen sind Nischnekamsk (BASF), Jekaterinburg (Siemens), Irkutsk (Knauf), Samara (Bosch, Noginsk (Metro, Bayer), Moskau (Allianz, Henkel, Airbus), St. Petersburg (MAN), Kaluga (Volkswagen, Continental), Smolensk (E.On), Krasnodar (Claas). Die große Mehrheit auf der Krim stimmt in einem Referendum am 16.03.14 für Beitritt zu Russland. Die EU fürchtet, dass das Muster (russische Mehrheit in der Bevölkerung) auch auf andere Landesteile und Länder angewandt werden könnte. Die größten Handelspartner von Russland sind China (Handelsvolumen 2013 66,8 Mrd. €) und die Niederlande (57,1 Mrd. € 2013). Im Juli 2014 verschärft die EU die Sanktionen gegen Russland (vor allem gegen bestimmte Unternehmen; auch Geldgeschäfte, Waffen und Hightech-Produkte). Auch die USA verschärfen die Sanktionen im Finanz-, Energie- und Technikbereich. Im August 2014 schlägt Russland zurück und verbietet die Einfuhr von Agrarprodukten aus der EU und den USA. Russland befürchtet eine Rezession (und die Privatisierung einzelner Firmen wie Rosneft wird gefährdet). Laut EU-Kommission soll russischen Banken, die eine Staatsbeteiligung von mehr als 50 Prozent haben, die Ausgabe von Aktien und Anleihen in der EU verboten werden. Außerdem werden weitere Namen mit Einreiseverbot und Kontosperrungen belegt. Anfang September 2014 werden die Sanktionen der USA und der EU verschärft. Am wirkungsvollsten dürften sie im Finanzbereich sein (unter anderem Zugang russischer Firmen zu westlichen Banken eingeschränkt außer Gasfirmen). Diese werden zunächst wegen eines Waffenstillstandes ausgesetzt (aber auch Angst vor Einschränkung der Überflugsrechte). Mitte September werden sie in Kraft gesetzt (Finanzmarkt, Technologie und Ölförderung, Dual-use-Güter, Waffen, Kontensperrung/ Einreiseverbot). Russland kündigt weitere Importbeschränkungen an. Viele Westfirmen verschieben ihre Investitionen in Russland (36%). Gegen einzelne Produkte aus der EU wird ein Verbot erlassen (z. B. gegen deutsche Waschmittel). Die EU verlängert Ende 2015 die Sanktionen bis Mitte 2016. Im Juni 2016 werden die Sanktionen wieder verlängert. Die Löhne dürften in den kommenden Jahren weiter sinken (problematisch für die Armen). Russland braucht weniger Regulierung und eine klarere Rechtsprechung. Im Dezember 2016 verlängert die EU die Russlandsanktionen, aber ohne zusätzliche Strafen. Die deutschen Direktinvestitionen sind 2016 auf fast 2 Milliarden Euro gestiegen. Ende 2016 gab es knapp 5200 Firmen in Russland mit deutscher Kapitalbeteiligung. 800 deutsche Firmen sind in der deutsch-russischen AHK. Die USA wollen Sanktionen gegen alle Firmen erlassen, die Geschäfte mit Russland machen. Das würde besonders Deutschland treffen (BASF; völkerrechtswidrig). Weitere US-Strafmaßnahmen gegen Russland im August 2017 treffen den Gasmarkt (Förderung von US - Fracking?). Im Jahre 2017 geht es dem Land etwas besser. Im November 2017 wird ein neues Mediengesetz erlassen. Es richtet sich in der Hauptsache gegen die USA (behinderten russische Medien in den USA), trifft aber auch andere Staaten). Ende Dezember 2017 verlängert die EU die Wirtschaftssanktionen gegen Russland. 2019 eröffnet Daimler auch eine Produktionsanlage in Russland nahe Moskau; vorerst wird die E-Klasse gebaut.  In Russland arbeiten über 5000 deutsche Unternehmen.  Durch die Sanktionen ist der Handel zwischen Deutschland und Russland stark zurückgegangen (2014 - 2016 Importe -50%; Exporte -31%; Quelle: Destatis). 2017 steigt der Außenhandel Deutschlands mit Russland wieder stark an (Einfuhren 31,4 Mrd. €, vor allem Öl und Gas; Ausfuhren 25,9 Mrd. €). Ein Giftgasanschlag mit Nervengas im englischen Salisbury wird Russland angelastet. Man belegt sich gegenseitig mit Sanktionen. Die EU-Staaten, die USA und Australien folgen Großbritannien. Russland erwägt 2018 Strafen gegen US-Produkte (Software, Medikamente, Flugzeugzubehör). In der Corona-Krise sind die deutschen Direktinvestitionen in Russland zurückgegangen: Einbruch nach den Boom-Jahren 2018, 2019 (Quelle: AHK). Auch die Nawalny-Affäre belastet das bilaterale Verhältnis. Der Handel schrumpft weiter (-14,7% erste sieben Monate 2020). Doch deutsche Firmen investieren weiter (Rhenus, Ekoniva, Globus). Die medizinischen Zwangstests könnten allerdings zu einer massiven Abwanderung deutscher Firmen führen. Im 1. Halbjahr 2022 erzielt Russland einen Leistungsbilanzüberschuss von 139 Mrd. Dollar (250% mehr als im Vorjahreszeitraum; Rohstoffexporte Wert, Einbruch bei Importen). Im Juli 2022 nimmt der Handel mit China extrem stark zu: +37,1%.

Die mit Abstand wichtigsten Ausfuhrprodukte von Russland sind Erdöl und Erdgas. In China ist Bedarf.  Aber die Frage ist, wie die Energierohstoffe dahin kommen sollen. Westliche Länder führen von Russland auch andere wichtige Rohstoffe wie Titan, Aluminium, Palladium  und Nickel ein. Viele werden im Flugzeugbau verwendet. Zwei Drittel der russischen Importe sind Kapitalgüter, Zwischenprodukte und Rohmaterialien. Die Autarkie ist praktisch nicht möglich. Vgl. Krugman, Paul: Interview "Putins Reserven sind nutzlos", in: Der Spiegel Nr. 11/ 12.3.22, S. 72. Mit den eingenommenen Devisen (€. $) kann Russland auf den Weltmärkten einkaufen und sie für den Inlandsbedarf (Sold der Soldaten u. a.) in Rubel umtauschen. Der Leistungsbilanzüberschuss dürfte 2022 wahrscheinlich bei 4,4% liegen (2021 5,7%). China springt für Europa ein. Russland liefert Öl, Gas, Kohle, Lebensmittel oder Holz. China exportiert Technik und Konsumgüter. Ende 2022 legte der Handel zwischen beiden Ländern um 34% zu auf 190Mrd. $, ein neuer Rekord. Vgl. Kireev, Maxim: Der große harte Bruder, in: WiWo 5/ 31.1.23, S. 36f.  Russland exportiert auch nach den westlichen Sanktionen immer noch Gas nach Europa. Weniger kommt das Gas durch dei Pipelines, sonder eher als LNG. Die russische Atomindustrie ist von den Sanktionen ausgenommen. Die EU ist bei alten und neuen Kraftwerken auch auf Russland angewiesen (Frankreich, Ungarn, Finnland). Die EL sind auf Lieferungen von Weizen, Gerste und Sonnenblumenöl aus Russland angewiesen. Hinzu kommen Düngemittel.

Russland hat Direktinvestitionen in der EU. Am höchsten ist der Bestand in GB (11,5 Mrd. €, Ende 2021). Dann kommen Spanien (5,5) und Deutschland (5,4). In der Rangfolge dahinter liegen Frankreich und Italien.

Außenhandel zwischen Deutschland, EU  und Russland: Von 2011 auf 2021 fielen die deutschen Exporte von 34,5 Mrd. € um -23% auf 26,6 Mrd. €. Die Importe sanken im gleichen Zeitraum von 40,9 Mrd. € um -19% auf 33,1%. Aber Deutschland importiert 55% seines Gases, 50% seiner Kohle und 35% seines Erdöls aus Russland.  Bei Nickel hat Russland einen Anteil von 44%, bei Titan 41%, bei Palladium 18%. Die EU ist Russlands wichtigster Handelspartner (als Block, als einzelnes Land China): 34% des russischen Handelsvolumens. Die europäischen Unternehmen wollen auf alternative Beschaffungsmärkte umsteigen.  Innerhalb der EU exportieren und importieren am meisten aus Russland: Deutschland, Niederlande, Italien. Wichtige andere Handelspartner Russlands sind Weißrussland, die USA und die Türkei. Für die EU insgesamt steht Russland bei den Exporten der EU an 5. Stelle (hinter USA, GB, China, Schweiz). Bei den Einfuhren der EU liegt Russland durch seine Rohstoffe  an 3. Stelle (hinter China und USA). Im letzten registrierten Jahr 2021 exportierte die EU an Russland Waren im Werte von 89 Mrd. €, der Import betrug 159 Mrd. €. Das Ungleichgewicht ergibt sich aus den hohen Rohstoff- und Energieimporten. China hat im Vergleich dazu  eine wesentlich größere Bedeutung (Export 247, Import 479). Die EU hat insgesamt eine hohe Abhängigkeit von Russland, nicht nur Deutschland: Kohle 48,8% (Anteil der Einfuhren aus Russland an den Gesamteinfuhren 2020), Erdgas 35,1%; Öl 22,9%. Sie streitet im April 22 über ein Ölembargo. Im März 2022 halbieren sich die deutschen Exporte nach Russland.

Im März 2022 sind die deutschen Exporte nach Russland eingebrochen (1 Mrd. €, April 0,9 Mrd. €; Januar, Februar 22 jeweils 2 Mrd. €). Die Ausfuhrverbote beziehen sich auf Luxusgüter, Quanteninformatik, Halbleiter, Präzisionsgeräte, Transportmittel, Chemikalien. Anderes bleibt ausgenommen: Arzneien, pharmazeutische Erzeugnisse, Kunststoffe, Autos, Elektrotechnik. Bis Ende Juni 2022 (1. Halbjahr) sind die deutschen Exporte nach Russland um 41% gefallen. Übers ganze Jahr 2022 (ab Kriegsbeginn) ist das Handelsvolumen der EU mit Russland  um -36% gefallen (Eurostat).

Der Handel geht aber bei weitem nicht auf Null. Zolldaten aus Russland zeigen, dass auch nach dem Überfall auf dei Ukraine Werkzeuge und Maschinenteile deutscher Hersteller bei der russischen Rüstungsindustrie landen. Möglich macht da sein System von Zwischenhändlern. Sogar russische Unternehmen, die Atomwaffen herstellen, bekamen Werkzeugteile aus Deutschland. Dafür bedarf es besonderer Lieferketten (Hersteller, Exportfirma, Importeur in Russland, Waffenschmiede in Russland). Vgl. Malcher, I./ Rudzio, K.: Deutsche Wertarbeit für Putins Raketen, in: Die Zeit 16/ 13.4.23, S. 21ff. Im Mai 2023 exportierte die deutsche Wirtschaft 34% weniger als vor einem Jahr nach Russland. Es waren zuletzt Waren im Wert von 0,7 Mrd. €. Importe aus Russland sanken auf 0,3 Mrd. € (-93%). Quelle: Destatis, Außenhandelsstatistik.

Verhältnis zur EU und den USA:  2020 macht Russland ein neues Angebot für einen Abrüstungsvertrag (atomar, an die USA). Nach dem Amtsantritt von Biden einigt man sich auf einen neuen Vertrag. Russland steigt 2021 wie die USA aus dem Militärabkommen für militärische Beobachtungsflüge ("Open Skies") aus. Biden bezeichnet Putin in einem Interview als Mörder (Einmischung in den US-Wahlkampf). Daraufhin wird der Botschafter einbestellt. Im März 21 sieht Russland die Beziehung zur EU als Organisation als zerstört an. Man will sich wieder mehr China annähern. Die Nato-Außenminister beraten im März über den weiteren Umgang mit Russland. Sie beraten folgende Aspekte: aggressives Verhalten, Cyberangriffe, Aufrüstung, Desinformation, Wahlkampfbeeinflussung.  Vgl. dazu: Seipel, Hubert: Putins Macht. Warum Europa Russland braucht, Hamburg (Hoffmann & Campe) 2021. 2021 droht ein neuer Wirtschafts- und Handelskrieg. Biden erlässt weitere Sanktionen gegen Russland. Bisher russlandfreundliche EU-Staaten wenden sich ab. Ausländische Banken reagieren nervös. Tschechien weist 18 russische Diplomaten aus (Anschlag auf Munitionsdepot). Der US-Botschafter in Moskau John Sullivan reist nach Washington. Der Kreml spricht von einer "massenhaften antirussischen Psychose". Die Truppen werden schließlich noch im April 2021 von der Grenze abgezogen. Der Friedensvertrag von 2015 (unter Vermittlung von Deutschland und Frankreich zustande gekommen) liegt aber weiter auf Eis. Für den 16. Juni vereinbaren Biden und Putin ein Treffen in Genf/ Schweiz. Vorher treffen sich schon die Außenminister Blinken und Lawrow in Island. Das Treffen zwischen Putin und Biden findet in Genf statt, herausragende Ergebnisse werden nicht bekannt (Cyberangriffe, Ukraine, Menschenrechte). Die Botschafter sollen zurückkehren. Der Außenbeauftragte der EU Borrell schlägt gegenüber Russland eine dreiteilige Strategie vor: zurückdrängen, einschränken, einbinden (Russland wolle lieber direkten Kontakt zu einzelnen Mitgliedern und wolle die EU spalten). Die regelmäßigen Gespräche zwischen der EU und Russland sollen ab 2021 wieder stattfinden. Das blockieren die osteuropäischen Mitgliedsländer. Die Äußerung von Präsident Obama, dass Russland nur noch eine Regionalmacht sei, aber keine Weltmacht, wirkt bis heute negativ nach. Es gibt auch Veröffentlichen (Ex-US-Außenminister Baker, Umfeld von Genscher), dass Russland der Wiedervereinigung von Deutschland und der Aufnahme in die Nato nur zugestimmt habe  unter der Bedingung, dass sich die Nato nicht weiter nach Osten ausdehne. Auch die EU ist immer weiter nach Osten gegangen (jetzt sogar Aufnahmeanträge der Ukraine, Georgien, Moldawien). Die Äußerung von Biden, dass man die Ostukraine auch Russland überlassen könne, war nahezu eine Einladung. Die Nato will ab 2022 die Zahl der Soldaten in hoher Bereitschaft vervielfachen. Anfang September 2022 erschwert die EU Russen die Einreise in die EU. Das Abkommen zur erleichterten Visa - Vergabe für Reisende wird ausgesetzt. Im Oktober 2022 sind noch 31.000 Firmen in der EU in der Hand von Russen. Am 2.3.23 treffen beim G20-Treffen der Außenminister  in New Delhi erstmals nach langer Zeit die Außenminister der USA und Russlands aufeinander und sprechen miteinander.   Vor 75 Jahren verfasste der US - Diplomat George F. Kennan eine Analyse der Moskauer Politik. Er prägte damit über Jahrzehnte die Strategie der USA im Kalten Krieg. Die Analyse ist aktueller denn je. Vgl. Berg, Manfred: Der Kreml-Versteher, in: Die Zeit Nr. 25/ 15. Juni 2022, S. 19.

Exkurs: Gipfel von 44 Ländern 2022: Er findet im Oktober 2022 in Prag statt. Es soll ein Signal an Putin sein. Die neue politische Gemeinschaft soll Russlands Präsident Wladimir Putin zeigen, dass er in Europa isoliert ist. Nur Russland und Belaruss fehlen. Dabei sind Armenien, Asabaidschan, die Türkei, Serbien, GB. 143 Länder der UN verurteilen am 13.10.22 die Annexion von teilen der Ukraine durch Russland. 35 Länder enthalten sich. 5 Länder sind dagegen (Russland, Belaruss, Syrien, Nordkorea, Nikaragua). "Russland ist eine neoimperiale Macht, die wir erst einmal einhegen müssen. Damit wird die europäische und die transatlantische Politik in der nächsten Dekade beschäftigt sein", siehe Masala in Der Spiegel Nr. 2/ 7.1.23, S. 71. Putin hatte Europa offensichtlich falsch eingeschätzt. Er sah es als schwach und führungslos. so ändert er auch seine Taktik. Jetzt kämpft Russland gegen die Nato und die USA. Putin hat Europa von Russland entfernt wie kein Führer vor ihm.  Die gemeinsame Allianz mit China wird gepriesen.

Exkurs: Victor Orban: Er stellt sich trotz EU an die Seite von Putin. Er steht Putin auch ideologisch nahe, vor allem in der Geringschätzung der Demokratie. Beide treten auch einem Werteverfall entgegen (gegen den Westen, gegen Homosexuelle). Orban sieht nicht nur Russland, sondern auch China als Bündnispartner. Gerne nimmt er aber die EU-Milliarden, die er gerne seinem Volk verschweigt. Das geht, weil er die Medien kontrolliert. Die EU braucht die Zustimmung Orbans bei den Sanktionen. Orban braucht die EU (Inflation, Staatsbankrott). Erstmals werden 2022 Gelder für Ungarn gesperrt (etwa 6 Mrd. €). Orban hat eine Elitehochschule in Budapest gegründet. MCC verbreitet seinen Orbanismus. Orban kontrolliert systematisch alle Bereiche in seinem Land.

Beziehungen zu Deutschland:  Deutschland hat besondere Beziehungen zu Russland. auf der einen Seite sind sie geprägt von tief greifenden Gefühlen der Schuld (Zweiter Weltkrieg). Auf der anderen Seite herrscht Dankbarkeit (Deutsche Wiedervereinigung). Die russisch-deutschen Beziehungen werden trotzdem auch  immer mehr eingefroren. Das ist besonders fatal, weil das Verhältnis durch die gemeinsame Geschichte traditionell sehr eng war. Für den Tiergartenmord bekommt ein russischer Agent lebenslänglich. Das Gericht stellt fest, dass der Mordauftrag an einem Georgier aus Russland kam. Zwei Diplomaten der russischen Botschaft werden zu unerwünschten Personen erklärt. Der EU fehlt es an einer gemeinsamen, von allen Mitgliedern mitgetragenen, Russland-Politik. Putin versucht immer wieder gezielt, die EU zu spalten. Er hat damit letztendlich Erfolg. Die Verärgerung in den USA über Deutschlands Haltung im Ukrainekonflikt wächst (Weigerung der Waffenlieferung, Zögern bei Sanktionen). Man sieht in den USA, aber auch in Nordeuropa, Deutschland als Stolperstein in der Russland-Politik. Der deutsche Kurs in der Ukraine-Krise wird nicht überall verstanden: Er nährt den Verdacht, dass auf Deutschland kein Verlass ist. Hinzu kommen persönliche Verbindungen ehemaliger Politiker, wie etwa von dem Ex-Kanzler Gerhard Schröder. Er ist ein Freund Putins und sitzt in verschiedenen Aufsichtsräten deutsch-russischer Projekte (Gazprom, Rosneft). Besonders eng sind auch die Beziehungen von Mecklenburg-Vorpommern zu Russland (Gründung einer Stiftung in Lublin). Alle ostdeutschen Länder sind gegen die Russland-Sanktionen, weil sie ökonomische Einbußen haben. Die Abhängigkeit beim Gas zwischen Russland und Deutschland ist eine Co-Abhängigkeit.  Deutschland braucht das Gas als Brückenrohstoff (bis die alternativen Energien ausreichen) und Russland braucht das Geld. Das ist im Prinzip keine schlechte Sache. Je länger der Ukraine-Krieg dauert, desto größer wird der Druck auf Deutschland, einen Importstopp für russisches Öl und Gas zu erlassen. Die Städtepartnerschaft zwischen Berlin und Moskau ist belastet. Die Anfeindungen gegen Russen in Deutschland nehmen zu. Es gibt in Deutschland bundesweite Proteste gegen den Krieg in der Ukraine. Deutschland sollte in seiner Politik dem Schwarz-Weiß-Denken (insbesondere der USA) entgegentreten. Die Zivilisation lebt auch davon, sich mit den Beweggründen Russlands, Chinas und des Irans  auseinanderzusetzen (das wäre auch ein Wunsch an die deutschen Medien). Am 20.3.22 findet ein "Sound of Peace" vor dem Brandenburger Tor in Berlin statt (Friedenskonzert, auf dem viele Künstler auftreten). Anfang April 22 weist Deutschland 40 Diplomaten aus Russland aus, weil sie Spionage betreiben und die ukrainischen Flüchtlinge gefährden. Die deutsche Tochter von Gazprom (Germania) wird vorübergehend unter die Treuhandverwaltung der Bundes-Netzagentur gestellt (Eigentumsverhältnisse unklar). Das dürfte russische Gegenreaktionen provozieren (Putin droht schon). Am 24.4.22 weist Russland 40 deutsche Diplomaten aus. Wahrscheinlich werden Deutschland und Russland für lange Zeit getrennte Wege gehen (eine Zusammenarbeit mit Putin ist schwer vorstellbar). Auf der anderen Seite kommen viele russische Staatsbürger ganz nach Deutschland. Von Februar bis Juni 2022 wurden 9251 nationale Visa erteilt. Diese Visa wurden meist für die Aufnahme einer Beschäftigung und mitreisende Familienangehörige genutzt. Am 13.9.22 telefonieren Scholz und Putin nach längerer Zeit 90 Minuten miteinander (Waffenstillstand, diplomatische Lösung). In Deutschland wächst der Druck auf Scholz, Panzerlieferungen zu ermöglichen (Marder, Leopard). Die Forderung bleibt vorerst unerfüllt. Dafür gibt es Raketenwerfer. Am 02.12.22 telefoniert Scholz mit Putin (wieder nach einigen Monaten). Alexander Graf Lambsdorff soll 2023 neuer Botschafter in Moskau werden. Er war früher schon im Auswärtigen Amt (auch schon im Russland-Referat). Am 9. Mai 2023, dem 78. Jahrestag des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland, wirft Kanzler Scholz Putin Machtgehabe vor. Im Mai 2023 müssen alle deutschen Konsulate in Russland schließen außer Moskau. Deutschland antwortet sofort: 4 russische Konsulate in Deutschland müssen geschlossen werden. Alexander Graf Lambsdorff wird neuer deutscher Botschafter in Moskau. Am 26.4.22 treffen sich hohe Nato-Vertreter aus 30 Ländern (+ auch Nicht-mitglieder) in Rammstein/ Pfalz. Sie treffen sich auf der US - Airbase und beraten über die Lage im Ukraine-Krieg.  Die Lieferung schwerer Waffen soll abgestimmt werden. Rammstein ist für die Amerikaner das wichtigste Drehkreuz in Europa und der wichtigste ausländische Stützpunkt.. Das Land Rheinland-Pfalz führt jährlich Gespräche in den USA über die wichtigen Stützpunkte der US-Armee in RLP. Außenminister Lawrow warnt die Nato pünktlich vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine. Im internationalen Vergleich der Hilfsleistungen (insgesamt -humanitär, finanziell, militärisch) und nur der militärischen Unterstützung liegt Deutschland relativ gesehen (Anteil am BIP) auf hinteren Positionen. Quelle: Institut für Weltwirtschaft/ Kiel 2022.

Bei einem Empfang für ausländische Botschafter in Moskau findet Putin außergewöhnlich milde Worte gegenüber Deutschland und anderen europäischen Ländern. Er klang fast nostalgisch: Die Zusammenarbeit sei für beide Staaten und den gesamten europäischen Kontinent von Nutzen gewesen. Man rätselt darüber, was hinter den freundlichen worten stecken könnte. Vielleicht hat er wieder Interesse an einer Verstärkung des Handels: Bei Gasexporten könnten die Chinesen nur ein Fünftel auffangen.

Vermögenswerte Russlands in Deutschland und im Westen: Die russischen Staatsbürger haben Vermögenswerte in Höhe von 25 Mrd. €. Darunter fallen Firmenbeteiligungen, Wertpapiere, Bankguthaben. Das tatsächliche Vermögen dürfte aber höher sein: Der Immobilienbesitz bleibt unberücksichtigt. Hinzu müsste man noch die russischen Direktinvestitionen rechnen (2019 8,9 Mrd. €). Während viele Staaten in Europa wegen des Ukraine-Krieges im Rahmen der Sanktionen Vermögenswerte sperren (Italien, Frankreich) tut sich Deutschland schwer damit. Die EU friert im Zuge der Sanktionen bis Sommer 2022 14 Mrd. € an russischem Vermögen ein. die EZB warnt 2023 vor den Folgen. Man sollte das Geld nicht der Ukraine geben. Das könnte der internationalen Rolle Europas schaden. Nach Infos im Juli 2023 sind folgende russischen Vermögenswerte eingefroren: 200 Mrd. € Russische Notenbank. 30 Mrd. € sanktionierte Personen. 5,2 Mrd. € in Deutschland festgesetzt.

2024 will die EU die Zinsen der Vermögenswerte (zwischen 2 und 3 Mrd. € jährlich) der Ukraine für den Aufbau zur Verfügung stellen. An das Vermögen geht am aus juristischen Grünen nicht ran.

Viele Oligarchen haben schon lange vor dem Einmarsch in der Ukraine ihr Vermögen in Kunst angelegt. Bilder kann man in Villen hängen oder verschwinden lassen. Teilweise wurden Testamente zugunsten der Ehefrauen oder von Kindern geändert. Als Beispiel dient der Oligarch Roman Abramowitsch. Er hat mit allen Mitteln seine Kunstsammlung vor den Sanktionen in Sicherheit gebracht. ein großer Teil wurde auf seine Ex-Frau Dascha Schukowa übertragen. Vgl. Davies, rob u. a.: Bilder im Nebel des Krieges, in: Der Spiegel 39/ 23.9.2023, S. 110ff.

Verhältnis zu osteuropäischen Ländern: Russland versucht beständig, in Osteuropa mehr Einfluss zu gewinnen. China verfolgt eine ähnliche Strategie (Ungarn), die letztlich die EU spalten soll. Einige Länder versuchen, davon zu profitieren. Das gilt besonders für Ungarn, wo Orban wieder gewählt wird,  und die Slowakei. Man spricht von "Putins trojanischen Pferden". Putin will auch  die Nato hinter die Grenzen von 1997 zurückdrängen. Ihn stören vor allem die Raketen und Angriffswaffen im Grenzgebiet. Auch Serbien, das in die EU strebt, pflegt ein gutes Verhältnis zu Russland (Vucic wird wieder gewählt).

Verhältnis zu Osteuropa, speziell Westbalkan: Russland schürt den Konflikt auf dem Balkan. Der fragile Frieden wird bewusst gefährdet und als Waffe gegen die EU und die Nato eingesetzt. Besonders serbische Minderheiten in verschiedenen Staaten (Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Albanien, Kosovo) werden systematisch aufgestachelt. Vgl. Koelbi, Susanne: "Putin sagt: Kosovo, Kosovo, Kosovo", in: Der Spiegel 36/ 3.9.22, S. 90f.

Verhältnis zu Finnland: Einst unterhielten beide Länder enge Beziehungen. Seit Putins Einmarsch streben die Finnen in die Nato. Finnland hat eine 1300 Kilometer lange Grenze mit Russland. 200 Kilometer will Finnland sichern (380 Mio. €). Die Städte Imatra, Vaalimaa und Lappeentranta liegen direkt an der Grenze.  Touristen, Geschäftsleute und Freunde aus Russland bleiben weg. Vgl. Pantel, Nadia: Grenze der Neutralität, in: Der Spiegel 50/ 10.12.22, S. 82ff. 2023 steigt der russische Druck auf Finnland (Reaktion auf Nato-Beitritt). Man organisiert Migration nach Finnland. Finnland schließt die Grenzübergänge nach Russland.         

Ostausschuss und Unternehmerrat, Berlin:  und  2020 wurde ein Deutsch - Russischer Unternehmerrat gegründet. Beteiligt sind der russische Minister für wirtschaftliche Entwicklung Maxim Reschetnikow und der Ost-Aussschuss-Vorsitzende der deutschen Wirtschaft Oliver Hermes. Es wird das deutsch-russische Themenjahr "Wirtschaft und nachhaltige Entwicklung 2020-2022"  eingeläutet (mit Maas und Lawrow). Es findet auch wieder ein Deutschlandjahr in Russland statt. Der Ostausschuss liefert nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine Argumente, warum nicht alle deutsche Unternehmen in Russland ihre Geschäftstätigkeit einstellen. Der Ostausschuss wurde 1952 gegründet. Er wird von ca. 350 Mitgliedsunternehmen finanziert. Hinter ihm stehen 6 Trägerverbände (auch BDI, DIHK). Langjähriger Vorsitzender war Klaus Mangold (Aufsichtsratschef von Knorr-Bremse, auch Mitglied des deutsch-russischen Petersberger Dialogs). Geschäftsführer ist Harms. Der Ostausschuss hat die gleiche Zuständigkeit, wie auf dieser Seite gegliedert ist: Alle Länder im Osten, auch Ost-Europa und Zentralasien. 2022 findet sich kein Nachfolger für Oliver Hermes (hatte sein Amt im Juni 22 niedergelegt). Das hängt mit dem Ukraine-Krieg zusammen. Zentralasien und Mitteleuropa rückt zunehmend in den Fokus (strategische Neuausrichtung). 2024 ist Catharina Claas-Mühlhäuser Chefin des Ostausschusses. Die Firma Claas Landmaschinen hat ein Werk in Krasnodar. Sie fordert Firmen nicht zum Rückzug aus Russland auf. Sie müssen in Übereinstimmung mit den Sanktionen agieren. Ein Rückzug bedarf einer Genehmigung, ein Verkauf muss mindestens 50% unter Wert erfolgen und man muss eine Exit - Steuer bezahlen. Der Ost-Ausschus hat 350 Mitgliedsfirmen in Osteuropa in 29 Zielländern.

2022 steigt der Außenhandel anders als erwartet sehr stark an. Mit Russland geht er stark, mit der Ukraine nur leicht zurück. Er boomt mit Zentralasien (Umleitungseffekte) und Osteuropa.

Deutsch-Russisches Forum: Sitz Berlin. Seit 1993. Dialog mit Russland. Vorsitz 2021 Matthias Platzceck, ehemaliger Ministerpräsident von Brandenburg und SPD-Vorsitzender. Gemeinnützig. Baerbock gilt in Russland als Reizfigur. Sie hat sich stark für die Ukraine eingesetzt und wollte Nord Stream 2 verhindern. Das gleiche gilt für Lindner, der sich sehr aktiv für Nawalny eingesetzt hat.

Deutsch-russischer Petersburger Dialog: wichtig als Gesprächsforum. Mit Lenkungsausschuss.

AHK Russland, Moskau: Matthias Schepp leitet 2023 nebenberuflich die AHK. Er ist gleichzeitig Delegierter der Deutschen Wirtschaft. Es gibt eine filiale in Petersburg. 2023 erhält die Kammer noch 1,0 Mio. €.

Russland-Deutsche: Millionen von Deutschstämmigen aus der früheren Sowjetunion sin in den Neunzigerjahren in die Bundesrepublik ausgesiedelt. Während sich viele Ältere bis heute als Bürger zweiter Klasse fühlen, entdeckt eine junge Generation selbstbewusst ihre Wurzeln. Vgl. Wenzel, Warkentin, Natalia: Deutsche unter Deutschen, in: FAZ Nr. 278, 29.11.21, S. 3. Man hat nach dem Ukraine-Einmarsch eine wachsende Distanz von russlandstämmigen Deutschen zu ihrer früheren Heimat.

Folgen der Russland-Sanktionen für die Deutsche Wirtschaft und andere: Die Sanktionen reduzieren die Wertschöpfung der deutschen Wirtschaft pro Jahr um 5,45 Mrd. €. Überproportional leidet Ostdeutschland. Effizienter seien Sanktionen gegen Personen und Institutionen, also etwa Einreiseverbote und Kontensperrungen ("Smart sanctions"). So das Ergebnis einer Studie von Lisandra Flach, Leiterin des Ifo-Zentrums für Außenwirtschaft in München. 2020 gab es in Deutschland Importe aus Russland in Höhe von 26,3 Mrd. €. Die Exporte nach Russland machten 22,0 Mrd. € aus. Das ist ein dramatischer Abfall gegenüber 2015. Quelle: StBA. Gas spielt eine wichtige Rolle in dem Poker. Die USA wollen US-Flüssiggas liefern. Russland hält Gas-Lieferungen zurück. Die Sanktionspolitik ist faktisch gescheitert. Deutschland ist noch lange auf russisches Gas angewiesen (auch durch den Ausstieg aus der Atomenergie, mehr als die Hälfte seines Gasimportes). Bei einem Einmarsch in die Ukraine wäre Nord Stream 2 aber wahrscheinlich erledigt. Auch Russland selbst wurde durch die 2014 erlassenen Sanktionen hart getroffen. Seit 2013 wuchs das BIP im Schnitt nur um 0,8%. Vgl. auch: Fischermann, Thomas u. a.: Der Preis der Sanktionen, in: Die Zeit Nr. 5/ 27. Januar 2022, S. 19. Felbermayr, G., C. Morgan, C. Syropoulos und Y. Yotov (2021), Understanding Economic Sanctions: Interdisciplinary Perspectives on Theory and Evidence, European Economic Review, 135(C). Mit dem Ukrainekrieg im Februar 2022 kommen weitere Sanktionen. Sie treffen Deutschland hart: Das Erdgas wird knapp und erreicht immer höhere Preise. Das gleiche gilt für Öl. Der größte Gasverbraucher in Deutschland ist die Industrie. Die Reichen in Russland haben ihr Geld und Vermögen in den westlichen Staaten angelegt (USA, GB, Deutschland). Die Sanktionen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine treffen wesentlich härter: Man rechnet damit, dass der Wohlstand in Deutschland sinkt (BIP -0,4% ). Russland wird allerdings wesentlich härter getroffen (BIP -10%; IWF). Es trifft auch viele andere Länder in Europa. Direkt sind die Haupt-Tourismus-Ziele betroffen: Türkei, Zypern, Italien. Ein Stopp der Erdgaslieferungen aus Russland würde die Industrie am stärksten treffen (36% der Erdgasnutzung). Dann kämen Haushalte (30%), Stromerzeugung (13%). Der Krieg wird die Industrie auch einiges kosten. Für ein groß Teil der Risiken war sie auch selbst verantwortlich (vor allem die BASF). Vgl. Pletter, Roman: Satt, in: Die Zeit Nr. 18/ 28.4.22, S. 21. Vgl. auch: Görg, Holger/ Jacobs, Anna/ Meuchelböck, Saskia: Auswirkungen der Russland-Sanktionen, in: Wirtschaftsdienst Heft 9/ 2022, s. 735-736.

Deutsche Unternehmen müssen Milliarden Euro an Forderungen und Beteiligungen in Russland und der Ukraine abschreiben. Russische Beteiligungen werden wertlos. Forderungen werden ausfallen. Selbst die Liquidation kostet Geld. Die Unternehmen verbuchen daheim die Verluste in der Handelsbilanz. Es gibt unterschied ezwischen Handelsgesetzbuch und Steuerrecht. Noch zögern die Finanzämter 2022 , die Verluste bei Konzernen anzuerkennen. Solche Ausnahme-Situationen sind im Steuerrecht nicht vorgesehen. Vgl. Ramthun, C.: Bomben auf dei Bilanzen, in: WiWo 18/ 29.4.22, S. 29. 2023 verkauft VW sein modernes Werk südwestlich von Moskau. VW geht raus aus Russland. Die deutsche Dekra war an dem Moskauer Unternehmen Transdekra beteiligt.  Dieses ist mittlerweile liquidiert. Es bildet sich ein Nachfolgeunternehmen das Grauimporte adelt.

Exkurs: Gas-Embargo von Deutschland für russisches Gas und die Folgen: Eine Projektgruppe in den USA geht davon aus, dass ein solches Embargo einen Verlust von Wirtschaftswachstum von 3 - 5% (je nach Szenario) in Deutschland mit sich brächte und mit einer gegen wirkenden Wirtschaftspolitik über Schulden zu schultern wäre. Vgl. Rüdiger Bachmann u. a.: "What if" (auch Bachmann-Paper genannt, Uni Notre Dame Indiana, Pittel von Ifo-Institut, München, dabei).  Gearbeitet wird mit einem makroökonomischen Modell. Meiner Ansicht nach hat dieses Modell mit der Prognose gravierende mikroökonomische Fehler (blendet physikalische und verkehrstechnische Aspekte aus). Es schätzt Gas als Grundstoff nicht richtig ein und berücksichtigt nicht die Verkehrstechnik bei LPG (keine Leitungen, Lastwagen, Schiffe). Vom Gas und Öl zum Endprodukt gibt es auch einen langen Weg: Die chemische Industrie arbeitet mit Wertschöpfungsketten, die später zu Endprodukten führen. 1. Methanol: Düngemittel, Harze, Leime, Polymere, Sprengstoffe. Baustoffe, Kunststoffe, Landwirtschaft. 2. Ethylen: Polymere, Polyole, Copolymere. Baustoffe, Beschichtungen, Kunststoffe, Textilien, Verpackungen.  3. Propylen/ Propan: Fasern, Polymere, Schäume, Superabsorber. Automobilindustrie, Baustoffe, Beschichtungen, Kunststoffe, Textilien. 4. Butan: BDO, NMP, Gummi. Dichtungen, Hochleistungskunststoffe, Reifen, Textilien. 5. Benzol: Fasern, Garne, Harze, Polymere. Baustoffe, Kunststoffe, Teppiche, Textilien. 6. p-Xylol: PET, PBT.  Kunststoffe (z. B. Mineralwasserflaschen und Zahnbürsten). Quelle: VCI; Freytag, Bernd: Ohne Gas nichts los, in: FAZ Nr. 75, 30.3.22, S. 21. Allein die BASF verbraucht ca. 4% des Gases aus Russland. Auf die Industrie insgesamt fallen ca. 15% (Heizung und Rohstoff). Habeck hat schon in einem Monat die Gaslieferungen aus Russland von 55 auf 40% heruntergefahren. Bis 2025 will man ganz ohne auskommen. Die Währung der Zahlung spielt eine Randbedeutung. Mit Rubel würden die Zahlungen direkt an die Notenbank und damit den Staat gehen (über die nicht sanktionierte Gazprom-Bank). Bei Devisen (Euro) zweigen die Oligarchen einen großen Teil ab. Das Problem ist also komplexer als oft dargelegt. Das aber auch, weil sicherheitspolitische und ethische Argumente für ein Embargo sprechen. Es kann also keine rein ökonomische Debatte geben. Innerhalb der Energie-Rohstoffen verdient Russland am meisten am Öl (1/3 des HH, auch aufgrund der Preissteigerungen). Ein Öl-Embargo würde am besten wirken, ein Kohle-Embargo ist am einfachsten umzusetzen. Ein Gas-Embargo würde Russland mittelfristig in die Knie zwingen, aber Deutschland auch. Die Bundesbank hat im April 2022 die Folgen eines Öl- und Gasembargos gegen Russland ausgerechnet: Das Wachstum in Deutschland würde um -5% einbrechen. Russland beliefert Finnland nicht mehr mit Gas (keine Rubelzahlungen, Nato-Beitritt). Im Juli muss North Stream 1 wegen Inspektion 10 Tage geschlossen werden. Offen ist, ob Leitung wieder geöffnet wird..

Sanktionen der EU, Deutschlands und der USA (auch G7) nach der Anerkennung des Donbass und dem Einmarsch: Handelsverbot für russische Staatsanleihen. Personen und Unternehmen auf einer EU-Sanktionsliste (Einreiseverbot und Vermögenseinfrieren). 350 Abgeordnete Einreiseverbot. Freihandelsregeln nicht für die Volksrepubliken. Zugang zu den Finanzmärkten erschweren. Weitere Sanktionen folgen, wenn Russland einmarschiert. Stopp von Nord Stream 2. Sanktionen nach dem Einmarsch: 1. Finanzsektor. Abschneiden der russischen Banken von den Finanzmärkten. 2. Exportverbot für Hochtechnologie nach Russland. 3. Energiesektor: Umleiten von Öl und Gas nach Europa aus den USA und Katar. Im Kern will man mit den Sanktionen Druck auf die Eliten ausüben. Sie sollen ihre Privilegien verlieren. Sie sollen Putin ihre Loyalität entziehen. Dann folgen weitere Sanktionen: Landeverbot und Überflugsverbot für russische Flugzeuge auf dem Gebiet der EU. Nirgends mehr in der EU dürfen russische Flugzeuge starten und landen. Die Hermesbürgschaften für deutsche Firmen, die nach Russland exportieren, werden ab sofort gestrichen. Allein für Energielieferungen in die EU kassiert Russland jeden Tag ca. 600 Mio. € (andere Berechnungen sprechen von 1 Mrd. €). Damit finanziert Putin seinen  Krieg. Ein Embargo könnte mittelfristig die Kriegskasse entscheidend schwächen. Die USA verhandeln mit Venezuela über Öllieferungen, um die russischen zu ersetzen. Es kommt ein Importembargo für russisches ÖL in den USA. Das US-Embargo wird auf Handelsgüter ausgeweitet (russischen Wodka, Meeresfrüchte, Diamanten). außerdem wird Russland der Status der "meistbegünstigsten Nation" entzogen. Das bringt Zollerhöhungen mit sich. Die EU schiebt Mitte März 2022 noch Sanktionen nach: Keine russischen Stahlerzeugnisse werden eingeführt. Keine Luxusgüter werden nach Russland exportiert. Die EU beschließt im März 2022 auch ein sicherheitspolitisches Konzept: Sie bekommt eine neue militärische Einheit, eine Eingreiftruppe.

Das Abschneiden von Swift wird noch aufgespart. Es wäre ein Ausschluss vom Zahlungsverkehr (Banken, Kreditkarten, Überweisungen, Rechnungen). Es würde die ganze Bevölkerung treffen. Die Erfahrungen damit im Iran sind nicht so positiv. Man würde Russland auch in das System Chinas hineintreiben. Massiv wären auch die Probleme für die EU (russische Banken und Unternehmen haben Schulden in Höhe von 50 Mrd. €). Die Schweiz ist und wäre die große Lücke. Sie verbietet zumindest neue Geldgeschäfte mit Russland, verweist aber auf ihre Neutralität. Schließlich macht sie am 28.2. bei den Sanktionen mit. Gegner des Swift-Ausschlusses Russlands waren wohl Ungarn, Italien, Niederlande und Deutschland. Dann kommt doch eine abgespeckte Version des Ausschlusses von Swift: Der soll nur ausgewählte Banken betreffen (7, die Energie-Banken Gazprom und Sberbank werden ausgenommen: so greift man nur 30%). Die russische Zentralbank wird mit Sanktionen belegt: 1. Keine Transaktionen mit dem Ausland mehr. 2. Vermögenswerte im Ausland werden eingefroren (Devisen- und Goldreserven im Westen). Insgesamt gibt es bei den Sanktionen drei Pakete. Mastercard, Paypal und Visa stoppen in Russland. Die Forderung Russland, Energierechnungen in Rubel zu begleichen könnte das Energie-Embargo der EU begünstigen. Die G7 lehnen die Zahlungen in Rubel ab. Putin will erst einen Expertenrat einsetzen. Er sichert Deutschland zu, weiter in Euro über die Gazprom - Bank  bezahlen zu können.

Einige Experten fordern eine Strafsteuer auf Öl und Gas aus Russland. Ein Embargo würde Putin voll treffen. Damit könnte die Kriegskasse entscheidend geschwächt werden. Vgl. Hausmann, Ricardo: Wir brauchen eine Strafsteuer auf Öl aus Russland, in: WiWo 10/ 4.3.22, S. 41. Die Sanktionen führen zu politischer Unsicherheit: Investoren und Konsumenten ziehen sich zurück. Die USA erlassen im März 2022 noch ein Embargo für russische Ölimporte. Als Vergeltung für die Sanktionen der EU erwägt Russland eine Schließung von Nordstream 1 (das wird später dementiert). Die EU prüft Hilfen für Unternehmen, die besonders durch Störung im Wirtschaftsleben durch den Ukraine-Krieg betroffen sind. Auf einem Treffen der Regierungschefs in Versailles am 11.3.22 lehnen Deutschland, Österreich und  Italien ein Energie-Embargo ab. Allerdings will Deutschland die Importe von Öl und Gas drastisch zurückfahren, soweit sie von anderen Staaten ergänzt werden können (Norwegen, Katar, USA, Kasachstan, Iran). Man könnte auch mit einer Importabgabe auf russisches Öl und gas arbeiten. Die von Russland gezahlten Gelder könnten in einen Treuhandfonds fließen, der nach dem Krieg helfen kann, den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren. Vgl. Edenhofer, O./ Ockenfels, A.: Eine Alternative zum Embargo, in: HB Nr. 62, 29. März 2022, S. 48. Russland hält geleaste Flugzeuge zurück (Verstoß gegen die Kapstadt-Konvention). Sie können sowieso nur in Russland fliegen. Nach dem Bekanntwerden der Massaker der russischen Armee in Butscha nahe Kiew kündigt die EU weitere Sanktionen an (ähnliche Massaker dürfte es in anderen Städten gegeben haben). Es kommt also ein fünftes Paket: Die Sanktionen liegen im Bereich des Handels und der Finanzmärkte (mehr Banken aus Swift, Importverbot für Wodka und Kaviar sowie Holz, keine russischen Schiffe in EU-Häfen). Es kommt zuerst ein Kohle-Embargo, ein Erdöl- und Gas-Importverbot dürfte hinausgezögert werden. Knapp die Hälfte der europäischen Kohleimporte kommen 2022 aus Russland. Weiterhin werden zusätzliche Personen mit Sperren belegt (2 Töchter Putins/ Ärztin und medizinische Institution, Leiterin von KI-Einrichtung, Familie von Lawrow, weitere Familieangehörige der Oligarchen). "Die Sanktionen fressen sich Woche für Woche tiefer in die russische Wirtschaft. Der Staatsbankrott ist nur eine Frage der Zeit", EU-Präsidentin Ursula von der Leyen, im April 2022.

Im Mai 22 startet die EU das Sanktionspaket 6. Es soll zu einem Stopp von russischen Erdöl-Importen kommen. Ungarn droht bei einem Sondertreffen der EU-Energieminister weiter mit einem Veto. Ungarn und die Slowakei hängen fast vollständig an russischem Öl. Es dürfte für beide Länder Übergangsfristen geben (auch für Tschechien, Bulgarien bis 2024). In Deutschland ist die Versorgung der neuen Bundesländer noch nicht geklärt (über die russische Raffinerie Schwedt). Die EU will ihre Drähte zu China und Indien nutzen, damit diese nicht in die Bresche bei Ölimporten springen. Die Aussichten sind gering. Ungarn verhindert auch Sanktionen den russischen Patriarchen Kyrill. Im Juni 2022 auf dem G7-Gipfeltreffen im bayrischen Elmau wird eine weitere Verschärfung beschlossen: Importverbot für russisches Gold, Beschränkung der Öleinnahmen durch Höchstpreise, Exportverbot für Hochtechnologie, wenn sie einen militärischen Nutzen hat (Ausschließen Russlands vom Weltmarkt). Am 15.7.22 setzt die EU das Importverbot von russischem Gold um, ebenso das Exportverbot für Hochtechnologie. Anfang September 2022  Anfang September 2022 schlägt die EU-Kommission einen Preisdeckel für russisches Gas vor. Es gibt eine Lücke in den westlichen Sanktionen. Das ist Fisch, der von russischen Booten gefangen wird, in der Hauptsache Alaska-Seelachs (Krabben, Kaviar sind enthalten). Im Februar 2023 kommt der Preisdeckel auf Erdölprodukte aus Russland. Die EU- und G7-Staaten einigen sich darauf.

Nach den Referenden und der Einverleibung von Teilen der Ukraine (Luhansk, Donezk, Saporischschja, Cherson) in russisches Staatsgebiet reagiert die EU mit weiteren Sanktionen: Preisdeckel für Ölimporte aus Russland. EU-Bürger dürfen keinen Sitz in Führungsgremien russischer Unternehmen übernehmen.  Putin besiegelt die Annexion von den vier Gebieten mit einer Feier in Moskau.

Mitte November 2022 kommt es zu einem Raketeneinschlag in Polen in Grenznähe. In Warschau und bei der Nato geht man davon aus, dass die Explosion mit zwei Toten am 15.11.22 durch eine fehlgeleitete ukrainische Luftabwehrrakete verursacht wurde. Im Dezember 22 kommt ein neuntes Sanktionspaket der EU: Strafmaßnahmen gegen russische Banken und zusätzliche Handelsbeschränkungen. Im Februar kommen weitere Sanktionen: Sowohl von den USA als auch von der EU. Im Februar 2023 will Wirtschaftsminister Habeck die Sanktionen besser durchsetzen. Umgehungsaktivitäten sollen von Deutschland und der EU besser geahndet werden. Im Verdacht stehen Staaten wie Indien, China und die Türkei. Unternehmen sollen stärker in die Pflicht genommen werden. Man spricht dabei vom 10. Sanktionspaket.

Am 19./ 20. 5.2023 treffen sich die Regierungschefs der G7 in Hiroshima/ Japan. Man will gegen den Export russischer Diamanten vorgehen.  Allein das Unternehmen Alrosa erzielte 2021 332 Mrd. Rubel (4 Mrd. €) Einnahmen. Russische Diamanten, die über Indien oder VAE gehandelt werden. sind erkennbar. Man spricht vom 11. Sanktionspaket. Das Sanktionspaket tritt im Juni 2023 in Kraft. 87 Unternehmen kommen neu auf eine EU-Liste. Sie haben ihren Sitz in Armenien, Usbekistan, Syrien, den VAE und China. Sie sollen schärferen Ausfuhrbestimmungen unterliegen. Im November 2023 verschärft die EU den Preisdeckel für russisches rohöl. Russland finanziert seinen Krieg gegen die Ukraine vor allem mit Ölgeschäften. Russland investiert in eine Schattenflotte. Im Dezember 2023 machen die G7 Ernst mit der Beschränkung der Diamanteneinnahmen Russlands. Ab 204 wird er Import russischer Diamanten beschränkt. Davon betroffen sind auch Drittländer. Es folgen weitere Sanktion (12. Sanktionspaket insgesamt): Preisdeckel für russische Ölexporte in Drittstaaten wird verschärft. Es kommen weitere Handelsbeschränkungen (Lithiumbatterien, Chemikalien). Damit Strafmaßnahmen künftig besser wirken, stimmen sich dei G7-Staaten fortlaufend ab. Es ist eine Art Katz-und-Maus-Spiel um die Russland-Sanktionen.

Am 22.2.24 kommt das nächste Sanktionspaket. Es ist das 13. seiner Art. 200 neue Namen sind auf der EU-Sanktionsliste. Es kommen auch erweiterte Exportverbote. Die liste wird auch auf Nordkorea hin erweitert, das zunehmend Waffen nach Russland liefert.

Exkurs. Sanktionen: Finanzsanktionen sind effektiver als Handelssanktionen. China beobachtet die Russlandsanktionen sehr genau. Wenn man wirklich eine Militäraktion gegen Taiwan anstrebt, wird man erst im Vorfeld alles tun, um China vor westlichen Sanktionen zu schützen. Die Währungsreserven würden umgeschichtet, weg vom Dollar und Euro. Jetzt schon arbeitet China im Bankenbereich am Aufbau seines alternativen Transfersystems CIPS. Es könnte noch bis ca. 2040 dauern, bis das System vollständig steht und funktioniert (rechtzeitig vor 2049). Jede neue Sanktion gibt dem System einen Schub. Vgl. Hufbauer, Gary: "Sanktionen, solange Putin lebt", in: WiWo 23.2.24, S. 36f.

Folgen der westlichen Sanktionen für die russische Wirtschaft: Die Wirtschaftssanktionen werden gravierende Folgen für die russische Wirtschaft haben: BIP 2022 mindestens -9%. Deutlich geringerer Konsum und Lebensqualität. Massive Verarmung der russischen Bevölkerung. Die Eliten dürften sich von Europa verabschieden oder auswandern. Vgl. Interview mit Alexander Libmann in: WiWo 13/26.3.22, S. 36f. Die Inflation dürfte 2022 um mindestens 20% ansteigen. Russlands bescheidene Wirtschaftskraft soll entscheidend geschwächt werden, so dass weitere Angriffe ökonomisch nicht mehr möglich sind. Der Rubel wird weiter einbrechen (-8%). Die Zahl der Arbeitslosen wird ansteigen (7,5% Prognose). Auch die G7 vereinbaren im Mai 22 einen Ausstieg aus russischem Öl (bis 2030). Die Wirtschaft taumelt der Mangelverwaltung entgegen - ist aber erstaunlich resilient. Sie wird aber um Jahrzehnte zurückgeworfen. Westliche Unternehmen sehen den "russischen Markt als Geschichte an". Die Inflation zerrt das Restvermögen auf. Vgl. Fischer, Malte u. a.: Zurück in die Achtziger, in: WiWo 22/ 27.5.22, S. 14ff. Im Juli 2022 sieht man, dass die Sanktionen Russland ins Mark treffen. Wichtige Rüstungsfabriken können nicht mehr produzieren. Weiterhin stark betroffen sind die Mobilfunkanbieter und und die Autoindustrie. Die Sanktionen zeigen im Sommer 2022 eine sehr starke Wirkung: Das Wirtschaftswachstum Russland wird 2022 um -8% sinken, 2023 um -2%. Die Inflation steigt im Juni 2022 auf 15,9%. Viele Unternehmen bekommen ihre Vorleistungen nicht mehr (Pharma, Metallproduktion, Chemie, Maschinenbau, Autobau, Landwirtschaft). Die Sanktionen beginnen Mitte 2022 relativ stark zu wirken. Sie erschweren die Kriegsführung und kommen das Land teuer zu stehen. Vgl. Kluge, Janis: Die Schlinge zieht sich langsam zu um Russlands Wirtschaft, in: WiWo 33/ 12.8.22, S. 40f. Die Wirtschaft leidet allerdings noch so stark unter den Strafmaßnahmen des Westens wie erhofft, obwohl die Exporte drastisch eingebrochen sind. Die Türkei, China und andere Länder ergänzen gut. Besonders Republiken der ehemaligen Sowjetunion helfen aus. Technologisch wird das Land aber weit zurückgeworfen - vor allem die Armee (da hilft China sicher nicht). Vgl. Becker, M./ Bidder, B.: Chipfreie Zone, in: Der Spiegel 38/ 17.9.22, S. 90ff. Russland kann die Preisdeckelsanktionen oft umgehen. Das geschieht durch mehrfaches Umpumpen auf hoher See. Vgl. FAZ 6.2.23, S. 2.

Ende 2022 rutscht die russische Wirtschaft langsam in eine tiefe Krise. Das ist in Zahlen nur schwer darstellbar (Statistiken sind auch Staatsgeheimnis). Die russische Zentralbank sagt für 2022 eine Schrumpfung um -3 bis -3,5% voraus. Der IWF und die Weltbank gehen bis -5,5%. Die Wirtschaft war fünf Schocks ausgesetzt: 1. Einfrieren der Finanzen (abgefedert durch Währungsmanipulation). 2. Weggang globaler Firmen. 3. Putins Gasembargo und die westlichen Ölsanktionen (Preisdeckel). 4. Handelssanktionen, insbesondere der USA (Mikrochips). 5. Mobilmachung in Russland und fehlende Arbeitskräfte. Vgl. Thumann, Michael: Wie geht es Russland wirklich, in: Die Zeit Nr. 51/ 8.12.22, S. 21. Die russische Industrie ist zerrüttet. Die einst gefüllte Staatskasse ist geplündert. Das Land wird um Jahre zurückgeworfen. Vgl. Thumann, M.: Revanche, München 2023, S. 263.

Putin bedient sich 2023 zur Finanzierung des Krieges beim Vermögen der Oligarchen. Das Technologieembargo kann man mit Hilfe Chinas zum großen Teil umgehen (aber die Abhängigkeit wächst). Entscheidend dürfte die Reduktion der russischen Ölexporte werden. Man könnte den Preisdeckel weiter absenken und Sekundärsanktionen gegen Abnehmerländer machen. Russland war erfolgreich darin, seine Lieferketten umzustellen. Inzwischen stellt China rund die Hälfte der russischen Importe. Sein Anteil hat sich im Vergleich zur Vorkriegszeit verdoppelt. Vgl. Kluge, Janis: Die Sanktionen waren bisher nicht Putins erste Sorge - aber sie werden immer wichtiger, in: WiWo 97 24.2. 23, S. 42f.

2023 scheint die russische Wirtschaft um +0,7% zu wachsen (IWF, April 23). Russland hat erfolgreich seine Lieferketten umgestellt (vor allem auf China) und profitiert von dem Rüstungsboom. Hinzu kommt, dass Staaten wie die Türkei, Armenien und Kasachstan die Strafmaßnahmen des Westens unterlaufen. Sie weiten ihren Handel mit Russland aus. Vgl. Bidder, B. u. a.: Putins Versorger, in: Der Spiegel 16/ 15.4.23, S. 62f. Weiterhin gibt es Schattenflotten, die über die Ostsee fahren. Unter den Flaggen fremder Staaten transportieren sie russisches Öl und verkaufen es dann auf dem Weltmarkt. Einige Länder brechen offen aus der Front gegen Russland aus. Dazu gehört Österreich. Russland-Gas macht noch 2023 60% an den Importen aus. Die Pipeline führt durch ukrainisches Kriegsgebiet. Das Gas wird auch gebraucht, weil die Amerikaner 2024 eine Lieferstopp verhängen.

Es ist schon verwunderlich, dass die Wirtschaft 2023 in Russland (+3,5%) stärker wächst als bei uns (+0,3%). Russische Größen sind fließende Größen, die Statistik ist teil der Kriegsführung. Die Duma hat 2023 extra ein Gesetz verabschiedet, dass Daten geheim gehalten werden können. Es boomt natürlich die Rüstungsindustrie (ein Drittel des Budgets Russlands, 6% der Wirtschaftsleistung). 2022 war dei Wirtschaft noch zurückgegangen (-1,2%; 2021 +5,9%).

Es kommt zu einem Exportboom an Russlands Grenzen. Armenien, Kirgistan, Usbekistan steigern ihre Warenwerte nach Russland. Sie exportieren Fahrzeuge, Smartphones, Fernseher, Staubsauger und Waschmaschinen. Man spricht von Schleichwegen nach Russland. Es sind überwiegend deutsche Waren die über die Mittelsländer umgeleitet werden. Vgl. Lebefew, A. u. a.: Verbrechen und Strafe, in: WiWo 8/ 16.2.24, S. 16ff.

Verhältnis zu China: Beide Länder haben eine gemeinsame Grenze von 4209 km (vor allem über Grenzflüsse Amur und Ussuri). An denen kam es im 17. Jahrhundert im Einzugsgebiet des Heilongjiang  immer wieder zu Konflikten zwischen den Truppen des Zaren und des Kaisers von China. Russland dehnt sich aus nach China mit ca. der Größe Frankreichs. Den Zaren lockten die Erz- und Kohlevorkommen bei Harbin. Die Wirtschaftsleistung Chinas ist heute etwa das Zehnfache der russischen. Einst baute Russland die KPCh mit auf und half der Volksrepublik direkt nach der Gründung. Die Sanktionen der EU und der USA führen wieder zu einer Annäherung Russlands  an China. Mittlerweile gilt China als wichtigster Verbündeter. Russland ist einer der großen Profiteure der Neuen Seidenstraße. So erhält etwa der Staatskonzern Gasprom 2 Mrd. $ von der ebenfalls staatlichen Bank of China (Entwicklung der Blockchain - Technologie). Im UN-Sicherheitsrat stimmt man oft gemeinsam und verhindert Reaktionen. Auch bei sonstigen Aktionen in der Welt scheinen sich Russland und China abzustimmen. So lehnen beide vereint den Demokratie-Gipfel von Biden ab (Kalter Krieg!). Immer öfter ist der Iran mit beiden in einem Boot. China und Russland haben auch gemeinsame Interessen. Sie wollen eine neue Weltordnung. Die jetzige Weltordnung ist vor allem von den USA und dem Westen geprägt (G7, WTO, IWF). Sie sehen den Westen im Niedergang und den Osten im Aufwind. Sie haben auch das gemeinsame Ziel, die USA jeweils zu verdrängen: aus Europa und aus Ostasien/ Westpazifik. Dann können sie vielleicht wieder Eingliederungen vornehmen. die sie in ihren Träumen anstreben (Taiwan, Ukraine).  Vgl. Nass, Jörg/ Thumann, Michael: Wem gehört dei Zukunft? in: Die Zeit Nr. 6, 3. 2.22, S. 3.Anläßlich der Olympischen Winterspiele 2022 in Peking kommt Putin persönlich. Die Beziehungen sind so gut wie nie vorher. Allerdings verbindet die beiden Großmächte vor allem ein Zweckbündnis und die Chinesen sehen Putin eher als Juniorpartner. Hinter den Kulissen schlummern auch viele Konflikte zwischen beiden Länder (Arktis, Grenzregionen, militärische Vormachtstellung, Kultur/ Russland eher europäisch, China macht die ehemaligen Staaten der Sowjetunion in Asien von sich abhängig). China schaut aber sehr genau auf das Vorgehen des Westens gegen Putin und die Wirkung. Schließlich hat man mit Taiwan etwas ähnliches vor. China könnte den Wirtschaftsboykott des Westens gegenüber Russland mit Waren, Kapital und Technologie ausgleichen (insbesondere Energieimport, und Export  von pharmazeutischen Produkten). Dann würden die beiden noch enger zusammenrücken. Die entscheidende Frage ist, ob beide das wollen. In der Ukraine leben etwa 6000 Chinesen. Sie sitzen nach dem russischen Einmarsch fest. Das deutet darauf hin, dass China über den Einmarsch nicht genau informiert war. China wollte wohl Russland von der Invasion abhalten. Es bietet sich auch als Vermittler an. China könnte die Invasion kurzfristig beenden, weil es der einzige und entscheidende Verbündete ist. China bezieht hohe Mengen Getreide (Weizen, Mais) aus der Ukraine. Chinesische Staatsunternehmen haben in dem Land investiert. Es gibt also wirtschaftliche Interessen (obwohl der günstigere Import von Gas, Öl und Kohle aus Russland auch lockt). China kann auch kein Interesse an der neuen Einigkeit in der EU haben. Vor allem will China keinen Einbruch der Weltwirtschaft, der sein Wachstum noch mehr schwächen könnte. Insofern besteht Hoffnung, dass China irgendwann starken Druck auf Russland ausübt. Es gibt auch Gebietsansprüche in Sibirien von China an Russland. Am 7.3.22 bietet sich Außenminister Wang Yi als Vermittler an. Gleichzeit betont er, dass die Freundschaft mit Russland "felsenfest" sei (gemeinsamer Gegner USA). Das könnte der Welt eine neue Weltordnung mit 2 Blöcken bringen. China würde wohl sehr weit gehen, um eine weltweite Stagflation zu verhindern. Die Grenze liegt in einem Modell Nordkorea: kein Regime - Change in Russland. Der wäre eine Gefahr auch für China. Russland bat China auch um militärische Unterstützung. Im Juli 2022 nimmt der Handel mit China extrem stark zu: +37,1%, im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Nach außen hin gibt sich China als neutrale Friedensnation (G20-Gipfel 2022, Apec-Gipfel 2022). Doch in Wirklichkeit und im Zweifel steht es auf Russlands Seite. Am 30.12.22 gibt es eine Videokonferenz zwischen Putin und Xi. Beide bekräftigen ihre strategische Partnerschaft. Man will auch militärisch stärker zusammenarbeiten. China legt Wert auf eine objektive Haltung zum Ukraine-Krieg. Putin lädt Xi für das Frühjahr 2023 zum Staatsbesuch ein.

Am Rande der Olympischen Winterspiele 2022 schließen Russland und China Handelsverträge in Höhe von 100 Milliarden Euro. Das Geschäft mit China boomt. Neue Öl- und Gaspipelines werden gebaut. Ebenso Zugstrecken, Brücken und Exporthäfen. Bei den russischen Chinaexporten dominieren Öl, Gas und Kohle (85% 2022). Hinzu kommen Holz und Holzwaren sowie Erze (Schlacke und Asche).  Damit ist die Wirtschaft für zyklische Rohstoffpreisschwankungen anfällig. Die Diversifizierung der Wirtschaft ist eigentlich das Ziel. Dahin sollen die Einnahmen aus den Rohstoffen fließen. Aus China werden importiert: Elektrische und elektronische Geräte, Maschinen, Kernreaktoren, Fahrzeuge. China ist der größte Handelspartner Russlands. Dann kommen Deutschland und die Niederlande.

Peking hat im Ukraine-Krieg verstärkt Rohstoffe gekauft. Die russischen Exporte nach China sind in den ersten vier Monaten 2022 um 65% gestiegen. China ist für Russland eine wichtige Devisenquelle. Außerdem macht China unter seinen Partnern Druck, sich den Sanktionen gegen Russland zu verweigern.

Am 15.6.22 telefonieren Putin und Xi. Sie vereinbaren eine enge wirtschaftliche Kooperation. Diese soll stattfinden auf den Gebieten Wirtschaft, Energie, Industrie und Verkehr. Die westlichen Sanktionen sollen bewusst ausgehebelt werden. Die russische Wirtschaft erweist sich als robuster als westliche Experten geschätzt haben. Der Ausbau der Landwirtschaft macht in der Versorgung unabhängig.

Ansonsten ist das Wachstum chinesischer Exporte nach Russland eher langsam. Investoren scheuen den russischen Markt oder warten ab. In einigen Branchen ist Russland in der Falle. So bei 5G. Es bleibt nur noch die Technik aus China übrig. Vgl. Die Zeit Nr. 44/ 17.1022, S. 26.  Es gibt zwar eine Pipeline nach China, doch dei hat weniger Kapazität als Nord-Stream 1. Sie ist auch an die falschen Gasfelder angeschlossen.

Wenn der Permafrost taut, wird Sibirien immer wertvoller. Schon heute wird das Gebiet langsam von Chinesen kolonialisiert. Hunderttausende Chinesen kaufen sich Land, betreiben Geschäfte, heiraten. China hat noch Gebietsansprüche. Eines Tages ist Russland so schwach, dass China Gebiete annektieren wird. Putin hat die Verflechtung mit Europa gegen die Abhängigkeit von China getauscht. Er kann aber die chinesische Innenpolitik nicht beeinflussen.

Im Februar 2023 besucht der chinesische Außenminister Wang Yi Russland. Vorher war er auf der Münchener Sicherheitskonferenz. Er will Gespräche über mögliche Friedensregelungen für die Ukraine führen. Einerseits hat China rein rational kein Interesse daran, Waffen an Russland zu liefern und den Bruch mit dem Westen zu riskieren. Andererseits braucht China die Freundschaft zu Russland. Vgl. Kretschmer, Fabian. Zu Besuch bei Freunden, in: Die Rheinpfalz 21.2.23.

China fängt beim Handel das Embargo des Westens fast vollständig auf. Es hilft auch, die technologische Lücke zu füllen. China fährt eine Doppelstrategie: Man unterstützt Russland, wo es nur geht. Man will aber mit den Westen nicht brechen, weil man ihn noch braucht. Deshalb die Friedensinitiative, die dem Kreml nicht weh tut. Am 20.3.23 besucht Xi Russland und bleibt 3 Tage. Im Kern geht es um die neue Weltordnung und "eine neue Ära der bilateralen Beziehungen". Natürlich spielt auch die Wirtschaft eine Rolle: China braucht Öl und Gas aus Russland. Russland benötigt Technologie nach dem Boykott des Westens. Xi versucht auch, im Ukraine-Konflikt bzw. -Krieg zu vermitteln. Man schließt ein Abkommen zum Ausbau der strategischen Partnerschaft bis 2030.

Im Juli 2023 stößt Putin Xi Jinping vor den Kopf. Er verlängert das Getreideabkommen mit der Ukraine nicht. China ist der größte Vertragsimporteur an Weizen aus der Ukraine. China versucht einen Drahtseilakt: Demonstrative Freundschaft mit Russland, aber positive Signale gegenüber Washington. Im Oktober 23 macht Putin seine nächste Auslandsreise zum "Belt and Road"- Forum.

Im April 2024 wird die strategische Partnerschaft mit Russland enger gestaltet. In Peking treffen sich die Außenminister Chinas und Russlands.

Verhältnis zu Japan: Japan bezieht 2020 3,5% des russischen Gasexportes. Japan bezieht auch andere Rohstoffe aus Russland. Bei den UN-Resolutionen zum Ukraine-Krieg stimmt Japan mit den westlichen Staaten. Es gibt Grenzstreitigkeit seit dem 2. Weltkrieg um die Kurillen - Inseln. Japan beansprucht einige Gebiete. 2022 sollen sich 3000 russische Soldaten auf diesem beanspruchten Gebiet befinden. Man weiß nicht, ob ein Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg besteht. Japan erwägt angesichts des Ukraine-Krieges auch, dem atomaren Verteidigungsbündnis Aukus beizutreten (Australien, USA, GB). Eine formelle Einladung soll es geben. Dann würde Aukus zu Jaukus. Auch Südkorea könnte auf das neue Bündnis zugehen. Das Bündnis Quad will über das Thema beraten. Die "grenzenlose Freundschaft" von Russland und China hat den Pazifik in Alarmbereitschaft versetzt. Im Juli 2022 bestraft Putin Japan: Moskau enteignet Sachalin und droht mit dem Stopp von Gas- und Öllieferungen.

Verhältnis zur Türkei: Die Beziehung zur Türkei ist für Russland sehr wichtig. Auf der einen Seite ist die Türkei Mitglied der Nato. Auf der anderen Seite kauft sie massiv Waffen in Russland. Immer wieder stoßen die Interessen gegeneinander: in Syrien, in Armenien. Im Ukraine-Krieg schließt die Türkei den Zugang zum Marmarameer. Der ist wichtig für die russische Schwarzmeerflotte. Dann sperrt sie ihren Luftraum für russische Flüge nach Syrien. Beides soll Russland zu Gesprächen und Verhandlungen mit der Ukraine bewegen. Auf der anderen Seite ist die Türkei zuerst gegen den Nato-Beitritt von Finnland und Schweden. Das Land freut sich auch über den Andrang der Reichen aus Russland. Sie kaufen viele Immobilien in Istanbul. Die türkischen Banken sind dem russischen Zahlungssystem Mir angeschlossen. Wenn die EU die Visums-Pflicht für die Türkei aufhebt, wäre der türkische Pass ein Sprungbrett in die EU. Neben Dubai ist Istanbul die letzte verbliebene Drehscheibe für den Luftverkehr zwischen Russland und dem Westen.  Die Türkei ist 2022 gegen eine Aufnahme von Finnland und Schweden in die Nato (Sympathie mit Kurden). Wahrscheinlich will man handeln oder das Gesicht vor Russland wahren. Man will die Zustimmung gegen Zugeständnisse eintauschen ("Türkischer Basar"). Das autokratische Land unterhält die zweitgrößte Nato-Armee. Insofern zählt die schiere Größe. 2022 baut die Türkei ihre Wirtschaftsbeziehungen zu Russland massiv aus. Der Handel floriert (Exporte nach Russland bis zu +50%).  Im März 2023 stoppt Erdogan sanktionierte Waren. Er will die Strafmaßnahmen des Westens nicht weiter unterlaufen. Das hat wahltaktische Gründe. Die Nichtverlängerung des Getreideabkommens richtet sich auch gegen die Türkei. Nach  China ist sie der zweitgrößte Importeur. Im August 2023 möchte Erdogan Putin in Sotschi treffen. Ankara sucht die Vermittlerrolle im Krieg. Es geht auch um eine Verlängerung des Getreideabkommens.

Man vereinbart eine Zusammenarbeit. Putin und Erdogan treffen sich dazu Anfang August 2022 in Sotschi am Schwarzen Meer. Die Handelskontakte und die Energiezusammenarbeit sollen verbessert werden. Purin dankte Erdogan für dessen Vermittlung im Konflikt um Getreideexporte aus der Ukraine über das Schwarze Meer. Die Türkei wird zur Drehscheibe für den Russland-Handel. Besonders der südtürkische Mittelmehrhafen Mersin entwickelt sich zu einem wichtigen Umschlagsplatz. Die Türkei setzt die Sanktionen gegen Russland nicht um. Warnungen der USA verpuffen.

Istanbul wird nach der Teilmobilmachung in Russland zu einem Fluchtpunkt. 300.000 Reservisten sollen eingezogen werden. Mancherorts löst das Panik aus. Viele fliehen - unter anderem an den Bosporus. Es gibt auch einen Ansturm auf die Länder Georgien und Kasachstan. Auf dem türkischen Immobilienmarkt bricht ein Boom aus.

Die USA verstärken im März 2023 den Druck. Die türkische Regierung gibt nach: Kein Treibstoff mehr für russische Flugzeuge. Das Nachgeben ist dem Erdbeben geschuldet. Man braucht die Unterstützung der USA und der EU.

Verhältnis zum Iran: Am 19. und 20. Juli ist Putin im Iran. Erdogan ist auch da. Russland will dauerhaft mit dem Iran zusammenarbeiten. Beide Länder sind von westlichen Sanktionen betroffen. Es geht auch um den Konflikt in der Ukraine, um Getreidelieferungen und um Syrien. Iran gehört dem Lager an, das sich gegen die USA und den Westen bildet: Russland, China. Man registriert auch aufmerksam, dass die USA mit Saudi-Arabien, Ägypten und Israel eine Koalition gegen den Iran geschmiedet haben. In der Woche vom 18.7.2 an will Erdogan zusammen mit Putin in den Iran reisen bzw. beide treffen sich dort. Unter anderem geht es um Drohnenlieferungen aus dem Iran an Russland für den Ukraine-Krieg. Drohnen der Türkei sind auf ukrainischer Seite im Einsatz. Es geht auch um Syrien. Die Türkei und der Iran wollen die Lücke füllen, die Russland hinterlässt. Erdogan, Raisi und Putin eint das Misstrauen gegenüber dem Westen. Die drei Länder wollen den Handel ausbauen. Es gibt auch Differenzen: Der Iran hält sich aus dem Ukraine-Konflikt heraus. Die Türkei steht auf der Seite der Assad-Gegner. Man will aber den westlichen Sanktionen trotzen durch enge Zusammenarbeit. Der Iran soll Drehscheibe für den Handel zwischen Russland und Indien werden. Hauptsächlich läuft das über Container-Züge über den Internationalen Nord-Süd-Transitkorridor (INSTC). Dieser Weg ist kürzer als der 16.000 Kilometer lange Seeweg von St. Petersburg um Europa herum und durch den Suezkanal nach Indien. Gazprom wil im Iran in die Öl- und Gas-Förderung investieren. auch Verkehrsflugzeuge sollen gemeinsam reparieret werden. Es gibt aber auch Rivalitäten. Wegen der Sanktionen gegen Russland ist der Ölpreis gefallen, was den Iran auch zu Senkungen des Preises zwang.  Im Herbst 2022 setzt Russland massiv Drohnen aus dem Iran ein. Mit den Drohen wird die Infrastruktur in der Ukraine angegriffen. Die Drohnen iranischer Bauart werden in Schwärmen abgeschossen. Die USA behaupten, dass sogar iranisches Personal von der Krim aus im Einsatz ist. Es unterstützt die Drohneneinsätze von dort (Ausbildung und technische Unterstützung).

Beziehung zu Süd-Afrika: Im Februar 2023 findet ein gemeinsames Schiffs-Manöver im Indischen Ozean statt: Süd-Afrika, Russland, China. Süd-Afrika will sich nicht pauschal dem Westen zuordnen lassen (Erfahrungen in der Geschichte). Nach Angaben der USA liefert Süd-Afrika auch Waffen an Russland. Dei ANC-Regierung betont zwar ihre Neutralität in dem Konflikt mit der Ukraine. Aber es gibt eine Kooperationsvereinbarung zwischen der ANC und Putins Partei "Vereintes Russland"

Beziehung zu Thailand: 2023 wandern viele Russen nach Thailand aus. Die Regierung in Thailand scheint dies zu fördern. Es sind hauptsächlich wohlhabende Russen, die kommen. Sie bauen sich eine neue Existenz in Thailand auf.

Verhältnis zu Staaten im Nahen Osten: Mit Syrien hat Russland immer einen Fuß dort. 2024 holt dieser Krieg aber Russland ein. Der IS (ISPK- Provinz Khorasan) führt einen Anschlag in Moskau aus. Es sterben 140 Menschen. Das Bekennerschreiben scheint echt zu sein. Putin und Russland versuchen, die Ukraine als Drahtzieher zu benennen, weil sie übe rdie Ukraine-Grenze fliehen wollten. Lukaschenko widerspricht Putin. Die Terroristen hätten zuerst über die Grenze zu Weißrussland gewollt.

Tourismus: 2021 in der Corona-Krise lockt Putin die Bürger mit Inlandsurlaub. 20% Rückerstattung winken bei Inlandsreisen. An organisierten Tourismus aus dem Ausland hat man nur bedingt Interesse. Im Zuge des Ukraine-Krieges müssen auch russische Urlauber ihr Verhalten ändern. In Zypern sind sie nicht mehr beliebt. Zypern bürgert auch russische Oligarchen und deren Familien aus. Mit "goldenen Pässen" ist Schluss. 2022 bevorzugen Russen die Türkei. Sie machen in Istanbul oder Antalya Urlaub. Die Türkei wird auch benutzt, um die Sanktionen zu umgehen.

Religionen: Orthodoxe 70% (bis 75%, Daten unklar), Muslime 14%, Protestanten 1,4%, Katholiken 0,6%, Juden 0,5%, Buddhisten, Anhänger indigener Religionen. Die Religion hatte großen Einfluss auf den Zerfall der Sowjetunion. China hat genau registriert, wie der Islam in den asiatischen Staaten eine große Rolle gespielt hat. In den europäischen Teilen sind die Anteile der orthodoxen, katholischen und evangelischen Christen höher. In der Ukraine hat sich die orthodoxe Kirche gespalten: in einen russisch-orthodoxen Teil, der zum Patriarchat Moskau (Kyrill) gehört und in einen ukrainischen Part. Der ukrainische Teil gehört zum ökomenisch - orthodoxen Patriarchat in Istanbul. Kyrill liefert auch eine Erklärung für den Krieg gegen die Ukraine (er ist ein Freund von Putin, "heiliger Kampf", Werte der Orthodoxie). Die russisch-orthodoxe Kirche ist abhängig vom Staat und staatstreu (auch in Belarus).

Kultur: Die russische Sprache kennt viele deutsche Lehnwörter. Alexander Puschkin ist Russlands bekanntester Dichter, danach kommen Tolstoi und Dostojewski (siehe unten). Russland ist ein Theaterland. Es gibt das geflügelte Wort, dass sich die Russen in zwei Kategorien einordnen lassen: die einen lieben Dostojewskij, Tee und Käse. Die anderen Tolstoj, Kaffee und Wurst. Das Land hat sehr berühmte Komponisten: Rachmaninow, Tschaikowsky. Die Regenbogen-Fahne wird 2020 zum neuen Symbol des Widerstands. Seit den 1970er Jahren ist sie auch ein Symbol der Schwulen und Lesben. Homosexuelle Ehen werden in der neuen Verfassung verboten. Im Juli 2021 tritt ein umstrittenes Gesetz gegen vermeintliche Geschichtsfälschung in Kraft. Unter anderem wird das Gleichsetzen von Sowjet- und NS-Handlungen während des 2. Weltkriegs unter Strafe gestellt. Der Kreml will wohl ein "Monopol über die Wahrheit" und knebelt die historische Forschung. Der Sänger Shaman ist Putins bester Mann an der Pop-Front. Auf seinen Konzerten will sich das Publikum nicht nur unterhalten lassen. Viele Russen suchen Erbauung in schwerer Zeit. Vgl. FAZ 15.3.23, S. 3. Putin verändert im Rahmen des Ukraine-Krieges  auch stark die Kultur. Russland stand immer zwischen individualistischer und kollektivistischer Kultur. Jetzt unter Putin gilt: Der Einzelne zählt nichts, das Kollektiv alles. "Souveräner Informationsraum" nennen Putinisten die Abschottung des Landes.  Vgl. Thumann, Michael: Geschichte als Waffe, in:  Die Zeit 7/8.2.24, S. 8. Bestimmte Produkte werden 2021 als russisch deklariert . So etwa Champagner. Nur das russische Produkt darf diese Bezeichnung führen. Der originale muss Schaumwein genannt werden. Der Ursprung vieler Waren wird in Russland angesiedelt (Wein, Impfstoff u. a.). An der Olympiade in Tokio 2021 dürfen die russischen Sportler nur unter Auflagen ohne nationale Trikots teilnehmen. Die Demütigung sitzt tief. In Russland rollt zur Zeit der Spiele eine Kampagne gegen Sportler und Medien bei den Olympischen Spielen in Tokio. Die "Unmännlichkeit" einiger Trikots löst einen Kulturschock aus.

Exkurs. LGBTQI+: Der Oberste Gerichtshof stuft 2023 die Community als extremistisch ein. Damit werden die Rechte der Gruppe weiterhin massiv eingeschränkt. Es gab einen Antrag des russischen Justizministeriums. Damit sind alle Aktivitäten in Russland verboten. Sie werden auch in sozialen Netzwerken, Büchern, Filmen, Medien und Werbung unterdrückt. 2023 kommt ein weiterer Erlass der Regierung. Unkonventionelles Sexualverhalten wird zur Straftat. Schwule gelten plötzlich als Extremisten.

Exkurs: Fjodor Michailowitsch Dostojewski. (1821-1881). Seine berühmten Romane sind Verbrechen und Strafe, Der Idiot und Die Brüder Karamasow. Weitere Werke sind: Arme Leute, Der Spieler, Ein grüner Jüngling, Die Dämponen.  2021 ist sein 200.Geburtstag. Die Zeit nennt ihn Punk der Weltliteratur (Jessen, Jens: Der Punk der Weltliteratur, in: Die Zeit Nr. 45, 4.11.21, S. 65ff.). Er war Rebell, Spieler und Prophet. Er ist fromm und liebte trotzdem den Exzess. Er war als Kind seiner Zeit auch Antisemit ("Deutschland ist furchtbar verjudet"). Lenin verehrte ihn, Goebbels auch, und Einstein. In Wiesbaden spielte er oft in der dortigen Spielbank.

Exkurs: Leo N. Tolstoi (1828 - 1910), russischer Dichter und Schriftsteller: Krieg und Frieden, Anna Karenina. Er entstammte einem Adelsgeschlecht. 1844 begann er mit einem Studium der orientalischen Sprachen, dann wechselte er zu Jura. 1847 brach er das Studium ab. 1851 war er Fähnrich in der zaristischen Armee. Er kämpfte im Kaukasus-Krieg und im Krimkrieg mit. 1875 wurde er Mitglied in der russischen Akademie der Wissenschaften. Er hatte die Deutsche Behr mit 18 Jahren geheiratet und sie bekam 13 Kinder. "Jeder denkt daran, die Welt zu verändern, aber niemand dankt daran, sich selbst zu verändern", Leo N. Tolstoi. Ein anderes Zitat von ihm ist aus Krieg und Frieden und könnte auch auf den aktuellen Ukraine-Krieg bezogen werden: "Der Krieg ist der Vater aller Dinge und der König aller. Die einen macht er zu Göttern, die anderen zu Menschen, die einen zu Sklaven, die anderen zu Freien".

Exkurs: Alexander Puschkin (1799/ Moskau - 1837/ St Petersburg), russischer Nationaldichter und Begründer der modernen russischen Literatur. Stücke: Boris Godunow, Eugen Onegin, Mozart und Salieri. Zwischenzeitlich musste er in Verbannung leben. Weitere bekannte Dichter sind: Lermontow, Bulganow, Brodsky, Jessenin, Wyssozki, Zoi. Nach dem Stück Eugen Onegin hat P. I. Tschaikowsi eine Oper geschrieben. Es gibt auch ein Ballettstück danach von J. Granco. Das Stuttgarter Ballett tritt damit im April 2023 in Ludwigshafen auf. Puschkin schrieb auch das Gedicht "Poltawa". Es ist über Masepa und Baturin, eine Art Geschichtsfälschung. Deshalb ist er in der Ukraine verhasst. .

Exkurs: Pjotr Ilitsch Tschaikowsy (1840-1893): Russischer Komponist. Viele seiner Werke sind international sehr bekannt. Er ist einer der größten Komponisten. Er studierte zunächst jura und arbeitete im Justizministerium. Berühmte Werke sind: Schwanensee, Romeo und Julia, Eugen Onegin, 1. Klavierkonzert, 5. und 6. Sinfonie.

Exkurs: Siedlung Alexandrowska in Potsdam: König Friedrich Wilhelm II. von Preußen ließ die russische Kolonie Alexandrowska in Potsdam 1826/1827 für eine Gruppe russischer Sänger anlegen. Russische Gefangene, die nach Potsdam gekommen waren, sollten einen Sängerchor bilden. Sie sollten wie in der Taiga leben. Heute kann man die Siedlung besichtigen. Haus Nr. biete deftige russische Küche. Haus Nr. 2 stellt ein Museum dar. Es gibt auch eine Bootsvermietung (Kajak bis Jaxcht).

Exkurs: Friedensnobelpreis 2021 an Dmitri Muratow (zusammen mit Maria Ressa von den Philippinen). Muratow ist Journalist. Man will dei Pressenfreiheit unterstützen. 1936 erhielt in Deutschland Carl von Ossietzky diesen Preis. Das Eintreten für Frieden, Humanität und Freiheit kostete ihn 1938 auch das Leben. Muratow ist Chefredakteur von Nowaja Gaseta, eine rder letzten unabhängigen Zeitungen Russlands.

Exkurs. Kultur und Macht: Das russische Volk scheint eine Sehnsucht nach Autokratie zu haben. Es gibt eine fehlende Kultur des Denkens in der Gesellschaft. Den Russen hat Freiheit immer Angst gemacht. So deckt sich Russland als Reich mit der Eigenliebe und dem Selbstbild Putins. Vgl. Interview mit dem russischen Philosophen Alexander Zipko, in: Der Spiegel 28/ 8.7.23, S. 80ff.

Exkurs. Gewaltschulung in der Gesellschaft: Es gibt in Russland zwei große Institutionen, die systematisch zur Gewalt aufrufen und sie ausbreiten. Das sind die Armee und die Gefängnisse. Man schätzt, dass zwei Drittel der Männer wenigstens eine der Institutionen durchlaufen haben. Beide Organisationen haben eine strikte Hierarchie: Starke Gewalttäter, Zeugen, Opfer mit Untergruppen. Das hat zu einer großen Verrohung in der Gesellschaft geführt.

Desinformation und Kommunikation (hybrider Krieg): 2021 ist in Russland das Deutschlandjahr. Die EU legt 2021 einen Bericht vor, in dem Deutschland als Hauptziel russischer Desinformationskampagnen genannt wird. Das Bild wird gezeichnet, dass es nur "wenige gesunde Stimmen in einem Chor von irrationaler Russophobie" gebe. Viele Falschmeldungen beziehen sich auf Nawalny: Seine Ehefrau sei deutsche Staatsbürgerin. Viele Websites in Deutschland hätten die Aufgabe, Russland schlecht darzustellen. Die Online-Plattform Youtube, die zu Alphabet gehört, sperrt im September 2021 die deutschsprachigen Kanäle des russischen Senders RT. RT (früher Russia Today) ist regierungsnah in Russland. Man spricht in Russland von "Zensur" und droht mit Vergeltung. Man stellt sogar eine Youtube-Blockade in Russland in Aussicht. Nowaja Gaseta ist eine der wichtigsten unabhängigen Medien. Der Chefredakteur Dmitri Muratow erhält 2021 stellvertretend den Friedensnobelpreis. 2022 muss ein russischer Sender sein Deutschsprachiges Programm einstellen. Es ist der russische Staatssender RT (früher Russia Today) , dem Deutschland die Erlaubnis für das deutschsprachige Programm in Berlin entzieht (Sende-Erlaubnis, keine Lizenz, erst beantragen, aber bei Staatssendern schwierig). RT will sich juristisch wehren. Russland sperrt daraufhin das Programm der Deutschen Welle in Moskau (Entzug der Sendeerlaubnis, keine Akkreditierung mehr). Es gelingt Putin, weite Bereiche der Öffentlichkeit in ihrer Meinung zu steuern. Die EU verbietet russische Staatsmedien: RT und Sputnik. Der Kreml droht im Krieg gegen die Ukraine die Propagandaschlacht zu verlieren. Am 10.3.22 wird Facebook in Russland abgeschaltet. Das schadet auch russischen Unternehmen schwer. Die Kommunikationsschlacht um die Deutungshoheit des Krieges findet weltweit statt. Später im März 2022 werden Instagram und Whats App verboten. Es folgt ein Verbot für Bild.de. Ende März 2022 muss "Nowaja Gaseta" aufhören. Im April 2022 lässt Russland ausländische politische Stiftungen schließen (Heinrich-Böll, Friedrich Ebert, Friedrich Naumann, Konrad Adenauer; Amnesty International, Human Rights Watch). Im Mai 2022 erregt Außenminister Lawrows kruder Vergleich mit Hitler für Empörung, vor allem in Israel. Er hatte gesagt in der ukrainischen Regierung gebe es Neonazis. Die größten Anti-Semiten hätten jüdische Wurzeln gehabt (Selenskyi, Hitler). Im Juli 2022 wird Wikipedia sanktioniert. Es geht um dei Informationen über den Ukraine-Krieg. Anfang Dezember 2022 klappt eine Desinformationskampagne gegen Außenministerin Baerbock. Über prorussische Accounts wird ein Halbsatz sinnentstellend zusammen geschnitten: Deutsche Politiker fallen darauf rein. Im September 2022 gibt es weltweit starke Kritik an Putins Drohungen. Selbst China ruft zur Mäßigung auf. Es gibt einen Exilsender, der objektiv über Russland berichten will. Er heißt TV Doschd.

Im Januar 2024 werden in den sozialen Medien pro-russische Kampagnen aufgedeckt. Am größten ist eine russische Operation auf X, die Digital - Detektive des Auswärtigen Amtes entdecken. Sie soll offenbar Stimmung gegen dei Ampel schüren und die Unterstützung für die Ukrainehilfen unterminieren. Es gibt mehr als 50.000 gefälschte Accounts und mehr als eine Million manipulierte Nachrichten. Russische Einflusskampagnen zielen darauf ab, liberale Gesellschaften zu schwächen. Vgl. Der Spiegel 5/ 27.1.24, S. 38f. Kremlnetzwerke werden in Tschechien und Polen aufgedeckt. Auch in Deutschland warnt man vor einer "Zersetzung" der Demokratie.

Die Affäre um das abgehörte Taurus-Gespräch deutscher Offiziere offenbart,  wie leichtfertig selbst Sicherheitsprofis mit sensiblen Informationen umgehen. Die Regierung versucht, hektisch umzusteuern. Vgl. Der Spiegel 11/ 9.3.24, S. 8ff.

Kauf von Politikern im Ausland: Seit vielen Jahren kauft Russland systematisch Spitzenpolitiker im Ausland ein. Sie bekommen wichtige Positionen in den staatlichen Unternehmen. Besonders betroffen sind Deutschland, Frankreich, Italien, Ungarn, Österreich, Slowakei. Sie stellen in den jeweiligen Ländern eine wichtige Lobby für russische Interessen dar. Der wichtigste Lobbyist in Deutschland ist Ex-Kanzler Schröder. Am 11.3.22 reist er nach Russland und spricht mit Putin. Ende April 2022 gibt er ein denkwürdiges Interview in der New York Times: Es gibt kein "mea culpa". Er findet auch kein kritisches Wort zu Putin. Wenigstens eine Seite solle ihm vertrauen. Die SPD will den Altkanzler loswerden. Auch sein Büro in Berlin soll abgerüstet werden.  Russland versucht auch massiv, wichtige Wahlen und Abstimmungen im Ausland zu beeinflussen. So soll es den Brexit stark mit finanziert haben. Es fördert auch LePen in Frankreich oder Rechte in Ungarn und Slowenien.   Nach Berichten des US-Geheimdienstes flossen seit 2014 300 Mio. $ an westliche politischen Parteien und Kandidaten (z. B. Albanien, Bosnien, Montenegro, rechtsextreme Stiftungen in Brüssel). Es gibt auch das Gerücht, dass die AfD in Deutschland gesponsert wird. Jedenfalls hat sie eine große Nähe zu Russland. Zwei Abgeordnete sind im Visier des Verfassungsschutzes (Geldzahlungen).  Russland setzt auch direkt Agenten in Deutschland ein. Im April 2024 werden russische Saboteure gefasst. Ihnen werden geplante Anschläge und Spionage vorgeworfen. Es gibt auch eine Festnahme in Polen.

Cyberkrieg: Russland und seine Geheimdienst bereiten sich auf einen Cyberkrieg vor. Es geht darum, Flughäfen, Kraftwerke und das Internet lahm zulegen. 2023 tauchen geheime Daten aus Moskau auf, die erstmals Einblick in das Waffenarsenal der russischen Hacker bringen. Federführung hat die Moskauer Firma NTC Vulkan, die die Werkzeuge entwickelt. Sie stellt sie de, Militärnachrichtendienst GRU und dem Auslandsnachrichtendienst SWR zur Verfügung. Auch der Inlandsgeheimdienst FSB hat Zugang. Vgl.  Antoniades, N. u. a. Sandwurm und Schlange, in: Der Spiegel 14/ 1.4.23, S. 74ff.

Öffentlichkeit in Russland: Naturgemäß gibt es keine genauen Daten darüber. Gegen den Ukraine-Krieg gibt es Proteste in über 40 russischen Städten. Es ist ein "Brudervolk" angegriffen worden. Auch über 300 Mitglieder der Akademie der Wissenschaften protestieren. Weite Teile der Bevölkerung, vor allem die Älteren, kann Putin mit den gleichgeschalteten öffentlichen Medien in Schach halten. Die Kreml-Propaganda gegen den Westen verfängt also. Die Masse der Russen schweigt. Jüngere Menschen können sich über die sozialen Medien und andere Internetquellen informieren und sind daher kritischer. Am 4.3.22 werden Facebook und Twitter in Russland gesperrt. Die Berichterstattung wird durch ein neues Gesetz stark eingeschränkt. Wer Falschmeldungen verbreitet (das bestimmt die Regierung) kann mit bis zu 15 Jahren Gefängnis bestraft werden. Die BBC, CNN, ARD und ZDF stoppen ihre Berichterstattung. Es gibt Millionen von westlich orientierten Russen. Sie hofften auf ein offenes Russland. Jüngere sehen die Lage differenzierterer als die Älteren. Eine TV-Moderatorin protestiert gegen den Krieg in den Hauptnachrichten. Eine Rede von Putin im TV wird mittendrin abgebrochen (technische Schwierigkeiten). In Russland bleibt dei Unterstützung für Putin stabil. Nur deshalb kann Putin so weit gehen. Laut Umfragen wächst die Zustimmung für den Präsidenten sogar (70 bis 80%). 78% unterstützen den Krieg, fast 50%  aus Gründen des Ruhmes. Ein Regimewechsel in Russland ist also extrem unwahrscheinlich.  Doch die Kriegsbegeisterung der russischen Bevölkerung ist nicht ganz so groß, wie es scheint. Erlaubt man Menschen, ihre wahren Ansichten zu offenbaren, unterstützen deutlich weniger den Krieg. Vgl. Chapkovski, Philipp/ Schaub, Max: Insgeheim dagegen, in: WZB Mitteilungen Heft 176, Juni 22, S. 54ff. Im September 2022 gibt es Proteste in über 40 Städten gegen den Ukraine-Krieg und die Teilmobilmachung. Durch die Mobilmachung droht der Gesellschaft eine Spaltung.

Exkurs. Lewada-Zentrum: Das einzige noch unabhängige Meinungsforschungszentrum. Leiter ist der 77-jährige Soziologe Lew Gudkow. Er untersucht, warum seine Landsleute den Krieg gegen die Ukraine mittragen - und warum ausgerechnet die gebildeten Moskauer ihn am stärksten unterstützen. Er sieht die Zivilgesellschaft zerstört. Das Land würde verdummen.  Vgl. Der Spiegel 2/ 5.1.24, S. 82f.

Memorial: Die Organisation gilt als Keimzelle der Zivilgesellschaft. Es ist mit einem Archiv verbunden in Moskau, das die Erinnerungsstücke des Stalin-Terrors enthält. 30 Jahre hat man sich mit der Aufarbeitung stalinistischer Verbrechen beschäftigt.  Vorsitzender 2021 ist Jan Ratschinskij seit 2018 (Vorgänger Arsenij Roginskij, Mathematiker, 62 Jahre). Das Archiv enthält auch Infos über die "Ostarbeiterinnen" in Deutschland  im 2. Weltkrieg. Bei der Rückkehr wurden sie als Verräterinnen eingestuft. In dem Archiv lagern alle möglichen Dokumente (Zeugnisse, Briefe, Tagebücher, Fotos). Der Staat will das Archiv auflösen. Dagegen gibt es heftige Proteste. Ein Gerichtsurteil des Obersten Gerichtshofes  im Dezember 2021 zwingt Memorial zur Auflösung. Man spricht von einem Verstoß gegen das Ausländische Agenten-Gesetz. Eigentlicher Grund dürfte sein, dass Putin ein neues Geschichtsbild will: Verharmlosung des Hungertodes von fast 4 Mio. Menschen in der Ukraine Anfang der Dreißigerjahre, Leugnung der sowjetischen Okkupation der baltischen Staaten, Rechtfertigung der Kreml-Außenpolitik vom Hitler-Stalin-Pakt. Die Repression im Innern und das immer aggressivere Auftreten nach außen gehören wohl zusammen. Vgl. FAZ 29.12.21; S. 1. Die Mitgliedschaft Russlands im Menschenrechtsrat wird im April 2022 suspendiert.

Exkurs. Irina Scherbakowa: russische Menschenrechtsaktivistin und Gründungsmitglied der Menschenrechtsorganisation Memorial. 2024 ist sie 75 Jahre alt. Sie erhält 2024 den "Hambacher Freiheitspreis 1832". Sie hatte 2022 nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine das Land verlassen.

NGO Moskauer Helsinki-Gruppe (Menschenrechtsorganisation): Sie wurde 1976 nach der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit (KSZE) gegründet. Sie ist die älteste Menschenrechtsorganisation in Russland. Im Januar beschließt ein Moskauer Gericht. die NGO zu verbieten.

Geschichte: Man unterteilt in der Regel in vier Phasen: 1. Altrussland, Mongolensturm und Aufstieg Moskaus: Kiewer  Periode 882-1290.  Annahme des Christentums von Byzanz 988/89. Teilfürstentümer. Herrschaft der Goldenen Horde der Mongolen bis Mitte des 14. Jahrhunderts. Dann Herrschaft der Rus. 2. Öffnung Russlands unter Peter dem Großen und Aufstieg zur  europäischen Großmacht. Ab 1547 russisches Zarentum,   1771 Russisches Imperium/ Kaiserreich. Katharina die Große: Aufstieg zur Weltmacht, Expansion im Kaukasus und Zentralasien. Reformen. 3. Russische Revolution 1917 im 1. Weltkrieg, Abschaffung des Zarentums und Gründung der Sowjetunion unter Führung der Kommunistischen Partei (Lenin, Stalin). Ab 1945 Kalter Krieg mit den USA und dem Westen. 4. Auflösung der Sowjetunion 1991 und Gründung der Russischen Föderation seit 1992. Die Sowjetunion zerfiel in 15 Einzelstaaten. Russland, die Ukraine und Belarus erklären die Gründung einer "Gemeinschaft Unabhängiger Staaten" (GUS). Es war das Zurückschneiden auf den slawischen Kern. Hier liegt einer der Gründe für den Krieg mit der Ukraine, die ausbrechen will. Wer in die Nato strebt, der ist sich seiner Grenzen nicht mehr sicher (so genannte Putin - Doktrin). Die muslimisch orientierten Provinzen in Asien will Putin nur kontrollieren, auch aus Rücksicht auf China. Am 4. Oktober 1957 umrundete Sputnik 1 die Erde. Das war das erste mal, dass ein Objekt aus Menschenhand dies tat. Der "rote Mond stürzte den Westen in eine tiefe Krise - die Sowjetunion konnte mit Atomsprengköpfen jeden Punkt der Erde erreichen.

Exkurs: Alexander Solschenizyn. Zehn Jahre lang arbeitete Alexander Solschenizyn im Geheimen an seinem Monumentalwerk "Archipel Gulag" (er verarbeitet eigene Erfahrung im Gefangenenlager). Menschen in Russland riskierten einst den Tod, um das Manuskript zu lesen, das am 28. Dezember 1973 in Paris erschien. Auf Russisch. Es war eine aufwühlende Anklage gegen das stalinistische Terrorsystem. Dank Wladimir Putin ist das Buch heute Schul-Pflichtlektüre in Russland  (seit 2009, ein Jahr nach dem Tod des Autors). Solschenizyn durfte später 1974 ausreisen. Der Dichter lebte zuerst in Köln bei seinem Freund Heinrich Böll, danach 3 Jahre in der Schweiz  und dann 17 Jahre in Vermont/ USA. Erst 1994 kehrte er in seine Heimat zurück. 

Exkurs: Älteste befestigte Siedlung der Menschheit in Sibirien: Sie wird 2024 entdeckt. Die Festungsablage (Amnya) ist 8000 Jahre alt. Es zeigen sich 10 steinzeitliche Anlagen mit Häusern und Wällen. Das Artenreichtum im und am Wasser sichert Nahrung Fischzüge, Ressourcen der sibirischen Taiga) . Es ist ein Jäger-Sammler-Fort.

Russische Geschichtsschreibung unter Putin: Putin schreibt seit Jahren die Geschichte um. Er spricht der Ukraine und auch den baltischen Staaten die Staatenbildung und Identität ab. Er sieht viele Länder in einer Einheit mit Russland. Es gibt auch einen üppigen Sondertopf für die historische Krimforschung. Mittlerweile beginnen russische Historiker, sich zu wehren. Vgl. Schulze Wessel, Martin: Die russische Staatszitadelle, in: FAZ Nr. 51 2. März 2022, S. N4. Putin macht Lenin für den Verlust der Ukraine verantwortlich. Stalin verherrlicht er wieder. Er scheint von einem slawischen Großreich zu träumen und versucht, es historisch zu legitimieren. Alle Gegner und Feinde sind "Nazis". Das ist paradox, weil gerade die Ukraine und Belarus am stärksten unter Hitler gelitten haben. Damit wird auch der Krieg hauptsächlich gerechtfertigt. Er ist im Grunde genommen gegen drei Feinde: die Ukraine, europäische Werte und die eigene Bevölkerung. Die Sowjetunion war faktisch nie homogen: Das Baltikum zum Beispiel waren drei besetzte Länder. Der Zerfall der Sowjetunion hat ein Trauma ausgelöst. Man ist nicht im Felde besiegt worden, sondern durch innere und äußere Feinde, schwache Führer und ein falsches ökonomisches Modell. Das hat auch zu einer Wiederkehr des Stalinismus und zu kolonialistischen Träumen geführt. Stalin gründete den großrussischen Nationalismus, Lenin den proletarischen Internationalismus. Beides fehlt heute. Deshalb spricht Putin beim Zerfall der Sowjetunion von der "größten geopolitischen Katastrophe des 20. Jahrhunderts".

Militär und Polizei in Russland, Sicherheitspolitik: Im Dezember 2021 kommt ein neues Gesetz. Es baut die Vollmachten der Polizei aus. Der Ermessensspielraum bei Wohnungsdurchsuchungen wird stark erhöht. Fahrzeuge dürfen immer geöffnet werden.

Russlands sieht sich von der Militärpräsens der USA und der Nato bedroht. Die Nato ist immer näher an Russland herangerückt. Russland versucht in Verhandlungen, eine rote Linie durchzusetzen oder alte Zustände wieder herzustellen (1997). Im Falle eines Scheiterns der Gespräche droht man mit Stationierung von Truppen auf Kuba und in Venezuela. Die Osteuropäer und (Baltischen Staaten, Polen) und die Nordeuropäer (Finnland, Schweden) sind nervös.

Das russische Militär ist in einer zehnjährigen Reform zu einer sehr schlagkräftigen, hochmobilen, technologisch fortschrittlichen Streitmacht gewachsen. Man hat mehrere Kriege geprobt (Syrien, Ukraine, Kaukasus, Kasachstan). Russland hat 2022 850.000 aktive Soldaten, 49.118 gepanzerte Fahrzeuge, 7571 Geschütze, 4173 Flugzeuge, 3391 Raketenwerfer. Siehe Die Zeit Nr. 4, 20.01.22, S. 4. Auch die russische Marine wurde massiv ausgebaut: Es gibt viele Kriegsschiffen und U-Boote. Die sind hauptsächlich in der Ostsee und im Schwarzen Meer (Sewastopol auf der Krim) sowie in der Antarktis stationiert.

Russland setzt auf die Militärmacht. Die EU setzt bisher auf Wirtschaftsmacht. Mal sehen, ob die Wirtschaft die Hegemonie des Militärischen brechen kann. Sein erstes Ziel hat Putin nicht errecht: Den Westen zu spalten (Amerika und Europa sind einig). Peking dürfte den Krieg aufmerksam beobachten. Die Bundesregierung will die deutsche Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit stärken. Es werden 100 Mrd. € für die Bundeswehr freigegeben (Sondervermögen). Die Nato verstärkt die Ostflanke mit zusätzlichen Kampftruppen. Die EU schafft eine schnelle Eingreif-Truppe (5000).

Putin bat auch China militärisch um Hilfe gegen die Ukraine. Er setzt eher veraltete Technik ein, um die moderne für Auseinandersetzungen mit der Nato zu schonen. Er hat schon einige Generäle entlassen, weil er vom Verlauf  des Ukraine-Krieges enttäuscht ist. Erstmals wird auch die Wunderrakete "Dolch" (Kinshal) eingesetzt, die 2000 km ohne Abwehrchancen fliegen kann. Putin scheint die Ukraine entmilitarisieren und verwüsten zu zu wollen, gleichzeitig ein Marionetten-Regime einsetzen zu wollen. Dieses Ziel gibt er im April 2022 auf und konzentriert die Gefechte auf die Ost-Ukraine (Donbass) und die Landverbindung zur Krim (Mariupol, Cherson).

Die russische Armee scheint eine eigene Kultur zu haben. Sie zeichnet sich durch häufige und wiederholte Kriegsverbrechen aus. Tötung und Vergewaltigung unschuldiger Zivilisten, Tötung und Misshandlung von Kriegsgefangenen, Zerstörung ziviler Infrastruktur, gezielte Angriffe auf zivile Einrichtungen (Krankenhäuser, Schulen). Ein großes Problem in der Armee ist die Korruption. Das erklärt auch das logistische Versagen.

Ende Juli 2002 unterzeichnet der Kreml eine neue Militärdoktrin für die Marine. Darin werden die Seegrenzen Russlands in der Arktis und im Schwarzen Meer festgelegt. Es wird als Warnung an die Nato und die USA verstanden .  

Der Kreml verzichtet auf eine offene Mobilisierung (Generalmobilmachung) für die Armee. In den Provinzen werden jedoch Freiwilligenbataillone aufgestellt (20 Regionen, mehr als 40 solcher Einheiten). Es werden auch Soldaten in Gefängnissen rekrutiert. Es gibt Straffreiheit für Freiwillige. Ab September 2022 gibt es eine Teilmobilmachung. Sie löst eine Fluchtbewegung junger Menschen in die Nachbarländer und die Türkei aus. Militärexperten zweifeln auch danach rasche Erfolge an. Man führt schärfere Strafen für Fahnenflucht ein, Grenzen werden geschlossen. Putin hat jetzt den Krieg ins eigene Land getragen. Damit könnte ihm die Kontrolle entgleiten. Nach außen droht er unverhohlen mit Atomwaffen. Putin besiegelt die Annexion von vier Gebieten der Ukraine. Als Vergeltung für die Teil-Zerstörung der Krimbrücke lässt Putin wieder Kiew und andere Städte in der Ukraine mit Raketen angreifen, wobei auch zivile Ziele getroffen werden. Putin hält am 19.12.22 eine Rede vor der Militärführung. Er sagt der Armee alle Unterstützung zu, die sie braucht. Die Lieferung von Patriot - Abwehr - Raketen durch dei USA und Deutschland erhöht das Risiko für Angriffe erheblich.

Im Januar 2023 setzt Putin schon wieder einen neuen Kommandeur im Krieg gegen die Ukraine ein (Generalstabschef Gerassimov, ranghöchster Offizier, wird Sergej Surowikin auch in der Ukraine vor die Nase gesetzt). Man vermutet einen Machtkampf in Putins Truppe. Im April 2023 scheitert die Offensive im Donbass. Es wird ein baldiger Umbau der russischen Kommandostrukturen erwartet. Im April 23 ändert Putin die Einberufung: elektronisch, ab dann keine Ausreise mehr. Härtere Sanktionen. Man will so noch mehr Soldaten mobilisieren. Es zeigen sich Risse in der Armee. Der russische General Popow beschimpft die Armee-Chefs. Der Frontkommandeur muss gehen. Die Altersgrenze für die Wehrpflicht wird im Juli 2023 von 27 auf 30 Jahre angehoben.

Bis Mitte 2023 hat der Ukrainekrieg 47.000 tote Russen gefordert. Das ist das Ergebnis der Datenanalyse unabhängiger russischer Medien (eröffnete Erbfälle, Statistik der Übersterblichkeit). Das wären dreimal so viele wie im sowjetischen Afghanistan-Krieg. Offiziell gibt es keine Statistik für russische Verluste.

Ende 2023 gibt es Lücken bei wichtigen russischen Waffen. Russland verlagert strategische Luftverteidigungssysteme  aus Kaliningrad nach der russisch-ukrainischen Front. Die Ukraine greift immer mehr mit Drohnen auf russischem Staatsgebiet an. Laut Angaben der Nato soll Russland bis November 23 schon 300.000 Soldaten verloren haben. Dazu kommen Tausende von Panzern und Hunderte von Flugzeugen. Die Ukraine soll 50% des am Anfang besetzten Staatsgebietes zurück gewonnen haben.

Russland setzt gerne Minderheiten in der Armee als Kanonenfutter ein. Diese traurige Rolle kommt etwa den Krimtartaren zu. Vgl. NZZ 18.3.24, S. 2.

Afghanistan-Krieg: 1979 marschierte die Sowjetunion in Afghanistan ein. Sie fürchtete ein Vordringen der USA. Der Einmarsch stieß auf großen Widerstand im Westen (Entrüstung, Sanktionen). Der Westen fördert auch den islamischen Widerstand. 1986 kam der Rückzug Russlands aus Afghanistan. Der Nimbus der "Roten Armee" war angeschlagen. Sie war auf diese Form des Krieges nicht vorbereitet gewesen.

Gruppe Wagner: Russische Söldner-Truppe. Das Zentrum ist in Sankt Petersburg. Sie wurde 2014 gegründet. Sie war in Libyen, Syrien, Mali, Sudan, der Zentralafrikanischen Republik und in der Ukraine im Einsatz. Viele Experten behaupten, die Gruppe sei eine Schattenarmee des Kreml. Hinter ihr soll der kremlnahe Oligarch Jewgeni Prigoschin stecken. Er wird auch "Koch Putins" (weil er ein Kantinen-Imperium leitet, durch Gastronomie reich geworden) oder "Putins Vorschlaghammer" (weil Abtrünnige mit dem Vorschlaghammer getötet werden) genannt. Er arbeitet mit dem Militär Dmitri Utkin zusammen, der auch dem russischen Militärgeheimdienst GRU angehört. Prigoschin ist Oligarch und Chef des Firmenimperiums Concord. Seine Internet-Trollfabrik ist spezialisiert auf Desinformation und soll sich 2020 in den US-Wahlkampf eingemischt haben. Die Gruppe soll auch in Mali aktiv sein. Die US-Armee sieht die Präsenz als erwiesen an. Putin setzt die Gruppe auch im Ukraine-Krieg ein. In der Ukraine wird die Truppe immer stärker eingesetzt. Sie gilt als kampfstärkste und lautstärkste Einheit. Man spricht bei ihr auch von "Mord mit Vorschlagshammer" oder "Musikanten" (Vorliebe für Wagner). Sie setzt immer mehr begnadete Häftlinge aus den Gefängnissen ein. Alle Ermittlungen gegen die illegale Truppe werden von Putin persönlich blockiert. Einige Städte der Ukraine sind besonders umkämpft. Die Kleinstadt Soledar wird von der Wagner-Gruppe eingenommen. Prigoschin soll Ambitionen auf höhere Ämter haben. Aber er will auch die in der Nähe liegenden Salz- und Gipsvorkommen ausbeuten (berühmte Salzminen). Das ist überall die Belohnungstaktik der Gruppe. In Zentralafrika belohnt man sich mit Holz. Bei den Kämpfen um Bachmut ist die Söldnertruppe auch dabei. Mithilfe der Wagner-Söldnergruppe hat Russland seinen Einfluss in der Welt ausgedehnt. Könnte Prigoschin auch dem Präsidenten gefährlich werden? Prigoschin ist in der Armee verhasst, wie auch in der Ukraine. Vgl. auch: Böhm, A./ Thumann, M.: Putins bester Schurke, in: Dei Zeit Nr. 7/ 9.2.23, S. 6. Am 22.2.23 äußert der Wagner-Chef harte Kritik an der russischen Militärführung. Er wirft dem Generalstab Verrat vor. Er werde bei Munition und Lufttransporten nicht unterstützt.  Bei der Offensive gegen Bachmut, die die Gruppe anführt, erleidet sie hohe Verluste. Man schätzt, dass Wagner ca. 50.000 Söldner hat. Es gibt eine Reihe eigener Firmen (M Invest, Meroe Gold, Bois Rouge, Lobaye). Daraus wird ein Teil der Einsätze finanziert. Politiker im Westen fordern Sanktionen gegen die Söldner, die sich im Westen absichern. Prigoschin erreicht 2023 härtere Strafen für Kritik an russischen Kämpfern.  Die Wagner-Gruppe soll sogar Migrationsströme steuern. So etwa aus Libyen (Vorwurf Italiens). In der Gruppe kämpfen auch muslimische Tschetschenen. Sie gelten als extrem brutal (sie kämpfen auch auf ukrainischer Seite). Es gibt ca. 50.000 ehemalige Strafgefangene in der Truppe. Wenn sie ihre Pflicht erfüllt haben, kehren sie frei nach Russland zurück. In Russland geht die Angst vor diesen Wagner-Rückkehrern um, vor allem bei Frauen. Im Mai 2023 droht Prigoschin mit dem Abzug aus Bachmut. Er äußert massiv im Netz seine Unzufriedenheit über nicht ausreichende Waffen- und Munitionslieferungen durch die Armee. Ein anderer Vollstrecker für Putin ist Kadyrow aus Tschetschenien. Im Juni 2023 (24.6.) kommt es zu einem Machtkampf zwischen der Wagner-Gruppe und der Armee (die Armee soll ein Wagner-Lager angegriffen haben). Wagner marschieren in eine russische Stadt ein (Rostow am Don). Putin stellt sich auf die Seite der Armeeführung. Die Wagner-Zentrale in Petersburg wird durchsucht. Wagner marschiert auf Moskau zu. Dann kommt der Stopp (Prigoschin darf straffrei nach Belarus auswandern, Vermittlung von Lukaschenko). Putin kündigt Veränderungen in der Armeeführung an. Dabei gibt er erstmals zu, dass Russland die Wagner-Gruppe auch staatlich finanziert (etwa 900 Mio. $ jährlich). Der Aufenthaltsort von Prigoschin bleibt unklar. Er soll in St Petersburg sein. Auch der Verbleib der Wagner-Truppe und die Aufteilung ist unklar. Dann trifft sich Putin mit Prigoschin. Man spricht von fatalen Missverständnissen. Im August 2023 ist noch unklar wie viele Kämpfer in Belarus sind. Polen hat Angst vor Migrantenschleusungen und Sabotageakten. Im August 23 kommt Prigoschin bei einem Flugzeugabsturz im russischen Gebiet Twer vielleicht ums Leben. Wahrscheinlich wurde die Maschine von der Flugabwehr abgeschossen oder enthielt eine Bombe. Da zwei Maschinen flogen, ist unklar, in welcher Prigoschin saß. Embraer aus Brasilien ist noch nie abgestürzt. Putin macht wohl eine Säuberung. Prigoschin hatte aber auch mehrere bezahlte Doppelgänger, mit deren Hilfe er seine Reiserouten verschleierte. Trotzdem scheint es ihn selbst erwischt zu haben. Mitglieder paramilitärischer Organisationen müssen künftig einen Treueeid auf den russischen Staat ablegen. Eine DNA-Untersuchung bestätigt, dass Prigoschin und sein Stellvertreter Utkin unter den zehn Toten des Absturzes waren. Prigoschin wird im engsten Familienkreis beerdigt. Putin ernennt einen neuen Leiter der Gruppe. "Ich nehme euch lebend mit. Aber ich bringe nicht alle lebend zurück", Prigoschin 2023 zu Häftlingen. Vgl auch: Chernyshev, A. u. a.: Putins Vorschlaghammer, in: Der Spiegel 20/ 13.5.23, S. 42ff.

Katastrophen: Im April 2024 haben mehrere Flüsse Hochwasser. Es betrifft die Regionen Ural, Wolga und Westsibirien. 10.000 Wohnhäuser stehen unter Wasser. am Ural bricht ein Staudamm.

 

Weitere Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion (ab 1990/91, einige liegen in Europa; man spricht auch von Eurasien):

Tschetschenien: Seit 2007 ist Ramsan Achmatowitsch Kayrow der Präsident der russischen Teilrepublik. Er scheint mit mafiösen Methoden zu arbeiten. Es häufen sich Morde an seinen Feinden in Westeuropa. Putin und Kayrow verbindet eine lange Geschichte. Er half Putin den zweiten Tschetschenienkrieg zu beenden. In Berlins Unterwelt sind viele Tschetschenen aktiv. Sie liefern sich einen erbitterten Revierkampf mit arabischen Clans. Es geht um Millionengewinne aus Drogenhandel, Prostitution und Schutzgelderpressung. Der russische Geheimdienst mischt auch mit.

 

Georgien: Die Neuwahl im Oktober 2020 führt zu einem politischen Konflikt. Die Opposition will das Wahlergebnis nicht anerkennen. Das Land strebt in Nato und EU. Seit Jahrzehnten wird die Politik durch zwei Personen dominiert: Iwanischwili (Chef der Regierungspartei, Multimillionär) und Saakaschwili (2004-2013 Präsident). Das Wahlsystem war aufgrund von Straßenprotesten geändert worden. Seit dem Augustkrieg 2008 ist das Verhältnis zu Russland zerrüttet. Das Land gehörte ehemals zur Sowjetunion. Im Frühjahr 2022 fliehen viele Russen nach Tiflis in Georgien. Es sind meist junge und gut ausgebildete Menschen, die den Ukraine-Krieg ablehnen.

Micheil Saakaschwili, früherer Präsident,  sitzt in Haft. Er soll 2023 schwer erkrankt sein. Kritiker beschimpfen ihn als Simulanten, andere wittern eine Vergiftung durch den Kreml. Jedenfalls ist er lebensgefährlich erkrankt. Vermutlich wurde er vergiftet. Würde er sterben, könnte das über das Land hinaus Folgen haben. Sein Vermögen umfasst 5 Mrd. $, die er in Russland gemacht hat (Oligarch?). Das entspricht der Höhe des Staatshaushalts Georgiens.  Vgl. Veser, Reinhard: Der georgische Patient, in: FAZ 15.2.23, S. 3. .

Es gibt die Provinz Südossetien. Sie will in die Russische Föderation zurückkehren. Am 17. Juli soll es dazu eine Volksbefragung geben. Wegen der Teilmobilmachung in Russland fliehen viele junge Menschen nach Georgien.

Georgien möchte in die EU (Wohlstand, Freiheiten). Die EU eröffnet Perspektiven. Die Sache ist sehr umstritten, weil Georgien nicht zu Europa gehört. Im März 2023 besucht die deutsche Außenministerin Baerbock Georgien. Sie sichert Hilfe zu. Sie bestätigt den Beitrittsstatus und bedankt sich für die Zustimmung zu den UN-Resolutionen zum Ukraine-Krieg. Da ist die Situation bei Moldawien, dem folgenden Land, einfacher.

Zehtausende Menschen aus Russland sind nach Georgien gekommen. Seither boomt die Wirtschaft. Die Bevölkerung hat zum Teil Angst vor den Russen.

Energie: Georgien produziert grünen Strom. Der soll schon bald seinen Weg nach Europa finden - durch ein 1200 Kilometer langes Unterseekabel. Die Umspannstation Akhalzikhe an der türkischen Grenze verbindet schon den Kaukasus mit dem europäischen Stromnetz.

 

Republik Moldau Allgemein: (Moldawien, gehört zu Europa): Hier leben 2,62 Mio. Menschen. Die Fläche beträgt 32.885 Quadratkilometer. Amtssprache ist rumänisch. Hauptstadt ist Chisinau. Verteilung der Bevölkerung: Stadt 43,2%; Land 56,8%.

Staatschefin  ist 2024 Maia Sandu. Sie hat Ökonomik studiert und zusätzlich öffentliche Verwaltung in Harvard/ USA studiert. Im Herbst 24 ist wieder Präsidentenwahl. Die Stimmung schwankt. Es gibt viele diffamierende Attacken aus Russland.

Wirtschaft: Das BIP lag 2021 bei 11,4 Mrd. €. Das BIP pro Kopf lag bei 4297 € (ärmstes Land Europas).

Situation: Sie gehörte auch zur Sowjetunion. Der Osten nennt sich Transnistrien und will sich abspalten. Er hat die Unterstützung von Russland. Dann gibt es noch Gaugasien, ein autonomes Gebiet (auch Kreml - treu, Hauptort Comrat mit Statuen von Lenin und Atatürk). Deshalb besteht die Furcht, dass Putin auch in die beiden Gebiete einmarschieren lässt.Putin plant offenbar die Unterstützung pro-russischer Rebellen in der Republik Moldau (Transnistrien). Wenn Russland den Donbass und die Südukraine sich einverleibt, wäre ein Korridor nach Transnistrien geschaffen. Damit weitet Russland sein Kriegsziel auf Moldau aus. Transnistrien ist international nicht anerkannt, ein Schmugglerparadies (über den Hafen von Odessa) und von Moskau abhängig. Mit den Rebellen in Transnistrien kann ein Energiedeal geschlossen werden. Das bringt den Moldauern wenigstens Elektrizität. Ansonsten droht durch den Krieg im Nachbarland Ukraine der Kollaps.

Flüchtlinge:  Es gibt schon zahlreiche Flüchtlinge. Ca. 2000 werden direkt nach RLP geflogen und dort aufgenommen. Es geht in erster Linie um die Umverteilung der 12.000 Kriegsflüchtlinge. Deutschland gewährt zusätzlich noch eine Kredithilfe in Höhe von 50 Mio. Euro.

Moldau und Russland: 2023 wächst die Angst vor einem russischen Putsch. Seit langem versucht Moskau das kleine Nachbarland zu destabilisieren. Der Druck auf die pro-europäische Regierung ist massiv. Es soll Pläne in Russland geben, irgendwann Moldau zu annektieren. Separatisten fordern immer wieder Moskaus "Schutz". Das ist Propaganda.

Transnistrien:  Abtrünniger schmaler Landstreifen an der Grenze zur Ukraine. In dem völkerrechtlich zu Moldau gehörenden, aber von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiet, sind rund 1500 russische Soldaten stationiert.

Die EU und Moldau:  Moldau strebt in die EU. Es gibt im April 2022 eine Geberkonferenz in Berlin. Man will dem Land bei der Bewältigung der Folgen des Ukraine-Krieges helfen. Es werden 71 Mi, Euro zur Verfügung gestellt. Moldau will in die EU. Im Juni 2022 erhält das Land von den EU-Kommission den Status Kandidat (die EU-Mitgliedsländer müssen noch zustimmen, was sie tun). In Bukarest/ Rumänien tagt schon am 15.7.22 eine Geberkonferenz für das Land. Deutschland bringt über 70 Mio. € ein. Es geht um Unterstützung für die Flüchtlinge aus der Ukraine. Im November 22 findet eine weitere Moldau-Konferenz in Paris statt. Deutschland sagt weitere 32 Mio. € zu. Putin versucht weiter das Land zu erpressen. Er spielt Abhängigkeiten aus: Infrastruktur und Energieversorgung aus den Nachbarländern, z. B. Ukraine. Am 1.6.23 treffen sich die Staats- und Regierungschefs der EU und weiteren Ländern (47 Länder, EPG) in Moldau. Sie machen einen Schulterschluss gegen den Kreml.

Deutschland, Frankreich und Rumänien (Unterstützungsplattform): Sie wird 2022 gebildet. Es geht um konkrete hilfe für Moldau. Man sucht nach Strategien gegen die hybride Kriegsführung Moskaus. sie will das Land politisch und gesellschaftlich destabilisieren. Die Plattform wird 2024 noch mal verstärkt, als die Außenministerin Mihai Popsoi nach Berlin kommt.

 

Weißrussland (Belarus, ist hier aufgeführt, obwohl es zu Europa gehört): Hauptstadt ist Minsk. Weißrussland ist zwar ein selbständiger Staat, aber eng mit Russland verbunden. 1991 kam die Unabhängigkeit (vorher war das Land schon mal zwischen Russland und Polen aufgeteilt).  Im August 2020 gewinnt Lukaschenko noch mal die Wahl (80% der Stimmen). Er regiert seit 1994. Es gibt Manipulationsgerüchte und -vorwürfe. Die EU erkennt die Wahl nicht an. Belarus steht traditionell in einem Spannungsverhältnis zwischen der EU und Russland. Die Bürger möchten den Wohlstand vom Nachbarland Polen. Russland möchte Belarus aber abhängig halten, um Nato und EU nicht näher an sich heran zu lassen. Polens Ostgrenze, die Grenze zu Weißrussland, ist der äußerste Rand der EU.

Verhältnis von Weißrussland zu Russland und EU:  Die Demonstrationen und Proteste halten auch nach der Wahl noch an. Die Spitzenkandidatin der Opposition Tichanowskaja flieht nach Litauen. Viele Mitarbeiter von Staatsbetrieben legen aus Wut ihre Arbeit nieder. Russland sichert Beistand zu.  Es gibt Gerüchte, dass russische Truppen unterwegs sind. Die EU macht einen Sonder-Gipfel über die Situation. Der Widerstand gegen Lukaschenko wächst. Die EU erkennt den Wahlsieg Lukaschenkos nicht an. Ein Gesprächsangebot von Merkel wird ignoriert. Die EU hat aber auch keinen Plan, wie sie die Demokratie nach Minsk bringen will. Russland will schon lange Belarus zurück in sein Reich holen (bisher verhinderte Lukaschenko das). Was passiert dann, wenn Lukaschenko aus Schwäche diesen Weg geht? Es finden weiterhin Demonstrationen statt, trotz Drohungen. Mittlerweile gibt es über 100.000 Teilnehmer. Immer mehr Menschen werden verhaftet. Unter den Festgesetzten war auch die weißrussische Literatur-Nobelpreis-Trägerin Swetlana Alexijewitsch. Putin hält Sicherheitskräfte für Lukaschenko bereit. Die EU-Außenminister reden über Sanktionen (die Baltischen Staaten machen Sondersanktionen). Putin wird an Lukaschenko festhalten, weil er pluralistische Experimente nicht dulden kann (weil er auch Opposition im Inland hat; die harte Strategie hatte schon in Venezuela und Syrien Erfolg). Er muss sich aber zurückhalten, um Nord Stream 2 nicht zu gefährden. Lukaschenko verspricht Reformen. Einige verweisen auf Kasachstan, wo der Präsident sich schrittweise zurückzog. Die Oppositionspolitikern müssen das Land verlassen oder werden verhaftet. Am 14.09.20 besucht Lukaschenko nach langer Zeit wieder Russland /Sotschi). Er lässt sich Unterstützung zusagen und bekommt einen Kredit in Höhe von umgerechnet 1,2 Mrd. Euro. Die EU verhängt vorerst keine Sanktionen. Sie scheitern am Veto Zyperns (will auch Sanktionen gegen die Türkei). Im Oktober 2020 bittet Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja um mehr Unterstützung des Westens. Schließlich kommt es doch zu Sanktionen der EU (auch gegen Lukaschenko). Die Massenproteste im Land halten an. Es kommt zu zahlreichen Festnahmen. Bei einem Generalstreik in Belarus gibt es Hunderte Festnahmen. Lukaschenko entlässt im Oktober 2020 den Innenminister. Nachfolger wird der Polizeichef der Hauptstadt Minsk. Polen wird zunehmend zum Feinbild, auf die polnische Minderheit im Land wird der Sicherheitsapparat gehetzt.. In Polen leben auch viele Belarussen im Exil. Sie prangern das Luxusleben von Lukaschenko an. Im Mai 2021 lässt Lukaschenko eine Ryan-Air-Maschine (von Athen nach Vilnius) von einem Militärflugzeug zur Landung in Minsk zwingen, um einen oppositionellen Blogger (Roman Protassewitsch) zu verhaften. Die EU verstärkt ihre Sanktionen (Überflugsverbot und Landeverbot für Maschinen aus Belarus im EU-Luftraum). Maschinen aus EU-Ländern meiden den Belarus Luftraum. Es gibt auch Sanktionen gegen Einzelpersonen und staatliche Firmen. Eine Ausweitung auf die Potassium - Lieferung wird erwogen. Auch die USA und Kanada unterstützen die Sanktionen der EU. Russland stützt mit einem Kredit von 500 Mio. US-$. Es folgen noch gezielte Wirtschaftssanktionen der EU, die den Lukaschenko-Clan treffen sollen: Betroffen sind die Düngemittelindustrie, der Energiesektor und Finanzdienstleistungen. Die Sanktionen bestehen aus Exportverboten und Handelsbeschränkungen. Der Oppositionelle Viktor Babarenko wird 2021 zu 14 Jahren Haft im Straflager verurteilt. Der Oberste Gerichtshof in der Hauptstadt Minsk verurteilte den 57-jährigen wegen Geldwäsche, Bestechung und Steuerhinterziehung. Belarus schickt als Reaktion auf die Sanktionen der EU offenbar Flüchtlinge über die Grenze nach Litauen und Polen. Litauen baut einen Zaum. Das gleiche macht Polen. Dann riegelt Belarus auch die Grenze ab, weil Litauen die Flüchtlinge wieder zurückschickt. Offenbar geht aber vielen Migranten das Geld aus, so das sich der Ansturm in Grenzen hält. Trotzdem spitzt sich der Flüchtlingsstreit mit Belarus zu. An der polnischen Grenze verschärft sich der Konflikt. Lukaschenko droht das Gas abzustellen (wegen Verschärfung der Sanktionen der EU, totale Grenzschließung, nur ein geringer Teil des Gases fließt durch Weißrussland). Die EU erhöht den Druck: Neue Sanktionen zielen auf Fluggesellschaften. Kanzlerin Merkel telefoniert mit Machthaber Lukaschenko und Putin. Polen will Flüchtlingen die Rückkehr bezahlen. Deutschland und die EU lehnen die Aufnahme von Flüchtlingen ab. Im Februar 2022 beteiligen sich Truppen aus Weißrussland am Einmarsch in die Ukraine. Russland will dort Raketen stationieren, die auch Atomwaffen tragen können. Im Dezember 2022 besucht Putin Belarus und Lukaschenko. Sie sprechen auch über militärische Fragen.

Bialystock: Nationalpark im Osten Polens. Urwälder und Sumpf. Ich habe vor vielen Jahren einmal das Gebiet mit dem Fahrrad erkundet. Da die Grenze zwischen Polen und Russland nicht gekennzeichnet war, passierte es öfter, dass man auf weißrussisches Gebiet kam. Man wurde dann von Grenzschützern mit Gewehr einfach zurückgewiesen. Es ist sehr tragisch, dass in dieser schönen Region 2021 Flüchtlinge verharren und um ihr Leben kämpfen müssen. Belarus hat die Menschen aus dem Irak, Afghanistan, Somalia und anderen Ländern mit Falschnachrichten und Schleppern angelockt, um die EU zu erpressen, damit sie ihre Sanktionen zurücknimmt. Polen scheint Pushbacks durchzuführen. Das Recht auf Asyl ist hier nicht mehr viel wert.

Opposition: Die Opposition sitzt entweder im Gefängnis oder hält sich im Ausland auf. Am bekanntesten ist Swetlana Tichanowskaja (eigentlich Englischlehrerin). Sie reist von einer europäischen Hauptstadt zur anderen. Sie äußert sich verärgert: "Europa unterstützt nur mit Worten, nicht mit Taten".Die Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa ist in Belarus zu elf Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Nun 2023 fehlt von ihr jede Spur. Niemand weiß, ob sie noch lebt.

Arbeitslager: Lukaschenko sperrt Oppositionelle in ein System von Arbeitslagern. Mindestens 16 soll es geben. Die Häftlinge müssen dort schuften. Es gibt auch spezielle Frauenlager. Das Lagersystem ist eng mit der Wirtschaft des Landes verbunden. Vgl. Puhl, Jan: "Wir waren geliefert", in: Der Spiegel 14/1.4.23, s. 72f.

Nobelpreisträger Bjaljazki: Der belarussische Friedensnobelpreisträger von 2022 Ales Bjaljazki wird im März 2023 in einem umstrittenen Prozess zu 10 Jahre Haft verurteilt.

Integration in einen Unionsstaat mit Russland: 2021 wird ein Dekret mit Putin unterzeichnet. Der Druck der westlichen Sanktionen treibt das Land weiter an die Seite Russlands. Das Dokument sieht 28 Integrationsprogramme vor. Der Schwerpunkt liegt auf einer weiteren Verzahnung der Wirtschaft. 2022 ist Belarus faktisch von Russland besetzt (wird als Manöver deklariert). Es sollen 30.000 russische Soldaten im Land sein. Belarus ist auch bereit, die Stationierung russsicher Atomwaffen zuzulassen. Belarus zögert, aktiv in den Ukrainekrieg einzugreifen. Man hat Angst vor den westlichen Sanktionen.

Vollständige Eingliederung in Russland: Im Februar 2023 tauchen Pläne Russlands auf, Belarus bis 2030 vollständig in Russland zu integrieren. Systematisch sollen die Institutionen von Russland - Getreuen übernommen werden. Belasus sucht Verbündete, vor allem China.

Stationierung von Atomwaffen: Im März 2023 kündigt Putin an, taktische Atomwaffen in Belarus zu stationieren.

Neue Verfassung 2022: 2021 kommt eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung für 2022. Es wird zusammen mit der Kommunalwahl durchgeführt. Das Parlament soll mehr Kompetenzen bekommen und der Präsident weniger. Die Opposition geht von keiner Änderung der Machtverhältnisse aus. Wahlen genügten nicht demokratischen Standards.

Wirtschaft: Belarus gehört ökonomisch der Eurasischen Wirtschaftsunion an, faktisch hängt es am Tropf Russlands. Öl und Gas wird aus Russland importiert. Europäische und deutsche Firmen sind in Weißrussland aktiv. Siemens Österreich kooperiert mit einem Unternehmen in Belarus wegen Verkehrsüberwachung. Das Projekt ist von der Exportkontrolle genehmigt. Es geht um die Eignung von Kontrollgeräten und Radar. Der größte Investor im Land ist allerdings China. Es investiert in Bau- und Technologieprojekte. Dann folgen die USA, Singapur, Niederlande und GB. Weißrussland hat eine leistungsfähige Softwarebranche. Positiv für die Wirtschaft ist auch die gute Ausbildung in Mathematik und Naturwissenschaften. Lange hielt sich die IT - Szene zurück. Im Herbst 2020 stellt sie sich gegen Lukaschenko. Der Handel mit der EU macht 2019 etwa 20% aus, der mit Russland ca. 50%. Trotz der Sanktionen wächst 2020 der Handel zwischen EU und Weißrussland. Russland erhöht die Militärpräsenz um 30.000 Soldaten. Das schafft große Unruhe in Osteuropa. Russland könnte eine Landverbindung nach dem ehemaligen Königsberg herstellen und so das Baltikum von der EU abschneiden. Das wäre aber ein Angriff gegen die Nato. Wichtigstes Exportgut ist Kali. Belarus hat einen Weltmarktanteil am Export von 21%. Es hat auch nach Kanada die zeithöchsten Reserven der Welt. Größte Firma ist Belaruskali (Weltmarktanteil an der Produktion 16%).

Belarus und China: Lukaschenko kommt am 28.2.23 zu einem Staatsbesuch nach China (3 Tage). Er trifft Xi. Sie sprechen auch über das chinesische Ukraine-Papier (12-Punkte-Plan). Politisch sind beide Autokraten und unterstützen sich, China unterstützt Weißrussland, auch militärisch. Lukaschenko hofft auf wirtschaftliche Unterstützung. Doch die Sanktionen des Westens haben zu einer Zurückhaltung von China geführt. Vgl. FAZ 1.3.23, S. 5.

Belarus als Unruheherd für die EU: Immer wieder hilft Belarus, Flüchtlinge in dei EU einzuschleusen. Der Luftraum zu Polen wird öfters verletzt. Die Wagner-Gruppe im Land verbreitet Unruhe.

 

Ukraine: Die Ukraine hat etwa 41 Mio. Einwohner. Seit 2014 bis 2019 haben die USA Finanzhilfen in Höhe von 1774 Millionen Euro geleistet. Im gleichen Zeitraum gab die EU 3197 Mio. €., davon Deutschland 787 Mio. Die Exporte in die Ukraine sind im gleichen stark gestiegen: von den USA +109% (auf 2,1 Mrd. €). Von der EU um +30% (auf 27,1 Mrd. €). Die Importe stiegen auch: aus der Ukraine in die USA +44% (auf 1,2 Mrd. €). Aus der Ukraine in die EU +31% (auf 18,0 Mrd. €).  Quelle: WiWo 41, 4.10.19, S. 8. Es bleibt fraglich, ob Putin das Donbas, das große Steinkohle- und Industriegebiet an der russisch-ukrainischen Grenze, irgendwann wieder an die Ukraine zurückgibt. Bei der Krim scheint es ausgeschlossen zu sein. In der Corona-Krise rückt die Leihmutterschaft in den Mittelpunkt. Familien aus 40 Ländern lassen Kinder in der Ukraine bei Leihmüttern gebären (bis zu 56.000 e pro Kind). 200 Kinder in Kiew können nicht zu ihren Eltern. Leihmutterschaft ist legal in der Ukraine. 2020 droht ein neuer Staatsbankrott. Die Zahlungsfähigkeit steht auf der Kippe. Der Landeswährung sinkt wieder. Am 23.08.20 besucht Außenminister Heiko Maas die Ukraine. Im Oktober 2020 besucht Präsident Wolodymyr Selenskyj Deutschland. Er setzt auf eine Verlängerung der EU-Sanktionen gegen Russland, weil der Friedensprozess in der Ostukraine stockt. Die Ostukraine wird von Niedergang und Abwanderung geplagt. Noch immer ist ein großer Teil von pro-russischen Separatisten kontrolliert. Der Kreml scheint nach wie vor kein Interesse zu haben, den Konflikt zu beenden. Auch auf der Krim beobachten Menschenrechtler eine rapide Militarisierung. Putin will die Ordnung Osteuropas verändern. Er wünscht sich Russlands alte Größe zurück. Die Ukraine soll niemals der Nato überlassen werden. Russland ist 2014 in die Ukraine einmarschiert, obwohl das Land neutral war. Bei der Deutschen Einheit soll der US-Außenminister Baker die Zusage gegeben haben, dass sich die Nato nicht über die deutsche Grenze hinaus ausdehnt. Die Amerikaner bestreiten das und verweisen auf die Reduktion der US-Truppen in Europa von 300.000 auf 30.000.

Geschichte der Ukraine: Um 820 kamen germanische Krieger aus Südschweden und der Insel Gotland und gründeten die Rus. Sie bauten einen Handel auf. Die Stämme Nordrusslands waren davon beeindruckt. Im Jahre 862 schickten kam eine Delegation von Slawen und Finnen zum Warägerhäuptling in die slawische Stadt Kiänugrad (heute Kiew). Sie baten ihn ein funktionierendes Gemeinwesen aufzubauen. 879 ernannt Fürst Helgi sich dort zum Grußfürsten und gründete die Kiewer Rus. Das Großreich reichte bis zum Baltikum und bis zur Halbinsel Krim. Die Führungsschicht setzte sich aus germanischem Adel, Händlern und Kriegern zusammen. Das Slawische dominierte Sprache und Kultur. 1132 eroberte Fürst Juri Dolgorusky Perejaslawl, eine Stadt unweit von Kiew. Von 1228 bis 1462 führte das Moskauer Reich 160 Kriege. Alle basierten auf der Idee, weitere Terretorien zu erobern. Im 13. Jahrhundert zerfiel die Kiewer Rus in weitgehend isolierte Einzelfürstentümer. Asiatische Nomadenstämme herrschten ab dem 13. Jahrhundert über das heute ukrainische Gebiet. Damit trennt sich die ukrainische von der russischen Geschichte, da die Zentren Russlands nun weiter nördlich in Moskau und Nowgorod lagen. Danach teilten Polen und Litauen die Ukraine untereinander auf. Im 17. Jahrhundert entwickelt sich die Ukraine zu einer eigenen Nation (1648 Erhebung gegen Polen). Auch im 17. (1654 unter die Protektion des Zaren) und später 18. Jahrhundert verleibt sich das zaristische Russland den größten Teil des heutigen ukrainischen Staatsgebietes. 1917/18 als das russische Zarenreich und die Habsburger Monarchie zerfielen, durften die Ukrainer keinen Nationalstaat bilden (das Territorium wurde von Polen und der Sowjetunion geschluckt). Im Dritten Reich waren die Ukrainer in der Nazi-Ideologie eher als Arbeitssklaven vorgesehen. So überrannte Hitler dann auch das Land. Nach dem Zweiten Weltkriegs holte sich die Sowjetunion den bei Polen verbliebenen Teil. Die Ukraine blieb bis zum Verfall der UdSSR 1990 dort. 1922 war die Ukraine als Nation in der Sowjetunion anerkannt worden (eigene Institutionen, feste Grenzen). Die Ukrainische Sprache wurde aber zurückgedrängt (nur "Dialekt des Russischen"). Die Menschen waren zweisprachig. 1932/33 gab es eine verheerende Hungersnot in der Ukraine, die 3,5 Mio. Menschen das Leben kostete (Stalin hatte das herbeigeführt). Vgl. z. B. Kappeler, Andreas: Der lange Weg zur Unabhängigkeit, in: Die Zeit Nr. 11/ 10.3.22, S.19. Deutschland hat eine besondere Verantwortung gegenüber der Ukraine. Im April 2008 verhinderten Merkel und Steinmeier den Plan der Nato, die Ukraine als Mitglied aufzunehmen. Vgl. Wiegrefe, Klaus: Merkel und der Wolf, in: Der Spiegel 38/ 16.9.23, S. 8ff.

Fakten Ukraine-Konflikt: 13.000 Menschen sind bis März 2021 gestorben. 298 Menschen kamen beim Abschuss der Flugzeugs MH17 ums Leben. 130.000 bis 160.000 ist die Mannstärke der ukrainischen Armee. 1306 unabhängige Beobachter der OSZE arbeiten in der Ukraine. Vgl. Der Focus 10/2021, S. 40. In der abtrünnigen ukrainischen Region Donbas wird im April 2021 wieder gekämpft. In Moskau und Kiew redet man über den großen Krieg. Putin verspricht, dass man Donbass nicht fallen lässt. Vielleicht will er Biden auf die Probe stellen, ob den markigen Worten auch Taten folgen. Andererseits haben in der Ostukraine (Donezk, Luhansk) 400.000 Menschen die russische Staatsbürgerschaft. Diese Menschen kann Putin nicht fallen lassen. Biden macht im April 2021 Putin ein Gesprächsangebot. Der Kreml prüft das Angebot. Der Aufmarsch der russischen Armee im April 2021 lässt nichts Gutes erwarten. Putin hat eine Invasionsarmee zusammengezogen (40.000 Mann). Offenbar koordinieren Moskau und Peking auch ihre Schritte. Das macht es für die USA schwieriger. Die Ukraine scheint die Türkei als Verbündeten gefunden zu haben. Sie liefert wichtige Waffen (Drohen als Kampfmaschinen). Der Grünen-Vorsitzende Habeck unterstützt im Mai 21 die Lieferung von "Defensivwaffen" an die Ukraine. Er stößt auf Unmut, auch in der eigenen Partei. Im Juli 2021 veröffentlicht Putin das Werk "Über die historische Einheit der Russen und Ukrainer". Er stellt die Ukraine als kleineren Teil seines großen Landes dar. Es gibt 2021 einen Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine (175.000 Soldaten?). Kiew befürchtet, Russland könne die Grenze zur Ukraine gewaltsam neu ziehen. Die Nato warnt Russland vor einem Übergriff (Tagung in Riga). Der US-Außenminister Blinken droht dem Kreml mit scharfen Sanktionen. Am 07.12.21 findet eine Video-Konferenz zwischen Biden und Putin statt. Die USA und Russland verhandeln direkt. Die Gespräche finden in Genf statt. Neben der Ukraine-Krise geht es auch um Atomwaffen. Biden weiß, dass Europa wegen des Brexit und dem Streit um Polen/ Ungarn nicht mit einer Stimme sprechen kann. Frankreich und Deutschland haben aber immerhin das Minsk-Abkommen zustande gebracht. Es soll zu einer gewaltfreien Lösung führen. Die Türkei liefert Drohnen an die Ukraine. Sie ärgert damit Putin. Deutschland liefert 5000 Helme und Sanitätsausrüstung (keine letalen Waffen). Die USA bringen die Krise im Januar 2022 vor den UN-Sicherheitsrat. Dort gibt es Ende Januar 22 Wortgefechte und man macht sich gegenseitig Vorwürfe. Im Februar 2022 kommt es zu einer diplomatischen Offensive um den Konflikt. Auch das Normandie-Format wird wieder belebt. Es gibt mittlerweile vorsichtigen Optimismus. Andererseits stellt man sich auch verstärkt auf eine russische Invasion ein: Die deutsche Botschaft bleibt offen, reduziert aber das Personal. Nach dem Besuch von Bundeskanzler Scholz in Moskau scheinen Rückzugsbewegungen der russischen Truppen einzusetzen. Putin scheint keinen Krieg zu wollen. Putin will in Fragen der Sicherheit mit dem Westen zusammenarbeiten. Allerdings werden die Militärübungen fortgesetzt. Am 21.02.22 erkennt Putin die Gebiete der Separatisten in der Ost-Ukraine (unabhängige Volksrepubliken Donezk, Luhansk)  an. Damit ist das Minsker Abkommen zur Befriedung des Donbass gescheitert. Am gleichen Tag lässt Putin seine Armee in der Ostukraine einmarschieren (unklare Infos darüber). Zumindest lässt er den Einmarsch von der Duma genehmigen. Putin will dann die ganze Ukraine übernehmen und ein Marionetten-Regime einsetzen. Als das nicht gelingt, konzentriert er sich auf die Teile mit hoher russischer Bevölkerung (Donezk, Luhansk im Osten) und auf die Brücke zur Krim (Cherson im Süden, Region Saporischschja). Putin will über die Zugehörigkeit zu Russland abstimmen lassen (Referenden). Die westlichen Staaten dürften das kaum akzeptieren. Die Aufnahme in russisches Staatsgebiet würde den Schutz der
Atommacht bringen. Auf ähnliche Weise wurde die Krim annektiert. Der Westen will noch mal seine Sanktionen steigern. Die Referenden bringen ein "Ja" zur Annexion.

Kosten des unsichtbaren Krieges:  Die virtuelle Bedrohung der Ukraine durch Russland hat reale Folgen. Der Flugverkehr wird stark reduziert. Rückversicherer ziehen Deckungszusagen zurück. Die Finanzmärkte haben Risikozuschläge für ukrainische Staatsanleihen erhoben. Die Währung Hrywnja musst zum Dollar abwerten (4% im Januar 22). Importe und Exporte nach Europa sind 2021 um 34 und 38% gewachsen (Hinwendung zum Westen). Die EU ist größter Handelspartner vor China. Man rechnet für 2022 nur mit 3 bis 4 % Wachstum des BIP. Sinkende Staatseinnahmen, bei steigenden Ausgaben (für Rüstung). 2014 wurde mit der EU ein Assoziierungsabkommen geschlossen. Damit ist auch ein Freihandelsabkommen verbunden. Kritisiert wird immer wieder die mangelnde Rechtsstaatlichkeit und die schleppende Privatisierungspolitik. Vgl. Mihm, Andreas: Kosten eines unsichtbaren Krieges, in: FAZ Nr. 39, 16.2.22, S. 20.

Der reale Angriffs-Krieg ab 24.2.22 (russischer Terminus: "militärischer Spezialeinsatz"):  Nach dem Scheitern des Minsker Abkommens und dem Einmarsch der russischen Truppen werden die Kosten rasant in die Höhe schnellen: teurere Energie für Deutschland (Diversifizierung), Verluste für deutsche Unternehmen, höhere militärische Aufrüstung in Deutschland. Russland will Kiew umzingeln und eine neue Führung als Marionette einsetzen. Im UN-Sicherheitsrat stimmen 11 Staaten für eine Verurteilung Russland. Russland selbst legt ein Veto ein. Enthaltungen kommen von Indien, China und den VAE. Deutschland entschließt sich, doch Waffen an die Ukraine zu liefern (Panzerfäuste, Stinger - Boden-Luft-Raketen). Man spricht von einer Zeitenwende. Putin setzt die Atom-Raketen in Alarmbereitschaft. Russland hat große eigene Opfer im Krieg. Der Widerstand ist viel größer als erwartet. Es gibt ab 28.2.22 erste Verhandlungen an der Grenze zu Belarus. Die Un-Vollversammlung verurteilt Putins Krieg (193 Mitgliedsländer: 4 Gegenstimmen von Weißrussland, Syrien, Nord-Korea, Russland; 143 Ja-Stimmen, der Rest Enthaltung). Die Nato will nicht den Luftraum über der Ukraine sperren. Eine Flugverbotszone wäre ein direkter Eingriff in den Krieg. Die Furcht ist, dass Putin seine in Syrien (Idlip, Aleppo) erprobte Taktik des Ausbombens und Zerstörung der zivilen Ordnung auch in der Ukraine anwendet. Das Angebot von Polen Mig - 29 - Flugzeuge an die Ukraine über Ramstein zu geben, lehnen die USA und Deutschland ab. Am 10.3. 22 treffen sich die Außenminister beider Länder in Antalya/ Türkei zu ersten Verhandlungen. Die Ukraine ist zur Neutralität und zu einem Sonderstatus des Donbass bereit. Das Treffen bleibt ohne Ergebnis. Die EU stellt höhere Summen für Waffenlieferungen zur Verfügung (bis zu 1 Mrd. €). Putin setzt vor allem altes Militärgerät ein. Deshalb sind auch die Verluste besonders hoch. Er hat sicher den Kampfeswillen der Ukraine unterschätzt. Auch die Luftdominanz kann nicht hergestellt werden. Putins Streitkräfte bremsen Technik- und Nachschubprobleme. 2021 haben die USA Kiew mit 1,2 Mrd. $ Militärhilfe unterstützt. 2022 werden noch mal 200 Mio. $ freigegeben (Panzerabwehrwaffen, Flugabwehrraketensysteme, Schnellfeuergewehre, Munition). Deutschland unterstützt militärisch über einen EU-Fonds von 500 Mio. €, von dem es den höchsten Anteil trägt. Israel und die Türkei bieten sich immer wieder als Vermittler an. Sie haben zu beiden Kriegsparteien gut Kontakte. Die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien reisen nach Kiew (man will von der Nato geklärt haben, ab wann der Beistandspakt gilt). Der Internationale Gerichtshof in Den Haag fordert Russland auf, den Krieg zu beenden. Russland zerstört bewusst große Städte, die eine große strategische Bedeutung haben (Charkiw, Mariupol, Kiew). Man scheint eine Pufferzone der Verwüstung schaffen zu wollen (Unstaat) zwischen Russland und der Ukraine (Zerstörung von Städten, Infrastruktur, Stromzufuhr, Energie- und Wasserversorgung, Abwassersysteme). Gegenoffensiven der Ukraine bei Kiew sind erfolgreich. Am 24.3.22 beraten Nato, EU-Rat und G7 zusammen über den Ukraine-Krieg und Gegenmaßnahmen gegen Russland. In Istanbul verhandeln Russen und Ukrainer. Die Verluste der russischen Armee scheinen bis Ende März 22 extrem hoch zu sein (Flugzeuge 22, Raketenwerfer 138, Transportfahrzeuge 225, Panzer 228; 10.000 Gefallene, 20.000 Verwundete). Siehe Lau, Jörg: Die schwache Supermacht, in: Die Zeit Nr. 14/ 31.3.22, S. 4. Der Knackpunkt in den Friedensverhandlungen scheint der Status "Neutralität" zu sein. Die russischen  Truppen scheinen sich auf den Süden und Osten zu konzentrieren. Die USA liefern weitere Waffen im Werte von 271 Mio. € (Drohnen, Raketensysteme, Nachtsichtgeräte, Munition, sichere Kommunikationssysteme). In Butscha in der Nähe von Kiew hat die russische Armee Massaker an Zivilisten ausgeübt. Das gleiche zeigt sich in anderen Städten in der Nähe von Kiew (wahrscheinlich geplante Gräueltaten). Die russische Armee zieht sich aus dem Norden zurück und konzentriert sich auf den Donbass und die Landverbindung von der Krim dorthin. Soviel Landverlust kann die Ukraine in Verhandlungen niemals akzeptieren, so dass im Moment alles auf einen "Frozen conflict" hindeutet. Das kann viele Jahre andauern. Doch was hilft am besten dagegen? Waffenlieferungen, Sanktionen, Waffenstillstand und Verhandeln oder Aufgeben der Ukraine. Im April 22 verschärft die Nato ihren Kurs: Sie liefert mehr Waffen an die Ukraine. Millionen von Menschen werden ausgeflogen (Verletzte, Kranke, Flüchtlinge). Die EU liefert jetzt auch schwere Waffen; auch der Druck auf Deutschland wächst (Marder, Patriot). Man vermutet, dass Putin am 9. Mai eine Siegesfeier will. Bundespräsident Steinmeier ist nicht willkommen in der Ukraine, man lädt Bundeskanzler Scholz ein. Bis Mitte April sollen 3000 Soldaten der Ukraine und 20.000 russische Soldaten gefallen sein (ukrainische Angaben). Am 19.4.22 beginnt der russische Großangriff in der Ost-Ukraine. Besonders betroffen sind Cherson, Charkiw, Popasna, Marinka und Mariupol (1260 Ziele nach russischen Angaben). Deutschland liefert der Ukraine keine Waffen, aber es wird sie bezahlen (laut Bundeswehr-Führung auch nicht möglich: militärisch, technisch). Es kommt zu einem Ringtausch von schweren Waffen (unter anderem mit der Slowakei). Es wird immer deutlicher, dass Moskau sich den Donbass und die Südukraine einverleiben will. Deutschland ist im April 2022 auch bereit, Gepard-Panzer zu liefern (Flugabwehr). Die Koordinierung erfolgt auf dem Nato-Treffen von 40 Staaten in Rammstein/ RLP. Wegen Wartung, Munition und Schulungen stehen die Panzer aber wohl erst Ende des Jahres zur Verfügung. Folgen könnten Marder, Leopard, Puma und Fuchs.  Die USA geben auch massiv Militärhilfe an die Ukraine. Ende April 2022 beantragt Biden 33 Mrd. $ für die Ukraine. 20 Mrd. sind Militär- und Sicherheitshilfen. 8,5 Mrd. $ sind Wirtschaftshilfen. Die USA trainieren Ukrainer in Deutschland an Waffen. Neben Ausbildung soll auch die Wartung und der Munitionsnachschub sicher gestellt werden. Deutschland liefert auch Panzerhaubitzen an die Ukraine. Russland scheint beschädigte militärische Ausrüstung kaum noch ersetzen zu können. Am 8. und 9. Mai gibt es Feierlichkeiten in Deutschland und Russland. Vor 77 Jahren brachten die Tage Frieden. Die EU-Militärhilfe für die Ukraine wird auf 2 Mrd. € aufgestockt. Die Russen sollen ein Drittel ihrer Bodenkampftruppen verloren haben. Am 21.5.22 beschließen die USA ein 40 Mrd. $ Hilfspaket für die Ukraine. Russische Truppen konzentrieren sich im Juni 22 auf den Osten und Süden der Ukraine (Luhansk, Donbass, Region um das Asow`sche Meer) und rücken vor. Am 16.6.22 besuchen Scholz, Macron und Draghi die Ukraine. Man will Verhandlungen herbeiführen. Ab 21.6.22 veröffentlicht Deutschland seine Rüstungs- und Waffenlieferungen an die Ukraine. Litauen stoppt mit Verweis auf die EU-Sanktionen die russischen Bahntransporte nach Kaliningrad (Suwalki-Lücke). Am 24.6.22 gibt die Ukraine die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk auf. Während des G7-Treffens im Juni 22 werden Kiew und Odessa beschossen. Im Juni 2022 sagt auch die Türkei ja zur Norderweiterung der Nato. Nach der vollständigen Eroberung des Gebietes Luhansk verlagern sich die Kämpfe nach Donezk, das Russland auch komplett kontrollieren will. Die Ukraine greift verstärkt Stellungen auf der Krim an (Munitionslager, Nachschub). Die USA sagen der Ukraine im August 22 noch mal Militärhilfe in Höhe von 2,98 Mrd. $ zu (Luftverteidigung, Drohnenabwehr, Radarsysteme, Artillerie). Auch Deutschland sagt anlässlich des Nationalfeiertages weitere militärische Unterstützung zu. Beide Seiten setzen im Krieg Streumunition ein (international geächtet, nicht bei den Großmächten). Im August 22  startet die Ukraine eine Gegenoffensive, um die Region um das russisch besetzte Cherson zu befreien. Die Gegenoffensive der Ukraine scheint in Teilen Erfolg zu haben (Rückeroberungen von Teilen im Donbass, in der Region um Charkiw). Wird man jetzt verhandeln oder eskaliert die Lage? Russland verhängt das Kriegsrecht in den besetzten Gebieten. Russland verfolgt eine neue Strategie und greift gezielt Kraftwerke und die Infrastruktur der Ukraine an (Energie, Stromnetze, Wasserversorgung). Der Ukraine gelingt es, Cherson zurück zu erobern. Anfang Dezember 2022 gibt Russland bekannt, vorerst keine neuen Annexionen vorzunehmen. In der Folge sind am stärksten umkämpft: Bachmut und Soledar. Es gibt Sorge wegen hoher ukrainischer Verluste. Am 24.1.23 entscheidet sich Deutschland für Leopard - Lieferungen an die Ukraine (einschließlich Exportgenehmigung für andere Länder). Es liefern auch GB, Frankreich und die USA. Ukrainische Soldaten werden   für die modernen technischen Systeme ausgebildet (auch in Deutschland). Es wird im Frühjahr 2023 eine große russische Offensive erwartet. Russland meldet im März 23 Kämpfe auf russischem Staatsgebiet (Propaganda oder echt?). Im März 2023 kommt es zu einem Absturz einer US-Drohne nach russischem Abfangmanöver im internationalen Luftraum über dem Schwarzen Meer. Die russische Offensive im Donbass scheitert im April 2023. Man erwartet eine Gegenoffensive der Ukraine. Es tauchen Geheimpapiere im Internet auf, die Einbindung der USA in den Krieg offen legen (von einem Soldaten ursprünglich in seinem Chat veröffentlicht). Im April 2023 erlaubt die Bundesregierung Polen fünf Mig-29-Kampfflugzeuge an die Ukraine zu übergeben. Kiew hofft auf weitere Zusagen beim Nato-Gipfel im Juli 2023 in Vilnius/ Litauen. Es kommt ein Sicherheitspaket für die Ukrainer. Auf den Beitritt muss Kiew noch länger warten. Deutschland stellt im September 2023 (Gruppe der 50 Staaten, die die Ukraine unterstützen, Treffen im September 23 in Ramstein) noch mal 400 Mio. € zur Verfügung (militärisches Hilfspaket). Litauen springt bei der Reparaturwerkstatt für Leopard-2-Panzer ein. Immer mehr Staaten empfehlen Deutschland die Lieferung der Taurus-Marschflugkörper. Es dürfte von den USA abhängen. Mit Marschflugkörpern greift die Ukraine das Hauptquartier der Schwarzmeerflotte in Sewastopol an. Am 9.2.24 reist Scholz in die USA. Er will die Unterstützung der USA für die Ukraine wieder mobilisieren. Doch die Republikaner blockieren 60 Mrd. $. Putin bietet pünktlich Friedensverhandlungen und  Sicherheitsgarantien an. Die Ukraine gerät etwas in die Defensive. Ihr fehlen Munition und Waffen. Pünktlich zur Beerdigung von Navalny erschüttern drei Ereignisse: 1. Der Chef von Wirecard Marsalek war offenbar ein russischer Agent und sollte den Finanzmarkt destabilisieren. Er lebt unter einer falschen Identität in Russland. 2.  Ranghohe deutsche Militärs werden bei Webex vom russischen Geheimdienst abgehört. Es geht um die Zerstörung der Krimbrücke mit Taurus. 3. Macron schließt den Einsatz von westlichen Bodentruppen in der Ukraine nicht aus. Im März 2024 schnüren die USA ein Not-Militärpaket für Kiew. Sie muss dafür Mittel zusammenkratzen, für die sie nicht die Zustimmung der Republikaner braucht. Viele Artilleriegeschosse sollen geliefert werden.  28 Intellektuelle und Künstler warnen Bundeskanzler Scholz Ende April 2022 vor Waffenlieferungen an die Ukraine. Sie sehen bei schweren Waffen die Gefahr eines Weltkrieges.

Armee der Ukraine: Die Erfolge verdankt die Ukraine dem Militärreformer Walerij Saluschnyi. Er will mithilfe des Westens die besetzten Gebiete zurückerobern. Er hat Kampf - Erfahrung im Donbass (stellvertretender Kommandeur des Sektors C). Die ukrainischen Soldanten sind echte Helfer in ihrem Land, keine Sündenböcke. Es soll eine Nato-kompatible Armee entwickelt werden. Die USA wollen Patriot - Abwehr-Systeme zur Verfügung stellen.  Das kann eine Wende im Krieg sein. Frankreich und Deutschland liefern ab 2023 auch Panzer. Deutschland will den Schützenpanzer Marder zur Verfügung stellen. Polen will den Panzer Leopard 1 bzw. 2 herausgeben (wenn Deutschland zustimmt). Deutschland prüft seine Panzerbestände. Der Druck wächst, weil die USA, GB und Frankreich ihre Panzer liefern wollen. Der Leopard 2 gilt als schlagkräftigste. Deutschland liefert dann auch Leopard 1 und 2. Aller zeigen sich in der Panzerkoalition dann Risse, weil einige Länder nur schleppend liefern können. Start-ups der Ukraine liefern sehr erfolgreich Militärmaterial. Das gilt besonders für die Drohnenproduktion (PD-2, Raybird-3, Sparrow, Vgl. Der Spiegel 16/ 15.4.23, S. 94ff.). Auf der Konferenz des Europarats im Mai 2023 bildet sich eine Allianz, die Kampf-Jets an die Ukraine liefern will. Im Sommer 2023 wird die Munition knapp. Die USA liefern vorübergehend Streumunition. Vorerst will Deutschland keine Taurus liefern (Marschflugkörper, die Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen können). Das Bundeskanzleramt prüft eine Lieferung, wenn die Reichweite begrenzt wird (keine Orte in Russland). Griechenland will Piloten ausbilden für die F16-Flugzeuge. Sie werden von den Niederlanden und Dänemark geliefert. Im September 2023 wird der Verteidigungsminister entlassen (Korruption bei der Beschaffung und Rekrutierung) und sofort ein neuer ernannt. Es ist Rustan Umerow (Wirtschaftswissenschaftler, vorher Chef des Staatlichen Vermögensfonds, Moslem, Krimtatar, erprobter Verhandler). Der Druck auf Scholz nimmt 2024 zu, Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern. GB macht den Vorschlag für einen Ringtausch. Scholz weigert sich, da auch nur die Hälfte einsatzbereit ist. Im Herbst 2022 soll er einen Atomschlag der Russen verhindert haben. Man konnte den zusammen mit Biden über Xi Jinping verhindern.

Exkurs: Die Stadt Mariupol: Sie ist die am heftigsten angegriffene Stadt im Ukraine-Krieg. Sie liegt in der Oblast (Verwaltungsbezirk) Donezk am Ufer des Asowschen Meeres. Vor dem Einmarsch der Russen hatte die Stadt 430.000 Einwohner (etwa zu gleichen Teilen Ukrainer und Russen).  Sie ist ein wichtiges Industrie- und Wirtschaftszentrum der Ukraine. Wichtigste Branche ist die Metallverarbeitung. Die Stadt ist mehr als 200 Jahre alt. Noch vor der zaristischen Annexion wurde hier zwischen 1778 und 1780 ein Zentrum für Griechen und Armenier gegründet. Nach Missernten kamen auch viele lutherische  und katholische Siedler aus Westpreußen, Baden und Hessen. Die "Stadt Mariens", so der griechische Name, blieb lange ein Zentrum pontos-griechischer Kultur. Im 19. Jahrhundert erfolgte eine systematische Russifizierung. 1941 bis 1943 besetzte die deutsche Wehrmacht die Stadt und zerstörte sie schwer. Ein Großteil der jüdischen Bevölkerung fiel dem Holocaust zum Opfer. Nach ukrainischen Angaben sind bis Ende März 2022  5000 Menschen in der Stadt umgekommen. Die humanitäre Lage ist katastrophal. Experten haben den Verdacht, dass Russland über die Stadt eine Landbrücke in die Krim errichten will. Zivilpersonen, die aufgegriffen werden, werden nach Russland gebracht. Am 16. März 2022 zerriss eine Explosion das Theater von Mariupol, in dem Hunderte Menschen Zuflucht gesucht hatten. Schon vorher am 9. März war eine Geburtsklinik zerstört worden. Es tauchen im April 2022 auch Meldungen auf, dass die russische Armee chemische Waffen eingesetzt habe. Die russische Armee hat Mitte April 22 die Stadt eingekesselt. Sie fordert die ukrainischen Soldaten auf, sich zu ergeben. Die meisten Soldaten und Bürger haben sich im größten Stahlwerk verschanzt. Sie rufen die Welt um Hilfe an. Die Stadt hat eine große strategische (sichere Landverbindung zur Krim) und symbolische (Maidan - Aufstand, Widerstand bei der Krim-Annexion) Bedeutung. Für Zivilpersonen können Fluchtkorridore vereinbart werden. Die Verwüstung Mariupols führt zu einem Wendepunkt in den traditionell nahen Beziehungen zu Griechenland. Die Ukraine lobt die Türkei für die Sperrung des Bosporus: Das habe Odessa gerettet. Putin will das große Stahlwerk nicht erstürmen, sondern belagern bzw. aushungern. Am 26.4.22 reist der Generalsekretär der UN zu ersten Friedensermittlungen nach Moskau. Er will sich für einen Waffenstillstand einsetzen. Durch einen Fluchtkorridor sollen die Zivilisten Mariupol verlassen können. Es findet auch ein Kampf um die Wahrheit in der Stadt statt. Diplomaten verbreiten Lügen. Die Schlacht ist in jedem Falle grausam ohne Ende. Vgl. Biermann, K. u. a.: Was geschieht in Mariupol?, in: Die Zeit Nr. 18/ 28.4.22, S. 13. Anfang Mai gibt es einen russischen Sturm auf das Stahlwerk. Die Assow-Brigade der Ukraine weicht nicht. Die Russen sollen Phosphor-Bomben einsetzen. Schließlich scheint ein Austausch von Soldaten zu funktionieren. Am 20.5.22 gibt Kiew die Verteidigung von Mariupol auf. Am 19.3.23 besucht Putin die Stadt. Er fährt mit dem Auto durch die Stadt.

Flüchtlinge aus der Ukraine: Hunderttausende Menschen fliehen aus dem Land. Es sind vor allem Frauen und Kinder. Die EU gewährt eine dreijährige Aufenthaltszeit mit Antrag, ohne für ein Jahr (Aufhebung aller Visa-Beschränkungen). Bis Ende Februar 2022 sind schon über 600.000 im Ausland oder auf dem Weg dazu. Die Zahl übersteigt im März 22 über eine Million, Mitte März 3,0 Mio.. Moskau und Kiew vereinbaren "humanitäre/ "grüne" Korridore", durch die die Menschen fliehen können (manchmal Fake, manchmal nur nach Osten Belarus und Russland). Alle Länder der EU sind bei der Aufnahme solidarisch. Die Flüchtlinge gehen nach Russland, Belarus, bleiben im Land in anderen Regionen, Moldau, Rumänien, Ungarn, Slowakei, Polen (nimmt die meisten auf), andere EU-Länder, vor allem Deutschland. Bis 11.3.22 sind schon über 300.000 UkrainerInnen nach Deutschland geflohen. Sie werden auf die Bundesländer verteilt (150.000 registriert). Putin will bewusst hohe Flüchtlingswellen auslösen, um die EU zu destabilisieren (Strategie). Insgesamt sind ca. 10 Mio. Menschen auf der Flucht. Die meisten innerhalb der Ukraine. Nur wenige Ukrainer werden in die USA aufgenommen, sie haben kaum eine Chance. Biden erklärt dann, dass die USA 100.000 Flüchtlinge aus der Ukraine aufnehmen wollen. Europol warnt vor Menschenhändlern. Die überwiegend weiblichen Flüchtlinge mit Kindern stehen im Visier von Verbrecherbanden. Es wird eine bessere und umfassende Registrierung gefordert. Mehr als die Hälfte der Kinder haben bis Ende März 2022 die Ukraine verlassen. Laut Unicef sind das 4,3 Mio. Minderjährige. Die EU will die Flüchtlingsaufnahme koordinieren. Die Innenminister beschließen einen Zehn-Punkte-Plan (gemeinsames System). Im April 22 gibt es bereits 7 Mrd. Inlandsflüchtlinge und 4,5 Mrd. Flüchtlinge im Ausland. Eine Geberkonferenz sammelt 10 Mrd. Euro für die Flüchtlinge. In Deutschland bekommen die ukrainischen Flüchtlinge ab Juni 22 SGB III-Status (Zugang zum Arbeitsmarkt und KV, höhere Leistungen). Unter den Flüchtlingen nach Deutschland sind bis Ende April 22  400.000 Kinder (90.000 Schüler). Laut USA sind auch Zehntausende in die russische Föderation verschleppt worden. Drei Viertel aller Flüchtlinge aus der Ukraine haben Hochschulabschluss. Kein Wunder, dass viele Länder sie gerne behalten würden.

Szenarien zum Ende des Krieges: 1. Die Ukraine gewinnt den Krieg. 2. Russland gewinnt den Krieg. 3. Blutiger Stillstand (mit und ohne Verhandlungen). Was bleibt ist die Frage: Wie soll man mit Putin umgehen? Siehe Der Spiegel 7/ 11.2.23, S. 22ff. Jedenfalls wird er Krieg mit einer Verhandlungslösung enden. Vgl. David Petraeus, Interview in HB 13.2.23, S. 6f. Der Krieg zerstört die Ukraine. Ob Wohnblöcke, Schulen, Krankenhäuser, Firmen oder landwirtschaftliche Böden. Den Invasoren ist nichts heilig. Doch das Land ist nicht flächendeckend verwüstet. Die Schäden sind im ersten Kriegsjahr mit Abstand am stärksten in folgenden Regionen: Charkiw, Donezk/ Bachmut/ Luhansk, Mariupol, Cherson, Irpin/ Kiew, Odessa. Vgl. Bothe, C. u. a.: Wie zerstört ist die Ukraine, in: FAZ 22.2.23, S. 3. Im Februar 2023 deutet vieles auf einen "Erschöpfungskrieg" hin. An den Verhandlungstisch wird die Ukraine gehen, wenn sie westliche Sicherheitsgarantien bekommt. Wenn Russland dann später den Krieg fortsetzen will, muss sicher sein, dass er es mit stärkeren Kräften zu tun bekommt. Damit muss der Westen auch ein Risiko eingehen. Münkler, Herfried: Wie beendet man einen Erschöpfungskrieg, in: Der Spiegel 9/ 25.2.23, S. 110f. Doch irgendwann müsste man dann die Ukraine in die EU aufnehmen. We rkann da sbezahlen? Die Ukraine müsste 18 bis 19 Mrd. € pro Jahr aus dem EU-Haushalt erhalten. Sie wäre dann der größte Nettoempfänger (Quellen: Centre for European Policy Studies, Bruegel). Ende 2023 ist klar, dass dei Gegenoffensive der Ukraine gescheitert ist. Sie müssen nun ihre Stellungen verteidigen. Dem Land droht ein zermürbendes Patt. Der Krieg kann noch lange dauern. Als Autokrat hat Putin  sicher Vorteile, glaubwürdige Unterhändler sind nicht in Sicht.

Lobbyarbeit/ Korruption: Oligarchen aus der Ukraine betreiben in großem Umfang Lobbyarbeit im Westen. Sie verfolgen dabei durchaus eigene Wirtschaftsinteressen. Sie sind sehr gut in den USA und Deutschland vernetzt. Abgeordnete stehen auf ihrer Gehaltsliste. Besonders im Mittelpunkt steht Rudy Giuliani (Ex-OB von New York, Ex-Anwalt von Trump). Auch der Sohn Bidens  kann als Lobbyist für die Ukraine eingestuft werden.  Im September 2021 verabschiedet das Parlament ein Gesetz, dass den Einfluss von Oligarchen begrenzen soll. Auch Russland betreibt massiv Lobbyarbeit. Der bekannteste Vertreter ist Ex-Kanzler Gerhard Schröder, der Führungsposten in deutsch-russischen Gasprojekten innehat. Er schließt ein Einmarsch Russlands aus. Russland kauft wichtige Menschen aus der Elite der jeweiligen Länder ein (Österreich, Schweiz, Frankreich, Italien; "elite-catching"). Indirekt werden die Lobbyisten in der Ukraine durch den Aufmarsch der Russen schwer geschädigt. Die Verzinsung der Staatsanleihen wird hochgetrieben. Investitionen in das Land wird das Vertrauen geraubt. Der ökonomische Schaden könnte beabsichtigt sein. Die Bedrohung stellt ein großes Risiko dar und wirkt auch ohne Einmarsch. Der ukrainische Oligarch Dmytro Firtasch ist besonders bekannt. Er betreibt auch in Wien ein Büro. Er hat enge Beziehungen in die USA, auch zum Wahlkampf dort  (Trump). Er war auch eng mit Wirecard verbunden (Jan Marsalek). Vgl. Elflein, C./ Hein, J. - P.: Die Trump-Putin-Wirecard-Wien-Ukraine-Connection, in: Focus 7/2022, S. 42ff. Man bezeichnet die Korruption in der Ukraine als die "dunkle Seite". Das sieht sogar der Europäische Rechnungshof so (Bericht 2021). Viele Hilfsgelder sind versickert. Eine Reform der juristischen Schlüsselinstitutionen 2022 sollte das ändern. Auf dem Korruptionsindex liegt das Land weit hinten (aber zumindest noch vor Russland). Ein Beitritt in die EU würde sicher erst in vielen Jahren möglich sein. Ein wichtiger Grund ist die hohe Korruption, in der wahrscheinlich auch ein Großteil von Aufbauhilfe versickern würde. Es gibt auch Oligarchen, die Russland zugewandt waren. Viktor Medwedtschuk war Freund Nr. 1 von Putin in der Ukraine. Er sit 620 Mio. Dollar reich. Er wird zu Kriegsbeginn verhaftet und ist Kriegsgefangener Nr. 1. Der  deutsche Anwalt Bertrand Malmendier aus Berlin soll ihn im Auftrag Moskaus verteidigen. Um eine Chance für den EU-Beitritt zu haben, muss das Land weniger Korruption, geringeren Einfluss der Oligarchen, mehr Rechtsstaatlichkeit und Transparenz durchsetzen. Die Vetternwirtschaft ist unsäglich. Im Ranking von Transparency International liegt die Ukraine in Europa auf dem vorletzten Platz vor Russland. Im Juli suspendiert Selenskyj den Geheimdienstchef und die oberste Richterin. Ihnen wird Verrat vorgeworfen. Der Wiederaufbau der Ukraine dürfte ein großes Problem werden. Man braucht ein institutionelles Gerüst, damit es kein Geschenk an die "richtigen Leute" wird. Seit der Unabhängigkeit 1991 hat die Ukraine nur ein einziges IWF-Programm abgeschlossen. Dei anderen Programme wurden gestoppt (Korruption). Vgl. Gorodnichchenko/ Fedyk/ Sologoub: Der Wiederaufbau darf kein Geschenk an die "richtigen Leute" werden, in: WiWo 33/ 12.822, S. 39. Im Januar 2023 wird er Vizeminister für Entwicklung von Gemeinden, Infrastruktur Losynsky verhaftet. Laut "Nationalem Korruptionsbüro" hat er 400.000 € Bestechungsgeld erhalten.

Förderung der Krim: Russland steckt Milliarden in die Infrastruktur der 2014 annektierten Krim. Man will die Sympathien der Menschen gewinnen. Am 18.3.23 besucht Putin die Krim.

Politisches System in der Ukraine: Anders als Russland ist die Ukraine eine Demokratie. Selenskyj kam in einer glaubwürdigen Wahl ins Amt. Gerade davor hat Putin Angst: Er fürchtet die Ukraine als Vorbild für Demokratie. Das ist eines seiner Motive. Ein zweites ist sicher der Traum von einem neuen Großreich Rus (die Sowjetunion hätte seiner Meinung nach nie zerfallen dürfen). Drittens braucht er auch ein Gegengewicht zu China und eine Pufferzone zur Nato. Viertens soll der Aufmarsch der Truppen der Ukraine ökonomisch schaden (weniger Investitionen, Kapitalabfluss), so dass das Land instabiler wird. Putin will das Land auf jeden Fall als Puffer zur Nato und EU erhalten. Die Bevölkerung in der Ukraine ist sehr differenziert zu betrachten: Da ist einmal der chronische Ärger über die eigene Obrigkeit. Zum anderen haben die Menschen genug ökonomische Sorgen, auch ohne Krieg. Sie streben nach dem Wohlstand in der EU. Nicht wenige Menschen sind auch pro-russisch eingestellt und haben Verständnis für die strategischen Interessen Moskaus. Insofern ist das Land gespalten. Damit scheidet es sowieso auf absehbare Zeit als Nato-Kandidat aus (diese Zusage haben quasi auch Macron und Scholz gemacht). Die Anerkennung unabhängiger Volksrepubliken auf dem Territorium der Ukraine ist aber ein Verletzung des Völkerrechts, erst recht natürlich der Einmarsch und Angriffskrieg. 2024 will Selenskyj seinen Chefstrategen loswerden. Seine Berater sehen in General Saluschnyj offenbar einen politischen Konkurrenten. ER wird als Armeechef abgesetzt. Nachfolger wird General Syrskyj, der bisherige Kommandeur der Landstreitkräfte.

Exkurs: Wolodymyr Selenskyj. Er wird im Januar 1978 im südukrainischen Krywyj Rih geboren. 1997 gründet er die Kabarettgruppe "Kwartal 95". 2006 nimmt er an der ukrainischen Version von "Dancing with the Stars" teil. 2015 ist der Start der TV-Satire "Diener des Volkes". Im Mai 2019 wird er nach dem klaren Wahlsieg gegen Amtsinhaber Petro Poroschenko als neue Präsident vereidigt. 2022 führt er im Angriffskrieg Russlands gegen sein Land den Widerstand ("ukrainischer Che Guevara"). Auch seine Frau vertritt das Land im Westen. Vgl. Die Zeit 31.3.22. Selenskyj hat einen engen Kreis von Beratern und Mitarbeitern um sich geschert. Dazu gehören sein Vizepremier Fedorow,  sein Kanzleramtsminister Podoljak, seine Kommunikationsexpertin Katja, aus der Führungsspitze des Militärgeheimdienstes Skibizkyj. Vgl. Die Zeit Nr. 8/ 16.2.23, S. 2f. Wichtig ist auch sein Berater für Ökonomie Oleg Ustenko. Seit 2019 isst er für wirtschaftliche Fragen zuständig. Zuvor war der Ökonom bei der Weltbank und der OECD. Seinen Master-Abschluss machte er in Harvard. Vg. Wettlach, Silke: "Investoren sehen hier große Chancen", in: Wiwo 9/ 24.2.23, S. 34f. "Die Erschöpfung über den Krieg rollt wie eine Welle heran." Wlodymyr Selenskyj. 2023.

Immer wieder im Mittelpunkt in Deutschland steht auch Andrij Melnyk, der Botschafter der Ukraine in Deutschland. Er wirkt wie in einem Kampfeinsatz. Damit provoziert er die deutsche Politik und Öffentlichkeit. Er sagt, Deutschland habe die Ukraine bis heute nicht verstanden. Er tritt mehr als Lobbyist denn als Botschafter auf. Vgl. Sauerbrey, Anna: Der Diplomat im Kampfeinsatz, in: Die Zeit Nr. 15, 7, April 2022, S. 7. Der ukrainische Botschafter Melnyk beleidigt immer wieder deutsche Politiker. Anfang Mai 22 vergleicht er Kanzler Scholz mit einer beleidigten Leberwurst. Ende Juni 22 ruft er einen Skandal hervor. Er versucht einen ukrainischen Nationalisten, der auch Antisemit war und Russen sowie Polen ermorden ließ, rein zu waschen. Bandera führte die OUN, die einen ethnisch homogenen Staat der Ukrainer errichten wollte (unterstützt eigentlich die Argumentation von Putin). Im Juli 2022 wird bekannt, dass er abberufen werden soll. Er soll stellvertretender Außenminister werden. Nachfolger als Botschafter wird Olexij Makejew.

Serhij Zhadan: Er erhält im Oktober 2022 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels in der Frankfurter Paulskirche (mit 25.00 € dotiert). Er ist nicht nur Schriftsteller, sondern auch Musiker. Er kommt aus Charkiw, wo er im Krieg auch Freiwilligendienst leistet. Er wurde 1974 geboren. Er ist einer der wichtigsten Stimme in der ukrainischen Gegenwartsliteratur. Sein jüngstes Buch trägt den Titel "Himmel über Charkiw".

Wirtschaft der Ukraine: 2021 lag die Wirtschaftsleistung bei 170 Mrd. €. Die Ukraine leitet Pipelines aus Russland durch und kassiert dafür Gebühren. Sie hat selber ein Defizit in der Förderung von Öl und Gas. Sie ist aber eine wichtige Kornkammer für Europa (Weizen, Mais). Sie exportiert auch den wichtigen Rohstoff Neon. In der Ukraine gibt es 15 Atommeiler an vier Standorten. Das größte Atomkraftwerk steht im umkämpften Südosten in Saporischschja. Die anderen drei sind in der Südukraine. Chmelnykyi, Riwne. Tschernobyl ist stillgelegt.  Das Kraft werk wird sogar von der russischen Armee beschossen und eingenommen. Die Ukraine fordert die Hilfe der IAEA an. Die Ukraine will möglichst schnell in die EU. Die EU will die Ukraine an ihr Stromnetz anbinden. Die EU sagt erst mal humanitäre Hilfe zu. Der Beitritt dürfte ein langer Weg werden, weil es noch viele Beitrittskandidaten gibt. Sie werden von Putin systematisch destabilisiert (Serbien, Moldawien, Nord-Mazedonien). Die Länder lavieren auch geschickt zwischen den Blöcken (Forderung von Hilfszahlungen). Die EU-Regierungschefs lehnen auf ihrer Sitzung in Versailles eine baldige Mitgliedschaft der Ukraine (kein Beitritt-Eilverfahren) ab. Die Ukraine hätte aber zumindest gerne eine Anerkennung der Anwartschaft. Das Verfahren würde dann noch viele Jahre dauern. Man signalisiert der Ukraine die Aufnahmebereitschaft (von der Leyen reist dorthin). Durch den Krieg wankt die Wirtschaft. Zerstörte Fabriken, zerbombte Verkehrswege. Industrie und Handel verzeichnen massive Verluste. Drei Viertel des BIP sind seit dem Ausbruch des Krieges verloren gegangen. 64% der Erwerbstätigen konnten nicht mehr ihrer Arbeit nachgehen. Quelle: Finanzministerium der Ulraine. Die EU und die USA geben schon massiv Wirtschaftshilfen (USA 8,5 Mrd. $). 2022 braucht die Ukraine Hilfe bei der Getreideausfuhr. Es betrifft vor allem Hartweizen, Weichweizen, Gerste, Körnermais. Die Lager müssen geleert werden. Beim Besuch von Scholz, Macron und Draghi in der Ukraine wünscht man sich das Land als EU-Beitrittskandidat. Die Region Donbass hat riesige Kohle- und Metallvorkommen. Der Süden ist das industrielle Herz des Landes. Ende 2022 lag der Einbruch des BIP bei 30%. Besonders stark ist dei Stahlproduktion eingebrochen (85%).  Wirtschaftsberater von Selensky ist Dr. Alexander Rodnyansky. Er hat länger in Deutschland gelebt (spricht fließend Deutsch) und an der London School of Economics studiert.

Schäden des Krieges, Finanzbedarf und Solidaritätsfonds für die Ukraine: Die EU richtet am 24.3.22 einen solchen Fonds ein, um Mittel für die Ukraine zu sammeln. Es sollen weltweit Staaten angesprochen werden. Der Schaden wird bis Ende April 2022 schon auf 500 Mrd. $ in der Ukraine gerechnet. Quelle: Timofiy Mylovanov, Ökonom, Präsident der Kiew School of Economics (WiWo 18/ 29.4.22, S. 32f.). Amerikas Ukraine-Hilfe steht im Oktober 2022 auf der Kippe. Der Trump - Flügel der Republikaner macht gegen die Milliardenzahlungen mobil. Es stehen 45 Mrd. $ auf der Kippe. Selenskyj reist am 21.12.22 in die USA. Er spricht vor dem Kongress in Washington und trifft Biden. Er plädiert für das Geld. Patriot sind schon zugesichert. Am 20.2.23 besucht Biden die Ukraine. Er sichert 500 Mio. $ Militärhilfe zu. Der Krieg in der Ukraine hat im ersten Jahr einen Schaden von mindestens 125 Mrd. € verursacht. Am stärksten betroffen waren die Sektoren Wohnen, Verkehr, Energie. Die Kosten für den Wiederaufbau würden mindestens 380 Mrd. € betragen (Regierung, Weltbank, EU-Kommission). Am 21.6.23 findet eine Wiederaufbaukonferenz in London statt. Über 4000 Mrd. € sind notwendig. Auch Unternehmen sollen beteiligt werden. Bei einem Besuch im April 2024 von Wirtschaftsminister Habeck in der Ukraine verspricht er Investitionen.

Marshallplan für die Ukraine: Die Schätzungen des Finanzbedarfs nach einem Kriegsende liegen zwischen 250 und 1000 Milliarden Dollar. Keiner weiß bisher, wo her das Geld kommen soll. Eine Hoffnung ist schon zerplatzt: Aus dem eingefrorenen Besitz russischer Oligarchen und der russischen Notenbank werden sich keine Milliarden loseisen lassen. Am 5. juni 1948 wurde der Marshallplan für Westeuropa und Deutschland in Kraft gesetzt. 12,4 Milliarden Dollar wurden in der Folgzeit hineingepumpt. Vgl. Losse/ Wettlach: Ein Aufbauplan, kein Geschenk, in: WiWo 23/ 3.6.22, S. 38f. Auf dem G7-Gipfel wird beschlossen, der Ukraine zum Budget-Ausgleich 26 Mrd. $ zur Verfügung zu stellen. Die EIB schlägt die Einrichtung eines 100 Mrd. € schweren Fonds vor. Durch den Krieg sind die Staatsausgaben explodiert und die Steuern eingebrochen. In Lugano treffen sich Anfang Juli 2022 40 Länder, um über Hilfe für die Ukraine zu beraten. Nach 2 Tagen wird Hilfe bis zur vollständigen Erholung zugesagt. Die EU beschließt im Juli 2022 noch mal 500 Mio. € für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung der Ukraine zur Verfügung zu stellen. 2023 will die EU die Ukraine mit 18 Mrd. € unterstützen. Am Marshallplan sollen die G7 beteiligt werden. Insgesamt dürften für den Wiederaufbau 350 Mrd. € nötig sein. Das soll über eine Wiederaufbauplattform gehen (Koordinierung mit Weltbank, IWF, EU-Investitionsbank, G7). Die Ukraine selbst plädiert dafür, für den Aufbau russisches Geld zu nehmen. Dafür sollen eingefrorene Finanzen der russischen Zentralbank zu Reparationszahlungen genutzt werden. Mitte Dezember 2022 findet eine weitere Geberkonferenz in Paris statt: Man sagt eine umfangreiche Soforthilfe von 1 Mrd. € zu. Mit der "Winterhilfe" soll die zivile Infrastruktur wieder aufgebaut werden. Aus einem Sondertopf der EU wird 2023 Artillerie-Munition finanziert (2 Mrd. €). Die Munition kommt aus den USA, aus Beständen der EU-Länder und aus neuer Produktion. Im März 2023 stockt Berlin die Waffenhilfe für die Ukraine auf. Es sollen zusätzliche Mittel in Höhe von 12 Mrd. € kommen (bisher waren für 2023 2,2 bis 3 Mrd. €) freigegeben). Insgesamt werden also Mittel von 15 Mrd. €  für 2023 zur Verfügung gestellt. Am 3.4.23 reist Wirtschaftsminister Habeck nach Kiew. Es geht um Energiekooperation und Wiederaufbau. Er wird von einer Wirtschaftsdelegation begleitet. Januar 2023 veröffentlicht das IfW in Kiel eine Übersicht der Unterstützung: Bei Waffenlieferungen führen mit großem Abstand die USA vor GB und der EU. Bei Finanzhilfen liegt die EU vorne  vor den USA, Japan und GB. Bei der humanitären Hilfe führen die USA vor Deutschland.  In der US-Regierung bröckelt der Rückhalt für die Ukraine-Hilfen. Deutschland hat für 2024 8 Mrd. € für die Ukraine eingeplant. Ende Dezember 23 geben die USA die vorerst letzte Militärhilfe frei: 226 Mio. €. Insgesamt sieht der militärische Support bis Anfang 2024 wie folgt aus: USA 43,9 Mrd. $, EU 41,4 Mrd. $, darunter Deutschland 17,1 Mrd. $. (mit humanitärer Hilfe 28 Mrd. $).  Hinter Deutschland liegen Großbritannien und Norwegen. Im Januar 2024 plant die EU 50 Mrd. € Wirtschaftshilfe für die Ukraine. Das Geld soll über drei Jahre zur Verfügung gestellt werden. Es kommt vor allem der Infrastruktur zugute. Ungarn hatte bei der Hilfe eingelenkt. Die Milliardenschwere Militärhilfe der USA seht 2024 vor dem Aus. Trump verlangt von seinen Republikanern die Ablehnung des Gesetzespakets - Verknüpfung mit Migrationspolitik. Im Februar 2024 sagt Deutschland der Ukraine Aufbauhilfe in Höhe von 100 Mio. € zu. Im März 2024 beschließt die EU, der Ukraine 5 Mrd. € Militärhilfe zu geben. Im April 2024 billigt das US Repräsentantenhaus 61 Mrd. US-$. Die Zustimmung des Senats gilt als sicher.

Aktionsplattform UN/ Sicherheitsrat: Im Februar 2023 fordern 141 Staaten der UN den Abzug russischer Truppen. Dei UN hat 193 Mitgliedsstaaten. Die Front innerhalb der UN ist dabei gleich geblieben wie schon bei früheren Abstimmungen. China, Indien, Brasilien, Süd-Afrika (BRICS)  enthalten sich. Belarus, Nordkorea, Eritrea, Mali, Nicaragua und Syrien stimmen gegen den Resolutionsentwurf. Am 20.9. ist wieder eine Ukraine-UN-Konferenz. Gleichzeitig treffen sich Militärspitzen und die Verteidigungsminister in Ramstein. Im Herbst 2023 bröckelt dei westliche Unterstützung für die Ukraine. In den USA torpedieren starke Kräfte bei den Republikanern im Zuge der Shut - down -Verhandlungen die Gelder für die Ukraine. Beim EU-Gipfel in Granada schießen Polen und Ungarn quer. Das Verfassungsgerichtsurteil über den Haushalt in Deutschland macht die Ukraine-Hilfe nicht leichter. Die Fronten im US-Kongress sind verhärtet. Milliardenschwere Militärhilfen sind blockiert. Senator Vance von den Republikanern sieht die Ukraine funktional als Land zerstört. Im März 2024 tagt wieder dei Ramstein-Koalition. Das Motto lautet: Die Reihen schließen und jetzt keinesfalls schwächeln. Konkret wird über Waffen und Geld verhandelt.

Friedensgipfel: Saudi-Arabien will 2023 eine Ukraine-Friedenskonferenz ausrichten. Bei dem Treffen in Dschidda wollen sie die Unterstützung neutraler Staaten für Friedensforderungen gewinnen. Russland ist nicht dabei. China ist vertreten. 30 Staaten wollen kommen. Bin Salman will sich als Vermittler in Szene setzen. Der Westen will Indien und Brasilien ins Boot holen. Riad will sich es sich mit Russland nicht verscherzen wegen der Opec und sieht den Ukraine-Krieg als Problem des Westens. Konkrete Ergebnisse werden nicht erwartet. Trotzdem wird übe reinen Friedensplan diskutiert. Man schlägt Gespräche unter UN-Aufsicht vor.

Wirtschaftsforum: Deutschland richtet eine Wirtschaftsform mit der Ukraine ein. Es soll die Hilfen für den Winter 22/23 und für den Wiederaufbau organisieren. Ziel soll die EU-Mitgliedschaft sein. Die bundeseigene Außenwirtschaftsgesellschaft German Trade and Invest ist mit dabei. Bundeskanzler Scholz, der auch zur Zeit G7-Vorsitzender ist, will diese mit einbeziehen. Die europäische Investitionsbank kann 2023 keine neuen Projekte in der Ukraine mehr fördern, weil die EU-Staaten beim Wiederaufbau bremsen. Vgl. HB 30./ 31.12. 22/ 1. 01 2023, S. 30f.

Erwartungen der EU an die Ukraine: 1. Rechtsstaatlichkeit effiziente Justiz, Auswahl Verfassungsrichter, Demokratie). 2. Korruptionsbekämpfung (neuer Leiter Anti-Korruption, Korruption auch durch Krieg hoch). 3. De - Oligarchisierung der Wirtschaft. 4. Grundrechte der Menschen (Minderheiten, freie Medien). Experten rechnen damit, dass ein Beitritt frühestens in 10 Jahren möglich ist. Schon jetzt ist die Ukraine in einigen Programmen (z. B. Erasmus). Hinzu kommen die wirtschaftlichen Kriterien (Konvergenzkriterien). Die Erweiterung der EU durch die Ukraine wird aber als geostrategische Investition gesehen. Am 2.2.23 reist die EU - Kommissionspräsidentin mit allen Kommissaren  in die Ukraine. Es ist ein EU - Ukraine - Gipfel. Es ollen weitere 150 Mio. € kommen (finanzielle, militärische, humanitäre Hilfe).

Ukrainische Exporte: Agrarprodukte, insbesondere Getreide (Weizen, Mais), auch Sonnenblumenkerne, Raps; Eisen/ Metalle, Mineralprodukte, Neon, Maschinen, Chemie, Holz. Bordnetze für Autos (BMW, VW). Die Ukraine ist nach Russland der drittgrößte  Weizenexporteur der Welt (8%, Russland 18%, USA 14%). Die Hauptimportländer sind die Türkei, Ägypten, Pakistan, Bangladesch, Libanon und viele EL. Diese Länder leiden und werden unter dem Krieg besonders leiden. Die größten Anbauländer sind China und Indien. In vielen EL dürften Hungersnöte ausbrechen. Die Ukraine exportiert auch Strom (Atomstrom). Ende Februar 2022 hat sich das Land mit Moldau vom ehemals sowjetischen Stromnetz abgekoppelt. Mitte März 22 erfolgte die Synchronisierung mit dem europäischen Netzwerk. Seitdem exportiert das Land 400 bis 700 Megawattstunden Strom in die EU und nach Moldau. Seit Kriegsbeginn bis Ende 2022 sind die Exporte der Ukraine in die EU um  +21% angestiegen.

Getreideabkommen und Getreide-Blockade: Im Ukraine-Krieg blockieren russische Kriegsschiffe im Schwarzen Meer die wichtigen Getreideexporte der Ukraine. Auf Vermittlung der UN und der Türkei kommt es zu einem Abkommen, das Russland die Schiffe durchlässt. Das Abkommen steht immer wieder auf der Kippe. Russland spricht von ukrainischen Drohnenangriffe auf russische Schiffe der Schwarzmeerflotte. Mal dürfen Getreidefrachter fahren, mal nicht. Die Ukraine sucht sich parallel neue Handelsrouten. Immer mehr Getreide wird über die Bahn durch Deutschland abgewickelt. Am 18.3.23 kann das Getreideabkommen verlängert werden. Dafür haben sich die Türkei und China eingesetzt. Russland droht immer wieder mit der Aufkündigung des Abkommens. Im Juli 23 scheint das abkommen zu scheitern. Russland kann seine eigenen Produkte nicht verkaufen (Dünger, Lebensmittel, Swift). Die Ukraine ist bereit zum Alleingang. Der Importstopp der EU führt zu Unstimmigkeiten zwischen Polen und der Ukraine.

Unternehmen in der Ukraine: Private Kurierdienst Nowa Poschta. Aeroprakt (Ultraleichtflugzeuge). Energieversorger Ukrenergo.

Ukraine und Deutschland/ EU: Die Ukraine möchte gerne in die Nato und die EU. Russland ist strikt dagegen und sieht eine rote Linie und alte Zusagen überschritten. Deutschland ist wegen North Stream 2 und nicht geleisteten Waffenlieferungen in der Kritik. Der Aufmarsch der russischen Truppen an der Grenze zur Ukraine scheint zumindest mehr Einigkeit in der EU und der Nato zu schaffen. Deutschland arbeitet mit der Ukraine zusammen. Mit Sachsens ehemaligem Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich gibt es einen Sonderbeauftragten der Bundesregierung für den Strukturwandel in den ukrainischen Kohleregionen. Rund 2 Milliarden Euro hat Berlin seit der Annexion der Krim durch Russland 2014 an nichtmilitärischer Hilfe für Kiew geleistet (an der Spitze). Weitere 150 Mio., € werden im Februar 2022 zugesagt. Die USA räumen einen Kreditrahmen von 1 Mrd. € ein. Die Ukraine profitiert ganz erheblich von den Durchfluss-Gebühren für russisches Gas, die sie durch North Stream 1 bekommt. Außerdem entnimmt sie ihr eigenes Gas. Deutschland und der Westen stehen vor einem Dilemma oder in der Sackgasse: Kiew in den Westen zu holen,  ohne Russland vor den Kopf zu stoßen, geht nicht. Im Februar 2022 billigt das EU-Parlament Notkredite für die Ukraine in Höhe von 1,2 Mrd. €, die in zwei Tranchen ausgezahlt werden . Seit 2014 hat die Ukraine bereits mehr als 17 Mrd. € an Krediten von der EU erhalten. Außenhandel zwischen den beiden Ländern: 7 Mrd. € aus Exporten und Importen. Platz 43. Quelle: Statistisches Bundesamt. Während des Ukraine-Krieges besucht der Kanzler Österreichs Nehammer als einziger Putin. Das IfW hat versucht die finanzielle, humanitäre und militärische Hilfe von außen insgesamt zusammenzurechen: Gemessen wird das Ganze als Anteil am BIP. Danach führt Estland. Militärisch liegen die USA vorne. Der ukrainische Botschafter Melnyk beleidigt immer wieder deutsche Politiker. Anfang Mai 22 vergleicht er Kanzler Scholz mit einer beleidigten Leberwurst. Mitte 2022 entsteht eine Diskussion in Deutschland, ob man stärker auf eine diplomatische Lösung drängen solle. Es gibt zwei Extrempositionen: 1. Gerade Deutschland solle keine Ratschläge geben. 2. Das Dogma, nur die Ukraine dürfe entscheiden, sei falsch. Am 25.1022 besucht Bundespräsident Steinmeier die Ukraine (mit der Bahn, zweimal verschoben). Am 10.1.23 ist Außenministerin Baerbock in der Ostukraine. Am 14.5.23 besucht Selenskyj  Deutschland. Er kommt nach Berlin und Aachen (Karlspreis). Deutschland will in nächster Zeit Waffen bzw. Militärausrüstung  im Wert von 2,7 Mrd. € an die Ukraine liefern. Selenskyj bedankt sich bei Deutschland.  Viele deutsche Paare haben sich den Traum von einer Familie mit einer Leihmutter in der Ukraine erfüllt. So sind manche Kinder ungeboren im Krieg. Vgl. FAZ 20.4.22, S. 6.

Ukraine und GB: GB liefert Waffensysteme an die Ukraine. 2023 werden vor allem Kampfdrohnen geliefert. Es soll auch Logistik und Ausbildung für Flugzeuge zur Verfügung gestellt werden.

Deutsche Unternehmen in der Ukraine: Ca, 2000 deutsche Unternehmen oder mit deutscher Beteiligung. Sie bieten rund 50.000 Arbeitsplätze. Die liste stammt von der Deutsch-Ukrainischen Industrie und Handelskammer (AHK Ukraine). Beispiele: Leoni aus Nürnberg mit 7000 Mitarbeitern.  Leoni produziert auch im Krieg, aber mit sinkenden Umsätzen. Kronberg & Schubert. Prettl aus der Nähe von Stuttgart. Der Gips-Hersteller Knauf  hat ein Werk in der Region Donbass. Auch die Metro ist in der Ukraine (26 Märkte). Vor Ort sind auch die DAX-Konzerne Bayer, Henkel, BASF. Vgl. HB Nr. 35, 18.19.20.2.22, S. 21. Die BASF hat eine Filiale in Kiew. Sie ist dort seit 1992 aktiv. Es gibt noch ein Regionalbüro in Lwiw (Lemberg) im Westen. Produktionsstätten hat die BASF nicht in der Ukraine. Die SAP hat ein Büro in Kiew. Auch die Münchener Röchling-Gruppe ist in der Ukraine. In St. Petersburg, in Russland, hat sie ein Verkaufsbüro. Aktiv in der Ukraine ist auch Freudenberg aus Weinheim. Der Berliner Online-Händler Zalando bezieht Textilien aus der Textil-Fabrik United Textile Group (UTG) aus Lwiw in der Westukraine. Zulieferer verlagern ihre Produktion teilweise aus der Ukraine (Kabelbaum, Leoni z. B.). Die Autobauer beteiligen sich an den Kosten. Manche Firmen produzieren weiter, mit Luftschutzkellern in der Firma. Noch 21 von 26 Metro-Märkten sind im April 22 offen. Vgl. auch: Macho, Andreas u. a.: "Wir werden nie aufgeben", in: WiWo Nr. 17/ 22.4.22, S. 48ff. Für den Landmaschinenhersteller Claas gehören die Ukraine und Russland zu den besten Kunden. Die Geschäfte ruhen im Krieg mit Russland, in die Ukraine wird geliefert. Mitte 2022 nehmen die meisten deutschen Firmen ihre Produktion wieder auf. Dazu gehören Leoni, Henkel, Viessmann, Metro, Knauf, HHLA.  Im April 2022 fordert der Chef der Deutsch-Ukrainischen Handelskammer, Alexander Markus, eine von der Politik gestützte Risikoversicherung für ukrainische Unternehmen. Dies erhielten zu wenig Bestellungen aus dem Ausland.

 

Aserbaidschan: In Vorderasien zwischen Kaspischem Meer und Kaukasus. 10 Mio. Einwohner. Hauptstadt Baku. Staatschef Ilham Alijew hat sein Amt praktisch geerbt (sein Clan soll die Öl- und Gaswirtschaft kontrollieren). Der Energiepreisverfall hat das Land zunehmend unter Druck gebracht.  Es kommt immer wieder zu Konflikten mit Armenien. Aserbaidschan ist muslimisch (überwiegend schiitisch). Es wird militärisch von der Türkei unterstützt, kauft aber auch Waffen in Russland (die türkei liefert Kampfdrohnen, die zum Einsatz kommen). Es gehörte zur Sowjetunion. Die Region Berg-Karabach ist seit langem umstritten zwischen dem Land und Armenien (hier leben überwiegend Armenier und Christen; 4400 Quadratkilometer). Es ist eine Enklave. Die selbsternannte Hauptstadt von Berg-Karabach ist Stepanakert (es regiert Präsident Arajik Harutjunjan, Republik Arzach). Im September 2020 kommt es zu einem Krieg mit Armenien. Russland will vermitteln. Es gibt im Krieg schon Dutzende von Toten Die Kämpfe nehmen zu. Die Gefechte lösen Flüchtlingsströme aus Berg-Karabach aus. Am 9.10.20 vereinbart man einen Waffenstillstand. Es sollen Friedensverhandlungen beginnen auf OSZE - Ebene (Minsker Gruppe: Russland, USA, Frankreich). Militärisch ist das Land Armenien weit überlegen (die Einnahmen aus dem Ölgeschäft flossen zum großen Teil in Rüstung). Der Waffenstillstand greift nicht. Es gibt immer wieder neue Angriffe auf Stepanakert. Immer mehr Zivilisten sind Opfer. Russland und die Türkei stehen sich immer mehr gegenüber. Russland betrachtet das als Eingriff in sein Hoheitsgebiet und schlägt in anderen Regionen zurück (Syrien). Die Türkei schickt syrische Söldner nach Berg-Karabach. Viele bezahlen mit ihrem Leben. Aserbaidschan gewinnt den Krieg um Bergkarabach. Vorerst hat die Türkei die Rolle der Regionalmacht übernommen. Die Armenier wollen sich nicht mit der Situation abfinden, damit gibt es kein Ende des Konfliktes. Der 2. Waffenstillstand sieht aber eine Rückgabe von Gebieten in Bergkarabach an Aserbaidschan vor. Aserbaidschan bekommt ca. zwei Drittel von Bergkarabach. Armenien soll ca. ein Drittel behalten. Russland soll den Frieden überwachen. Es kommt zu Völkerwanderungen der Armenier (Umsiedlungen). Im September 2022 kommt es wieder zu einem bewaffneten Konflikt mit Armenien. Aserbaidschan scheint auszunutzen, dass die russischen Truppen mit der Ukraine beschäftigt sind. Eriwan bittet Moskau um Militärhilfe. Beide sind Mitglieder des von Russland angeführten Militärbündnisses OVKS. Die Situation wechselt in der Folgezeit zwischen Waffenstillstand und Grenzkonflikten. Aserbaidschans Bedeutung für Deutschland wächst. Das Land will mehr Gas liefern. Es setzt im Kampf gegen Armenien deutsche Waffen ein. Eigentlich dürfte es die nicht besitzen. Staatschef Ilham Alijew will 2024 wieder gewählt werden. Am Erfolg gibt es keinen Zweifel. Demonstrativ geht er in Bergkarabach wählen. Er wird auch als Präsident bestätigt.

Aserbaidschan hat eine starke Lobby in Deutschland aufgebaut. Bundestagsabgeordnete werden dafür bezahlt, dass sie sich für das Land einsetzen. Das geht sogar bis in hohe Ämter in Ministerien. Das zeigt sich z. B. bei der Lieferung von Beatmungsgeräten aus Deutschland an das Land. Drei Abgeordnete sind im Visier ("Aserbaidschan Connection").

 

Armenien: Vorderasien. 3 Mio. Einwohner. Hauptstadt ist Eriwan. Das Land gehörte zur Sowjetunion. Der armenische Premier Nikol Paschinjan kam 2018 als Führer einer demokratischen Straßenrevolution an die Macht. Die Diaspora-Armenier unterstützen das arme Land. 2019 wuchs die Wirtschaft um acht Prozent (IT - Branche, Tourismus) Konflikte mit Aserbaidschan, die im Herbst 2020 in einen Krieg münden. Es geht um die Region Berg-Karabach im Kaukasus, die zu Aserbaidschan gehört, aber von Armenien kontrolliert wird (die Region erklärte ihre Unabhängigkeit, weil überwiegend Armenier und Christen hier leben). In Berg-Karabach leben 145.000 Menschen. Es besteht ein militärischer Pakt mit Russland (Militärbündnis OVKS). Russland unterhält einen Militärstützpunkt in Gjumri. Armenien ist christlich. Die Kämpfe könnten Pipelines bedrohen. Am 04./04. 10 nimmt Armenien erstmals die zweitgrößte Stadt von Aserbaidschan Gandscha unter Beschuss. Nach der Niederlage im Krieg gegen Aserbaidschan wird der Oppositionschef Artur Vanetsjan festgenommen. Er soll angeblich Mord- und Putschpläne gehabt haben. Aserbaidschan hat eine Frist gesetzt, für den Abzug der Truppen aus Bergkarabach. Der Abzug wird von russischen Truppen gesichert. Die USA erkennen am 24.4.21 den Völkermord an den Armeniern durch die Türkei an. Schon vorher haben das viele andere Länder getan (auch Deutschland). Die Türkei will bessere Beziehungen zu Armenien. Es soll eine Normalisierung kommen. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen sei das Ziel.  Schon 1988 war im mehrheitlich armenischen bewohnten Bezirk ein Kleinkrieg ausgebrochen. Er dauerte 4 Jahre. Es gab auch Massaker. Die siegreichen Armenier verdrängten über 40.000 Aserbaidschaner und besetzten ca. 22% des Gebietes. Immer wieder sind Konflikte aufgetaucht. Alle internationalen Vermittlungsversuche sind gescheitert.

2021 ist das Land in einer innenpolitischen Krise. Das Militär stellt sich Ende Februar 2021 auf die Seite der Opposition und verlangt den Rücktritt von Regierungschef Nikol Paschinjan. In der Hauptstadt Eriwan gibt es Demonstrationen. Im Januar 2022 tritt Präsident Sarkissjan zurück. Er verweist auf seine beschränkte Machtbefugnis.

Im Berg-Karabach, dem Teil der zu Armenien gehört (bis 2020 kontrollierte Armenien ganz Berg-Karabach) , gibt es immer mehr Hunger (man spricht von Aushungern). Asabaidschan blockiert den einzigen Zugang zu Armenien, den Latschin-Korridor. Im September 23 kommt eine "Anti-Terror-Aktion" von Aserbaidschan. Es erhebt die Forderung, ganz Berg-Karabach zu integrieren. Russland unterstützt in der Regel Armenien, die Türkei Aserbaidschan. Völkerrechtlich gehört die Region zu Aserbaidschan, die Armenier sind aber in der Mehrheit. Russland scheint jetzt das Vorgehen von Aserbaidschan zu tolerieren, weil es mit der Ukraine beschäftigt ist. Die Armenier sind erbost über die Russen. Schließlich erklärt sich Aserbaidschan zum Sieger (über 200 Tote) und will dei Macht übernehmen. Die Armenier fürchten Rache. Bis zu einem Friedensvertrag dürfte es noch weit sein. Jedenfalls ist die jahrzehntelange Selbstverwaltung von Armeniern erst mal vorbei. Tausende Armenier sind auf der Flucht. Dann wird bekannt gegeben, dass Berg-Karabach aufgelöst wird. Fast alle Armenier scheinen das Gebiet verlassen zu wollen

Armenien und Deutschland: Deutschland hat den Völkermord an den Armeniern anerkannt, ganz zur Empörung in der Türkei. Außenministerin Annalena Baerbock besucht im November 23 die Gedenkstätte für die Opfer des Völkermords an den Armeniern im 1. Weltkrieg. Sie ruft zur Einigung im Kaukasus auf.

Armenien und Iran: Das an Armenien grenzende Land wird für Armenien immer wichtiger. Da Russland mit dem Ukraine-Krieg beschäftigt ist und der Nachbar Aserbaidschan mit der Unterstützung der Türkei immer aggressiver wird, wird die Beziehung zum Iran immer wichtiger. Auch ökonomisch könnte das Land ohne Handel mit dem Iran kaum überleben.

Das kleine Land im Kaukasus ist eine alte Kulturlandschaft: orientalisch beeinflusst, aber christlich geprägt. Hier entstand im 4. Jahrhundert die erste Nationalkirche der Welt. Ihr heiliger Berg Ararat liegt heute jenseits der Grenze in der Türkei. Hier leben auch viele Armenier im Ausland. Vielleicht war in Armenien auch die Wiege des Weines. Vgl. Kosmos Welt-Almanach und Atlas, 2022, S. 47.

 

Kasachstan: Zentral-Asien. Größtes Binnenland der Welt. Größtes Land in Zentralasien. Hauptstadt Astana (Nur-Sultan neuer Name, 2 Mio. Einwohner). 19 Mio. Einwohner. Durchschnittsalter 32 Jahre.  BIP 2017 160 Mrd. US-$. 2019: 180 Mrd. US-$. Währung: Tenge. Staatsform: Präsidiale Republik. Verfassung von 1995. Kasachstan ist das neuntgrößte Land der Erde (achtmal so groß wie Deutschland). Es ist ein Vielvölkerstaat mit vielen Ethnien. Präsident Nursultan Nasarbajew tritt im Frühjahr 2019 nach 30 Amtsjahren zurück. Nachfolger wurde sein Weggefährte Kasym-Schomart Toqajew. Nasabajew und sein Clan lenken aber weiterhin aus dem Hintergrund. Er ist ein enger Freund von Russlands Staatschef Putin. Außerdem hat Kasachstan ein gemeinsames Militärbündnis mit Nachbarstaaten, das von Russland angeführt wird. Es ist das Militärbündnis OVKS (sechs Staaten der ehemaligen Sowjetunion). Hauptvorteil für die Mitglieder ist der Rabatt, den sie beim Kauf russischer Waffen erhalten. Eigentlich ist das Bündnis nur die Verpackung für Moskaus Beistand. Kasachstan hat zu Russland eine Grenze von 7500 km. Beide fürchten das Einsickern von Islamisten - wie auch China.

Grenzen: Das Land grenzt an Russland, China, Turkmenistan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan.

Politik: Autoritär geführte Präsidialrepublik. Am 20.11.22 findet eine Präsidentschaftswahl statt. Es gibt 5 Kandidaten. Eigentlich hat nur Amtsinhaber Toqajew eine Chance, der dann auch mit über 80% der Stimmen gewinnt. Genau sind es dann 81,3%. Die OSZE kritisiert einen Mangel an Wettbewerb. Ministerpräsident ist Älichan Smajylow. Regierungspartei ist Nur Otan. Die Verfassung stammt aus dem Jahr 1995.

Korruption: Das Land ist auf dem Korruptionsindex gang oben. Die Korruption gehört aber auch zur Kultur. Die Rohstoffe haben dem Land einen gewissen Wohlstand gebracht, der sehr unglich verteilt ist. Besonders profitieren die Oligarchen, deren Unternehmen mit dem Präsidialregime verbandelt sind. 2022 und 2023 profitiert das Land als Drehscheibe des Außenhandels des Westens mit Russland.

Wirtschaft: Das Land hat hohe Öl- und Gasvorkommen. Leider kommen die Einnahmen nicht dem ganzen Volk zugute, sondern nur einer Elite. Außerdem beherbergt das Land den russischen Weltraumflughafen Baikonur. Kaschstan ist in der Eurasischen Wirtschaftunion, in der auch Russland ist.  Die deutsche Bahn-Tochter DB Engineering & Consulting berät seit 2019 die kasachische Bahngesellschaft KTZ. Kasachstan hält 41% an der weltweiten Uranproduktion (Australien folgt mit 13%). Der größte Produzent ist Kazatomprom mit fast 11.000 Tonnen (Weltmarktanteil 22%). Die großen Minen heißen: Inkai, Karatau, Kharasan. Mehr als 10.000 Jahre gibt es Wildäpfel in Europa und Westasien. Das genetische Material für den modernen Apfel stammt aus Kasachstan.

2021 gibt es starke antichinesische Proteste. Daraufhin macht die Regierung ein Gesetz: Dieses verbietet Ausländern bzw. (mehrheitlich) ausländischen Unternehmen Besitz oder Pacht von Agrarland zu verbieten. China ist der wichtigste Handelspartner. Es gibt auch große Vorbehalte gegen die Wasserentnahme in der chinesischen autonomen Provinz Xinjiang aus dem Ili. Außerdem gibt es viele Familienangehörige der unterdrückten Muslime in Xinjiang, die auf China nicht gut zu sprechen sind.

Flüchtlinge aus Xinjiang: Uiguren fliehen aus der Provinz. Die meisten Uiguren fliehen ins Nachbarland Kasachstan. Es gibt mittlerweile im Land Hilfsorganisationen, die ein Unterstützungsnetzwerk aufgebaut haben. Die Flüchtlinge beschreiben die Lage in den Umerziehungslagern und in der Provinz (sie ist abgeschottet , Ausländer kommen fast nicht mehr rein) Die Uiguren sind Moslems. China hat Angst vor Separatismus und setzt alle Methoden der Unterdrückung ein (Umerziehung, Auslöschung der Kultur, Zwang zur Verhütung, Umsiedlung von Han wie in Tibet und der Inneren Mongolei; China hat den Zerfall der Sowjetunion warnend vor Augen). Flüchtlinge gehen auch in die Türkei und nach Deutschland. München ist in Deutschland ihr Zentrum. Die Uiguren haben Lobby-Organisationen aufgebaut, die ihre Interessen wirksam in Berlin und Washington vertreten.

Unruhen: Anfang 2022 ist Kasachstan in Aufruhr. Es besteht großer Unmut über hohe Preise für Flüssiggas und Benzin. Es kommt zu gewaltsamen Protesten (vor allem in Almaty, der größten Stadt). Die Regierung ist zurückgetreten. Ein landesweiter Ausnahmezustand wird verhängt. Russland und die OVKS schicken auf Wunsch 3000 Fallschirmjäger und weitere Truppen ins Land. Man spricht von Terrorgruppen aus dem Ausland. Das sagt Russland zwar immer in solchen Fällen, aber diesmal könnte es zutreffen. Es könnten Gruppen aus dem Nahen Osten und Afghanistan sein. Tokajew erteilt den Schießbefehl. Eine andere Theorie lautet: Es findet ein Clan-Kampf statt. Tokajew hat den Einfluss des Clans von Nasabajew zurückgedrängt. Die Menschen werden nur instrumentalisiert. Vgl. auch: Esch, Christian: Hilfe mit Hintersinn, in: Der Spiegel Nr. 2/ 8.1.22, S. 99. Ca. 4400 Menschen werden festgenommen, 40 getötet. Das Internet in Almaty wird abgeschaltet. Bis zum 10.1.22 sind es schon 164 Tote. Fast 8000 Menschen sind verhaftet worden. Tokajew spricht davon, dass die Ordnung wiederhergestellt ist. Russland betont, dass "Friedenstruppen" keine "bunten Revolutionen" dulden.  Russland hat Angst vor einem zweiten Afghanistan. Es gibt wohl über 40 Ausbildungslager an den Südgrenzen des OVKS. Auch Tadschikistan fürchtet Eindringlinge.

Kasachstan ist bei der Lieferung seiner Rohstoffe auf Russland angewiesen. Die Ölexporte hängen von russischen Pipelines ab (Transkaspische Pipeline nach Noworossiysk am Schwarzen Meer). Das Land braucht auch die Transportwege durch Russland. Ein angeblicher Sturmschaden sorgt im Ukraine-Krieg dafür, dass besonders wenig kasachisches Öl Richtung Europa fließt. Im Juli 2022 stoppt Russland die Ölzufuhr aus dem Land  nach Europa offiziell. Kasachstan ist reich an Erdöl, Erdgas, Uran, Metallerze und Kohle.

Wirtschaftsintegration: Das Land gehört zur russisch geführten Eurasischen Wirtschaftsunion (EEU). Es pflegt aber auch gute Beziehungen zu der VR China und Europa.

Kasachstan und Deutschland: Ende Oktober 2022 besucht die deutsche Außenministerin Kasachstan. Man schließt eine Energiepartnerschaft ab. Bei alternativen Energien soll zusammengearbeitet werden. Kasachstan hat die Rohstoffe, Deutschland die Technologie (Win-Win). Das Land, das seit 1991 unabhängig ist, sucht nach Partner in der Welt (neben Russland und China). 2023 wird eine Energiepartnerschaft mit Deutschland geschlossen. Es sollen die größten Windpark- und Solaranlagen der Welt entstehen. Da sist bei Manguptan. Über den Hafen von Korik soll die Energie verschifft werden. Dabei ist auch die deutsche Firma Svevind.

Deutschland untersagt die Ausfuhr von Rüstungsgütern in das Land. Kasachstan hat sich immer relativ unabhängig präsentiert und hat Deutschland bei der Ausreise von heimischen Personal in Afghanistan geholfen. In den letzten Jahren gab es 25 Genehmigungen und den Export von Rüstungsgütern im Wert von 2,2 Mio. €

Kasachstan und deutsche Unternehmen: Kasachstan gilt bei vielen deutschen Unternehmen als Ersatz für Russland (in den Sanktionen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg). Sie haben sich an die Behörden in Kasachstan gewannt. Im Mai 22 will eine Wirtschaftsdelegation mit mehr als 60 Vertretern von deutschen Unternehmen in das Land reisen: unter anderen Siemens, Knauf, Linde, Rhenus Logistics. Das Land bietet sich auch als Standort für Treuhandgesellschaften an, die russische Tochtergesellschaften deutscher Konzerne übernehmen. Kasachstan umwirbt Investoren mit Rohstoffen und bis zu 25 Jahren Steuerfreiheit. Das Land hat zwei Haken: Das politische System (Proteste) und die Lage (braucht die Infrastruktur Russlands). Trotzdem wirbt Deutschland massiv um Zentralasien. Man hat zu lange die Region im Schatten der Großmächte China und Russland gesehen. Im Zuge des Krieges von Russland gegen die Ukraine ändert sich das - für beide Seiten. Ende September 2023 findet deshalb ein Zentralasien-Gipfel im Kanzleramt statt, mit den Staatschefs.

Kasachstan/ Astana als Neu-Moskau: Mit Rohstoffen, Ackerland und Sonderkonditionen wirbt das Land um Investoren. Unternehmen aus Deutschland wittern die Chance, um weiter mit Russland zu dealen. Sie müssen 25 Jahre keine Steuern zahlen, wenn sie sich in einer der Wirtschaftszonen des Landes ansiedeln.

Flüchtlinge in Deutschland: Viele Menschen aus Kasachstan sind nach Deutschland geflohen.

Naturkatastrophen: Im April 24 gibt es große Überschwemmungen. Einige Flüsse sind weit über die Ufer getreten, insbesondere der Ural.

 

 Kirgisistan: Zentral-Asien. 6,2 Mio. Einwohner. Hauptstadt Bischek. Parlamentarische Republik. Verfassung von 2010.   BIP 2017 7,6 Mrd. US-$.   Nach umstrittenen Parlamentswahlen im Oktober 2020 kommt es zu massiven Unruhen. Die Wahlkommission erklärt das Wahlergebnis für ungültig.  Der Ex-Präsident wird aus dem Gefängnis befreit. Die Opposition fordert einen Koordinierungsrat. Das Land hat viele ethnische Gruppen (Kirgisen, Usbeken, Russen, Dungan u. a.)  90% der Menschen sind Muslime. Es kommt zu einer Wahl. Schaparow, der als nationalistischer Populist gilt, gewinnt.

Die Führung wechselte schon wiederholt. Das geschah auch durch Tumulte. Russland hat nie eingegriffen. Aber die Tulpenrevolution im März 2005 löst im Kreml Angst vor weiteren pro-demokratischen Aufständen aus.

In der Kultur gilt noch die Tradition des Brautraubs. Sie ist noch weit verbreitet. Vgl. Stern 1/2022.

Im September 2022 bricht wieder mal ein Grenzstreit mit Tadschikistan aus. Russland und die UN vermitteln.

Kirgistan hat sich bis 2024 zum größten Markt der Welt für Textilien, Schuhe u. a.  aus China entwickelt. Man spricht von "Basar-Ökonomie". Der markt blühte auf mit dem Beitritt des Landes zur WTO. Man will auch Waren weiter transportieren nach Georgien und Europa. Im Land werden Straßen und Eisenbahnlinien ausgebaut. Vgl. WiWo 10/ 1.3.24, S. 58ff.

 

Tadschikistan: Zentralasien. 10,14 Mio. Einwohner (2022). Hauptstadt Duschanbe. Verteilung der Bevölkerung: Stadt 28%; Land 72%. Bevölkerungsgruppen: Tadschiken, Usbeken, Kirgisen, Russen u. a. Religionen: Muslime 97%, Christen 2%. Amtssprache: Tadschikisch.

 BIP 2022 10,47 Mrd. US-$. 2017 7,1 Mrd. US-$. 2019: 8,12 Mrd. US-$. Währung: 1 Somoni = 100 Diram.

Präsidiale Republik. Staatsoberhaupt: Präsident. Jahr der Verfassung 1994.

China baut ab Ende 2021 in dem Land eine neue Basis für Sondereinsatzkräfte. Das ist wegen der Machtergreifung der Taliban in Afghanistan. Die Frage ist, ob das für den Einsatz chinesischer Soldaten gedacht ist. Das Land ist Mitglied der OVKS, steht also auch unter dem Schutz Russlands. Im September 22 bricht der Grenzstreit mit Kirgistan wieder auf. Die UN versucht zu vermitteln, ebenso Russland. Es geht um Land- und Wasserressourcen.

Exkurs. Tadschikistan als Punkt einer Urseidenstraße: Globalisierung hat es schon immer gegeben, nur in kleineren Räumen und durch Kriege unterbrochen. Als Beispiele seien die Ansätze in der Bronzezeit (Zinn gegen Bernstein), das Imperium Romanum,  die Hanse in der mittelalterlichen Weltwirtschaft, Portugal und Spanien im 15. Jh. (Zusammenbruch der europäischen Silberminen durch die Entdeckung Amerikas), die Fugger und Welser als reichste Handelsfamilien der Welt im 16. Jh. , sowie die Niederlande (Ostindien-Kompanie) und England im 17. und 18. Jh. genannt. So zeigen die Bilder des niederländischen Malers Jan Vermeer Kernpunkte der Globalisierung im 17. Jahrhundert (Die Perlenwägerin, Der Geograph, Briefleserin am offenen Fenster). Manche Kollegen sehen historisch auch die Entdeckung des Seeweges nach Indien 1498 durch Vasco da Gama und die Gründung von Kalikut/ Kappad Beach als Geburtsstunde der Globalisierung an. Schon vorher hatten Portugal und Spanien  1494 im Vertrag von Tordesillas die Welt unter sich aufgeteilt (der Portugiese Chabral hatte Brasilien entdeckt; der Spanier Bartolomeus Diaz entdeckte das Kap der Guten Hoffnung). Jedenfalls begann mit der Entdeckung Amerikas die Globalisierung von Tieren, Pflanzen und Mikroben (z. B. Kartoffeln, Gummi). Forschende haben Zinnbarren aus einem bronzezeitlichen Schiffswrack 2022 im Mittelmeer (Uluburun) analysiert. Ein Teil des kostbaren Metalls stammte demnach aus Zentralasien. Vor 3300 Jahren (1300 v. Chr.) war die Globalisierung also schon fortgeschritten.  Das Ziel war wohl der mykenische Kulturkreis. Die Mine liegt in Muchiston (heute in Tadschikistan)  in Zentralasien am Hindukusch.. Es muss also eine Urseidenstraße gegeben haben. In Begasch fand man mehr als 4000 Jahre altes Getreide aus China und aus Mesopotamien. Zinn wurde in der richtigen Mischung mit Kupfer zu Bronze verarbeitet. Daraus wurden in der Regel Waffen hergestellt.

 

Turkmenistan: Bevölkerung: 6,52 Mio. Einwohner (2022). Verteilung: Stadt 53,5%; Land 46,5%. Hauptstadt Asgabat.  1972 entdeckt ein russischer Archäologe eine bisher unbekannt Hochkultur der Bronzezeit. Er nennt die Kultur "Margiana". 1700 v. Chr. wird die Hauptstadt Gonur Depe ("Grauer Hügel") verlassen. Vgl. dazu eine Ausstellung im Reiss-Engelhorn-Museum 2019 in Mannheim.

Politik: Präsidiale Republik. Jahr der Verfassung 2008.

Wirtschaft: BIP 2022 78 Mrd. $. BIP 2017 43 Mrd. US-$. Wachstum BIP 1,8%. BIP/ Kopf 12.500 US$. Anteil BIP an Sektoren: Landwirtschaft 11,4%; Industrie 46,5%; Dienstleistungen 42,1%.

Außenhandel: Import 2,91 Mrd. US$. (Maschinen, eisen- und Stahlwaren, Elektrische Maschinen). Export 11,7 Mrd. US$: Mineralische Brennstoffe, Düngemittel, Baumwolle.

Ruhnama: Von Turkmenbashi. Wichtigstes Buch in Turkmenistan. Es steht für die Kultur des Landes. Es ist Pflichtlektüre. Es machte mal ein Viertel des Schulstoffs aus. Das buch wurde in über 40 Sprachen übersetzt. Die Übersetzung in die deutsche Sprache wurde von Siemens und Daimler finanziert. Turkmenistan ist ein wichtiger Gaslieferant. 

 

Usbekistan: Mit 35,16 Mio. Einwohnern/ 2022 ist es das größte Land Zentralasiens. Hauptstadt ist Taschkent. BIP 2022 80,42 Mrd. US$. BIP 2019: 58 Mrd. US-$ (Wachstum 5,6%; BNE/ Kopf 1832 US-$). Inflation 2022 11,4%. Besteht seit der Abspaltung von der Sowjetunion 1991. Seitdem regierte Diktator Islam Karimov, der 2016 starb. Seitdem regiert ein Präsident (Schawkat Mirsijojew). 2014 gab es nach Angaben der ILO noch 14% Zwangsarbeiter. Das Land ist ein Agrarland. Es ist einer der größten Baumwollproduzenten der Welt ("weißes Gold").  Religionen: Muslime 88%, Christen 9%, sonstige 3%. Ethnische Gruppe: Usbeken, Tadschiken, Kasachen, Russen, Karakalpaken, Tataren u. a. Anteil BIP nach Sektoren: Landwirtschaft 27,3%; Industrie 34,4%; Dienstleistungen 38,3%.

Immer wieder gibt es Unruhen im Land. Im Juli 2022 kommen dabei 18 Menschen ums Leben, es gibt 240 Verletzte. Die Proteste sind in Nukus ausgebrochen. Es ist die Hauptstadt der autonomen Republik Karakalpakstan im Westen des Landes. Die Proteste richten sich gegen die Verfassungsreform, die die Autonomie der Regionen beschränken soll. Experten rätseln darüber, warum man am Status der Region was ändern will. Sie liegt zwischen Russland, Iran, Afghanistan und China. Spannungen waren schon immer an der Tagesordnung (ethnische Konflikte, Armut, Rivalität von Herrschern, Covid). Eine ganz konkrete Ursache ist dominant: Wegen des Ukraine-Krieges und der Sanktionen fallen Überweisungen von Gastarbeitern in Russland weg. Vgl. Veser, Reinhard: Jetzt auch in Usbekistan, in: FAZ Nr. 154/ 6.722, S. 8,

Usbekistan als Alternative zu Russland: Auf der Suche nach Alternativen zu Russland will die deutsche Wirtschaft ihre Beziehungen zu Usbekistan ausbauen. 110 Unternehmerinnen und Unternehmer besuchen im Juli 2022 mit einer Delegation des Ostausschusses das Land. Sechs Abkommen werden unterzeichnet in dreistelliger Millionenhöhe Medizinausrüstung, Eisenbahn, Landtechnik, Baustoffe). Die Region hat hohe Vorkommen an Edelmetallen (Elektromobilität, Klimawandeltechnik). Vgl. WiWo 28/ 8.7.22, S. 9.

Am 01.11.22 besucht die Bundesaußenministerin das Land. Usbekistan verfügt über hohe Kupfervorkommen, daneben auch viel Gold und Silber. Deutschland will die Rohstoffe importieren.

Deutschland wirbt massiv um Zentralasien. Man hat zu lange die Region im Schatten der Großmächte China und Russland gesehen. Im Zuge des Krieges von Russland gegen die Ukraine ändert sich das - für beide Seiten. Ende September 2023 findet deshalb ein Zentralasien-Gipfel im Kanzleramt statt, mit den Staatschefs.

Samarkand in Usbekistan ist auch heute noch einer der Höhepunkte der Seidenstraße. Es gibt unzählige alte Koranschulen (Medresen), Mausoleen und Moscheen. Es ist eine der ältesten durchweg bewohnten Städte Zentralasiens. Immer noch werden hier wertvolle Seidenteppiche hergestellt. Im Herzen der Stadt liegt der Registan-Platz, einer der schönsten Plätze weltweit. Die Architektur ist im timuridischen Stil mit persischer Note gestaltet. Timuriden waren muslimische Herrscher unter Timur, einem mongolischen Militärführer im 14. Jahrhundert, der in Usbekistan als Nationalheld gefeiert wird. Die Totenstadt Sha - i Zinda ("lebender König") zeigt Glanzstücke von Samarkands Mausoleumbaukunst.

Quellen: Der Neue Fischer Weltalmanach 2019, 2024 Frankfurt (Fischer Verlag). Wikipedia. Siegert, Jens: 11 Gründe, Russland zu lieben, Berlin 2019 (Schwarzkopf). Statistisches Jahrbuch des Auslands, Statistisches Bundesamt (StBA), Wiesbaden 2019. Auch Länderprofile vom StBA. Bundeszentrale für Politische Bildung. Länderinformationen des Auswärtigen Amtes. Der Neue Kosmos Welt-Almanach & Atlas 2021 und 2022, Stuttgart 2020 und 2021. Einzelne Zeitungsartikel aus allen gängigen Zeitungen und Zeitschriften. Die wichtigsten Artikel sind als Quellen bei den jeweiligen Abschnitten angegeben. Krone-Schmalz, Gabriele: Eiszeit. Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist, München 2017 (Beck). Dies.:  Russland verstehen, München 2016 (Beck). Stent, Angela: Putins Russland, Berlin (Rowohlt) 2019. Atai, Golineh: Die Wahrheit ist der Feind. Warum Russland so anders ist, Berlin (Rowohlt) 2022 (3. Auflage). Gloger, Katja: Putins Welt, München (Piper) 2022 (3. Auflage). Belton, Catherine: Putins Netz, 2022. Eltchaninoff, Michel: Putins Kopf, Stuttgart/ Klett-Cotta 2015. Michael Thumann: Revanche, München (Beck) 2023. Interview mit Martin Schulze Wessel (Geschichte Osteuropas, LMU München), in: HB 80/ 25.4.23, S. 12f. Fischer, Sabine: Die chauvinistische Bedrohung: Russlands Krieg und Europas Antworten, Econ-Verlag 2023. Hubert Seipel: Putins Macht, 2021 (2023 kommt heraus, dass Seipel 600.000 € aus Russland erhalten hat, Leak über Zypern. Sponsoring für gutes Bild?).

 

Iran (Persien):

Bevölkerung und Geografie: Ca. 85 Mio. Einwohner 2021 (fast soviel wie Deutschland, 83 Mio. laut Volkszählung 2011 und Fortschreibung). Lebenserwartung: Frauen 77,1 Jahre; Männer 74,8 Jahre (2016). Bevölkerungsdichte: 50,37 Einwohner pro Quadratkilometer. Geburtenrate: 1,66 Geburten pro Frau (2016). 2022 ist jeder zweite Iraner jünger als 30 Jahre. Die meisten Menschen wurden nach der Revolution 1979 geboren. Bevölkerung unter der Armutsgrenze: 14%.

Fläche: 1 648 195 Quadratkilometer. Küstenlänge: 2440 km. Größte Städte: Teheran (8,1 Mio., Großraum 15 Mio., Hauptstadt), Mashhad (2,7 Mio.), Esfahan (1,7 Mio.). Residenzstadt des alten Perserreiches: Persepolis. Längster Fluss: Karun (830 km). Höchster Berg: Damavand (5671 m). Größte Insel: Qeshm (1500 Quadratkilometer).

Landes-Teile: Großraum Teheran. Landesmitte: mit Esfahan, Persepolis. Der Westen: Alamut-Tal, Sabalan-Gebirge, Dorud. Der Nordosten: Damavand, Nationalpark Khar Turan. Der Südosten: Wüste Lutt. Der Süden: Geopark Qeshm.

Bedeutende Städte: Teheran (9,26 Mio. Einwohner); Maschad (3,26); Isfahan, Shiraz, Tabriz, Damavand.

Grenzen: Im Norden Grenzen zu Armenien, Aserbaidschan, und Turkmenistan sowie zum Kaspischen Meer. Im Westen zum Irak. Im Süden zum Persischen Golf und Golf von Oman. Sehr wichtig sind die Grenzen im Osten zu Afghanistan und im Nordwesten zur Türkei. Über diese beiden Grenzen kommen größere Flüchtlingsströme. Beständig Flüchtlinge vom Iran in die Türkei. Zuerst Flüchtlinge aus dem Iran nach Afghanistan, Ende 2021 und 2022 von Afghanistan in den Iran. Wichtige Grenzstadt ist hierfür Zahedan. Das Menschen-Schmuggel-Gewerbe blüht.

Minderheiten: Es gibt viele Minderheiten im Land, die immer unterdrückt wurden. Kurden im Westen. Belutschen im Südosten. Sunnitische Araber im Süden.

Frauen im Iran: Das Gesetz zum Schutz der Gleichberechtigung von 1967 wurde ausgesetzt. Die Frauen sind aber inzwischen oft besser ausgebildet als die Männer. Sie drängen an die Universitäten und den Arbeitsmarkt. Sie stoßen an ihre Grenzen, wo islamische Gesetze ihre Rechte einschränken. Die Fußballstadien im Iran sollen 2019 auch für Frauen geöffnet werden. Die politischen Machthaber scheinen mittlerweile mehr Angst vor den Frauen zu haben als vor den ideologischen Gegnern. Ein Wandel würde über die Frauen vor sich gehen. Vgl. auch: Atai, Golineh: Iran. Die Freiheit ist weiblich, Berlin 2021 (Dezember).

Die Frauen treiben 2022 auch die Proteste gegen das Regime der Kleriker an. Ihre Wut hat sich lange aufgestaut. Die Kontrolle des weiblichen Körpers gehört zum ideologischen Fundament wie die Feindschaft zu USA und Israel. Vgl. Atai, Golineh: "Ihr ehrlosen Dreckskerle", in: Die Zeit Nr. 40/ 29.9.22, S. 6. "Was die Iranerinnen gerade vollbringen, ist etwas sehr Seltenes: eine menschliche und politische Höchstleistung", Topcu, Özlem: Was für ein Mut! in: Der Spiegel Nr. 42/ 15.1022, S. 8. Irans Klettermeisterin Elnas Rekabi nimmt bei den Asienmeisterschaften in Seoul das Kopftuch ab. Bei ihrer Rückkehr in den Iran bekommt sie Hausarrest. Seit 1979 müssen Iranerinnen in der Öffentlichkeit ein Kopftuch tragen, auch bei Sport. Ihr droht jetzt der Ausschluss aus der Nationalmannschaft. Vor nicht allzu langer Zeit ist der Iran Mitglied der UN-Frauenrechtskommission geworden (mit Unterstützung Deutschlands). Am 15.3.23 wird die bekannte Aktivistin Sepideh Gholian überraschend freigelassen. Es könnte ein Signal zur Beruhigung sein. 2023 will dei iranische Regierung den Kopftuchzwang mit Überwachungstechnik aus China durchsetzen.

Exkurs. Shirin Ebadi: Friedensnobelpreisträgerin (2024 76 Jahre alt). Sie kämpft gegen die Mullahs und für Menschenrechte. Sie lebt in London. 2023 hatte eine zweite Iranerin den Friedensnobelpreis bekommen: Narges Mohammadi, in Abwesenheit verliehen, denn sie sitzt im Gefängnis im Iran. Vgl. Focus 10/ 2024, 2.3.24, S. 49ff.

Exkurs. Apameh Schönauer: Gebürtige Iranerin, Architektin und Mutter zweier Kinder. 2024 wird sie die neue Miss Germany. Sie ist Gründerin des Netzwerks Shirzan für unterdrückte Frauen.

Verhältnis Männer-Frauen: Das Regime trennt auch strikt Männer und Frauen (islamisches Recht). Das gilt für auch für Schulen und Hochschulen. bei Scheidungen bekommt der Mann das Sorgerecht für die Kinder. Das Regime hat im Dezember 2022 angekündigt das Hidschab - Gesetz zu lockern. Wahrscheinlich wird die Reform aber nicht kommen, weil die Hidschab ein wichtiges Symbol ist. Vgl. Im Ring der Lügen, in: Der Spiegel 50/10.12.22, S. 92f. Ein weiteres wichtiges Symbol ist das Kopftuch. Es wird ab Mitte 2023 wieder massiv durchgesetzt und sanktioniert.

Geschichte/ Epochen: Vorgeschichte (800-2500 v. Chr.). Die Hochkultur von Elam (2600-539 v. Chr.). Weltreich der Achämeniden (550-330 v. Chr., Kyros der Große, Gründer des persischen Reiches). Stammprovinz war Persis, heute Fars. Die Parther (245 v. Chr. - 224 n. Chr). Die Umayyaden und der Siegeszug des Islam (660-749). Die Abbasiden und das Goldene Zeitalter des Islam (750-1258). Die türkische Dynastie der Sedschuken (1040-1194). Im 13. Jahrhundert verleibten die Mongolen das Land ihrem Großreich ein. Die schiitische Weltmacht der Safawiden (1501-1722). Die Afshariden und die Zand-Dynastie (1730-1747). Dynastie der Quadjaren (1794-1925). Die Pahlavi-Dynastie und die Revolution 1925-1979).

Wendepunkte und wichtige Ereignisse, hauptsächlich  in der neueren Geschichte: Alexander der Große erobert das Reich 334 v. Chr. Er lässt Persepolis niederbrennen. Als die Mongolen den Iran eroberten war die globale Ausrichtung zu Ende (1221-1335).  Während des ersten Weltkriegs (1914-1918) hielt GB weite Teile des Landes besetzt.1953 wurde der Putsch der Armee von der CIA und dem MI5 geplant: Der Schah erlangt wieder die Macht. 1963 mit 99% Volkszustimmung. "Weiße Revolution": Frauenwahlrecht, Landreform, Privatisierung der Industrie, Alphabetisierungsoffensive. Islamische Revolution 1979. Ajatollah Chomeini kehrt aus dem Exil in Paris zurück nach Teheran. Gründung der Revolutionsgarden nach Erlass des Revolutionsführers. 1979 bis 1982 Islamisierung des Justizwesens, der Schulen und Hochschulen, der Wirtschaft und Medien. Ein Großteil der Wirtschaft wird verstaatlicht. 1980 Angriff des Irak, achtjähriger Irak-Iran-Krieg. 1988 Waffenstillstand. Größte Hinrichtungswelle politischer Gefangenen im Iran. 1989 stirbt Chomeini. Der Expertenrat wählt Ali Chamenei  zum Nachfolger. 1997 wird der Reformer Mohammad Chatami zum Präsidenten gewählt. 2003 marschieren Truppen der USA und GB im Nachbarland Irak ein. Nach dem Ende des Krieges baut Iran seine Macht im Irak über die Schiiten und ihre Milizen aus. 2009 gewinnt eigentlich der Kandidat der Grünen Bewegung Mir Hossein Mussawi die Wahlen. Aber Ahmadinedschad ("Lügenbaron") wird zum Sieger ausgerufen. Es gibt Massendemonstrationen gegen die Wahlfälschungen, Zusammenstöße und Festnahmen (mindestens 5000 Menschen). 2019 gibt es wieder Massendemonstrationen (Erhöhung der Benzinpreise, gegen die politische Ordnung).  Man spricht von 1500 Toten. 2020 wird der General der Revolutionsgarden Ghassem Soleimani durch die USA getötet. Im Juni 2021 gewinnt Ebrahim Raissi die Wahlen zum Präsidenten (ehemaliger Staatanwalt, später Justizchef, er war für Massenhinrichtungen verantwortlich). Im Herbst 2022 wieder Massenproteste (die Kurdin Amiri, die wegen falschen Kopftuchtragens von der Sittenpolizei verhaftet wurde, stirbt nach Gewalt in der Haft).

Staatssystem (Regierung und Politik, Islamische Republik Iran):  Als Begründer des heutigen Iran gilt Ismail (1502, Safawiden-Dynastie, Schah, dauerhaft Schiitisch).  An der Spitze des Staates steht heute ein Expertenrat (aus 86 hochrangigen Klerikern, Ali Chamenei an der Spitze, der Präsident ist nicht so mächtig). Als "islamische Revolution" mit Partizipation der Bevölkerung ist eine Art Gegenentwurf zu Saudi-Arabien. Verbündete sind Katar, Syrien, Libanon. Die Beziehungen zu China sind eng. Schiitische Schutzmacht (Konflikt mit Saudi-Arabien im Jemen und in Syrien). Die Beziehungen zu den USA sind stark vorbelastet: 1953 wird Premier Mossadegh durch die CIA gestürzt. Dann wird die Monarchie des Schahs gestützt. Am 1.2.1979 kehrt Ayatollah Chomeini aus seinem Pariser Exil nach Teheran zurück.  Am 18.6.21 gibt es eine Präsidentenwahl im Iran (592 Kandidaten). Gewinner ist der Geistliche Ebrahim Raisi (ultra- konservativ, große Konkurrenten wurden vom Wächterrat ausgeschlossen; Raisi erhält bei einer historisch geringen Wahlbeteiligung knapp 60%). Er gibt sofort bekannt, dass er Biden nicht treffen wolle. Er setzt den Willen des obersten Führers um. Ajatolla Chameini besitzt die Gewalt über Militär, Revolutionsgarden, Milizen und Ordnungskräfte, über die Sicherheitsdienste, Justiz und den staatlichen Rundfunk. Im Mai 2022 wird ein Oberst der Revolutionsgarde in seinem Auto erschossen. Man vermutet "imperialistische Mächte" hinter dem Attentat (Israel, USA). "Das System ist ideologisch bankrott, politisch in einer Sackgasse, wirtschaftlich in großen Schwierigkeiten, unfähig, seine strukturellen Probleme zu lösen und dem Volk Wohlstand zu verschaffen", Ali Vaez, in: Die Zeit 51/ 8.12.22, S. 11.

Politische Macht im Regime: Staatsoberhaupt ist Ali Chameini. Er ist bereits 83 Jahre alt 2022 (die Nachfolge dürfte schwierig werden). Er ist auch Revolutionsführer und auf Lebenszeit ernannt. Präsident ist Ebrahim Raissi. Er ist der Regierungschef, maximal zwei Amtszeiten zu je vier Jahren. Chameini benennt der Expertenrat (88 muslimische Rechtsgelehrte, nicht alle liegen auf einer Linie: eher liberal Alavi-Buharuny). Er benennt auch den Wächterrat (6 religiöse Juristen, 6 weltliche Juristen). Er genehmigt die Kandidaten des Expertenrats. Das Volk (59 Mio. Wahlberechtigte) wählt das Parlament. Chameini ist der Oberbefehlshaber über die Streitkräfte: 410.000 Soldaten der regulären Armee, 200.000 Pasdaran/ Revolutionsgarde, 600.000 Basidschi (von Pasdaran kontrollierte freiwillige Milizionäre). Im Grunde genommen gibt es zwei Armeen im Iran, die nebeneinander stehen. Grund ist, dass die politischen Islamisten immer Angst vor einem Militär-Putsch hatten, was begründet ist. Mullahs und Pasdaran zeigen sich 2023 noch als hermetischen Block. Doch das könnte sich ändern, wenn Revolutionsführer Khameini (83) stirbt. Dann könnte Pasdaran die Mullahs beiseite schieben. Vgl. Bollinger, Monika/ Reuter Christoph: Tödliches Patt, in: Der Spiegel 4/ 21.1.23, S. 72ff. Am 1.März 2024 finden Parlamentswahlen im Iran statt. Dei Machthaber hoffen, dass die Wahlen eine Versöhnung zwischen Regierung und Volk bringen und einen Schlussstrich unter die Protestwelle ziehen. Aber vieles deutet darauf hin, dass es ein Votum gegen die islamische Republik geben wird. Es besteht eine große Kluft zwischen Machtapparat und Volk.  "Ein Jahr Anarchie kann schlimmer sein als hundert Jahre Tyrannei", Abu Hamid al-Ghasali, persischer Philosoph.

Alle Schlüsselpositionen sind noch mit schiitischen Klerikern besetzt. Es gilt die Herrschaft des islamischen Rechtsgekehrten (Vela.yat-e  Faqih; Theokratie). Man spricht von Gottesstaat. Die Kleriker haben vollständig die Kontrolle über die Wirtschaft (30% kontrolliert alleine die Garde)  und die Unternehmen und sahnen auch ab. Nach Raisis Wahlsieg sitzen an allen Schalthebeln der Macht nur noch Hardliner. Das System ist gleichzeitig eine Kleptokratie. Es gibt geschätzt 250.000 Millionäre, die im und mit dem System agieren. Die Elite hat Milliarden auf europäischen Bankkonten. Die Korruption blüht im Inneren und verhindert jede Reform. "Durch die gegenseitigen Beziehungen zwischen dem religiösen Führer, dem Wächterrat und dem Expertenrat entsteht ein Kreislauf der Macht, der über der Gesellschaft steht", Arash Sarkohi, in: Iran verstehen, S. 21. "Der Mensch revolutioniert, und so lange es Geschichte gibt, wird es Revolutionen geben. Aber auch der Revolutionär trägt eine Verantwortung, nämlich die, für eine bessere Ordnung zu sorgen", Albert Camus, Philosoph und Dichter.

Jugend und Proteste sowie Opposition:  Ende 2017 kommt es zu Unruhen in einigen Städten. Die Regierung lässt das Internet abstellen (das Handy ist der wichtigste Zugang im Iran). Die Proteste eskalieren 2018 (Anfang in Mashad). 13 Menschen kommen ums Leben, dann noch mal 9. Es ist ein Aufstand gegen das Regime (stärker als 2009), vor allem von jungen Menschen. Es gibt Demos in mehr als 100 Städten. Es geht auch gegen Armut, hohe Preise (12% Inflation, allerdings sinkend 2018) und die gebrochenen Versprechen der Regierung (30% Arbeitslosenquote, insbesondere bei der Jugend). Die Proteste dehnen sich sogar weltweit aus. Der Iran macht die USA und Saudi-Arabien dafür verantwortlich. Trotzdem prüft das Parlament die Berechtigung der Proteste. Laut Präsident Ruhani ist es der Schrei der Jugend nach mehr Freiheit; Ultrakonservative machen die Wirtschaftspolitik Ruhanis dafür verantwortlich.  In fast allen Städten des Iran kommt es im November 2019 zu Protesten gegen die Rationierung und Verteuerung von Benzin (auch Tote und Verletzte). Mittlerweile herrscht wohl eine Kluft im Land zwischen der klerikalen Elite und der Jugend. Letztere ist hoch gebildet, international orientiert und durchaus auch westlichem Leben aufgeschlossen. Eine korrupte Oligarchie benutzt die islamische Religion, um sich die Macht zu sichern. Vgl. Natalie Amiri: Zwischen den Welten: Von Macht und Ohnmacht im Iran, Berlin (Aufbau-Verlag) 2021. Lange wird dies geleugnet, so dass es bei der Bekanntgabe zu Massen-Demonstrationen gegen das Regime kommt. Diesmal gehen hoch gebildete jüngere Menschen der Mittelschicht aus Trauer und Protest auf die Straße gegen die Führung der islamischen Republik. Bei Demonstrationen in den vergangenen Jahren waren es eher die Verlierer der Sanktionen und Armen. Die Wut auf die Teheraner Elite steigt. Als im Juni 2022 ein Hochhaus einstürzt, sehen das viele Iraner als Symbol für das Versagen des Staates.   2022 leben ca. 40 % der Iraner in Armut. Iran verliert nach und nach die Jugend. Es herrscht eine große Entfremdung zwischen dem Regime und der jungen Bevölkerung. Sie sieht keine Perspektiven für die Zukunft. Insofern ist es ein Protest der Jugend.

Im September 22 prügelt die Religionspolizei eine 22-jährige zu Tode (16.9.22, wegen falschen Tragens des Kopftuchs, Kurdin Mahsa Amini). Vgl. Seibert, Thomas: Iran verliert Jugend, in: Die Rheinpfalz Nr. 218/ 19.9.22. Die Proteste weiten sich aus, wie in Kurdistan. Irans Regime scheint zu bröckeln. Noch stehen die überwiegend jungen Menschen gegen die greisen Machthaber. Doch die Zeit spricht für die Jugend. Die getötete Iranerin wird Fall für den UN-Menschenrechtsrat. Bei weiteren Protesten im Iran kommen mindestens 17 Menschen ums Leben. Mittlerweile spricht man von Dutzenden von Toten (mindestens 300 bis Novemberr 22). Es gibt Tausende Festnahmen (14.000 bis November 22). Sondergerichte sollen eingeführt werden. Das Regime scheint verunsichert. Demonstranten scheinen die Angst vor der Staatsmacht verloren zu haben. Die Sündenböcke werden im Ausland gesucht, auch in Deutschland. Der Protest wird latent bleiben. Er ist übergreifender geworden: über die sozialen Schichten und über verschiedene Altersgruppen. Die Zahl der Toten erhöht sich beständig, wie auch die Zahl der Verhaftungen. Die Studentenbewegung ist an vorderster Front. Es gibt eine überproportionale Arbeitslosigkeit bei Uni-Absolventen. Einen Sturz des Regimes halten viele Experten für unwahrscheinlich. Wenn doch, könnte eine Militärdiktatur kommen. Das Regime kündigt "maximale Härte " an. Es gibt wohl noch wenige Überläufer.  Vgl. Bollinger, Monika u. a.: In der furchtbaren Zwickmühle, in: Der Spiegel 42/ 15.10.22, S. 80ff. Am 26.10.22 gibt es die Proteste seit 40 Tagen. Im Iran wird nach dem Tod eines Familienmitgliedes traditionell 40 Tage getrauert. Bei einem Anschlag in Schiras gibt es mindestens 15 Tote. Der Stabschef der Streitkräfte Mohammad Bagheri kritisiert die Demonstranten. Der Chef der Revolutionsgarden Hossein Salami warnt eindringlich. Der Polizeichef von Teheran Hussein Rahiani will radikal gegen Demonstranten vorgehen. Auch Familienangehörige von Inhaftierten werden regelmäßig unter Druck gesetzt. Besonders gewalttätig ist das Vorgehen in Kurdistan: Panzer und schwer bewaffnete Einheiten der Revolutionsgarde. Die Grenze zu Irak, über die viele Menschen geflüchtet sind, wird mittlerweile scharf bewacht (es wird sofort geschossen). Vgl. Reuter, Christoph: Die Entkommenen, in: Der Spiegel Nr. 52/ 23.12.22, S. 72ff. "Allah hat den Menschen nicht geschaffen, damit er Freude hat", Ajatollah Chomeini, Republikgründer.

Besondere Qualität der jüngsten Proteste 2022: Alle Provinzen sind dabei, auch alle Ethnien sowie alle Schichten. Es gibt auch Streiks in wichtigen Branchen. In keinem Land im Orient sind die Moscheen so leer. Die Menschen protestieren auch gegen den Islam, bzw. sein großer Einfluss. Die Einstellung zum Regime scheint sich grundsätzlich geändert zu haben und ist nicht mehr umkehrbar. Die Unterstützung für das Regime ist ganz sicher gesunken. Man fordert einen Regimewechsel. Die Proteste werden oft in Ping-Pong-Form gemacht, um die Sicherheitskräfte zu ermüden und zu verwirren. Vgl. Presseclub 23.1022. Vier Szenarien sind denkbar: Massive Gewalt (wie 2019). Kollaps des Regimes (unfähig zu Reformen). Übergang zur Demokratie. Militärdiktatur. Es werden auch viele Minderjährige getötet (mindestens 23). Es wird Tränengas und scharfe Munition eingesetzt (auch Metallgeschosse). Ärzte werden sanktioniert. Es gibt allerdings Ärztenetzwerke, die im Untergrund helfen. Viele protestieren auch gegen die Anwesenheit von Sicherheitskräften in den Kliniken. Quellen: ARD Brennpunkt 26.10.22 und Amnesty International. Ebenso Sondersendung im ZDF am 04.11.22. Das Land ist tief gespalten. Die Proteste gehen unvermindert weiter. Die Gewalt der Sicherheitsorgane steigt kontinuierlich. Zuletzt wurde das Stahlwerk in Isfahan bestreikt. Basare bleiben geschlossen. Ladenbesitzer streiken. Supermärkte, die staatsnah sind, werden boykottiert. Die Menschen benutzen Bargeld statt Kreditkarten. Man spricht von Flashmobs (kleine  Gruppen) statt Massenaufmärsche, die blutig nieder geschlagen werden. Vgl. Armbrecht, Anne u. a.:  Flashmobs und Maschinengewehre, in: Der Spiegel Nr. 48/ 26.11.22, S. 80ff. Ins Kurdengebiet rückt die Armee ein. Die Regierung stellt Gesetzesänderungen in Aussicht. Bei einer Demonstration in Teheran wird Ende November 22 die Nichte von Chameini verhaftet. Anfang Dezember 2022 wird bekannt gegeben, dass die Sittenpolizei aufgelöst wird. Wenn das stimmt, wäre es ein erster Erfolg der Proteste. Im Dezember 2022 wird die bekannte iranische Schauspielerin Taraneh Alidoosti festgenommen. Sie hatte sich mit der Protestbewegung solidarisiert. Im Januar 2023 flauen die Straßenproteste im Iran ab. Die Repression zeigt Wirkung. Die Systemkrise ist aber noch nicht zu Ende. 15% sollen zu den engagierten Demonstrierenden zählen, gleich viele unterstützen das Regime, der Rest ist schweigende Mehrheit (Schätzungen des iranischen Soziologen Hamiddreza Jalaipour. Vgl. Der Spiegel 4/21,1,23, S. 74. Im Februar 2023 begnadigt Khameini zehntausende Häftlinge, oder zumindest wird ihr Strafmaß reduziert. Das ist am Jahrestag der Revolution von 1979.  Die Führung in Teheran erklärt im Februar 2023 die Demonstrationen für gescheitert. Aber es brodelt weiter. Viele Frauen gehen ohne das vorgeschriebene Kopftuch. Im März 2023 gibt es eine Vergiftungswelle an den Schulen. Es gibt mehr al 2400 Fälle an über 100 Schulen.. Man vermutet Rache der Revolutionswächter für Demonstrationen. Chamenei fordert Strafen für die Urheber. Im März 2023 wird bekannt, dass auch Minderjährige im Iran gefoltert werden. Sie werden getroffen von Prügeln, Elektroschocks und Vergewaltigungen. Sieben Fälle nennt AI. Mitte 2023 tritt die Kopftuch-Polizei wieder massiv auf. Die Religionspolizei will eines der wichtigsten Symbole des schiitischen Gottesstaates, das Kopftuch, wieder durchsetzen. Das Regime scheint wieder gefestigter zu sein. Vgl. Farangiss Bayat: Ich sah Freiheit, Mut und Einigkeit, in: Die Zeit 39/ 14.9.23, S. 7. Im Oktober 2023 gibt es erneut ein Todesfall, der viele Fragen aufwirft: Armita Garawand stirbt im Fadschir - Krankenhaus. Auch sie hatte gegen die Kopftuchpflicht verstoßen und war von der Sittenpolizei aufgegriffen worden. Der Mannheimer Reza Shari bekommt einen Prozess. Er war auch im Gefängnis. Er soll regimekritische Proteste angeführt haben. Ihm gelingt die Flucht nach Mannheim.  Berühmt ist der Protest der Tochter eines Todes-Opfers der Proteste. Dei Kurdin Roya Pirael lässt sich am Grab ihrer Mutter mit abgeschnittenen Haaren fotografieren. Das Bild wurde zur Ikone. Vgl. Koelbl, Susanne: "Als hätten sie mich mit ihr begraben", in: Der Spiegel 38/ 16.9.23, S. 84f.

Exkurs. Jina Mahsa Amini: Sie war eine junge Frau von 22 Jahren, die Kleidung verkaufte und Biologie studieren wollte (sie wartete auf einen Studienplatz). Sie lebte in der Stadt Saghes und betrieb dort eine Boutique. Ein Teil der Familie lebt in Norwegen. Sie wurde im September von Sittenwächtern in Teheran festgenommen, weil sie das Kopftuch falsch trug, und starb. Vieles deutet darauf hin, dass der Tod Folge einer Gewalttat war (Prügel, das Regime spricht von Multiorganversagen aufgrund eines Tumors in der Kindheit). Ihr Tod löste die größten Proteste gegen das islamische Regime seit Jahrzehnten aus. Sie wurde damit zum Gesicht und Symbol des Widerstandes. Dei iranische Gesellschaft schien im Protest gegen die Machthaber geeint.  "Liebe Jina, du bist nicht tot. Dein Name wird ein Code sein", Inschrift auf dem Grabstein. Vgl. Neufeld, Dialika: "Öffne deine Augen, Schwesterherz", in: Der Spiegel Nr. 49/ 3.12.22, S. 58ff. Im Dezember 2023 bekommt Amini posthum den Sacharow-Preis verliehen.

Exkurs. Narges Mohammadi: Die iranische Frauenrechtlerin erhält 2023 den Friedensnobelpreis (2023 51 Jahre alt). Sie ist im Iran inhaftiert. Der Preis soll stellvertretend für alle mutigen Frauen im Iran, die sich für Gleichberechtigung und Menschenrechte einsetzen. Im November 2023 tritt sie in den Hungerstreik. Sie protestiert damit gegen die Haftbedingungen im Ewin - Gefängnis, aber auch gegen den Kopftuchzwang. Am 10.12.23 nehmen ihre Kinder (Zwillinge) in Oslo den Friedensnobelpreis entgegen. Mit dem Preis soll die Protestbewegung im Iran geehrt werden ("Frauen - Leben - Freiheit"). Ein Hauptziel ist die Abschaffung der Kopftuchpflicht. 

Exkurs. Der Fischhändler aus Rascht: Der 70jährige dreht ein Tanzvideo. Es gab mehr als 1 Mio. Menschen, die ihm folgen auf Instagram. Der Hüftschwung schockt die Mullahs (Anstandsregeln). Das Regime ist ein Feind von Tanzen: Booghy, so heißt der Fischer, wird festgenommen und sein Instagram-Konto wird gesperrt. Der Fischhändler gibt den Regimegegnern neue Hoffnung.

Die politischen Gefangenen kommen in der Regel ins Evin - Gefängnis im Norden von Teheran. Dort ist Folter und Gewalt an der Tagesordnung. Auch die verhafteten Teilnehmer der Proteste im Herbst 22 landen meist dort (vor allem Intellektuelle). Am 16.1022 bricht in dem Gefängnis ein Brand in der Textilstelle (Näh - Werkstatt) aus. Es gibt auch Unruhen. Man zählt 4 Tote und über 60 Verletzte. Evin ist ein Symbol des totalitären Regimes. Deshalb haben die Unruhen eine hohe Strahlkraft. In den Straßen um das Gefängnis herum finden Auto-Korsos mit Hupen statt. Es tauchen Videos in den sozialen Netzwerken auf. Im Evin - Gefängnis saßen und sitzen viele prominente Gefangene: Jafar Panashi/ Berlinade-Preisträger, Narin Sotoudeh/ alternative Nobelpreisträgerin. Vgl. "Seid unsere Stimme", in: Der Spiegel 13/ 25.3.23, S. 36ff. Die USA schließen mit dem Iran im August 23 ein neues Häftlingsabkommen. Das soll weitere Gespräche über die iranische Atompolitik ermöglichen. Die deutsche Regierung verhält sich weiterhin passiv. Der Iran hat sogar Mitarbeiter des Auswärtigen Dienstes der EU verhaftet. Ein Schwede sitzt seit 500 Tagen in Haft. Der Iran erhebt Spionagevorwürfe. Josep Floderus war aber für Afghanistan zuständig. Auch Deutsche sitzen 2023 noch im Gefängnis. Unter anderem ein Beauty-Unternehmer (Shari) aus Mannheim, der im Iran geboren wurde. Er ist auf Kaution frei. Ein Prozess steht bevor.

Todesstrafe: Im Iran wird oft die Todesstrafe verhängt. Allein im Juni 2022 kommt es zu 12 Hinrichtungen. Es sind Häftlinge. Alle gehören der sunnitischen Minderheit an. Für Protestierer werden die ersten Todesurteile verhängt (Amnesty International spricht 2022 von 251). Erstmals wird im Dezember 2022 ein Demonstrant hingerichtet: "Kriegsführung gegen Gott" (islamisches Recht, Verletzung eines Mitglieds der Basidsch-Milizen). Am 11.12.22 kommt es zu einer zweiten Hinrichtung eines Protestierers (vermeintliche Tötung von zwei Sicherheitsbeamten). 22 weitere Hinrichtungen drohen. Mit der brutalen Gewalt sollen die Proteste gestoppt werden. Am 7.1.23 werden zwei weitere Demonstranten hingerichtet (die Geständnisse könnten erzwungen sein). Am 22.2.23 gibt es ein Todesurteil gegen den Deutsch-Iraner Djamshid Sharmahd (Ingenieur). Er wird in einem Gerichtsverfahren des Revolutionsgerichts für einen Terroranschlag verantwortlich gemacht (Moschee der Stadt Shiras; auch Kooperation mit ausländischen Geheimdiensten). Vgl. Lau, Mariam: Sie haben ihn zum Tode verurteilt - wegen "Korruption auf Erden", in: die Zeit Nr. 9/ 23.2.23, S. 7. Er war 2020  von Deutschland aus entführt und in den Iran verschleppt. Von Kalifornien aus versucht seine Tochter, die Welt wachzurütteln und ihren Vater zu retten. Vgl. Der Spiegel 12/ 18.3.23, S. 48ff. Als "Richter des Todes" im Iran gilt Abolghassem Salawati. Er ließ schon viele Oppositionelle hinrichten. Er leitet Prozesse seit 2009. Im Jahre 2023 wurden 834 Exekutionen vollzogen, 417 wegen Drogendelikten. Besonders betroffen war die ethnische Minderheit der Belutschen. Sie machten 31% der Hingerichteten aus. Das kann zwei Gründe haben: Sie betreiben besonders Drogenschmuggel mit Afghanistan. Sie zeigen besonders politische Proteste. Zwischenzeitlich war 2017 durch ein neues Gesetz die Verhängung von Todesurteilen wegen Drogendelikten eingeschränkt worden. Das änderte sich dann wieder. Die politischen Straftaten lauten: "Feindschaft gegen Gott", Korruption auf Erden", "bewaffnete Rebellion", "Spionage für Israel". Vgl. NZZ 18.3.24, S. 1.

Distanzierung im Inland: Im Dezember 2022 sagt sich die Schwester Chameneis von ihrem Bruder los. Im November 22 hatte sich der ehemalige erzkonservative Leiter des  staatlichen Rundfunks losgesagt. Viele prominente Schauspieler, Fußballer, Wissenschaftler gehen auf Distanz. Vgl. Kermani, Navid: Gehängt im Namen Gottes, in: Die Zeit 52/ 13.12.22, S. 5. Das niederländische Institut Gamaah kann im jahre 2023 200.000 Iraner im Land und in der Diaspora befragen: 81% lehnen die iranische Republik ab. Im August 2023 wird der iranische Popmusiker Mehdi Yarrahi  festgenommen, weil er in einem Lied Kritik an der Kopftuchpflicht geübt hatte.

Proteste im Ausland: nicht nur im Iran, sondern auch im Ausland finden viele Demonstrationen statt. Es geht um die islamische Kopfbedeckung, Gleichberechtigung, Menschenrechte, Proteste gegen das Regime. 80.000 Menschen demonstrieren am 22.10.22 in Berlin. Viele Protestierende schneiden sich die Haare ab. Die Proteste finden in vielen deutschen und europäischen Städten statt. Schwerpunkte der Proteste in Deutschland sind Berlin, Frankfurt, Köln, Hamburg. Die Demonstrationen werden immer stärker. Die iranische Fußballnationalmannschaft demonstriert bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar: Beim Auftakt-Spiel gegen England singen die Spieler die Nationalhymne nicht mit. Das Ausland ist aber immer nur Zuschauer. Aber man kann Solidarität zum Ausdruck bringen. Der Westen sollte sich raushalten und keinen Schaden anrichten. Die meisten an den Protesten beteiligten sind Exil-Iraner.   Die Revolutionsgarden sollen auch Operativkommandos für Anschläge im Ausland und Kontrolle der Proteste haben. Sie rücken Ende 2022 in den Mittelpunkt von Ermittlungen bei den Anschlägen auf die alte Synagoge in Essen. Im Januar 2023 werden zwei Iraner in Castrop-Rauxel  verhaftet, die einen einen Giftanschlag geplant haben sollen.

Exkurs. Volksmudschahedin (MEK): Oppositionsgruppe, die im Westen anerkannt wird. Viele Iraner lehnen sie nicht nur ab,  sie ist eher verhasst. Mitglieder sind hauptsächlich Exilantinnen und Exilanten. Die präsentieren sich als demokratische Alternative nach einem Sturz. Die MEK-Führung verbündete sich einst mit Saddam Hussein im Irak. Sie hat auch ihren Sitz dort. Die Führung im Iran betrachtet die Gruppe als Terrororganisation. Die Gegenbewegung ist in Deutschland das Islamische Zentrum Hamburg. Es wird als Drehscheibe der Operationen des Mullah-Regimes gesehen. Wegen der Aussicht auf ein Atomabkommen sieht man noch von einer Schließung ab.

Resümee der Proteste im September 23  1 Jahr nach dem Tod von Amini 2022: Es gab in dem einen Jahr 20.000 Verhaftungen, 500 Tote und 7 Hinrichtungen. Bei der Durchsetzung des Kopftuchverbots setzt das Regime jetzt auf Videokameras, dei mit KI betrieben werden. Es gibt die Vermutung, dass das Regime keine Mehrheit mehr hat: Es stützt sich auf eine Klientel von 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung (Führungselite, Staatsbedienstete, Sicherheitsapparat, Geschäftsleute, einige Dutzend Geistliche).

Menschenrechte und UN-Menschenrechtsrat: Im November 2022 beschließt der UN-Menschenrechtsrat eine Untersuchung der Proteste im Iran. Die Resolution wurde von Deutschland und Island eingebracht (25 Ja, 6 Nein, 16 Enthaltungen). China versucht die Resolution vehement zu verhindern. .

Internet im Iran: Amerikanische Internetunternehmen sollen iranische Demonstranten im Kampf gegen die Regierung unterstützen. Die USA lockern ihre Sanktionen 2022, damit die Iraner die Netzblockaden umgehen können. Die Hoffnungen ruhen dabei auf dem Satellitendienst Starlink von Elon Musk. Die Internet-Blockade haben gravierende Folgen für die iranische Wirtschaft. Sie führen zu großem Verlusten von Unternehmen. Die Sozialen Netzwerke und große Teile des Internets sind gesperrt. Das Internet hat zwei wichtige Funktionen: 1. Protest kann organisiert werden. 2. Information: Das Leben der Kinder der Elite in Saus und Braus in Europa wird offen gelegt. Das Volk sollte immer Zugang zur Informationstechnologie haben. Dafür sollte das Ausland sorgen.

Irna: Es ist die staatliche Nachrichtenagentur im Iran. Islamic Republic News Agency. Sie wurde 1934 gegründet, dann 1984 umbenannt. Hauptsitz ist Teheran.

Atomvertrag und Atomrüstung: Nach 13 Jahren Atomstreit einigen sich die Weltmächte mit dem Iran 2015: Die Vereinbarung umfasst 100 Seiten. Die Atomanlagen müssen unter strenge internationale Kontrolle gestellt werden (zivile Nutzung ja, militärisch nein). Wenn dies funktioniert, werden die Wirtschaftssanktionen aufgehoben. Nach einem Raketentest im Iran erlässt die neue US-Regierung unter Trump Sanktionen (Trump hatte sich im Wahlkampf gegen das Atom-Abkommen mit dem Iran ausgesprochen). Trump rückt in der Folge immer mehr von dem Abkommen ab. Laut der Trump - Administration bedrohe es den Frieden. Am 20.05.17 entscheiden die Iraner in einer Wahl über den zukünftigen Präsidenten zwischen Amtsinhaber Hassan Rouhani und Ebrahim Raisi ("tiefer Staat"). Der gemäßigtere Rouhani gewinnt und will am Reformkurs festhalten. Die Regierung Trump spricht sich immer wieder für ein Nachverhandeln des Atomabkommens mit dem Iran aus ("Schurkenstaat"). Trump kündigt das Atomabkommen im Mai 2018. Deutschland, Großbritannien, Frankreich, China und Russland wollen daran festhalten. Iranische Stellungen in Syrien beschließen die Golan-Höhen. Israels Luftwaffe versucht, iranische Stellungen in Syrien zu zerstören. Seit dem Abkommen waren die EU-Exporte in den Iran um fast 70% gestiegen (ausgehend von einem niedrigen Niveau). EU-Unternehmen werden von den Sanktionen voll getroffen.  Die internationale Atomenergiebehörde IAEA kann die Kontrollen des iranischen Atomprogramms vorerst fortsetzen.  Iran steigt schrittweise aus dem Atomabkommen von 2015 aus (war 2018 von den USA gekündigt worden). Die Menge angereicherten Urans von 300 Kilogramm wurde überschritten. Quelle: Internationale Atomenergiebehörde (IAEA). Mit dem Schritt verstößt der Iran gegen einen zentralen Punkt des Atomabkommens. 2021 ist der Iran in einer schweren Wirtschaftskrise: Ölembargo, Hyperinflation, Währungsverfall.  Beim Atomabkommen sendet man positive Signale. Im April 2021 gibt es einen mysteriösen Zwischenfall in einer Atomanlage (Natans, Anschlag des israelischen Geheimdienstes?). Der Iran spricht von einem "israelischen Terrorakt". Das Atomprogramm soll weit zurückgeworfen worden sein. Das könnte die Verhandlungen über das Atomabkommen belasten. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) vermutet, dass der Iran 16 Mal mehr angereichertes Uran hat als ursprünglich vereinbart.  Der Iran fährt im November 2019 auch die Atom-Anreicherung hoch. Im September 2021 erlaubt der Iran der IAEA wieder den Zugang. Der Iran erhöht seine Bestände an angereichertem Uran stark.  Im November 2020 wird ein hochrangiger iranischer Atomphysiker ermordet. Im Verdacht steht der israelische Geheimdienst. 2021 will der Iran Uran höher anreichern (20%, höher als die Schwelle im Abkommen). Der Wiener Vertrag über das Atomprogramm, der von Trump gekündigt wurde, soll neu verhandelt werden. Der Iran weigert sich, die Verhandlungen mit Teherans Raketen zu verknüpfen. Der Iran und die Internationale Atom-Energie Behörde (IAEA) wollen verbliebene Differenzen im März 22 beilegen. Moskau blockt wegen der Sanktionen gegen sich (Ukraine-Krieg). Die USA und die EU  würden gerne wieder iranisches Öl und Gas importieren. Der Iran möchte Russland auf keinen Fall verprellen. Eine Rückkehr zum Atomabkommen ist damit unwahrscheinlicher geworden. Der Atompakt steht auf der Kippe. In diesem Sinne äußert sich im Juni 2022 auch der Außenbeauftragte der EU Borell. Die USA und der Iran können sich nicht darauf einigen, welche Sanktionen aufgegeben werden sollen. Der Iran kommt einer Atombombe technisch immer näher. Im Ukraine-Krieg erkennt man das Abschreckungspotential genau (hätte die Ukraine seine Bomben nicht abgegeben, wäre der russische Angriff vielleicht ausgeblieben). Der Iran fährt die internationale Überwachung zurück (27 Kontroll-Kameras abgeschaltet, IAEA-Experten). Die Kriegsgefahr wächst. Israels Luftwaffe trainiert bereits Angriffe. Ende Juni 22 gibt der Iran bekannt, weiter verhandeln zu wollen. Der Iran und die USA wollen unter europäischer Vermittlung in Katar verhandeln. Beteiligt sind Deutschland, GB, Frankreich, China, Russland, Iran, USA. Die Atomgespräche in Wien werden wieder aufgenommen. Der Iran macht einen Vorschlag für ein Atomabkommen. Die EU will prüfen. Ein Ende des Atomstreits ist in Sicht. Man steht vor einer Einigung. Die USA gehen auf Distanz zu dem Entwurf. Die Einigung würde auch zu einer Aufhebung westlicher Sanktionen führen. Der Iran will an dem Atomvertrag festhalten. Die Meinung in den USA und Israel ist sehr geteilt. Ende Oktober 2022 haben wohl Hacker im Iran Teile des Email-Verkehrs und anderes beim Atomprogramm gehackt. Nach und nach werden Teile veröffentlicht. Nach einem Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) Ende Februar 2024 hat der Iran die Produktion von hoch angereichertem Uran in den letzten Monaten stark erhöht.

Wirtschaft: BIP-Wachstum -1,48% (2018. Arbeitslosenquote 12,37%. Inflation 12,25% (2017). BIP pro Kopf 12.389 US-$. Sektoren: Agrar 21%, Industrie 31%, Dienstleistungen 48%. Export 53,7 Mrd. US-$; Import 49,9 Mrd. US-$. Die Wirtschaftsdaten 2019 des Landes sind katastrophal: Bruttoinlandsprodukt -6,0%, Inflation 37,2%, tägliche Rohölförderung 2,61 Mio. Barrel gegenüber 3,82  2018.

Schattenwirtschaft: Es sind die Teile der Wirtschaft, die von den Revolutionswächtern kontrolliert werden. Flughäfen, Ölterminals, Firmen, Krankenhäuser, Universitäten. Sie ernährt ein Heer von Günstlingen, die damit viele Privilegien haben. Mittlerweile hat sich im Iran diese Schattenwirtschaft voll entwickelt, bei der die Revolutionsgarden eine zentrale Rolle spielen (Umfang 30 Milliarden Euro, "unsere Schmuggelbrüder"). Das Geschäftmodell beruht auf der Umgehung der Sanktionen der USA. Die Revolutionsgarden haben ein Interesse an der Aufrechterhaltung.

Außenhandel: Wichtigste Exportländer für den Iran sind China, die Türkei, Indien, Japan und Deutschland (wichtigste Land in der EU). Die meisten Importe kommen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, China, Indien, Südkorea und Deutschland. Der Iran verfügt über 9% der Weltölreserven. Er hat ein Drittel der globalen Erdgasreserven. Außerdem verfügt der Iran über die zweitgrößte Kupfermine der Welt. Bei Eisenerz ist das Land auf Platz neun. Bei Pistazien ist der Iran Weltmarktführer. Im Januar 2016 werden die Sanktionen gegen den Iran aufgehoben. Geld aus eingefrorenen Ölgeschäften kann fließen (90 Mrd. $).  Zahlreiche ausländische Investoren stehen in den Startlöchern. Der Iran ist mittlerweile der größte Zementexporteur der Welt (Backsteinvorkommen), ebenso ein großer Dünger-Lieferant (Kalium-Carbonatvorkommen). Öl und Gas liegen nicht mehr an der Spitze. Im Oktober reist Bundeswirtschaftsminister Gabriel mit einer Wirtschaftsdelegation in den Iran. Am Ende kommt es zu einem Eklat (Absage eines Treffens mit dem Parlamentspräsidenten). Touristen aus dem Ausland (2020, Dienstleistungsbilanz): 7,3 Mio. Danach wird der Iran-Handel immer mehr auf Sparflamme gesetzt. 2023 wurde für 1,2 Mrd. € exportiert (-24%). Die Importe lagen bei 244 Mio. € (-18%).  Deutschland importiert aus dem Iran vor allem Pistazien. Zu Beginn des Jahres 2024 steigen die deutschen Exporte in den Iran aber wieder (insgesamt sind sie aber im Vergleich zu 2008 auf einem niedrigen Niveau) . Allein der deutsche Handel mit dem Iran macht ca. 30% des EU-Handels aus. Exportier werden Maschinen elektrotechnische Erzeugnisse, Chemie. Importiert werden Rohstoffe und Lebensmittel.

Bodenschätze/ Rohstoffe: Öl. Erdgas, Kohle, Chrom, Kupfer, Eisenerz, Blei, Mangan, Zink, Schwefel, Strontium. China kauft 2023 91% des iranischen Erdöls. Durch Rohölexporte nimmt man 23 Mrd. $ ein (2022/23)

Strontium: Der Iran hat hier fast eine Monopolstellung. Er produziert 2022 38% des weltweiten Strontiums. Dabei handelt es sich in der Transformation um einen strategischen Rohstoff.

Staatsverschuldung und Inflation: Die Staatsverschuldung ist 2017 auf 32,1% angestiegen. Die Inflation lag 2017 bei 10,5% (Lebensmittel). Die Wirtschaftsdaten 2019 des Landes sind katastrophal: Bruttoinlandsprodukt -6,0%, Inflation 37,2%, tägliche Rohölförderung 2,61 Mio. Barrel gegenüber 3,82  2018.

Staatsausgaben: Gesundheitsausgaben 5,3 % des BIP 2020 (stark rückläufig; 2016 7,8%). Bildungsausgaben 3,2% des BIP. Militärausgaben 2,6% des BIP (6,9 Mrd. $ 2022).

Suche nach Einnahmequellen: Durch die westlichen Sanktionen sind der Einnahmebeschaffung durch Öl und Gas Grenzen gesetzt. China ist der Hauptkunde. Es wird ein wachsender Einfluss Chinas befürchtet. Die Rentenzahlungen sind in Gefahr. So denkt man in den Sozialversicherungen über den Verkauf von Inseln nach. Es geht konkret um zwei Inseln im Golf: um die Ferieninsel Kisch (über 1 Mio. Touristen im Jahr) und die Insel Qeschm. Im Gespräch ist auch die Öl-Provinz Chuzestan an der Grenze zum Irak. China würde wohl übernehmen und dort Rieseninvestitionen durchführen. Außerdem will der Staat Hunderte historische Burgen und Paläste versteigern und von Privatunternehmen im Tourismus führen lassen. Vgl. Seibert, Thomas: Inseln zu verkaufen, in: Die Rheinpfalz 11.5.23, S. 1.

Aktuelles in der Wirtschaft:  Durch den Ukrainekrieg verschlimmert sich die Lage des Landes dramatisch: Die Getreidepreise steigen allein in einer Woche um 170%. Fleisch ist schon länger nicht mehr zu bezahlen. Jetzt werden auch noch die Nudeln immer teuerer. Das könnte zu Protesten führen und im Gegenzug zu mehr Repressionen.

Währung: Rial (IRR). Im Land auch Toman genannt. Hohe Wechselkurs- und Preisschwankungen. Allein von 2019 auf 2020 gab es zeitweise einen Währungsverfall von 300%. Es gibt einen inoffiziellen (Wechselstuben) und einen offiziellen Wechselkurs (Banken, internationale Flughäfen). Für den Touristen ist der inoffizielle Kurs sehr günstiger. Es kann vorkommen, dass Wechselstuben schon mal schließen müssen und Strafen gegen den inoffiziellen Tauschgeschäften verhängt werden. Am 11.12.22 fällt der Rial auf ein Rekordtief wegen der Proteste. Seit Mitte September 2022 (vor den Demonstrationen) ist ein 20-prozentiger Abfall zu verzeichnen: 1 Euro = 400.000 Rials. 1 Dollar = 370.000 Rials.

Arbeitsmarkt: Knapp 70% der Arbeitsplätze sind staatlich. Viele Menschen sind auch selbständig (Basar). Die Arbeitslosenquote beträgt 2017 12,4%; noch höher ist die Jugendarbeitslosigkeit (2016 26,2%). Anteil an den Erwerbstätigen (2020): Frauen 17,3%, Männer 71,1%.

Jugendarbeitslosenquote: 2024 ca. 25%. Frauen 36%; Männer 20%. Focus 10/2024, S. 47.

Bildung: Alphabetisierungsrate 85,5%. Sekundarschulabschluss: 70%. Studierende: Frauen 19%, Männer 18%.

Verteilung: Gini-Index 42 (D: 32). Bevölkerung unter der Armutsgrenze: 14% (neuere Schätzungen gehen von 25% aus). Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander.

Mittelschicht: Durch Inflation und Wirtschaftssanktionen ist sie schwer angeschlagen. Viele Menschen müssen um ihre Existenz kämpfen. Dagegen schwelgen die Eliten in Reichtum. Deshalb gehen auch so viele Menschen aus Unzufriedenheit zu den Protesten. Erst wenn im Iran die Mittelschicht rebellieren würde, könnte die Diktatur stürzen. Vgl. Vaez, Ali: "Das Regime hat noch den Willen zu kämpfen", in: Die Zeit 51/ 8.12.22, S. 11.

Unternehmen: Die para-staatlichen Bonyards (Stiftungen) beherrschen die Unternehmen. Die Stiftung Astane Qods Razavi ist die mächtigste.  Von Maschhad aus lenkt sie viele Unternehmen ("heilige Geldmaschine"). An der Spitze steht Chameini. Nummer 2 ist die Holding Khatam al Anbija. Sie ist die "Wiederaufbauzentrale" der Revolutionsgarden. Besonders wichtig ist Khatam al-Anbiya, eine Baiunternehmensgruppe.  Dann kommt die Taavone-NAJA-Stiftung (iranische Ordnungskräfte). Alle drei investieren strategisch und Profit orientiert in Öl, Gas, Verkehr, Finanzen, Zucker und Hefe.

Wirtschafts-Sanktionen:  Russland und Deutschland sind dagegen. Die Lücke füllt China. Am 12.01.18 entscheidet Trump, am Atomabkommen festzuhalten, fordert aber eine Nachbesserung innerhalb von 4 Monaten. Der Iran lehnt dies sofort ab. Am 13.01.18 sinkt ein voll beladener iranischer Öltanker nach längerer Havarie im ostchinesischen Meer.  Chinesische Rettungsschiffe konnten nichts ausrichten. . Profitieren könnten die KMU, die keine US-Geschäfte tätigen. Iran will weiterhin Öl verkaufen (notfalls in Yuan). Der Iran wartet ab. Er kündigt allerdings an, die Urananreicherung hochfahren zu wollen. Israel droht mit Angriff. Präsident Trump macht dem Iran im Juli 2018 ein Gesprächsangebot. Der Iran ist skeptisch und stellt Bedingungen (Ende der Feindseligkeiten und Respekt). Die Wirtschaftssanktionen der USA treten am 07.08.18 in Kraft. Der Iran fürchtet eine Wirtschaftskrise. Der  deutsche Außenhandel mit dem Iran nimmt ab, weil für die Unternehmen die USA wichtiger sind. Der Iran verklagt die USA vor dem höchsten UN-Gericht in Den Haag. Der Iran sieht in den Wirtschaftssanktionen "nackte Aggression" der USA.  Das oberste UN-Gericht entscheidet im Oktober 2018, dass die USA die Sanktionen gegen den Iran teilweise aufheben müssen: Das gilt für humanitäre Güter. Betroffen sind Medikamente, Nahrungsmittel, Agrarprodukte und Flugzeugteile. Die US-Sanktionen gegen den Iran dürften wenig Auswirkungen auf den Preis des Öls haben. Hauptabnehmer sind die Türkei, China und Indien, die bei den Sanktionen nicht mitmachen. Dies garantiert ein Überleben der iranischen Ölindustrie. Es gab Ausnahmegenehmigungen für acht wichtige Ölimporteure des Iran, darunter China, Japan, Indien, Südkorea. Diese gelten bis Mai 19 und sollen dann aufgehoben werden. Im Februar 2022 kappen die USA Sanktionen (gegen das zivile Atomprogramm). Das soll die Verhandlungen um eine neues Atomabkommen positiv beeinflussen. Im Oktober 2022 will Deutschland zusätzliche Sanktionen verhängen: Vorgehen der Sicherheitsorgane gegen die Proteste. Aber die Revolutionsgarden wurden noch nicht auf die Liste gesetzt.

Die EU erlässt am 17.10.22 Sanktionen gegen Sicherheitskräfte, auch Angehörige der Sittenpolizei. Es geht um das Vorgehen gegen die Demonstranten.  Weitere Sanktionen könnten folgen, wenn tatsächlich iranische Kampfdrohen in der Ukraine eingesetzt werden.  Weitere Sanktionen verhängen die USA, GB, Kanada. Es werden personenbezogene Sanktionen gefordert, auch für die Kinder, die oft in der EU studieren. Das Vermögen auf europäischen Bankkonten müsste eingefroren werden. Mitte Dezember werden die personenbezogenen Sanktionen auf die Sicherheitskräfte ausgedehnt, die an den Hinrichtungen beteiligt sind. Der Iran erlässt auch Sanktionen gegen Personen in der EU. Im Januar 2023 kommt ein weiteres Sanktionspaket der EU. Die Maßnahmen richten sich gegen 37 Personen und Organisationen, die an der brutalen Unterdrückung beteiligt sind. Es ist noch offen, ob die Revolutionsgarden zur Terrorgruppe erklärt werden. Ende Mai 2023 verschärft die EU die Sanktionen gegen den Iran weiter. Auslöser sind neue Hinrichtungen im Iran. die Sanktionen richten sich gegen eine Einheit der Revolutionsgarden. 2024 sollen die EU-Sanktionen noch mal verschärft werden. Dabei sind auch Strafmaßnahmen gegen die staatliche Fluglinie Iran Air. Man reagiert auf Drohnenlieferungen an Russland und Islamisten.

Nach dem direkten Angriff auf Israel häufen sich in Europa die Forderungen nach einer Verstärkung der Sanktionen. Dei Revolutionswächter sollen EU-weit auf die Terrorlistung kommen. Das ist aber nicht einfach (Revolutionsgarde staatstragend, Wehrpflichtige, wenn auch Freiwillige) Die USA wollen ihre Sanktionen noch weiter verstärken (kein Zugang zu Technologien für Drohen und Raketen, Dual-Use). In die gleiche Richtung gehen die Sanktion der EU (Teile für die Herstellung von Drohnen und Raketen).  Auch Frankreich und GB verstärken ihre Sanktionen.

EU-Abwehrgesetz (Iran, Tauschbörse; Handelsgesellschaft Instex): Es ist ein bestehendes Gesetz, dass die EU wieder aufleben lässt. Europäische Unternehmen, die mit Iran Handel treiben, können notfalls vor US-Sanktionen geschützt werden. Man spricht von "Blocking Statute". Die Möglichkeit besteht, dass die europäischen Unternehmen für möglicherweise entstehenden Kosten und Verluste entschädigt werden. Theoretisch könnten sie sogar für das Halten an US-Sanktionen bestraft werden. Ob dies in der Praxis funktioniert, dürfte aber fraglich sein. Im Zweifel entscheiden sich Unternehmen für die USA, weil der Markt wichtiger ist. Das Problem sind auch die Banken. US-Banken und ihre Töchter haben den Zahlungsverkehr in der Hand (Dominanz der USA auf den Finanzmärkten). Die großen deutschen Banken ziehen sich schon aus dem Iran eher zurück (Commerzbank, DZ Bank). Die EU fordert von den USA, keine Strafen gegen europäische Firmen zu verhängen. Der Export deutscher Firmen in die USA macht 8,7% der deutschen Gesamtexporte aus, während der Anteil des Iran bei 0,3% liegt. Folglich verzichtet etwa Herrenknecht (Tunnelbohrmaschinen) auf das Iran-Geschäft, um das USA-Geschäft nicht zu gefährden. Beim Iran-Boykott gibt es immer einen Gewinner, das ist China. Deutsche mittelständische Unternehmen suchen nach Schleichwegen im Handel mit dem Iran. Sie nutzen informelle Kanäle. Die Europäer erwägen, über eine Zweckgesellschaft Exporte und Importe mit dem Iran zu verrechnen (eine Art Basar). In dieser Tauschbörse bzw. Plattform sollen Forderungen  iranischer und europäischer Unternehmen verrechnet werden. Der Iran importiert vor allem Chemische Produkte, Nahrungsmittel und Verarbeitete Produkte aus der EU. Der Iran exportiert genauso Nahrungsmittel, Chemische Produkte und Verarbeitete Produkte in die EU. Noch 2018 ziehen sich die DAX-Unternehmen komplett aus dem Iran zurück. Trump leitet im September 2018 eine Sitzung des Welt-Sicherheitsrates in New York: Er fordert eine rigorose Linie gegen den Iran und droht nochmals allen Unternehmen, die Geschäfte im Iran machen, mit Sanktionen. Das oberste UN-Gericht entscheidet im Oktober 2018, dass die USA die Sanktionen gegen den Iran teilweise aufheben müssen: Das gilt für humanitäre Güter. Betroffen sind Medikamente, Nahrungsmittel, Agrarprodukte und Flugzeugteile. Im Oktober 2018 häufen sich die Anzeichen, dass die EU eine Bank für Iran-Geschäfte gründet. Zunächst soll eine Zweckgesellschaft mit Russland und China entstehen als Tauschbörse. Später soll so schnell wie möglich die Banklizenz folgen. Die US-Sanktionen gegen den Iran dürften wenig Auswirkungen auf den Preis des Öles haben. Hauptabnehmer sind die Türkei, China und Indien, die bei den Sanktionen nicht mitmachen. Dies garantiert ein Überleben der iranischen Ölindustrie. Im April 2019 verschärfen die USA ihre Sanktionen gegen den iranischen Ölverkauf. Sie weiten die Sanktionen auf die Käufer aus (China, Indien, Japan, Italien). Im Zweifel entscheiden sich die Unternehmen immer noch für die USA statt für Iran. Bisher ist es nicht gelungen, den Iran in das Finanzsystem zu integrieren mit normalem Zahlungsverkehr. Immer mehr deutsche Unternehmen gehen Richtung Krypto - Währung. Deutschland, Frankreich, Großbritannien gründen die Handelsgesellschaft Instex, um Geschäfte mit dem Iran trotz US-Sanktionen machen zu können. Im Dezember treten die Niederlande, Belgien, Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen bei. Es geht vor allem um den Absatz iranischen Erdöls im Ausland. 2018 betrug der Außenhandelsüberschuss Deutschlands gegenüber dem Iran noch 1,0 Mrd. €; 2019 fällt er auf 1,0 Mrd. €. Instex scheint nicht zu funktionieren. Im Hindergrund wirkt auch stark die Drohung von Trump, dass die EU hart gegen den Iran vorgehen soll, ansonsten führt die USA Autozölle ein. Erstmals umgeht die EU in großem Ausmaß 2020 die US-Sanktionen gegen den Iran. Das machen Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Bei den Ausführen handelt es sich um medizinische Güter. Im Iran ist die Plattform STFI der Partner. Die Entwicklung von Instex dauerte viel länger als zunächst geplant.

Im Februar 2019 findet die EU einen anderen Weg, die US-Sanktionen zu umgehen. Es wird von den führenden Staaten der EU (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) eine Gesellschaft gegründet, über die der Handel abgewickelt werden soll. Sie heißt Instex und hat ihren Sitz in Paris. Geschäftsführer der frühere Deutsche Bank-Manager Per Fischer. Primär geht es um die Rettung des Atomabkommens mit dem Iran. Grundprinzip der Gesellschaft soll der Tauschhandel sein. Die EU-Staaten tauchen Waren gegen Öl. Die USA erwägen im August 2020 die Iran-Sanktionen zu verlängern. Die EU sieht dafür keine Berechtigung. Die USA wollen die Sanktionen wieder einführen, die vor dem Atomabkommen galten. Der UN-Sicherheitsrat lehnt ab (mit Stimme Deutschlands; bezweifelt die Zuständigkeit der USA, weil sie vom Abkommen zurückgetreten ist).

Deutschland (EU) und Iran: Der Bestand deutscher Direktinvestitionen summiert sich auf knapp 600 Mio. €. 80 deutsche Unternehmen sind mit Niederlassungen im Iran vertreten. 1000 weitere Firmen haben kleinere Vertretungen dort. Der Nachholbedarf nach jahrelangen Sanktionen dürfte groß sein.  Der deutsch-iranische Handel wächst 2017 kaum noch (0,9 Mrd. €).  Die EU findet im Februar 2019 eine Regelung, den Handel von KMU mit Iran abzuwickeln. Es soll ein Tauschhandel eingerichtet werden (Waren, Öl). 2018 stellt sich raus, dass der iranische Geheimdienst sehr aktiv in Deutschland ist (Vevak, Al-Quds-Brigade; spionierte jüdische Einrichtungen aus). Deshalb und auch wegen der Einmischung in die Kriege im Jemen und Syrien erwägt die Bundesregierung Sanktionen gegen den Iran.  2018 erwägt die EU neue Sanktionen gegen den Iran, um Trump von einer Kündigung des Atom-Abkommens abzubringen. Die EU sucht nach Möglichkeiten, am Abkommen festzuhalten. Sie reaktiviert ein EU-Abwehrgesetz in der Außenwirtschaftspolitik (schützt Firmen vor Sanktionen der USA). Ungefähr 10.000 Firmen aus Deutschland handeln mit dem Iran. Ende 2018 haben sie Probleme, an ihr Geld zu kommen. Der Zahlungsverkehr ist unterbrochen. Deutsche werden im Iran zunehmend als politische Geiseln genommen und ins Gefängnis gesteckt (z. B. Kölner Architektin Nahid Taghavi). Man benutzt die Ausländer, um inhaftierte Iraner freizupressen. Häufig geht es nur um Fotografieren in Sperrgebieten. Einige werden als vermeintliche Teilnehmer an Demos festgenommen. Deutschland erlässt eine dringende Reisewarnung, genauso wie Frankreich. Die EU verstärkt die Sanktionen gegen den Iran wegen der Proteste und ihrer Zerschlagung. Am 03.11.22 ruft Deutschland alle Deutsche im Iran auf, das Land zu verlassen (willkürliche Verhaftungen, Verhöre, lange Haftstrafen). Besonders gefährdet sind Doppelstaatler. Die konsularische Unterstützungsmöglichkeit durch die deutsche Botschaft sei "erheblich eingeschränkt". Ende 2022 wird er deutsche Botschafter mehrmals einbestellt (Hans-Udo Muzels). Der Iran wirft Deutschland "Interventionismus" und "haltlose Aussagen" vor. Es geht um Menschenrechte und das Vorgehen gegen die Demonstranten. Ende 2022 fliehen immer mehr Iraner nach Deutschland (Oktober 892; November 1039; gesamte Jahr 2639). Es gilt ein Abschiebestopp. Am 22.2.23 werden zwei iranische Diplomaten aus Deutschland ausgewiesen (Todesurteil gegen Deutsch-Iraner, siehe oben). Der Iran antwortet im März 23 mit der Ausweisung von zwei deutschen Diplomaten. Im September telefoniert Außenministerin Baerbock erstmals seit anderthalb Jahren mit ihrem iranischen Kollegen Hossein Amirabdollahian. Vielleicht lässt sich die Beziehung zwischen beiden Ländern etwas entspannen. Vgl. Koelbl, Susanne: Wie man Despoten umgart, in: Der Spiegel 38/ 16.9.23, S. 6.   100 Milliarden Dollar ist die Marktkapitalisierung an Teherans Börse 2016. Die Bundesregierung fördert seit Mitte 2016 wieder Investitionsprojekte durch Hermes-Bürgschaften. Betroffen sind 47 Projekte im Volumen von 795 Mio. €. Das Atomabkommen mit dem Iran ist Geschichte. Warum haben die USA es aufgekündigt gegen den Willen der Europäer? Obwohl sich Teheran an alle Verpflichtungen hält. Michael Lüders erläutert in seinem Buch die Hintergründe: Nicht Religion trennt Sunniten und Schiiten, sondern Machtpolitik. Die USA tauschen Waffen gegen Öl. Jared Kushner, der Schwiegersohn von Trump, ist mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed Bin Salman verbandelt. Vgl. Michael Lüders: Armageddon im Orient. Wie die Saudi-Connection den Iran ins Visier nimmt, München (Beck) 2018.

Exkurs. Behzad Karim Khani: Er zog mit neuen Jahren mit seiner Familie aus dem Iran ins Ruhrgebiet (2022 ist er 45 Jahre alt). In Berlin gründete er Bars und Cafes. 2022 debütiert er mit einem Roman: Hund Wolf Schakal, Berlin (Hanser) 2022. Der Roman handelt über seine Migration nach Deutschland und dem Gesetz der Straße. Khanis Eltern waren marxistische Soziologen. Der Vater war auch Lyriker und Koran-Liebhaber.

Exkurs. Nairi Baghramian: Künstlerin iranisch-armenischer Herkunft. Sie wurde 1971im Iran geboren und lebt heute in Berlin. Ihre Eltern flohen im Zuge des Sturzes des Schahs aus Persien. Sie studierte in Berlin an der Hochschule der Bildenden Künste. Sie ist heute eine angesehene Bildhauerin (Minimalismus, Post-Minimalismus). Sie ist sehr erfolgreich. Sie hat Ausstellungen im MOMA und MET in New York.

Exkurs. Masih Alinejad: Menschenrechtsaktivistin. Im November scheitert ein Gespräch zwischen ihr und dem deutschen Außenministerium. Es war Vertraulichkeit vereinbart worden. Alinejad bringt das Treffen an die Öffentlichkeit. Sie kritisiert die "feministische Außenpolitik" als ironisch.

Deutschland als Drehscheibe für iranische Unternehmen: Ein wichtiger Akteur ist der deutsche Ableger von IFIC (Iran Foreign Investment Company). Er hat seinen Hauptsitz in Düsseldorf. Er lenkt Geldhäuser wie die Bank Melli, Schiffs- und Handelsfirmen, Kraftwerk in Dubai, Beteiligung an französischer Pharmafirma. Wichtig ist auch die Asotec Holding, auch in Düsseldorf. Sie ist seit 30 Jahren tätig. Sie verkauft Maschinen in den Iran. Eigner ist IMIDRO/ Bergbau- und Minenorganisation. Vgl. Rauffmann, T./ Zdrzalek, L.: Die Mullah-Millionen, in: WiWo 51/ 16.12.22, S. 34f.

Iran und China: 2017 im Juni machen China und Iran eine gemeinsame Militärübung im Golf. Im März 2021 unterschreibt man einen Pakt mit China. China ist im Grunde genommen die Schutzmacht des Iran.

Iran war früher dem Handels- und Straßennetz der Seidenstraße angeschlossen. Die Haupthandelsroute war die Strecke von Rey, südlich von Teheran, bis zum heutigen Mashhad. Karawansereien waren eingerichtet (vor allem Schah Abbas im 17. Jh.). Schon 100 v. Chr. soll es Verbindungen nach Xi `an gegeben haben. Iran bildete die Brücke zwischen Osten und Westen. Es hatte diese Funktion Jahrtausende.

Mittlerweile liefert der Iran das meiste Öl an China. Insgesamt ist der Iran ein wichtiger Rohstoff- und Energielieferant für China. Ein Teil der Geschäfte werden in Yuan abgewickelt.

Dei islamische Welt schweigt zu den Verhältnissen in China. Sie will sich die Beziehungen offen halten, weil sie den USA misstrauen. Der Einfluss Chinas nimmt zu. Vgl. Mattheis, Philipp: Die dreckige Seidenstraße, München 2023, S. 147ff.

Exkurs. Waffenhändler: Die Waffenlieferung an den Iran aus China läuft auch über Händler. Der vom FBI meistgesuchte Händler ist Li Fangwei alias Karl Lee. Er hat Irans Regime mit Raketenteilen versorgt. Er ist einfach nicht zu fassen. Vgl. Giesen, C. u. a.: Händler des Todes, in: Der Spiegel 18/ 29.4.23, S. 82ff.

Iran und Indien: Zahedan, die Grenzstadt im Nordosten zu Afghanistan (iranisch-pakistanisch-afghanische Grenze), ist von der indischen Kultur geprägt und hat indische Wurzeln. Die Muslime dort gehören der Deobandi-Bewegung an, die ihren Ursprung in einer theologischen Hochschule in Britisch-Indien hatte. Die Stadt gilt als "Drogenhochburg" und "Unruheregion". Dort leben Balutschen. Die Provinz heißt Sistan-Balutschestan. Viele Menschen haben keine Papieren und leben in größter Armut. Die reichen Balutschen investieren ihr Geld im Ausland.

Iran und Pakistan: Man sucht seit Jahren nach einer Annäherung. Nach der Flutkatastrophe braucht man eine wirtschaftliche Hilfe. Der Aufruhr im Iran bringt erst mal eine Pause. Im Januar 2024 kommt es wieder zu Scharmützeln an der Grenze. auf beiden Seiten agieren Separatisten. Natürlich sind sich Sunniten (Pakistan) und Schiiten (Iran) auch nicht "grün".

Iran und Irak: Seit Wochen beschießen die Revolutionswächter im Iran Flüchtlingslager und Basen iranischer Oppositionsgruppen. Man beschuldigt die kurdische Demokratische Partei Irans, die Proteste vom Irak aus zu unterstützen. Da Erdgasanlagen und Erdölraffinerien im Irak zerstört sind oder nicht funktionieren, kommen die Lieferungen aus dem Iran. Mittlerweile ist der Irak abhängig vom Iran. Wahrscheinlich ist der Iran die dominiernde Macht im Irak. Das ist das traurige Ergebnis der US-Außenpolitik. Zumindest kontrolliert der Iran weite Teile Iraks. Die Revolutionsgarden und die Milizen des Iran haben Ableger im Irak. Sie bekämpfen dort auch Oppositionelle. Im Januar 2024 gibt es Raketenbeschuss vom Iran in den Irak. Es ist eine "gezielte Operation" mit Präzisionswaffen. Es sei ein  Spionagehauptquartier des Mossad und eine Kommandozentrale des IS zerstört worden. Der Irak protestiert und zieht seinen botschafter aus Iran ab.

Iran und Afghanistan: Durch die Unruhen im Iran könnten viele Afghanen ihren Fluchtpunkt verlieren. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, Geld zu verdienen und nach Hause zu schicken. 3 Mio. Afghanen leben 2022 im Iran.

Iran und Israel: Beide Länder waren einmal Verbündete. 1950 erkannt Israel als zweites Land hinter Türkei Israel an. In den 1970er Jahren hatten beide Länder enge Beziehungen (Israel baute den größten Damm, Landwirtschaftshilfe). Tausende Israelis lebten im Iran. Nach der islamischen Revolution von 1979 hat Teheran seine Haltung zu Israel fundamental verändert. Die Zerstörung des jüdischen Staates gehört zur Staatsdoktrin. Im Juli 2021 gibt es einen iranischen Drohnenangriff auf ein israelisches Schiff (Öltanker) vor Oman.  Es findet ein Schattenkrieg statt. Austragungsort ist der Nahe Osten. Wenn Iran den Befehl zum Bau einer Atombombe geben würde, wird Israel sicher angreifen. Dann würden Nuklearanlagen und auch Drohnenfabriken bombardiert. Im Januar 2023 gibt es einen israelischen Drohnenangriff auf eine Rüstungsfabrik im iranischen Isfahan. Auch die USA drohen mit Militärschlägen. Im Oktober 2023 greift die Hamas im Gaza-Streifen Israel an. Die Waffen und Raketen dürften größtenteils aus dem Iran stammen. Man will das Abkommen zwischen Saudi-Arabien, USA und Israel torpedieren. Am 1. April 2024 macht Israel einen Angriff auf ein Treffen iranischer Offiziere im syrischen Damaskus (2 Brigadegeneräle der Auslands-Revolutionsgarde Al Kuds werden getötet, auch weitere Führungsoffiziere). Teheran droht mit Rache. Die kommt dann auch: Iran greift mit Kampf-Drohen, Marschflugkörpern und Raketen Israel an (auch aus Jemen, Syrien und Libanon, insgesamt ca. 350). Das ist der erste direkte Angriff auf Israel (sonst immer über Proxys). Die USA beordern weitere Flugzeugträger und Schiffe ins Mittelmeer vor die israelische Küste, um die Luftabwehr verstärken zu können. 99% der Drohnen und Raketen können von der Luftabwehr aufgefangen werden (Allianz mit Frankreich, GB, USA, Jordanien und andere Nahoststaaten, Raketen treffen beim Militärflughafen Nevatim, bei Arad und auf den Golanhöhen). Bundeskanzler Scholz verzichtet in Chongqing auf Sightseeing. Das Kriegskabinett in Israel entscheidet über Gegenmaßnahmen. Israel greift die Hisbollah/ Hizbillah  an (Nabi Sheet, Waffenproduktion). Weitere Schläge sollen kommen. Israel könnte mit einem begrenzten Angriff reagieren (weil die USA einen Gegenschlag ablehnen). Der iranische Angriff bleibt in der Strategie der Zermürbung (die USA und andere Staaten wurden vielleicht gewarnt, außerdem sind die Revolutionsgarden von Informanten durchsetzt; kein Interesse an Eskalation), vielleicht will man auch testen und innenpolitisch Rachebedürfnisse befriedigen. Der Iran hat bessere Raketen, was eigentlich beunruhigend ist. Diese könnten in naher Zukunft  relativ schnell mit Atomsprengköpfen bestückt werden. Israels Nachbarn, die arabischen Staaten, versuchen, die Spannungen abzubauen. Auch China, die EU, USA und Russland haben ein Interesse an Deeskalation. Das aus ganz unterschiedlichen Motiven: China wirbt für eine neue Weltordnung. Russland ist fest an der Seite Teherans, braucht aber selbst Waffen. Europa setzt auf Sanktionen. Die arabische Welt hat ein doppeltes Feindbild. Bundesaußenministerin Baerbock reist am 17.4.24 nach Israel. Sie soll auch im Auftrag der EU mäßigend wirken. Der begrenzte Gegenschlag kommt am 18./19. 4. 24. Mit Drohen und Raketen werden militärische Ziele im Iran angegriffen.

Iran und Türkei: Die Türkei spielt einmal als Zielland für politische Flüchtlinge eine Rolle. Sie wandern aber dann in der Regel weiter nach Europa oder Nordamerika. Der Iran beliefert die Türkei mit Strom und Gas sowie Öl. Wegen Versorgungsengpässen im Iran muss die türkische Industrie Anfang 2022 auf Energie aus dem Iran verzichten. Weil in der Türkei die islamische Richtung der Sunniten vorherrscht, ist das Verhältnis nicht unbelastet. In der Woche vom 18.7.2 an will Erdogan zusammen mit Putin in den Iran reisen. Im November 2022 fliegt die Türkei Luftangriffe auf Stellungen im kurdischen Teil des Iran (Vergeltung für einen Anschlag der Kurden in Istanbul).

Iran und Russland: Iran gehört dem Lager an, das sich gegen die USA und den Westen bildet: Russland, China. Man registriert auch aufmerksam, dass die USA mit Saudi-Arabien, Ägypten und Israel eine Koalition gegen den Iran geschmiedet haben. In der Woche vom 18.7.2 an will Erdogan zusammen mit Putin in den Iran reisen bzw. beide treffen sich dort. Unter anderem geht es um Drohnenlieferungen aus dem Iran an Russland für den Ukraine-Krieg. Drohnen der Türkei sind auf ukrainischer Seite im Einsatz. Es geht auch um Syrien. Die Türkei und der Iran wollen die Lücke füllen, die Russland hinterlässt. Erdogan, Raisi und Putin eint das Misstrauen gegenüber dem Westen. Die drei Länder wollen den Handel ausbauen. Es gibt auch Differenzen: Der Iran hält sich aus dem Ukraine-Konflikt heraus. Die Türkei steht auf der Seite der Assad-Gegner. Man will aber den westlichen Sanktionen trotzen durch enge Zusammenarbeit. Der Iran soll Drehscheibe für den Handel zwischen Russland und Indien werden. Hauptsächlich läuft das über Container-Züge über den Internationalen Nord-Süd-Transitkorridor (INSTC). Dieser Weg ist kürzer als der 16.000 Kilometer lange Seeweg von St. Petersburg um Europa herum und durch den Suezkanal nach Indien. Gazprom wil im Iran in die Öl- und Gas-Förderung investieren. auch Verkehrsflugzeuge sollen gemeinsam reparieret werden. Es gibt aber auch Rivalitäten. Wegen der Sanktionen gegen Russland ist der Ölpreis gefallen, was den Iran auch zu Senkungen des Preises zwang.  Iran liefert für den Ukraine-Krieg Drohnen an Russland: Typ Shahed-136 (die Frage ist, wie ist der Iran trotz Sanktionen an die Technologie rangekommen). Bis Ende Oktober 2022 wurden schon mehr als 300 in der Ukraine abgeschossen. Sie wurden vor allem für Angriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur benutzt. Der Iran hat auch Ausbilder in der Ukraine, die russische Soldaten schulen. Die Allianz zwischen Iran und Russland wird immer enger.

Iran und USA: Im Juni 2019 werden im Golf von Oman zwei Frachter in Brand geschossen. Die USA beschuldigen den Iran, der dementiert. Es würde in das Muster der Kriegsvorbereitungen der USA passen. Am 18. Juni schießt der Iran eine US-Drohne ab (man streitet sich, ob sie über neutralem oder Hoheitsgebiet des Iran getroffen wurde). Trump stoppt dann kurzfristig einen Angriff auf den Iran. Die USA starten einen Angriff im Internet und verschärfen die Sanktionen noch. Sie wollen auch eine globale Allianz gegen den Iran schmieden. Am 05. Juli 2019 kommt es zu einer britisch-iranischen Konfrontation vor Gibraltar. Die britische Marine stoppt den iranischen Supertanker "Crace 1", der Erdöl an Bord hat, wegen Verstoßes gegen die Sanktionen. Die Situation wird immer brisanter. Im Atomkonflikt scheint der Iran verhandlungsbereit zu sein. Die USA schießen in der Straße von Hormus am 19.07.19 eine iranische Drohne ab. Iran setzt einen ausländischen Tanker (aus GB) fest. Die deutschen Exporte in den Iran haben sich im ersten Halbjahr 2019 halbiert (wegen der US-Sanktionen). Der iranische Tanker darf Gibraltar verlassen (Oberste Gericht). Im August 2019 stößt der Außenminister des Iran Sarif zum G7-Treffen in Biarritz. Im September 2019 läuft die Atomforschung im Iran wieder an. Im September startet Präsident Hassan Ruhani die Initiative "Koalition der Hoffnung".  Die USA machen Druck auf Deutschland, sich einzumischen und die Unruhen zu schüren. Amnesty International gibt bekannt, dass es bis Ende November 2019 schon 115 Tote bei den Protesten gegeben hat (über 1000 Personen wurden verhaftet). Die USA töten durch einen Drohnenangriff in Bagdad General Ghassem Soleiman, die Nummer zwei oder drei im Iran. Der Iran droht mit Vergeltung (das könnte zu einem Krieg führen). Trump droht in diesem Falle mit einem Gegenschlag auf 52 Ziele. Der Iran greift einige Stützpunkte der USA im Irak mit Vorwarnung an. Es kommen keine US-Soldaten ums Leben. Die USA verzichten auf einen Gegenschlag. Der Iran schießt versehentlich ein Passagierflugzeug aus der Ukraine ab.  Vor der Parlamentswahl im Iran kommen neue US-Sanktionen. Die Regierung setzt sich gegen den Klerus durch und verbietet im Ramadan den Besuch von Moscheen. Im Dezember 2020 wird der Regimekritiker Ruhollah Sam (Journalist) hingerichtet.  Der Iran möchte Ölexporte wieder aufnehmen und Zugang zu seinen Konten in den USA. Das sind die Forderungen an den neuen US-Präsidenten Biden. Die USA sind gesprächsbereit. Trotzdem versuchen die USA, eine Allianz gegen den Iran zu  schmieden (Israel, Ägypten, Saudi-Arabien). Am 04.November 2022 gedenkt man im Iran des Sturms auf die US-Botschaft 1979 (Auslieferung des Schah von den USA). Im September 2023 läuft ein umstrittener Deal zwischen den Erzfeinden. Man tauscht Gefangene aus. Zusätzlich bezahlen die USA 6 Mrd. $ Lösegeld. Man hofft immer noch auf eine Atomvereinbarung. 2024 scheut der Iran den offenen Krieg mit den USA. Die iranische Miliz im Irak wird gemaßregelt. Man will alle Kämpfe im kontrollierbaren Rahmen halten. Das könnte auch die Unterstützung der Hamas einschränken.

Iran und Saudi-Arabien: Nach jahrelangem Konflikt werden im März 2023 Gespräche aufgenommen. Dei diplomatischen Beziehungen sollen wiederhergestellt werden. Hochrangige Vertreter trafen sich in China auf chinesische Vermittlung hin. Es herrscht 7 Jahre Pause. Das sunnitische Saudi-Arabien und das schiitische Iran führen zahlreiche Stellvertreterkriege (Syrien, Irak, Jemen).

Iran und Syrien: Es gibt zahlreiche iranische Kämpfer von den Revolutionsgarden in Syrien. Zusammen mit Russland unterstützen sie das Regime von Assad. Es kommt immer wieder zu Kämpfen mit der  US-Armee in Syrien. Im März 2023 eskalieren die Kämpfe. Das könnte auch die Atomverhandlungen torpedieren. Die E3 (Deutschland, Frankreich, GB) haben ein Interesse an dem Vertrag (Rückkehr). Die USA sind eher abwartend. Im Januar 2024 werden fünf Mitglieder der Revolutionsgarden in Damaskus bei einem Luftangriff getötet. Der Iran macht Israel dafür verantwortlich und droht mit Rache.

Iran und UN sowie G7 bzw. Brics: Irans Präsident Raisi will Ende 2022  vor der UN-Vollversammlung sprechen. Dafür wartet er auf ein Visum. Die Entscheidung liegt bei den USA. Einerseits sind die USA verpflichtet, Gäste der UN mit einem Visum auszustatten. Andererseits ist der Iran mit Sanktionen belegt. Er darf sprechen. Die G7-Außenminister verurteilen im November 2022 die Gewalt gegen die Demonstranten im Iran. Im September 2023 wird der Iran in die BRICS-Gruppe aufgenommen (zusammen mit Saudi-Arabien, Ägypten, Äthiopien, Argentinien u. a.; Brics plus).

Iran und Katar, Oman: Sie pflegen Beziehungen zu Iran und seinen Gegnern. Deshalb haben sie eine Vermittlerrolle. Vgl. Sauerbrey, Anna/ Thumann, Michael: Agenten des Chaos, in: Die Zeit 17/ 18.4.24, S. 4.

Iran und Hispola sowie Hamas: Der Iran unterstützt massiv Bewegungen, die gegen Israel kämpfen. Er liefert Waffen und Raketen.

Iran und Gaza-Krieg: Dank neuer Freunde und alter Feinde profitieren die Mullahs vom Gazakrieg wie niemand sonst. Sie erschüttern den Nahen Osten - und lehren den Westen das Fürchten. Sie haben Rekordeinnahmen durch Waffenverkauf. Im Sommer 2023 wurde man in Johannesburg in die Brics+ aufgenommen. Vgl. Bartl, A. u. a.: Im Griff der Mullahs, in: Focus 10/2024, 2.3.24, S. 42ff..

Sicherheit, Rüstung und Militär: Ende 2018 kommt die stempelfreie Einreise in den Iran  (Restriktionen der USA).  Im Februar 2019 testet das Land Marschflugkörper. Auf der Münchener Sicherheitskonferenz fordert der Außenminister Sarif die Europäer zu einem robusteren Auftreten gegenüber den USA auf. Im April 2019 setzen die USA die iranischen Revolutionsgarden auf die Terrorliste. Eine Iranerin wird im April 2019 zu eine reinjährigen Haftstrafe verurteilt, weil sie ihr Kopftuch abgelegt hatte. Im April 2019 verschärfen die USA ihre Sanktionen gegen den iranischen Ölverkauf. Sie weiten die Sanktionen auf die Käufer aus (China, Indien, Japan, Italien). Der Iran stellt den europäischen Staaten ein Ultimatum von 2 Monaten (danach will Iran wieder Atom anreichern). Sie sollen dem Iran gegen die Sanktionen der USA helfen. Gleichzeitig erhöhen die USA ihr militärisches Drohpotential. Am 31.Mai 2019 gibt es Massendemonstrationen gegen die USA und Israel (Al Kuds). Die USA sind zu Gesprächen mit dem Iran bereit. VAE, Bahrain, Sudan und Marokko erkennen Israel an und nehmen diplomatische Beziehungen auf. Saudi-Arabien wird folgen. Damit gibt es zwei Lager im Nahen Osten, jeweils geführt von Saudi-Arabien (USA) und dem Iran (China, März 2021 Pakt mit Iran). Dritte Achse ist Türkei/ Katar. Im Januar 2022 finden gemeinsame Manöver von Iran, Russland und China im Indischen Ozean statt.

Der Iran hat Militär (Armee), die Revolutionsgarden und die Milizen. Die Revolutionsgarde (Revolutionswächter) verfügt über eine eigene Luftwaffe, Marine und Heer (200.000 bis 250.000 Mann?). Die Basij-Milizen haben 450.000 Mann (nicht registriert über 1 Mio.). Sie haben eigene Clubs und viele Privilegien. Die Revolutionsgarde (IRGC)  kontrolliert das Raketenprogramm, die Grenzen und den Schmuggel an den Grenzen. Dazu kommen die Hisbollah im Libanon, die Badr-Brigade im Irak, die Hamas im Gaza-Streifen, militärische Kräfte  in Syrien und im Jemen (Huthi). Dazu gibt es schiitische Milizen in Palästina, Bahrain, Afghanistan und Pakistan. Die Unterstützung dieser Gruppen hat auch eine strategische Bedeutung. Man will die Kräfte Israels und der USA, aber auch Saudi-Arabiens, binden, um das eigene Staatsgebiet von Angriffen frei zu halten (wegen der Atomaufrüstung Angst vor Präventivschlägen). Im Mai 2022 wird ein Oberst der Revolutionsgarde in seinem Auto erschossen. Man vermutet "imperialistische Mächte" hinter dem Attentat (Israel, USA).

Exkurs. Al-Kuds-Brigaden: Teil der Revolutionsgarde, der für Auslandseinsätze zuständig ist. Berühmt war ihr Anführer Ghassem Soleimani. Er war 2020 bei einem vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump angeordneten Drohnenangriff in der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet worden. In der iranischen Stadt Kerman, Provinzhauptstadt und Heimatstadt von Soleimani, ist seine Grabstätte, die zu einer Pilgerstätte wird. Am vierten Todestag von Soleimani kommen an der Grabstelle, wo eine Gedenkfeier stattfand,  bei einer Explosion fast 100 Menschen ums Leben. Die Hintergründe sind unklar. Die USA und Israel lehnen jede Verantwortung ab. Der IS bekennt sich schließlich zum Attentat. Das ist fatal für die Führung im Iran, die den Anschlag propagantistisch  gegen die USA und Israel eingesetzt hatte. Normalerweise setzt der Iran indirekt Gruppen im Ausland ein (Hisbollah, Hamas, Huthi, schiitische Milizen im Irak, Palästinensischer Dschiad  u. a., Proxis genannt). Manchmal tritt er auch direkt auf. Am 11.1.24 wird ein Öltanker im Golf von Oman beschlagnahmt (noch mal im April 24). Die St. Nikolas habe iranisches Öl gestohlen. Sie stand schon 2023 im Mittelpunkt eines Streits zwischen USA und Iran. am 1.April werden zwei Brigadegeneräle  und weitere Offiziere beim einem Luftschlag in Damaskus getötet.

Exkurs. Iranische Raketen: Sie tragen schon seit Jahren zur Eskalation im Nahen Osten bei. Sie treffen ihre Ziele in Syrien, in Israel, im Irak und in Pakistan vom Iran aus. Die Hisbollah, die Hamas und die Huthi setzen sie auch ein. Der Iran besitzt das größte Arsenal der Region. Man schätzt den Bestand allein im Iran auf 3000 ballistische Raketen (mit bis zu 2000km Reichweite). Die Geschichte geht bis auf den Krieg mit dem Irak zurück in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Bei der Entwicklung stützte sich der Iran vor allem auf Nordkorea, das die Technologie lieferte und dafür Öl bekam. Der Iran entwickelte die Raketen weiter. Der Iran kann aber nicht dominieren, weil die westlichen Raketenabwehrsysteme sie abfangen (Iron Dome u. a.). Die iranische Flugabwehr selbst ist sehr löchrig. Der Angriff auf Isrea im April 2024 kann auch als Test der Raketen gesehen werden (auch Drohnen und Marschflugkörper).

Für die Sicherheit im Inneren gibt es noch die "Sittenpolizei". Sie hat oft eine geringere Bildung und ist sehr regimetreu. Zur Sittenpolizei gehören auch Frauen. Anfang Dezember 20222 wird bekannt gegeben, dass die Sittenpolizei aufgelöst wird. Wenn das stimmt, wäre es ein erster Erfolg der Proteste. Wahrscheinlich was das eine Fake -Meldung.  Tatsächlich wird die Sittenpolizei Mitte 2023 wieder sehr aktiv. Die Sittenwächter kommen zurück. Die Repression nimmt zu.

2022 will der Iran einen schwedischen Arzt hinrichten lassen (seit 2017 in Haft). Er hat auch die iranische Staatsbürgerschaft. Er wird beschuldigt, für den israelischen Geheimdienst Mossad gearbeitet zu haben.

Gesundheit: Die Fallzahlen von Corona steigen immer mal wieder stark an. Am 20.02.20 werden zwei Corona-Todesfälle im Iran gemeldet (nicht außerhalb der Stadt Ghom gewesen). Die Zahl möglicher Infektionen bleibt unklar. Sehr hoch ist die Zahl der Toten (25.02.20 15). Die Krankheit breitet sich stark aus. Irans Revolutionsführer lehnt Vakzine aus den USA ab. Der Iran ist berühmt für seine Ärzte ("Iraner sind entweder Teppichhändler oder Ärzte").

Heroin und Drogen: Heroin ist sehr billig im Iran. Billiger als Milch. Das Regime setzt dem Drogenhandel nichts entgegen. Ist das Absicht? Vgl. Amiri, Natalie: Heroin ist billiger als Milch, in: Die Zeit 38/ 7.9.23, S. 8.

Exkurs. Marzipan: Marzipan kommt aus Persien. Die Kaufleute aus Venedig brachten es nach Europa. In Persien ließen die Herrscher von ihren Zuckerbäckern essbare Paläste aus dem süßen Baustoff errichten. Thomas Mann, der aus Lübeck stammt, wo schon 1806 das weltberühmte Marzipan-Familienunternehmen Niederegger gegründet wurde,  vermutete, dass der Begriff von "panis Marci" kommt ("Brot des Marcus oder Martis", für den Kriegsgott Mars, Soldatenbrot).

Kunst und Kultur: Jahrtausendealte Architektur. Ornamentik und Kalligrafie. Miniaturmalerei. Literatur. Filme stauben internationale Filmpreise ab. Musik ist für Muslime eher tabu.

Persisch ist eine eigene Sprache. Das Neu-Persische gehört zum iranischen Zweig der indoeuropäischen Sprachfamilie. Die persische Sprache ist die Kultur- und Amtssprache in Iran (Farsi) und mit bestimmten Abweichungen in Afghanistan (Dari) und Tadschikistan (Togiki). Mit der Eroberung Persiens durch die Araber im 7. Jahrhundert und die allmähliche Islamisierung  wurde die arabische Schrift übernommen. "Meine Stimme wird zu hören sein, solange ich lebe, in Wut, Getöse und Erhebung. Deine Steine und Felsen fürchte ich nicht, ich bin die Flut, du kannst meine Fluss nicht bändigen", Sinim Behbahani, die "Löwin des Iran", Dichterin.

Im Juli 2022 wird der Filmemacher Mohammed Rassulof verhaftet. Man wirft ihm Volksverhetzung vor. Er hatte sich der Aktion "Put your gun down" wie über 70 andere Vertreter der iranischen Filmindustrie. Sie hatten ein Ende der Polizeigewalt gefordert. Rassulof hatte 2020 den Goldenen Bären in Berlin gewonnen. Er lebt abwechselnd in Teheran und Hamburg.

Exkurs. Persische Mathematik: Persische Mathematiker griffen die Erkenntnisse indischer, griechischer und arabischer  Mathematiker auf. Am berühmtesten ist Omar Chayyam. Er wurde 1048 in der persischen Stadt Nishapur geboren.  Er zog 1070 nach Samarkand (heute Usbekistan). Er schrieb das Werk "Abhandlung über Beweise für die Probleme der Algebra". 1071 wurde er von Malik Schah nach Isfahan gerufen, um dort ein Observatorium einzurichten. Später zog er in die neue Hauptstadt Merv (heute Turkmenistan). 1118 starb er. Chayyam skizzierte eine vollständige Klassifikation kubischer Gleichungen, deren Lösung er mithilfe von Kugelschnitten fand. Vgl. Willers, Michael: Algebra, Kerkdriel 2022, S. 86ff.

Exkurs. Omar Khayyam (1048-1131): Er war ein bedeutender persischer Mathematiker und Astronom. Er kooperiert mit den Europäern. "Be happy for this moment. This moment is your life", Ders.

Religion:  Schiiten:  Zum Schicksal gehören die Beziehungen zwischen Schiiten und Sunniten. Könnte es eine Art Ökumene geben? Der Schwiegersohn des Propheten ist ja der Namensgeber der Schiiten  (Saladin hat ein Buch über frühe Muslime geschrieben).  Mohammed hatte seine Nachfolge nicht geregelt (jeder versucht eine Begründung zu finden). Die Partei Alis (näher stehende Schwiegersohn und Cousin Mohammeds) wurde später nur Partei, Schia, genannt. Ursprünglich bestand eine Anführerschaft durch religiösen Verdienst. Erst später setzte sich das dynastische Prinzip durch (Legitimierung der Herrschaft). Die Gelehrten beider Gruppen sagen ziemlich das Gleiche. Im 13. Jahrhundert gab es eine Sufi-Gemeinschaft. Die Grundlagen sind heute noch in etwa gleich: Koran, Sunna, Islamische Lehre (Aqida) und Wissenschaftler. Die Stellung zum Judentum ist auch schwierig: Der Islam wird als letzte Botschaft Gottes angesehen. Die Dreifaltigkeit versteht der Islam nicht. Wichtig für den Islam ist heute die Tradition der Medresen. Das sind die Gelehrten, die an Universitäten ausbilden. Dabei gibt es drei Bausteine: 1. Grundlagen des Glaubens. 2. Spekulation ((Kalem). 3. Moral. Aber vielfältige Interpretationen sind möglich. Neben Sunniten und Schiiten gibt es noch andere Gruppen im Islam. So etwa die Ibadier. Sie sind vor allem im Sultanat Oman verbreitet. Sie berufen sich mehr auf Abraham als auf Mohammed. So sind sie auch toleranter und offener gegenüber den Katholiken und Protestanten (6% im Oman). Im 17. Jahrhundert war Isfahan die Zentrale der Schiiten. Es galt folgender Satz: "Isfahan ist die Hälfte der Welt". Sie wurde im 10. Jahrhundert als Residenzstadt der iranischen Buyiden-Dynastie (932-1055) gegründet. Sogar Bagdad konnte erobert werden. Timur griff 1378 die Stadt von Kabul aus an und eroberte sie. Auch mehr als 500 iranische Muslime nehmen an der Pilgerfahrt in Mekka teil (insgesamt 2,5 Mio. Muslime). Heute werden alle schiitischen Geistlichen unter dem Begriff Mullahs zusammengefasst.

Zentrum der Schiiten ist heute der Wallfahrtsort Maschhad. Es ist der größte Schreinkomplex der Welt - größer als Mekka, größer als der Vatikan. Maschhad ist die zweitgrößte Stadt des Landes (über 3 Mio.). Aus dieser Stadt stammt auch Chameini.

Es gibt auch Sunniten (9%, hauptsächlich an den Grenzen), Juden (10.000), Ismailiten und Christen (rund 300.000) im Iran. Ebenso Anhänger von Zarathustra (geb. 630 v. Chr.). Man spricht von Zoroastrismus. Die Richtung war lange vor dem Islam da (200.000 weltweit). Eine besondere Religion sind die Bahai. Sie entstand Mitte des 19. Jahrhunderts im Iran. Sie toleriert alle Religionen mit einem Gott. Sie liest deren Schriften gleichberechtigt. Mann und Frau sind gleich. Frauen sollen keine Kopftücher tragen müssen. Heute ist diese Religion im Iran verboten und sie wird verfolgt. Die Bahai-Religion wird so hauptsächlich im Ausland betrieben (in Deutschland z. B. in Mainz)

Laut einer aktuellen Umfrage wollen 70% der Bevölkerung im Iran nichts mehr mit Religion zu tun haben. Nur 30% betrachten sich als Muslime. Quelle: GAMAAN Institut, Niederlande. Wie das ermittelt werden konnte, muss man schon in Zweifel ziehen.

Exkurs. Salman Rushdie: Iranischer Autor (eigentlich indisch-britisch). Er schrieb "Die satanischen Verse" 1988. Der damalige Revolutionsführer Ajatollah Khomeini belegte ihn darauf mit einer Fatwa, die zur Tötung des Autors aufforderte. Rusdie lebte danach in GB und den USA unter Bewachung. Im August 2022 wird er bei einem Messer-Anschlag in New York bei einer Lesung schwer verletzt. Dem Autor geht es nach einiger Zeit besser 8Sehverlust auf einem Auge, eine Hand steif). Der Anschlag könnte eine Einigung bei den Atomgesprächen verhindern. Wenn man die "satanischen Verse" liest wundert man sich über die Fatwa. Es ist eher ein Buch über Religion insgesamt und kein Werk gegen Moslems im Iran. Entscheidend war wohl die Einstufung Rushdies als Regime-Gegner. 2023 erscheint sein Buch/ Roman  "Victory City" auf Englisch. Es handelt von der Redefreiheit.

Umwelt (Flora und Fauna, Wasser): Waldfläche 6,6%, davon 1,95 Urwald. Naturschutzgebiete 272. Tierarten 1140. Pflanzenarten 6000, davon endemisch 1800. Es viele Halbwüsten, Wüsten, Waldsteppen. In den Grenzregionen häufen sich Streitigkeiten um Wasser. Das gilt besonders für die Grenze zu Afghanistan.

Katastrophen: Naturrisiken sind Dürre, Überschwemmungen, Sandstürme, Erdbeben. Im Juni 2022 kommt es zu einem schweren Zugunglück. Es ist auf der Strecke zur Pilgerstadt Maschad. Mindestens 10 Menschen kommen ums Leben. Am 2.7.22 gibt es ein schweres Erdbeben nahe der Hafenstadt Bandar Abbas (100 km östlich). Mindestens fünf Menschen kommen ums Leben. Ein weiteres schweres Erdbeben folgt Ende Januar 2023 im Nordosten des Landes (bei Choy. Mehrere Menschen kommen ums Leben. Viele werden verletzt und obdachlos.

Quellen: Stefan Loose: Iran, 2020 (Ostfildern, Dumont). Amiri, Natalie: Zwischen den Welten. Von Macht und Ohnmacht im Iran, Berlin 2021 (Aufbau). Atai, Golineh: Iran. Die Freiheit ist weiblich, Berlin (Rowohlt) 2021. Buchta, Wilfried: Schiiten, München 2004. Lüders, Michael: Wer den Wind sät, München 2015. StBA: Statistisches Jahrbuch des Auslands, Wiesbaden (verschiedene Jahre). Der Neue Kosmos Weltalmanach. Wikipedia. Viele Zeitungsartikel in: Die Zeit, Der Spiegel, Focus, Wirtschaftswoche, Stern, FAZ, Handelsblatt, Süddeutsche Zeitung, Neue Züricher Zeitung, Die Rheinpfalz.  Iran Journal: https://iranjournal.org. Radio Farda: https://www.radiofarda.com . Heinrich-Böll Stiftung, Iran-Report: https://www.boell.de/de/iran-report . Amiri, Natalie: Die Sehnsucht nach einem normalen Leben, in: Die Zeit Nr. 42/ 13.10.22, S. 13. Bollinger, Monika u. a. :In der furchtbaren Zwickmühle, in: Der Spiegel Nr. 42/ 15.10.22, S. 80ff. Presseclub, WDR, mehrere Sendungen. ARD Brennpunkt 26.10.22. Amnesty International. ZDF-Sondersendung am 04.11.22. Lau, Jörg/ Sauerbrey, Anna: Wie stabil ist das Regime im Iran, in: Die Zeit Nr. 44/ 27.1022, S. 8. Walter Posch, Landesverteidigungsakademie Wien/ Österreich. Sympathie Magazine, Iran verstehen, 2022. Eine bereits geplante Reise durch den Iran scheitert Ende Oktober durch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes. Viele Iraner nutzen mittlerweile diese Plattform als Informationsquelle. Wichtige Infos liefert auch folgende Denkfabrik: Center for Middle East and Global Order, Berlin.

 

Wirtschaft in anderen Ländern Asiens (die bisher noch nicht behandelt wurden; die Länder gehören zu Ozeanien, haben aber einen engen Zusammenhang mit Asien):  

Australien (eigener Erdteil bzw. Ozeanien, aber enger Zusammenhang mit Asien) hatte 2020 ein BIP von 1,36 Bio. US-$. Wachstum -2,4% (Corona). Die Inflationsrate lag bei 0,9%, die ALQ bei 6,6%. Das Land hat 22 Mio. Einwohner. Es ist sehr rohstoffreich. 2010 will die Börse von Singapur die australische Börse (ASX) übernehmen. 2017 wollen die Norfolkinseln sich von Australien lossagen (viele Einwohner sind Nachfahren der Besatzung der "Bounty"). Australien will in der Sicherheitspolitik eng mit Japan und den USA zusammenarbeiten. Man hat Angst vor China. Auch die Kontakte im Commonwealth mit GB werden wieder verstärkt. Im Mai gewinnt die liberal-konservative Regierung die Wahl (Scott Morrison). Bei der Wahl standen sich Alt & Reich und Jung gegenüber. Auch in Australien wütet 2020 das Corona-Virus. Die Strände werden geschlossen. Ende Juli erfasst eine zweite Corona-Welle Australien. Melbourne und Sydney müssen in den Lockdown. Die Regierung fordert eine unabhängige Untersuchung über den Ursprung der Pandemie Corona. Sie unterstützt auch die Demokratiebewegung in Hongkong. Das belastet das Verhältnis zu China. Australische Korrespondenten in China müssen ausreisen. Australien schließt sich 2020 einer Allianz an, die von den USA geschmiedet wird: Quad (USA, Indien, Japan, Australien). Es ist eine Art asiatische Nato. Alle diese Länder wollen der Macht Chinas etwas entgegen setzen. Australien tritt aber der RCEP bei, der Wirtschaftsintegration in Asien. Im November erschüttert ein Skandal in der Armee das Land. 25 Elitesoldaten haben  Kriegsverbrechen in Afghanistan begangen. Ende des Jahres 2020 führt China Australien vor: Mit Handelsbarrieren und Strafzöllen wird erbarmungslos die Abhängigkeit von China vorgeführt. Es könnte ein Exempel sein: Den verbündeten Amerikas (und auch GB) deutlich machen, dass China am längeren Hebel sitzt. Die Einfuhr von Rindfleisch wurde gestoppt, Gerste und Wein wurden mit hohen Strafzöllen belegt, Kohleschiffe blieben auf Reede liegen. Im März 2021 gibt es Überflutungen im Osten Australiens. die Spannungen mit China wachsen im Mai 2021: Australien kündigt ein Abkommen im Rahmen der Neuen Seidenstraße mit China. Daraufhin kündigt China ein ausgehandeltes Wirtschaftsabkommen mit Australien. 2021 verschärft sich der Handelskrieg mit China weiter (Australien verbannte Huawei, China führte Zölle ein). Australien hat sich bei der WTO beschwert. Es geht um die zentrale Frage, wie erpressbar Länder sind, die stark am Handel mit China hängen. 40% aller australischen Exporte gehen nach China. Symbolisch zeigt sich das am besten am Beispiel Hummer: China kauft 2021 keine mehr. Der Hummerpreis brach um drei Viertel ein. Anderen Ländern könnte es ähnlich ergehen. Australien bildet zusammen mit den USA und Großbritannien die Sicherheitspartnerschaft AUKUS im September 2021. Sie richtet sich gegen China. Frankreich verliert dadurch einen großen U-Boot-Auftrag von Australien. Das führt zu einem Konflikt zwischen den beiden Ländern (Macron bezeichnet Morrison der Lüge). Ab Ende Februar 2022 dürfen Touristen wieder ins Land (nach zwei Jahren, Corona-Sperre). Am 21.5.22 gewinnt die Labor-Partei nach zehn Jahren wieder die Parlamentswahl. Neuer Premier dürfte Anthony Albanese werden. Die neue Regierung hat zwei zentrale Aufgaben: Klimaschutz, Verbesserung des Verhältnisses zu China. Insofern hat der Regierungswechsel globale Bedeutung.  Am 20.12.22 treffen sich erstmals wieder nach drei Jahren der australische und der chinesische Außenminister in Peking. Es ist Tauwetter nach der Eiszeit angesagt. Es gab einen Handelsstreit. Man nähert sich wirtschaftlich wieder an. Australien steigert aber seine Verteidigungsfähigkeit. Die USA und GB rüsten Australien mit Atom-U-Booten aus. Man will der wachsenden Bedrohung durch China entgegentreten. Im Juli und August 2023 findet die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen in Australien statt (zusammen mit Neuseeland).  Es gibt einen Tierfilmer, der sich über mehrere Jahre mit dem gefährlichsten Krokodil der Welt, einem Salzwasserkrokodil, angefreundet hat Es ist der Tierfilmer Matt Wright. Es zeigt in Videos dazu auf seinem Instagram - Post. 2021 finden Paläontologen den größten bisher gefundenen Dinosaurier. Er hat eine Länge von 30 Metern und ist sechs Meter hoch. Der elitäre Australian Club stimmt demokratisch ab - und spricht sich gegen Frauenmitgliedschaften aus.

Exkurs. Eisenerz: Australien und China sind zur Zusammenarbeit verdammt. Peking weiß: Ohne Eisenerz kein Stahl. Und ohne Stahl kein Wachstum. Das zwingt Peking zur Zusammenarbeit mit Australien. Uns so kam es es nach langer politischer Eiszeit zum Tauwetter. Über 60% von Chinas Eisenerzimporten kommen aus Australien. Brasilien liefert 20%. Deise Abhängigkeit ist für China eine Achillesferse. Vgl. Sieren, Frank: China to go, München 2023, S. 202ff.

 

Neuseeland (Ozeanien). Das Land lässt 2018 126.000 Rinder schlachten. Die Tuberkulose (Mycoplasma) grassiert. Es gibt keine präzisen Tests. Bei einem Anschlag auf zwei Moscheen Mitte März 2019 kommen 50 Menschen ums Leben.  Der Attentäter ist ein rechtsextremer Australier (Brenton Tarrant), der den Anschlag in Christchurch ausgeführt hat. Neuseeland will seine Waffengesetze verschärfen. Premierministerin Jacinda Ardern erwirbt sich durch ihr Auftreten viel Ansehen in der Welt. Die Ureinwohner, die Maori, lassen sich die Begrüßungsformel "Kia ora" schützen. Die südkoreanische Firma "Kia" klagt dagegen. Bei einem Vulkanausbruch auf der Insel "White Island" kommen Menschen ums Leben. Das Land kommt als bestes westliches Land aus der Corona-Krise (nur 21 Todesopfer). Es gibt 102 Corona freie Tage. Dann  werden wieder Infektionsfälle gemeldet.   Die Naturschönheiten und die beruhigende Sicherheit zeihen immer mehr Zuwanderer an. Wer 6 Millionen Dollar investiert, erhält ein dreijähriges Visum mit Chance auf Einbürgerung. Die Partei der Ureinwohner Maori Party fordert im Wahlkampf 2020 eine Umbenennung von Neuseeland in Aotearoa ("Land der weißen Wolke"). Die Hauptstadt Wellington soll Te Whangdanui-a-Tara heißen. Bei den Parlamentswahlen im Oktober 2020 gewinnt die Labour-Party haushoch. Ministerpräsidentin Jacinda Ardern erringt einen historischen Sieg. Sie kann mit absoluter Mehrheit regieren. Sie kündigt eine Reformagenda und ihre Umsetzung an. In Bezug auf Corona fährt sie eine radikale Strategie. Ein einziger Corona-Fall führt im August 2021 zu einem landesweiten Lockdown. Nur 20% der Bevölkerung sind bis dahin vollständig geimpft. Viele Milliardäre aus den USA haben sich mit viel Geld eine Aufenthaltserlaubnis für das Land erkauft. Das für den Fall, dass die Klima- oder Gesellschaftskrise ein Leben in den USA nicht mehr möglich macht. Omikron lässt 2022 die Hochzeitspläne der Premierministerin Jacinda Arden platzen. Lange galt das Land als Musterbeispiel einer Null-Covid-Politik. China ist der größte Handelspartner Neuseelands. Man möchte sich aus der Abhängigkeit befreien und geht auf Europa zu. Nach einiger Zeit schloss sich das Land den Sanktionen gegen Russland an. Im Januar 2023 tritt die Premierministerin Jacinda Ardern zurück (unter Tränen). Sie galt als eine herausragende politische Führerin der Welt, doch im Inland sank ihre Popularität seit Monaten ("Ich weiß, dass ich nicht mehr genug im Tank habe"). Chris Hipkins wird Nachfolger von Ardern (bisher Polizei- und Erziehungsminister). Im Januar 2023 wird das Land von schweren Überschwemmungen heimgesucht. In Auckland gibt es große Verwüstungen. Der Tropensturm "Gabrielle" richtet massive Schäden an. Man ruft den Notstand aus. Neuseeland prüft 2023 eine Kooperation mit AUKUS. Zumindest erwägt man einen Technologieaustausch. Neuer Premierminister wird Christopher Luxon. Er kippt sofort das einzigartige Gesetz gegen Rauchen. Er war vorher Manager. Er arbeitet viel mit oberflächlichen Parolen.  Nach Corona will Neuseeland den "besseren" Urlauber. So gibt es 2022 Tourismus-Minister Stuart Nash bekannt. Darunter sei ein Mensch zu verstehen, der "mehr zurückgibt als er nimmt". Er soll gerne Menschen und Orte kennen lernen und sich dabei sehr umweltbewusst verhalten. An dem Tourismus-Konzept wird noch gefeilt. Ende 2022 beleidigt Neuseelands Premierministerin Jacinda Ardern den Vorsitzenden der rechtsliberalen ACT-Partei David Seymour: "He`s such an arrogant prick" (sie glaubt, dass das Mikrofon ausgeschaltet ist). Der Ausschnitt aus dem Protokoll wird für 60.000 € für die Prostata-Stiftung versteigert.

 

Salomonen: Die Hauptstadt ist Honiara. Sie bestehen aus 6 Haupt und 900 kleineren Inseln. Sie haben rund 650.000 Einwohner. Sie waren lange eine britische kolonie. Erst seit 1978 sind sie unabhängig. 1998 gab es schwere ethnische Konflikte. Australisches Militär mit 8000 soldaten sorgte für Ruhe. Es blieb bis 2017.  Man schließt 2022 eine strategische Partnerschaft mit China China hatte umfassende Investitionen in die Infrastruktur gemacht (außer auf Malaita, das weiter auf die USA setzt). Huawei ist stark engagiert. Honiara wird für britische und US-Schiffe gesperrt. 

Im April 2022 schließen der Inselstaat und China einen Vertrag über eine potentielle Entsendung von chinesischen Soldaten in den Pazifikstaat. Chinesische Kriegsschiffe sollen auf den Salomonen auch mit Nachschub versorgt werden können. Chinesische Sicherheitskräfte können bei Unruhen angefordert werden. Australien befürchtet die Errichtung einer Militärbasis. Das "Sicherheitsabkommen" sei nicht gegen Dritte gerichtet.

Die Salomonen liegen im Zentrum des Pazifik. Sie waren schon einmal Schauplatz eine der wichtigsten Schlachten im 2. Weltkrieg. Japan brachte zuerst den Pazifik unter seine Kontrolle. Später siegten die USA. Zwei Drittel der Ausfuhren bestehen aus Tropenhölzern. Der mit Abstand größte Anteil geht an China. Der Anstieg des Meeresspiegels ist eine Bedrohung. Der Klimawandel bedroht die Existenz. Es fehlt auch an Wasser.

Die Salomonen liegen quer zur Schiffsroute USA - Australien. Beide Länder fühlen sich in ihren Sicherheitsinteressen gestört. Vgl. Sieren, Frank: China to go, München 2023, S. 31ff.

 

Niue: Winziger Pazifikstaat. Er hat 260 Quadratkilometer. Das Meeresgebiet ist um das 1200-Fache größer als die Landmasse. Die Insel liegt noch 2800 Kilometer von Neuseeland entfernt zwischen Samoa, Tonga und Fitschi.. Die Region leidet besonders unter der Klimaerwärmung, die den Meeresspiegel ansteigen lässt. Die Insel sucht 2023 Sponsoren, die Quadratkilometer übernehmen können. Das Land hat einen Assoziierungsvertrag mit Neuseeland. Es ist wirtschaftlich auf Tourismus, Landwirtschaft und Fischerei angewiesen.

 

Papua-Neuguinea: Grenzt an Indonesien. 10,33 Mio. Einwohner. Parlamentarische Demokratie unter konstitutioneller Monarchie. Staatsoberhaupt: Britischer König, vertreten auch Gouverneur. BIP 31,82 Mrd. US-$.

 

Tonga: 110 000 Einwohner. Hauptstadt: Nuku`alofa. Staatsform: Konstitutionelle Monarchie. Staatsoberhaupt 2023: König Tupou VI. BIP 500 Mio. US-$.

 

Samoa: Ozeanien. 226.000 Einwohner. Hauptstadt: Apia. Staatsform_ Parlamentarische Republik. Staatsoberhaupt 2023: Gewählter Häuptling Afioga. BIP: 832 Mio. US-$ (2022). Samoa gilt als die Wiege der polynesischen Kultur.

 

Fischi:1 Mio. Einwohner. Hauptstadt: Suva. Staatsform: Parlamentarische Republik. BIP 4,84 Mrd. US-$ (2022). Fidschi ist einerseits ein Ferienparadies. Andererseits ist Fidschi geostrategisch sehr wichtig. Es lehnt sich seit einigen Jahren enger an China an. Das wurde vor allem von Premierminister Sitiveni Rabuka betrieben. Er will die Sicherheitspartnerschaft mit USA, Neuseeland und Australien überdenken. Er musste dann gehen. Seitdem ist Fidschi hin und her gerissen. Als nach einem Putsch Australien und Neuseeland die Entwicklungshilfe stoppten, sprang China ein. Bei einem Taifun half China. Jetzt überwiegt Dankbarkeit.

 

Vanuatu: 335.000 Einwohner. Hauptstadt: Port Vila. Staatsform: Parlamentarische Demokratie.

 

Kiribati: Ozeanien. Geographisch sehr wichtig, von USA und China umworben. 134.000 Einwohner. Hauptstadt: Tarawa. BIP: 224 Mio. US-$.

 

Marshallinseln: Ozeanien. Hauptstadt: Majuro. Traurige Berühmtheit durch US-Atomversuche. Schwere Umweltschäden und unkalkulierbare Langzeitschäden.

 

Mikronesien: Ozeanien. 116.000 Einwohner. Hauptstadt: Palikir.

 

Nauru: Ozeanien. Hauptstadt: Yaren. Im Januar 204 werden die Beziehungen zu Taiwan abgebrochen. Man fügt sich den Wünschen Chinas.

 

Die überwiegend in Asien liegenden Länder Russland und Türkei (in den beiden Erdteilen Europa und Asien) sind auch noch bei Globalökonomik/ Ländergruppen dargestellt. Dort finden sich auch Israel und die arabischen Länder (Saudi-Arabien, Iran, VAE, Katar, Kuwait, Bahrain, Libanon, Jordanien u. a.), die zu Vorder-Asien gehören. Über die Türkei habe ich auch einen speziellen Artikel im Zusammenhang mit dem Islam geschrieben. Vgl. die Site "Kultur/ Socio/ Psycho". Die Länder in Vorder-Asien sind für die EU und Deutschland wieder wichtiger geworden, weil Russland seit dem Ukraine-Krieg weitgehend als Lieferant der fossilen Energien ausfällt. Die Entwicklungsländer in Afrika bilden bei Globalökonomik eine eigene Kategorie, was auch für die Länder der EU gilt. Die Länder Südamerikas finden sich auch bei Globalökonomik (Ländergruppen).

 

Wirtschaftsintegrationen und Treffen (installierte Netzwerke der Kooperation):

Die Netzwerke in Asien, sowohl die ökonomischen als auch die militärischen, werden immer wichtiger. Asien und die Pazifik-Region rücken in das Zentrum der Weltwirtschaft. Der G20-Gipfel in Bali im November 2022 unterstreicht den Bedeutungszuwachs.   Xi Jinping warnt davor, dass die Asien-Pazifik-Region zur "Arena für den Wettbewerb zwischen den großen Mächten" ("Hinterhof") wird (vor dem Asien-Pazifik-Gipfel am 18. und 19.11.22 in Bangkok). "Die Asien-Pazifik-Region ist viel mehr als nur China", Olaf Scholz, Bundeskanzler, 2022 vor dem G20-Gipfel auf Bali in Singapur (vorher in Vietnam und Singapur, Scholz ist sehr interessiert an Asien und informiert sich).

Gemeinsam mit der Asean, der südostasiatischen Freihandelszone (rund 1,9 Mrd. Menschen insgesamt; Thailand, Laos, Malaysia, Singapur, Kambodscha, Vietnam, Burma, Indonesien, Philippinen, Brunei) will China bis 2010 die größte Freihandelszone der Welt schaffen, auch Japan ist mittlerweile einbezogen. Chinas Anteil am Asean - Außenhandel ist in den letzten zehn Jahren von 4 auf 11% gestiegen.  Ab 11 01. 2007 fand ein Treffen auf der philippinischen Insel "Cebu" statt (als regionale Dialogpartner sind einbezogen: Australien, Neuseeland, Indien, Japan, China und Südkorea). Die Asean - Staaten gründeten im Mai 2007 einen Währungspool (ein Teil der Währungsreserven wird zusammengelegt, Schutz vor Finanzkrisen). Ende Juli 2007 findet ein dreitätiger Gipfel statt (Handelsliberalisierung, Klimaschutz). Asean (Generalsekretär Ong Keng Yong) will bis 2013 sechs neue Freihandelsabkommen abschließen. Bis 2015 sollen die Zölle abgebaut werden. Es gibt mittlerweile auch eine Charta mit Grundprinzipien. Auf dem Gipfeltreffen in Thailand im März 2009 wird beschlossen, bis 2015 eine Wirtschaftsintegration nach dem Vorbild der EU zu schaffen. Der Asean-Gipfel im April 2009 in Pattaya, Thailand (Folgen der Weltfinanzkrise)  muss wegen Demonstrationen abgebrochen werden. Auch das Gipfeltreffen im thailändischen Hua Hin im Oktober 2009 wird von Tumulten begleitet. Es geht um Folgen von Naturkatastrophen und Klimawandel. Ab 2010 fallen viele Zollschranken, der Handel hat sich auf 200 Mrd.  erhöht. Auf der Asean-Konferenz im Oktober 2010 in Vietnam bekräftigen die USA eine Führungsrolle im asiatisch-pazifischen Raum und warnen China vor Einschüchterung der Nachbarn. Noch ist der Dollar die dominierende Währung. Viele kleinere Staaten wickeln auch ihren Außenhandel in Dollar ab (z. B. Thailand 90% des Japan-Handels). Nach Reformen darf das Militärregime in Myanmar 2014 den Vorsitz übernehmen. Auf der Konferenz im November 2011 auf Bali ist die Behandlung der Seegrenzen im südchinesischen Meer zwischen China und USA umstritten. Die Konferenz im November 2012 in Phnom Peng beschließt, bis 2015 völlige Zollfreiheit herzustellen. Im August 2017 feiert der Pakt sein 50jähriges Bestehen auf einer Konferenz in Manila (dabei sind an einem Tisch Nord- und Südkorea). Im November 2018 findet der Asean-Gipfel in Singapur statt. China wirbt um Rückendeckung im Handelskrieg mit den USA und wirbt für RCEP. Das Außenhandelsvolumen der ASEAN-Länder 2019 mit wichtigen Partnern sieht wie folgt aus: Asean - China 644 Mrd. US-$; Asean - USA 292,4 Mrd. $; Asean - EU 210,6 Mrd. $. Am 15.12.22 gibt es das erste Gipfeltreffen zwischen Asean und EU. Es findet in Brüssel statt. Es gibt ein EU - Asean Business Council. Ein Freihandelsabkommen ist noch nicht in Sicht. Am weitesten ist man mit Indonesien (Abkommen vielleicht bis Ende nächsten Jahres). 2023 am 5.9.23 findet der Asean-Gipfel in Indonesien statt. Im Mittelpunkt steht die Situation in Myanmar.

Die APEC ist mit einer Bevölkerung von 2,6 Mrd. und einem Anteil von 41% an der Weltbevölkerung, die größte Wirtschaftsintegration, auch schon 60% Intra-Handel, 21 Staaten, 50% des Welt-BIP.  Die Gemeinschaft wurde 1989 gebildet. Auf dem APEC-Treffen im November 2006 in Vietnam (Hanoi) wird Russland der Weg in die WTO geebnet. Außerdem soll die Doha-Runde wieder in Gang gebracht werden. Danach findet noch eine Konferenz in Singapur statt, auf der es nur um Umweltfragen geht (keine positiven Signale). Am 05.09. 2007 begann der Apec-Gipfel in Sidney. Es ging um den Klimawandel und die Doha-Runde (Agrarsubventionen) . Der APEC-Gipfel im August 2008 beschäftigt sich mit Strukturreformen und Wirtschaftsförderung. Beim Treffen im November 2008 in Lima geht es um die globale Finanzkrise. Ab 2010 sollen die Handelsschranken abgebaut werden. Henkel will mit Ausbau des Asiengeschäfts wachsen. Siemens beteiligt sich an taiwanischer Benn-Q. Heidelberger Cement gründet mit dem indonesischen Mischkonzern Indorama Lohia ein Gemeinschaftsunternehmen in Indien (Indien ist nach China der zweitgrößte Zementverbraucher in der Welt). Die Metro will weiter in Asien expandieren. 2010 findet ein Apec-Gipfel in Yokohama/ Japan statt: Es geht um die Unterbewertung des Yuan, die Aufwertung des Yen  und die Probleme in den USA. Auf dem Apec-Gipfel im November 2011 geht man weiter Richtung Freihandelszone. Ein Teil der Mitglieder gibt die Schaffung einer Transpazifischen Partnerschaft (TPP) bekannt unter Führung der USA (ohne China). Die Zölle auf Umweltgüter sollen bis 2015 auf 5% gesenkt werden. Am 01.10.13 treffen sich die Apec-Staaten zum Gipfel in Indonesien. In Bali verhandelt man über ein Freihandelsabkommen. 2014 findet ein Treffen der Apec-Staaten  am 10.11.in Peking statt. China hat dafür zig Fabriken stillgelegt, damit die Luft nicht zu schlecht ist. Wieder geht es um ein Freihandelsabkommen (immer noch zwei Modelle: mit und ohne China). Im November 2016 treffen sich die Apec - Mitglieder in Lima/ Peru. Angesichts des Wahlerfolges von Trump werden offene Märkte und Kampf gegen Protektionismus gefordert. Am 17./18. November 2018 findet der Jahresgipfel der Apec 2018 (21 Staaten) auf Papua-Neuginea statt. Das Land ist bitterarm und hat eine miserable Infrastruktur. Die meisten Gäste kommen in Port Moresby unter. Es wurde eigens ein Apec-Haus gebaut (von Oil Search gesponsert). Die USA und China überziehen sich mit Vorwürfen und verhindern eine gemeinsame Abschlusserklärung. US-Vizepräsident Pence droht mit einer Verdopplung der US-Zölle. Im November 2020 findet ein virtuelles Treffen statt (Corona). Auch Xi und Trump nehmen virtuell teil. Den Vorsitz hat Malaysia. Am 18. und 19.11.2022 findet in Bangkok, der Hauptstadt von Thailand,  der Asien-Pazifik-Gipfel (Apec) statt. Xi Jinping  reist direkt vom G20-Gipfel auf Bali dorthin an. Er warnt davor, dass die Asien-Pazifik-Region zur "Arena für den Wettbewerb zwischen den großen Mächten" ("Hinterhof") wird.

RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership): Das Freihandelsabkommen kommt im November 2020 zustande (ca. 8 Jahre Verhandlungen). Es ist die größte Freihandelszone der Welt (größer als EU und Nafta).  Es hat 2,2 Mrd. Verbraucher. Es umfasst ca. ein Drittel des Welthandels. 15 Staaten machen mit. Es sind die 11 Asean - Staaten (China, Thailand, Laos, Malaysia, Singapur, Kambodscha, Vietnam, Burma, Indonesien, Philippinen, Brunei)  + Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland. Chinas Position verstärkt sich in der Welt: China ist China ist das Zentrum und füllt das Vakuum, das die USA unterlassen. Die USA hatten sich zurückgezogen. Zölle werden gesenkt (Abbau von 90%, innerhalb von 15 Jahren), Investitionen vereinbart, es gibt neue Regelungen für den Handel. Die Dienstleistungen sind mit einbezogen  (auch Online-Handel; aber auch Teile ausgenommen). Landwirtschaftliche Produkte sind nicht einbezogen. Bei gemeinsamen Produktstandards ist man nicht ambitioniert. Indien war aus den Verhandlungen ausgestiegen, weil es fürchtete, von chinesischen Billigwaren überschwemmt zu werden. Man bietet Indien aber noch die Möglichkeit, beizutreten. Die Bedeutung des Abkommens liegt in der  Geopolitik, weniger in der Ökonomie. Es ist bisher eher oberflächlich. Der chinesische Markt ist sowieso sehr wichtig, das war in der Praxis immer klar. Die asiatischen Staaten halten wenig von der Übertragung nationaler Souveränität auf gemeinsame Institutionen. Deshalb wird es eine Integration wie in Europa nicht geben. Viele Länder hatten eher auf die Integration TPP gehofft, die die USA führen wollte. Aber sofort nach seiner Wahl 2016 stieg Trump aus. Damit schafft China Fakten, bevor Biden sich anders orientieren kann. Das Abkommen passt voll in die Strategie Chinas, sich vom Westen zu entflechten. Nach der Xinjiang-Eskalation (mit Sanktionen der EU und Gegensanktionen) ist mit einer Ratifizierung  erst mal nicht zu rechnen. Die stärkeren Sanktionen Chinas deuten darauf hin, dass man die EU nicht ganz so ernst nimmt (eine Klasse mit Australien, Kanada). Gleichzeitig arbeitet China weiter an einer Zersetzung der EU. Das Veto Ungarns gegen die China-Politik der EU (Sanktionen wegen Hongkong) ist ein erster Erfolg.  "Ein Meilenstein der ostasiatischen Zusammenarbeit", Le Keqiang, Ministerpräsident Chinas, November 2020.

Eurasische Wirtschaftsunion: Seit 2015. Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Russland. Russland dominiert. Durch den Ukraine-Krieg steigt die Skepsis gegenüber Russland. Das Treffen 2022 findet im Dezember in Bischkek, der Hauptstadt Kirgistans statt. Eigentlich wollte Putin zum Anlass des 100. Jahrestags der Gründung der Sowjetunion zum Jahreswechsel 2022/23 eine Art Wiedergeburt des Imperiums feiern. Jetzt entgleiten Moskau die Ex-Sowjetstaaten.

EPA (auch Jefta): EU - Japan - Handel durch ein Partnerschaftsabkommen. Es deckt 40% des Welthandels ab. Es ist am 1. Februar 2019 gestartet. Bis Ende 2020 zeichnet sich ein Erfolg ab. Man strebt Verbesserungen von Seiten der EU an: Japans Eisenbahnsektor und japanische Standards. Die größte Zufriedenheit gibt es im Lebensmittelbereich.

Asia-Pacific-Trade Agreement (APTA): Es ist ein Handelsabkommen zwischen Bangladesch, Indien, Laos, Republik Korea, Mongolei und Sri Lanka.

SAARC: Südasiatische Vereinigung für regionale Kooperation. Seit 1985. Sitz ist Kathmandu. 8 Mitglieder.

ECO: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit. Seit 1985. 10 Mitglieder. Sitz ist Teheran.

Arabische Liga: Gründung 1945. Sitz ist Kairo. 22 Staaten in Nordafrika, im Nahen Osten und auf der Arabischen Halbinsel (Vorderasien). 2023 beschließt man die Rückkehr Syriens in die Arabische Liga. die Rückkehr ist an Auflagen geknüpft (z. B. Gespräche mit der Opposition).

Nach einem Treffen der G7-Finanzminister und Notenbankchefs Mitte April 2006 kommt es zu einer Aufwertung von Baht, Won und Rupiah und einer Abwertungstendenz des Dollar. Am 28.05.07 beraten die Außenminister der EU mit ihren Kollegen aus 16 asiatischen Ländern über den Klimawandel, die Energiepolitik und die internationalen Wirtschaftsbeziehungen.  Am 10.11.17 besucht Trump Vietnam. Er spricht in Da Nang, wo die ersten US-Soldaten im Vietnam-Krieg landeten. Trump nimmt dort am APEC-Gipfel teil (auch China und Russland). Die USA wollen keinen Freihandel. Die restlichen 11 Staaten wollen enger zusammenarbeiten. Im November 2018 trafen sich die Apec - Staaten in Papua-Neuginea. Bis auf Trump kamen alle Staats- und Regierungschefs. Nach dem Treffen des Staatenbunds werden 100 Fahrzeuge (meist Maseratis) vermisst. Der Begriff "öffentliches Eigentum" wird in Papua-Neuginea frei interpretiert. Am 24.06.2007, 10 Jahre nach der Asienkrise, berät das Weltwirtschaftsforum Ostasien in Singapur.

BRICS: In neuester Zeit rückt die Gruppe BRICS in den Vordergrund. Dann wird Südafrika noch dazu gerechnet. Zunehmend sind diese Länder aber Magneten für ausländisches Geld. Das spekulative Geld stellt eine große Gefahr in Brasilien (führt 2009 Sondersteuer ein) und Russland dar. Brasilien hat mittlerweile Großbritannien vom Platz 6 der Rangfolge der Volkswirtschaften (BIP) verdrängt. Im März 2013 treffen sich die BRICS-Länder erstmals in Südafrika (Durban). China wird als Kolonialmacht kritisiert. Die Länder gründen eine eigene Entwicklungsbank (Konkurrenz zur Weltbank; für Investitionen; Mittel von 100 Mrd. $; Sitz Shanghai; erster Präsident Inder). Zusätzlich wird ein Rettungsfonds eingerichtet, der auch 100 Mrd. US-$ schwer ist (Alternative zum IWF; China bringt 42 Mrd. $ auf; aus Südafrika 5, aus den anderen Ländern 18). Er soll kurzfristige Liquiditätsengpässe überwinden helfen. Das Gipfeltreffen in Fortaleza/ Brasilien während der WM 2014 festigt diese Vorhaben. Vor allem China und Russland wollen eine Front gegen den Westen aufbauen. 2015 sind die BRICS-Länder zwar immer noch Motor des globalen Wachstums, aber die Unterschiede zwischen ihnen sind wichtiger geworden. Russland und Brasilien zählen eher zu den Verlierern (als große Rohstofflieferanten sind sie vom Preisverfall besonders betroffen; Russland zusätzlich durch die Sanktionen). Damit könnte zukünftig nur noch IC übrig bleiben. 2017 auf dem G20-Gipfel sprechen sich die BRICS-Staaten für offenen Handel aus. Im September 2017 treffen sich die BRICS-Länder in Xiamen/ China.  Ein neues Zeitalter der Weltwirtschaft soll eingeläutet werden. Aber China beansprucht die Führungsrolle. Am 27.07.2018 treffen sich die Staaten in Johannisburg/ Südafrika. die fünf Länderchefs bekennen sich zur WTO und zum Freihandel.  Im November 2019 trifft man sich wieder in Brasilia/ Brasilien. China könnte der Sieger sein (Huawei für die 5G-Netze in Brasilien und Indien). Dafür muss man Finanzhilfen geben. 2022 treffen sich die BRICS-Länder virtuell. Putin wirft dem Westen Egoismus vor. Er gibt ihm die Schuld für die globale Wirtschaftskrise. Er will, dass die Vereinigung eine neue Führungsrolle übernimmt.   Am 2.6.23 treffen sich die Außenminister der Brics - Staaten in Kapstadt/ Südafrika. sie bereiten das Treffen der Staatschefs vom 22.-24.8.23 vor. Auch der russische Außenminister ist dabei. Ägypten und Saudi-Arabien sollen eventuell aufgenommen werden. Putin kommt nicht zum Brics-Treffen im August. Süd-Afrika müsste ihn nach einem Urteil des Internationalen Strafgerichtshofs verhaften.  Am 22.8.23 beginnt das Treffen. Im Mittelpunkt stehen die Erweiterung (Neugewichtung des Welthandels, Kriterien für Kandidaten) und der Gegengewichtsgedanken zum Westen, der geschwächt werden soll. Für Russland ist es ein Weg aus der Isolation. Das Treffen findet in Johannesburg statt. Hinter den Kulissen ist es mit der Einigkeit schnell vorbei. Die Interessen sind sehr unterschiedlich. Trotzdem kann man sich auf eine Erweiterung einigen: 6 Staaten kommen neu hinzu. Saudi-Arabien, VAE, Iran, Argentinien, Ägypten, Äthiopien. Zukünftig ab 2024 heißt die Gruppe Brics plus. Sie umfasst 47% der Weltbevölkerung und 37% des Welthandels. Im Vordergrund steht die Kritik an der Machtverteilung in der Welt. Die Stimme des globalen Südens wird gestärkt.  Jetzt dominieren autokratische Länder.

Am 18.08. 07 treffen sich die Länder der Shanghai Cooperation Organisation (SCO, seit 1996: Russland, China, Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan) in Bischek. Diese Organisation, die von China und Russland dominiert wird, wird in den Folgejahren immer wichtiger. Sie wird mit dem Projekt "Neue Seidenstraße" verknüpft und man versucht, die EU mit ins Boot zu holen. In Folge der Hypothekenkrise in den USA und den weltweiten Kurseinbrüchen an den Aktienmärkten kommt es immer wieder zu Panikverkäufen in Asien; am stärksten ist Korea betroffen. Diese Organisation ist einen Art Gegengipfel gegen die G7. Am 8. und 9.6.18 trifft sich die Organisation in Qingdao/ Ost-China. Zur Organisation gehören inzwischen China, Russland, Kasachstan, Turkmenistan, Kirgistan, Usbekistan sowie als Neumitglieder Pakistan und Indien an. 20 Prozent des Welthandels und 40 Prozent der globalen Bevölkerung gehören zu den Staaten der Organisation.  Im September 2020 treffen sich die Mitglieder in Moskau. China und Indien vereinbaren, die Spannungen im Himalaya zu reduzieren. Mitte September 2022 treffen sich die Staaten in Usbekistan. Der Iran ist auch eingeladen, Präsident Raisi kommt. Diese Organisation ist einen Art Gegengipfel gegen die G7. Sie wurde 2001 von China und Russland gegründet. Beim Treffen im September 2022 in Samarkand/ Usbekistan versucht man ein neues Bündnis gegen den Westen aufzustellen. Russland zieht den Iran, die Golfstaaten und die Türkei an sich. Das könnte das bisherige "Mauerblümchen" erheblich aufwerten. Am 15.9.22 treffen Putin und Xi Jinping wieder persönlich aufeinander. Sie demonstrieren den Schulterschluss. Xi Jinping warnt vor Aufständen und Einmischung aus dem Ausland. Der Gipfel nahm eine "Erklärung von Samarkand" an (Vertiefung der Zusammenarbeit). Weitere Dokumente betreffen globale Nahrungsmittelsicherheit, Energieversorgung, Klimawandel, Sicherung verlässlicher Lieferketten.

China-Zentralasien-Gipfel: Er findet zum ersten Mal am 20./21. Mai in Xian/ China statt. Es kommen die Staats- und Regierungschefs von Kasachstan, Turkmenistan, Tatschikistan, Kirgistan und Usbekistan. Natürlich ist auch der chinesische Staatschef Xi Jinping da. Das Potential bei Handel, Infrastruktur, Energie und Wirtschaft soll durch Kooperation "entfesselt" werden. China lockt mit Hilfen in Höhe von 3,7 Mrd. $. China warnt vor den drei Übeln Separatismus, Terrorismus, Extremismus. China strebt eine Führungsrolle in der Region an. Es will gezielt in die Lücke stoßen, die westliche Sanktionen gegen Russland aufstoßen. China nutzt die Schwäche Russlands aus.

Im südkoreanischen Seoul fand die 11. Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft (Interessenvertretung der deutschen Wirtschaft) im Oktober 07 statt. Anwesend waren 600 Teilnehmer. Die Asien-Pazifik-Konferenz 2010 findet Mitte Mai in Singapur statt. Siemens-Chef Peter Löscher löst Jürgen Hambrecht als Vorsitzenden des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft 2010 ab (davor Heinrich von Pierer). 2014 wird Hubert Lienhard Vorsitzender des Ausschusses (Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung bei Voith GmbH, Chinasprecher ist Brudermüller von der BASF). Ende April 2014 reist der deutsche Wirtschaftsminister mit 49 Unternehmensvertretern nach China.  Zentrales Thema ist die Gleichberechtigung für deutsche Firmen in China und mehr Fairness (so der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft (APA) Lienard (Voith AG). Gleichzeitig stehen die Energieeffizienz und die Umweltprobleme im Mittelpunkt. Im Herbst 2011 verlangt das Forum einen fairen Marktzugang für deutsche Firmen und kritisiert den Zwang zu Joint Ventures. 2012 werden offene Rohstoffmärkte eingefordert. Im November 2016 ist der Asien-Pazifik-Gipfel in Hongkong.  BDI-Chef Grillo spricht sich gegen eine Verschärfung des Außenwirtschaftsgesetzes aus (mehr Schutz gegen ausländische Direktinvestitionen). Hubert Lienhard fordert Anfang 2017 eine gemeinsame Strategie der Europäer für Asien. China könnte durch den Protektionismus der USA unter Trump stärker werden. Im November 2018 findet die Asien-Pazifik-Konferenz in Jakarta statt. Auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier nimmt teil.  Weitere Teilnehmer aus Deutschland sind Kaeser/ Siemens, Appel/ Deutsche Post, Rosenfeld/ Schäffler, BDI-Chef Kempf, DIHK-Chef Eric Schweitzer. Am 26.02.19 trifft sich der Asien-Pazifik-Ausschuss in Berlin. Vorsitzender des Ausschusses 2019 ist Jo Kaeser (Siemens ist wegen seiner China-Politik auch in der Kritik). Merkel warnt vor einer Dominanz Asiens und fordert eine Neuordnung der Industriepolitik der EU und Deutschlands. Kaeser mahnt im September 2020 China. Er kritisiert Pekings Umgang mit Hongkong und den Uiguren. Die Konferenz 2020 findet halb in Berlin und halb online statt. Japan sucht die Kooperation mit Deutschland. Man sieht Potentiale bei einer Wirtschaftsallianz. Mitte November 2022 vor dem G20-Treffen auf Bali findet der Asien-Pazifik-Gipfel in Singapur statt. Bundeskanzler Scholz und Bundeswirtschaftminister Habeck sind da, natürlich auch die wichtigsten spitzen der Unternehmen. Man will die Abhängigkeit von China verringern und Singapur ist eine wichtige Alternative.

Die Regierungskonsultation findet am 28.4.21 zum zehnten Mal statt (Merkel, Le Keqiang, Kabinette). Sie ist virtuell, Gastgeber ist China. Sie bei den Geschäften erfolgreicher als bei den Menschenrechten. Außer Menschenrechten geht es um die Zusammenarbeit der Wirtschaft bei Klimaschutz und Gesundheit. Die Konsultationen finden alle zwei Jahre statt. 2023 finden die Regierungskonsultationen wieder persönlich statt, diesmal in Berlin. Es kommt Ministerpräsident Li Qiang mit einer Delegation. Gleichzeitig trifft US-Außenminister Blinken seine  chinesischen Kollegen und Xi in Peking. Li betont, China wolle die Beziehungen zu Deutschland auf ein höheres Niveau bringen.

Jährlich findet ein EU-China-Gipfel statt. Am 20.09.12 beginnt er wieder in Brüssel. Das Treffen ist durch den Machtwechsel in China und das Dumping in der Solarbranche geprägt.  China will handelspolitisch eine strategische Partnerschaft mit der EU. Damit setzt das Land auf eine engere wirtschaftliche Verflechtung (mehr marktwirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten). Premier Li Keqiang nimmt am 17. EU-China-Gipfel in Brüssel teil (Ende Juni 2015). Die EU will sich an der asiatischen Entwicklungsbank beteiligen. Am 16.07.2018 findet ein EU-China Gipfel in Peking statt. Ein Wirtschaftsabkommen soll herbeigeführt werden.  Am 19.10.18 trifft man sich in Brüssel. Vereinbart werden Kooperation in den Bereichen Digitalisierung und Klimawandel. Es geht auch um ein Gegengewicht gegen die USA unter Trump. Im September 2020 (ab 14.09.) findet der Gipfel nur digital statt. Bundeskanzlerin Merkel und EU-Vertreter (insbesondere EU-Kommissions-Präsidentin von der Leyen, Merkel als EU-Ratspräsidentin)) machen eine Video-Konferenz mit Chinas Präsident Xi Jinping. Die "Maskendiplomatie" hat man China übel genommen (pompös inszenierte Hilfslieferungen ohne Diskussion). In der europäischen Kritik stehen auch Hongkong und die chinesische Diskrepanz zwischen Worte und Taten beim Handel. Es geht nicht nur um wirtschaftliche Interessen. Ein Investitionsabkommen ist in der Planung. Dafür müssen noch viele Hürden beseitigt werden. Ein neuer Vertrag zum Schutz von Lebensmittelspezialitäten wird als Annäherung begrüßt. Anfang April 2022 findet erstmals seit 2 Jahren wieder ein Gipfel statt, wenn auch nur virtuell. Ausgerechnet der russische Außenminister Lawrow ist vorher in Peking. Der Ukraine-Krieg belastet die Beziehungen. China ist stiller Nutznießer (neue Energieabkommen, Lieferung von Waren gegen westliche Devisen an Russland). Die EU braucht eine neue China-Strategie (Corona, Litauen, neue Weltordnung), weil die Beziehungen auf Talfahrt sind. China erwartet, dass sich die EU mehr von den USA ablösen. Die EU erwartet, dass China Russland im Ukraine-Krieg nicht unterstützt. Handelsfragen und Klimawandel, die ursprünglichen Themen, treten in den Hintergrund. Am 07.12.23 findet der EU - China - Gipfel erstmals nach 2019  wieder persönlich statt. Der Staatsbesuch der EU-Vertreter findet in Peking statt. Die europäischen Unternehmen klagen über schwierige Bedingungen in China. Sie reden von unfairen Methoden. China kam schon vor dem Treffen entgegen: Handelsbeschränkungen gegen Litauen wurden aufgehoben. Es gibt eine Visa - freie Einreise für einige europäische Länder, darunter auch Deutschland (unter 2 Wochen).  Man will von der EU aus aber auch keine Abschottung. China fürchtet, dass sich die EU dem US-Kurs anschließt und ihren Markt abschottet.. Die EU spricht von Risikominderung.   "Zusammen sind wir eine Weltmacht", EU-Außenbeauftragte Mogherini.

Die Wirtschaftskrise 2008 zwingt China, Japan und Südkorea zu einer Zusammenarbeit. Im Dezember 2008 kommt es zu einem Gipfel: Konjunkturprogramme werden abgestimmt. Ostasien steuert immer mehr auf eine Dreierallianz zwischen China, Japan und Südkorea zu. Mitte Oktober 2014 findet ein Europa-Asien-Gipfel (ASEM, 51 Staaten) in Mailand statt. Wachstumsstimulierung ist das Kernthema. Aber es geht auch um Ebola, Terror und die Ukraine. Der Asien-Europa-Gipfel wird zu einer regelmäßigen Institution. Auch 2016 im Juli gibt es eine Zusammenkunft in Ulan Bator/ Mongolei. Der Ertrag ist wenig bis gar nichts. Am 30./31. 05.2015 ist eine Weltsicherheitskonferenz in Singapur. Die vier großen Schwellenländer Brasilien, China, Indien, Russland treffen sich ab 2017 zu einem Gipfel. Der Gipfel 2017 findet im chinesischen Xiamen im September statt. Im November 2017 findet eine Asiatisch-Pazifische Regionalkonferenz in Australien (Perth) statt. Die Globalisierung soll fairer gestaltet werden. Die EU und Australien planen ein Freihandelsabkommen. Am 17.4.18 findet Asiens Weltwirtschaftstreffen Boao Forum in China (Hainan) statt. Es wird von Xi Jinping eröffnet. Er will sich als Anwalt des Welthandels präsentieren. Trump "unterstützt" ihn nach Kräften dabei. Xi kündigt ein Senken der Einfuhrzölle auf Kraftfahrzeuge und auf andere Produkte an.

Asia Society: Präsident ist 2021 der ehemalige Premierminister von Australien Kevin Rudd. Es handelt sich um eine NGO. Sie soll die Beziehungen zwischen den asiatischen Staaten und den USA verbessern. Sie wurde 1956 von J D. Rockefeller II gegründet. Hauptsitz ist New York. https://asiasociety.org .

China-Afrika-Kooperationsforum: 2021 findet eine Videokonferenz in Dakar/ Senegal  statt. Xi Jinping verspricht Afrika 1 Milliarde Impfdosen. 600 mio. will China kostenlos zur Verfügung stellen. 400 Mio. sollen gemeinsam von Unternehmen beider Seiten produziert werden.

IPEF: Biden  will 2022 auch eine Wirtschaftsinitiative für den Indopazifik aufbauen gegen den wachsenden Einfluss Pekings. Er nennt es IPEF. Das heißt "Indo-Pacific-Economic Framework". Man will in überlappenden Kooperationen zusammenarbeiten.   Eine Wiederbelebung von TPP ist vorerst nicht geplant.  Zu der Gruppe gehören Indien, Fidschi, Südkorea, Indonesien, Philippipinen, Thailand, Brunei, Maöaysia, Singapur, Vietnam, Australien, Japan, Neuseeland, USA.

CPTTP: Chile, Peru, Brunei, Malaysia, Singapur, Vietnam, Australien, Japan, Neuseeland.

USMCA (zuvor NAFTA): Kanada, Mexiko, USA. Vgl. special/Globalökonomik/ Außenwirtschaftspolitik.

Quad: Bei einem Besuch Bidens in Japan Ende Mai 2022 sagt er, dass die USA Taiwan bei einem Angriff Chinas verteidigen würden. Dazu soll auch Quad dienen (USA, Japan, Indien, Australien). Es ist eine asiatische Nato, die den Einfluss China zurückdrängen soll. Sie hat auch ökonomische Implikationen. Die Länder starten 2022 ein neues Satelliten -Überwachungsprogramm. Sie wollen den illegalen Fischfang im Pazifik eindämmen. Ärger mit den Chinesen ist vorprogrammiert. Sie sollen dafür fast vollständig verantwortlich sein.

AUKUS: ist wie Quad ein Sicherheitsabkommen. Mitglieder sind  Australien, USA, Großbritannien. GB und die USA schließen sofort mit Australien einen U-Boot-Deal: Sie rüsten Australien mit Atom-U-Booten aus. Man will der wachsenden Bedrohung durch China entgegentreten. Die USA, GB und Australien sind noch China auf See weit überlegen. Anfang 2023 hat China 6 strategische U-Boote, die anderen drei 14. China hat 6 Jagd-U-Boote, die drei 54. China hat 2 Flugzeugträger, die die anderen 13. China verfügt über 49 Kreuzer, die drei über 98. China hat 50 Korvetten und 43 Fregatten. Die anderen drei 53 Fregatten. vgl. FAZ 15.3.23, S. 17. Neuseeland prüft 2023 eine Kooperation mit AUKUS. Zumindest erwägt man einen Technoloogieaustausch.

Five Eyes: Sicherheitsabkommen. Kanada, Neuseeland, Großbritannien, Australien, USA.

"Wir haben uns über die Weltwirtschaft ausgetauscht", Jin Renqing, Chinas Finanzminister, auf dem G7-Gipfel in London zu Meldungen über eine Yuan - Aufwertung zum Jahreswechsel.

"Während die Chinesen am 29. Januar 2006 das Jahr des Hundes einläuten, gibt es für die wilden Verwandten des Haushundes wenig Grund zum Schwanzwedeln", aus einer Pressemeldung des WWF; vgl. auch:  Chinesisches Horoskop. 2007 war das Jahr des Schweins. Am 07.02.2008 begann das chinesische Jahr der Maus (niemals gegenüber Chinesen Ratte sagen!). Es müsste ein Jahr des Überflusses mit guten Gelegenheiten und Aussichten auf Erfolg werden.("In the chinese year of the mouse 2008 businesses will proper and the world economy will boom"). Und wie war die Realität? 2009 ist das Jahr des Ochsen/ Rindes. 2010 ist das Jahr des Tigers. Am 03. Februar 2011 beginnt nach dem Mondkalender das Jahr 4708, nach dem Tierkreiszyklus im Zeichen des Hasen. Am 23. Januar 2012 beginnt das chinesische Jahr des Drache (Wasser-Drachen). Der Drache steht in der chinesischen Mythologie für Kraft, Macht und göttlichen Beistand. Traditionell werden in diesen Jahren viele Kinder geboren. Der gelbe Drache symbolisiert die Macht der chinesischen Kaiser. Am 10.02.2013 beginnt das chinesische Mondjahr der Schlange. Die Schlange soll die aufgewühlten Elemente des Drachenjahrs geduldig und analytisch umsetzen. Menschen aus diesem Jahr gelten als listig, entschlossen und argwöhnisch. 2014 ist das Jahr des Pferdes (genau Holz-Pferd). Es beginnt am 31. Januar. Die Energie des Pferdes begünstigt Selbstvertrauen und Initiative. 2015 kommt das Jahr der Ziege (Holz-Ziege). Die Ziege gilt als verständnisvoll, friedliebend und ihr wird eine  gute Menschenkenntnis zugeschrieben (auch in anderen Kulturen: Flamen, Neuschweiz, Manhattan, bei Kaiser Augustus). 2016 ist das Jahr des Affen (Feuer-Affen; geschickter Typ mit Raffinesse; turbulentes, unberechenbares Jahr). 2017 ist das Jahr des Feuer-Hahns (Beginn 28.Januar; Energie, Tatkraft, starker Charakter). 2018 ist das Jahr des Hundes. Es beginnt am 16. Februar 2018 und endet am 5. Februar 2019. Wahrsager rechnen mit Naturkatastrophen, politischen Spannungen und einer Talfahrt der Börsen. 2019 ist in China das Jahr des Erdschweins, in Japan das Jahr des Wildschweins. Das Jahr soll jede Menge Glück bringen (Reichtum, Erfolg, Spaß;  am 05.02.2019 ist das Neujahrsfest 2019). Am 25.01.2020 beginnt das neue chinesische Jahr. Es ist das Jahr der Ratte. Vom 12. Februar 2021 bis zum 31. Januar 2022 geht das Jahr des Büffels (zuletzt 2009). Es wird ein glückliches Jahr und es ist gut, sich perfekt auf Beziehungen zu konzentrieren. Die Arbeit wird belohnt. Es wirkt stark die Yin - Energie. Dann setzt eine große Reisewelle zum chinesischen Neujahrsfest ein. Man fürchtet eine weitere Verbreitung der neuen Lungenkrankheit. Das chinesische Neujahrsfest löst die größte Massenwanderung aus. Hunderte Millionen Chinesen vereisen (allein 200 Mio. Wanderarbeiter; das Neujahrsfest wird auch in Ländern mit hoher chinesischer Bevölkerung gefeiert: Australien, Kanada, USA). Die Familien wollen zusammen sein, feiern Feste und reinigen vorher ihre Häuser und Wohnungen. Am Montag, den 1. Februar 2022, beginnt das Jahr des Tigers. Normalerweise ist es Anlass für große Familienzusammenkünfte. Wegen Omikron und der Null-Covid-Strategie versucht man, einen Mittelweg zu gehen. 2023 ist das Jahr des Hasen (Wasserhasen). Es beginnt am 22. Januar. Es verlangt hohe Anpassungsfähigkeit. In der chinesischen Kultur steht das Zeichen des Hasen für Frieden und Wohlstand. So macht es auch den Anlegern Hoffnung. Am 10.2.24 beginnt das Jahr des Drachen. Es steht für Wohlstand, Glück und Erfolg. Das Mondfest wird jährlich im September gefeiert. Es findet immer am 15. Tag des 8. Mondmonats nach dem chinesischen Kalender statt. Drei freie Tage werden in der Regel zugestanden. Verbunden mit diesem Fest ist der Mondkuchen (sehr teuer). Im Zuge des Kampfes gegen die Korruption geht der Absatz 2013 um 50 Prozent zurück (keine öffentlichen Gelder mehr). In der chinesischen Kultur symbolisiert die Kreisform Vollständigkeit und Einheit. Das Fest wurde im Jahre 2008 gesetzlicher Feiertag. Auch in Taiwan und Vietnam ist es ein Feiertag.

Panda-Bär: Der Panda-Bär ist in der Neuzeit heute so etwas wie das Nationaltier und Symbol Chinas geworden. Die Führung setzt das Tier in der Diplomatie ein. Es verleiht Bären an ausländische Zoos, um Emotionen zu erzeugen. Eine große Sammlung von Tieren (eine der größten der Welt) besitzt der Zoo in Peking. Er liegt in der Nähe der Hochschule der Kommunistischen Partei. Ich habe schon oft den Zoo besucht. 2021 entsteht in der Nähe der alten chinesischen Kaiserstadt Xi `an eine neue Forschungsstation für Riesenpandas. Touristen können also zukünftig den Besuch bei den Monumenten der ersten Kaiserdynastie (Tonarmee) mit dem Besuch der Station verbinden. Es wird Platz für 50Bären geben, ebenso einen "Kindergarten". Die Provinzregierungen von Sichuan und Shaanxi wollen das Aussterben der Tiere besser schützen.

 

   Institutionelle Rahmenbedingungen und Wirtschaftspolitik:

"Plane das Schwierige da, wo es noch leicht ist. Tue das Große da, wo es noch klein ist", Laotse: Die Weisheit des Tao Te King (Pinyin-Umschrift: Laozi, Dao De Jing, "Das Buch vom Weg und seiner Kraft", Taoismus bzw. Daoismus). 

"Erfolg hängt von guter Vorbereitung ab, und ohne diese ist das Scheitern sicher." Konfuzius.

China:                               (direkt zu Japan)

Gliederung: Wirtschaftsordnung, (Sozialistische Marktwirtschaft, Politisches System, KPC, Marx, Nationaler Volkskongress)  Kultur, Notenbankstatus/-Handeln, Währung/ Geldpolitik Finanzmärkte/ Aktienmarkt, Bankensystem, Finanz- und Steuerpolitik, Bildungs- und Forschungspolitik, Sozialpolitik und Sozialversicherung (mit Gesundheit), Strukturpolitik/ Wettbewerbspolitik, Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Mittelstandspolitik, Internationalisierung, Entwicklungspolitik/ Außenwirtschaftspolitik (Protektionismus), Urbanisierung und Städtebaupolitik (Regionalpolitik). Zu weiteren, speziellen Politikberechen vgl. Makroökonomische Daten (u. a. Konjunktur- und Wachstumspolitik, Bevölkerungspolitik, Arbeitsmarktpolitik, Umweltpolitik, Energiepolitik).

 

Wirtschaftsordnung: Sozialistische Marktwirtschaft: Mischsystem, d. h. Volkseigentum und starker Plan- bzw. Staatsanteil verbunden mit Marktpreisbildung und Gewinnergebnisrechung bei Betrieben. Planwirtschaftliche Methoden spielen noch eine Rolle, vor allem über die KP-Kader (Partei hat 73 Mio. Mitglieder mit strengen Aufnahmekriterien; sie bilden eine Klammer bis in die Regionen, "Rotchina AG"; der Parteitag trifft sich alle 5 Jahre in Peking; die 2213 Delegierte wählen die 350 ZK-Mitglieder). Der Anteil der Privatwirtschaft liegt mittlerweile über 50% (abhängig von der Zuordnung der Rechtsformen, den Anteilen und dem Einfluss des Staates). Die Staatsunternehmen, noch ca. 35% aller Unternehmen (ca. 150.000 größere Unternehmen  2003),  haben in der Wertschöpfung einen Anteil von 42%. 2011 gibt es noch 144.700 Staatsunternehmen mit einem Nettogewinn von 322 Mrd. Euro. Typisch sind auch stark informelle Strukturen wie das Kultur geprägte "Family Business Network". Ein neues Eigentumsrecht soll das Privateigentum gesetzlich schützen. Im August 2007 wird ein Anti-Monopolgesetz verabschiedet: Preisabsprachen werden verboten und Fusionen sind genehmigungspflichtig.  Für ausländische Investoren wird bei Zusammenschlüssen "die nationale Sicherheit" überprüft (wegen der Schwammigkeit sehr umstritten!). Nach dem internationalen Business-Monitor von Handelsblatt ist China 2008 das wettbewerbsfähigste Land der Erde (vor Deutschland und der Schweiz). China wird von der EU noch nicht als Marktwirtschaft anerkannt (non-market economy), was Antidumping -  Maßnahmen erleichtert. Umgekehrt sind die Märkte in China noch nicht vollständig geöffnet, wodurch viele ausländische Firmen von lukrativen Aufträgen ausgeschlossen sind. In der Weltwirtschaftskrise 2009 verstärkt China die staatliche Lenkung seiner Wirtschaft wieder (der Umweltschutz wird gelockert). Rund 6,5 Mrd. € will China von 2010 bis ca. 2013 in "Auslandspropaganda" investieren, um sein Image in der Welt zu verbessern. China baut seine Wirtschaft konsequent von einer Export- zu einer Binnenwirtschaft um. Eine "zentrale Disziplinarkommission" mit ca. 800 Mitarbeitern soll gegen Korruption vorgehen. Sie handelt allerdings nur auf Anweisung der höchsten Parteigremien. Auf dem 18. Parteikongress im November 2012 (Führungsspitze wird neu gewählt, eine Frau: Liu Yandong) werden: "Wechsel im Wachstumsmodell" (stärkerer Binnenmarkt, höherwertige Industrien, Lücke zwischen städtischer und ländlicher Entwicklung und Einkommensunterschiede verringern,), Modernisierung der öffentlichen Finanzen, Öffnung der Kapitalmärkte, Bekämpfung der Korruption. 2014 wird die erste chinesische Handelskammer in Europa in Berlin eröffnet.  Auf dem Volkskongress im März 2015 wird ein Umbau des Gefüges von Politik und Ökonomie bekannt gegeben: Kapital soll weg von der politischen Elite hin zur Privatwirtschaft fließen. Damit verringert sich der wirtschaftliche Einfluss der KPC (Selbstbereicherung und Korruption sollen eingedämmt werden). Außerdem werden vier Leitlinien verkündigt: vertiefte Reformen, gemäßigter Wohlstand, Herrschaft des Rechts, Kontrolle der Partei (s. oben). Die staatseigenen Betriebe sollen allerdings weiter wachsen. Sie werden deshalb fusioniert. Aus 112  2015 sollen 40 in Zukunft werden (47 Unternehmen aus China stehen 2015 auf der Liste der 500 global führenden Unternehmen). Laut Beitrittsprotokoll zur WTO wird China normalerweise nach 15 Jahren zur Marktwirtschaft erklärt. Das wäre also 2016 (Artikel 15 des WTO-Beitrittsvertrages). Die USA und Kanada sträuben sich. Die EU hat noch keine Antwort gegeben. Folgenabschätzungsstudien laufen. Schutzzölle müssten aufgegeben werden.  Die deutsche Wirtschaft ist gespalten (Stahlbranche dagegen). Die VR pocht auf Einhaltung des WTO-Vertrages. China will bis 2018 den Marktzugang für ausländische Firmen leichter machen. Es sollen alle Sektoren, bis auf einige untersagte, geöffnet werden. Vgl. Wang Danli: Trends in China. Economic System Reform, Beijing Times Chinese Press, Beijing 2015. Die chinesische Regierungen macht den Marktzugang immer schwieriger (auch Beteiligungen; Midea hat aber Kuka übernommen). Ende 2017 kämpft China mit immer schärferen Worten für die Anerkennung als Marktwirtschaft. Die USA haben sich wieder gegenüber der WTO gegen die Anerkennung ausgesprochen (die nationale Wirtschaft würde zu stark geschützt).

Politisches System:   2017 soll eine "Nationale Kommission für Überwachung" eingerichtet werden. Es ist eine Kontrollkommission zur Kontrolle der Disziplinarkommission, die Korruption überwachen soll. Insofern geht es um korrupte Anti-Korruptionsbekämpfer. Im Dezember 2017 unterstellt Chinas Staatschef Xi Jinping die bewaffnete Polizei der Partei. Der Schritt geht womöglich auf einen Umsturzplan im Jahr 2012 zurück.  Die Kommunistische Partei will 2018 die Amtsbegrenzung für Staats- und Parteichef Xi Jinping aufheben.  Damit würde das Prinzip der "kollektiven Führung" (Deng Xiaoping) zugunsten einer Autokratie aufgegeben. Unter dem Vorwand der Korruption werden immer wieder Gegner verhaftet. Xi Jinping versammelt systematisch Getreue um sich. Einer ist Vize-Premierminister Liu He. Er ist der wichtigste Mann in Wirtschafts- und Finanzfragen (Xi ist Ingenieur). Er ist enger Berater von Xi. Er studierte an der Seton Hall University in New Jersey und erwarb einen Master in Harvard. Man spricht heute von einem "Modell China ", das man gerne exportieren will. Vgl. Naß, Matthias: Drachentanz, München 2021, S. 81ff. Bei der Sitzung des Volkskongresses 2023 im März kommen ein neuer Premierminister (Li Qiang) und ein neuer Außenminister (Qin Gang).  "Je mehr Gesetze und Verordnungen kundgemacht werden, desto mehr Diebe und Räuber gibt es", Laotse, chinesischer Philosoph. "Die Chinesen sind nach der Finanzkrise ernüchtert über den angelsächsischen Kapitalismus", Ansgar Gerstner. Deshalb gilt das Motto "Alle Macht dem Staat".

"Die politische Macht kommt aus den Gewehrläufen", Mao Zedong (1927 auf einer Dringlichkeitssitzung des ZK in Wuhan; die Volksbefreiungsarmee / VBA untersteht nicht dem Staat, sondern der Partei).

Karl Marx (1818 - 1883, geb. in Trier, "Die Philosophen haben die Welt nur verschieden interpretiert, es kommt darauf an, sie zu verändern"; "Alles muss angezweifelt werden") zählt in China als Begründer des wissenschaftlichen Sozialismus zu den einflussreichsten Philosophen und politischen Theoretikern der Neuzeit (Hauptwerk: Das Kapital, 3 Bände, Hamburg 1867 - 1894). Zeitweilig lebte ja fast die Hälfte der Weltbevölkerung unter Regierungssystemen, die sich nach ihrem Anspruch auf seine Ideen gründeten. Allerdings hat seine Lehre heute kaum Einfluss auf die tatsächlichen Organisationsprinzipien der Wirtschaft (2009 habe ich einen Vortrag über die Bedeutung von Marx in China bei der HdBA in Mannheim gehalten, einen Vortrag mit dem Thema "Keynes meets Marx" hielt ich bei der Keynes-Gesellschaft). 2018 findet in Trier eine große Ausstellung zum 200. Geburtstag statt. Auch Friedrich Engels ist in China sehr bekannt. Viele Chinesen, die Deutschland besuchen, fahren nach Wuppertal zum Engels-Geburtshaus. Deng Xiaoping formulierte diesen Pragmatismus mit folgenden Worten: "Es ist egal, ob die Katze schwarz oder weiß ist, Hauptsache sie fängt Mäuse". Offiziell wurde auf dem 12. Kongress der KPC im Jahre 1982, als man sich auf einen Sozialismus mit chinesischen Eigenheiten festlegte, die Grundlage für die wirtschaftliche Öffnung geschaffen. 1978 wurde in Beijing das erste private Unternehmen in China mit der Lizenz 001 gegründet (das Restaurant von Guo Peiji in der Nähe der Halle des Volkes). Heutzutage dient der Konfuzianismus als moralischer Kompass für die sozialistisch-harmonische Gesellschaft ("Xiaokang Society", der Zusammenhang mit den Lehren von Marx steht nicht mehr im Mittelpunkt): "Wer das Alte bewahrt und zugleich neues Wissen zu gewinnen vermag, der kann den Menschen Lehrer und Vorbild sein", Konfuzius. Die Kommunistische Partei Chinas (KPC) hatte (2011) ca. 82 Mio. Mitglieder; 2021 sind es schon 92 Mio. (die zweitgrößte politische Partei der Welt nach der indischen BIP). Es ist ein Netzwerk-System, das in alle Ecken des Landes reicht (etwa 780.000 Dorf-Parteikomitees). Auch Privatunternehmer halten sich an den Parteischulen auf, um Kontakte zu knüpfen (dürfen seit 2002 Mitglieder sein). Am 01.07.2011 wurde die KPC 90 Jahre alt. 2011 muss erstmals ein Unternehmer (der Baumagnat Liang Wengen, kontrolliert Baumaschinenkonzern Sany) in das Zentralkomitee aufgenommen werden, weil der Ärger unter Chinas Privatunternehmern immer mehr wächst. Die fünf großen Banken und die großen Firmen werden von den Spitzen der Partei geführt ("Roter Kapitalismus"). Die Chefs der 130 wichtigsten Staats-Holdings ernennt die Partei. Die wichtigsten Entscheidungen trifft das Politbüro (früher 25 Mitglieder, jetzt 28) des Zentralkomitees (400 Mitglieder) der Partei  (2200 Mitglieder auf dem Parteitag) und sein Ständiger Ausschuss (früher neun Mitglieder, jetzt sieben). Im November 2012 wird die Führung der Partei neu gewählt (Xi Jinping als Parteichef und später Staatspräsident, Li Keqiang als Premier und Nummer 2; Peng Liyuan, die Frau von Xi Jinping, ist in China als Sängerin bekannter als ihr Mann). Der Aufnahmeprozess in die Partei ist sehr hart (auch Aufsätze zur Gesinnung, nur etwa 15% bestehen). Ein Problem ist die Nutzung des Parteibuches für unlauteren Einfluss (Firmenbeteiligungen!). Ein weiteres Problem ist die mangelnde Transparenz. Seit 30 Jahren gibt es einen Austausch zwischen der KPC und der SPD. 1984 schüttelte Willy Brand Deng Xiaoping in Peking die Hände (als SPD Vorsitzender, Chef der Sozialistischen Internationale und des Nord-Süd-Dialogs). So etwas wie Demokratie gibt es nur auf kommunaler Ebene. Das Dorf Wukan ist berühmt geworden, weil sich die Bürger des rund 10.000 Einwohner zählenden Fischerdorfes in der südchinesischen Provinz Guangdong gegen Landraub durch korrupte Beamte zur Wehr setzte. Xi Jinping will die Kommunistische Partei noch weiter unter seine Kontrolle bringen. Er nutzt die Korruptionsbekämpfung dafür, sich seiner internen Widersacher zu entledigen. Der autoritäre Führungsstil lähmt aber auch die Partei. Die KPC drängt ab 2017 stark in Auslandsfirmen. Die Parteizellen in ausländischen Firmen sollen gestärkt werden (auch Anwerben von Fachkräften). 2017 steigt die Mitgliederzahl auf etwa 90 Mio (die Einwohnerzahl Deutschlands ist geringer). Parteichef Xi soll auf dem 19. Parteikongress, der Mitte Oktober 17 beginnt und alle 5 Jahre stattfindet, zum Mao des 21. Jahrhunderts gemacht werden (für die nächsten 15 bis 20 Jahre; er hat die Kontrolle über Militär und Polizei; der Parteikongress stellt Xi auf eine Stufe mit Mao und Deng). Der siebentägige Volkskongress hat ca. 2300 Mitglieder und wählt das 200-köpfige Zentralkomitee und das Politbüro mit 25 Mitgliedern.  Xi ruft zu Wachsamkeit in einer veränderten Welt auf und schlägt ansonsten nationalistische Töne an. China plant für drei Jahrzehnte. Das Land will eine Führungsrolle bei Hightechprodukten einnehmen. "Wir verbreiten den Sozialismus mit chinesischen Merkmalen", Xi Jinping 2014. 2017 auf dem Volkskongress sagt er dann Folgendes: "Unsere chinesische Zivilisation erstrahlt in dauerhafter Pracht und Herrlichkeit". Die Kommunistische Partei will 2018 die Amtsbegrenzung für Staats- und Parteichef Xi Jinping aufheben.  Damit würde das Prinzip der "kollektiven Führung" (Deng Xiaoping) zugunsten einer Autokratie aufgegeben. Das geschieht am 11.03.2018 auf dem Volkskongress, der am 05.03. begonnen hatte (2958 Delegierte dafür von 2970). Außerdem bekommen die Ideen von Xi jetzt Verfassungsrang. Kritik an Xi kann dann wegen Staatsfeindlichkeit verfolgt werden. Xi Jinping wird schon "kleiner Mao" oder "neuer Kaiser" genannt (Englisch: "Chairman of Everything"). Xi wird am 17.03.18 vom Volkskongress für weitere fünf Jahre gewählt (einstimmig). Er selbst und seine Familie haben aber unter Mao gelitten: Sein Vater war Gründungsmitglied der KP und später stellvertretender Ministerpräsident. Er verlor unter Mao dann alle Ämter. Xi musste zur Umerziehung. Li Keqiang bleibt für weitere fünf Jahre Ministerpräsident. Seine Position ist aber geschwächt. Wichtige wirtschaftpolitische Kompetenzen werden in Ausschüsse der Partei verlagert. Vor dem Parteitag im Herbst 2022 gibt es eine Säuberungswelle. Es ist eine unmissverständliche Botschaft an potentielle Widersacher. Xi soll als Führer auf Lebenszeit ausgerufen werden. Auf dem Kongress im Oktober 2022 wird der frühere Staatspräsident Hu Jintuo bei der Abschlusszeremonie aus dem Saal geleitet (Gesundheit oder Verhaftung?). Xi Jinping wird für weitere 5 Jahre gewählt. Xi hält auf dem 20. Parteikongress eine zweistündige Grundsatzrede, in der er die Ziele seiner neuen Amtszeit erläutert ("Chaos" in Hongkong beseitigt, Aufrüstung, Null-Covid bleibt, Wiedervereinigung mit Taiwan - notfalls mit Gewalt, Ausklammerung von Ukraine und Xinjiang, Betonung des Umweltschutzes). Die Jugendarbeitslosigkeit in China beunruhigt die Partei. Xi warnt vor "gefährlichen Stürmen". Vgl. Gusbeth, Sabine: Xi Jinping warnt vor "gefährlichen Stürmen", in: HB Nr. 200/ 17.10.22, S. 10. Selbstkritik ist nicht zugelassen. Er wird für eine dritte Amtszeit als Generalsekretär gewählt und kann damit 2023 auch wieder als Staatspräsident gewählt werden. Es gelingt ihm, loyale Gefolgsleute in den ständigen Ausschuss des Politbüro (7) wählen zu lassen. Ende November 2022 fordern Demonstranten Xis Rücktritt (Ürümqi, Shanghai, Peking und andere Städte). Die Bürger akzeptieren die rigide "Null-Covid" - Politik nicht mehr. Berichte darüber im Netz werden gelöscht.

Am 1. Juli 2021 (wurde später festgelegt, es gab mehrtätige Beratungen) feiert die Partei (KPCh) ihr 100. Gründungsjubiläum. Unter der Führung von Staatspräsident Xi Jinping hat sie die Kontrolle auf sämtliche Bereiche der Gesellschaft ausgedehnt. Sie hat im Jubiläumsjahr 92 Mio. Mitglieder. Die Phase der Öffnung ist vorerst beendet. Kritik an der Partei darf nur anonym oder verhalten geäußert werden. In die subtropische Bergregion der Provinz Jiangxi zog sich Mao einst mit seinen Getreuen zurück, bevor er 1934 zum Langen Marsch aufbrach. Die Kaderschmiede Jinggangshan erinnert noch heute daran. Sie bereitet die Elite auf eine politische Laufbahn vor. 1949 erobern die Kommunisten die Macht und gründen die Volksrepublik. 2008 war ich ein Semester im Zentrum der Macht an der Hochschule der KPCh in Peking und habe dort und anderswo  Vorlesungen gehalten und Forschungen gemacht, Die Welt war damals eine andere. Andere Symbole der Partei, wie die Gründungstätte im französischen Kolonial - Viertel von Shanghai, werden eher runtergespielt, weil sie nicht ins nationalistische Geschichtsbild passen. Es findet eine Zeremonie auf dem Platz des Himmlischen Friedens statt. In seiner Rede droht Xi dem Ausland; doch es ist auch Verunsicherung zu spüren. Peking steht an dem Tag still.  Es gibt auch "Roten Tourismus": Chinesen pilgern an die wichtigsten Stätten der Parteigeschichte. Eine neue Stätte ist das Parteimuseum in Peking (150.000 Quadratmeter). Wichtigstes Versprechen für die Bevölkerung sind heute Wohlstand und nationale Größe. Schwesterparteien gibt es noch in Kuba, Vietnam, Laos und Nordkorea.  Am 28. Juli 2022 veranstaltet die KP Chinas ein virtuelles Forum marxistischer Parteien. 300 Vertreter von rund 100 Parteien in 70 Ländern folgen dem Aufruf. Man spricht von einer "neuen Vitalität des Marxismus". Ende November 2022 stirbt der ehemalige Präsident Jiang Zemin (der "Senior"). Er wurde 96 Jahre alt und starb an Leukämie. Von 1989 bis 2002 war er Generalsekretär der KPCh. Von 1999 bis 2002 auch Staatspräsident. Er war der Nachfolger von Deng Xiaoping. Unter ihm wurde China Mitglied der WTO (er öffnete die Partei für Chinas Unternehmer). Bekannt ist seine Theorie der "drei Vertretungen". Er gab öfter seine Kenntnisse von Goethe zum Besten. Er sprach Englisch und Russisch (er spielte Klavier und Ukulele). Er hatte sich zuletzt mit Xi angelegt (Korruptionsbekämpfung). Er war wohl der einzige chinesische Spitzenpolitiker, über den man Witze machen durfte. "Das westliche Politikmodell darf niemals kopiert werden"...."Chinas politisches System darf niemals erschüttert werden." Bekannte Sätze von Jiang Zemin.  "Nieder mit Xi Jinping, nieder mit der Partei", Demonstranten gegen die Covid - Strategie auf der Straße, Ende November 2022.

"Die Geschichte hat bewiesen und wird weiter beweisen, dass die Kommunistische Partei Chinas groß, glorreich und korrekt ist." Volkszeitung, 11.04.2016. "Der Osten ist dabei aufzusteigen, der Westen ist auf dem absteigenden Ast", Xi Jinping.

Dies ist die Gründungsstätte der KPC in Shanghai (Zhonggong Yida Huihi, in der Xingye Lu 76). 13 junge Intellektuelle gründen am 23.07.1921 heimlich die Partei. Das Treffen wurde verraten und musste später an einem anderen Ort fortgesetzt werden (so eigentlich auf einem Vergnügungsboot in der Nahe von Shanghai). Das berühmteste Gründungsmitglied war der erste Vorsitzende Mao. Er wurde im Ort Shaoshan (in der Nähe von Xiangtan) geboren (1893), wo noch heute sein Geburtshaus steht. Das Reich der Qing-Dynastie lag damals in den letzten Zügen.

Nationaler Volkskongress: Ab 5. März 2007 fand der Nationale Volkskongress für 10 Tage statt, auf dem knapp 3000 Delegierte den 5-Jahresplan beschlossen (Vorsitzender: Wu Bangguo).  Es ging u. a. um ein umweltfreundliches Wirtschaftswachstum (Energie sparen, geringere Verschmutzung), mehr Gerechtigkeit und ein neues Eigentumsrecht. Bis Mitte März 2008 findet wieder der Nationale Volkskongress statt. Die Regierung soll transparenter werden: die 28 Ministerien, 37 Zentralbehörden und 29 Koordinationsstellen sollen transparenter und verringert werden. Xi Jinping, auch Präsident der Parteihochschule, soll zum stellvertretenden Staatspräsident gewählt werden, Li Keqiang zum stellvertretenden Ministerpräsidenten. Vom 05.03. bis 19.03.2009 berät der Nationale Volkskongress über die Wirtschaftskrise. Die steigende Arbeitslosigkeit schürt die Furcht vor Unruhen. Auf dem am 05.03.10 beginnenden Volkskongress wird versucht, den Immobilienmarkt abzukühlen. Der überhitzte Immobilienmarkt ist die Schattenseite des Booms. Mitte März 2011 beschließt der Volkskongress wieder einen neuen Fünfjahresplan: 1,5 Billionen Dollar werden in die Schlüsselindustrien investiert (Erneuerbare Energien, Informationstechnologie, Elektroautos). 45 Flughäfen werden gebaut. Beim zehntätigen Volkskongress 2013 (2978 Abgeordnete) , der am 05.03. beginnt wird der Machtwechsel vollzogen. Xi Jinping wird auch zum neuen Präsidenten gewählt. Li Keqiang wird zum Ministerpräsidenten ernannt. Die Themen sind die gleichen geblieben (Gegensatz zwischen Arm und Reich/ Wohlstandsgefälle, Korruption, Umweltverschmutzung, Verschuldung der Kommunen/ Fehlinvestitionen, Demokratisierung, Immobilienpreise in den Zentren).  Am 05.03.2015 treffen sich die 3000 Delegierte zum alljährlichen Volkskongress in Peking. Das Budget der Armee soll um 10% angehoben werden (vor allem für die Marine; Militärausgaben liegen bei 2% des BIP). Sie umfasst 2,11 Mio. Soldaten, die als militärischer Arm direkt der Kommunistischen Partei untersteht. Am ersten Märzwochenende kommen wieder die Delegierten des Nationalen Volkskongresses in Peking zusammen. Der 13. Fünfjahresplan soll beschlossen werden. Die Volksrepublik steht vor schmerzhaften Strukturreformen. 2016 zieht die Regierung die Schrauben der Staatssicherheit weiter an: Ausländische Stiftungen und NGOs werden stärker kontrolliert. Die Kommunistische Partei will 2018 die Amtsbegrenzung für Staats- und Parteichef Xi Jinping aufheben.  Damit würde das Prinzip der "kollektiven Führung" (Deng Xiaoping) zugunsten einer Autokratie aufgegeben. Das geschieht am 11.03.2018 auf dem Volkskongress, der am 05.03. begonnen hatte (2958 Delegierte). Außerdem bekommen die Ideen von Xi jetzt Verfassungsrang. Kritik an Xi kann dann wegen Staatsfeindlichkeit verfolgt werden. Xi Jinping wird schon "kleiner Mao" oder "neuer Kaiser" genannt (er hat in jüngster Zeit auch zwei Bücher veröffentlicht, The Governance of China). Am 17.03.18 wird Xi vom Volkskongress  für weitere fünf Jahre gewählt. Kritiker warnen vor Personenkult. Unter dem Vorwand der Korruption werden immer wieder Gegner verhaftet. Premier Li Keqiang nennt in seinem Rechenschaftsbericht "drei schwierige Schlachten": Finanzrisiken, Armut, Umweltverschmutzung. Li Keqiang bleibt für weitere fünf Jahre Ministerpräsident. Seine Position ist aber geschwächt. Wichtige wirtschaftpolitische Kompetenzen werden in Ausschüsse der Partei verlagert.  Es wird eine neue staatliche Aufsichtskommission eingerichtet (Korruption, Disziplin in der Partei). Anfang März 2019 treffen sich wieder die Mitglieder des Volkskongresses in Peking (rund 3000). Dann ist Peking wie jedes Jahr um die Zeit besonders gut kontrolliert. Ein Gesetz für ausländische Investitionen soll beschlossen werden, um Trump zu besänftigen. Es enthält das Verbot unrechtmäßiger Technologietransfers sowie "illegaler Einmischung der Regierung". 2020 findet der Nationale Volkskongress wegen Corona erst im Mai statt. Natürlich wieder in der Halle des Volkes in Peking. Zunächst wird er Verstorbenen gedacht. Erstmals wird für das Jahr keine Wachstumsprognose abgegeben (für 2020). Für Hongkong wird ein Sicherheitsgesetz beschlossen. Der "Volkskongress wird als Tankstelle der Zuversicht" bezeichnet. Einerseits ist man stolz darauf, die Corona-Krise besser als die USA bewältigt zu haben. Andererseits spürt man Zweifel an der Gesellschaft ("Virus im Kopf") und Angst vor der Zukunft (vor allem vor dem Fremden). Der Volkskongress beschließt auf seiner Sitzung Anfang März 2021  (er beginnt am 5.3.21 und dauert ca. eine Woche)) eine Wahlrechtsreform für Hongkong.  Damit will man die Opposition noch besser in den Griff bekommen. Die Reputation als Finanzmetropole hat schon gelitten. Das Wachstumsziel für 2021 wird auf über 6% festgelegt (IWF für 21 +8,1%). 2020 ist China als eine von wenigen Volkswirtschaften trotz Corona noch gewachsen (+2,3%). Xi Jinping zählt in seiner Rede drei Erfolge für 2020 auf: 1. Eindämmung von Corona. 2. Wachstum der Wirtschaft im Vergleich zur Welt. 3. Überwindung der extremen Armut.  Im neuen Fünfjahresplan (14.) sagt China den Unternehmern, in was sie investieren sollen. Wer sich nicht daran hält, bekommt Probleme. Es sollen konkret technologische Lücken geschlossen (Halbleiter, High-Tech-Macht) und mehr für die Umwelt getan werden. Vgl. Ankenbrand, Hendrik: Chinas neue Planwirtschaft, in: FAZ 4. März 2021, S. 19.  Die Strategie des Binnenkonsum wird fortgesetzt, damit China unabhängiger wird (Rede von Premierminister Li Keqiang; vgl. HB 8.3.21, S. 12f.). Man stellt sich auf eine stärkere Konfrontation ein. Am 5.3.22 beginnt wieder die jährliche Plenarsitzung des Volkskongresses. Nordkorea testet am gleichen Tag eine Rakete, was ein Affront ist. Der Ukraine-Krieg wird zuerst totgeschwiegen. Die Einigkeit des Westens und die ausgelöste Wirtschaftsflaute passt China nicht ins Konzept. Man prangert Menschenrechtsverletzungen in den USA an: Die Amerikaner hätten die Indianer seit dem 18. Jahrhundert rassistisch verfolgt und massakriert. Aus diesem Grund möge man zum Thema Menschenrechte in China schweigen. Für 2022 rechnet man nur mit 5,5% Wirtschaftswachstum (größere Risiken in der Welt). Die Militärausgaben sollen um 7,1% steigen. Premier Li Keqiang dürfte im Herbst abgewählt werden (Parteikongress, er hat nicht mehr viel zu sagen) und durch einen Vertrauten von Xi ersetzt werden (Hu Chunhua, Li Qiang). So kommt es auch auf dem Volkskongress im März 2023: Li Qiang wird neuer Premierminister. Neuer Außenminister wird Qin Gang. 2024 bleibt Li Qiang. Außenminister und Verteidigungsminister wurden ausgewechselt.

 "Ihr haltet still, und wir stellen die Weichen für Wachstum, Erfolg und Chinas Weg an die Spitze". Ungeschriebener Vertrag zwischen der Führung und dem chinesischen Volk.

Regierungsorgane: In China besteht eine Symmetrie von Staats- und Regierungsorganen auf fünf Verwaltungsebenen. In der Zentrale. In 31 Gebieten mit Provinzrang (22 Provinzen, vier regierungsunmittelbare Städte, fünf autonome Regionen). 300 Bezirken, 2000 Kreisen und 50.000 Gemeinden. Überall gibt es einen großen Kongress, ein kleineres Komitee und einen noch kleineren Ausschuss, der die Politik bestimmt. Beidaihe ist ein verschlafener Küstenort, 280 Kilometer von Peking entfernt (lange Strände, blauer Himmel, milde Temperaturen). Im Sommer treffen hier viele Parteikader zum Urlaub ein. Dann fährt China hier auch seinen Polizeistaat auf. Manchmal wird die Stadt abgesperrt. Der Ort wurde Ende des 19 Jahrhunderts als Ort der Sommerfrische für Diplomaten gegründet.

"Wir werden niemals ein westliches politisches System kopieren", Hu Jintao auf dem 18. Parteitag der KPC im November 2012 (bis dahin Vorsitzender).

"Ich habe mehr als einmal betont, dass China ein florierendes Europa sehen will, eine vereinte Europäische Union und einen starken Euro, weil das im Interesse Chinas ist", Li Keqiang, Premierminister, 2015.

Zentralkomitee von Chinas KP: Es sind die knapp 380 mächtigsten Frauen (30) und Männer (350) des Landes (Stand 2021). Sie halten alle Macht in den Händen. Es sind Minister, Militärführer, Gouverneure, die Parteichefs der Provinzen, die Vorsitzenden der wichtigsten Parteiorgane, die Leiter der wichtigsten Hochschulen. Aktuell läuft wieder eine Säuberungskampagne: der frühere Che des Geheimdienstes wird verhaftet (Sun Lijun, Illoyalität). Es gibt sogar die Hypothese, Xi reise nicht zum G20-Gipfel und zur Weltklimakonferenz in Glasgow, um seinen Gegnern keine Chance zu geben. Vgl. Böge, Frederike: Auf Maos Pfaden, in: FAZ Nr. 260, 08.11.21, S. 2. Generalsekretär bleibt 2023 Xi Jinping. Es gibt eine klare Hierarchie in der Partei. Nummer eins ist Xi. Nr. 2 normalerweise der Premierminister Li Qiang.  Nummer vier ist Wang Huning, der als Mann der Zukunft gilt.

Journalisten China: Es gibt den wichtigen Club der Auslandskorrespondenten (FCCC). Alle Korrespondenten sind sich 2021 einig, dass sich die Arbeitsbedingungen in China von Jahr zu Jahr verschlechtern. Die chinesischen Behörden setzen immer mehr Mittel ein, um die Berichterstattung zu behindern, zu belästigen und einzuschüchtern. Corona wird als Vorwand für Reisebeschränkungen genützt.

Bürgerrechtler: Sie werden in der Regel zu langen Haftstrafen verurteilt. So 2023 Xu Zhiyong in Linshu/ Shandong. Er ist Anwalt. 12 Jahre bekommt Ding Jiaxi. Auch er ist Anwalt. Beide sind Bürgerrechtsanwälte und setzen sich für Menschenrechte ein. Sie gründeten das heute verbotene Rechtshilfezentrum und waren in der neuen Bürgerrechtsbewegung dabei.

Kultur: Konzept einer "Harmonischen Gesellschaft". Konfuzianismus, Moral wichtiger als Recht; Modulsystem der Sprache (200 Einzelmodule), das von der Technik her auch auf die Wirtschaft übergreift. Daneben Taoismus und Buddhismus mit ihren tradierten mythologischen Vorstellungen. Zentrum waren die heiligen Berge Chinas (10, 5 Berge des Taoismus und 5 des Buddhismus, + Huang Shan), von wo auch heute bei uns bekannte Lebensformen kamen wie Feng Shui, Kungfu, Qi Gong und Tai Chi (sie gingen vom Atmen aus). Der Wutai Shan ist der heiligste Berg, wo der Buddhismus zuerst in China Fuß gefasst hat.   Es gibt dort heute noch über 100 Klöster. Er liegt relativ nahe bei Peking. Der Huashan, einer der fünf daoistischen Berge in der Provinz Shaanxi, ist die Residenzstätte der Götter der Unterwelt und bekannt für heilende Kräuter. Die taoistische Philosophie lehrt die Harmonie von Mikro- und Makrokosmos, lebt von der Liebe zur Natur und von Gelassenheit. Es gibt eine spannungsgeladene Einheit von Gegensätzen. Der Konfuzianismus als hierarchisches Ordnungssystem wird eher von den oberen Zehntausend (Beamten, Kader) als Morallehre  beachtet. Keine Religion wächst derzeit allerdings schneller als das Christentum. Gute Quellen für die heutige Alltagskultur sind die Krimis von Qiu Xiaolong (vier ins Deutsche übersetzt). Manifestationen der Kultur, Kulturstandards und Stereotype sind unter anderem Gegenstand meiner Veranstaltung "Psychologie und Kommunikation". Vergleiche auch die Homepage meines Kollegen M. Vermeer vom OAI ( www.chinacom.de ). "Viel Höflichkeit beleidigt niemanden", Chinesisches Sprichwort. Seit Sommer 2006 läuft eine Benimm-Kampagne der KP für Chinesen anlässlich der Olympischen Spiele ("Spuck nicht, wirf nichts auf die Straße", "Schrei nicht ins Handy"). Auch das "Schlange stehen" soll geübt werden.

Konfuzius-Institute: Die Konfuzius-Institute wurden ab 2004 unter der Ägide von Hu Jintao und Wen Jiabao ab 2004 eingerichtet. Das erste chinesische Kulturinstitut in Deutschland wurde zunächst in Berlin eröffnet. In Oranienburg soll später eine chinesische Stadt entstehen. In Deutschland wurden Konfuzius-Institute nach dem Vorbild der deutschen Goethe-Institute gegründet (in Berlin, Nürnberg, Düsseldorf, Hannover, Hamburg). Hier soll man Chinesisch und Kalligrafie lernen können. Außerdem soll für die Kultur des Landes geworben werden. Bayern hat 2020 schon drei Konfuziusinstitute, die auch von der Bayrischen Staatsregierung relativ viel Geld bekommen. Das ist umstritten, weil es auch die Kritik gibt, die Institute würden für Spionagezwecke benutzt (z. B. Ausspähen von chinesischen Studenten in Deutschland). Beweise dafür konnten noch nicht vorgelegt werden. Die Institute werden vom Büro des Internationalen Rats für die chinesische Sprache im Bildungsministerium geleitet. Es gibt die Behauptung, dass die Institute in Wahrheit von der Propagandaabteilung der KPC zur Verfügung gestellt und im Bildungsministerium "gewaschen" werden. Vgl. Hamilton, C./ Ohlberg, M.: Die lautlose Eroberung, München 2020, S. 332ff. Die Mehrzahl der Kulturinstitute sind in den englischsprachigen Ländern. Bis 2019 gab es in den USA 90 Institute, in GB 30 und in Kanada 13.

Von den gut 50.000 chinesischen Schriftzeichen sind 3500 im Alltag gebräuchlich. Chinesisch ist die weltweit verbreiteste Sprache mit 1052 Mio. Menschen. Nach einer Erhebung der Nationalen Statistikbehörde sind die größten Sorgen der Chinesen:  Sozialmoral, Medizinische Versorgung, Soziale Sicherheit und Bildung. Cicheng bei Shanghai plant als erste chinesische Stadt eine Altstadtsanierung nach fränkischem Vorbild (Iphofen). In der Provinz Guandong wird ab 2011 das Salzkammer-Idyll und Weltkulturerbe Hallstadt als Wohnviertel für Reiche nachgebaut. Zum chinesischen Neujahrsfest (2012 am 23.01.12, Jahr des Drachen) sind Partner zu mieten. Eine der wichtigsten Pilgerwege in Tibets Hauptstadt Lhasa soll zu einer Einkaufsmeile umgebaut werden. Der chinesische Massentourismus in Tibet droht die traditionelle Kultur zu zerstören. Der neue chinesische Staatspräsident Xi Jinping verkündet den "Chinese Dream" (vergleichbar mit dem American Dream). Seit Jahrtausenden bestatten die Chinesen ihre Toten in Erdgräbern. Diese Tradition wollen die Behörden abschaffen, weil sie zu viel Ackerland verschwende. Einäscherungen werden vielerorts erzwungen. Dazu gibt es eine Quote für die Verwaltungseinheiten (wer die Kremierungsquote nicht erfüllen kann, kauft sich ausgebuddelte Leichen!). Mittlerweile boomt der Markt für weibliche Bodyguards. Die Ausbildung ist mörderisch. Es finden sich genügend Kandidatinnen, die der Heirat im Dorf entfliehen wollen. Der Bedarf ist auch durch die starke Zunahme weiblicher Millionärinnen gestiegen. In keinem anderen Land wird so viel geraucht wie in China. Die Tabakindustrie sorgt für jährlich rund sieben Prozent der Staatseinnahmen. Der Staat will stärker gegen das Laster vorgehen.  "Die Chinesen übernehmen die Technik, aber nicht die Kultur des Westens", Manfred Pohl, Wirtschaftshistoriker, in der Wirtschaftswoche, Nr. 8/2007, S. 40. Die bekannteste kulturelle Institution aus China in Deutschland sind die China-Restaurants. Die "Spezialitäten - Kochs" dieser Restaurants werden oft ausgebeutet, weil sie nur eine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis haben und nach geheimen Knebelverträgen arbeiten. Jährlich gibt es ein Hundefleischfestival in der südchinesischen Stadt Yulin. Zehntausende Hunde werden geschlachtet und anschließend gegessen.

Vom 09. 02. 2008 bis zum 01. 06. 2008 fand in Mannheim im Reiss-Engelhorn-Museum die Ausstellung "Ursprünge der Seidenstraße - Sensationelle Neufunde aus Xinjiang, China" statt. Am 11.09.08 begann eine dreitätige deutsch-chinesische Konferenz in Hamburg ("China meets Europe"). Bis 11.01.09 lief eine Ausstellung in Dresden im Residenzschloss: "Goldener Drache - Weißer Adler, Kunst im Dienste der Macht am Kaiserhof in China und am sächsisch-polnischen Hof. Im Jahre 2010 soll am Platz des Himmlischen Friedens die deutsche Ausstellung "Kunst der Aufklärung" stattfinden. 2009 war China das Gastland der Buchmesse in Frankfurt. Vorher gibt es ein Symposion "China und die Welt - Wahrnehmung und Wirklichkeit", wobei es Auseinandersetzungen um die Teilnahme kritischer Autoren gibt. Der Dialog auf der Buchmesse war für China und die Welt wichtig. Im Münchner Haus der Kunst stellt Ai Weiwei seine Gegenwartskunst aus ("So sorry", bis 17.01.2010).Im ostasiatischen Museum in Köln (ältestes Spezialmuseum, 100 Jahre 2009) wird die Ausstellung Buddhistische Kunst in China 550-600 gezeigt (bis 10.01.10). Im April 2010 findet die Weltausstellung Expo in Shanghai statt. Es ist eine Art Experimentierfeld für umweltgerechte Stadtplanung. 50 Mio. € zahlt Deutschland für seinen Auftritt. Im April 2011 wird im Nationalmuseum in Peking, das als größtes Museum der Welt gilt, die deutsche Ausstellung "Kunst der Aufklärung" eröffnet. Im März 2012 geht sie zu Ende. Es gab 500.000 Besucher; wegen der zeitgleichen Inhaftierung von Ai Weiwei kam sie in die Kritik. Im Reis-Engelhorn-Museum in Mannheim läuft von Herbst 2012 bis 13.Januar 2013 die Ausstellung "Architecture China 100 Contempory Projects". Anlass ist die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Deutschland und China vor 40 Jahren. Gezeigt werden auch Wandmalereien von Ma Fudan, der sich von den buddhistischen Wandmalereien in Gansu inspirieren lässt.

Chinas Kulturrevolution war eine der größten kulturellen Veränderungen der Geschichte und eine der grausamsten Kampagnen des 20 Jahrhunderts. Sie begann 1966 und dauerte bis 1976. Der "Große Vorsitzende" Mao Zedong der KPC wollte seine internen Widersacher ("Vertreter des Kapitals") beseitigen. China versank aber im Chaos. Es gab schätzungsweise 1,5 Mio. Tote.

Im Zuge der "Neuen Normalität" in China ist auch eine gewisse neue Arroganz der Politik festzustellen. Beim G20-Treffen im September 2016 wird Obama unfreundlich behandelt. Hier drückt sich auch die Überzeugung aus, dass der Westen abgewirtschaftet hat. Man bringt die Überzeugung zum Ausdruck, dass die Schwächen der Demokratie immer mehr zu Tage treten (Flüchtlinge, Brexit u. a.). Die Bindungen zwischen den Autokraten (Putin, Erdogan u. a.) werden enger. China plant im November 2016 ein Rauchverbot an öffentlichen Plätzen. In China gibt es spezielle Agenturen, die die Geliebte des Ehemannes dazu bewegen sollen, die Affäre zu beenden. Der sonderbare Service ist sehr gefragt bei Ehefrauen. Der chinesische Künstler Wu spendet der Geburtsstadt von Karl Marx Trier im Marxjahr 2018 eine Statue (6,30m hoch auf 1,40m Sockel). Wu hat schon 500 Stauen historischer Persönlichkeiten angefertigt (Konfuzius in Peking, Laotse). Die App "WeChat" ist im Alltag der Chinesen extrem verbreitet.

Demos mit Tibet-Flaggen: In einigen Ländern werden bei Staatsbesuchen oder bei anderen offiziellen Ereignissen öfter Tibet-Flaggen gezeigt, um gegen die Tibet-Politik Chinas zu demonstrieren. Zu einem Eklat kam es in Deutschland als bei Fußballspielen der chinesischen U20-Mannschaft systematisch Tibet-Flaggen auftauchten. die Mannschaft sollte sich in Deutschland auf die Olympischen Spiele 2020 in Tokio vorbereiten. China droht damit, alle Kooperationen im Fußball aufzukündigen. Deutschland entschuldigt sich offiziell beim chinesischen Verband.

Karaoke: Ist sehr beliebt und damit wichtiges Element der Kultur. Es ist ein Ausgleich zur  Hektik des Alltags. Immer mehr Gesangskabinen gibt es auch in den Einkaufsplazas. In den Karaokebars geht es oft chaotisch zu, weil auch viel Alkohol getrunken wird.

"Public Diplomacy": China entwickelt große kulturelle Initiativen entlang der neuen Seidenstraße. Es entstehen Denkfabriken, Stiftungen und andere kulturelle Infrastruktureinrichtungen. Besonders wichtig sind die Konfuzius-Institute. 2017 wurde ein neues an der Uni Bonn gegründet (200.000 € Jahresbudget).

Der chinesische Kunstmarkt: Hier zeigt sich besonders deutlich, welch große Rolle Status und Prestige in der chinesischen Kultur spielen. Die größte Sammlung an zeitgenössischer chinesischer Kunst besitzt der Schweizer Kunstsammler Uli Sigg. Auktionen spielen eine große Rolle, auf denen chinesische Sammler kaufen. Der Markt steht am Anfang.

Nachahmungen: Immer wieder werden Bauten bzw. Baukultur aus anderen Ländern kopiert. So soll 209 das Crazy Horse - Monument in den USA nachgeahmt werden. Der Bildhauer Somg Peilun schafft im Yelang-Tal Skulpturen, Mauern und Türme, die einer Märchenlandschaft erinnern, die an vergangene Zivilisation gemahnen sollen.

Leihfahrräder: In keinem anderen Land der Welt haben sich Leihfahrräder so durchgesetzt. Sie prägen den urbanen Raum mit. Die Goldgräberstimmung ist allerdings vorbei. 60 Anbieter gingen in den vergangenen Jahren bankrott. Das Recycling ist das größte Problem. Die Städte haben gelernt und reglementieren stark.

Unterhaltungsindustrie: Sie unterliegt einer strikten Zensur. Das "kulturelle Chaos" soll kontrolliert werden. Im September 2021 werden "feminine Männer" von den Bildschirmen verbannt. Sämtliche Männer mit "weiblichem Stil und anderer abnormaler Ästhetik" sollen aus dem TV nicht mehr erscheinen. Der Trend zu androgynen Stars schwappte von Südkorea über. Ursprung waren die K-Pop-Boybands. Vgl. Kretschmer, Fabian: Nicht Manns genug fürs TV, in: Rheinpfalz Nr. 205, 4.9.21, S. 1.

Exkurs: Ai Weiwei. Er ist Chinas berühmtester Künstler. Er wurde 1957 als Sohn des Dichters Ai Qing geboren. Kurz nach der Geburt wurde sein Vater als "Rechtsabweichler" erklärt und in die Verbannung in den äußersten Nordwesten Chinas geschickt. Dort lebte Ai Wewei  einige Jahre mit seinem Vater in Erdhöhlen. 1978 nahm er das Studium an der Filmhochschule in Peking auf. Von 1981 bis 1993 lebt er in den USA, vor allem in New York. Er beschäftigte sich mit Performance, Konzeptkunst, Dadaismus und Popart. Ab 2005 äußerte er immer wieder Kritik an der chinesischen Regierung. 2011 wurde er festgenommen. Ab 2015 lebt er im Ausland: Berlin, Cambridge, Portugal. Seine Frau ist die Künstlerin Lu Qing.

Exkurs: Diversität und wachstumsfördernde Eigenschaften in der Kultur: These von Oded Galor (The Journey of Humanity, München 2022): Historische Quellen von Wohlstand und Ungleichheit. Die Unterschiede sind weit in der Vergangenheit angelegt. Diverse und pluralistische  Gesellschaften sind stärker als homogene. Andere wichtige Faktoren sind: Qualität und Integrationskraft von Institutionen, ökonomisch günstige Geografie, wachstumsfördernde kulturelle Eigenschaften. Chinas Homogenität sei nur kurzfristig ein Vorteil. Das muss aber nicht für die Zukunft gelten. China dürfte in zehn Jahren die Decke erreichen, wenn es sich nicht reformiert und mehr öffnet. Deshalb werden die USA und Europa an der technologischen Spitze bleiben. Er unterstützt nicht die Abgesänge an den Westen. Vgl. auch interview in Wiwo 28/ 8.7.22, S. 40f.

Exkurs. Vor 100 Jahren starb der Schriftsteller Franz Kafka. Eine Serie im Fernsehen mit 6 Folgen (Drehbuch Daniel Kehlmann, Berater Reiner Stach) und ein Kinofilm ("Herrlichkeit des Lebens") beschäftigen sich mit seinem Leben. Er lebte von 1883 bis 1924 (geboren in Prag, gestorben in Klosterneuburg/ Österreich an Lungentuberkulose). Berühmte Werke sind: Die Verwandlung, Das Schloss, Der Prozess. Er ist einer der bedeutendsten Vertreter der deutschen Literatur und einer der meistgespielten deutschsprachigen Autoren in der Welt. Seine Muttersprache war Deutsch (10% in Prag, Jüdische Familie). Kein deutschsprachiger Schriftsteller der Moderne wird weltweit so stark beachtet wie Franz Kafka. In den USA genauso wie in China. Keine Erzählung des 20. Jahrhunderts ist berühmter als "Die Verwandlung". Sie beginnt mit dem millionenfach zitierten Satz: "Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen aufwachte, fand  er sich in seinem Bett zu einem ungeheuren Ungeziefer verwandelt". Reiner Stach gilt als der beste Kafka-Kenner weltweit. "Ich werde ihn niemals ausschöpfen können, er blickte tiefer als andere", Reiner Stach, in: Die Zeit 5/ 2024, S. 11. Er hat die bekannteste Biographie über Kafka geschrieben (2014 erschienen, über 2000 S.).  Was Kafka vor über hundert Jahren geschrieben hat, werde in China von Studenten noch heute verstanden. Die Ohnmacht in einer Bürokratie. Die Hilflosigkeit des Individuums. Das Ausgeliefertsein des Einzelnen an eine höhere Instanz. Er stellt Bilder zur Verfügung, er breitet ungeheure Metaphern aus, die vielen Menschen nahe kommen. Ebenda, S, 12. In dieser Art ähnelt er heute auch dem japanischen Schriftsteller Haruki Murakami.

Notenbankstatus/ Handeln der Zentralbank: Abhängige Zentralbank. Die People`s Bank of China (PBOC) hat den Charakter eines Ressorts der Regierung und unterliegt den Weisungen des Staatsrats. Zentralbankchef war Zhou Xiaochuan. 2021 ist es Yi Gang. Er hat einen Doktortitel der Wirtschaftswissenschaften der Universität von Illinois. Mehrere Jahre lehrte er an der Universität von Indiana. 2023 ist Pan Gongsheng Zentralbankchef. "Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt befindet sich auf einer langen und schwierigen Reise", Pan Gongsheng, Dezember 2023.

Die Regierung schafft 2007 einen eigenen Fonds (staatlicher Investmentfonds), um die Währungsreserven profitabler anzulegen. Bisher verwaltet die "State Administration of Foreign Exchange (Safe, Chef Yi Gang)", die zur Zentralbank gehört, die Reserven. Diese soll zukünftig nur noch die "normalen" Reserven anlegen. Diese sind zu ca. 60% in niedrig verzinsten amerikanischen Staatsanleihen angelegt (1159,8 Mrd. $ Mai 2011). Damit finanziert China einen großen Teil des US-Staatshaushalts.  Etwa dreißig Prozent ist in anderen Währungen angelegt, 20% in Euro. Mehr Der Rest wird von einer neuen Gesellschaft investiert (Chef: Lou Jiwei, Exvizefinanzminister "Wenn wir einen fetten Hasen sehen, werden wir ihn erlegen"). Startkapital ca. 350 Mrd. $. Der Name ist "China Investment Corporation (CIC". Die erste Investition erfolgt im Mai 2007 bei Blackstone (3 Mrd. $; maximaler Anteil 9,9%; Sperrfrist bei anderen Finanzierungsgesellschaften). Ende 2007 wird bei Morgan Stanley investiert (5 Mrd. $ für knapp 10% Anteil). 2011 erfolgt ein einstieg bei der Münchener Rück (3,04%). Der Staatsfonds verbrüdert sich mit der New Yorker Beteiligungsgesellschaft Cerberus. Alle diese Finanzinvestitionen bringen Verluste. Einzelne Tranchen sollen auch an Investmenthäuser in aller Welt vergeben werden (überwiegend für festverzinsliche Papiere). Zwei Drittel sollen in die Stärkung des heimischen Bankensektors investiert werden, ein Drittel im Ausland. Unter anderem will der Fonds in die Deutsche Bahn investieren. Unklar ist noch, ob er auch chinesischen Unternehmen bei Zukäufen im Ausland helfen soll (extra-territoriale Industriepolitik). Ein Teil der Devisen werden dafür genutzt, sich landwirtschaftliche Anbauflächen in Lateinamerika und Afrika sowie anderen Teilen der Welt zu sichern. Es soll auch ein Infrastrukturfonds für Südostasien aufgebaut werden. Auch der Staatsfonds ist eine Gesellschaft, die ihr Geld vermehren will, allerdings hat sie einen längeren Atem als private Fonds. 2010 wird der Staatsfonds neu zugeschnitten: Auslandsaktivitäten sollen von inländischen Bankbeteiligungen getrennt werden. Es geht dabei auch um eine klare organisatorische Trennung von CIC (China Investment Corporation) und Central Huijin Investment. CIC soll sich nur auf das Auslandsgeschäft konzentrieren, Huijin auf das Inland. Diese Gesellschaft hat für die KPC die Kontrolle über den Finanzsektor. CIC soll sich mehr auf Rohstoffe im Ausland ausrichten (2010: 90% der Mittel im Ausland, davon 36% in Aktien, 26% in Staatsanleihen). Chef des Staatsfonds CIC ist zuerst Lou Jiwei. Nachfolger wird Li Keping. 2012 dürfte CIC ca. 500 Mrd. $ angesammelt haben (zuletzt 50 Mrd. $ von der ZB und 30 Mrd. $ von der Devisenbehörde). Ende 2015 hat der Fond rund 750 Mrd. Dollar. Vor allem europäische Firmen sind im Focus. 2012 steigt er mit 10 Prozent beim Londoner Flughafen Heathrow ein. 2012 liegen Chinas Investitionen im Ausland bei 5 Billionen US-Dollar. 2020 dürften sie auf 18 Billionen US-Dollar steigen. Die größten chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland sind folgende: Shandong Heavy bei Kion 704 Mio. € 2012; SAFE bei Munich Re 556 Mio.€ 2011; AVIC bei Hilite 527 Mio. € 2014; SAFE bei Siemens 518 Mio. € 2014; Lenovo bei Medion 517 Mio. € 2011; Hanergy bei Solibro 386 Mio. € 2012; Sany Heavy bei Putzmeister 363 Mio. € 2012; Wuhan Iron and Steel bei Thyssen-Krupp 340 Mio. € 2012; CITIC bei KSM Castings 324 Mio. € 2011; CSR bei ZF Friedrichshafen 290 Mio. € 2013 (Quelle: American Enterprise Institute). Deutschland ist der beliebteste Standort in Europa vor Großbritannien, gefolgt von Frankreich.

Staatsfonds gibt es unter anderem auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten  (Abu Dhabi Investment Authority 875 Mrd. $), Kuweit (KIA, erster Staatsfonds, 264 Mrd. $),, Saudi-Arabien (433 Mrd. $), Singapur (GIC: 330 Mrd. $ + 159 Temasek), Russland (144 Mrd. $), Government Pension Fund, Norwegen (361 Mrd. $), Hongkong und Australien. Das Vermögen aller 20 Staatsfonds wird auf 3,9 Bio. $ geschätzt. 2010 will der Staatsfonds bei der Beteiligung am kanadischen Düngerhersteller "Potash" helfen.

China gibt einen 25 Milliarden Kredit an Russland, wodurch Moskau die Ölversorgung der nächsten 25 Jahre sichert. China setzt seine ungeheuren Währungsreserven vor allem für strategische Rohstoffe ein. Im September 2009 kauft China die erste IWF-Anleihe in Höhe von 50 Mrd. $. Anfang 2010 werden die Banken angewiesen, keine Kredite mehr zu vergeben. Geldmenge und Inflation wachsen zu schnell. In den nächsten Monaten dürften die Zinsen erhöht und die Landeswährung aufgewertet werden. 2011 kommen die chinesischen Druckereien mit dem Gelddrucken nicht mehr nach. Die Bargeldnachfrage wächst jährlich um 20%. Die Notenbank kürzt die Mittel für die Kreditvergabe Anfang 2011 um 40 Mrd. Euro. Die chinesische Zentralbank kauft zunehmend europäische Staatsanleihen (Griechenland, Portugal, Ungarn). Es geht auch um industrielle Beteiligungen, insbesondere in Italien. China will in größerem Umfang kaufen, wenn dafür Handelshemmnisse abgebaut werden. Auch Russland kauft europäische Staatsanleihen. Die anderen Schwellenländer wie Brasilien, Indien und Süd-Afrika denken über Hilfen nach. Ende September 2014 meldet das Wall Street Journal eine bevorstehende Abberufung des Notenbankchefs Zhou Xiaochuan (mit 66 über der Altersgrenze von 65). Im Gespräch als Nachfolger ist Guo Shuqing, ein Vertrauter von Premier Li Kequang (soll statt Gießkanne mehr gezielte Maßnahmen planen). Ende August 2015 pumpt die chinesische Zentralbank zusätzliches Kapital ins Finanzsystem (8,3 Mrd. Euro für den Interbanken-Markt; eine Woche vorher schon 19 Mrd. Euro). Die nervösen Anleger an der Börse sollen beruhigt werden. Mitte Januar 2016 fließen wieder 7,7 Mrd. Euro ins Bankensystem. Grund ist die Furcht vor einem Konjunktureinbruch. Umgerechnet 500 Mrd. Euro haben Notenbank und Regierung in die Wirtschaft gepumpt.   "Wer China versteht, hat keine Angst", Wan Gang, chinesischer Wissenschaftsminister.

Digitale Bezahlsysteme: In China verschärft Die Notenbank die Vorschriften für die Anbieter solcher Systeme ab 2018: Ab April müssen Zahlungsabwickler 42 bis 50% ihrer Kundenreservegelder auf zinsfreien Konten parken. In China ist der Markt rasant gewachsen. 2016 sollen es Transaktionen im Wert von 2,4 Billionen Euro gewesen sein. In der EU wurden 2016 noch 79% aller Einkäufe bar bezahlt.

Bitcoin: Aus China kommt die meiste Rechenleistung für das Netzwerk hinter der Digitalwährung Bitcoin. Der Anteil liegt bei 54,2% im Jahre 2017. Mit weitem Abstand folgen andere Staaten (Island 4,3%, Indien 2,2%, Georgien 2,2%, Venezuela 2,0%, USA 1,0%). Der chinesische Anteil ist beunruhigend, denn Rechenzentren können genauso schnell geschlossen werden wie Handelsbörsen. 

Bereits 2017 hatte China bei der Kryptowährung Bitcoin ICOs verboten. Es handelt sich um Initial Coin Offering. Das sind Platzierungen von Cyberdevisen in speziellen Handelsplätzen. Außerdem sollen Geschäfte zur Erzeugung von Bitcoin geschlossen werden, um den hohen Stromverbrauch zu drosseln. 2018 gibt es Überlegungen, den Handel mit Bitcoins unmöglich zu machen. Ähnliche Absichten hat Südkorea in Asien.

Bonitätssystem (bis 2020 Einführung): Es ist eine IT - Überwachungsmaschinerie mit Hilfe von Algorithmen.  Auf einer Plattform sollen Daten von Privatpersonen, Unternehmen und NGO gespeichert und bewertet werden. Es gibt eine Unterscheidung von Kreditwürdigkeit (Schulden) und genereller Glaubwürdigkeit. Die großen sozialen Medien wie Baidu, Alibaba und Tencent sollen auch Daten beisteuern. Eine Datenbank über ausländische Firmen gibt es bereits im Handelsministerium. Positive Folgen könnten sich auch ergeben: Lebensmittelsicherheit, Umweltverschmutzung, Markenrechtsverletzungen. Vgl. Totalitarismus ist ein großes Wort, in: Die Zeit Nr. 2, 04.01.2018, S. 31. Das System arbeitet auch mit Gesichtserkennung. Man bekommt Punkte, negativ und positiv. Die Punkte zählen für Kredite, Auslandsreisen, staatliche Genehmigungen, Studienplätze u. a. Damit werden Zukunftsvisionen ausgefüllt, die von George Orwell (1984) und Aldous Huxley lange vorher konstruiert wurden. So schnell kann die Realität in unserer Zeit die Zukunft einholen.

Kooperation von PBoC und der Bundesbank: Im Januar 2019 wird in Peking ein Memorandum of Understanding unterzeichnet. Beide Notenbanken tauschen Mitarbeiter aus. Außerdem wollen beide Organisationen bei der Erstellung von Konjunkturprognosen kooperieren. Trump dürfte die Kooperation befördert haben.   Zu Japan besteht traditionell noch ein schwieriges Verhältnis.

Währung und Geldpolitik: Renminbi, RMB ("Volkswährung"), Haupteinheit ist der Yuan (bedeutet: "runder Gegenstand", daneben gibt es den Jiao und den Fen als kleinere Einheiten (auch Mao); die Bevölkerung spricht auch häufig noch von Kuai. Die ausländische Währung heißt auch Yuan: der US-Dollar Meiyuan, der Euro Ouyuan. Die neuen Banknoten 2008 haben anstelle von Mao das neue Olympiastadion drauf),  Bindung an den Dollar (mittlerweile auch an €, Yen und Won, Zusammensetzung des Währungskorbes geheim), amerikanische Schätzungen sprechen von einer Unterbewertung von 30%; im Mai und Juni 2007 erfolgt eine leichte Aufwertung  (Aufwertung gegenüber $ vom 1.6.05 - 8,3 - bis Frühjahr 08 14%, gegenüber € und Yen um 3%), weil die tägliche Abweichung vom Mittelwert der Zentralbank statt 0,3% jetzt 0,5% betragen kann. Ende 2007 wird eine Aufwertung durchgeführt, um die Inflation zu zähmen und das Wachstum zu drosseln. Ende 2008 wird der Yuan in Teilen für den internationalen Handel zugelassen (Pilotprojekt für ausgesuchte Wirtschaftszonen mit ausgesuchten asiatischen Nachbarländern). Ende 2017 1 US-$ = 6,86 Renmimbi; 1 € = 7,68 RMB. Später zurrt China den Wechselkurs zum Dollar fest: maximal 2 Prozent zum Dollar nach oben und unten. Im August 2019 erfolgt wieder die Freigabe als Waffe im Handelskrieg mit den USA. Bis Jahresende 2019 könnte der Wechselkurs auf 7,30 Yuan steigen. Zwischen 2014 und 2019 schwankte der Wechselkurs zum  Dollar zwischen 6,2 und 7,0. Seit Jahresbeginn 2021 hat die Währung stark zugelegt. Die Behörden versuchen, die Aufwertung zu bremsen (1 Yuan 6,46 $). Ende Mai 2021 liegt der Kurs noch bei 6,36 Yuan zu einem US-Dollar. Seit Mai 2020 hat der Kurs um 18,3% zugelegt (Rohstoffpreise, rasantes Wachstum der Wirtschaft).  Im September 2023 gibt Turbulenzen auf dem Devisenmarkt. Die Währung bricht ein. Der Yuan fällt auf ein 16-Jahrestief (7,32 pro US-$; -6% seit Jahresanfang). Grund sind die wirtschaftlichen Probleme Chinas.

Devisenreserven: Im Jahre 2022 sinken die Devisenreserven um -6% auf 3052 Mrd. US-Dollar (3250 Ende 2021). Der chinesische Renminbi sinkt 2022 gegenüber dem Dollar um -11%. Trotz des Handelskrieges mit den USA und der Yuan-Schwäche erhöhten sich die Devisenreserven Ende August 2019 um 3,5 Mrd. Dollar auf 3,1072 Billionen Dollar (Quelle: Chinesische Zentralbank, Anfang Sept. 2019). Im Juni 2020 sinken sie wieder auf 3243 Mrd. US-$. 3300 Mrd. $ (September 2012, Mitte 2011 3,2 Bio., Weltspitze, China größter Gläubiger der Welt, mehr als Japan, Russland und die EU zusammen), 900,7 Mrd. US-$ in US-Staatsanleihen (2009, weltgrößter Besitzer von US-Bonds, Trend geht zu Gold als Reserve: könnte alle Goldvorräte der Welt zweimal erwerben, insgesamt Diversifizierung). China senkt in den letzten Jahren beständig die US-Staatsanleihen: 2020 1000 Mrd. US-$ (immer noch zweitgrößter US-Gläubiger hinter Japan).  Die Steigerung seit 2004 beträgt 700% (Finanzdienst "Zero Hedge"). Mittlerweile hält China auch Euro-Staatsanleihen im Wert von ca. 420 Mrd. € (Anfang 2012). Ende 2014 betrugen die Devisenreserven 4 Billionen Dollar. Durch die Interventionen am Devisenmarkt 2015 und 2016 sinken sie auf 3,33 Billionen. Im Februar 2016 sinken sie noch mal durch Interventionen am Devisenmarkt auf 3,230 Billionen Dollar. Ende 2016 betrugen die Reserven 3000 Mrd. US-Dollar. Im Januar 2017 sind sie auf 2,997 Billionen Dollar gesunken. Damit verlor China allein im Januar 2017 12,3 Mrd. Reserven. Ende 2013 betrugen die Devisenreserven 2,79 Billionen Euro. Devisenreserven Mitte  2012  3,240 Billionen US-Dollar. Ende 2011 betrugen die Devisenreserven 3,18 Billionen $. Sie sind damit erstmals leicht gesunken (Oktober 2011 3,27). 1$=ca. 7 Yuan; 1€=9,2Yuan.

Gold: 2024 fragt China in großen Mengen Gold nach. Die Zentralbanken der Schwellenländer haben noch deutlich weniger Gold im Portfolio. Es ist noch viel Luft nach oben.

Geldpolitik: Insgesamt ist es zwischen 2005 und 2008 zu Aufwertungen gekommen, seit 2008 ist der Yuan in der Praxis wieder mehr an den $ gekoppelt (um die Aufwertung zu stoppen). Nachteil davon ist, dass sich China die Inflation ins Haus holt. Deshalb wird wahrscheinlich die Schwankungsbreite erhöht werden. Die Strategie des geldpolitischen Ausschusses von 2005, mehrere Währungen zu berücksichtigen, soll in der Zukunft aber stärker angewandt werden. 2010 wurde der Yuan um 3,5% aufgewertet. 2011 wird mit einer Aufwertung um bis zu 8% gerechnet. Anfang 2013 liegt der Kurs zum Euro bei 8,3. Insgesamt wertet der Yuan gegenüber dem Dollar 2013 um 2,5% auf. Ende Februar 2014 wird der Yuan gegenüber dem Dollar um 0,9% abgewertet. Das ist die höchste Abwertung seit 2005. Sie wurde von der Zentralbank herbeigeführt, um die Exportchancen zu verbessern. Der Yuan fällt weiter, wahrscheinlich will die Regierung die Währung auch für ausländische Anleger unattraktiv machen. Die Regierung spricht von "heißem Geld", das ins Land fließt. Außerdem ist der Immobiliensektor immer noch aufgebläht. Eines Tages wird der Yuan freigegeben und neben Dollar, Yen und Euro treten. Ende April 2006 wurde der Leitzins auf 5,85% erhöht, im Mai 2007  auf 6,57%, Mitte September 2007 auf 7,29% (Kreditzins, 1 Jahr), Ende 2007 auf 7,47%; der Zins für Spareinlagen blieb unverändert bei 2,25% und wurde im Mai 2007 auf 3,06% erhöht (für einjährige Anlagen) sowie im September 2007 auf 3,3%. Allein 2007 gab es sechs Zinserhöhungen. Ziel: weniger Investitionen, mehr Konsum. 2008 folgen wieder mehrere Zinssenkungen, um die Wirtschaft anzukurbeln (für Kredite 6,7%  1 J., für Sparguthaben 3,6% 1 j.)  Ende 2010 wird der Leitzins der chinesischen Notenbank auf 5,56% festgelegt (Kampf gegen Inflation), danach noch einmal auf 5,81%. Im April 2011 kommt eine weitere Erhöhung auf 6,56%. Die Kreditvergaben sollen weiter eingeschränkt werden (vorsichtigere Geldpolitik). Mitte 2012 senkt die Notenbank überraschend den Leitzins: auf 6,25 (Abschwung bremsen). Im August 2015 wird der Leitzins auf 4,6% gesenkt (1,75% für Sparguthaben). Die Wirtschaft soll angekurbelt werden. In Erwartung einer Yuan - Aufwertung fließt ausländisches Geld nach China, wodurch die Geldmenge zunimmt. Die Geldmenge wächst auch sehr schnell wegen des Außenhandelsüberschusses. Vor allem die Geldmenge Mist 2007 zuletzt um 17,1% gewachsen. Schon 2006 erhöhte die Zentralbank den Mindestreservesatz von 8,0% an ständig, im Mai 2007 zum 05.06.07 auf 11,5%, später noch mal auf 12%. Mitte Januar 2010 wird der Mindestreservesatz noch mal um 0,5% erhöht. Vom 25.2.10 müssen Großbanken 16,5% und kleinere Institute 14,5% ihrer Einlagen bei der Notenbank vorhalten. Im Februar 2011 wird er Mindestreservesatz um einen halben Prozentpunkt auf 19% erhöht. Im April 2011 wird er auf den Rekordwert von 20,5% erhöht, um die Inflation zu bekämpfen; im Mai 2011 auf 21%. Diese Erhöhung wird im Februar 2012 wieder auf 20,5% zurückgenommen. Ende März 2014 wird der Mindestreservesatz auf 20% gesenkt. Im August 2015 wird der Satz auf 20% gesenkt. Mitte 2007 gibt es Spekulationen über eine Loslösung des Hongkong-Dollar vom US-$, was Turbulenzen auslöst (irgendwann muss der Hongkong-Dollar ganz fallen). Es besteht ein enger Zusammenhang zum Einbruch am innerchinesischen Aktienmarkt. 2009 ist der Yuan auch Thema beim Besuch von Obama. Aber schon beim Apec-Gipfel Mitte November09 stellt sich China bei der Wechselkurspolitik quer. Ende November 2009 macht auch die EU Druck für eine Yuan - Aufwertung (20% der gesamten chinesischen Produktion werden in Staaten der EU geliefert). Allerdings ist für Deutschlands hoch entwickelte Exportgüter der Einkommenseffekt wichtiger als der Preiseffekt. Mittlerweile unterhält die chinesische Zentralbank eine Reihe von bilateralen Währungsswaps mit anderen Zentralbanken: Südkorea, Singapur, Indonesien, Malaysia, Argentinien, Weißrussland und Island. Hongkong dient als Drehscheibe von Währungsgeschäften. Es geht um eine mittelfristige Ablösung vom Dollar. 2011 verschärft China die Regulierung im Währungshandel (spekulative Währungsgeschäfte ausländischer Investoren). Im Herbst 2011 bereitet die Zentralbank die Yuan - Freigabe vor. Unklarheit herrscht über den Zeitplan. Der Handel in der Landeswährung Yuan soll massiv erleichtert werden. Dazu soll eine eigene Plattform aufgebaut werden. Es handelt sich um ein vollautomatisches Abwicklungssystem. Damit wird die Konvertierbarkeit der eigenen Währung gestärkt (Verzerrungen durch große Dollarschwankungen, vor allem für die Schwellenländer). 2012 wird eine Sonderzone auf Probe eingerichtet, in der der Yuan frei konvertierbar ist (Shenzhen). Diese Zone wird "Qianhai Shenzhen Hong Kong Modern Industry Cooperation Zone" genannt. Für Ausländer gibt es viele neue Anlagemöglichkeiten. China hat ein Interesse daran, dass der Euro überlebt, weil dadurch der Renmimbi leichter als Reservewährung zu etablieren ist. 2012 forciert London den Handel in Renmimbi. Damit nimmt der Einsatz dieser Währung für Handel und Investitionen zu. Nach einem konjunkturell schwachen Juli (Null-Covid)) senkt die Notenbank den Leitzins: Um 10 Basispunkte auf 2,75% (Zinssatz für 1-jährige Refinanzierungsgeschäfte). Ökonomen rechnen 2022 mit weiteren Leitzinssenkungen. Die schwache Binnennachfrage senkt die Inflation. Der nachlassende Preisdruck eröffnet der chinesischen Zentralbank neuen Spielraum. Im August 2023 senkt dei PBoC den Referenzzinssatz für einjährige Kredite. Davon hängen die Kredite der Banken am meisten ab. Die Banken senken daraufhin ihre Zinssätze für Kredite, um die Konjunktur anzukurbeln. Überraschend bleibt der Referenzzinssatz für fünfjährige Kredite unverändert.   "Bis der Yuan eine Leitwährung wird, ist es noch ein langer Weg", Stephen Green, Standard Chartered, Shanghai.

Die chinesische Zentralbank einen Plan für ein neues Welt-Währungssystem vor (Titel "Die Reform des internationalen Währungssystems"). Kurzfristig will sie die Rolle der Sonderziehungsrechte stärken, langfristig eine Rohstoff-Reservewährung schaffen. Offenbar ist den Chinesen die Hauptweltreservewährung "Dollar" zu Kredit belastet. Allerdings verraten die Chinesen nicht die Zusammensetzung ihrer Notenbankreserven. Schon Keynes hatte 1944 den Bretton Woods den "Bancor", einen Korb mit 30 repräsentativen Rohstoffen, vorgeschlagen. Länder mit einem Defizit und Länder mit einem Überschuss sollen Gebühren zahlen. Daraus entwickelte in den sechziger Jahren Nicholas Kaldor ein "Rohstoff-Reserve-Währungssystem". China misstraut dem Weltwährungssystem und hat heimlich bis 2009 seine Goldreserven auf 6000 Tonnen erhöht (5. Stelle in der Welt). Auch Russland fordert mittlerweile, die Sonderziehungsrechte auszubauen (mit Rubel, Yuan, Rohstoffe, Gold). Kurz vor dem G8-Gipfel im Juli 2009 erlaubt China für ausgewählte Firmen (vor allem aus Hongkong und Macao) grenzüberschreitende Geschäfte in Yuan abzuwickeln (noch ist der Yuan nicht konvertierbar). China profitiert Ende 2009 durch seine Dollarbindung vom schwachen Dollar, was den Exporten zugute kommt. Um die Bedeutung des Yuan zu erhöhen, hat die Zentralbank Maßnahmen ergriffen: über Yuan-Swap-Geschäfte können Handelspartner Importe aus China bezahlen (Rechnungsstellung in Yuan). Durch die Emittierung von Hongkong Yuan - Anleihen entsteht ein Offshore-Markt. 2010 warnen chinesische Ökonomen vor einem "Yuan-Krieg" mit den USA. China will seine Währung nicht weiter aufwerten, die USA könnten mit einem Handelskrieg antworten. Durch die Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar 2010 profitiert der Euro auch gegenüber dem Yuan (1€ nur noch 8,2 Yuan). Der Dollar wird schon seit Mitte 2008 mit 6,8 Yuan konstant gehalten. Dies ändert die Zentralbank im Juni 2010, so dass wieder der Yuan an einen Währungskorb gebunden ist (wie 2005 - 2008). Daraufhin erfolgt eine Aufwertung um 0,5% auf 6,79 Yuan pro Dollar. Im Oktober verschärft sich der Streit zwischen den USA und China um die Aufwertung. Bei globalen Einkaufstouren, etwa auf den Rohstoffmärkten, könnte China Geschäfte in eigener Währung und zu günstigeren Bedingungen abwickeln. Doch es dürfte noch ca. 15 Jahre dauern, um aus dem Renminbi ein frei konvertierbares Zahlungsmittel und eine Reservewährung zu machen. 2011 wollen die USA China nicht als Währungsmanipulator einstufen, was Sanktionen zur Folge haben müsste. Aus Angst vor Inflation 2011 könnte China seine Währung aufwerten lassen (Abbau von Inflationsdruck). Die Krise des Dollars könnte den Renminbi schneller zur Weltleitwährung machen (im günstigsten Falle schon in 10 Jahren). Der Abstieg des britischen Pfunds als Leitwährung kann zur Orientierung dienen. Im Juni 2012 trifft das Land Vorbereitungen für den Ausstiegs Griechenlands aus dem € (Yuan stabil halten, Kontrolle des grenzüberschreitenden Kapitalverkehrs). Im Herbst 2013 wird ein Experiment in Shanghai gestartet, wo der freie Wechselkurs regional getestet wird. Im Herbst 2013 gibt die Zentralbank bekannt, dass sie den Anstieg der Devisenreserven bremsen will. Eine Aufwertung des Renminbi gelte als hinnehmbar. Im Januar 2014 pumpt die Zentralbank Milliardensummen ins Bankensystem. Sie reagiert auf zunehmende Unruhen im Finanzsystem (vor einer Reihe von Feiertagen Ende Januar ist der Geldbedarf von Banken und Wirtschaft steil gestiegen). 2014 erwägt China, die Einführung einer "Tobin"-Devisensteuer. Damit soll der massive Kapitalzufluss aus dem Ausland eingedämmt werden. Frankfurt soll eventuell die Clearing-Stelle für den Handel mit chinesischer Währung in Europa werden (Absichtserklärung; nötig, weil Währung nicht frei handelbar). Frankfurt bekommt den Zuschlag. Die Clearing-Stelle leitet Renminbi, die in Deutschland bei Firmen anfallen, an Liederanten in China. Weltweit werden 15 Clearing-Stellen installiert, mit denen sich Zahlungen in Renminbi leichter abwickeln lassen. Ende November 2014 senkt die Notenbank überraschend den Leitzins (erstmals seit 2012, die wichtigsten Zinssätze; Leitzins von 6 auf 5,6 %). Der Renminbi steht zu Beginn 2015 vor einer Abwertung. Am 27.02.2015 wird der Zinssatz noch mal gesenkt, um die schwache Konjunktur zu stützen: Der Ausleihungssatz sinkt um 0,25 Prozentpunkte auf 5,32%. Der Einlagensatz fällt um 0,25 Punkte auf 2,5%. Der stark gesunkene Euro-Kurs verteuert stark die chinesischen Exporte nach Europa.  Im Laufe von 2015 lockert China die Bindung an den Dollar. Die Notenpresse wird weiter angeworfen (Abwertung vorantreiben). Real kam es aber in den vergangenen Monaten ab Juni 2014 bis Juni 2015 zu einer handelsgewichteten Aufwertung von 15%.  China möchte den Renminbi zu einer eigenständigen Reservewährung machen. Das Land würde damit den SDR (Special Drawing Rights, seit 1969) beitreten. Ende Juni 2015 senkt die Zentralbank die Leitzinsen erneut, um die Konjunktur anzukurbeln (um 25 Basispunkte auf 4,85 %; vierte Reduzierung seit November 2014). Am 25.08.15 erfolgt eine weitere Senkung des Leitzinses auf 4,6%. Am 23.10.15 senkt die Notenbank den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 4,35 %. Am 11.08.15 wertet die Notenbank den Yuan erheblich ab, um die Exportchancen zu erhöhen  (1,9 Prozent; Kurs an den Dollar gebunden; PBoC bestimmt arbeitstäglich den Referenzkurs; 6,2298; am Folgetag nochmals starke Abwertung um 1,6% auf 6,3306) Am darauf folgenden Tag wieder Abwertung (vorerst letzte; auf 6,4010). Die Abwertung hängt auch mit einer Veränderung des Wechselkursregimes zusammen: Das tägliche Fixing orientiert sich stärker am Schlusskurs des Marktes vom Vortag (neue Bezugswerte). Damit wird der Wechselkurs flexibler. Ab Dezember 2015 wird der Yuan zur Welt-Reserve-Währung erklärt (durch den IWF). zum Beginn des Jahres 2016 erfolgt 8 Tage hintereinander eine Abwertung (Yuan auf dem tiefsten Stand seit fünf Jahren). Am 08.01.2016 wird dann erstmals wieder aufgewertet. Im Februar 2016 macht die Notenbank Stützungskäufe mit dem Ziel, eine deutliche Abwertung des Yuan zu verhindern (Währungsreserven sinken um 99,5 Mrd. Dollar auf 3230 Milliarden Dollar). Der wichtigste Grund für die Abwertungstendenz sind Kapitalexporte chinesischer Unternehmen und Privatpersonen, die eine Abwertung ihrer Heimatwährung fürchten. Vielleicht kommen bald schärfere Kapitalverkehrskontrollen. Mittlerweile, ab Februar 2016, wetten Hedgefonds auf die Abwertung der chinesischen Währung. Die Notenbank hat durch ihre dauernde Kursänderung dazu beigetragen. Die Regierung tut Alles, um sich gegen die Spekulationen zu wehren. Schwierig ist die Situation, weil es noch zwei Renminbi-Zonen gibt. Ein Onshore-Gebiet: China. Daneben gibt es mit Hongkong einen Offshore-Bereich. Die Wechselkurse unterscheiden sich, so das es Arbitrage gibt (genauso ist die Situation auf dem Aktienmarkt). Außerdem ist die Internationalisierung der Währung bisher vor allem durch den Handel getrieben. Das ist auch von der Regierung gewollt. 2016 steckt das Land in einem Trilemma aus flexiblen Wechselkursen, freien Kapitalströmen und geldpolitischer Unabhängigkeit. Nur zwei dieser Ziele können wohl gleichzeitig erreicht werden. Es gibt drei Szenarien: 1. Stärkere Kontrolle des WK in Verbindung mit Kapitalverkehrskontrollen. 2. Flexible WK mit Marktmechanismus. 3. Stärkere Flexibilisierung mit administrativen Eingriffen. Ab 01.10.2016 wird er Renminbi Weltwährung (und damit auch Reservewährung). "Was die US-Notenbank praktiziert ist klassischer Mainstream-Keynesianismus. Den Marktkräften könnte schrittweise eine größere Rolle zugestanden werden", Zhou Xiaochuan,  Chef der chinesischen Zentralbank.

Test des digitalen Renminbi: China hat schon einige Jahre Tests in den vier Städten Shenzhen, Suzhou, Xiong`an und Chendu laufen. Nutzer sollen die Währung testen. Beamte in Suzhou sollen einen Teil ihrer Zuschüsse für den Nahverkehr als digitale Münzen auf das Smartphone überwiesen bekommen. Der landesweite offizielle Start des digitalen Renminbi steht noch nicht fest. Die Regierung strebt aber eine staatliche Digitalwährung an. Dies hat einerseits Vorteile: Mit Falschgeld, das in China oft zirkulierte, würde kein Kunde mehr betrogen. Auch Transaktionsgebühren könnten gesenkt werden oder würden ganz wegfallen. Andererseits: Der Staat hätte aber die absolute Kontrolle über jeden Zahlungsvorgang, es käme zu finanzieller Transparenz. Steuerhinterziehung wäre so im Keim erstickt. Die Konsumenten würden gläsern. Zusammenfassend könnte man sagen, dass dem Verbrechen vorgebeugt wird, aber Freiheit geraubt wird.  Die Regierung treibt das Projekt immer mehr voran. Es soll den Aufstieg des Renminbi zur globalen Reservewährung beschleunigen. Es geht um den Aufbau einer staatlichen Digitalwährung. China will als erstes Land der Welt virtuelles Zentralbankgeld auf den Markt bringen. In ausgewählten Restaurants und Geschäften kann man mit dem Geld zahlen. Im großen Stil könnte die Einführung schon 2021 kommen. Andere Länder haben Angst: Wer als erster die marktrelevante Nutzung erreicht, setzt die Standards und Rahmenbedingungen. Es handelt sich um Vollgeld, das ausfallsicher wie Bargeld ist. Die Regierung ist auch an den elektronischen Spuren interessiert. Kryptowährungen soll entgegengewirkt werden. Auch soll die Vormachtstellung der USA im globalen Zahlungsverkehr gebrochen werden. Es gefällt China auch nicht, dass der Libra an einen Währungskorb gebunden wird, der nicht den Renminbi enthält. Auch andere Länder experimentieren mit staatlichem digitalen Geld (Kanada, Schweden, Japan). Anteil der Chinesen, die mobil bezahlen in % 2020: 57% Anteil an der Gesamtbevölkerung; 86% Anteil an allen Internetnutzern. Quelle:  CSIS China Power Project. China Internet Network Information Center.

Bitcoin - Schürfer und China: Große Server, die man für Bitcoin benötigt,  werden dort aufgestellt, wo die Strompreise günstig und die Behördenkontrollen lax sind. Das war bisher am Fuße des Himalayas der Fall (Provinzen Guizhou, Innere Mongolei, Xinjiang, Sichuan/ 10%). Man spricht von Bitcoin - Farmen.  Sie waren der Regierung in China immer ein Dorn im Auge: Sie stören die staatliche Finanzordnung und die staatliche Digitalwährung. Die Regierung gibt im Sommer 2021 ein zeitliches Ablaufdatum. Das treibt den Kurs des Bitcoin kurzfristig in den Keller, langfristig könnte es aber stabilisierend sein. Sie ist aber vorsichtig, weil sie die Wut der eigenen Bürger befürchtet, die mit Bitcoin Geld verdienen. Das Bitcoiun -Netzwerk wird zu 65% von chinesischen Surfern betrieben. Vgl. auch: Xifan Yang: Die Angst der Schürfer, in: Die Zeit Nr. 26, 24. juni 2021, S. 24.

Aktuelles: Um die Entwicklung 2019 stabil zu halten vor dem Hintergrund der US-Handelspolitik unter Trump hat die Regierung die Geldpolitik Ende 2018 gelockert. Im August 2019 erfolgt wieder die Freigabe des Renminbi als Waffe im Handelskrieg mit den USA. Bis Jahresende 2019 könnte der Wechselkurs auf 7,30 Yuan steigen und damit die Abwertung über der "roten Linie" von 7 liegen. Vorübergehend rutscht der Renminbi unter 7 (die chinesische Zentralbank, die nicht unabhängig ist, hat den größten Einfluss). Zwischen 2014 und 2019 schwankte der Wechselkurs zum Dollar immer zwischen 6,2 und 7.0. Die USA sprechen von Währungsmanipulationen. Die Mindestreservesätze werden immer niedriger gesetzt. Das soll dafür sorgen, dass die Banken mehr Kapital in die Wirtschaft pumpen. Im Dezember 21 wird der Reservesatz für Geschäftsbanken (RRR) zum zweiten Mal im Jahr 2021 gesenkt. Es ist der Betrag, den die Banken als Mindestreserve halten müssen. Im Mai 2022 senkt die Zentralbank weiter die Zinsen: Die zinsen für Kredite mit fünfjähriger Laufzeit wird auf 4,45 % gesenkt (um 15 Basispunkte). Sie will den Immobilienmarkt stabilisieren.  Im September 2023 gibt Turbulenzen auf dem Devisenmarkt. Die Währung bricht ein. Der Yuan fällt auf ein 16-Jahrestief (7,32 pro US-$; -6% seit Jahresanfang). Grund sind die wirtschaftlichen Probleme Chinas.

Entdollarisierung und Vorbereitung auf Eskalation: Die Chinesen bereiten sich systematisch auf eine Eskalation der geopolitischen Konflikte vor. Die Militärausgaben wurden 2024 um 7,2% erhöht auf umgerechnet 214 Mrd. €. Dei Armee ist schon die größte der Welt. In allen Tech -Bereichen will man sich vom Westen emanzipieren. 2023 kauft China mit 224,9 Tonnen das meiste Gold der Welt auf (vor Polen, Singapur, Libyen). Zuggleich tut man alles, um dei eigene Währung Remminbi im globalen Zahlungsverkehr aufzuwerten. Man schließt Swap-Abkommen mit vielen Zentralbanken des globalen Südens. Dei Swap-Linien ermöglichen es anderen Zentralbanken, ihre lokale Währung in Remminbi zu tauschen. Damit stößt man in Ländern wie Brasilien, Russland, Indien und Südafrika auf Resonanz. Das De-Risking betrifft auch globale Handelsströme. Erstmals exportierte China 2023 mehr Waren in seine direkten Nachbarländer in Südostasien als die USA. Die Exporte in die 150 Partnerländer der Neuen Seidenstraße (unter anderem Indien, Indonesien, Russland, Saudi-Arabien, Marokko) übertrafen erstmals die Ausfuhren nach Europa, Japan und in die USA. Es müssen allerdings immer noch Kapitalverkehrskontrollen angewendet werden, um zu verhindern, das große Vermögen das Land verlassen. Vgl. Petring, J./ Losse, B./ Leonardt, J.: Chinese Walls, in: WiWo 13/ 22.3.24, S. 36f.

"Präsident Obama glaubt, dass China seine Währung manipuliert", Timothy F. Geithner, US-Finanzminister.

"Wenn es den Chinesen gelingt, neben politischer Stabilität ein nachhaltiges Wachstum zu erreichen, könnten wir Zeugen der Entstehung eines alternativen Modells für das internationale Finanzsystem werden - nennen wir es ruhig Peking - Woods", David Marsh, Managing Director der Londoner Denkfabrik OMFIF, 2015.

Finanzmärkte/ Aktienmarkt:  Grundstruktur des chinesischen Finanzsystems: Das System ist eher von Banken getrieben. Im Mittelpunkt stehen die staatseigenen Banken (ICBC, Bank of China, China Construction Bank, ABC). Von den Finanzgesetzen her (z. B. Aktiengesetz) eifert man eher dem amerikanischen System nach. Das ist Kapitalmarkt dominiert. Insofern ist im chinesischen System implizit ein Widerspruch angelegt. Banken kann man benutzen, um zu kontrollieren (meist indirekt über Parteifunktionäre, die im Vorstand und Aufsichtsrat sitzen). Damit hat man auch in den Finanzkrisen gute Erfahrungen gemacht. Märkte, wie den Kapitalmarkt, braucht man, um auch den gesamten Unternehmensbereich ausreichend mit finanziellen Mitteln zu versorgen, aber sie sind weniger kontrollierbar und steuerbar. Insofern sind mittelständische Unternehmen noch im chinesischen System benachteiligt. Einige Experten führen fehlende Innovationen im chinesischen System darauf zurück. Vielleicht können Finanzinnovationen wie die Schwarmfinanzierung hier Abhilfe schaffen. Auch der Anleihemarkt muss ausgebaut werden. Bisher hat man zu sehr auf die Aktienmärkte gesetzt. Parteichef und Staatspräsident Xi scheint fest entschlossen, dem Finanzsektor nur eine dem Realsektor unterstützende Funktion zuzugestehen. Er will jede Art von "Fake Business" bekämpfen. Ab 2018 dürfen ausländische Unternehmen in China die Mehrheit an Gemeinschaftsfirmen im Finanzsektor übernehmen.  Zuerst dürfen sie 51% halten und nicht wie bisher die Höchstgrenze von 49%. Nach drei Jahren sollen dann alle Begrenzungen gestrichen werden. Ab 2018 können deutsche Anleger an der deutsch-chinesischen Börse Ceinex in Frankfurt in chinesische Unternehmen investieren. Ceinex wurde 2015 gegründet (die deutsche Börse hält 40%). Man will so genannte D-Shares listen lassen (zunächst Bau-, Bahn- und Energieunternehmen ("Seidenstraße").

Start einer neuen Börse für kleine Unternehmen. Sie heißt Beijing Stock Exchange (BSE). Der Handelsplatz soll Firmen mit Finanzierungsbedarf eine Alternative zur Kapitalbeschaffung über US-Börsen bieten. 81 Unternehmen gaben 2021 an der neuen Börse in Peking ihr Debüt und emittierten Aktien im Wert von gut 2,4 Mrd. €. Die feierliche Eröffnung am 15.11.21 machten Parteisekretär Cai Qi und Yi Huiman (Chef der chinesischen Börsenaufsicht). Als Alternative gibt es noch den STAR Market in Shanghai. Die Anforderungen in Peking sind niedriger. Vgl. Heide, Dana: In Peking startet eine neue Börse für kleine Unternehmen, in: HB Nr. 222, 16.11.21, S. 34f.

Die Börse in Tianjin: Tianjin ist quasi der Hafen von Peking. Es gibt eine Schnellbahnverbindung zwischen den Städten. Sie wurde noch von Siemens gebaut. Ich habe Tianjin mal 2008 besucht. Die Stadt ist sehenswert, weil sie noch Gründerzeit-Architektur besitzt. Die Hauptstadt Peking sieht Tianjin als seinen Hafen und versucht die Stadt mit allen Mitteln gegenüber Shanghai aufzuwerten. So wird dort ein spezieller Aktien-Index eingeführt.

Entwicklung und Daten: 2009 überholt China Japan als zweitgrößten Aktienmarkt der Welt. Die Finanzmärkte sind immer noch stark reguliert. Börsen in Hongkong (Hang Seng-Index, H-Aktien) und Shanghai (ca. 850 Unternehmen) sowie Shenzhen (über 600 Unternehmen). Der Shanghai Composite Index läuft aber noch nicht gut. A-Shares werden in Yuan geführt und sind  überwiegend für heimische Anleger. B-Aktien, die in Shanghai in US-$ und in Shenzhen in Hongkong-$ geführt werden, finden weniger Beachtung. Die Yuan - Aktien werden an beiden Börsen mit dem CSI 300-Index gemessen. Ein neuer Börsenplatz ist in Tianjin geplant. Mit diesem will die Deutsche Börse kooperieren (Tianjin ist eine Experimentierzone für die völlige Liberalisierung des Finanzsektors). In Hongkong sollen immer mehr Wertpapiere in Yuan gehandelt werden. Der Umfang der handelbaren Aktien liegt bei ca. 185 Mrd. $.  Die chinesische Börsenaufsicht CSRC lässt Börsengänge (nach einem Kriterienkatalog) ab Sommer 2006 wieder zu. 2006 legten die Börsenkurse in Shanghai um 130% zu, 2007 um 150%. 2007 wird die Steuer auf Börsengeschäfte verdreifacht, um die überhitzten Aktienmärkte abzukühlen. Ein Kursrutsch am 27.02.07 am chinesischen Aktienmarkt in Shanghai (-9%, größter Absturz seit 10 Jahren) lässt weltweit die Kurse sinken. Gründe sind der Rückgang der US-Auftragseingänge, Nervosität der Akteure vor der Sitzung des Nationalen Volkskongresses, die mögliche Einführung einer Kapitalertragsteuer und Äußerungen von Alan Greenspan. Erstmals erreicht der Schanghai-Index am 11.05.07 4000 Punkte. Es wird bereits eine Blase und eine dramatische Korrektur befürchtet. Ein Kursrutsch in Shanghai Ende Mai 2007 um über 6% aufgrund der Erhöhung der Kapitalertragsteuer hatte kaum Auswirkungen auf andere Börsen (Gewöhnungseffekt; isolierter Handel, weil wenig fremdes Kapital). Anders ist dies beim Kursrutsch am 21.01.08: allein die ICBC verlor erst 7,8, dann 8,6%. Insgesamt hat der Shanghai-Composite-Index (CSI) 2008 35% eingebüßt (Hang-Seng-Index -13 %). Die ostasiatischen Aktienmärkte folgen heute insgesamt den US-Trends stärker als vor der Finanzkrise 1997. Mitte 2009 kehrt wieder Euphorie an den Börsen ein und die Kurse steigen. Ab August sackten die Kurse wieder. Der Markt fürchtet das Platzen der Immobilienblase und das Ende der Konjunkturförderung ("weiße Elefanten", Anschaffung, die viel kostet und wenig nützt). Die Hypothekenzinsen werden angehoben und der Besitz von mehr zwei Objekten verboten. Insgesamt sind die Ausschläge an der Börse extrem, weil die Chinesen Wetten lieben und einige haufenweise Geld haben. China Mobile, China Petroleum und Petrochina sind mit 507 Mrd. € so viel wert wie die 30 deutschen DAX-Konzerne (durch Zukäufe, Missverhältnis zum Umsatz). Petrochina ist das wertvollste Unternehmen der Welt. Mit der Müllverbrennungsfirma Zhong-De geht am 6. Juli 2007 erstmals eine chinesische Firma an die deutsche Börse in Frankfurt (Börseneröffnung mit 15% über Ausgabekurs). Die China Securities Regulatory Commission rät von der Spekulation mit Aktien in China ab! 2010 drosselt die Regierung die Kreditvergabe durch die Banken. Das Börsendebüt von China Minsheng in Hongkong enttäuscht. Mitte 2010 hat die Börse in China ein 15-Monats-Tief.  Dagong ist die größte Rating-Agentur in China. Sie stufte die Kreditwürdigkeit der USA Ende 2010 auf A plus herunter (China AA plus). 2011 steckt Chinas Aktienmarkt fest. Die Regierung hat die Zufuhr an frischem Geld in die Wirtschaft gedrosselt. Das dämpft die Hoffnung auf steigende Kurse. Die Rating-Agentur Fitch warnt im Herbst 2011 vor Kreditrisiko in China und droht mit einer Herabstufung. Die Regierung zögert noch mit einer Reform des Finanzsektors. Eine Schuldenkrise ist nicht auszuschließen. Im März 2012 lockert das Land den Kapitalverkehr. Auslandsbanken dürfen mehr Kredite in fremder Währung vergeben (NDRC setzt Grenze auf 24 Mrd. $ hoch angesichts der schwächeren Konjunktur). Am Jahrestag der Niederschlagung der chinesischen Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz am 04.06.12 schließt der Aktienindex in Shanghai mit 64,89 minus - Zufall oder Manipulation? 2012 gibt es eine Reform der Bedingungen für Börsengänge. Dies lockt auch ausländische Firmen an die Börse von Shanghai. Immer mehr reiche Chinesen legen ihr Geld im Ausland an. Gründe sind fehlende Anlagemöglichkeiten im Land (u. a. geringe Zinsen), geringe Lebensqualität und Angst vor politischen Eingriffen in das Vermögen. Als Zufluchtsort beliebt sind Portugal, Zypern, Kanada und Cayman Islands. Es gibt dafür spezielle Agenturen, die auch Emigrationen im Programm haben. Hinzu kommt auch die Angst vor einem Platzen der Finanzblase 2013. Sie wird durch absurde Bauprojekte und riskante Anlagen geprägt. Die Kreditmenge explodiert. Man tut alles, um den heimischen Konsum anzuregen. Im Juni 2013 dreht die Regierung den Banken den Geldhahn zu. Die Zinsen im Interbankengeschäft steigen kurzfristig auf 25% (sinkt dann wieder auf knapp über 8%; auch Gerüchte über Zahlungsunfähigkeit der zwei größten Banken). Im Oktober steigt der Repo-Zins um 0,65 Prozentpunkte auf 4,67% (siebentägige Rückkaufvereinbarungen). Die Finanzmärkte sind verunsichert. Da aber der Finanzsektor von den großen Staatsbanken geprägt wird. kehrt immer wieder Stabilität ein (verzögert allerdings notwendige, geplante Reformen). Hinzu kommen die Kapitalverkehrskontrollen (Yuan darf weder in großen Mengen ausgeführt noch eingeführt werden), die kurzfristige massive Kapitalabflüsse verhindern (wie 2014 in der Türkei und Argentinien passiert). Die Börsenaufsicht verschärft 2014 die Auflagen (Eindämmung des schwarzen Kapitalmarktes, Anlagen für internationale Investoren über Hongkong) und löst damit einen Boom beim Aktienhandel aus (ausländische Anleger, +40% zweite Hälfte 2014 an der Börse in Shanghai). Nach dem Verbot bestimmter Finanzprodukte (zu exzessive Spekulation) sackt er am 17.01.15 um 7% ab. Insgesamt hatte der CSI-300 2014 um 50% zugelegt. Mitte 2015 findet das erste deutsch-chinesische Finanzforum in Berlin statt. Im Mittelpunkt steht die globale Finanz- und Wirtschaftspolitik. Die Situation der Kreditmärkte ist im Frühjahr 2015 bedenklich. Neukredite gehen überwiegend in die Umschuldung alter Kredite. Der Immobilienmarkt bricht ein. Die Immobilienpreise brechen ein. Am 28.05.2015 kommt es zu einem Schwarzen Donnerstag an Chinas Börse: Die Kurse an den Inlandsbörsen Shenzen und Schanghai brechen um mehr als fünf Prozent ein. Das ist ein Dämpfer für Millionen Spekulanten. Trotzdem bleiben die Chinesen im Börsenrausch (3215% in 10 Wochen; Profis und Analphabeten). Die Griechenlandkrise wirkt sich Ende Juni (drohender Grexit) auch aus: am 29.06.15 fällt der Index in Shanghai um 3,34 Prozentpunkte. Am 03. 07.15 kommt noch einmal ein Crash von 5,77%. Insgesamt scheint es mit dem Aktienmarkt eher bergab zu gehen (obwohl der Kurs seit 2014 um +92% gestiegen war, viele kleine "Spieler" kauften mit Krediten). Die größten 21 Broker stemmen sich gegen einen Aktienkurssturz (17,6 Mrd. € für Wertpapiere). 28 Unternehmen verschieben ihren Börsengang. Auch die Pekinger Regierung fürchtet im Juli 2015 einen Börsencrash. Sie trifft Gegenmaßnahmen: Aktien aus dem Handel nehmen (1300 Firmen). Doch die Regierung verliert die Kontrolle: Die Börsenblase scheint zu platzen (in einem Monat -30%). Am 08. Juli 2015 kommt es zu einem Rutsch nach unten von 6%. Die Regierung stoppt dann mit noch drakonischeren Maßnahmen die Talfahrt: Großaktionäre und Manager börsennotierter Unternehmen, die mehr als 5 Prozent der Anteile einer Firma besitzen, dürfen ihre Aktien in den nächsten sechs Monaten nicht verkaufen. Reiche Chinesen zieht es bei diesen unsicheren Zeiten Ausland, wo der Immobilienboom angeheizt wird (Australien, London, Kanada). Am 27.07.15 brechen die Aktienkurse wieder sehr stark ein (Shanghai Composite Index -8,5%; Component Index Schenzhen -7,6%). Das ist der größte Tagesverlust seit 8 Jahren. Juni und Juli 2015 wurde ein Börsenwert von 1,4 Billionen Dollar vernichtet (insgesamt 175 Mio. Depots; Chinesen legen im Schnitt 13% ihres Vermögens in Aktien an). Investoren sehen in dem Stützungsprogramm der Regierung langfristig keine Wirkung (Vertrauen verloren). Im Schnitt stiegen chinesische Aktien innerhalb eines Jahres bis Juni 2015 zum Höchststand um 150%; seither sanken sie bis Ende Juli um 30%. Der Börsencrash zeigt der Regierung die Grenzen ihrer Macht auf. Mitte bis Ende August 2015 brechen die Aktienkurse in Shanghai wieder ein (insbesondere am 21.08.). Diesmal reagieren auch stark die anderen wichtigen Aktienkurse nach unten (Dow Jones, DAX, Nikkei am 24.08.). Die chinesische Börsenaufsicht ermittelt verstärkt gegen Aktienhändler. Insbesondere das größte Handelshaus CITIC gerät ins Visier (Insiderhandel). Etliche Chinesen glauben, der Kursrutsch am Aktienmarkt sei vom Ausland inszeniert worden. Als weitere Stabilisierungsmaßnahme führt die Regierung im September 2015 Boni (Steuervorteile) für Anleger am Aktienmarkt ein. Mitte September 2015 geht die Talfahrt am Shanghai Composite Index weiter (-4,98% auf 9290,81). Seit Juni 2015 bis Mitte September 2015 hat der Leitindex in Shanghai damit knapp 40% verloren. Zu Beginn des Jahres 2016 verliert der Index um 7% (04.01.). Die Gesetze greifen nicht: 1. Aktienbesitzer mit mehr als 5%-Anteil an einem Unternehmen dürfen nicht verkaufen. 2. Bei Abstürzen mit mehr als 5% wird er Handel ausgesetzt. China verspricht 2016 mehr Transparenz an der Börse. An der China Securities Finance Corporation (CSF) wird festgehalten (Rolle des Krisenmanagers). Es wird auch an einem Registrierungssystem gearbeitet (Börsengänge vereinfachen). Nach dem Brexit kommt es auch an den chinesischen Aktienmärkten zu Abstürzen. Ein weiterer Absturz ist am 05.02.18 infolge des Einbruchs beim Dow Jones (Erwartung steigender Zinsen). Ab dem 1. Juni 2018 werden  schrittweise 234 so genannte A-Aktien aus dem chinesischen Festland in die MSCI-Indizes aufgenommen. Ihr Gesamtgewicht im World-Index liegt dann bei 0,1 %. Chinas Aktienmarkt gehört 2018 zu den schwächsten weltweit. Seit Januar 2018 hat der Aktienindex CSI 30% eingebüßt (bis November 2018). Anfang 2020 kommt es zu einem Einbruch an den chinesischen Aktienmärkten durch den Corona-Virus. Er stellt ein potentielles Wirtschaftsrisiko dar. Allein am 3.2.20 meldet die Shanghaier Börse einen Kursrutsch von 7,72%. Shenzhen bricht sogar um 8,45% ein (vergleichbar der Börsenkrise 2015). Die Entwicklung beeinflusst auch andere asiatische Börsen und die Börsen weltweit. Die Wende am Hang Seng kommt am 20.3.20. Er bricht dann noch mal am 22.05.20 um -5% ein (Beginn des Volkskongresses: Sicherheitsgesetz für Hongkong). Seit 2012 (Machtantritt von Xi Jinping) ist der Börsenwert chinesischer Unternehmen explodiert: von 3697 Mrd. $ auf 10.421 Mrd. $ Ende 2020 (nur in Shanghai und Shenzhen gelistet).  2022 drückt die Regierungspolitik eher den Kurswert. Die KPCh will dei Kontrolle über die führenden Unternehmen, insbesondere im IT-Sektor, gewinnen. Das wird auch auf dem 20. Parteikongress in Peking im Oktober 2022 deutlich. Es gibt Kurseinbrüche an den Börsen in Shanghai und Hongkong.  "Wir werden eine aktivere Rolle übernehmen. Wir wollen die Rolle eines großen Landes spielen und mehr eignen Lösungen durchsetzen", Wang Yi, Außenminister der VR China 2014. Weil er zu tun hatte, verlor der reichste Chinese Li Hejun 2015 in einer Stunde 14 Mrd. Dollar (er schwänzte die Hauptversammlung seiner Hanergy Thin Film, was die Anleger so übel nahmen, dass die Aktie um 47% abstürzte)

Immobilienmarkt: Seit der Finanzkrise 2008 pumpt die Führung mit lockerer Kreditvergabe und Konjunkturpaketen mit Geld die Wirtschaft an. Das führt zu Überkapazitäten und überhitzten Märkten. Die Menschen trauen den chinesischen Aktienmärkten nicht mehr. Umso mehr wird das Geld in Immobilien gesteckt. Die Wohnungspreise sind innerhalb eines Jahres 2015 um 20% gestiegen. In Metropolen wie Shanghai und Shenzhen lag der Jahresanstieg bei 44 bis 55%. Das hat auch die Privatverschuldung in die Höhe getrieben. Sie ist in einem Jahr um 60% gestiegen. Es ist eine Immobilienblase entstanden, die irgendwann platzen könnte. 2018 stagnieren die Preise allerdings: zumindest in Peking, Schanghai, Shenzhen, Guangdong. In 70 weiteren Städten sind die Preise um 1% gestiegen. 15 Prozent beträgt der Anteil der Immobilienwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt Chinas. Die Wohnkosten sind horrende gestiegen. Weitgehend muss die urbane Mittelschicht einen überhitzten Immobilienmarkt finanzieren.

Evergrande Real Estate Group, Guangzhou/ Shenzhen: ewig groß, Immobilienriese, Verkauf und Entwicklung von Wohnungen, 1996 von Xu Jiayin gegründet,  kollabiert im September 2021, auf dem Immobilienmarkt droht zunehmend Panikstimmung, die Schulden waren so hoch wie die von Griechenland (300 Mrd. $), es gab ein großes Minus beim Vermieten. Gibt es ein neues Lehman Brothers, hat der Staat sogar den Todesstoß versetzt? Einige Manager ließen sich Anlagesummen vorzeitig auszahlen. Der Konzern will das Geld zurückfordern. Evergrande versucht, Firmenteile und Immobilien zu verkaufen. Viele Investoren fürchten eine Pleite. An der Hongkonger Börse kommt es zu einem Absturz für Immobilientiteln (Henderson Land, New World Development). Der Wirtschaftszweig "Immobilien" (insgesamt mit allen Verzweigungen)  macht in China ca. ein Viertel des BIP aus. Am 20.9.2 stürzt der Kurs von Evergrande noch mal um 17% ab. Der Hang Seng verliert auch am Montag -4%.

Exkurs  Xu Jiayin: Der hat einen großen Aufstiegswillen mit Hang zum Größenwahn. Wahrscheinlich ist er der reichste Mann Chinas. Er hat immer mit allen Mitteln gearbeitet. Mit Schlitzohrigkeit,  Wein und Frauen hat er die Politiker bei Laune gehalten. Seinen Reichtum hat er gerne zur Schau gestellt. Berühmt ist seine Rede 2018 vor dem Nationalen Volkskongress, als er einen goldenen  Hermesgürtel um die Hüfte trug. Xu ist 2021 62 Jahre alt. 1958 wurde er in der Provinz Henan geboren und wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine Mutter starb früh. Ein Studium absolvierte er in Wuhan nach der Kulturrevolution. In über 280 Städten laufen seine Immobilienprojekte. Er beschäftigt direkt 200.000 Mitarbeiter, indirekt 4 Mio. Seine Frau Ding Yumei ist die Tochter eines hohen Parteisekretärs. In dem Buch Red Roulette (siehe Buchbesprechung) spielt Xu eine Rolle. In einem Privatclub auf hoher See wollte er wichtige Politiker versorgen. Xu mischt heute praktisch in fast allen Branchen mit (Fußball, E-Autos, Versicherungen u. a.). Er scheint 2021 die Gunst von Xi Jinping verloren zu haben. Quelle: Fabian Kretschmer: Der 300-Milliarden-Schulden-Mann, in: Die Rheinpfalz. Nr. 226, 29.9.21.

Die drohende Riesenpleite am Immobilienmarkt führt weltweit zu Kursrutschen an den Börsen. Es entsteht Angst, ob das chinesische Wirtschaftswunder vorbei sein könnte. 70% des chinesischen Privatvermögens sind in Gebäuden und Wohnungen angelegt (deshalb ist die Pleite von Evergrande so gefährlich). Die Bau- und Immobilienbranche im engeren Sinne  hat in China einen Anteil von 15% am BIP (größer ist nur das Verarbeitende Gewerbe mit 26%). Damit verbunden sind aber Finanzinvestoren, Stahlwerkbetreiber und Rohstofflieferanten (siehe oben). So könnte in Dominoeffekt entstehen. Vgl. Fischermann, Thomas/ Yang, Xifan: Wie stabil ist Chinas Wirtschaft? in: Die Zeit 39, 23.9.21, S. 26f. Der Chinesische Staat gibt am 23.9.21 bekannt, dass er das Unternehmen nicht mit Staatsgeld retten wird. Er warnt die lokalen Behörden. Die Japanische Zentralbank geht nicht von einer globalen Auswirkung der Pleite aus., sondern von einer Beschränkung auf China. Die BaFin in Deutschland schließt sich diesem Urteil an. Diese Einschätzung könnte sich ändern, wenn die ganze Immobilienbranche in China zum Problem wird. Quelle: Wall Street Journal. Chef Xu Jiayin will die Pleite noch abwenden. Er ruft die Belegschaft auf, die ganze Energie in die Abwendung der Pleite zu stecken. Er verspricht pünktliche Zinszahlungen. Zunächst können die aufgescheuchten Finanzmärkte beruhigt werden. Quelle: Rheinpfalz 24.9.21.  Die chinesische Notenbank  speist umgerechnet 14,5 Mrd. € in den Geldkreislauf ein.

Bei der Immobilienkrise in China muss man die Rahmenbedingungen im Hintergrund beachten. Auslöser ist die kommunistische Führung. Sie hat neue Regeln zur Verschuldung - auch dieses Sektors -  aufgestellt. Auch die Emissionen sollen und müssen drastisch reduziert werden. Dafür verlangt die Führung von den Lokalregierungen, Energie zu sparen. Der Bausektor und die Energieknappheit führen zu einer Katerstimmung. Vgl. Petring, Jörn: Peking reguliert mit der Brechstange, in: WiWo 40, 1.10.21, S. 11.

Weitere Immobilienunternehmen werden mit nach unten gezogen: Fantasia Holdings lässt die Frist für Zinszahlungen verstreichen. Der Immobilienentwickler Sinic Holdings wird von einer Rating-Agentur herab gestuft (Fitch). Liquidität fehlt. Immobilienfirmen bekommen keine Kredite mehr. Dann gerät Anfang November 2021 Kaisa in den Strudel. Der Immobilienentwickler, der in Hongkong seinen Sitz hat und auch dort gehandelt wird, verliert -14% an einem Tag. Er hat eine Zahlungsfrist verstreichen lassen. Die Schuldenlast ist hoch. Die Rating-Agenturen stufen runter.

Anfang Dezember 21 warnt Evergrande vor Zahlungsschwierigkeiten (gravierende Warnung!). Die Regierung der Provinz Guandong, wo Evergrande liegt, entsendet eine Arbeitsgruppe in den Konzern. Sie soll auch mit dem Chef  sprechen. Chinas Börsenaufsicht versucht, die Angst zu zerstreuen. Trotzdem geht der Aktienkurs weiter in den Keller. Im März 2022  werden Evergrande-Aktien vom Handel ausgesetzt in Hongkong. Wohnungen werden mit Abschlägen verkauft.

Im laufenden Jahr 2022 steckt der wichtige Markt für Eigenheime weiter in Schwierigkeiten. Dadurch geraten Immobilienabwickler unter Druck. Fusionen und Übernahmen können folgen. 2021 sind folgende Unternehmen auf dem absteigenden Ast: Evergrande (in der Rangfolge Platz 5), Greenland (11), Shimao Group (10), Zhongnan Land (17), Yango Group (19). Die Spitze halten folgende Unternehmen: Country Garden, Vanke, Sunac, Poly Real Estate. Quelle: China Real Estate Information Corporation. Im April 22 spitzt sich die Immobilienkrise weiter zu. Die tiefe Reform des Immobiliensektors hinterlässt Spuren. Um 22% sinkt im ersten Quartal 22 der Umsatz aus dem Verkauf von Geschäftsgebäuden.

Im Januar 2024 ordnet ein Gericht in Hongkong (Richterin Linda Chan) an, dass der größte Baukonzern Chinas Evergrande abgewickelt werden soll und zerschlagen wird. Ziel des Verfahrens war es, den Gläubigern des Unternehmens zumindest einen Teil ihres Geldes wiederzubeschaffen. Ein Großteil des Vermögens besteht im Festland - China. Für ausländische Gläubiger dürfte kaum etwas zu holen sein. Es bleibt auch abzuwarten, wie die Regierung in Peking und die KPCh damit umgeht. Gegen sie dürfte nichts laufen. Nach dem Gerichtsurteil stürzten die Aktien weiter in den Keller. Evergrande-Chef Shawn bedauerte die Entscheidung. ausländische Investoren dürften in Zukunft fern bleiben.

Kapitalabfluss: Seit Ende 2015 bis Anfang 2017 sind umgerechnet rund 1,2 Billionen Dollar aus China abgezogen worden. Ursachen: Investitionen im Ausland. Verunsicherung. Steigende Zinsen in den USA. Geld in Auslandsimmobilien. Peking versucht durch Kontrollen, den Kapitalabfluss zu stoppen. Das Kapital sucht sich aber Umwege. Ein Handelskrieg mit den USA könnte dazu führen, die Währung massiv abzuwerten (würde Kapitalabfluss vergrößern). Die Regierung begann 2016 schon, den Kapitalfluss ins Ausland einzuschränken: Ohne Genehmigung konnten nicht mehr als 200.000Dollar ins Ausland überwiesen werden. Heute 2018 hat man die Grenze auf 50.000 Dollar herabgesetzt. Investitionen werden gelenkt (in Industrie und Know-how gewünscht, in Kinos, Hotels, Fußballclubs unerwünscht). Chinas Kapitalmarkt ist weitgehend abgeschottet. Das Land hat auch relativ wenige ausländische Gläubiger. Es gibt allerdings auch Warner (Zhu Ning: China`s Guaranteed Bubble, 2018).

Der Schulterschluss zwischen China und Russland in der Ukraine-Krise bzw. Krieg vertreibt westliche Anleger. Die Kapitalabflüsse treffen sowohl Aktien als auch festverzinsliche Wertpapiere wie chinesische Staatsanleihen. Der Rückzug internationaler Investoren hat ein noch nie da gewesenes Ausmaß erreicht. Es vermischen sich geopolitische Verwerfungen mit hausgemachten wirtschaftlichen Problemen. Quelle: Institute of International Finance 2022.

2022 setzt eine Flucht der Hedge Fonds aus China ein. Schon bis Mitte des Jahres gibt es Kapitalabflüsse von -6,3 Mrd. $. Zum Vergleich: 2020 +8,7 Mrd. $, 2021 +1,8 Mrd. $.

Rating - Agentur Dagong:  Dagong Global Credit Rating. Sie wurde 1994 gegründet. Man wollte die Allmacht der amerikanischen Agenturen (Moody´s, Standard & Poors, Fitch) brechen. Es ist heute auch die wichtigste Rating - Agentur in China. Sie hat ihren Sitz in Peking. Immer wieder in Frage gestellt wird die Unabhängigkeit der Agentur (z. B. behält HNA immer die Bestnote AAA, obwohl die Krise offenkundig ist). 

Entflechtung der Finanzmärkte durch die USA: 2020 dehnen die USA massiv ihre Strategie der Deglobalisierung (Entflechtung der Märkte) auf die Finanzmärkte aus. China will das aber auch. Ein gutes Beispiel ist der Börsengang von Ant Financial noch im Oktober 2020. Mit einem anvisierten Börsenvolumen von 30 Mrd. Dollar ist er der größte der Welt vor Saudi Aramco. China lässt das Megaereignis nicht an der Wall Street, sondern in Hongkong und Shanghai stattfinden. Zumindest sind noch führende US-Banken bei der Platzierung  beteiligt (Goldman Sachs, Citigroup, Morgan Stanley). In den letzten drei Jahren (ab 2020 rückwärts) sind die chinesischen Direktinvestitionen in den USA von 46,5 Mrd. $ auf 4,8 Mrd. $ gefallen.

Bisher floss viel Geld aus den USA in die technologische Entwicklung Chinas:  In den letzten 20 Jahren flossen 54 Mrd. $ an Wagniskapital in chinesische Technologieunternehmen. Die Marktkapitalisierung chinesischer Unternehmen an der Wall Street beläuft sich 2020 auf 1800 Mrd. $. Seit 2020 können ausländische Investoren erstmals Mehrheitsbeteiligungen an Joint Ventures erwerben. Der chinesische Finanzmarkt wird auf 47 Billionen Dollar geschätzt. Trump macht Druck auf US-Pensionsfonds: Sie sollen kein Geld mehr in China anlegen. Außerdem will er chinesischen Unternehmen die US-Börsenlizenz entziehen, falls sie ihre Bücher nicht für US-Prüfbehörden öffnen. Vgl. Fischer, Malte: Scheiden tut weh, in: WiWo 43, 16.10.20, S. 36f.

China als Gläubiger der USA: Die USA haben allerdings in den letzten Jahren ihre finanzielle Abhängigkeit von China reduziert. China ist zwar weiterhin größter Gläubiger, aber der Anteil der ausstehenden US-Staatsanleihen im chinesischen Besitz ist von 15% (2010, nach der Finanzkrise) auf knapp 8,5% Ende 2018 nahezu halbiert. Amerikanische Staatspapiere werden heute zu 60% von Inländern gehalten. 2020 beläuft sich der Bestand amerikanischer Staatsanleihen im Besitz China sauf 1100 Milliarden Dollar. Nach Japan ist China immer noch der zweitgrößte Gläubiger. China ist auch ein wichtiger Kapitalgeber für US-Unternehmen (200 Mrd. $ 2020 an Aktien und Beteiligungen). 2022 sinken die Bestände an US-Schatzpapieren um -11% auf 954 Mrd. US-Dollar.

Jack Ma: 87 Tage war er Ende 2020 und Anfang 2021 aus der Öffentlichkeit verschwunden. Am 19.01.21 kehrt er zurück mit einem Video, in dem er die Regierung lobt und Armutsbekämpfung verspricht. Drei Motive für das Verschwinden könnte es gegeben haben: 1. Explosives Wachstum der Ant Gruppe. 730 Mio. Nutzer, 300 Mrd. $ Kredite an Klein- und Kleinstbetriebe. 2. Konkurrenz gegenüber den staatlichen Banken. 3. Eine Rede gegen die politische Führung. Vgl. Zand, Bernhard: Von Pekings Gnaden, in: Der Spiegel Nr. 4, 23.1.21, S. 14.

Aktienhandel als Volkssport: China hat 2021 186 Mio. Privatanleger am Aktienmarkt. Sie sorgen für 80 Prozent der Marktbewegungen (Schätzung von Experten). Die Privaten Direktanleger in Aktien machen in China 15,5% aus (in Deutschland zum Vergleich 7,5%). Die Struktur der Aktienleger in der Bevölkerung ist breit gestreut: aus allen Altersgruppen und über alle Geschlechter hinweg. Die Chinesen sehen die Anlage mehr als Spiel. Die Regierung warnt die Anleger beständig vor Risiken. Vgl. Dana Heide/ Yukun Zhang: Herr Suo und die Aktien, in: HB Nr. 98, 25. Mai 2021, S, 32f.

Hongkong: Ein Land, zwei Systeme. Die Stadt hat eine eigene Währung und ein eigenes Rechtssystem. Auch der Aktienmarkt (Hang Seng) ist eigenständig. Auch die Presse- und Versammlungsfreiheit sind garantiert. 2020 sind freie Parlamentswahlen verabredet. 2017 soll erstmals der Regierungschef gewählt werden. Die Situation der Pressefreiheit hat sich zunehmend verschlechtert. Die Wohnraumpreise in Hongkong zählen zu den höchsten der Welt. Viele Menschen landen auf der Straße. Als Alternative zum Schlafen unter der Brücke haben sich die Filialen von McDonald´s entwickelt. Es gibt kostenlos Klimaanlage, Klo, WLan und manchmal auch was zu Essen und zu Trinken. Der Volkskongress, der 2020 wegen Corona erst am 22.05. beginnt, beschließt ein Nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong. Der Hang-Seng fällt um -5%. Eigene Sicherheitsgesetze für Hongkong gefährden die Autonomie. Es kommt wieder zu Zusammenstößen. Es gibt wieder pro-demokratische Demos, wie schon vor der Corona-Krise. Im April 22 endet die Regierungszeit der Chefin, der kaum jemand nachtrauert. Nachfolger wird mit John Lee ein Sicherheitshardliner.

Börsen-Joint-Venture Ceinex: Das in Frankfurt angesiedelte Gemeinschaftsunternehmen ist eine Kooperation in der Börse zwischen Deutschland und China. Die Deutsche Börse und die Börse Schanghai halten jeweils 40 Prozent, die China Financial Futures Exchange hat 20 Prozent. Im Juni 2021 müssen Mitarbeiter auf Druck in Peking hin entlassen werden, um kosten zu sparen. Die Euphorie ist verflogen. Viele Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. An der Ceimex können Konzerne Anleihen und Börsen gehandelte Indexfonds (EFTs) in Yuan auflegen. Zudem haben chinesische firmen die Möglichkeit, Produkte in Euro zu emittieren und damit Gelder von westlichen Investoren einzusammeln. 2018 feierte Mit Haier die erste chinesische Firma ein Börsendebüt und nahm rund 300 Mio. € ein. Eigentlich haben ausländische Investoren zu A-Shares keine Zugang. Ceinex ist auch eine Clearingbank. Grenzüberschreitende Geschäfte können in Remminbi  abgewickelt werden. Deutsche Autobauer taten das. 2019 betrug das abgewickelte Geschäftsvolumen 2.509 Mrd. Remminbi. Vgl. auch HB Nr. 106, 7. Juni 2021, S. 30f.

China-Aktienfonds: Die Regulierungswelle im Tech - Sektor und die Probleme bei Evergrande haben chinesischen Aktien zugesetzt. Viele wechseln in Aktienfonds. Man nimmt am ehesten die mit gutem Rating. Möglichkeiten sind die folgenden: JPM China D ACC EUR, Robecco Chinese Equities D EUR, Ninety One GSF China Equity A ACC USD, Schroder ISF China Opportunities A Acc USD, UBS Eq Ed - Cina Opportunity USD P - acc.

Regeln für Börsengänge chinesischer Firmen im Ausland: 2021 werden die Regeln verschärft. Nach Angaben der Chinese Administration of Cyberspace (CAC) werden Unternehmen mit Daten von mehr als eine rMillion Nutzern künftig gesondert auf Sicherheit geprüft, bevor sie an einer ausländischen Börse Aktien ausgeben dürfen. Als erstes Unternehmen ist der Fahrdienstleister Didi betroffen. Der Vertrieb der App wurde verboten. Daraufhin brach die Aktie ein. Linkdoc verschiebt den Börsengang. Auch bei der Marktregulierung wird China restriktiver: Die Marktregulierungsbehörde State Administration for Market Regulation (SAMR) verbietet Tencent die Zusammenlegung mit den Videodiensten Huya und Douyu.  Die USA verhängen ihrerseits neue Sanktionen. Unternehmen aus Xinjiang auf eine schwarze Liste gesetzt.

Staatliche Eingriffe bei Tech - Konzernen: 2021 gibt es zunehmend staatliche Eingriffe  bei den chinesischen Tech - Konzernen.  Das ist das Risiko für Chinas Aktienmarkt. Die Aktienkurse sind eingebrochen. Die Eingriffe sind von der Regierung genau durchdacht. Der Aktienmarkt ist aber mittlerweile der dynamischste der Welt. Lange konnten die Tech - Firmen unreguliert wachsen. Die Regulierung hat eine Logik. Besonders unter der Lupe stehen die Beteiligungen (z. B. bei Tencent). Die Tech - Unternehmen stellen daraufhin weniger Arbeitsplätze für HQA zur Verfügung, vor allem Akademiker.

Krise ab 2023: Im Sommer 2023 stehen die chinesischen Aktienmärkte unter Druck. Ende August 2023 stehen der CSI 300 bei 3.753 Pkt. und der Shanghai Composite Aktienindex bei 3.099 Pkt. Besonders die Immobilienunternehmen schwächeln (allen voran Evergrande). Darin drückt sich ein tiefer Fall aus. Das Vertrauen der Kapitalmarkte hat gelitten. Aber auch die Unternehmensgewinne fallen stark. Die Regierung leitet Gegenmaßnahmen ein: Die Stempelsteuer auf den Aktienhandel wird halbiert (zuletzt Senkung 2008 in der Finanzkrise). Konkret werden die Gebühren für den Handel mit Aktien von 0,1% auf 0,05% gesenkt. Die Wertpapieraufsicht deutet auch an, dass weniger neue Unternehmen an die Börse sollen. Die Bankenaktien weichen vom Trend ab: Sie haben um 2,4% zugelegt. Auch chinesische Staatsanleihen (US-Treasuries) haben zugelegt. Chinas Börsen sind 2023 das dritte Jahr in Folge im Minus. Die Großbanken sind optimistisch. Vgl. FAZ 10.1.24, S. 23.

Börsenkrise: Ende 2023 und Anfang 2024 ziehen internationale Anleger Kapital ab. Über das ganze Jahr 2023 haben Auslandsinvestoren Geld aus China abgezogen. Das führt zu massiven Kursverlusten. Experten erwarten weitere Turbulenzen. ausländische Investoren wenden sich ab. Chinas Anleger investieren im Ausland. Auch die schwache Konjunktur schreckt ab. Der Staat gibt ein beschränkt handlungsfähiges Bild ab. Vgl. Gusbeth, Sabine u. a.: Chinas Börsenkrise, in: HB 16/ 23.01,24, S. 4f.

Exkurs. Der chinesische Aktienmarkt: Es gibt bei chinesischen Aktien verschiedene Varianten, dei sich durch Handelsplatz, Zugang  und die Währung unterscheiden. Das sind A-, B- und H-Aktien. A-Aktien werden ausschließlich auf dem chinesischen Festland gehandelt, in Shanghai, Shenzhen und Tianjin. Sie sind in chinesischer Landeswährung Renminbi notiert und für für chinesische Anleger zugänglich (auch für institutionelle ausländische Anleger, die bestimmte Kriterien erfüllen). B-Aktien werden auch in Hongkong gehandelt, sind speziell für Ausländer und werden in US-Dollar oder Hongkong-Dollar notiert. Die dritte Möglichkeit sind H-Aktien. Sie werden in Hongkong in Hongkong-Dollar gehandelt. Sie sind für alle Anleger. Viertens kann man American Despositpory Receipts kaufen (ADRs).  Das sind Hinterlegungsscheine für Aktien, die an US-Börsen gehandelt werden. Der chinesische Aktienmarkt hat starke Schwankungen, birgt ein höheres Risiko und regulatorische Unsicherheit.

Neues Sicherheitsgesetz für Hongkong2024 kommt ein neues Sicherheitsgesetz für Hongkong. Es ist eine schwammig formulierte Vorlage, die von den Abgeordneten im Eiltempo durchs Parlament gepeitscht wird. Vor allem Hongkongs Finanzbranche zittert vor dem Gesetz. Kritische Analysen etwa zur Bonität von chinesischen Staatsunternehmen könnten im Zweifel juristische Folgen haben. Zugriff auf Daten ist möglich wie auch lebenslange Haft. Gerade die Finanzbranche in Hongkong mit dem Hang Seng -Index galt noch als seriös. Doch Sicherheit scheint wie in ganz China vor Wachstum zu gehen. Es zeigt sich ein eigenwilliges Verständnis. Vgl. NZZ 18.3.24, S. 16.

Bankensystem: Struktur und Entwicklung: Bis 2013 waren die ICBC und die China Construction Bank die beiden größten Unternehmen der Welt (dahinter steckt ein reicher Staat!). Ab 2013 ist Wells Fargo die größte Bank der Welt, gemessen am Aktienwert. Die ICBC (beim Börsengang Ende Oktober 2006 mit 22,0 Mrd. $ Rekord, das Ministry of Finance und die staatliche Central Huijin Investment haben je 36,2% Anteil) ist seit 2006 an der Börse. Mittlerweile ist die ICBC gemessen am Börsenwert die größte Bank der Welt (350.00 Mitarbeiter, 100 Mio. Kunden, 17.000 Geschäftsstellen). Die meisten Gewinne stammen aus Zinseinnahmen, das Auslandsgeschäft ist noch rudimentär. Im ersten Halbjahr 2008 wurde mit 6,4 Mrd. € ein Rekordgewinn eingefahren. Die Eigenkapitalrendite liegt bei 22,8% (weltweit Spitze). Im ersten Quartal 2010 konnte die Bank ihren Gewinn um 18% steigern. 2011 erwirbt sie 80% des US-Geschäfts der Bank of East Asia. Jiang Jianqing, der Boss der Bank, ist auch Parteisekretär und Mitglied im Zentralkomitee. Im ersten Quartal 2011 steigt der Gewinn sogar um 29%. Die Bank of China (116 Mrd. € 2010), die China Construction Bank (151 Mrd. € 2010) und die Bank of Communications folgen an die Börse. 2011 ist die China Construction Bank nach der Marktkapitalisierung schon die zweitgrößte Bank der Welt. 2007 folgt die China Citic Bank (weltweit größte Börsengang des Jahres, 5,9 Mrd. $). Internationale Institute sind mit rund 20 Mrd. $ beteiligt, dürfen aber keine Kontrollmehrheit übernehmen. Es fehlt noch die Agricultural Bank of China, die die Hälfte aller "faulen" Kredite hält (99 Mrd. $) und in ländlichen Regionen eine große Rolle spielt. Geprüft wird auch hier die Beteiligung strategischer Investoren aus dem Ausland sowie ein Börsengang. Auch sie geht an die Börse und erreicht 2011 schon Platz 4 in der Welt. Die China Development Bank soll in eine vollwertige Geschäftsbank umgewandelt werden. Seit dem Börsengang steigern die Banken ihre Gewinne deutlich (ICBC um 62% im ersten Halbjahr 2007, BoC um 52%). Sehr erfolgreich waren die Börsengänge von Petrochina (+163%) und Alibaba 2007. Zwei neue Investmentfonds haben im Juni 2007 an einem Tag soviel Geld gesammelt, dass sie vorzeitig geschlossen werden mussten. Chinesische Unternehmen (China Mobile, China Construction Bank) drängen an die Börse in Shanghai. China und Singapur investieren in die britische Barclays - Bank, damit diese ABN Amro (größte Bankenfusion aller Zeiten) übernehmen kann. Die chinesischen Banken haben Hypothekenkredite in der Höhe von 289 Mrd. € (3 Bio. Yuan) vergeben, wobei keine Bonitätsprüfungen vorgenommen wurden! (dies ist in Anbetracht der Bankenkrise in den USA eine Zeitbombe). Hinzu kommt, dass chinesische Banken massiv im US-Markt für Hypotheken engagiert sind (z. B. Bank of China, BOC). So müssen die ICBC und die BOC 2008 Kredite in Milliardenhöhe abschreiben. Nach der Pleite von Lehman Brothers werden weitere folgen. Die Kredite in China stellen eine große Gefahr dar. Die Kosten erhöhen sich mit jeder Zinserhöhung der Zentralbank. Mittlerweile sind auch ausländische Banken betroffen, die an chinesischen Banken beteiligt sind (so die Royal Bank of Scottland an der BOC). 2007 wird eine Postsparkasse gegründet. Die chinesische Bankenaufsicht untersagt 2008 eine Lockerung  der Kreditbedingungen für Immobilien. Trotzdem werden die Preise in den Ballungszentren von staatlichen Gesellschaften gemacht, die Zugang zu verbilligtem Kapital haben. Die chinesische Regierung ist sehr rigide bei der Zulassung ausländischer Versicherungen, Banken und Anwaltskanzleien. Jede neue Finanzdienstleistung muss auch einzeln beantragt werden (z. B. Sparplan, Konsumentenkredit). Die chinesischen Banken profitieren von Margen zwischen niedrigen Guthabenzinsen und hohen Darlehenszinsen. 2010 geht die Agricultural Bank of China (ABC) an die Börse. Es beteiligen sich stark arabische Staatsfonds (Kuwait 800 Mio. $, Qatar 2,8 Mrd. $). 22,2 Mrd. Aktien sollen in Shanghai plaziert werden, 25,4 Mrd. in Hongkong. Es ist der größte Börsengang aller Zeiten. Das Finanzministerium hat faule Kredite mit einem Volumen von 120 Mrd. $ ausgelagert. Die staatliche Central Huijin Investment steckt weitere 19 Mrd. $ in die Bank. Die ABC-Bank hat 440.000 Mitarbeiter in 24.000 Filialen. Sie wurde 1950 unter Mao Zedong gegründet. Ende 2009 hatte sie 320 Mio. Kunden mit 879 Mrd. € Spareinlagen. Ende 2010 geht die erste chinesische Regionalbank Chongqing Rural an die Börse. 2011 versucht die China Development Bank die HSH Nordbank zu übernehmen. Schon vorher gab es Kredite. 2013 steigt die Bank of America aus der China Construction Bank (CCB) ganz aus. Die Schattenbanken in China bereiten immer größere Probleme: Schuldner, die von den staatlichen Finanzinstitutionen keine Darlehen erhalten, treffen auf Gläubiger, denen die offiziellen Einlagezinsen zu niedrig sind. Längerfristige Schulden werden gebündelt und als kurzfristige Wertpapiere weiterverkauft. Bei Liquiditätsengpässen und Ausfällen kann das System außer Kontrolle geraten. Mitte November 2015 meldet China einen Schlag gegen Schattenbanken (Versicherer, Leasingfirmen, andere Kreditgeber; insbesondere in Hongkong). Es wurden verbotene Finanztransfers (Geldwäsche, gesetzeswidrige Kapitaltransfers ins Ausland) in Höhe von 60 Mrd. Euro entdeckt (People´s Daily). Chinesische Bürger dürfen pro Jahr nur Yuan im Werte von 47.000 Euro eintauschen. Die Schattenbanken ermöglichen oft mehr.   Eine Ironie besteht darin, dass viele Experten vor der Finanzkrise 2008/2009 einen Zusammenbruch der chinesischen Banken voraussagten, aber zusammenbrachen die US-Banken. Gängige Interpretation in N. Lardy: China`s Unfinished Economic Revolution, Washington D. C. 1998.

Sehr hohe "faule Kredite" (geschätzt mehr als 30% des gesamten Kreditvolumens, genannt auch "bad loans", ihr Wert wird auf 900 Mrd. $ geschätzt, die meisten sind bei der Agricultural Bank of China). 30% des Bankensektors gelten als unterkapitalisiert. Im ersten Quartal 2006 haben die Banken Kredite von umgerechnet 126 Mrd. € vergeben (die Hälfte des für dieses Jahr geplanten Betrages, ein großer Teil fließt in den Immobilienbereich, Überinvestitionen). Ende 2013 wird das Volumen an "Faulen Krediten" auf 69 Mrd. Euro geschätzt (Bankenregulierungskommission des Landes). Kredite wurden auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 vergeben und können bei sinkendem Wirtschaftswachstum nicht mehr zurückgezahlt werden. 2010 versucht China (Volkskongress) den Immobilienmarkt abzukühlen. Die Hauspreise sind auch 2011 weiter außer Kontrolle. Die Regierung bekommt den Immobilienmarkt nicht in den Griff. Mittlerweile gibt es einige Geisterstädte in China. Die Ursachen liegen auch in den Einnahmequellen chinesischer Städte: Einnahmen aus Landverkäufen werden immer wichtiger. Die Bedeutung direkter Steuereinnahmen und des Finanzausgleichs durch die Zentralregierung nimmt ab. Die schlecht verzinsten, hohen Spareinlagen  bieten eine große Reserve (Spareinlagen priv. HH 2006: 1618 Mrd. €). China hat rund 300 Mrd.$ aus Handelsgewinnen in amerikanische Staatspapiere investiert (Abhängigkeit der USA!). Ausländische Banken steigen verstärkt in das Private Wealth - Management ein. Um die ständigen Konflikte zwischen der staatlichen Bankenaufsicht, die es seit 2002 gibt, und der Zentralbank zu entschärfen, soll ein Gremium eingerichtet werden. Dramatisch wird es für die USA und die Welt, wenn China seine Devisenüberschüsse nicht mehr in US-Staatspapieren parkt (430 Mrd. $). Mittlerweile ist der staatliche Investitionsfonds auch an vielen US-Banken beteiligt. Ebenso an einigen ausländischen Unternehmen (z. B. GDF Suez, Frankreich; Thames Water Utilities, England; Morgan Stanley, Blackstone, USA) 2013 will CIC bei Daimler einsteigen (4 bis 10 Prozent). In der Weltwirtschaftskrise 2009 verleihen Chinas große Staatsbanken großzügig Kredite, um die Wirtschaft anzuregen. Die Angst vor faulen Krediten wächst wieder. Der Wirtschaftsaufschwung ist mit billigem Geld der Staatsbanken erkauft. Ende 2009 investieren große chinesische Banken in Russland (Börsengang von Rusal) und Kasachstan (Rohstoffkonzern Kazakhmys). Die Großbanken können 2011 erfolgreich die Kreditsperren der Notenbank umgehen. Der Gewinn der Bank of China bricht 2012 dramatisch ein. Eine Immobilienkrise würde wahrscheinlich nicht auf die Banken übergreifen (kaum mit Hypotheken belastet, keine komplizierten Kreditderivate, hohe Reserveanforderung an die Banken, Staat als Eigentümer). Der Bauboom in China ist ohne Beispiel in der Geschichte. 2001 betrug die Fläche von Gebäuden im Baubestand in China in Mrd. Quadratmetern 2,8, 2013 schon 13,4 (Quelle: National Bureau of Statistics of China).  Die Banken gelten insgesamt als sicher, weil der Staat Hauptanteilseigner ist. 2012 will die Regierung das Bankenmonopol bei der Kreditversorgung knacken. Die Konjunkturabkühlung erschwert der Kreditversorgung für Unternehmen. Im April 2012 erhöht die Wertpapieraufsicht die Quoten für Anlagen, die ausgewählte ausländische Investoren in China tätigen dürfen, von 30 auf 80 Mio. Dollar. Die erlaubte Differenz zwischen Soll- und Habenzinsen wird auf zehn Prozent erhöht. 2013 stuft Fitch China auf A+ herunter. Die Rating-Agentur spricht von einer Zeitbombe (schräge Finanzierungen, Schattenbankwesen, Netzwerk von Krediten und Bürgschaften). Mittlerweile gehen amerikanische Rating-Agenturen davon aus, dass bis 2013 20 Billionen Yuan an Schattenkrediten vergeben wurden (knapp 2,5 Billionen €, gesamte Wirtschaftsleistung GB). Im Jahre 2014 sollen bis zu fünf Privatbanken starten (mindestens drei, unter strenger Kontrolle der Regulierungsbehörde). Im März 2014 will die PBOC die Barbestände reduzieren, die die Banken als Reserven halten müssen (weniger als 7,5%).  Die gesamte Verschuldung der Wirtschaft lag 2013 bei 200 Prozent des BIP (ohne Zentralregierung, Total Social Financing). Fast 12% davon waren Kredite zwischen Unternehmen, etwa 10% von Banken garantierte Unternehmensschulden, etwa 10% bei Schattenbanken. Die Mindestreserve wird Ende März 2014 auf 20% gesenkt. Die Bankenkrise droht auch 2015 noch. Die Ausleihungen chinesischer Banken liegen zu Beginn 2015 bei knapp 140% der Wirtschaftsleistung (2008 noch unter 100%). Viele Unternehmen stehen vor der Pleite (die größte 2014: Haixin Iron & Steel Group). Weiterhin wächst sehr stark der Schattenbankbereich in China. Dabei handelt es sich um unregulierte Schattenbanken, die in hohem Ausmaß Kredite vergeben haben (4000 bis 5000 Milliarden, Schätzung von Standard & Poor`s). Katastrophal ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt-Segment für Banken: Es herrscht in den letzten Jahren ein Überangebot an Akademikern, die in Banken wollen. Andererseits ist die Nachfrage wegen der Digitalisierung zurückgegangen.   In den Ming- und Qing-Dynastien (1368-1911) war Pingyao (südwestlich von Peking) das finanzielle Zentrum Chinas. Hier gab es auch Chinas erstes Bankhaus. Es ist die einzige Stadt Chinas, die ihren alten Charakter weitgehend bewahrt hat (Weltkulturerbe, alte Stadtmauer, alte Bausubstanz).

Im Jahre 2018 haben es die chinesischen Finanzriesen geschafft. Sie belegen die vier ersten Plätze in der Welt beim Ranking nach Bilanzsumme. An erster Stelle liegt die ICBC, vor der China Construction Bank, der Acricultural Bank of China und der Bank of China.Dann erst folgen Mitsubishi UFJ aus Japan und BNP Paribas aus Frankreich vor HSBC aus Großbritannien. Dann kommen die drei großen amerikanischen Banken (JP Morgan, Bank of America, Citigroup). Die Regierung wünscht, dass die Banken internationaler werden. Die Institute widmen sich aber lieber dem Heimatmarkt, der groß genug ist. Sie wissen auch, dass ihnen die Erfahrung fehlt.

Sanktionen und Abkopplung: Finanzsanktionen sind effektiver als Handelssanktionen. China beobachtet die Russlandsanktionen sehr genau. Wenn man wirklich eine Militäraktion gegen Taiwan anstrebt, wird man erst im Vorfeld alles tun, um China vor westlichen Sanktionen zu schützen. Die Währungsreserven würden umgeschichtet, weg vom Dollar und Euro. Jetzt schon arbeitet China im Bankenbereich am Aufbau seines alternativen Transfersystems CIPS. Es könnte noch bis ca. 2040 dauern, bis das System vollständig steht und funktioniert (rechtzeitig vor 2049). Jede neue Sanktion gibt dem System einen Schub. Vgl. Hufbauer, Gary: "Sanktionen, solange Putin lebt", in: WiWo 23.2.24, S. 36f.

 Finanz- und Steuerpolitik (Infrastruktur): Ausbau der Steuerpolitik (2004 Abschaffung der Landwirtschaftsteuer): Gegenwärtig liegt die Ertragsbesteuerung einheitlich bei 30% national und 3% lokal (es gibt Ausnahmen für ausländische Unternehmen: 15%). Zukünftig soll der Steuersatz einheitlich 25% betragen. Außerdem sollen auch ausländische Betriebe die Landnutzungsteuer bezahlen (bis 3€ pro Quadratmeter). In den Sonderwirtschaftszonen soll die Steuerangleichung nur schrittweise ab 2008 umgesetzt werden. Die Unternehmenssteuern werden angehoben, um Bildung und Sozialsysteme zu finanzieren. Ab Januar 2008 müssen auch Gemeinschaftsunternehmen mit ausländischer Beteiligung die normale Körperschaftsteuer zahlen (bis 25%). Schulbau und Lehrerfinanzierung obliegen aber zum Teil den Städten und Kreisen. So erklärt sich auch das Sparen von Stahlträgeren und Beton bei öffentlichen Bauten (z. B. im Erdbebengebiet von Sichuan). Die Value Added Tax (VAT, Mehrwertsteuer) beträgt 17%. Sie soll gesenkt werden, um den Verbrauch anzukurbeln. Besteuerung der Niedrigeinkommen soll fallen, dafür kommt eine Luxussteuer. Im März 2006 wird die Benzinsteuer angehoben. Für die Autos gibt es noch Mautgebühren und andere lokale KFZ-Steuern. Außerdem wird eine Autoerwerbsteuer eingeführt. 2009 wird eine Spekulationsteuer auf Immobilien eingeführt, die für Objekte gilt, die innerhalb von 5 Jahren weiterverkauft werden. 2010 will die Regierung eine Grundsteuer einführen, um die Immobilienblase zu bekämpfen. Der Wohnungs- und Häusermarkt trägt etwa 20% zum BIP bei. Die Öl-Raffinerien werden jährlich mit ca. 40 Mrd. $ subventioniert. Die Zinsabschlagsteuer beträgt 20%. Die Einführung einer Kapitalertragsteuer wird beschlossen. Die Steuereinnahmen sind in den vergangenen Jahren jährlich um  25% gestiegen. Intensivierung der Umweltpolitik (erneuerbare Energien!). Noch gibt es keine rationale Besteuerung von Wasser, Öl, Kohle und Naturressourcen.

Weiterhin große Rolle spielt die Zollpolitik (zum Schutz, trotz WTO). Der chinesische Haushalt liegt 2006 bei 230 Mrd. € (+9,7%, Militär +14,7%). 2007 steigen die Militärausgaben nach offiziellen Angaben um 18% (44,94 Mrd. $, vor allem in Dual-Use-Technologie, Truppenstärke reduziert; USA 439,3 Mrd. $), die Gesundheitsausgaben um 80%. Die extrem hohen Investitionen des chinesischen Staates  tragen zum großen Teil zu den hohen Wachstumsraten bei. Die Schneekatastrophe Anfang 2008 führt zu hohen Investitionen in die Infrastruktur und regt damit die Binnenkonjunktur an. Das Konjunkturprogramm im Herbst 2008 gegen die Folgen der Finanzkrise umfasst mit den Initiativen der lokalen Regierungen 1,2 Bill. €. Sie sollen insbesondere in die Infrastruktur fließen. Daher wird sich das chinesische Haushaltsdefizit 2009 auf 108 Mrd. € verachtfachen (950 Mrd. Yuan, 3% des BIP, 2008  -13 Mrd. €, 2007 Überschuss). Ein Zusatzprogramm in Höhe von 450 Mrd. € steht ab März 09 zur Verfügung. Instrumente sind Investitionen in Infrastruktur, und Wohnungsbau, Steuersenkungen (Lohnsteuer halbiert), Unterstützung der Sozialsysteme, Hilfen für Kreditvergabe und Landwirtschaft. Ab Mai 2009 kommt wieder ein Programm in Höhe von 110 Mrd. €. Es werden Rabattgutscheine verteilt. Eine große Gefahr der Programme besteht darin, dass sie den Ausbau bereits vor der Krise bestehender Überkapazitäten fördern. Eine große Chance liegt darin, dass China einen großen Nachholbedarf an Infrastruktur und Binnenkonsum hat. Protektionistische Klauseln in den Programmen, die eine Bevorzugung inländischer Anbieter vorschreiben, rufen Proteste bei den Wirtschaftspartnerländern hervor. China macht insgesamt Konjunkturprogramme in Höhe von 17,3% des BIP (zweite Stelle hinter Japan). Im August 09 werden 90% mehr Autos verkauft als im Vormonat, vor allem ein Ergebnis der staatlichen Anreize (Steuererleichterungen für Kleinwagen, Rabatte in ländlichen Gebieten). Die Subventionen für den Kauf von Kleinwagen laufen 2010 aus, ebenso gibt es Zulassungsbeschränkungen für Autos in Großstädten. Immer noch landet ein großer Teil der Liquidität als Sparen in den Guthaben der Privathaushalte ("Tiger im Käfig"). Mitte 2012 plant das Land einen Mega-Konjunkturschub. Aus Angst vor Arbeitslosigkeit soll die regionale Wirtschaft mit 885 Mrd. € gefördert werden. Die kommunale Verschuldung ist ein großes Problem.  Die Verschuldung der Kommunalregierungen belaufen sich 2013 auf 20% des BIP (2018  50%?). Als einzige große Volkswirtschaft der Welt setzt das Land auch 2013 auf eine expansive Ausgabenpolitik (massive Investitionen in die Infrastruktur). Im Rahmen des Kampfes gegen die Korruption der neuen Parteiführung gibt es eine Sparsamkeitskampagne gegen Prachtbauten (fünfjähriger Baustopp für Amtsgebäude, Musterprozess gegen Bo Xulai). Auf der Sitzung des ZK (Drittes Plenum) im November 2013 werden folgende Richtungen vorgegeben: 1. Weniger Staat, mehr Markt (Förderung ausländischer Investitionen); 2. Weniger Export, mehr Binnenkonsum; 3. Mehr Rechte für die Landbewohner. 4. Menschenrechte: Lockerung der Ein-Kind-Politik (nicht mehr nur, wenn beide Elternteile Einzelkinder sind) und Abschaffung der Umerziehungslager (ohne Gerichtsurteil 4 Jahre). Ein weiterer Modernisierungskatalog wird ausgearbeitet: Freigabe von Zinsen und Wechselkurs; Staatskonzerne alimentieren die unterfinanzierten Sozialsysteme, Bauern können ihre Landnutzungsrechte verkaufen. Im Juni 2014 kurbelt der Staat wieder die Konjunktur an. 154 Mrd. € werden eingesetzt.  Das Umsteuern zugunsten einer nachhaltigeren Entwicklung wird für eine mehrjährige Übergangszeit Wachstum kosten. Arbeit ist nicht mehr billig. Der Militäretat wird 2019 um 7,5% erhöht auf ca. 250 Mrd. US-Dollar. Dei Steuern werden massiv gesenkt, um die Binnenkonjunktur anzuregen.  "China ist heute die größte Reklametafel für autoritäre Herrschaft", Stephen Halper, US-Wissenschaftler.

Rüstung: 2008 steigt der Verteidigungsetat auf 84,9 Mrd. Mrd.$ (tatsächlich viel mehr), womit China an zweiter Stelle hinter den USA (607 Mrd. $) liegt. Bei den Rüstungsausgaben fehlt Transparenz. Die Ausgaben dürften dreimal so hoch sein. 2010 steigt der Militäretat nur mit 7,5%, was die niedrigste Steigerung seit 20 Jahren ist (Russland empfindet China zunehmend als Bedrohung). 2012 steigen die Militärausgaben um 11,2% auf umgerechnet 85 Mrd. € (die USA schätzen knapp 100, USA 400 Mrd. €). Diese Zahlen sind extrem umstritten: z.B. Der Spiegel (44/2012, S.112) gibt für 2011  129 Mrd. $ für China an (auch andere Zahlen für die USA). 2013 ist ein Zuwachs von 11,2% geplant gewesen (88 Mrd. €). 2013 beträgt die Steigerung tatsächlich  7,8%.   112,2 Mrd. Dollar wurden 2013 für Rüstung ausgegeben (mehr als D, GB und F zusammen; USA 600 Mrd. $; China bis 2015 160 Mrd. $). Für 2014 beträgt das Wachstum der Rüstungsausgaben 12,2% (+96 Mrd. €, 800 Mrd. Yuan, ca. 115 Mrd. €). 2015 liegt das Wachstum bei 10% (die Mehrausgaben sollen für die Marine sein). 2016 steigen die Militärausgaben nur um 7 bis 8 Prozent. China ist mittlerweile der drittgrößte Exporteur von Rüstungsgütern (fünf Prozent, USA 30%, Russland 26%, Deutschland vierter Platz). 2019 will China die Armee zur Hightech-Truppe umbauen. Im Juli wird dazu ein Weißbuch veröffentlicht. Dei USA habe die "globale strategische Stabilität" untergraben. Seit die USA den INF-Vertrag mit Russland von 1987 haben auslaufen lassen, sind sie nun frei, neue Mittelstreckenraketen zu stationieren. Die USA kündigen an, neue Mittelstreckenraketen im Asien-Pazifik-Raum  zu stationieren. China will Gegenmaßnahmen einleiten. 2022 sollen die Militärausgaben um 7,1% steigen (BIP wohl nur um 5,5%).

Das Militärbudget hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre verdoppelt (von 2022 an rückwärts). Es verschlingt immer höhere Summen, die woanders fehlen. China gibt viermal so viel für Soldaten und Waffen aus als Indien. Die Kriegsmarine ist mit 350 Schiffen und U-Booten 2022 größer als die der USA. Es fehlt der Armee aber die Gefechtserfahrung. Technologisch sind dei Waffensysteme veraltet (sie basieren teilweise noch auf russischer Basis). Vgl. Mühling/ Ziesemer: Chinas neue Grenzen, in: Stern 2.2.23, S. 22ff.

2009 wird die Einführung einer Öko-Steuer für Unternehmen geplant, um die massive Umweltverschmutzung einzudämmen. Vor allem die Kohle ist ursächlich: China ist der weltgrößte Produzent und Verbraucher von Kohle. 2013 wird ein Zuschuss beim Kauf eines Elektro-Fahrzeugs eingeführt (7500 Euro, bis 2020  5 Mio. Elektroautos). In Anlehnung an Abenomics in Japan bezeichnet man die neue chinesische Wirtschaftspolitik als "Liconomics" (von Ministerpräsident Li Keqiang). Von 2013 an soll vor allem in drei Bereichen die Effizienz erhöht werden: 1. Anstelle großer Rettungspakete soll es künftig gezielte Ministimuli geben in bestimmten Sektoren. 2. Die Verschuldung der Lokalregionen und der Staatsunternehmen soll drastisch sinken. 3. Eine strukturelle Reform für mehr Marktwirtschaft soll die Wachstumskräfte stärken. 2015 denkt die Regierung über Umweltsteuern nach. Der Kampf gegen Korruption trifft die Glückspielindustrie in Macao hart. Mittlerweile gibt es 2014 vier Millionen Millionäre in China. "Chinas Wirtschaft wird keine harte Landung erleiden wie von einigen Leuten befürchtet, sondern einen positiven Effekt auf die globale Konjunktur haben", Li Keqiang, chinesischer Ministerpräsident 2014.

Ende Oktober 2015 treffen sich die kommunistischen Spitzenkader (ZK der KPC), um einen neuen Masterplan für die chinesische Wirtschaft zu beraten. Ergebnis wird der 13. Fünfjahresplan sein, ein Grundsatz-Planungsdokument mit Vorhaben bis 2020: 1. Förderprogramme für Elektromobilität, Robotertechnik und Biotechnologie. 2. Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Finanzmärkte. 3. Verdopplung des BIP pro Kopf bis 2020 im Bezug auf 2010. 4. Menschen unter der Armutsgrenze soll es 2020 nicht mehr geben (heute rund 70 Mio.). Der endgültige Plan wird erst auf dem Volkskongress im Frühjahr 2016 beschlossen. Zum 1.Oktober 2015 hat die Regierung die Umsatzsteuer für Autos, die höchstens einen Motor mit 1,6 l Hubraum haben, auf 5% halbiert. Davon wird der Automarkt profitieren. In den Jahren 2015 bis 2020 werden 410 Mrd. € in den Ausbau des Schienennetzes investiert. Der Fokus soll auf der Landesmitte und westlichen Regionen liegen. Das Hochgeschwindigkeitsnetz ist jetzt schon mit 16.000 km das längste der Welt. Ende 2015 macht die Regierung Steuererleichterungen für Firmen. Im Mai 2016 werden weitere Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur angekündigt: Bis 2018 gehen 632 Milliarden Euro in 303 Projekte der Verkehrsinfrastruktur. Dies soll auch etwas die Konjunktur stabilisieren. mit dem Geld werden Schienen, Straßen, Wasserwege, Flughäfen, der Nahverkehr, Hochgeschwindigkeitsstrecken und Städteverbindungen bezahlt. Ende 2016 führt die Regierung eine Steuer auf Luxusautos ein. Betroffen sind die deutschen Premiumhersteller sowie Ferrari, Aston-Martin und Rolls-Royce. Es geht um einen Verkaufspreis ab 1,3 Millionen Yuan (178.000€). Vorgegeben wird der Kampf um Luftverschmutzung. Es dürfte auch protektionistische, psychologische  und fiskalische Motive geben. Ende 2016 plant China mehr Strecken für Hochgeschwindigkeitszüge. Intensiv werden immer neue Flughäfen gebaut. In Peking-Daxing öffnet im September 2019 einer der größten Flughäfen der Welt nach fünf Jahren Bauzeit. Der Ausbau des Nahverkehrs wird massiv betrieben (allein 40 Mrd. € sollen ab 2019 in die Metropole Shanghai fließen).

Die Finanz- und Steuerpolitik in China kann man als keynesianisch bezeichnen (aktuell!). Das Hauptziel besteht darin, das Land auf Wachstumskurs zu halten und im weiteren Rezessionen zu verhindern. Kerne sind Kredit finanzierte Infrastrukturprogramme und staatlich eingeleitete Bankkredite an die Staatsunternehmen. Steigende Arbeitslosigkeit könnte zu Unruhen führen.

Maßnahmen, um die Folgen des Handelskrieges abzumildern: Ende 2017 reagiert China sofort auf die Steuerreform in den USA (Ertragssteuersatz von 35 auf 21%). Ausländische Firmen müssen vorerst keine Gewinnsteuern mehr in China zahlen, wenn sie diese im Land investieren. Ende 2018 wird die Haushaltspolitik gelockert. Man will die Entwicklung 2019 unbedingt stabil halten angesichts der Bedrohung durch die US-Handelspolitik. Auch die Einkommenssteuern werden gesenkt, um die Kauflaume im Inland anzuregen (+Rabatte bei langlebigen Gebrauchsgüter, + günstigere Kredite). Die Belastung durch die US-Handelspolitik ist größer als die Führung zugibt. Ab dem 1. April 2019 soll weiterhin die Mehrwertsteuer gesenkt werden (BMW und Daimler senken daraufhin ihre Preise in China). Weitere Steuersenkungen werden angekündigt (200 Mrd. Euro). Die Bedingungen für die Kreditvergabe sollen gelockert werden. Die Kommunen werden ermutigt, mehr Kredite über Anleihen aufzunehmen und in die Infrastruktur zu investieren. Im ersten Halbjahr 2019 hat man Steuersenkungen in Höhe von 200 Mrd. € umgesetzt. Bis Jahresende sollen diese auf 300 Mrd. € ausgeweitet werden.

Bildungs- und Forschungspolitik: Stärkung des Bildungsbereichs (+40%  2007). 2004 machten erstmals mehr Chinesen den Bachelor als Amerikaner. Ca. 23 Mio. Studenten waren 2007 an den 1500 Universitäten und Fachhochschulen eingeschrieben. 2008 waren es schon über 25 Mio. Der Zugang ist über eine Prüfung geregelt (Gaokao). 2006 machten 4 Mio. Studenten einen Abschluss, darunter 440.000 Ingenieure, die nur 1/5 der Westgehälter verdienen. 2008 gab es schon 5,6 Mio. Hochschulabsolventen (Deutschland 0,3 Mio.). Mittlerweile liegt China bei den wissenschaftlichen Publikationen direkt hinter den USA. Mittlerweile gibt es auch über 70.000 private Schulen. 4,3% des BIP gibt China für Bildung und Ausbildung aus (USA 7,2%; Deutschland 5,8%). Innovationsoffensive der Regierung im neuen Fünfjahresplan (bis 2020 Innovationsorientiertes Land, die Ausgaben für Forschung steigen jedes Jahr um rund 20%, Anteil von 1,4% des BIP, bis 2020 auf 2,5%).  2016 springt die Quote über 2%. Wesentlich höher sind diese Aufwendungen in den Boomregionen (3%).  Die Forschungsaufwendungen sind hoch, 136 Mrd. $ 2006 (Deutschland 63 Mrd. $, USA 330 Mrd.$). 2010 gibt China 124 Mrd. US-$ für Forschung und Entwicklung aus (Prognose 2020 350 Mrd. $). 2011 steigen die F+E-Ausgaben auf 154,3 Mrd. $. 2009 meldeten erstmals in China Einheimische mehr Patente an als Ausländer (65400). 2013 führt China bei den Patentanmeldungen in der Welt (825.136 vor USA und Deutschland). 2018 führen bei Patentanmeldungen die USA vor Japan und China/ imposant ist die Steigerung von 569% gegenüber 2008.   Die drei Top-Technologiefelder sind sehr zukunftsträchtig: Computertechnologie, digitale Kommunikation, elektrische Maschinen, Energie. 1070 Forscher kommen auf eine Million Einwohner 2013 (8. Platz). China will seine Wirtschaft von Imitation auf Innovation umstellen. Die Alphabetisierungsrate liegt bei 92% (116 Mio.  Analphabeten, die nicht einmal 1500 Schriftzeichen lesen können). Das chinesische Bildungssystem wird oft kurz mit Tian ya shi" ("Enten stopfen") charakterisiert. 2008 haben 5,6 Mio. Studenten die Unis und FHs verlassen. Bis Juni 2009 hatten 1 Mio. noch keine Stelle gefunden. Sie konkurrieren mit den voraussichtlich 6,1 Mio. Absolventen 2009. Die besten Aussichten haben Ingenieure. Andere Abschlüsse werden von der Regierung zu den Funktionären aufs Land geschickt, um die Erlöse der Bauern zu steigern. 2007 meldeten 160.000 chinesische Ingenieure ihre Patente an, 30.000 mehr als in Deutschland. Noch vor 10 Jahren übertrumpften die Deutschen die Chinesen um das Sechsfache. 2011 ist China Patent-Großmacht geworden und liegt international auf Platz vier. Der ZTE-Konzern aus China ist 2012 das forschungsstärkste Unternehmen der Welt (China entwickelt sich von der Werkbank der Welt zum Labor). 2011 herrscht ein großer Fachkräftemangel in China. Ein großer Teil der Absolventen ist falsch oder schlecht ausgebildet. Die Fluktuationsrate liegt bei 30 Prozent. Die umstrittene Regelung zur Förderung einheimischer Produkte im Technologiesektor soll ab 2011 nicht mehr angewendet werden. Immer mehr Schüler wollen sich gegen Drill und Entmündigung wehren und fordern eine Förderung der Kreativität (Welt am Sonntag, 27.05.12). Es gibt in China zu wenig Jobs für Hochschulabgänger. Das hängt auch mit der Billig-Produktion zusammen. Das Land will weg von dem Billig-Image. Es soll mehr innovative Produkte geben. 2013 gab es schon 6,99 Mio. Hochschulabsolventen (trotz der Ein-Kind-Politik). bis 2020 werden 20% der Chinesen einen Hochschulabschluss haben (mindestens 195 Mio.). 2014 schließen 7,26 Mio. Chinesen ihr Hochschulstudium ab. 250 Mio. Dollar steckt die chinesische Regierung in die Hochschulen  "Haben wir erst mal Deutschland geknackt, gehört uns ganz Europa", Wang Mengshu, Jiaoting-Uni.

Langfristig hat China natürlich das Ziel, von der "Werkbank der Welt" zum einem High-Tech-Staat aufzusteigen. Dies wird dauern und auf unterschiedlichen Ebenen stattfinden. Im Jahr 2015 hat Parteichef Xi Jinping von 10 Jahren gesprochen. Die unzähligen Kleinfirmen sind zumeist sehr klein und unterfinanziert. Die reinen Staatsbetriebe sind eher behäbig. Die meisten Patente werden von den bekannten Global Player´s angemeldet. Die Zahl der Patente sagt aber noch nichts über den Wert aus. Insgesamt fehlt es in den Firmen oft noch an einer Innovationskultur.  Chinesische Firmen kommen auch an Spitzentechnologie, in dem sie Unternehmen im Ausland kaufen (darauf hin versucht man, die Forschung und Entwicklung ins eigene Land zu verlagern). Diese Strategie stößt auf immer größeren Widerstand westlicher Staaten (USA, Deutschland, Japan, Großbritannien, Australien). Deshalb wird zumindest nach außen gegengesteuert. Eine weitere Strategie besteht darin, auf in China produzierende Firmen Druck auszuüben, dass sie ihre Forschung und Entwicklung nach China verlagern. 2017 investierte das Land 1,76 Billionen RMB in Forschung und Entwicklung. Das entspricht einem Zuwachs von 14% gegenüber dem Vorjahr. Bis 2050 will China führend bei technologischen Innovationen sein (Forschungsminister Wan Gang 2018). Rund 300 Mrd. $ steckt China jährlich in Forschung und Entwicklung (2,25 des BIP; EU 2,1%).  "Wagt zu träumen und arbeitet hart, damit der Traum wahr wird!", Xi Jinping, Parteichef (2012) und Staatspräsident Chinas seit 2013.

Internationale Patentanmeldungen: China führt 2020 in der Welt. Es gibt 68720 Anmeldungen (+16% gegnüber dem Vorjahr). China hat damit die USA überholt (59.230, +3%). 2,3% des BIP hat China von 1996 bis 2018 in die Forschung gesteckt.

Eine wichtige Grundlage des Bildungssystems ist das Prüfungssystem, das während der Ming-Dynastie (1368-1644) eingeführt wurde. Wer eine Karriere im öffentlichen Dienst vollbringen wollte, musste extrem harte Prüfungen durchlaufen: Sie basierten auf den klassischen Schriften von Konfuzius. Zum Teil mussten Essays geschrieben werden. 40.000 Beamte wurden maximal beschäftigt. Diese galten als Elite des Landes. Die Rente konnte man mit 70 antreten, bei Krankheit mit 55. Das System gilt zum Teil heute noch in der KPC. Drei der weltweiten Spitzenuniversitäten stehen in China. "Sowohl China als auch Indien legen großes Gewicht auf die Bildung von Humankapital", Norbert Walter, Ex-Chefvolkswirt der Deutschen Bank, mittlerweile gestorben.

Kaderschmieden: Eine ist die China Europe International Business School (CEIBS).  Sie hat ihren Standort in Shanghai/ Pudong und entstand 1994 als Joint Venture zwischen der chinesischen Regierung und der EU. Eine rein chinesische  Business School ist die Cheung Kong Graduate School of Business (GKGSB). Sie wurde 2002 gegründet. Jack Ma, der Gründer von Alibaba, hat 2015 in seiner Heimatstadt Hangzhou die Hupan University gegründet, eine Elite-Universität mit harten Aufnahmebedingungen. 

Studium in den USA im Handelskrieg und vorher: Studenten aus China in den USA haben 2018 und 2019 zunehmend Schwierigkeiten bei der Visa - Vergabe (Ablehnungen, Verzögerung) und ihrem Aufenthalt in den USA. Mitte 2019 studieren 360.000 Studenten aus China in den USA. In der Regel versuchen die Besten, in den USA zu studieren. Die Zweitbesten streben Japan an. Deutschland hat immer noch bei Ingenieuren einen guten Ruf. China hatte in der Vergangenheit kein Problem damit, dass im Schnitt 300.000 ihrer besten Köpfe (auch die Tochter von Xi Jinping) in den USA studierten. Es hatte keine Angst vor einer "Gehirnwäsche". Das zeigt Selbstvertrauen in die eigene Kultur. Im September 2020 erhalten ca. 1000 chinesische Studenten in den USA die Visa entzogen. Betroffen sind in der Regel Masterstudenten und Doktoranden. Kriterium ist die Gefahr von Industrie- und Forschungsspionage.

Studium in Deutschland: Deutschland hat in China schon immer einen guten Ruf im Bereich der Ingenieurwissenschaften. An der Elite-Uni Tonghi in Peking oder Shanghai trifft man heute noch Veteranen, dei in Aachen studiert haben (verbringen ihren Lebensabend auf dem Uni-Gelände). 2021 kommt der Verdacht auf, dass mittlerweile auch Studenten als offiziell als Spione eingesetzt werden. Sie bevorzugen Forschungseinrichtungen (kopieren Festplatten), Den gleichen Verdacht gab es schon mal gegenüber Praktikanten in Wirtschaftsorganisationen. China will die technologische Führung übernehmen - um jeden Preis. Im WS 2019/ 20 waren folgende Hochschulen in Deutschland am beliebtesten: RWTH Aachen2100; KIT Karlsruhe 1800, TU München 1800; TU Dresden 1600; Uni Duisburg-Essen 1300. Siehe WiWo 49, 3.12.21, S. 76f.

Zerschlagung des Nachhilfesektors: Der Nachhilfesektor zählte 2021 zu den am schnellsten wachsenden Branchen mit einem Marktwert von 300 Mrd. $. Der Wirtschaftszweig wird "hingerichtet". Es geht wohl nicht um politische Kontrolle, sondern um langfristige Ziele: Im Mittelpunkt steht der demographische Wandel. Der finanzielle Druck junger Eltern ist immens groß. Er kommt vor allem vom Bildungssektor mit den Bildungskosten. Die niedrigen Geburtenraten werden als Bedrohung des ökonomischen Aufstiegs angesehen. Die Nachhilfeeinrichtungen hatten sich meist auf die Gaokao eingestellt, die Universitätseingangsprüfung. Wer in dem mehrtätigen Test mit guten Noten abschließt, kann an die renommierten in Peking und Shanghai.  Dadurch erhält man auch Zugang zu Karrierenetzwerken und zum Sozialsystem. Vgl. Kretschmer, Fabian: China zerschlägt den Nachhilfesektor, in: die Rheinpfalz Nr. 170, 26.7.21, S. 1.

"Beobachtet ruhig, verbergt unsere Möglichkeiten, wartet auf den richtigen Augenblick. Haltet euch bedeckt, und beansprucht nicht die Führung", Deng Xiaoping.

2021 macht die Zeitschrift "Wirtschaftswoche" einen Vergleich bei der Technologie in zehn Technologiefeldern der führenden Akteure in der Welt China, EU, USA. Dabei ist zu bedenken, dass ein exakter Vergleich gar nicht möglich ist. Es kann nur eine Annäherung sein. Vgl. Petring, Jörn und viele andere: Die roten Pioniere, in: WiWo 9, 26.2.2021, S. 14ff. Resümee: Für Panik in der EU besteht kein Anlass. 1. KI: Beim maschinellen Lernen sind China und die USA den Europäern weit voraus. 2. Energie/ Wasserstoff: China forciert das E-Auto. Deutschland liegt bei der industriellen Nutzung von Wasserstoff weit vor. 3. Computerchips: Halbleiter sind der technologische Schwachpunkt Chinas. Dei USA erhöhen den politischen Druck. 4. Luftfahrt/ Rüstung: Boing und Airbus sind weit voraus. Militärtechnisch holt China auf. 5. Schnellzüge: China zeigt, was mit Industriepolitik möglich ist. Viel wurde von Deutschland übernommen. 6. Batterietechnik: China liegt gleichauf mit den USA. Auch Europa holt auf. 7. Raumfahrt: China erobert auch den Himmel (Mars, Mond). Bei Innovationen liegen die EU und die USA vorne. 8. Quantenforschung: China ist dem Westen wohl enteilt. 9. Netzwerktechnik: Das Rennen ist noch offen. Brückenkopf für die Digitalisierung. 10. Zahlungssysteme: China ist technologisch noch nicht top, ist aber in der Anwendung vorne.

Neue Prioritäten: Auf dem 20.Parteikongress der KPCh 2022  werden neue Punkte deutlich und zementiert: Xi kann seine Macht festigen. Wachstum ist weiterhin wichtig, muss aber hinter anderen Ziele zurückstehen: nationale Sicherheit, Stabilität, Null-Covid, Ideologie. Die USA haben quasi ein Mikrochip-Embargo verhängt. Die Kooperation mit dem Westen wird schwieriger, wodurch China der Zugang zu neuester Technologie abhanden kommt. Aus eigener Kraft scheinen sie noch nicht in vielen Berechen an die Spitze kommen zu können. Vgl. Die Zeit Nr. 44/ 22. 10.22, S. 27 (Interview mit Max J. Zenglein, Chefökonom beim Mercator Institute for China Studies, Berlin).

Reaktion auf die neue Geopolitik (dominiert von den USA: "Die bereits im 14. FJP als vorrangiges Ziel Chinas angeführte „Förderung der technologischen Innovationsfähigkeit und Eigenständigkeit in Wissenschaft und Technologie“ genießt für die chinesische Regierung angesichts der externen Herausforderungen 2023 höchste Priorität. Eine stärkere Koordinierung und Lenkung durch die zentrale politische Führung sowie inhaltliche und weitreichende institutionelle Reformen im Bereich der Wissenschafts-, Technologie und Innovationspolitik sollen es China ermöglichen, im sich verschärfenden internationalen Technologiewettbewerb zu bestehen und sich gegen externe Versuche der Eindämmung und Unterdrückung zu behaupten."  Siehe Bickenbach, Frank/ Wan-Hsin Liu: Wie China internen und externen wirtschaftlichen Herausforderungen begegnen will, in: Wirtschaftsdienst 7/ 2023, S. 484-490.

Konjunkturpaket 2023: Ende Juli 23 präsentiert der Staatsrat 20 neue Einzelmaßnahmen. Es ist ein Konsumpaket. Gefördert werden soll der Kauf von Elektroautos, Ausgaben im Tourismussektor, im Wohnungsmarkt. Die Shopping-Infrastruktur soll ausgebaut werden. Experten sind skeptisch.  

Sozialpolitik und Sozialversicherung (Gesundheit, Gesundheitspolitik): Entwicklung eines Sozialversicherungssystems: Chinesen und Ausländer, die in China arbeiten, unterliegen mittlerweile der Sozialversicherungspflicht (Arbeitgeberanteil ca. 40%). Von 250 Mio. städtischen Erwerbstätigen sind 2008 205 Mio. (15%) Renten- und 130 Mio. Kranken - versichert (System wird seit 1997 aufgebaut). Bis Ende 2009 soll die Zahl der Rentenversicherten auf 225 Mio. steigen. Für die Grundsicherung sind in den nächsten zehn Jahren noch 5,7 Billionen € zu investieren. Männer erhalten mit 60 Jahren den vollen Rentensatz, Frauen je nach Beruf mit 50 bis 55 Jahren. Das fertige System könnte die hohe Sparquote in China senken und so mehr Geld in den Konsum lenken. Im Jahre 2030 sind 380 Mio. Chinesen im Rentenalter über 65 Jahre. Keine Branche boomt so, wie der Immobilienmarkt, keine spiegelt so sehr die tief greifenden sozialen Veränderungen in den Städten wieder. Noch ungeklärt ist die Finanzierung der Pensionen, Gesundheits- und  Bildungskosten für die freigesetzten Staatsbediensteten, die einen rechtlichen Anspruch auf die Zuwendungen haben. Seit 2006 gibt es die Möglichkeit, auch Wanderarbeiter in die Sozialversicherung aufzunehmen. In der Praxis sind nur 18% der Wanderarbeiter krankenversichert und 20% unfallversichert. Bei der Rentenversicherung lag der Anteil 2006 bei nur 10% (das größte Problem der Sozialversicherung). In der Wirtschaftskrise 2008 kehren viele Wanderarbeiter in ihre Heimatprovinzen zurück. Der Volkskongress arbeitet 2009 fieberhaft an einem sozialen Netz. Zuerst müssen die ca.20 Mio. arbeitslosen Wanderarbeiter unterstützt werden. Deshalb soll mehr Geld in die Westprovinzen fließen, wo der Großteil der armen Landbevölkerung lebt. Langfristig muss ein stabiles Sozialsystem geschaffen werden, damit die Menschen nicht so hohe Rücklagen bilden und mehr konsumieren. Heute leben rund 40% der Chinesen in Städten. 2030 sind es voraussichtlich 60%. Dieser Trend führt grundsätzlich zu einer Einkommensverbesserung und damit zu mehr Konsum. China konzentriert seine Staatsausgaben immer mehr auf Gesundheits- und Altersvorsorge, auch auf Bildung. Weil die eigene Wohnung eine Bedingung zum Heiraten ist, zahlen die Käufer fast jeden Preis, was die Immobilienüberhitzung mit ausgelöst hat. Allein im Jahr 2011 will die Regierung 140 Mrd. € für sozialen Wohnungsbau ausgeben. Dies soll helfen, die Kluft zwischen  Arm und Reich zu bekämpfen. In den nächsten fünf Jahren sollen 36 Mio. niedrig-preisige Wohnungen entstehen. Die Reichen kaufen mittlerweile Immobilien auf der ganzen Welt. Immer wieder kommt es zu Missständen in den in China produzierenden Firmen. Z.B. wurden bei der Produktion von Apple - Handys viele Beschäftigte schwer vergiftet.

Rentenversicherung: Die Nachkommenschaft war in China Jahrhunderte ein Pensionsplan. Das steckt in einer über 600 Jahre alten Redewendung: "So wie man Getreide für magere Jahre zurücklegt, zieht man Kinder für das Alter groß" (yang er fang lao, ji gu fang ji). Deshalb überleben in den Ein-Kind-Haushalten auch so viel mehr Jungen als Mädchen. In der Literatur werden verheiratete Töchter mit verschüttetem Wasser verglichen, weil sie den Familienstammbaum nicht länger nähren. Die Regierung versucht seit vielen Jahren, eine gesetzliche Rentenversicherung aufzubauen. Das geschieht auch Schritt für Schritt. 2021 muss das Rentenalter erhöht werden, weil ab 2023 die Bevölkerung schrumpft, die Geburtenrate zu gering ist (1,3) und die Zahl der Erwerbspersonen zurückgeht. 2021 beträgt es noch bei Männern 60 Jahre, bei Frauen 55 Jahre. Chinas Rentensystem scheint der Kollaps zu drohen. Die Kassen dürften 2035 leer sein und 2050 wird mit einem Defizit von 11 Billionen Yuan gerechnet (1,4 Billionen €). Quellen: Zentralbank, Chinesische Akademie der Wissenschaften. Ein funktionierendes Rentensystem gibt es bis heute (2023) nicht. Gerade die chinesische Mittelschicht hat erhebliche Probleme mit der Altersversorgung. Da seine Kind kann kaum die Versorgung aufbringen.

2014 ist das Krankenversicherungssystem immer noch sehr heterogen. Angestellte Stadtbewohner sind in der UEBMI ( Urban Employee Basic Medical Insurance) pflichtversichert. Sie müsse bei ambulanten und stationären Behandlungen zuzahlen. Arbeitslose Stadtbewohner können sich freiwillig in dieser Sozialversicherung versichern. Sie müssen dann bei stationärer Behandlung und chronischen Krankheiten zuzahlen (jährliche Limits). Landbewohner können sich freiwillig in der NCMS (New Rural Cooperative Medical Scheme) absichern. Zuzahlungen sind bei stationärer Behandlung und chronischen Krankheiten fällig. Behandlungen sind grundsätzlich aus eigenem Einkommen und Vermögen zu bezahlen und können später ersetzt werden. Innerhalb der nächsten fünf Jahre ab 2015 soll sich die Anzahl der Ärzte verdoppeln. Der Arztberuf wird attraktiver gemacht. Das Ziel, Krankenversicherung für alle Chinesen ist fast erreicht (nur noch fünf Prozent kommen für ihre Gesundheitskosten selbst auf, 1990 noch 75%). Es ist ein massives Wachstum bei den staatlichen Ausgaben für Gesundheit vorgesehen. Das könnte ein Milliardengeschäft für die weltweite Gesundheitsindustrie werden. 2015 weitet China die Krankenversicherung aus. Bisher haben zwar über 90% eine Krankenversicherung. Diese deckt aber nur einen Bruchteil der Kosten ab. Zukünftig soll etwa die Krebsvorsorge enthalten sein. Für 2020 schätzt man eine Billion Dollar Umsatz im Gesundheitssektor. Profitieren davon könnten auch deutsche Pharma- und Medizintechnikanbieter wie Bayer oder Siemens. Viele ältere Chinesen sind nicht krankenversichert, vor allem die Landbevölkerung ist unterversichert. Hoch ist deshalb die Selbstmordrate bei älteren Menschen (70,3 von 100.000). Eine Krankheit ist oft Auslöser. Sie töten sich, um der Familie die Ausgaben zu ersparen. Medikamente werden aus dem Ausland, häufig aus Deutschland, geschmuggelt. Die Krankenhäuser sind oft überfüllt. Die Behandlungen sind oft unbezahlbar. Mit 123 Mrd. Dollar ist China 2018 der zweitgrößte Pharmamarkt hinter den USA. Zwischen 2007 und 2016 vervierfachten sich die Gesundheitsausgaben Chinas von 145 Mrd. auf 693 Mrd. Dollar. Chinas Auslandsinvestitionen in die Gesundheitsindustrie haben sich zwischen 2015 und 2018 von 4,2 Mrd. $ auf 9,7 Mrd. $ mehr als verdoppelt. 40% beträgt Chinas Anteil an Krebspatienten weltweit (Quelle: Nationales Krebszentrum China).

Gesundheit: 1920 herrschten in China Hunger, Seuchen, Bürgerkrieg, Chaos. Die Lebenserwartung betrug 30 Jahre, die Kindersterblichkeit 40% (Quelle: Kishore Mahbubani: Has China won? The Chinese Challenge to American Primacy, PublicAffairs 2020).  Viele Epidemien der letzten Jahrzehnte hatten in China ihren Ursprung. Als Gründe gelten mangelnde Hygiene, das Beharren auf dem Konsum von Frisch- und Wildfleisch (im März 2020 wird der Import von Löwen und Nashörnern aus Afrika verboten), exzeptionelle Ernährungsgewohnheiten (bei teurem Schweinefleisch Ersatz durch Wildtiere), das enge Zusammenleben von Tier und Mensch. 2002 brach SARS in China aus, eine Viruserkrankung, die 774 Menschenleben forderte. Die Krankheit konnte nur gestoppt werden, weil die Menschen konsequent zu Hause blieben. Bei einem neuen Virus der Vogelgrippe 2013 in China fallen die Aktien von globalen Firmen erheblich (z. B. Lufthansa). Vogelgrippe ist eine unter Vögeln hoch ansteckende Krankheit. Eine Calciumschale im Darm sorgt dafür, dass sie Vögel und kaum Menschen bedroht. Die erste globale Krankheit war die Spanische Grippe. Zwischen 1918 und 1920 starben 50 Millionen Menschen. Ursprungsort war wahrscheinlich auch China.  Die Asiatische Grippe forderte 1957/58 4 Mio. Todesopfer. Die Hongkong-Grippe 1968/69 hatte 2 Mio. Todesopfer. Mitte 2014 bricht die Pest in Yumen (Provinz Gansu, China) aus. Überträger war wahrscheinlich das Murmeltier, das als Delikatesse gilt. 2020 bricht eine mysteriöse Lungenkrankheit in China aus. Ein neuer Virus-Typ wird ausgemacht (Corona-Virus, Sars-CoV-2, Covid-19). Es gibt Sorgen wegen der anstehenden Reisewelle. Die Krankheit ist in der Metropole Wuhan zuerst ausgebrochen. Der Bürgermeister verhindert die Bekanntgabe auf Anweisung von oben um drei Wochen. Später müssen die Verantwortlichen dafür zurücktreten (KPC-Partei-Chef in Hubei muss gehen). Die Krankheit breitet sich rasch aus (Mitte Januar 2020 820 Infizierte, 26 Tote; Experten gehen von über 1600 Infizierten aus, da die Krankheit auch in Thailand, Südkorea, den Philippinen, Iran und Japan ausgebrochen ist; am 06.02. schon in über 20 Ländern). In Europa gibt es die ersten Fälle in Frankreich (44 Fälle in Europa; 1 Todesopfer). Später ist Italien ein Schwerpunkt (Venetien, Lombardei; übertragen von Unilever-Angestelltem; damit wird das Herz der italienischen Wirtschaft getroffen; über 1200 Infizierte). Es folgen Norwegen, Griechenland, Deutschland.  Es wird auch ein Hotel auf Teneriffa abgeschottet. Den ersten Todesfall außerhalb Chinas gibt es auf den Philippinen. Am 5.2.20 wird das Virus auf einem Kreuzfahrtschiff vor Japan gefunden (anfangs 10 Fälle und später mehr Fälle/ über 200, darunter auch Deutsche, sollen zurückgeholt werden; auch ein Kreuzfahrtschiff vor Hongkong ist betroffen). Die Zahl der Infizierten und der Toten steigt rapide an. Vor dem Neujahrsfest wird Wuhan abgeriegelt (Provinz Hubei; Stadt genau in der Mitte Chinas mit 11 Mio. Einwohnern; mit öffentlichem Personenverkehr die Stadt verlassen, ist nicht mehr möglich). Weitere 12 Millionen-Städte werden so abgeriegelt. In Wuhan soll innerhalb 6 Tagen ein Spezialkrankenhaus gebaut werden (es dauert 10 Tage bis Patienten aufgenommen werden können: 25.000 Quadratmeter, 1400 Ärzte). Die Lufthansa und andere Fluggesellschaften fliegen China nicht mehr an. Ausländische Firmen schließen Filialen in China (z. B. Ikea, Schaeffler, BMW, KSB, Adidas, Nike, Nissan, Honda). Apple kappt seine Prognose. Auch inländische Unternehmen stellen die Produktion ein (wichtig als Zulieferer; so soll dei Ausbreitung verhindert werden). Wuhan ist ein Zentrum der Automobilindustrie. Lieferketten funktionieren nicht mehr.  In Deutschland sind bis 1. Februar 2020  8 Menschen erkrankt, darunter ein Kind (später steigt die Zahl auf 16). Die Bundeswehr holt Bundesbürger aus China zurück (zwei davon sind erkrankt und werden in der Uni-Klinik Frankfurt behandelt). Die zurückgeholten Deutschen (120) werden in einer Kaserne in Germersheim/ Pfalz in Quarantäne untergebracht (keiner hat die Krankheit). Eine zweite Bundeswehrmaschine holt 24 Deutsche aus Wuhan nach Berlin. In China gibt es bis zu diesem Zeitpunkt 11.791 Erkrankte. Die Zahl der Todesopfer kletterte auf 259 (am 5.2. steigt die Zahl auf über 25.000, die Zahl der Toten auf über 500, der Höhepunkt wird in zwei Wochen erwartet; am 09.02. sind es schon über 40.000 Infizierte, über 500 Tote; am 12.02. über 1000 Tote, über 60.000 Infizierte; am 14.02. über 70.000 Infizierte, 1600 Tote, am 19.02. über 90.000 Infizierte und 2000 Tote; 24.02 80.000 Infizierte und 2400 Tote). Am 25.02.20 gehen die Fallzahlen in China wieder zurück. Am 27.02. sind erstmals mehr Menschen außerhalb Chinas infiziert als in China (Pakistan, Georgien, Brasilien, USA). Das gefährliche und ungewöhnliche an dem Virus (2019-nCoV; chinesische Forscher: Fledermäuse - Schuppentiere/ Pangoline - Fleischverarbeitung auf Wildtiermärkten - Mensch) ist, dass Menschen anstecken können, obwohl sie selbst noch keine oder schwache Symptome zeigen (ansonsten gibt es in den sozialen Netzwerken viele Fehlinformationen; das Virus verbreitet sich auch im Verdauungstrakt; anfangs ähnelt es eher einer harmlosen Erkältung). Es ist hoch ansteckend, weil es relative weit oben im Rachen sitzt. Das Virus verändert sich rasend schnell beim neuen Wirt Mensch.  80% der Infizierten haben leichte Erkältungs - Symtome, 15% erkranken schwer, die Sterberate ist relativ hoch. Es droht so eine Pandemie. Die Quarantäne-Maßnahmen in China schwächen die Wirtschaft im Land. Die Wanderarbeiter müssen an ihrem Standort bleiben. 760 Mio. Chinesen sind von Abriegelungsmaßnahmen betroffen. Die Regierung will über 240 Mrd. Dollar Finanzhilfen geben. 70 Mrd. Dollar sollen für Kredite an KMU zusätzlich kommen (7 von 10 Unternehmen haben Existenzängste). Sie spricht von einem "Volkskrieg" gegen den Virus (mit Feldherr Xi Jinping). Es ist auch ein Test für das politische System Chinas. Normalerweise zeigen sich die Folgen an den Märkten weltweit (Einbruch der Ex- und Importe, des Tourismus, Fallen der Aktien-Indizes, Fallen des Ölpreises). Arzneimittel, die in China produziert werden, könnten in der EU knapp werden. Die Aktienindizes in Shanghai und Shenzhen brechen ein. Später sinken die Aktienkurse weltweit (auch der DAX). Es zeigen sich auch Folgen für Industrieproduktion, Schifffahrt und Flugverkehr. Container stapeln sich in den Häfen; immer mehr werden auf Züge verlagert (es gibt eine Verbindung zwischen Wuhan und Duisburg: große Gefahr!). Die Messebranche ist gelähmt. Die Logistikbranche wird hart getroffen. Die meisten Restaurants und Geschäfte bleiben geschlossen (enormer Umsatzverlust). Das BIP-Wachstum in China könnte auf 4% 2020 sinken, mindestens -1% auf ca. 5%, ganz pessimistische Prognosen gehen von 3% aus). Im schlimmsten Fall könnte auch ein globaler Abschwung kommen. Der wird schon prognostiziert (Weltbank; auch Baltic Dry Index im freien Fall). Insgesamt spricht man ökonomisch vom Corona-Effekt. Stark betroffen ist die deutsche Industrie, die viele Güter nach China exportiert. Die Nachfrage in China geht stark zurück. Aber auch Lieferketten werden gestört. Am stärksten trifft es die deutsche Automobilindustrie (im Februar bricht der Auto-Absatz in China um 90% ein). Auch die Kommunikation ist gestört:  Bei der Einreise nach China kommen Manager und Touristen zwei Wochen in Quarantäne, die Sicherheitsvorkehrungen werden generell stark erhöht. Die Angst vor Infektion ist das größte Problem. Es dürfte aber mit Sicherheit nicht der letzte Erreger sein. Am 19.3. gibt es angeblich so gut wie keine Neuinfektionen mehr. Das ist zu schön , um wahr zu sein. Die Produktion muss halt wieder angefahren werden. Die offizielle  Statistik bis dahin lautet: 80.928 Infizierte, 3245 Tote. Immer mehr Hinweise deuten darauf hin, dass die Zahlen nicht stimmen: Viele nehmen als Schattenzahlen die Urnen bei den Bestattungsunternehmen oder die Schlangen vor den Krematorien. Dann kommen Schätzungen in Wuhan allein auf 26.000 Tote (Differenz zum Durchschnitt). Die Führung in China scheint eine Mundtot-Politik zu betreiben. Der 04.04. wird zum Nationalen Corona-Gedenktag erklärt (die Zahl 4 klingt ähnlich wie das Wort Tod). Es ist aber sowieso seit über 1000 Jahren der Toten-Gedenktag. Am 06.04. soll China erstmals keinen Corona - Toten haben (offiziell). Am 08.04. wird Wuhan geöffnet nach 76 Tagen Lockdown (gigantische Lichter - Show, "Heldenstadt") . Der Virus breitet sich aber wieder stärker im übrigen China aus. Die Zahl der Infizierten und er Toten geht wieder nach oben. Die Welle soll von Ausländern und chinesischen Rückkehrern ausgehen. Es kommt zu schweren rassistischen Ausfällen gegen Afrikaner. Anfang Januar gibt es wieder einen Ausbruch in der Provinz Hebei. Das ist die Provinz um Peking herum. Die Provinz wird in den "Kriegsmodus" versetzt und total abgeriegelt. Man hat Angst, dass sich sich mit der Reisewelle des bevorstehenden Neujahrsfestes der Virus weiter verbreitet.  Die Hauptstadt Shijiazhuang wird vollkommen abgeriegelt. In der Stadt entsteht ein riesiges Quarantäne-Zentrum (4000 Plätze). Eine zweite Millionenstadt muss auch vollkommen abgeriegelt werden (Xingtai). Es gilt eine zweiwöchige Ausgangssperre. Mitte Januar 2021 lässt China doch eine Expertenkommission der WHO ins Land. Sie soll die Ursache des Pandemie-Ausbruchs klären. Sie bringt allerdings keine neuen Erkenntnisse zutage. Die USA drängen in der Folge auf weitere Untersuchungen. Anfang August 2021 kommt es zu einem weiteren großen Ausbruch  durch die Delta-Variante. Ursprung ist der Flughafen von Nanjing. Von da kommt es im Nu zu 400 Infizierten. Es gibt auch 12 Fälle in Peking. Ein weiterer größerer Ausbruch der Delta-Variante ist im September 2021 in der Provinz Fujian: Die Großstädte Putian und Xiamen müssen in den Lockdown. Am 23.12.21 wird die alte Kaiserstadt Xi `an abgeriegelt. Sie muss in den Lockdown.  Betroffen sind 13 Mio. Einwohner. Der Autobauer BYD drosselt die Produktion.  In Germersheim in der Pfalz in einer Kaserne  werden 128 China-Rückkehrer und 27 Helfer des DRK mindestens zwei Wochen unter einem Dach leben - weitgehend abgeschottet von der Außenwelt.

In China kann sich jeder beim nächsten Krankenhaus testen lassen. Es gibt auch Container. Das ist ohne Termin und ohne Wartezeiten möglich. Das Ergebnis ist am nächsten Tag da. Es gibt vier Fenster: 1. Pass, Telefonnummer. 2. Zahlen. 3. Nummer. 4. Mund auf, Stäbchen. China hat die höchsten Testkapazitäten. Bei lokalen Ausbrüchen gibt es Massentests. Nimmt man den statistischen Wert "Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner" (seit Januar 2020 bis November 2020), so schneidet China weltweit am besten bei der Corona-Bekämpfung ab (auch wenn man statistische Ungenauigkeiten berücksichtigt). China scheint eine optimale Kombination der Erfolgsfaktoren gefunden zu haben: Testen, Kontaktverfolgung, Quarantäne (Abschottung), Digitalisierung, Risikogruppen. Der oberste Impfverantwortliche in China (Leiter des Zentrums für Krankheitskontrolle und Prävention Gao Fu) gibt im April 2021 überraschend zu, dass die eigenen Mittel zu wenig wirksam sind. Man will auf eine Kombination setzen. Bis mitte September 2021 sind in China 1 Milliarde Menschen geimpft (2,16 Mrd.; Impfdosen; Quelle: Gesundheitsministerium). Die Seuche bricht immer wieder aus. Die Chinesen sollen sich Vorräte für den täglichen Bedarf anlegen (Handelsministerium). Geschäftsreisende werden immer mal wieder ausgeschlossen. China hält aber konsequent an der Null-Covid-Strategie fest. Alternativen gibt es nur unter zwei Bedingungen: Import von Impfstoffen aus dem Ausland (Biontech, Moderna) oder Verbesserung eines eigenen mRNA-Impfstoffes. In westlich orientierten Metropolen misstrauen viele Bewohner dem harten Lockdown. In Shanghai  etwa explodierten in der ersten Aprilwoche 22 die Internetsuchanfragen zu dem Thema "Umzug nach Kanada" (Siehe Der Spiegel 38/ 17.9.22, S. 92).   "Der Osten steigt auf, der Westen steigt ab", He Yiting, Vizepräsident der Zentralen Parteischule und auch im Kabinett, 2020 in der 2. Welle der Corona-Krise im Westen (USA, Europa). Der Westen taumelt von einem Lockdown zum nächsten, während China dem Zentrum der Welt noch nie so nahe war. Man wundert sich in China, dass das eigene Land innerhalb weniger Tage Millionen Bürger testen kann, während es in einem der reichsten Länder der Welt an Laborkapazitäten mangelt. Große Probleme bereiten zwei Termine in Jahr, an denen die meisten Chinesen reisen: Frühlingsfest und Herbstfest. Beim Frühlingsfest, das auch mit dem chinesischen Neujahr verbunden ist, gibt es strenge Auflagen der Gesundheitsbehörde (kostenpflichtige Tests, Quarantäne länger als der Urlaub, Recht des Dorfes auf Einreiseverweigerung). Das trifft besonders viele Kinder, die bei den Großeltern zurückgelassen wurden. Unverheiratete Frauen sind eher froh,  weil sie den Druck der Verwandtschaft fürchten. Es gibt sogar Geld fürs dableiben. Ein Reiseverbot könnte noch drohen. Vgl. Böge Friederike, Peking: Geld fürs Dableiben, in: FAZ Nr. 22, 27.01.21, S. 7.

Die Null-Covid-Strategie wird wohl noch Jahre andauern. Sie ist oft damit verbunden, dass Corona-Regelbrecher öffentlich gedemütigt werden. So ist es im Falle der Grenzstadt Jingxi im Südosten des Landes. Sicherheitskräfte führen Corona-Regelbrecher vor einer größeren Menschenmenge vor. Sie müssen Plakate mit ihren Fotos und Namen tragen. Polizisten sprühen die vermeintlichen Verbrechen an die Hauswände der Straftäter, um diese öffentlich zu brandmarken. Bewohner müssen täglich mehrmals ihre Temperatur messen und einen Gesundheitscode scannen lassen. Der Alltag ist ohne Gesundheitscode nicht mehr möglich, so dass sich einige Kriminelle freiwillig gestellt haben. Ausländer werden als Virusträger zunehmend kritisch beäugt, nur mehr wenige Hotels nehmen ausländische Gäste auf. Die Zahl der Ausländer ist in den Metropolen Peking und Shanghai stark zurückgegangen. Chinesen reisen auch kaum noch ins Ausland. 90% aller Chinesen besitzen wohl keinen Reisepass. Studenten bewegen sich nur auf dem Universitätscampus. Die Lage wird sich dramatisieren, weil die heimischen Vakzine gegen Omikron kaum helfen. Vgl. Kretschmer, Fabian: Corona-Regelbrecher werden in China öffentlich gedemütigt, in: Rheinpfalz 31.12.21, S. 3. Die 13-Millionen-Stadt Xi`an muss abgeriegelt werden. Das führt zu Unmut. Die Vorräte sind knapp. Kritische Stimmen in den sozialen Medien werden gelöscht. Es könnte zu Hunger kommen. Mit Yuzhou in der Provinz Henan muss eine weitere Stadt abgeriegelt werden. Manchmal werden Leute ohne Vorwarnung nachts in Quarantäne-Einrichtungen gebracht. Das betrifft nach offiziellen Angaben etwa 40.000 Menschen. Vgl. Böge, Friederike: Die Vorräte sind knapp, in: FAZ Nr. 3, 5. Januar 2022, S. 3. Am 9.1.22 trifft es Tianjin. Die Hafenstadt nahe von Peking hat 13 Mio. Einwohner und ist ein wichtiger Logistikstandort. Noch kann ein Lockdown vermieden werden. Im März 2022 wird ein Lockdown über die Stadt Chanchun verhängt. Sie hat 9 Mio. Einwohner und ist Provinzhauptstadt im Nordosten. In China herrscht die schwerste Corona-Krise seit 2 Jahren. Eine einwöchige Ausgangssperre wird auch für Shenzhen erlassen. Die Stadt kommt in den Lockdown. Es folgt Shanghai. Es wächst der Frust gegen die restriktiven Covid - Maßnahmen. Die Angst vor Zwangsquarantäne geht um. Das belastet auch zunehmend die Wirtschaft. Die Volksrepublik reagiert mit rigorosen Lockdowns auf Covid - Ausbrüche (Shenzhen, Shanghai). Die Angst vor Zwangsquarantänen geht um. Die Nahrungsmittelversorgung ist angespannt. Arbeiter müssen wochenlang in Fabriken hausen. Unter europäischen Unternehmen in China kippt die Stimmung. Immer weniger ausländische Fachkräfte wollen ins Reich der Mitte. Es ist ein politischer Virus entstanden. Bisher kann die Zensur in China die meisten negativen Infos abschotten. Die Frage ist, wie lange das noch geht. Vgl. Yang, Xifang: "Es ist ein politischer Virus geworden", in: Die Zeit Nr. 16/ 13.4.22, S. 9. Ende April 2022 greift die Panik in Peking um sich: Hamsterkäufe, Massentests und erste Abrieglungen. Der chinesischen Hauptstadt droht der Lockdown. Man sieht lange Warteschlangen. Alle 3,5 Mio. Einwohner des größten Stadtteils Chaoyang müssen sich testen lassen. Immer wieder flackern 2022 Infektionsstränge auf. Laut Staatsmedien und nationaler Gesundheitskommission ist die Lage immer unter Kontrolle. Von den Schattenseiten erfährt die Öffentlichkeit kaum etwas. Ausnahmen sind We-Chat und Weibo. So erfährt man hier, wie katastrophal wohl die Lage in der Kleinstadt Yingtan (1,15 Mio. Einwohner, 2 Wochen Lockdown) ist. Vgl. Kretschmer, Fabian: Eine Stadt schreit nach Hilfe, in: Die Rheinpfalz 26.8.22, S. 1. Ende August und Anfang September 2022 werden Millionen in der Provinz Hebei bei Peking in den Lockdown geschickt. Davon sind 4 Mio. Menschen betroffen. In der benachbarten Hafenstadt Tianjin sind 13 Mio. Menschen von der Pflicht zu einem PCR-Test betroffen. Die Behörden wollen größere Ausbrüche verhindern, weil sich im Herbst die KPCh in Peking trifft, um Präsident Xi Jinping eine dritte Amtszeit zu geben. Im September 2022 lässt China einen Impfstoff zum Inhalieren zu. Er ist von dem Unternehmen CanSino aus Tianjin. Der Impfstoff ist vor allem zur Auffrischung geeignet und ruft stärkere Antikörperreaktionen hervor. Seit Anfang August 2022 soll Xinjiang abgeriegelt im Lockdown sein. Besonders die Stadt Illi mit 4,5 Mio. Einwohnern soll betroffen sein. Es gibt keine offiziellen Nachrichten. Infos kommen von Weibo und der China Digital Times. Wer 2022 nach China einreisen will, braucht eine Menge Zeit und Geld, auch stoische Gelassenheit. Man braucht einen Gesundheitscode, viele Impfungen und viele PCR-Tests.

Im November 2022 tauchen Gerüchte über ein Ende der Null - Covid - Politik auf. An den Finanzmärkten sorgen die Gerüchte für einen Aufschwung. Vorher gibt es aber einen großen Rückschlag. Im größten Foxconn - Werk in Zhengzhou in der Provinz Henan bricht Covid aus. Es kommt zu einer Massenflucht aus dem Werk. Die lokalen Behörden informieren zu spät und treffen auch zu wenig Vorkehrungen. Mit finanziellen Anreizen versucht man, die Menschen zu halten. Schließlich wird das Industriegebiet unter Quarantäne gestellt. Für Apple ist das eine Katastrophe vor dem Weihnachtsgeschäft. Es gibt Zusammenstöße zwischen Bürgern und Ordnungskräften. Betroffen sind in der Stadt 6 Mio. Menschen. Dei Infektionszahlen errechen wieder Rekordhöhe. In der Hauptstadt Peking werden Schulen, Kindergärten und Geschäfte geschlossen. In der südchinesischen Metropole Guangzhou befinden sich mehrere Bezirke im Lockdown. In Shanghai kommt es Ende November 2022 zu ersten Protesten gegen die KPCh.

Die Impfstoffe Chinas schützen wohl erst relativ zuverlässig , wenn sie dreifach verabreicht sind. Es wird kostspielig getestet. Es werden 200 Mrd. € für die Kosten geschätzt (7% der öffentlichen Einnahmen). Quelle: Der Spiegel 48/ 26.11.22, S. 79. Viele fordern einen Stopp der Flüge nach China. Es soll 1 Mio. Covid-19-Infektionen pro Tag geben. Regierungen in aller Welt sorgen sich, dass Peking keinen transparenten Umgang mit den Daten pflegt. Es könnten weitere Virus-Variationen entstehen. Man munkelt in China, das jetzt statt Null - Covid  Full - Covid gilt. Die Infektionszahlen werden zentral nicht mehr bekannt gegeben, nur noch auf Ebene der Provinzen. Man hört aber, dass Krankenhäuser und Krematorien überlastet sind. 

Es bleiben für die Zukunft viele Fragen offen: Öffnet sich China wieder? Werden verlässliche Daten zum Infektionsgeschehen heraus gegeben? Kann ein gefährliche Mutation entstehen? Wie schlimm wird es für unsere Wirtschaft? Könnte BionTech retten? Wird Xi den Tod von Millionen von Menschen überstehen? Vgl. Nass, Matthias: Auf dünnem Eis, in: Die Zeit 1/ 2022, 29.12.22, S. 4.Viele Staaten führen eine Testpflicht für Reisende aus China ein: USA, Japan, Israel, einige europäische Staaten. Die EU sucht eine einheitliche Lösung. Das Außenministerium in Peking protestiert. Einreisende aus China müssen einen Test nachweisen (weniger als 48 Stunden zurück). Die Testpflicht an der Grenze nach Europa wird empfohlen. FFP2-Maslen müssen im Flugzeug getragen werden. Varianten werden überwacht (Abwässer der Flugzeuge). In China ist vor allem die Landbevölkerung auf das Coronavirus unvorbereitet (darunter insbesondere ältere Menschen). Experten rechnen mit bis 1,7 Mio. Toten bis Ende April 2023. Vgl. Nelles, Roland: Die Schutzlosen, in: Der Spiegel Nr. 2/ 7.1.2023, S. 64ff. Im Januar 2023 endet auch die dreijährige Abschottung. Für Einreisende gilt keine Quarantänepflicht mehr (nur negativer Corona-Test).

Im Januar 2023 sollen sich täglich 3,7 Mio. Menschen infizieren. Schon bis Ende 2022 hat das Virus wohl 200.000 Tote in China gefordert. Die Reisen aus und nach China kommen wieder in Gang. 2019 gab es noch 71 Direktflüge pro Woche. 2022 waren es im Schnitt 10 Maschinen. 2023 im Januar sind es 37 Flüge. Der internationale Flugverkehr ist aber immer noch nicht frei. Für Einreisewillige Chinesen verlangen deutsche Botschaften und Konsulate den Nachweis der wirtschaftlichen Notwendigkeit. Ein englischsprachiger PCRTest ist für viele deutsche Geschäftsleute in China nicht überall organisierbar. Vgl. Petring, Jörn: Ausputz in der Goldgrube, in: WiWo 3/ 13.1.23, S. 34f. Die Chinesen feiern am 21.1.23 ihr Neujahr. Nichts soll die Festlaune verderben. Die Regierung kehrt die hohen Corona-Fallzahlen unter den Teppich. In den Provinzen scheint die Situation dramatisch zu sein. Dei Online-Plattformen, wie etwa Weibo, sperren die Leiden aus.

Exkurs.  Covid-Proteste in der Bevölkerung: Ende November 2022 gibt Demonstrationen gegen die Null-Covid-Strategie, zuerst in Ürümqi in Xinjiang. Bei einem Hochhausbrand kommen mindestens 10 Menschen ums Leben, weil sie wegen der Quarantäne nicht das Haus verlassen können. Es folgen Proteste in Shanghai und Peking (Tschingua-Uni) mit Hunderten von Teilnehmern. In Shanghai gibt es viele Festnahmen, in Peking hält man sich zurück. Das könnte das Ende der Null-Covid-Politik eingeläutet haben. Viele ältere Bürger haben noch nicht ausreichend Impfschutz (fehlt, aber auch Bedenken aus Sicht der TCM). Ende November 2022 fordern Demonstranten sogar Xis Rücktritt (Ürümqi, Shanghai, Peking und andere Städte). Die Bürger akzeptieren die rigide "Null-Covid" - Politik nicht mehr. Berichte darüber im Netz werden gelöscht. In Shanghai schlägt die Staatsgewalt hart zurück. Zunehmend geht man mit Zensur und Polizei gegen die Proteste vor. Gleichzeitig kündigt man Änderungen bei der Covid-Politik an (die müssen gesichts - wahrend sein). Die Proteste werden in den chinesischen Medien ignoriert. Peking setzt auf Zensur und Einschüchterung. Vgl. Böge, Frederike: Jetzt demonstriert der Staat seine Macht, in: FAZ 29.11.22, S. 3. Kretschmer, Fabian: Chinas Staatsapparat schlägt zurück, in: Die Rheinpfalz 30.11.22, S. 3 "Nieder mit Xi Jinping, nieder mit der Partei", Demonstranten auf der Straße, Ende November 2022. Vgl. auch: Xifan Yang: Mehr als nur Papier, in: Die Zeit 49/1.12.22, S. 4. Von außen lässt sich schwer einschätzen, welchen Umfang die Demonstrationen haben und inwieweit sie sich gegen das Regime richten. Demonstrationen sind in China nicht selten, es wird nur selten darüber im Westen berichtet. Ich habe selbst einmal Unruhen in der Region Lanzhou (Gansu, Gelber Fluss) miterlebt und durfte die Hochschule dort, an der ich Vorträge hatte und wohnte, nicht verlassen. Weinbauern demonstrierten gegen die Umweltverschmutzung der Mineralölkonzerne. Dabei kann es auch rabiat zugehen. Gesichert ist wohl, dass die jüngsten Proteste in folgenden Städten stattfinden: Hongkong, Shenzhen, Hangzhou, Shanghai, Chongqing, Chendu, Wuhan, Luoyang, Peking, Ürumqi, Die zentrale Frage ist, inwieweit die Null-Covid-Ideologie erschüttert werden kann und ob noch mehr Repression droht? Die Schuld wird an das Ausland weitergereicht (die USA hätten 500 Mio. $ für die Proteste investiert). Doch die Macht Xis hängt an der Wirtschaft. Vgl. Fahrion, Georg u. a.: Das Dilemma des Xi Jinping, in: Der Spiegel 49/ 3.12.22, S. 10ff. Am 06.12.22 verkündet der Staatsrat Lockerungsschritte: Es kommt ein 10-Punkte Plan. Erleichterungen für Quarantäne (zu Hause), PCR-Tests, Lockdowns. Bei Reisen ist ein negativer Test nicht mehr notwendig. Das Dilemma bleibt: Wie lässt sich die Null-Covid-Politik beenden ohne dass die Zahl der Toten rapide ansteigt? Die Infektionszahlen steigen dramatisch Ende des Jahres 2022 an. Man schätzt, dass 80-90% der älteren Bevölkerung nicht geimpft sind. Die Kliniken sind heillos überlastet. Offiziell gibt es weiter keine Corona - Toten. In der Hauptstadt Peking laufen die Krematorien aber im Dauerbetrieb und haben längere Wartezeiten. Die Corona-Welle wird immer stärker. Das hat mehrere Gründe: nicht so gute Impfstoffe,  nicht zuerst Ältere geimpft, Vorbehalte vieler gegen Impfen.

Der Biontech - Impfstoff, der in China nicht zugelassen ist, darf ab Ende 2022 an Deutsche in China verimpft werden. Das soll in Peking, Schanghai, Guangzhou, Shenyang und Chengdu passieren. Es gibt 11.500 Dosen. In China halten sich etwa 20.000 Deutsche auf. Ab 2023 soll auch nicht mehr die Quarantäne für Ausländer gelten.

Exkurs: Aufarbeitung der Corona-Krise: Ein Jahr nach dem Ausbruch der Krise Anfang 2021 verweigert sich China noch immer einer Aufarbeitung. Die Unterdrückung von Informationen durch die Parteikader und die nationale Gesundheitsbehörde in der Anfangsphase wird nicht zugegeben. Sogar ein Hilfsangebot der US-Seuchenschutzbehörde wurde am Anfang abgelehnt. Der Abwehrmodus kam zu spät. So konnte sich das Virus in der ganzen Welt ausbreiten. Dann stellte die KPCh die Mobilisierungsfähigkeit eindrücklich unter Beweis. Es gibt bisher keinen Beweis, dass das Virus aus dem Institute of Virology in Wuhan entwichen ist. Allerdings lenkt die Regierung eine Desinformationskampagne, die den Imageschaden Chinas beheben soll und die Überlegenheit des eigenen Regimes herausstellt (China als Sieger im Wettbewerb der Systeme!). Vgl. Böge, Friederike: Pekings autoritäre Reflexe, in: FAZ Nr. 2021, 2. Januar, S. 10. Die Chinesen schätzen ihre Regierung mehr als zuvor - nicht trotz, sondern wegen Corona. Wuhans Kampf ist zur heroischen Erfolgsgeschichte ohne jegliche Grautöne erklärt worden. Vgl. Kretschmer, Fabian: Die Partei und das Virus, in: Rheinpfalz am Sonntag, 3.01.21, S. 3. Obwohl die Erfolgsrate des ersten Impfstoffs wohl nur 74% beträgt und er Nebenwirkungen hat, wird 2021 fleißig geimpft (bis Ende Februar 21  soll die Zahl von 50 Mio. errecht sein). Man betreibt auch eine Impfdiplomatie mit EL und SL: Impfstoff gegen kleine Gefälligkeiten (z. B. mit Türkei Auslieferungsabkommen wegen der Uiguren). Quelle: Internationaler Frühschoppen, 03.01.21 auf Phoenix, 12.00 Uhr. Die Chinesischen Internetnutzer gedenken im Februar 2021 des Arztes Li Wenliang. Er warnte als erster vor dem Coronavirus und starb daran. Es ist ein Jahr nach seinem Tod. Es werden auch Transparente gezeigt. Heute hat man den Arzt zum Helden erklärt (mit vielen Medaillen vom Staat). Er hat noch einen Web - Account auf Weibo. Berühmt der Internetkommentar von vor einem Jahr: "Wir wissen, dass sie lügen. Sie wissen, dass wir wissen, dass sie lügen. Und dennoch lügen sie weiter". Die WHO-Kommission legt am 09.02.21 ihren Bericht über die Corona-Ursachen vor: 1. Wahrscheinlich Fledermäuse und Zwischenwirt sowie Wuhan-Markt. 2. Forschungslabor in Wuhan als Ursache extrem unwahrscheinlich, aber nicht ganz auszuschließen. 3. Importiertes Fleisch (aus dem Ausland, Italien) als Ursache möglich. China drängt auf Weiterverfolgung der These. 4. Die Kernfrage bleibt also zum Teil offen.

Exkurs: Seuchen und große Mediziner in China: Beim Übergang von der Ming zur Qing-Dynastie lebte Li Zhisheng. Er macht genaue Auszeichnungen über die Pest. Man wusste schon, dass sie durch Ratten übertragen wurde. Von 1580 bis 1642 lebte der Arzt und Daoist Wu Youke. Er führte umfangreiche Forschungen über Epidemien durch (Wenyi Lun, Über die Pest). Ein weiterer Weiser der Ming-Zeit war Liu Bowen (1311-1375). Er war eine Art chinesischer Nostradamus. Er prophezeite schon eine Seuche beim Übergang vom Jahr des Schweins in das Jahr der Metall-Ratte: 2020). Quelle: Epoch Times 02/2020, April 2020, S. 30.

Exkurs: Blut- und Gen-Datenbank in China: Ab 2020 legt Peking eine riesige Gen-Datenbank an. 10% der männlichen Bevölkerung soll vorerst verortet werden. Sie wurde schon 2003 für Straftäter begonnen. Gerade Sexualstraftäter konnten schon öfter überführt werden. Seit 2017 hat man begonnen, die Datenbank auszubauen. Die DNA-Sammlung verstößt eigentlich gegen die Gesetzgebung und die Menschenrechte. Vgl. Kretschmer, Fabian: Bluten für Xi, in: Focus 30/2020, S. 40.

Exkurs: Corona-Impfstoffe. China ist mittlerweile auch mit führend bei den Impfstoffen, auch bei den den neuesten Techniken (mRNA). Große Länder bestellen Riesendosen: Indonesien 140,5 Mio.; Brasilien 100 Mio.. Sogar die Türkei bestellt 50 Mio., Chile 60 Mio. Quelle: Der Spiegel 4, 23.1.21, S. 12. Die "Impfstoffdiplomatie" führt dazu, dass China das Impfrennen im inneren verliert. Erst Ende 2022 sollen alle Chinesen geimpft sein, die wollen. Es werden auch systematisch Falschinformationen gestreut, z. B. über Tote durch den Biontech  -Impfstoff. Die Grenzen könnten also noch lange verschlossen bleiben. Vgl. Ankenbrand, Hendrik: Verliert China das Impfrennen, in: FAZ, Montag 1.2.21, S. 17.

Exkurs. Gesundheits - App: 2022 besteht sie 2 Jahre. 2022 wird sie schärfer geschaltet und zur Überwachung genutzt. Sie hat keine gesetzliche Grundlage. Jeder Bürge rmuss sie haben und damit ein Handy. Sie überwacht die gesamte Mobilität der Bürger: Verkehrsmittel, Taxis, Banken, Restaurants, Wohnviertel u. a. Sie hat drei Farbstufen: grün, gelb, rot. Bei gelb und rot hat man keinen Zutritt. Es wird offensichtlich, dass die App nicht nur für Corona, sondern allgemein von der Polizei zur Überwachung und Kontrolle genutzt wird (mit willkürlichen Beschränkungen bei Nicht-Wohlverhalten).

Exkurs: Tabakkonsum in China und Gefahr für die Gesundheit: China National Tobacco Corporation/ CNTC, Qufu/ Shandong/ China  (Zigarette, Tabak; seit 1982, staatseigen;  größtes Zigarettenunternehmen der Welt, Anteil am Zigarettenweltmarkt 2022 46,5%; 96% im chinesischen Inland, über 300 Mio. Chinesen rauchen, die Hälfte der Männer in China, der Konzern scheint beste Verbindungen in die KPCh zu haben, der Monopolkonzern wird von der staatlichen Monopolverwaltung kontrolliert, die gehört zum Ministerium für Industrie, die gesamte Lieferkette erstreckt sich bis in die letzten Winkel Chinas, Xi ist heute Nichtraucher. Die Regierung tut nichts gegen das Rauchen. Man will wohl daran verdienen)

Behinderte: Mit großer Wahrscheinlichkeit hat China die meisten behinderten Menschen der Welt. Genaue Zahlen darüber liegen nicht vor. Das ist so, weil es in der Volksrepublik kein Bewusstsein für Behinderung gibt. Auch Arbeitsplätze sind Mangelware. Man schätzt, dass in China allein 20 bis 30 Mio. hörbehinderte Menschen leben. In Changsha gibt es eine deutsche Backstube (Bach` s Bakery), die deutsches Brot in Zentralchina anbietet. Sie beschäftigen viele Hörgeschädigte, die sich in Gebärdensprache unterhalten.

Reichtum und Armut: Seit 1999 wird jährlich eine Liste mit Reichen veröffentlicht. Sie heißt "Hurun-Liste". Auf der letzten stehen 1363 Menschen mit einem persönlichen Vermögen von einer Milliarde Yuan (110 Millionen Euro). Der chinesische Staatsrat legt 2013 einen Plan zur Verringerung der aufgegangenen Schere zwischen Arm und Reich vor: Anhebung der Mindesteinkommen, Verringerung der Managergehälter, Staatsunternehmen sollen Gewinne abführen, um die Sozialversicherung zu unterstützen. Ein Prozent der Familien besitzen 2013 41,4 % der privaten Vermögen. Die Gesellschaft wird immer mehr atomisiert. Sogar das Politbüro empfiehlt die Lektüre von Tocqueville und erwähnt den Vergleich mit Frankreich 1789 vor der Revolution. Die vielen Hinrichtungen in China werden zur Organentnahme genutzt (60% aller entnommenen Organe). Ca 10.000 Organe werden jährlich verpflanzt, viele an betuchte Patienten aus dem Westen. Beim Besuch des neuen chinesischen Premierministers Li Keqiang 2013 geht es auch um das Lernen von der deutschen Sozialpolitik. In letzter Zeit (2013) häufen sich spontan organisierte Arbeitsauseinandersetzungen. Unabhängige Gewerkschaften sind noch nicht zugelassen, so dass die Arbeitnehmer die Sache selbst in die Hand nehmen müssen. Mitarbeiter nehmen ihren Firmenchef z.B. gefangen, um eine Verlagerung nach Indien zu verhindern. Im 3. Fünfjahresplan im November 2015 will das Land für offiziell 70 Mio. Arme eine Alterssicherung aufbauen. Das Privatvermögen beträgt in China 22,5 Billionen Euro (2017, Quelle: Weltbank). Einige Vergleichszahlen dazu: USA 71,4 Billionen Euro. Japan 27,0 Billionen Euro. Deutschland 5,8 Billionen Euro.

In der Corona-Krise ist das verfügbare Einkommen langsamer angezogen als das Gesamtwachstum. Die Einkommensschere zwischen Stadt- und Landbevölkerung ist weiter auseinander gegangen. 2020 ist das Einkommen der Städte etwa dreimal so hoch. Genaue Daten müssen noch ermittelt werden. Die Ungleichheit ist in China wie in den USA (den wirtschaftsstärksten Mächten) das gleiche Grundproblem und sie wächst in beiden Ländern. Man darf gespannt sein, wie die beiden Länder in den nächsten Jahren das Problem angehen.

Exkurs: Soziale Ungleichheit in China: Der Anteil der ärmsten 50% am chinesischen Volkseinkommen zwischen 1978 und 2015 sank von 28 auf 15%. Gleichzeitig wuchs der Anteil der reichsten 10% von 26 auf 41%. Damit liegt die Ungleichheit über europäischem Niveau und nähert sich der Situation in den USA an. Vgl. Thomas Piketty: Der Sozialismus der Zukunft, München 2021, S. 78..

Kampf gegen Armut: Die landwirtschaftliche Entwicklungsbank (Staatsbank) will sich mit Krediten in Höhe von 400 Milliarden Euro am Kampf gegen die Armut beteiligen. Das Programm geht bis 2020. Gut ein Drittel des Geldes fließt in Infrastrukturprojekte in ländliche Regionen. Ein weiteres Drittel geht an landwirtschaftliche Betriebe. Dazu kommen Kredite für die Umsiedlung von Menschen, die unter der Armutsgrenze leben, für Tourismus, Umweltschutzprojekte und Bildungsvorhaben. Millionen von Bauern werden auch umgesiedelt. Alle 1,4 Mrd. Menschen sollen zum 100. Geburtstag der Partei 2021 "moderaten Wohlstand" genießen. 600 Mio. Chinesen, die von weniger als 125 Euro im Monat lebten, mussten im Einkommen angehoben werden. Einkommen unter 40 Euro pro Monat soll es bis Ende 2020 überhaupt nicht mehr geben (vorher 5,5 Mio.). Die Ärmsten bekommen eine Art Grundeinkommen (mehrere Hundert Euro pro Monat, Angabe der Regierung). Ca. 10 Mio. Bauern wurden zwischen 2016 und 2019 umgesiedelt. Junge Menschen sollen Perspektiven bekommen, sich etwas aufzubauen. Die großen Wirtschaftskonzerne helfen (Alibaba, Tencent). DIE ZEIT macht im Oktober 2020 (Nr. 43, 15.10.20, S. 21ff.) eine Reportage über eines der ärmsten Bergdörfer, nämlich Erping in der Provinz Sichuan. Es ist eines der berühmt-berüchtigten Schluchtendörfer (Dadu-Tal). Es ist eines von mehr als 100.000 neuen Dörfern. Hier lebt eine Yi-Minderheit. mit diesen Maßnahmen soll die Kaufkraft gestärkt werden, aber auch Arbeitskräfte für die Ballungsgebiete sollen gewonnen werden (man will von den Wanderarbeitern weg). Seit 2012 (Amtsantritt von Xi Jinping) hat sich bis 2018 die Armut drastisch verringert: 2012 87,8 Mio. Menschen, 2018 3,7; Menschen mit weniger als 1,90 $ pro Tag). Quellen: Statistikamt China, Weltbank, Zant, B.: Drachendämmerung, in: Der Spiegel Nr. 51, 12.12.2020, S. 78ff.  "Reich werden ist ehrenhaft", Parole der KPC in der Achtzigerjahren. Die Aufforderung an China, seinen Inlandsverbrauch zu steigern, ist etwas verfehlt. Selbst bei Erhöhung des Konsums würden Importe aus den USA oder der EU möglicherweise nicht steigen. Absoluten Vorrang haben inländische Dienstleistungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich. So auch J. Stiglitz: Im freien Fall, München 2010, S. 424. "Kein Einzelner und keine Familie wird zurückgelassen werden", Xi Jinping 2018 bei einem Besuch in Sichuan. Auf dem Nationalen Volkskongress 2021 zählt Xi Jinping als einen von drei Erfolgen die Überwindung der extremen Armut auf. In letzten zehn Jahren wurden 99 Mio. Menschen übe reine Armutsschwelle von 2,30 Dollar pro Tag gehoben. Das wirft jedoch einige Fragen auf: 1. Wie aussagekräftig ist die Armutsgrenze? 2. Wie nachhaltig ist das Programm? 3. Inwieweit kann man Chinas Methoden übertragen? Zu 1.: Das enorme Wachstum ermöglichte den Sieg bei einer zu niedrigen Grenze. Verantwortlich für die Armut war wohl Mao. Zu 2.: In dem Programm waren massive Umsiedlungen. Es wurden Arbeitsplätze durch Subventionen geschaffen. Viele lokale Regierungen nutzten das, um sich die Landflächen. anzueignen. Zu 3.: Man kann nicht vergleichen. Immerhin war China bis ins 19. Jahrhundert eines der reichsten Länder der Erde. Vgl. Böge, Friederike: Vermeintlich überwunden, in: FAZ 6. März 2021, S. 6.

Wanderarbeiter: Sie stellen die Unterschicht an der Ostküste dar. Es sind ca. 281 Millionen Menschen. Das sind 35 Prozent von Chinas arbeitender Bevölkerung. Auf eine Wanderarbeiterin kommen zwei Männer, ihr Alter liegt im Schnitt bei 39 Jahren. Sie arbeiten im Schnitt für umgerechnet 453 Euro im Monat (3572 Yuan). Sie arbeiten im Dienstleistungsbereich (Putzen, Kochen, Haare schneiden, Taxi fahren), am Bau oder in der Industrie (Foxconn u. a.). Nur jeder dritte Wanderarbeiter hat einen Arbeitsvertrag. 84% arbeiten mindestens 44 Stunden pro Woche. 16% haben Anspruch auf Rente, 18% haben eine Krankenversicherung. Das staatliche Registrierungssystem zählt sie als "Arbeiter vom Lande". Deshalb sind sie in den Städten auch relativ rechtlos (müssen z. B. teures Schulgeld zahlen). Sie verlieren in den Städten, wo sie in Slums am Rande hausen, häufig ihre Wohnungen anlässlich neuer Bauprojekte. Die Behörden schließen immer mehr brandgefährdete und illegale Unterkünfte. Die Städte wachsen schon legal rasant (2020: 23 Mio. Peking, Shanghai 30 Mio., Shenzhen 15 Mio., Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch Fischerdorf bei Hongkong). Vgl. Hendrik Ankenbrand: China geht brutal gegen seine Unterschicht vor, in: FAZ, Nr. 280, 2. Dez. 2017; S. 22.

"Chinesische Brands sind heute da, wo in den 60er und 70er Jahren die Japaner und in den 80er Jahren die Koreaner waren", Bill Russo, Unternehmensberater (zitiert nach Hirn: Chinas Bosse, 2018, S. 77).

Chinas Mittelschicht: Bei ihr wird die tragende Säule des Binnenkonsums gesehen. Sie ist auch für die chinesische Regierung der Hoffnungsschimmer weg von der großen Exportorientierung. Für den Ökonomen stehen also Konsumorientierung und Einkommen im Mittelpunkt. Beides ist aber in China schwer messbar. Deshalb greift man meist ersatzweise auf Berufsgruppen zurück. Dazu gehören auf jeden Fall "White Collar Jobs" (hoher Bildungsabschluss). Ebenso sind zu nennen Ärzte, Rechtsanwälte, Manager, Beamte. Es erfolgt eine Abgrenzung gegen "grey collar jobs" (niedrige Büro- und Sachbearbeitertätigkeit) und "pink collar jobs" (weiblich, geringes Prestige). Die Selbsteinschätzung bringt nicht viel (Statusdenken). Überhaupt dürften Befragungen scheitern. Vgl. Alpermann, Björn/Herrmann, B./ Wieland, E. (Hrsg.): Aspekte des sozialen Wandels in China, Springer 2019. 2022 scheint der große Zuwachs an Wohlstand erst mal vorbei zu sein. Aud dem 20 Parteikongress in Peking im Oktober 2022 setzt die KPCh mehr auf Null-Covid, Nationale Sicherheit, Grüne Energie und Ideologie (Kontrolle der großen Unternehmen auf Kosten der Innovation). Die Pekinger Parteiführung muss diese Strategie noch der Mittelschicht rüberbringen.

Folgen der Ein-Kind-Politik: Auf China kommen die typischen Probleme einer alternden Gesellschaft zu. Das kommt etwas früh, weil das Land sich das noch nicht leisten kann. Altersversorgung, Krankenversicherung, Ärztemangel sind noch nicht gelöst.

Änderung der Einkommens- und Vermögensverteilung: Die Führung in Peking hat die Einkommensungleichheit schon lange als Achillesferse des Systems erkannt. Die Einkommensungleichheit ist mindestens so groß wie in den USA. Mit 100 Milliardären hat Pelking die höchste Dichte. Im August 2021 hält Xi Jinping eine Grundsatzrede dazu. Er will die Vermögenden stärker an die Kandare nehmen. Erste Konzerne zeigen vorauseilenden Gehorsam (Tencent spendet 132 Mio. €: Bildungsprojekte, Gesundheit, ländliche Revitalisierung). Die Reichen sollen Regierungszielen dienen. Xi ist bei den Unternehmen unbeliebt, aber beim einfachen Volk zeigt sich das Gegenteil. Vgl. Kretschmer, Fabian: China will den Reichen an den Geldbeutel, in: Rheinpfalz Nr. 193, 21.8.21, S. 5.

"Die wichtigste Aufgabe Chinas besteht darin, seinen 1,3 Milliarden Menschen ein gutes Leben zu sichern", Le Yucheng, stellvertretender Außenminister Chinas 2012.

Strukturpolitik/ Wettbewerbspolitik/ Industriepolitik: Sonderwirtschaftszonen, Entwicklungszonen; Bekämpfung der Inter- und Intra- Heterogenität der Provinzen (Disparitäten), z. B. Abschaffung des ländlichen Registrierungssystems in 11 Provinzen, (obwohl nur eine Minderheit in den Städten lebt, haben sie die weitaus beste Versorgung: medizinisch, Wasserleitungen, Einkommen). 34 Mrd. € sollen 2006 für Infrastrukturmaßnahmen in den ländlichen Raum fließen (ca. 700 Mio. Landbewohner mit ca. einem Drittel des üblichen Einkommens in Städten, +ländliche Krankenversicherung, Abschaffung des Schulgeldes). Tianjin soll zusammen mit der Binhai New Area (Sonderwirtschaftszone) zu einer der mächtigsten Wirtschaftszonen des Landes ausgebaut werden. Die Region lockt mit Steuervorteilen und niedrigen Landpreisen. Die Disparitäten zwischen den Provinzen erkennt man am Pro-Kopf-Einkommen und am Gini- Koeffizienten. Einige Beispiele (2014): Guandong: BIP 906 Mrd. €, 8498 € pro Kopf. Sichuan: BIP 382 Mrd. €, 4705 pro Kopf. Hunan: BIP 362 Mrd. €, pro Kopf 5395 €. Hunan gilt als Boomprovinz. In Hunan wurde Mao Zedong geboren. Chef der Nationalen Reform- und Entwicklungskommission Chinas ist He Lifeng. Er war früher Bürgermeister von Quanzhou, der Partnerstadt von Neustadt an der Weinstraße (Partnerstadt seit 1996). "Die chinesische Volkswirtschaft befindet sich in der Frühphase ihres Strukturwandels. Das Land mag zwar auf dem Weg zur neuen Normalität oder gar einem neuen Zeitalter sein. Doch das Ziel liegt noch weit entfernt", Stephen S. Roach, Wirtschaftswissenschaftler.

Mehr als die Hälfte aller Chinesen haben keinen Versicherungsschutz im Krankheitsfall. Weitere Deregulierung und Privatisierung der Staatsunternehmen, Orientierung auf Hochtechnologien beim Strukturwandel. China bekommt noch deutsche Entwicklungshilfe, etwa marktnahe Vorgaben für Pilotprojekte in der Energietechnologie und im Klimaschutz. Künftig soll keine klassische Entwicklungshilfe mehr geleistet werden, sondern eine "strategische Partnerschaft" eingegangen werden (Reformprozesse in Justiz, Gesellschaft und Klimaschutz). Der neue Entwicklungshilfeminister Niebel stellt auch das in Frage. China sieht sich selbst als Entwicklungsland, weil es sich auf die Wirtschaftskraft pro Kopf stützt. Hierbei liegt das Land auf Platz 99 in der Welt (2010).  Die Kommission für Forschung, Technik und Industrie für nationale Verteidigung (COSTIND) bis 2008 ein Turboprop - Flugzeug bauen lassen. China hat Deutschland vom 5. Platz Rang der Patentanmeldungen verdrängt. Im Mai 2008 bündelt China sein Telekommunikation in wenigen Konzernen: China Netcom, China Telecom und China Mobile. China muss Milliarden in den Umbau der Städte stecken (350 Mio. neue Einwohner, bessere Infrastruktur). Die Konjunkturpakete kommen insbesondere der Stahlbranche zugute (fast 50% der Weltstahlproduktion, Rekordzuwachs von 29%). Mittlerweile gibt es eine Überproduktion, was zu einem Preisverfall führen kann. Die Behörden auf Provinz-, Kreis- und Stadtebene ermuntern immer wieder die Wirtschaft zu unnötigen Projekten mit Förderung (z. B. niedrige Landpreise), um Steuereinnahmen zu bekommen. Die Feinsteuerung der Wirtschaft wird für die Regierung immer mehr zum Problem. 2013 plant die Regierung, die Industrie stärker zu konzentrieren. Im Automobilbau sollen zehn Firmen 90% des Geschäfts vereinen, die zehn größten Stahlkonzerne sollen 60% kontrollieren. Die Provinzregierungen wehren sich. Ein Finanzmarktproblem bedroht die kommunalen Etats: Die Verbindlichkeiten der Kommunen sind mit Boden besichert. Große Teile der Einnahmen stammen zugleich aus dem Verkauf von Landnutzungsrechten. Deshalb haben die Gemeinden ein doppeltes Interesse an hohen Liegenschaftspreisen. 2014 will die Regierung den Verkauf von Elektroautos fördern. Man kann umgerechnet 6000 Euro Zuschuss erhalten. Das ist nicht unproblematisch, weil der meiste Strom von dreckigen Kohlekraftwerke stammt und dadurch auch die Staus nicht verringert werden.   "China muss seine gut ausgebildete Bevölkerung und seine finanziellen Reserven nutzen, um Strukturreformen einzuleiten", Robert Zoellick, Weltbank, 2012. 

Exkurs: Unternehmen/ Geschichte. Ab 1979 mit dem Beginn der Wirtschaftsreformen entwickelte sich privates Unternehmertum. Es entstanden Handelsgeschäfte, Werkstätten, erste kleine Fabriken. Ihre Besitzer durften Gewinne machen und diese auch behalten.  Parallel dazu bekamen Staatsbetriebe größere Freiheiten. Wenn sie ihre Plan-Ziele überschritten, durften sie die Mehreinnahmen frei verwenden.

Wichtiger Bestandteil der Infrastruktur ist Chinas Eisenbahn. Sie hat 2,5 Mio. Beschäftigte (eigene Unternehmen, Krankenhäuser, Hochschulen). In den nächsten 10 Jahren sollen 220 Mrd. € in neue Hochgeschwindigkeitsstrecken investiert werden. Das ist eine große Versuchung für Korruption. Die fortschreitende Urbanisierung treibt die Produktivität am stärksten an (zugewanderte Arbeiter kommen aus der Landwirtschaft). Zunehmend entstehen Ballungszentren und Infrastruktur in abgelegenen Gegenden wie der Inneren Mongolei. China baut massiv Kanäle, Tunnel und Aquädukte, um den regennassen Süden mit Peking zu verbinden. Es gibt drei große Routen (West-Route, Zentral-Route, Ostroute). Der Eingriff in die Ökosysteme ist enorm, so dass Langzeitschäden drohen. Intensiv werden immer neue Flughäfen gebaut. In Peking-Daxing öffnet im September 2019 einer der größten Flughäfen der Welt nach fünf Jahren Bauzeit. Allerdings zeigen sich 2019 auch riesige Überkapazitäten in der Infrastruktur. Alles wichtige ist gebaut. "Die Schmerzen sind da und werden noch heftiger", Li Keqiang, chinesischer Ministerpräsident 2015 vor dem Volkskongress zur weiteren Liberalisierung der Wirtschaft.

China macht einen Strukturwandel durch, der von drei Faktoren angetrieben wird: der technische Fortschritt führt zu umweltschonenden und arbeitssparenden Innovationen. Man bewegt sich weg von Kapital- und Investitionsgütern hin zu Konsumgütern und Dienstleistungen. Eine neue Phase der Globalisierung verlagert die Wettbewerbsvorteile einfacher, arbeitsintensiver Produktion nach Vietnam, Mexiko u. a.. Kartellwächter der nationalen Reformkommission (NDRC) drängen im August 2014 auf eine Preissenkung bei den deutschen Autobauern. Sie folgen einer Verordnung von 2008. Betroffen sind insbesondere die Premiumhersteller Daimler, Audi, Porsche und BMW (haben nach Angaben das chinesischen Branchenverbandes CAAM 80% der Oberklasse-Wagen). Es geht vor allem um das Wartungs- und Ersatzteilgeschäft. Insgesamt wird aber gegen 1000 Autofirmen (+Zulieferer, Händler) ermittelt. Gegen zwölf japanische Autozulieferer wird eine Rekordstrafe von 1,24 Mrd. Yuan verhängt. Wegen unerlaubter Preisabsprachen muss Audi 249 Mio. Yuan (31,5 Mio. Euro) zahlen. Auf dem Volkskongress im März 2015 wird ein Umbau des Gefüges von Politik und Ökonomie bekannt gegeben: Kapital soll weg von der politischen Elite hin zur Privatwirtschaft fließen. Damit verringert sich der wirtschaftliche Einfluss der KPC (Selbstbereicherung und Korruption sollen eingedämmt werden). 2015 wird der Dienstleistungssektor größter Wirtschaftssektor (wächst 2015 um 12%). Er macht bereits über die Hälfte des BIP aus. Das zeigt, wie schnell der Strukturwandel in China vor sich geht. Die chinesischen Unternehmen sind besonders hoch verschuldet: 160% betragen die Schulden der Unternehmen, gemessen an der Wirtschaftskraft des Landes (in der Euro-Zone 83%; in den USA 65 %). Besonders stark wächst China im Tourismus. 2018 sind es 150 Mio., 2030 sollen es schon 400 Mio. Touristen aus China im Ausland sein. Ein großer Teil reist in Gruppen. Es gibt aber auch Branchen, die wachsende Probleme haben. Dazu gehört die Solarindustrie. Dei Branche wurde über viele Jahre mit Subventionen aufgebläht. Als diese 2018 wegfielen, brach das Geschäft ein. Schlecht ist 2019 auch die Lage in der Chemieindustrie und der Kohleverarbeitung.  "Die Reichen brauchen keine Demokratie. Die Bauern und die einfachen Arbeiter brauchen sie, um ihre Interessen zu schützen", Wang Hui, Professor für Soziologie, Tsinghua-Uni, Peking (Die Zeit, Nr.30, 19.07.07, S. 37).

Der Privatisierungsprozess der staatseigenen Unternehmen wird weiter beschleunigt durch den Beitritt des Landes zur WTO. Die Definition von privaten Unternehmen und statistische Angaben dazu sind intransparent. Das hängt auch damit zusammen, dass es bei Volkseigentum ja logisch keine Privatisierung geben kann (Eigentumsrechte und Vermögensstruktur sind unklar). Man spricht von "gaizhi", was soviel wie Systemtransformation bedeutet. Auch das Ausmaß der Privatisierung hängt von der Definition ab (zum Beispiel Einfluss der KPC).  In einer Bachelor - Thesis wurden die Kriterien "Produktivität, Management, Beschäftigung, Lohnentwicklung und Ressourcen" benutzt, um die Wettbewerbsfähigkeit beurteilen zu können. die Wege der Privatisierung sind vielfältig: Sie reichen von Management Buy Out zu Joint Venture. 2016 will China seine Stahlproduktion drosseln. Innerhalb der nächsten fünf Jahre soll die Stahlproduktion um 150 Mio. Tonnen gesenkt werden. Alte Werke werden geschlossen und keine neuen genehmigt. Hintergrund sind Überkapazitäten in China und weltweit. Trotzdem kann man in China noch von einem Staatskapitalismus sprechen (Anteil der Unternehmen, die staatlich kontrolliert werden, nach Schätzungen etwa 40%; Einfluss über Funktionäre der KPC und über Staatsbanken). Der "Wandel durch Handel " (Motto der deutschen Politik gegenüber China) stößt an Grenzen. 2016 steigen die Gewinne in der chinesischen Industrie deutlich (9,4%, Quelle: Statistikamt, Peking). Die SOE - Reform bzw. der Privatisierungsprozess hält an. Man schwankt zwischen Fusionen und  Mixed-Ownership. Dabei handelt es sich um eine Art Teilprivatisierung. 2019 beträgt die Anzahl der Staatsbetriebe noch 167.000. Damit ist ihre Zahl erheblich gesunken. Auf der anderen Seite scheint ihr Einfluss zuzunehmen: zwischen 2008 und 2017 Vervierfachung der Schulden, Rendite sinkt von 6,7 auf 2,6%. Die Reformer scheinen aber in China in jüngster Zeit (ab 2019) zurückgedrängt zu werden. Staatliche Unternehmen spielen wieder eine größere Rolle. Das könnte damit zusammenhängen, dass High-Tech-Unternehmen tatsächlich stärker kontrolliert werden müssen (Beispiel Ant Financial und das Untertauchen von Jack Ma von über 80 Tagen).  "Wir sollten die Unternehmen des Staates noch größer, besser und stärker machen", Staatschef und Parteichef Xi Jinping.

Dumping-Praktiken der Staatsunternehmen (SOE), die unter der Kontrolle der KPC stehen: Es dürfte sich 2018 noch um etwa 150.000 Unternehmen handeln (Zentralregierung, Provinzen, Kommunen). Sie erkämpfen sich Marktanteile im Inland und im Ausland über die Preispolitik. Die Konkurrenz aus Europa ist zunehmend hilflos. Das hängt auch damit zusammen, dass solche Praktiken ganz schwer nachzuweisen sind. Am wirkungsvollsten dürfte politisches Verhandeln und manchmal Druck auf die KPC sein. Die Staatsbetriebe werden zum Teil auch noch hoch subventioniert. Der schwelende Handelsstreit mit den USA schafft Unsicherheit. Die Staatsbetriebe haben 2018 noch etwa 30% der chinesischen Industrieproduktion. Sie beschäftigen rund 60 Millionen Menschen. Sie tragen 20% zum Steueraufkommen bei. Sie werden von der staatlichen Aufsichtsbehörde SASAC gesteuert. Es handelt sich um die State-Owned Assets Supervision and Administration Commission. Sie untersteht direkt dem Staatsrat. Die Organisation wurde 2003 gegründet. Chef ist seit 2006 Xiao Yaqing.

Sektoren und Wandel: Die Agrarwirtschaft machte verschiedene Transformationsprozesse durch: Zunächst wurden auf kommunaler Ebene landwirtschaftliche Familienbetriebe gegründet (1979 -1984). Dann wurden die Abgabequoten und staatlichen Produktionskontrollen abgeschafft (bis 1989). Ab 1990 wurden große Fortschritte in der Liberalisierung auf regionaler Ebene erzielt. Ab 1994 wächst die Produktivität rapide (Modernisierung, Verbesserung des Umweltschutzes, bessere Infrastruktur). Die Kohle- und Stahlindustrie soll ab 2016 massiv zurückgefahren werden. In den Staatskonzernen sollen in den nächsten Jahren 1,8 Mio. Stellen abgebaut werden. Das würde auch sehr gut für den weltweiten Klimaschutz sein. Die Industrie insgesamt benötigt eine technische Erneuerung. Damit hängen auch die geplanten Übernahmen von Technologiefirmen im Ausland (z. B. Kuka in Deutschland) zusammen.  Unterteilt manch die Branchen nach dem Anteil Not leidender Kredite so sieht die Reihenfolge wie folgt aus: Stahl, Zement, Kohle, Glas, Bergbau, Aluminium, Landwirtschaft (Stand 2015, Quelle: Banque de Luxembourg). Damit geraten auch die staatlichen Banken immer mehr unter Druck. 2015 wird das Programm "Made in China 2025" verabschiedet. Es soll der Volksrepublik eine führende Rolle in der Hochtechnologie bringen. Dabei sollen auch ausländische Technologieführer übernommen werden. Die deutsche Gesetze sind darauf nicht vorbereitet. Finanzierungs- und Subventionsstrategien der Investoren müssten offen gelegt werden. Die Wirtschaft wird weg von Investitionen hin zu mehr Konsum umgebaut. Hier spielen die Dienstleister eine wichtige Rolle. Der Service-Sektor wächst sehr schnell. Chinas Regierung will die das Land zur führenden Automobilmacht formen. Durch das Umstellen auf Elektroautos könnte das sogar gelingen. China wird nicht mehr lange die "Werkbank der Welt" sein. Inflationsbereinigt gleichen sich mittlerweile die Stundenlöhne in China und Europa an (Stundenlohn 2016: China 3,6 US-Dollar, Portugal 4,5 US-Dollar). Damit hat China klassische Schwellenländer überholt (Mexiko, Brasilien, Indien, Thailand). Unternehmen aus Niedriglohnsektoren ziehen sich schon zurück. Das frei verfügbare Einkommen der Chinesen hat sich erhöht (meist fast verdoppelt) und damit die Konsum- und Sparquote. China wird mehr für den Binnenmarkt herstellen. 2017 beläuft sich der Anteil des Dienstleistungssektors am BIP auf 52%. Auf den Konsum der privaten Haushalte entfallen 40%. Beide Daten zeigen, dass der Weg zur "neuen Normalität" noch weit ist. "Chinas offene Tür wird sich nicht wieder schließen", Xi Jinping, Staatschef, auf dem Nationalen Volkskongress im März 2017

Moderne Agrarindustrie: Um den Verlust an landwirtschaftlichen Ressourcen wettzumachen, entwickelt China eine moderne Agrarindustrie. Milliarden Euro werden in Wassersysteme, Saatgut, Roboter, Datenwirtschaft investiert. Dennoch reicht es nicht. Deshalb hat sich das Land Ackerland in Afrika, Süd- und Nordamerika gesichert. Vgl. Justin Jin: Der große Stadtplan, in: Die Zeit, Nr. 53, 2012.17, S. 21ff.

Wertschöpfung: In der Rangliste der Wertschöpfung klettert China immer weiter nach oben. Gary Gereffi, analysiert der globalen Wertschöpfungsketten und der Internationalisierung, schrieb schon 2014 von einem Systemwechsel (Vgl. Gary Gereffi: Global Value chains in a post-Washington consensus world, in: Review of International Political Economy, Heft 1, 2014). Aufgrund der geographischen Konsolidierung und neu entstandener Zentren der Wertschöpfung verschiebe sich die Balance zwischen internationalen Konzernen und einigen großen aufstrebenden Staaten. Als künftige Wachstumspole der Weltwirtschaft identifiziert er "eine zunehmende Anzahl aufsteigender Mächte, die sowohl über relativ stabile nationale Märkte, qualifizierte Arbeitskräfte und kompetente Hersteller verfügen als auch einen Drang zu eigenständiger Innovation entwickeln". "Chinas lenkende Industriepolitik und der Top-down-Ansatz in der Innovationspolitik haben den technologischen Aufholprozess bislang erfolgreich beschleunigt", Margot Schüller/ Zhou: Die neue Innovationssupermacht, Hamburger Giga-Institut.

Wettbewerbsrecht: Das chinesische Wettbewerbsrecht ist im Jahre 1993 entstanden (ChUWG). Wichtig ist der § 10 III: Er regelt den sachlichen Anwendungsbereich. Es geht um technische und betriebliche Informationen. Es darf nicht allgemein bekannt sein. Es muss ein wirtschaftlicher Nutzen bestehen. Es muss praktisch umsetzbar sein. Es müssen Geheimhaltungsmaßnahmen getroffen werden. Die Auslegung  ist in der Öffentlichkeit. Das OVG legt besonderes Augenmerk auf den wirtschaftlichen Wert. Ein Kartellrecht ist in China erst 2007 entstanden. 2016 will China die Spielregeln für die Autokonzerne für leichteren Marktzugang lockern. Es sind keine Zwangsbündnisse (Joint - Venture) mehr vorgesehen.  Begonnen wird mit den Produzenten von Elektronik und Batterien in den Freihandelszonen. Über eine Aufhebung in der gesamten Automobilbranche wird nachgedacht.

Volksbeisitzer: Am 27.04. 2017 trat ein neues Gesetz zur Praxis von Volksbeisitzern (Assessoren) in Kraft. Damit wird jeden Bürger, der über 28 Jahre alt ist und einen Hochschulabschluss hat, Assessor zu werden. Das Gesetz versucht, die Teilnahme am Rechtssystem zu fördern.

"Made in China 2025": Masterplan des Politbüros, um die heimische Wirtschaft innovativer zu machen (digitale Transformation). Man spricht auch von "China Dream". 300 Mrd. Dollar sollen in Schlüsseltechnologien wie Robotik, Umwelttechnik und Biochemie investiert werden (auch: Medizintechnik, Schienentransport, Luftfahrt, Hightech-Schiffe).  Allein 150 Mrd. Dollar sollen in die Erforschung künstlicher Intelligenz fließen.  Ausländische Firmen sind in China nur noch willkommen, wenn sie wichtige Technologien mitbringen. Die nicht-tarifären Handelshemmnisse für Ausländer häufen sich. Im Softwarebereich gibt es unterschiedliche Geschwindigkeiten. China ist längst kein "Level Playing Field" mehr. Zum Teil werden ausländische Mitbewerber aus dem Land gedrängt, vor allem über Steuerung von Ausschreibungen. Beispiel ist die Umwelttechnik. Nordex und Repower mussten so den Markt verlassen. Laut dem Plan sollen 70 Prozent aller wichtigen Werkstoffe und Kernkomponenten künftig in China produziert werden. Das Programm ist so etwas wie das Gegenprogramm zu "America First". Subventionen und Schutzmaßnahmen für chinesische Firmen sind ausdrücklich erlaubt.  Es gibt zunehmend mehr Meldungen, dass bei öffentlichen Aufträgen chinesische Unternehmen bevorzugt werden müssen (Krankenhäuser - Medizintechnik; Flugzeugbau - Comac). Im Jahr 2016 sanken die europäischen Investitionen in China um 23% auf 8 Mrd. €. Im gleichen Zeitraum kauften sich chinesische Firmen mit mehr als 35 Mrd. € in europäische High-Tech-Unternehmen ein. Das Großprojekt "Neue Seidenstraße" soll in den nächsten Jahren ab 2017 100 Mrd. € für Investitionen in Infrastrukturbauten verschlingen (bis 2030 Volumen von 26 Billionen €, Quelle: ADB). 2025 ist allerdings nur ein Zwischenziel. Offiziell geht es um das Jahr 2049, den 100-jährigen Geburtstag der Volksrepublik. Bis dahin will China die "führende Industrie-Supermacht" sein. Man spricht auch von Froschtechnik: Man hüpft immer eine Stufe weiter. Beispiel sind die Digitalisierung und die Elektromobilität. Wagemutige Entrepreneure  sind dabei gefragt. Fragwürdig ist dabei, dass Unternehmen im Reich der Mitte bei der künstlichen Intelligenz zum Datensammeln verpflichtet werden. Das Vorreiter des Planes gilt Shenzhen im Perlfluss-Delta.

Ein Kern des Programmes ist die Quantentechnologie. Sie gilt als Innovationstreiber. China steckt Milliarden in ein neues Forschungsinstitut und ein ultrasicheres Satellitennetz. Gesteuert wird da svon einem Forscher, den man "Vater des Quanten" nennt. Er heißt Jian Wei Pan. Er verbrachte seine prägenden Jahre in Deutschland (Heidelberg) und Österreich (Innsbruck, Wien, Prof. Matthias Weidemüller). Er baute den Supercomputer Zuchongzhi 2.1: Eine Million leistungsfähiger als der nächst beste Rechner von Google. China ist Technologieführer. Vgl. Stözel, Thomas: Mr. Pan und das Geheimnis der Weltherrschaft, in: WiWo 9/ 25.2.22, S. 68ff.

Cyber Security: 2017 kommt ein Cyber Security Gesetz als Antwort auf dei DSGVO und die EU NIS - RZ. Man sammelt in der Praxis Erfahrungen damit. 2021 werden dann Modifikationen vorgenommen, meist Abschwächungen.

Halbleiter: Das ist eine Achillesferse für China. Es hängt direkt mit den Chips zusammen. Das Land ist mit Einfuhren in Höhe von 300 Milliarden Dollar der weltgrößte Importeur. Man braucht die Halbleiter für Laptops, Smartphones, Drohnen und künstliche Intelligenz. China arbeitet mit Hochdruck an der technologischen Selbstversorgung. Allein 2020 wurden 35 Mrd. $ investiert. Größter Produzent in China ist SMIC/ Shanghai. Das Ziel von 70% aus heimischer Produktion bis 2025 dürfte verfehlt werden. Man versucht auch, Experten aus Taiwan abzuwerben.

China Manufactoring 2025-Initiative: Der öffentliche Sektor fördert die inländische Produktion in zehn Schlüsseltechnologien. Ziel ist der Anschluss an westliche Technologien. Bisher folgte man vor allem der Strategie, dass ausländische Unternehmen Teile ihrer Technologie preisgeben mussten (als Gegenleistung für den Zugang zum größten Markt der Welt).

Überkapazitäten in der Schwerindustrie 2019: Massive Überkapazitäten treten in der Grundstoff- und Stahlindustrie auf. Diese überschüssigen Erzeugnisse sollen mit Macht auf die Weltmärkte (direkt über Exporte, indirekt über die Seidenstraße-Initiative). Das geht aber aktuellen Gründen (Handelspolitik der USA, Retorsionszölle anderer Länder) nicht mehr so einfach. Deshalb belasten die Probleme die Verlagerung von Kapital und Arbeitskräften zu neuen Dienstleistungsbranchen (Strukturwandel). Erstens werden im Überlebenskampf Unternehmen und Banken vom Staat unterstützt. Zweitens verzögert das die China 2025-Strategie. Drittens kann die Regierung nicht mehr abwerten. Mit Kapitalverkehrskontrollen und Devisenmarktinterventionen stemmt sie sich sogar dagegen. Denn ein schwächerer Renminbi erschwert die Rückzahlung der in ausländischer Währung aufgenommenen Anleiheschulden (die Erträge werden überwiegend in heimischer Währung erzielt). Vgl. Langhammer, Rolf J.: Das wird keine sanfte Landung, in: WiWo 24, 7.5.2019, S. 43.

Elektromobilität: Subventionen und Quoten sind die radikalen Instrumente der Industriepolitik, um die Zukunft Richtung Elektro-Mobilität lenken. 2018 sollen eine Mio. E-Autos in China verkauft werden (2017 waren es fast 400.000). VW reagiert und will bis 2025 40 Elektromodelle bringen. BMW verhandelt mit Great Wall über die Produktion von E-Minis. Daimler produziert ab 2019 E-Mobile in Peking. Chinesische Firmen beherrschen die Batterietechnik, von den Rohstoffen über die Zellfertigung bis zum Energiemanagement (komplette Wertschöpfung). Kaufprämien werden bis 2020 zurückgefahren zugunsten von Subventionen der Hersteller.  Mehr als 200 Firmen beschäftigen sich in China mit Elektroautos. Führend ist BAIC EC-Serie vor JAC und BYD Qin. Vgl. Handelsblatt 12./13.14. Januar 2018, S. 6-7. Die großen deutschen Firmen (VW mit Audi, BMW, Daimler) kommen nur im Kriechgang voran. Sie müssen aufpassen, dass sie in China nicht den Anschluss an den E-Auto-Boom verlieren.

China als Testlabor für autonomes Fahren: Die chinesische Regierung genehmigt 2021 umfassende Pilotprojekte. Allein Baidu hat 2021 schon 10  Mio. Testkilometer mit seinen autonom fahrenden  Autos absolviert. Weitere Testfirmen sind Pony.ai (von Toyota unterstützt) und AutoX (von Alibaba). Yutong lässt in Zhengzhou autonom Busse fahren (mit Sicherheitsbegleiter). Millionen von Chinesen werden zu Versuchsobjekten.

Datenspeicherung/ IT/ Digitale Ökonomie: Firmen müssen ihre Daten künftig im Land speichern. Wer das nicht tut, dem drohen Sanktionen. Im Moment ist noch nicht abzusehen, was das Gesetz von 2017 genau bedeutet. Die Verschlüsselung soll auch "Made in China" sein. Das Gesetz ist sehr brisant, weil es der chinesischen Regierung einen Zugang zu Daten westlicher Unternehmen verschafft. Die Internetbehörde CAC will allerdings Übergangsfristen anbieten.

Die großen Internet-Unternehmen in China holen immer mehr gegenüber den US-Konkurrenten auf (auch beim Aktienwert). Dabei hilft ihnen, dass US-Wettbewerber in China kaum Chancen haben. Baidu steht gegen Google, Alibaba gegen Amazon, Tencent gegen Facebook, Huawei gegen Apple. Der riesige Heimatmarkt hilft ihnen, rapide zu wachsen.

2017 plant die KPC eine totale Überwachung: Mit einem gigantischen Punktesystem wollen wollen Chinas Kommunisten jeden einzelnen Bürger zu tugendhafter Folgsamkeit zwingen. Regierungskritiker werden bestraft. Man spricht von einem "Sozialkreditpunktesystem". Ein Versuch läuft bereits in der Verwaltungszone Xiongan nahe Peking (soll Peking in Zukunft entlasten). Zum Beispiel bringt allein leben in großer Wohnung  Minuspunkte. Familie in kleiner Wohnung gibt Pluspunkte. Wer mit einem großen Auto zur Arbeit fährt bekommt Minuspunkte. Das "Soziale Bonitätssystem" soll ab 2020 eingeführt werden. Gleichzeitig will man eine zentrale Datenbank errichten (Big Data). Derzeit gibt es wohl 40 unterschiedliche Experimente dazu, auch Apps. Es ist noch unklar, was am Ende rauskommt. Vgl. FAZ 22.11.2017, S. 15. Ideologisch könnte man argumentieren, dass der Maoismus wieder auf dem Vormarsch ist. 2019 kommt eine neue App. Mit ihr will die KPC ihre Bürger auf Linie bringen. Sie enthält Reden, Schriften und Ermahnungen des Parteichefs Xi Jinping. Wer den Text mindestens vier Minuten lang liest, bekommt einen Pluspunkt. Millionen Menschen haben die App bereits herunter geladen. Für KP-Mitglieder ist das sogar verpflichtend.

China schottet ab 2018 auch den Zugang zum Internet weiter ab. VPN-Tunnelzugänge werden verboten (verschlüsselte Punkt-zu-Punkt Kommunikation). Mit denen konnte eine Zensur bisher umgangen werden. Apple hat nachgegeben und überträgt sämtliche Cloud-Daten an einen lokalen Dienstleister (GCBI). VPN wird in China aus dem App-Store genommen. Amazon hatte schon 2017 seine Cloud-Daten an einen lokalen Dienstleister übertragen. Zugänge zu ausländischen Social Media werden weiter eingeschränkt: Facebook, Twitter, Google. Eine der berühmtesten Society - Bloggerin in China war Ma Ling. Sie schrieb über Gier, Sex und Neid. Im März 2019 wurden alle Accounts auf Anweisung der Regierung gelöscht. Zu Fall brachte sie ein Post übe reinen krebskranken Mann. An der Geschichte war zu viel erfunden und sie war zu negativ. Ma Ling hatte 200 Mio. Follower auf Weibo.

2018 schränkt die Regierung auch den Zugang für Ausländer ein. Dienstleister blockieren schon lange den Zugang vor Großereignissen auf Anweisung der Regierung. Manchmal nehmen die Behörden die Blockade nicht zurück. Viele Organisationen nutzen ein offiziell genehmigtes VPN. Das soll es aber zukünftig nicht mehr geben. Auch firmeneigene VPN von ausländischen Firmen, die Server im Heimatland nutzen, sollen nicht mehr toleriert werden. Das hat enorme Auswirkungen auf ausländische Unternehmen in China. Auch Diplomaten könnten betroffen sein. Vgl. Friederike Böge: China duldet keine Grauzone mehr, in: FAZ, Dienstag, den 23.01.18. Der Künstler Deng Yufeng zahlt 2018 650€ für persönliche Daten aus dem Netz  in der Stadt Wuhan (346.000 Einw.). Die Daten hat er in einem Museum auf die Leinwand projiziert. Chinesen sollten auf ihre Privatsphäre achten. Nach zwei Tagen schloss die Polizei die Ausstellung.

Die Staatsverwaltung für Marktaufsicht hat 2021 einen Entwurf für "Neue Anti-Monopol-Richtlinien für die Plattform-Ökonomie" vorgelegt. Diese bringt Beschränkungen für IT-Monopolisten. Kernstück ist das Verbot der Nutzung digitaler Überwachung dafür, den Preis von Waren dynamisch von der Zahlungsbereitschaft der Kunden abhängig zu machen. Solche Preisdiskriminierung, bei der loyale Kunden mit höheren Preisen belastet werden, ist schwer zu erkennen. Die neuen chinesischen Regeln geben einen Entscheidungsspielraum, Datenauswertung zu bestrafen, die dazu dient, die Kaufkraft eines potentiellen Kunden zu ermitteln. Sie verpflichtet aber nicht die Behörden, die Nachsicht üben können.  Vgl. Cory Doctorow: Homo oeconomics, China nimmt Plattformen ins Visier, in: Handelsblatt Nr. 5, 8./9./10. Januar 2021, S. 12. Zusätzlich will die Regierung Online-Plattformen fortan einer Sicherheitsüberprüfung unterziehen, wenn sie an einer ausländischen Börse Kapital für ihre Expansionen einsammeln wollen. Das dürfte viele unternehmen abschrecken und sich negativ auf ihre Innovationskraft niederschlagen. Vgl. Ankenbrand, Hendrik: Chinas neues Sorgenjahr, in: FAZ Nr. 3, 5. Januar 2022, S. 15.

China macht 2021 dann auch in der Praxis Ernst. Ant Financial und Alibaba geraten Ende 2020 ins Visier der Staatsmacht. Es halten sich hartnäckig Gerüchte über eine Zerschlagung des Konzerns. Das gleiche gilt für HNA. Der Mischkonzern hat immense Schulden angehäuft (über 20 Mrd. $?).

Westliche Ökonomen (Neoklassik) halten Preisdiskriminierung eher für optimal. Sie könne bei Verbreitung von Ressourcen besser sein. Die Kunden selbst hassen natürlich Preisdiskriminierung und empfinden sie überall auf der Welt als unfair.

Digitalfürsten, insbesondere Finanzdienstleister in China: 2021 hat das Kartellamt (koordiniert mit Steuer- und Internetaufsicht) 34 Digitalunternehmen ("Digitalfürsten") nach Peking einbestellt. Man spricht von "ungeordneter Kapitalvermehrung". Man erwähnt auch "rote Linien". Besonders hat man die digitalen Finanzdienstleister im Auge.  Die Tech - Riesen in China haben daraufhin 2021 Angst. Es gibt Demutsbekundungen (JD.com, Bytedance). Es zeigen sich auch immer mehr Anzeichen von Marktmissbrauch (Alibaba, nur Bezahldienst von Alibaba). Die Finanzdienstleister vergeben auch Kredite in großem Ausmaß. Der wichtigste Punkt ist aber, dass der Staat die Kontrolle behalten will.  "Das Huhn töten, um den Affen zu erschrecken", chinesische Volksweisheit, die die Strategie der Regierung beschreibt. Mehr als 100 Start-ups legen ihre Börsenpläne auf Eis.  Vgl. Zand, Bernhard: Die Entmachtung der Digitalfürsten, in: Der Spiegel Nr. 17/ 24.4.21, S. 67.

Chinesische Mauer 2.0: Die chinesische Regierung strebt nach der Kontrolle in der Digitalwirtschaft. Das gilt auch für den Zugriff auf die Daten. Die Regierung erschwert den Datentransfer ins Ausland. so müssen ausländische firmen immer größere Teile ihrer Aktivitäten nach China verlagern. Das könnte weitreichende Folgen für deutsche Firmen und den Standort Deutschland haben. Das Export orientierte Geschäftsmodell Deutschlands könnte in Gefahr geraten. Viele Großunternehmen aus Deutschland betreiben Forschung in China: BASF, Volkswagen. Hauptinstrument ist das Cyber Security Law (CSL). Die Überwachung erfolgt durch die Cyberspace Administration of China. Vgl. Fischer, Malte/ Petring, Jörn: Chinesische Mauer 2.0, in: WiWo 36, 3.9.21, s. 42f.

Industriepolitik und Protektionismus: Teile der Industriepolitik haben auch protektionistische Züge, wie in vielen Ländern der Welt. Nur bei China fällt es stark auf, weil es in der Regel der größte Markt der Welt ist. Die staatliche Industriepolitik hat schon immer vorrangig mit drei Instrumenten gearbeitet, die eindeutig protektionistisch sind: 1. Erzwungener Technologietransfer. Deutsche Firmen können in China nur agieren, wenn sie bereit sind, sich technologisch "in die Karten sehen zu lassen (Beispiel Siemens, Konkurrenz CRRC; die Chinesen erkennen die deutsche Leistung an, z. B. beim Zug von Peking nach Tianjin, aber sind stolz, wenn  sie es endlich selbst können; eigenes Erleben!). 2. Einschränkungen bei der Zulassung. Für andere Produkte gibt solche Einschränkungen. Diese gehören zu den nicht-tarifären Hindernissen. Sie gelten besonders im Konsumgüterbereich, um Marken zu schlagen (die Chinesen sind besonders Status orientiert. Deshalb bevorzugen sie europäische Marken. Ein gutes Beispiel ist Beiersdorf/ Nivea im Bezug zu Perfect Diary aus China). 3. Staatliche Subventionen (Sie verzerren massiv die Preisrelationen. Ein gutes Beispiel ist Infineon im Vergleich zur chinesischen Firma Tsinghua Unigroup). Vgl. Widmann, Marc: Wie fair ist China? in: Die Zeit Nr. 35, 20. August 2020, S. 19.

Industriestandards und Normung: China nutzt technische Standards zur Industriepolitik. Es hat international stark aufgeholt. Die Herangehensweise ist eine andere als die der westlichen Welt. Es ist ein staatlich gesteuerter Ansatz. Die Hindernisse für die Teilnahme an der chinesischen Normung sind besonders in der Pharmaindustrie, der Petrochemie, der Automobilindustrie und der IT und Telekommunikation. "Normen könnten ein Mechanismus zur Verstärkung einer Entkopplung sein", Jörg Wuttke, EU-Handelskammer-Präsident. Vgl. Heide, Dana: China nutzt technische Standards zur Industriepolitik, in: HB Nr. 235, 3./4./5. Dezember 2021, S. 9. Während europäische Unternehmen sich auf eigene Kosten in der Normung engagieren, loben chinesische Behörden eine Million Yuan (140.000 Euro) für Unternehmen aus, dei eine führende Rolle einnehmen. In der Internationalen Organisation für Normung wuchs dei Zahl der chinesisch besetzten Sekretariate von sechs im Jahr 2000 auf 79 im Jahr 2019. Vgl. HB Nr. 241, 13.12.21, S. 11.

Binnenmarktstärkung: Kontrolle scheint mittlerweile (2021) China wichtiger zu sein als Wachstum. Die Staatsführung (Politbüro der KP) reguliert ganze Wirtschaftszweige. Gleichzeitig gibt es immer wieder Stromausfälle und Lieferengpässe. Der Handelsstreit mit Australien führt zu einem Mangel an Kohle.  In Covid-Fällen greift man knallhart durch (zuletzt in Dailan bei Studenten). Die Staatsmedien fangen schon an, "barbarisches Wachstum" zu geißeln. Vgl. Felix Lee: Kontrolle ist China wichtiger als Wachstum, in: Rheinpfalz Nr. 267, 17.11.21. China stärkt systematisch den eigenen Binnenmarkt. Man will auch technologisch unabhängiger von den USA werden. Total abschotten ist aber auch nicht erwünscht.

Reaktion auf die neue Geopolitik (dominiert von den USA): "Mit Blick auf das externe Umfeld warnte Präsident Xi, die vom Westen unter Führung der USA verfolgte „umfassende Eindämmung, Einkreisung und Unterdrückung Chinas“ stelle China vor nie dagewesene schwere Herausforderungen. Entsprechend führt die Regierung in ihrem Bericht die „Sicherheit der Industrie- und Lieferketten“ als wichtiges Ziel der Politik an. Unzulänglichkeiten und Schwächen in Chinas Industrie- und Lieferketten müssten schnell beseitigt werden. Chinas führende Position in wichtigen Technologiebereichen (New Energy Vehicles, 5G und Photovoltaik) solle gefestigt werden. Und zur Sicherung der Versorgung mit Rohstoffen sollen sowohl in China als auch im Ausland verstärkte Anstrengungen zur Erkundung und Erschließung mineralischer Rohstoffe unternommen werden." Siehe Bickenbach, Frank/ Wan-Hsin Liu: Wie China internen und externen wirtschaftlichen Herausforderungen begegnen will, in: Wirtschaftsdienst 7/ 2023, S. 484-490.

Neue Industriepolitik ab 2024: Modernisierung der heimischen Wirtschaft und grüner machen: 2024 im März lädt dei chinesische Staats-Führung doe globale Wirtschaftselite zum china Development Forum (CDF). Bayer, Mercedes, Siemens, Bosch, Wacker-Chemie folgen dem Ruf. Die deutschen CEOs hoffen auf Chinas neue Industriepolitik. Sie wittern ein "vielversprechendes Geschäft". Denn die Führung setzt auf "Produktivkräfte neuer Qualität". Die deutschen CEOs haben auch ein Gespräch mit Li Qiang und Handelsminister Wang Wentao. Wenige Konzernchefs aus den USA treffen sogar Xi Jinping. Vgl. HB 26.3.24, S. 9.

Resümee:  China hatte in den vergangenen Jahrzehnten vor allem zwei Wettbewerbsvorteile: kaum Arbeitsschutz- und Umweltschutzbestimmungen, ein riesiges Heer von Arbeitskräften, die bereit waren, zu Dumping-Löhnen zu arbeiten. Hinzu kamen immer billigere Transporte und die Überwindung von Raum durch das Internet. Daraus haben sich für das Land zwei ungelöste Probleme ergeben: die Exporte sind so hoch, dass sie von wichtigen Importländern nicht mehr akzeptiert werden (USA) und die Ungleichheit beim Vermögen im Inneren führt zu großer Unzufriedenheit. Folglich setzt man auf weniger Exporte und Stärkung der Binnenwirtschaft, was aber mehr Abschottung mit sich bringt. Trotzdem können zentrale damit verbundene Probleme noch nicht als gelöst gelten: Die Entwurzelung von Millionen von Menschen und Familien, die verheerende Umweltverschmutzung und die Überschuldung chinesischer Unternehmen.

KMU und Mittelstandspolitik: Hauptabteilung für mittelständische Unternehmen in der staatlichen Wirtschaftskommission, Steuervergünstigungen, Unternehmungsgründungsdarlehen. Örtliche Funktionäre beschlagnahmen allerdings auch Bodenflächen für neue Industriezonen ("Raub von Ackerland").  Chinesische Firmen haben seit 2003 acht deutsche mittelständische Unternehmen, die insolvent waren, aufgekauft. Es handelt sich fast ausschließlich um Maschinenbauunternehmen. Im Zuge der Unternehmensteuerreform 2007 kommt es zu Erleichterungen für Kleinunternehmen. Der Ertragsteuersatz soll maximal 20% betragen. Nach Schätzungen gibt es ca. 39 Mio. kleine und mittlere Unternehmen als  Privatunternehmen. (90% der Firmen). Die Zahl soll sich in den nächsten Jahren auf 60 Mio. erhöhen. Viele von ihnen stehen vor einem Wechsel von der ersten auf die zweite Generation. Vier Faktoren machen die Nachfolge schwierig: die Ein-Kind-Politik, geringere Bedeutung der Töchter, keine Erfahrung, Fremdmanager unerwünscht. Mittlerweile sind die KMU zum Rückgrad der chinesischen Wirtschaft geworden (2005: 518 Mrd. € an Exporten, vor allem, weil die Binnenwirtschaft noch schwach ist). Der Boom der KMU geht zum großen Teil auch auf Umstrukturierungen und Liquidation von Staatsunternehmen zurück. Familienunternehmen ("Family Business Networks") sind sehr erfolgreich, die Staatsunternehmen oft ineffizient und schwerfällig. Facharbeiter mit grundlegendem technischen Verständnis zu finden, ist in China für KMU ganz schwierig. Dies ist einer der Hauptgründe für die Qualitätsprobleme. 2008 haben die KMU in China erhebliche Probleme. Allein im Perlflussdelta mussten 08 schon 67.000 Firmen dicht machen. Eine Senkung der Mehrwertsteuer und spezielle Kreditprogramme sollen helfen. KMU sind in China in der Regel gegenüber den staatlichen Großunternehmen benachteiligt, weil diese in Form niedriger Immobilien- und Energiepreise subventioniert werden. Chinas Staatsbanken benachteiligen sie bei der Kreditvergabe. In Chinas KMU findet praktisch kaum Forschung statt, weil kleine, innovative Firmen kaum Fremdkapital bekommen. Anfang Juli 2015 stürzt wieder mal eine Fabrik ein: eine Schuhfabrik. 33 Menschen werden verletzt. Einstürze und andere Industrieunglücke sind keine Seltenheit. Die Einrichtungen sind veraltet und haben laxe Sicherheitsstandards.  Die Zitrusfrucht stammt aus dem Fernen Osten. Dort wurden schon seit mehr als 4000 Jahre Zitronatzitronen gezüchtet. Sowohl  in der chinesischen Provinz Yunnan als auch im Nordosten Indiens, in Myanmar und Malaysia. Durch die Feldzüge Alexander des Großen kam die Frucht zuerst nach Persien und von dort ans Mittelmeer. Orangen entstanden erst später als Kreuzung aus Pampelmuse, Mandarine und Zitronatzitrone. Sie sind leicht zu züchten, weil sie von Insekten bestäubt werden können, aber nicht müssen. Der Anbau erfolgt in kleineren landwirtschaftlichen Betrieben. Die KMU der Landwirtschaft prägten viele Jahrhunderte das Bild.

2012 erschwert die Konjunkturabkühlung die Kreditversorgung für KMU. Der Staat will das Bankenmonopol knacken. Vorreiter ist die Mittelstandshochburg Wenzhou. Private Geldhäuser sollen mehr Geschäftsmöglichkeiten bekommen. Durch die Erhöhung der Differenz zwischen Soll- und Habenzinsen auf 10 Prozent können Mittelständler Kredite zu besseren Konditionen bekommen. In Wenzhou leiden die KMU - wie auch in anderen Provinzen - daran, dass vor allem der Staat und die Großunternehmen günstige Zinsen abgreifen und die KMU überteuerte Konditionen haben. Generell sind die Investitionen oft schuldenfinanziert. Sehr stark verschärft hat sich der Kampf um einheimische Fachkräfte und Talente. Deutsche KMU müssen vor Ort immer höhere Gehälter zahlen und Zusatzanreize bieten. 2014 plant Hongkong (Sonderverwaltungszone) ein Tabu zu brechen: In Zukunft sollen ausländische Start-ups mit Fördermitteln angelockt werden. Im Süden Chinas wachsen elf Millionenstädte zu einer Mega-Metropole zusammen. Ende des Jahrzehnts sollen im Perlflussdelta knapp 60 Mio. Menschen leben. In den Aufbau der Infrastruktur investiert der Staat etwa 200 Mrd. €."Es ist für unsere Banken zu einfach, Gewinne zu machen", Wen Jiabao (früherer Premierminister).

Chinas Maschinenbaufirmen werden immer besser. Sie beteiligen sich auch immer mehr an Firmen in den USA und Europa. Hierunter sind auch viele kleine Unternehmen. Im Ranking sind 1134 Unternehmen aufgelistet. Der Aufbau läuft seit den Achtzigerjahren. Die Firmen konnten in der Weltwirtschaftskrise wachsen. Auch Firmen anderer Branchen gehen in Deutschland auf Shoppingtour. Sie wollen einerseits damit Kompetenzdefizite (Innovation, Qualität), vor allem im Zuliefererbereich, schließen. Anderseits sollen so die Auslandsinvestitionen diversifiziert werden, um die Abhängigkeit von US-Staatsanleihen zu verringern. Über die Anzahl chinesischer Beteiligungen in Deutschland gibt es nur Schätzungen. Sie schwanken zwischen 100 und 1800. Die Ungewissheit ergibt sich dadurch, dass viele chinesische Kleinstunternehmen (weniger als 10 Mitarbeiter, Investitionen unter 50.000€) tätig sind, bei denen es Erfassungsprobleme gibt. Es handelt sich oft um Tochterunternehmen, die von Handelsvertretern betreut werden.

Exkurs: Shenzhen (früher Kanton) ist nicht nur Zentrum der IT - Wirtschaft in China, sondern hat auch eine große industrielle Basis. Die Region um die Stadt, auch Perlflussdelta genannt, ist darüber hinaus das Zentrum der KMU in China (anderer Begriff: Greater Bay Area). In Krisen, wie zuletzt der Finanzkrise 2008 oder der Corona-Krise 2020, gehen dort massenweise Firmen Pleite (ich wollte 2008 ein Projekt dazu durchführen, dass aber abgeblockt wurde) Foxconn ist im Norden von Shenzhen. Weitere Handy und IT-Firmen sind Huawei, ZTE, Oppo, Vivo (jedes vierte Handy weltweit kommt aus der Stadt; die kleineren Firmen haben ursprünglich nur produziert wie Foxconn, heute haben sie eigene Marken). Weitere berühmte Konzerne in der Stadt sind Tencent, Ping An. Bei den Städten um Shenzhen herum spricht man von Clusterstädten. Dalang steht für Pullover und Sweatshirts, Humen für Bekleidung, Qiatou für Verpackungen, Qingxi für Computer, Houjie für Möbel und Schuhe. Shenzhen ist auch das Mekka der Start-up-Szene: Eric Pan, David Li, William Bao Bin, Cyril Ebersweiler, Kevin Lau, Chadwick Xu, Liam Casey sind berühmte Gründer, die teilweise auch Verbindungen ins Silicon Valley haben oder an Venture Capital - Firmen beteiligt sind. Vgl. auch: Wolfgang Hirn: Shenzhen. die Weltwirtschaft von morgen, Frankfurt7 New York 2020. In Dongguan (eineinhalb Autostunden von Shenzhen) ist die Vergnügungsszene. Die Stadt ist mit St- Pauli in Hamburg vergleichbar. Allerdings hat die Stadt natürlich gigantischere Ausmaße. In Dongguan ist auch ein großes Gefängnis. Das Leben dort beschreibt Robert Rother. Im März 2022 gibt es eine einwöchige Ausgangssperre in der Stadt wegen Corona. Es muss immer wieder zu Lockdowns kommen.

Mittlerweile nähert sich die Exportstruktur von Deutschland und China immer mehr an. Die KMU werden auch in China immer mehr zum Rückgrat der Wirtschaft. Es fehlt allerdings häufig an Marken, Technik und professionellem Management. Roboter und Maschinen übernehmen immer mehr Jobs. 2013 bedroht eine Kredit-Spirale die KMU. Immer mehr Unternehmen sind überschuldet (sie werden durch frische Kredite künstlich am Leben gehalten). Mitte November tagt in Peking das "Dritte Plenum des 18. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei" (376 mächtigsten Männer und Frauen Chinas). Es sollen umfassende Reformen beschlossen werden. In den letzten Jahren war die Wirtschaftspolitik zu stark auf Großunternehmen und den Export ausgerichtet. Die Umwelt leidet, gigantische Überkapazitäten wurden aufgebaut. Dies ist auch auf die lokalen Kader zurückzuführen, die die vollständige Kontrolle über Unternehmen und Investitionen behalten wollen. 2014 geht aus europäischer Sicht der Boom für europäische Unternehmen in China zurück (Europäische Handelskammer). Aus deutscher Sicht gewinnt China trotz schlechterer Konjunktur weiterhin an Bedeutung wegen der Absatzmöglichkeiten: Hemmend sind die rapide steigenden Kosten, insbesondere Arbeitskosten, und das fehlende Fachpersonal. Auch die Internetverbindungen sind unzureichend. Die Energiekosten sind zu hoch.  "Wenn ihr uns eure Technologie nicht geben wollt, dann lasst es bleiben. Dann bekommt eben der Nächste den Auftrag", Cai Weici, Vizepräsident des chinesischen Maschinenbauverbandes, auf dem Hamburger Wirtschaftstreffen "China meets Europe" im Sept. 2006.

Familienunternehmen kommen in China auch 2015 noch schwierig an Geld. Sie werden von der Regierung wohl absichtlich eher klein gehalten. Wer zu schnell wächst und zu groß wird, wird von den lokalen Parteifunktionären misstrauisch beäugt. Vor allem werden die KMU bei der Finanzierung benachteiligt. Es gibt keine Banken, die auf diese Finanzierung spezialisiert sind. Die KMU leiden auch zunehmend am Facharbeitermangel. Billige Arbeiter gibt es in anderen Ländern mittlerweile genug. Fehlende Qualität und Effizienz sind immer noch herausragende Merkmale (Mattheis, Philipp: Mittelstand in China, in:  Wirtschaftswoche 24/ 05.06.2015, S. 52ff.).  Die Stadt Yiwu ist der größte Weihnachtsmarkt der Welt. Hier gibt es 400 Fabriken, die ausschließlich Weihnachtsschmuck produzieren. 60% der weltweit nachgefragten Weihnachtsdekorationen kommen aus Yiwu.

Start einer neuen Börse für kleine Unternehmen. Sie heißt Beijing Stock Exchange (BSE). Der Handelsplatz soll Firmen mit Finanzierungsbedarf eine Alternative zur Kapitalbeschaffung über US-Börsen bieten. 81 Unternehmen gaben 2021 an der neuen Börse in Peking ihr Debüt und emittierten Aktien im Wert von gut 2,4 Mrd. €. Die feierliche Eröffnung am 15.11.21 machten Parteisekretär Cai Qi und Yi Huiman (Chef der chinesischen Börsenaufsicht). Als Alternative gibt es noch den STAR Market in Shanghai. Die Anforderungen in Peking sind niedriger. Vgl. Heide, Dana: In Peking startet eine neue Börse für kleine Unternehmen, in: HB Nr. 222, 16.11.21, S. 34f.

2008 gab es 8 Übernahmen mittelständischer Unternehmen in Deutschland. 2014 waren es schon 22 (Quelle: DBResearch). Im Jahre 2000 lag der Investitionsbestand in Deutschland bei 1400 Mio. € (Quelle: Deutsche Bundesbank). 2015 kauften Chinesen 36 deutsche Firmen (EY). Im Ranking ausländischer Investoren in Deutschland kletterte China auf den fünften Rang. 2015 übernimmt China Rang eines bei ausländischen Direktinvestoren vor den USA und der Schweiz. Deutschland liegt auf dem ersten Rang in Europa bei der Übernahme von KMU. Es folgen Großbritannien, Frankreich und Italien. Bei den Übernahmen gibt es noch eine Ungerechtigkeit: Chinesische Unternehmen haben bei Übernahmen in Deutschland keine Hindernisse; umgekehrt gibt es eine Beteiligungsobergrenze. 2016 wird Kuka übernommen; bei Osram soll das gleiche passieren. Interesse besteht auch an Vossloh. Die Übernahme des deutschen Chipherstellers Aixtron wird Ende 2016 von den USA gestoppt, weil die Firma ein Tochterunternehmen in den USA hat. Im Juni 2017 übernimmt die chinesische Investmentgesellschaft Creat Biotest aus Hessen (Plasmaproteine). Das weltweite Volumen der Übernahmen mit chinesischer Beteiligung erreicht 2016 einen Rekordwert von 189,1 Mrd. € nach 94 Mrd. € 2014 (Quelle: Dealogic). Etwa 5200 Unternehmen aus Deutschland sind 2015 in China tätig. Die Auslandsinvestitionen betrugen 2016 2,5 Mrd. US-$.  (Quelle Handelsblatt Mo. 28.11.16, S. 22). Doch deutsche Unternehmen halten sich zunehmend in China zurück. Ende 2016 scheint die chinesische Regierung die Einkaufstour der heimischen Unternehmen zu stoppen. Große Auslandsinvestitionen sollen erst mal verboten werden. Trotzdem legen chinesische Investoren 2017 13,7 Mrd. Dollar (11,1 Mrd. €) in deutschen Firmen an, so viel wie noch nie vorher. Die Anzahl der Firmenübernahmen ging zurück (54 gegenüber 2016 68). Einflussfaktor: chinesische Aufsichtsbehörden, deshalb die meisten Investitionen aus Hongkong. 2018 untersagt das BMWi die Übernahme von Leifeld Metal Spining GmbH, Ahlen durch einen chinesischen Investor. "Wie ein Hai müssen wir uns vorwärts bewegen oder sterben. wie eine Blume müssen wir blühen oder welken", Mao (das Aufkaufen wird oft so begründet).

Probleme deutscher Unternehmen mit chinesischer Beteiligung: 2019 häufen sich Probleme bei deutschen Unternehmen mit chinesischer Beteiligung. Duisburg Special Tubes (DST) mit 82 Mitarbeitern geht insolvent, weil die chinesische Mutter "Yantai-Taihai" kein Geld überweist. Sie hatte noch 2016 DST gerettet. HNA zieht sich aus dem Berliner Recyclingkonzern Alba zurück (auf Anweisung der Regierung soll HNA viele Beteiligungen verkaufen wegen Überschuldung). Kuka hatte hohe Erwartungen bei der Übernahme durch Midea, die sich bisher nicht erfüllten. Levance muss einige Standorte (Augsburg) schließen (MLS ging es vielleicht nur um die Markenrechte). Der Werkzeugmaschinenhersteller Schiess kommt durch den Eigner SYMG nicht aus der Krise. Putzmeister (Betonpumpen) musste sich aus China zurückziehen, als Sany übernahm. Die Ursachen sind unterschiedlich (fehlendes Geld, Einmischung der Politik, Kommunikation). Vgl. Coebel, J./ Reccius, S.: Kamikaze auf Mandarin, in: WiWo 34, 16.8.19, S.46f.

Steuerung des technologischen Wandels: Private Unternehmer gibt es offiziell erst ab 1988. Heute sollen sie schon 60 Prozent des BIP erwirtschaften. Massiv wird Geld eingesetzt. Es gibt mittlerweile millionenschwere Programme für Gründungen. Der größte staatliche Risikokapital-Fonds hat ein Volumen von 25 Milliarden $. 2016 hat China 236 Milliarden Dollar in Forschung investiert. Überkapazitäten sind immer noch ein großes Problem. Sie behindern den Innovationschub.

Direktinvestitionen chinesischer KMU: Vor Jahren noch undenkbar. Die Produktionskosten in China steigen, inkl. der Löhne. Hinzu kommt der Handelsstreit. Also erwägen KMU in Europa Länder wie Bulgarien oder Rumänien.

KMU und Corona-Krise 2020: Wie üblich dringen kaum Zahlen über Insolvenzen an die Öffentlichkeit. Das war auch in der letzten Krise 2008 so. Ein Zentrum der chinesischen KMU ist die Region Shenzhen, Guangzhou. Dort allein sollen in den letzten Monaten 30.000 KMU Bankrott gemacht haben (Schätzungen).

Jack Ma: 87 Tage war er Ende 2020 und Anfang 2021 aus der Öffentlichkeit verschwunden. Am 19.01.21 kehrt er zurück mit einem Video, in dem er die Regierung lobt und Armutsbekämpfung verspricht. Drei Motive für das Verschwinden könnte es gegeben haben: 1. Explosives Wachstum der Ant Gruppe. 730 Mio. Nutzer, 300 Mrd. $ Kredite an Klein- und Kleinstbetriebe. 2. Konkurrenz gegenüber den staatlichen Banken. 3. Eine Rede gegen die politische Führung. Vgl. Zand, Bernhard: Von Pekings Gnaden, in: Der Spiegel Nr. 4, 23.1.21, S. 14.

2022 lassen Corona-Sorgen die Gründungen einbrechen. Es gibt nur noch 82.876 Gründungen in den großen Metropolen (Shenzhen, Guangzhou, Schanghai, Peking). Da sist ein Rückgang um -13%.  Quelle: CIMK.

"In den nächsten Jahren werden chinesische Firmen viel internationaler agieren, neue Märkte erschließen, Unternehmen kaufen. Das stellt eine enorme Bedrohung für viele etablierte Firmen in diversen Brachen dar", Edwad Tse, Unternehmensberater (zitiert nach Hirn, Chinas Bosse, Frankfurt/ New York 2018, S. 13).

Internationalisierung chinesischer Firmen und ihre Direktinvestitionen im Ausland: Der chinesische Staatsfonds will 66 Mrd. $ im Ausland investieren. Zuerst wurden 3 Mrd. $ in eine Beteiligung bei Blackstone investiert. Zunehmend investieren chinesische Unternehmen im Ausland. Seit Mitte 2010 betriebt der Logistikkonzern Cosco das größte Containerterminal im Hafen von Piräus. Dieses soll noch weiter ausgebaut werden. Weitere Kooperationen mit Griechenland sind geplant (Tourismus, Olivenöl-Lieferungen). Immer erfolgreicher sind chinesische Baukonzerne im Ausland. 2010 gewinnt Covec eine Ausschreibung in Polen. Die Bank of China baut ihre Europazentrale neben die britische Notenbank. In Rumänien wird vor allem in Landwirtschaft und Bergbau investiert.  2012 investiert der chinesische Baumaschinenhersteller Shandong Heavy Industry 400 Mio. € in die italienische Feretti-Werft (Mehrheit, Luxusyachten). Ca. ein Dutzend chinesische Industriebetriebe haben viele Arbeitsplätze im US-Bundesstaat South Carolina geschaffen. 2011 kaufte Geely Volvo. "Zou chu qu!" - "Schwärmt aus!" war 1996 die Devise der Regierung. Damit wurde "Going Global" zum Leitmotiv chinesischer Firmen. Staatskonzerne machten den Anfang, private Unternehmen folgten.

Strategie bei den Direktinvestitionen: Das Münchener Ifo-Institut hat die Direktinvestitionen empirisch analysiert (2019). Sie untersuchten mehr als 70.000 Firmenkäufe in 92 Ländern von 2002 bis 2018.  Bei 1900 Übernahmen kamen die Käufer aus China. In 171 Fällen wurden deutsche Unternehmen übernommen. Die chinesischen Investoren werden nicht per se mit Staatsgeldern unterstützt. So können sie auch nicht jeden Wettbewerber überbieten. Sie konzentrieren sich auf Firmen, die sie billig kaufen können (geringe Rentabilität, die Verschuldungsquote liegt mit 6,5% über dem Durchschnitt). Die durchschnittliche Profitabilität der Zielunternehmen war gering. Die Größe lag meist über dem Durchschnitt. Es werden von Seiten der chinesischen  Staatsunternehmen Unternehmen aus der Rohstoffgewinnungs- und der Agrarbranche bevorzugt. Private Unternehmen aus China präferieren Elektro-, Maschinenbau- und Fahrzeugindustriefirmen. Damit scheint China einen langfristigen Plan zu haben, der zum "Neuen Seidenstraßenprojekt" und zu "Made in China 2025"  passt.

Mittlerweile sind 2010 ca. 800 chinesische Unternehmen mit Direktinvestitionen in Deutschland aktiv (z. B. Beteiligungen bei Waldrich Coburg und Rossmann, Übernahme von Dürkopp Adler 2005 durch SGSB, 2004 die Schiess AG von Shenyang Machine Tool Group). Aufsehen erregt auch die Übernahme von Medion (Aldi-Computerlieferant) durch Lenovo im Sommer 2011. Der Konstanzer Solarzellenhersteller Sunways kommt auch in chinesische Hände (LDK). 2011 werden noch übernommen Humboldt Weda (Zementanlagenbau)  von Avic International und Preh (Autoelektronik) von Ningbo Joyson sowie Saargummi von Chongqing Light Industry. Anfang 2012 übernimmt der Sany-Konzern den deutschen Pumpenhersteller Putzmeister (500 Mio. €?). Man holt einen international erfahrenen Private Equity Investor mit ins Boot (Citic Private Equity, Hongkong). Auch der zweitgrößte deutsche Beton-Pumpenhersteller Schwing wird 2012 vom chinesischen Konzern XCMG übernommen. Weiterhin werden 2012 gekauft Kiekert (Schließsysteme) von Lingyun, Drossbach (Maschinenbau) von Dalian Sunlight Maschinery, und Solibro (Solar) von Hanergy. Chint hat Astronery/ Frankfurt/ Oder übernommen. Direktinvestitionen in energetische und mineralische Rohstoffe werden bevorzugt in Südostasien, Südamerika und Afrika ( 29 Länder in Afrika) getätigt. 2012 wird das erste chinesische Automobilwerk in Europa eröffnet: Great Wall, Geländewagenbauer, im Norden Bulgariens. 2012 verhandelt der Baumaschinenkonzern Shandong Heavy Industry über den Einstieg bei Kion (Gabelstapler Linde und Still, Kapitalerhöhung um 25%). Wenchai Power sichert sich Ende 2012 weitere 3,3% (hält schon 25%). Ein anderer chinesischer Investor will den Werkzeugmaschinenhersteller MAG übernehmen (Shenyan Machine Tool). Man möchte von der deutschen Qualitätskultur profitieren. Ende 2012 wird der mittelständische deutsche Haushaltsgerätezulieferer Aweco vom chinesischen Mischkonzern Zhejiang Sanhua übernommen. Im November 2013 wird der schwäbische Feuerwehrautohersteller Ziegler von CIMC aus Shenzhen übernommen. 2015 übernimmt Xiamen Comfort Service Medisana in Neuss (Medizinprodukte). 2016 übernimmt ChemChina Kraus Maffei in München (von einem kanadischen Unternehmen). Unklar bleibt 2017, was die Chinesen mit dem Unternehmen vorhaben. Auch 2016 übernimmt die Shanghai Electric Group 20% am Maschinenbauer Merz aus Much. 2016 übernimmt Midea aus China die Mehrheit an Kuka (Augsburg, Fertigungsroboter, 4,5 Mrd. €). Daimler bekommt 2018 einen chinesischen Großaktionär (Geely 9,69%). Beijing Automotive Industry Corporation Holding; seit 19888; öffentliches Unternehmen; hat zusammen mit Daimler die Tochter Beijing Benz Automotive; Daimler will 2018 1,5 Mrd. € investieren). Im März 2018 übernimmt der chinesische Möbelhersteller Jason Furniture den deutschen Luxus-Möbelhersteller Rolf Benz in Nagold. Der Küchenmöbelhersteller Siematic geht an die Nison-Gruppe. Im Juni 2018 übernimmt der Großaktionär Ningbo Jifeng den bayrischen Autozulieferer Grammer (Sitze, Innenausstattung; 74%; größten Teil von Hastor übernommen). 2018 untersagt das BMWi die Übernahme von Leifeld Metal Spining durch einen chinesischen Investor (Leifeld ist Markführer bei Materialien für Luft- und Raumfahrt). Die Bundesregierung kann auch den chinesischen Einstieg (SGCC) in die deutsche Stromversorgung abwehren. Der Bund steigt mit der KfW bei 50Hertz ein. Die meisten chinesischen Unternehmen in Deutschland hat 2012  das Bundesland NRW (240 mit 2600 Beschäftigten) vor Hessen mit 140. RLP hat nur 15 chinesische Unternehmen. Deutschland hat Großbritannien als Hauptzielland in der EU mittlerweile abgelöst. 2016 und 2017 sind die Direktinvestitionen enorm gestiegen (16 Mrd. Dollar). 2018 sinkt das Interesse chinesischer Firmen aber wieder erheblich: es gab nur 34 Übernahmen oder Beteiligungen durch Unternehmen aus China in Deutschland. Das ist der niedrigste Wert seit fünf Jahren. Aber Deutschland liegt als Zielland in der EU klar an der Spitze (2018: 10,68 Mrd. US-Dollar Transaktionsvolumen vor Finnland, Italien und Frankreich). 2019 will der chinesische Druckmaschinenbauer Masterwork Group Ltd., seit 2014 Vertriebspartner, größter Aktionär bei dem Konzern Heidelberger Druck werden. Masterwork zahlt 69 Mio. €. Im März 2019 kauft die chinesische Firma Fuyao Glass Group, Fuqing, den deutschen Autozulieferer SAM aus Bolinenkirch/ Göpping (hatte 2018 Insolvenz angemeldet). Im November 2019 kauft die chinesische Hotelkette Huazhu aus Shanghai die deutsche Steigenberger-Gruppe (ohne Frankfurt und Davos). 2020 kauft CRRC, der weltweit größte Zughersteller, ein Lokomotivenwerk in Kiel, das schon Siemens, Vossloh und Bombardier gehörte. Die Konkurrenz ist besorgt. Ab 2020 baut CATL, einer der größten Batteriehersteller in China, ein Werk in Arnstadt/ Thüringen. Es ist das erste Werk außerhalb Europas.  Im Februar 2020 legt eine Expertengruppe ein Gutachten für die Bundesregierung vor (EFI Gutachten 2020): Dort werden Quoten der chinesischen Übernahmen und Beteiligungen angegeben. Stand ist das Jahr 2018. Es ergibt sich folgendes Bild: Maschinenbau 28%, Automotive 16%, Elektronik 10%, Materialverarbeitung 8%, Konsumgüter 7%, Sonstige F&E intensive Industrie 7%, IT 6%. Vgl. als weitere Quelle: Rusche, Christian: Chinesische Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland, in: Wirtschaftsdienst, Heft 2, 2020 (elektronische Ausgabe). Greatview Aseptic Packaging agiert in Halle an der Saale (Greenfield-Fabrik). Der Baumaschinenhersteller XCMG produziert in Krefeld. BM Bioscience Technolgy ist in Laage in Mecklenburg-Vorpommern. Vgl. Simon, Hermann:  Hidden Champions, Frankfurt/ New York 2021, S. 118. Die KfW macht 2018 eine Untersuchung über ausländischen Direktinvestitionen beim deutschen Mittelstand (weniger als 500 Mio. Umsatz im Jahr). 2017 wurden danach 1100 mittelständische Unternehmen aufgekauft oder mit einer anderen Firma fusioniert. Davon ging fast jede zweite an einen ausländischen Investor (51%). Seit 2010 drängen zunehmend chinesische Investoren auf den deutschen Markt (2016 Anteil von 5,9%; 2017 4,2%). Von 2005 bis 2017 macht der Anteil chinesischer Käufer 2,2% aus. 8,3% kamen aus den USA (Finanzinvestoren). "China ist ein strategischer Partner, aber auch strategischer Wettbewerber, mit dem wir in einem Systemwettbewerb stehen", Kanzlerin Angela Merkel 2019.

In Europa investieren chinesische Firmen extensiv: ChemChina ist an Pirelli Reifen/ Italien  beteiligt. Die gleiche Firma hält den höchsten Anteil an Sygenta/ Schweiz. Geely hat Volvo in Schweden übernommen für 1,3 Mrd. Beijing Enterprise ist bei EEW Energy/ Italien dabei. CRI und CCCC haben in die Bahnstrecke Belgrad-Budapest investiert. In der Schweiz übernahmen die Chinesen noch Swissmetal und Swissport und die Versicherungsgesellschaft Basler.  In Finnland übernahm Tencent den Online-Spiele-Hersteller Supercell. In Irland wurde der Flugzeugverleiher Avolon übernommen. In Portugal ging die Banco Espiritu Santo an Chinesen. In der Türkei wurden Marmorsteinbrüche und Kohlezechen gekauft. Fosun übernahm einen 5%-Anteil an Thomas Cook, dem ältesten Reisebüro der Welt.  Investiert wird in Europa nicht mehr nur in die Industrie. Chinesische Investoren kaufen z. B. reihenweise Weingüter rund um Bordeaux auf. 2013 sind schon 58 in chinesischer Hand. Im Herbst 2013 steigt der chinesische Staatsfonds CIC über eine Tochter mit 12,5% bei der russischen Firma Ural-Kali ein. Die Verteilung der Chinesischen Direktinvestitionen (2013) zeigt folgende Struktur: An der Spitze liegen die USA mit 16,9%. Dann folgen Europa mit 15,8% und Asean (11,6%). Dahinter liegen Japan (6,4%) und Südkorea (4,3%). Indien (2,3%), Russland (2,3%)  und Taiwan (2,0%) liegen weit hinten. Diese Struktur ändert sich 2015: In diesem Jahr haben chinesische Investoren 23 Mrd. Dollar in Europa investiert (Rekord und Spitze). Die höchsten Investitionen gab es in Italien, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland. Am wichtigsten waren der Automobilsektor und die Immobilienbranche. 2016 haben die Chinesen für 111 Mrd. $ in Europa hinzugekauft. In den USA und Kanada betrugen die chinesischen Investitionen 17 Mrd. Dollar. Insgesamt liegen diese Länder mit 108 Mrd. Dollar noch vor Europa (97 Mrd. Dollar), was den Stand angeht (Quelle: Bericht der Kanzlei Baker & McKenzie). 2016 nach der Brexit - Entscheidung gehen die chinesischen Investitionen in Großbritannien zurück (das zeigt sich auf dem "Sommer - Davos" in Tianjin, Hafenstadt nahe Peking). Die ausländischen Direktinvestitionen in China sind 2016 leicht gestiegen (108 Mrd. Euro). Ende 2016 teilt die staatliche Planungskommission (NDRC) mit, dass wichtige Teile des Dienstleistungssektors in China für ausländische Investoren geöffnet werden sollen. Dazu zählen Banken, Versicherer sowie Wertpapierhandel (auch Terminkontrakte). Zwischen 2000 und 2016 haben chinesische Firmen die höchsten Direktinvestitionen in Großbritannien und Deutschland getätigt (über 13 Mrd. Euro). Dann kommen Frankreich und Italien (7 bis 13 Mrd. Euro; Quelle: Rhodium Group). Insgesamt hat China mit seinen Auslandsdirektinvestitionen  zwischen 1985 und 2016 einen Anteil von 11 Prozent an allen Direktinvestitionen. (Quelle: PRC Ministry of Commerce, Unctad). 2016 steigen Chinas Auslandsinvestitionen auf 189 Milliarden Dollar, das sind 40% mehr als im Vorjahr. In der EU beträgt die Steigerung sogar 77% (Quelle: Mercator Institut für Chinastudie (Merics). Die DI betragen 35,9 Mrd. €. 2017 liegen die DI Chinas in Europa bei 29,7 Mrd. €.  Außerdem legen chinesische Investoren 2017 13,7 Mrd. Dollar (11,1 Mrd. €) in deutschen Firmen an, so viel wie noch nie vorher. Die Anzahl der Firmenübernahmen ging zurück (54 gegenüber 2016 68). Einflussfaktor: chinesische Aufsichtsbehörden, deshalb die meisten Investitionen aus Hongkong.  In der EU gibt es die Angst, dass China die EU spalten könnte (großer Einfluss in Ost- und Südeuropa). 2018 kommen die chinesischen Investitionen etwas ins Stocken. Die europäischen Verkäufer verlangen hohe Garantien. China hat höhere Auflagen für den Kapitalabfluss ins Ausland. 2018 sank der Wert chinesischer Firmenkäufe in Europa auf 31 Mrd. Dollar, fast die Hälfte weniger als 2017 (Quelle: EY). 2018 sind chinesische Banken daran interessiert, die Nord/LB in Teilen zu übernehmen (ICBC, Bank of China). In Europa sind chinesische Unternehmen am meisten an der Industrie interessiert, vor Konsumgüter und Dienstleistungen, hohe Technologie, Materialien, Finanzunternehmen und Energie bzw. Kraft. Quelle: Ernest & Young: Yi Sun, Chinesische Unternehmenskäufe in Europa. Eine Analyse von M&A Deals 2006-2018, Februar 2019. Seit dem Rekordjahr 2016 ist die Anzahl der Übernahmen in Europa kontinuierlich gesunken. 2022 gab es noch 139 Übernahmen oder Beteiligungen chinesischer Firmen an europäischen Firmen. Da swaren 16 weniger als 2021. Quelle: EY 2023.

Struktur der Direktinvestitionen in Europa: Von 2005 bis 2019 finden die meisten Investitionen im Transportbereich statt (78,8 Mrd. US-Dollar). Dann folgen Energie (66,0), Landwirtschaft (59,2), Finanzen (39,4), Technologie (31,3), Immobilien (27,7), Unterhaltung (23,9), Logistik (18,8), Tourismus (15,3), sonstige (13,9), Gesundheit (8,5), Metalle (5,9), Chemie (5,2), Versorgungsunternehmen (4,2). Die Zahl der Unternehmenszukäufe oder -beteiligungen chinesischer Unternehmen beträgt im gleichen Zeitraum 1992. Die meisten Käufe fanden in Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden, Finnland, Italien und Niederlande statt. Quelle: Aswestopoulos, W. u. a.: Wird Europa Chinopa, in: Focus 25/2020, S. 28ff.

Zielländer in Europa: China hat schon zwischen 2000 und 2019 sehr stark in der EU investiert. Spitzenreiter ist Großbritannien (GB) mit 50,3 Mrd. € Der Brexit dürfte gerade hier dem Land schwer schaden. Viele Länder haben GB als Tor in die EU genommen. An zweiter Stelle liegt Deutschland mit 22,7 Mrd. €. Dann folgen Italien (15,9), Frankreich (14,4) und Finnland (12,0). In den letzten Jahren geht China bevorzugt nach Osteuropa. Hier sieht die Reihenfolge im gleichen Zeitraum (2000 bis 2019) wie folgt aus: Ungarn (2,4), Polen (1,4), Rumänien (1,2), Tschech. Rep. (1,0), Bulgarien (0,4). Die Vereinigung für wirtschaftspolitische Kooperation 16 + 1 wurde 2012 gegründet. 2029 trat Griechenland noch bei, dass man von 17 + 1 spricht (1 ist China). 2020 fiel eine Konferenz im April wegen Corona aus. Eine Videoschaltung soll am 09.02.21 stattfinden. Viel Vakzin von China soll die Vereinigung retten. China investiert auch in Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kroatien. Hier erreichen die Investitionen ein Sechstel oder Siebtel des BIP. Diese Länder sind für China interessant, weil sie sich noch nicht an Vorgaben der EU halten müssen. Quelle: Mihm, Andreas: China Charme Offensive im Osten, in: FAZ Nr. 32, 8.2.21, S. 19.

Welt: In Australien investieren die Chinesen vor allem in Bodenschätze. In den USA konnten auch einige Firmen gekauft werden. Lenovo/ Legend Holdings  übernahm die PC-Sparte von IBM. Die Firma kaufte auch Motorola Mobility. Mit dem Erwerb von Fidelity und Guarantee Life konnten die Chinesen in den Versicherungssektor vordringen. Wanda übernahm das Studio Legendary Entertainment in Hollywood. Anbang übernahm das Traditionshotel Waldorf Astoria in New York.

Gewerkschaften: Insgesamt sind die Erfahrungen mit chinesischen Übernahmen eher positiv was die Erhaltung der Arbeitsplätze angeht. Das gilt zumindest im Vergleich zu angelsächsischen Übernahmen. In jüngster Zeit häufen sich Konflikte mit den Gewerkschaften. die chinesischen Unternehmen kennen nicht das deutsche Modell.

ICCN GmbH, Hoppstädten-Weiersbach/ bei Birkenfeld (International Commercial Center Neubrücke; seit 2012; über 700 Chinesen in dem Dorf, Oak Garden; 265 chinesische Unternehmer 2018; Kooperation mit HS Birkenfeld). Das ist so etwas wie das Zentrum Chinas in RLP. Es besteht Entwicklungspotential im Zusammenhang mit Medizintourismus und Marx-/Engels-Tourismus. In der Nähe ist der Flughafen Hahn, bei dem HNA aus China der Eigentümer ist. Eine Geschäftsfrau aus Shenzen will den Ort sogar zum "Headquarter der Weltfabrik" machen. Die Chinesen könnten eventuell den besonders starken Bevölkerungsrückgang in der Region ausgleichen.

Fosun: Wurde wie viele erfolgreiche Unternehmen 1992 gegründet. Man spricht in China auch von der 92er-Gang. In dem Jahr setzte wieder ein Aufbruch ein nach den Demos auf dem Platz des Himmlischen Friedens 1990. Gründer war Guo Guangchang (1967 in der Kulturrevolution geboren, an der Fudan studiert). Von der Organisation handelt es sich um ein Konglomerat. Fosun hält eine große Zahl an Beteiligungen an westlichen Unternehmen. Chinesische Beteiligungsgesellschaft (sehr stark expansiv im Ausland ab 2010; will 2015 die Kontrolle bei BHF Kleinwort Benson; Beteiligungen in den Bereichen Tourismus, Gesundheit, Mode, Banken; hoch verschuldet über Anleihen und Kredite chinesischer Staatsbanken). Hält Beteiligungen an Tom Taylor , dem Fußballclub Wolverhampton Wanderes, an Club-Med, an Cirque des Soleil/ Kanada, Caixa Seguros/ Portugal. 2019 will Fosun die Modekette Tom Tailor durch Übernahme retten. Guo Guangchang wird als Warren Buffet Chinas bezeichnet.

HNA, Wanda, Anbang: Das sind die Namen der Firmen, die am meisten im Ausland kaufen (zusammen mit Fosun "Viererbande" genannt). HNA hält Beteiligungen an der Deutschen Bank und am Flughafen Hahn. Chef von HNA ist Chen Feng. Er hat beste Verbindungen in die Parteispitze und ist gläubiger Buddhist. Wanda ist an US-Filmgesellschaften beteiligt. Die Firmen scheinen sich dabei übernommen zu haben. Sie werden zum Teil unter staatliche Kontrolle (KPC) gestellt. Es sind nicht nur Liquiditätsengpässe. Der Staat macht Auflagen. Gründer und Aufsichtsratsvorsitzender von Anbang ist Wu Xiaohui. Er machte einen kleinen Autoversicherer aus Ningbo zur Nummer 2 in China. Er übernahm später das Waldorf-Astoria-Hotel in New York. Er kaufte auch den belgischen Versicherer Fidea und die niederländische Versicherungsgesellschaft Vivat. 2016 kauft er das Lebensversicherungsgeschäft der Allianz in Südkorea.

Weitere rote Magnaten: Dazu gehören Wang Jianlin (war lange reichster Mann Chinas). Er besitzt ein Unterhaltungs- und Immobilienimperium. Einiges gehört ihm in den USA. Jack Ma von Alibaba. Pony Ma von Tencent. Li Shufu von Geely. Vgl. Sommer, Theo: China First, München 2019, S. 103ff.

Probleme chinesischer Weltkonzerne:  Einige Experten gehen davon aus, das im Bezug auf die Zukunft China einen ähnlichen Weg wie Japan gehen könnte. Chinas Konzerne sind stark vom Inlandsgeschäft abhängig. Durch die rapide sinkende Erwerbsbevölkerung wird sich das BIP-Wachstum stark verringern, falls nicht gleichzeitig die Arbeitsproduktivität steigt (was wahrscheinlich nicht passieren wird). Die Entwicklung in Japan ist ein beunruhigender Präzedenzfall für die Folgen solchen demographischen Wandels.

Immer mehr chinesische Unternehmen sind in der Liste der Fortune 500 der umsatzstärksten Weltkonzerne. Es ist aber fraglich, ob sie diesen Platz halten können. Dazu wäre ein Wandel zu einer internationalen Denkweise notwendig: 1. Mehr Respekt zeigen. 2. Ausländer in die Zentrale holen. 3. Entsendungen verbessern. 4. Führungskräfte besser entwickeln. 5. Innovationen im Ausland entwickeln (nicht nur Werte absaugen). Siehe Black, J. Stewart/ Morrison, Allen J.: China droht Wachstumskrise, in: HBM, Januar 2020, S. 68ff.

Vertriebskonzepte chinesischer E-Autofirmen in Europa: Die großen E-Autobauer haben alle Pläne für Europa. Sie bieten gute Verarbeitung, Qualität und Technik. Unschlagbar ist der Preis. Sie sind in Russland gestartet (5,6% Marktanteil 2021). In Europa hat Norwegen Vorrang, wegen der hohen Priorität von E-Autos. Manche arbeiten auch mit ihren europäischen Töchtern zusammen, so Geely mit Volvo. Andere verbünden sich eng mit den großen Internetfirmen Baidu, Alibaba und Tencent.  MG ködert neue Händler mit attraktiven Konditionen (keine Vorfinanzierung). Vgl. Petring, Jörn u. a.: Der große Treck nach Westen, in: WiWo 25/18.6.21, S. 16ff.

Entwicklungspolitik und Außenwirtschaftpolitik (Protektionismus): China zahlt immer mehr Entwicklungshilfe. Unklar ist, welche Gegenleistungen erwartet werden (dies gilt aber für fast alle zahlenden Länder, China betont Politik der "Nichteinmischung"). Nach der Financial Times soll China in den letzten zwei Jahren 2009, 2010 mit 110 Mrd. $ schon mehr Geld aufgewendet haben als die Weltbank. Die chinesische Regierung veröffentlicht keine genauen Daten. Vgl. auch Rogue Aid? The Determinants of China`s Aid Allocation, Axel Dreher/ Andreas Fuchs, Uni Göttingen September 2011. Von 1996 bis 2005 hatten den höchsten Prozentanteil an der Entwicklungshilfe Tansania (4,6%) vor der Mongolei (3,7%) und Kambodscha (3,4), Niger (3,4), Benin (3,4). Traditionell liegen die Schwerpunkte auf dem Bau von Infrastruktur, Krankenhäusern und Sportstätten.  China übt immer größeren Einfluss nach Süden aus. Dies geschieht auch mit Mitteln der Entwicklungshilfe. Betroffen sind Myanmar, Thailand, Malaysia, Vietnam, Laos, Kambodscha, Brunei, Singapur und Indonesien.2013 kauft China riesige Landflächen in der Ukraine (von der Größe Brandenburgs). China baut gezielt Gegeninstitutionen zur Weltbank auf (z. B. chinesische Entwicklungsbank). Das Land hat erkannt, dass die Weltbank von den USA dominiert und instrumentalisiert wird. Die anderen westlichen Länder lassen das zu. Wir leben in einem neuen Zeitalter, Dambisa Moyo nennt das "world of disorder".

Viele chinesische Firmen kommen nach Afrika. Sie bauen Straßen, Eisenbahnstrecken und betreiben Unternehmen. Allerdings bringen sie meistens ihre eigenen Arbeiter mit. Deshalb sind diese Firmen in Afrika nicht sehr beliebt. Man spricht davon, dass es sich um Ausbeutung handelt und den heimischen Arbeitskräften die Arbeitsplätze weggenommen werden. Insofern gibt es Aversionen gegen Chinesen. Kenia schiebt 2016 45 Taiwaner in die VR China ab nach dem Motto "Sind doch alles Chinesen". Die Führung in Taipeh ist entsetzt. Eines der kleinsten Länder Afrikas wird von den Chinesen 2018 zum "strategischen Partner" erklärt, nämlich Dschibuti. Sie unterhalten hier sogar ihre erste Marinebasis (erste Militärbasis außerhalb Asiens). Sie bauen auch riesige Freihandelszonen. Nach einer Studie von McKinsey 2018 sollen insgesamt 10.000 chinesische Firmen in Afrika aktiv sein, davon ein Drittel Industrieunternehmen. Die Chinesen sehen die Chance, in Afrika ihre Rohstoffe dauerhaft beziehen zu können. Sie schließen langfristige Lieferverträge ab: Sie beziehen Erdöl aus Angola. Eisenerz und Kupfer aus Südafrika und dem Kongo. Holz und Getreide werden aus verschiedenen Ländern importiert. 2003 begann der Einstieg Chinas auf dem afrikanischen Kontinent. Die meisten Projekte waren aber keine Geschenke. Heute stöhnen viele afrikanische Staaten unter einer gigantischen Schuldenlast. Das Handelsvolumen zwischen Afrika und China ist aber förmlich explodiert. In Ägypten entsteht mit chinesischer Hilfe eine neue Hauptstadt. Dort soll der höchste Wolkenkratzer Afrikas entstehen. Von der Summer her hat China am meisten investiert im rohstoffreichen Nigeria (50 Mrd. $). Dann folgen Ägypten (24,4), Angola (24,1), Äthiopien (23,9), Algerien (23,0), Kenia (16,8). Stand: 2018. Quelle: Der Spiegel Nr. 24, 8.6.2019, S. 91. Mittlerweile zeigt sich der chinesische Einfluss auch beim chinesischen Staatsfernsehen in Afrika.  Das erste Mal wurde China 1970 unter seinem Staatsführer Mao in Afrika aktiv. Damals baute man für umgerechnet eine halbe Milliarde Dollar die 1860 km lange Tanzania-Zambia-Railway (Tazara), finanziert mit einem zinslosen Darlehen. Mao wollte die Afrikaner als diplomatische Unterstützer gegen die USA und die Sowjetunion. Ein Großteil der Bahnlinien auf dem Kontinent stammt aus Kolonialzeiten. Im Februar 2018 bedient ein Fernsehsketch in China Vorurteile über Afrika: In der vierstündigen Frühlings-Gala, die 800 Mio. Chinesen verfolgen, geht es um Chinas Engagement in Afrika. Es treten Afrikaner auf und eine angemalte Chinesin. Es wird eine Romanze vorgetäuscht, um einer arrangierten Ehe zu entkommen. Als der Bluff auffliegt zeigt sich die afrikanische Mutter erstaunlich verständnisvoll: Sie könne doch keinem Chinesen böse sein. die Chinesen hätten doch ihr Land aufgebaut und ihrer Tochter einen festen Job verschafft. dies ist eine von vielen rassistischen Entgleisungen in China.

Trotzdem ist die chinesische Entwicklungspolitik in Afrika erfolgreicher als die europäische. Sie bauen erst Straßen und Kraftwerke mit ihren eigenen Arbeitern. Dadurch kann aber der Rest der Wirtschaft folgen. Es wird so in handfeste Bauprojekte investiert, wo das Geld nicht versickern kann wie bei der europäischen Entwicklungshilfe. Große Infrastruktur-Projekte zusätzlich zu den oben erwähnten sind: Ein Hochhaus im Zentrum von Nairobi/ Kenia. Eine Bahnlinie von Nairobi nach Mombasa. Am Bahnhof von Addis Abeba bauen auch Chinesen. Sie bauen eine elektrifizierte Bahn nach Djibuti. Schon in den Siebzigerjahren investierte China in Afrika unter Mao. Die 1900 Kilometer lange Tazara - Bahn sollte den postkolonialen Aufschwung ankurbeln. Die Bahn verbindet Tansania mit Sambia. Auch den Flughafen bauen die Chinesen aus. Im Küstenort Bagamoyo soll der größte Containerhafen Ostafrikas entstehen. In Westafrika wurde ein Vertrag mit Nigeria abgeschlossen, eine Küsteneisenbahn von Lagos nach Calabar zu bauen. Die Chinesen gelten als schnell, effizient und billig. Sie bieten All-inclusive-Pakete einschließlich von Krediten der Staatsbanken. Vgl. Philip Plickert: Chinesischer Bauboom in Afrika, in: FAZ 31.01.2018, S. 18. Am 03.09.2018 findet in Peking eine Afrika-Konferenz (7. Afrika-China-Gipfel) zwischen China und fast allen afrikanischen Staaten (53) statt. Staatspräsident Xi Jinping verspricht für die nächsten drei Jahre Kredite und Investitionen in Höhe von 60 Mrd. Dollar in Afrika. Nach Angaben der John Hopkins-Uni in den USA hat China bis 2018 bereits 100 Mrd. Euro in Afrika investiert.  In China selbst will die Regierung den Chinesen die Kartoffeln ("Erdbohnen", tudou) schmackhaft machen. Schon heute ist China der weltgrößte Kartoffelproduzent (jede vierte Kartoffel). Die Kartoffel ist ideal für arme Kleinbauern, weil sie weniger Wasser benötigt als Reis oder Weizen. Durch Kochserien und andere Maßnahmen soll den Chinesen der Verzehr näher gebracht werden. 2016 kauft China in großem Umfang afrikanische Esel (equus asinus, vor allem aus dem Niger). Sie werden in der Küche und der Pharmaindustrie verwendet. Im Norden Chinas wird das Fleisch in Suppen und Eintöpfen geschätzt. Aus gekochter Eselshaut wird eine Gelatine (Ejiao) gewonnen, die Schlaflosigkeit und Husten heilt. Eine Creme daraus soll die Haut faltenfrei machen und die sexuelle Potenz anregen. Die Preise für afrikanische Esel steigen daraufhin.

Exkurs: Yvonne Adhiambo Owuor: Das Meer der Libellen, 2020: Im Buch geht es um die Globalisierung und die Rolle Chinas in Afrika, insbesondere in Kenia. Auf der Insel Pate vor der kenianischen Küste landete einst die Flotte des chinesischen Eunuchen Zheng He im 15. Jahrhundert. Bei Ausgrabungen auf Pate fand man chinesische Keramik und Kunst. Owuor beschreibt einen Aufbruch in heutiger Zeit nach China. Sie zeigt, wie die Chinesen ihre Fühler nach Kenia ausstrecken und warum sie geschickter vorgehen als die Europäer einst ("Neue Seidenstraße"). China geht extrem historisch bezogen vor: knüpft an die Reise von Zheng He an (wie sie es auch in Venedig machen, Marco Polo).

Wirtschaftlich dominiert aber immer noch Europa in Afrika: Der Warenaustausch liegt 2018 bei 340 Milliarden Dollar. Dann kommt China mit 200 Milliarden Dollar.

Ein besonderes Kapitel sind die Rüstungsexporte als Teil der Entwicklungspolitik. Die Rüstungsexporte nach Asien und Afrika wachsen rasant (2011 bis 2015 um 88%). China ist nach den USA und Russland schon der drittgrößte Waffenlieferant (5,9% Weltmarktanteil 2015). Wichtigste Rüstungsempfänger sind Pakistan, Bangladesch und Myanmar. Manche Länder erlauben China, Stützpunkte für die Volksbefreiungsarmee zu errichten.

2017 fördert China auch massiv Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte in Osteuropa (mit 3 Mrd. Euro). Die Projekte hängen mit dem Ausbau der "Seidenstraße" zusammen. Die chinesische Entwicklungsbank beteiligt sich zusätzlich mit 2 Mrd. € an einem neu gegründeten Bankenverband für die Region. Es handelt sich um 11 EU-Mitgliedsländer Osteuropas und noch fünf zusätzliche Länder plus China (CEEC genannt; 16 + 1 Konferenz in Budapest im November 2017). In Budapest leben sehr viele Chinesen. Länder wie Ungarn oder Polen erhoffen sich neue Möglichkeiten und mehr Einfluss in der EU. Für China ist das Teil einer EU-Strategie: Indirekt sitzt Peking immer mit am Tisch in Brüssel. Wenn es um Menschenrechte geht, oder Folter oder andere Punkte folgen osteuropäische Länder China und blockieren EU-Entscheidungen. auch Griechenland zieht zunehmend die China-Option (die Reederei "Cosco" hat die Mehrheit am Hafen Piräus). 2020 legt die EU-Vizepräsidentin Vestager ein Weißbuch zur Wettbewerbspolitik vor: Die EU will sich gegen chinesische Subventionen wehren. Es könnte Verhandlungsmasse für die EU sein. Unklar ist, wie die Thesen in konkrete Politik einfließen.

Südamerika: Dort werden regelrechte Kolonien errichtet. Im tropischen Kleinstaat Surinam nördlich von Brasilien ist 2018 jeder zehnte Einwohner ein Chinese. Das Land war eine niederländische Kolonie und ist seit 1975 unabhängig. Surinam exportiert Rohstoffe wie Öl, Gold, Aluminium und Holz. Die niedrigen Preise stürzten das Land 2017 in eine Krise. Die Chinesen werden auch als Handelspartner immer wichtiger (neben USA, Arabische Emirate und Europa). Sie investieren viel in die Infrastruktur (chinesische Baufirmen mit Überkapazität). Vgl. Thomas Fischermann: Peking im Regenwald, in: Die Zeit, Nr. 4, 18.01.2018, S. 24f. Im Juli 2018 gibt die Chinesische Entwicklungsbank Geld für Venezuela, um die Erdölförderung wieder anzuschieben. Die Chinesen unterstützen Maduro. Die USA sind gegen ihn. Hier prallen die Interessen der Großmächte direkt aufeinander (Venezuela hat die größten Erdölvorkommen der Welt). Groß ist auch die Expansion nach Brasilien. China kontrolliert 2018 bereits alle Schlüsselbranchen. Der Neue Präsident Bolsonaro will den chinesischen Einfluss 2019 zurück drängen, was vielleicht zu spät kommt. 150 Mrd. US-Dollar haben die Chinesen in den vergangenen Jahren in Lateinamerika investiert - mehr als in Afrika. 2018 haben die Dominikanische Republik, El Salvador und Panama ihre diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abgebrochen und mit China aufgenommen. China belohnt solche Aktionen großzügig: in Panama werden zwei Dutzend Großprojekte gebaut. Auch Mexiko ist nach den Erfahrungen mit Trump zunehmend offen. Mithilfe von China wird ein Marshallplan in Höhe von 30 Milliarden Dollar aufgelegt. 14 Staaten in Lateinamerika haben sich für chinesische Investitionen beworben (darunter Chile, Peru, Kolumbien).  In Chile sind die großen Rohstoffkonzerne Chinas sehr aktiv, Tianqi hält eine Beteiligungen etwa an der Lithiumproduktion Chiles. China kontrolliert so etwa die Hälfte der Welt-Lithium-Produktion.

Nordamerika: 2018 gingen die Direktinvestitionen in Nordamerika um 75% zurück. China muss mehr Direktinvestitionen im eigenen Land zulassen. Die Devisenaufsichtsbehörde kündigt an, die Quote für ausländisches Kapital auf 300 Mrd. $ zu verdoppeln.

Indischer Ozean: Die Präsenz der chinesischen Marine soll den Handelsweg für Öl und Waren absichern. Ein Überwachungssystem unter Wasser wurde installiert. Vor allem Indien ist sehr beunruhigt. Durch das südchinesische Meer wird ein Handelsvolumen von rund 5 Billionen Dollar jährlich transportiert. China beansprucht 90 Prozent des Meeres. Dagegen sind Vietnam, Malaysia, Brunei, Taiwan und die Philippinen. Rund 64% des Ölhandelsvolumens der Welt werden hier transportiert. Gerade auch für Indien ist das Meer von unschätzbarem Wert. China weitet seine physische Infrastruktur permanent aus, auch im Rahmen des Seidenstraßenprojektes. Vgl. O. V.: Peking greift nach dem Indischen Ozean, in: FAZ, 20.01.2018, S. 22.

Mittlerer und Naher Osten (Vorderasien): Peking und Teheran rücken wegen des Drucks der USA immer enger zusammen. China muss dem Iran 2020 helfen, weil die Corona-Pandemie (25 von 80 Mio. Iranern sind Mitte Juli 2020 infiziert) und die Wirtschaftskrise immer schlimmer werden. Der IWF verweigert auf Druck der USA Hilfsgelder für den Iran. China möchte mit dem Iran, Pakistan, Syrien und Libanon eine Achse bilden.  2020 kommt ein Abkommen zwischen China und dem Iran zustande, weil der Iran nicht auf eine Rückkehr der USA zum Atomvertrag warten will. Er braucht dringend Hilfe (westliche Hilfe scheitert an den Sanktionen der USA). China investiert in den nächsten Jahren 330 Mrd. $ in den Iran (Infrastruktur, Medizin u. a.). Dafür bekommt China Öl und darf seine Waren im Iran verkaufen. Man sieht überwiegend chinesische Autos auf den Straßen. Das ist sehr schade, weil viele Führungskräfte noch im Westen (Frankreich, Deutschland, GB) ausgebildet wurden und die entsprechenden Sprachen beherrschen. Der wirtschaftliche Schaden  für den Westen dürfte immens sein und nicht mehr zu beheben. Ende 2022 nähern sich Saudi-Arabien und China an. Chinas Staatschef Xi jinping macht einen Besuch in Riad. Es soll Wirtschaftsvereinbarungen im Gesamtvolumen von 25 Mrd. € geben. MBS kann jedoch die gestörten Beziehungen zu den USA durch China nicht ersetzen. Die USA haben Militärbasen im Nahen Osten und nur sie können im Moment gegen den Iran schützen.

China selbst als Empfängerland von Entwicklungshilfe aus Deutschland: Rund drei Milliarden Euro sind zwischen 2013 und 2020 im Rahmen von 90 Förderkrediten an die Volksrepublik geflossen. Finanziert wurden etwa Bildungsprojekte, allein 2020 gab es dafür KfW-Kredite mit einem Volumen von rund 42 Mio. Euro. Ab 2021 werden nur noch Umwelt- und Klimaschutzvorhaben unterstützt. Antwort der Bundesregierung 2021 auf eine Anfrage der FDP, vgl. WiWo 12, 19.3.2021, S. 6.

Protektionismus und Zölle: Der Einfuhrzoll für im Ausland produzierte Autos liegt bei 25%. Bei Elektroautos gibt es massive Subventionen (ausländische Batterien sind durch Normen ausgeschlossen). Wichtige Nachbarländer in Asien wie Südkorea, Taiwan, Japan öffnen sich dagegen stärker. Beim Handelsstreit mit den USA gibt es lange Verhandlungen. 2017 erzielte die VR China einen Überschuss von 376 Mrd. Dollar. Trump droht weiterhin mit Strafzöllen auf chinesische Produkte in Höhe von 150 Mrd. Dollar. Vorerst soll es keine Strafzölle in China auf US-Hirse geben. Wichtigste Warengruppen der US-Importe aus China sind Mobiltelefone, Spiele und Spielzeug, Kleidung. Schließlich einigt sich China mit den USA im Handelsstreit vorerst: Es gibt keine Zölle. China importiert mehr US-Waren (ohne konkrete Mengenzusagen). Zumindest bis Herbst, wenn Wahlen in den USA sind, könnte so Ruhe sein. Die Verhandlungen dauern an. Im Mai 2018 senkt China die Einfuhrzölle für importierte Autos von 25% auf 15%. Diese Senkung gilt ab 1. Juli 2018. 2018 senkt weiter China die Importzölle für 1500 Konsumgüter (durchschnittlich von 15,7% auf 6,9%, ab 1.7., Senkung um 60%). Betroffen sind Bekleidung, Schuhe, Fitnessprodukte. Bei Kühlschränken und Waschmaschinen sinkt der Zollsatz von 20% auf 8%. Bei verarbeitenden Lebensmitteln und Mineralwasser sinkt der Zollsatz von 15,2 auf 6,9%. Kosmetika, Haut- und Haarpflege, Medizin- und Gesundheitsprodukte profitieren von einer Zollsenkung von 8,4% auf 2,9%.  Bereits im Dezember 2017 hatte China die Importzölle für 200 Produkte gesenkt (17,3% auf 7,7%, Lebensmittel, Pharmaartikel, Bekleidung). China bietet im Zollstreit an, die Importe aus den USA um 70 Mrd. Euro zu erhöhen, um seinen Handelsüberschuss zu reduzieren. Trotzdem verhängen die USA am 15.0618 weitere Strafzölle gegen China (25%; Produkte im Wert von 50 Mrd. US-$; 1100 Produkte; Industrie- und High-Tech-Produkte). China kündigt umgehend an, dass Retorsionszölle erhoben werden auf 659 verschiedene US-Produkte (Sojabohnen, Schweinefleisch, Huhn, Fisch, Rüstungsgüter, Geländewagen, Elektroautos u. a.; 25%, im Wert von 34 Mrd. $). Es wird immer wieder kritisiert, dass die USA sich auf den Warenhandel beschränken und übersehen, dass sie mit vielen Ländern einen Ausfuhrüberschuss im Dienstleistungsbereich haben (durch die US-Internetfirmen Amazon, Google und Apple).  Dann eskaliert der Handelstreit zwischen den USA und China. Trump kündigt neue Vergeltungszölle im Wert von 200 Mrd. Dollar an (10% Zollsatz). China ist der größte Handelspartner der USA, die ein Defizit von -337 Mrd. Dollar 2017 haben. Vizepremier Liu He ist in China wichtigster Berater für Handelspolitik (hat in Harvard studiert, spricht fließend Englisch). Er gilt als Denker und vorsichtiger Stratege. Nach den chinesischen Retorsionszöllen erheben die USA weitere Strafzölle auf 6000 chinesische Produkte. Die Chinesen arbeiten an weiteren  Gegenzöllen in gleichen Ausmaß. Der Handelskrieg eskaliert weiter. Die Angst vor weiteren Zöllen verstärkt den Warenaustausch zwischen China und den USA. Das US-Handelsdefizit legt im Sommer 2018 zu. Ab Ende August kommen weitere Zölle der USA gegen  chinesische Produkte (Chemikalien, Elektronik; am 08.08.18 verkündet). Sofort werden chinesische Retorsionszölle angekündigt (Energie, Rohstoffe). Inzwischen stehen 5000 US-Produkte auf einer schwarzen Liste. Es sind Waren in Höhe von 110 Mrd. Dollar betroffen. China springt immer öfter in die Bresche, wenn europäische Firmen ihr Engagement im Iran zurückfahren wegen der US-Sanktionen. Als der französische Erdölkonzern Total die Investition in ein riesiges Gasfeld stoppt, springt China ein. Am 23.08.18 werden neue Sonderzölle von den beiden größten Wirtschaftsnationen verhängt: 25% auf Waren im Werte von 16 Milliarden Dollar. USA: Zölle auf Halbleiter, Chemikalien, Plastik, Motorräder, Elektroroller. China: Benzin, Autos, Stahl, Medizintechnik. Gegenüber China erwägt Trump im September 2018 neue Strafzölle im Wert von 200 Mrd. Dollar. Dann wären die Hälfte aller US-Importe aus China mit Sonderzöllen belegt. China droht sofort mit weiteren Gegenzöllen. Im Herbst 2018 beendet die EU ihre Maßnahmen gegen Solarmodule aus China. Nach neuen US-Zöllen im September 2018  bricht Peking weitere Handelsgespräche mit den USA vorerst ab. Ab 25. September 2018 gelten US-Strafzölle gegen China im Wert von 200 Milliarden Dollar. Auf dem G20-Gipfel Anfang Dezember 2018 in Buenes Aires sprechen Trump und Xi Jinping miteinander. Sie vereinbaren, bis März 2019 keine weiteren Zölle zu erhöhen. Die Chinesen versprechen, mehr amerikanische Waren zu kaufen (vor allem Agrarprodukte). China setzt die Strafzölle gegen US-Autos (25%)  Ende 2018 für drei Monate aus. Betroffen sind auch deutsche Hersteller, die Autos aus den USA nach China exportieren. Am 07.01.19 beginnen die Handelsgespräche zwischen den USA und China in Peking. Mehrere Gesprächsrunden folgen. Die Zeit bis zum 1.März 2019 reicht nicht aus. Wegen der laufenden Handelsverhandlungen verschieben die USA die Entscheidung über weitere Zölle gegenüber China über den 1. März 2019 hinaus. Lightnizer, der Handelsbeauftragte, kündigt im Mai 2019 eine Ausweitung der US-Zölle auf die Höhe von 25% auf alle verbliebenen Importe aus China an. Das beträfe Waren im Wert von 300 Mrd. $. Er setzt eine Frist von drei Monaten für ein Abkommen. China ist in der schwächeren Position, weil es überwiegend nur noch die Zölle erhöhen kann. China antwortet mit Vergeltung: Für Waren im Werte von 60 Mrd. $ werden Zölle in Höhe von 25% ab Juni 2019 erhoben, wenn man sich nicht einig wird. Es geht um 2500 Produkte. Im Mai 2019 setzen die USA Huawei auf eine "schwarze Liste". Daraufhin will Google das Unternehmen nicht mehr mit dem Betriebssystem "Android" versorgen. Das könnte Huawei schwer schaden. Dann werden die Strafmaßnahmen gegen Huawei wieder etwas gelockert (zunächst für drei Monate; Software wird geliefert). China antwortet mit einer Androhung eines Exportstopps beziehungsweise einer Exportbeschränkung bei Seltenen Erden. Diese werden für die Handy-Produktion benötigt. 2019 ist China der Rohstoffproduzent für 70% der Seltenen Erden. 80% werden in die USA exportiert. China will ebenso eine Liste mit "unzuverlässigen" ausländischen Firmen aufstellen. Ab 1.6.19 treten chinesische Zölle in Höhe von 53,8 Mrd. Dollar auf Importe aus den USA in Kraft. Abgaben in Höhe von 5 bis 25% werden erhoben (5400 Produkte: Kosmetika, Kaffeemaschinen, Musikinstrumente, Sportartikel, Kondome, Diamanten, Wein). Im Juni 2019 erhöht China drastisch (58 bis 148%) die Zölle auf Stahlrohre aus der EU und den USA ("Anti-Dumping-Maßnahme"). Die weltweite Nachfrage danach kommt fast zu 80% aus China und 90% der Importe stammen aus den USA und der EU. Am 01.08.19 verhängen die USA neue Strafzölle gegen China: Es handelt sich Produkte im Wert von rund 300 Milliarden Dollar. Die Strafzölle gelten ab September 2019 und haben die Höhe von 10%. Die Handelsgespräche wurden vorerst ohne sichtbare Fortschritte beendet. Sie sollen im September 2019 fortgesetzt werden.  Betroffen sind besonders wichtige Produkte für China wie Handys, Laptops, Textilien und Spielzeug. Die Produkte werden in den USA teurer. Die USA scheinen die Veränderung von Lieferketten zu beabsichtigen. Als Retourkutsche werten die Chinesen den Renminbi ab. Vorübergehend rutscht der Renminbi unter 7 (die chinesische Zentralbank, die nicht unabhängig ist, hat den größten Einfluss). Die USA sprechen von Währungsmanipulationen. Die USA verschieben die jüngsten Zollerhöhungen von 10% gegen China auf Anfang Dezember 2019 (wegen Weihnachtsgeschäft in den USA). Die chinesischen Zölle sollen ab 1.9.19 in Kraft treten.  Im August kündigt Trump an, für diese Waren 15% zu erheben. Die Waren, die mit 25% besteuert werden, sollen zukünftig mit 30% besteuert werden. Mitte September 2019 deutet China Entgegenkommen im Handelsstreit mit den USA an: Verstärkt sollen US-Agrarprodukte gekauft werden, wie Schweinefleisch und Sojabohnen. Weiterhin sollen 16 Kategorien von US-Produkten von Strafzöllen befreit werden: Medikamente, Medizinprodukte, Fischfutter. Mitte Oktober 2019 spricht Trump von einem Teilabkommen (bei einem Treffen mit den chinesischen Vize-Premierminister Liu He): Er verzichtet auf weitere Erhöhungen. Einigung bei Geistigen Eigentum, Finanzdienstleistungen, Währungsfragen  und Agrarprodukten (China sagt hier feste Importe zu).  Mehr soll bei einem Treffen von Xi und Trump im November kommen. Anfang November 2019 kommt man zu einer Verständigung, Sonderzölle wieder abzubauen. Es soll schrittweise abgerüstet werden. Im Dezember 2019 (Treffen zwischen Trump und Xi Jinping) soll ein Handelsvertrag abgeschlossen werden. Mit China spricht man im Dezember 2019 von einem Teilabkommen. Die USA gehen auf China zu. Neue Strafzölle treten nicht in Kraft (15%, Warenwert 160 Mrd. ). Das so genannte Phase-Eins-Abkommen wird am 15.01.2020 unterzeichnet. Ein kommt ein erstes Abkommen im Januar 2020 zustande: Unterschrift am 15.01.20 im Weißen Haus. China erhöht seine Importe aus den USA. Probleme bei geistigen Eigentum und Technologietransfer sollen gelöst werden. Die USA verhängen nicht angedrohte Strafzölle (150 Mrd. US-$). Die bestehenden Zölle bleiben bestehen bis zu einem vollständigen Abkommen.    "Wir setzen den Handelskrieg aus", Steven Mnuchin, US-Finanzminister nach den Gesprächen mit China. "Zusammenarbeit ist der einzige richtige Weg für die Vereinigten Staaten und China", Wang Yi, chinesischer Außenminister 2018.

Zollsenkungen Ende 2019: Ende 2019 senkt China die Zölle für Importe im Wert von einigen Hundert Milliarden Euro. Es werden die Einfuhrabgaben auf mehr als 850 Güter verringert. Der Schritt hat nichts mit dem Handelskrieg mit der USA zu tun. Sie sollen vielmehr die Verbraucher entlasten, die heimische Nachfrage ankurbeln und die High-Tech-Industrie fördern. So ist die Senkung bei Fleisch und High-Tech-Teilen am wichtigsten. Vor allem die afrikanische Schweinepest hat den Schweinefleischpreis extrem erhöht, weil die Bestände sich halbiert haben.

Handelskonflikt im Alltag der Chinesen: 19% der Exporte Chinas gingen 2017 in die USA. Damit lebt China stark vom Export, auch wegen der lange Zeit niedrigen Löhne. Der niedrige Kurs des Yuan kann Zölle zum Teil auffangen, weil die chinesischen Produkte gegenüber dem starken Dollar günstiger sind. Wohlhabende Chinesen drücken ihren Pessimismus aus, indem sie Goldbarren in Hongkong bunkern oder Barreserven in US- oder australischen Dollar horten. Es wächst die Sorge vor Arbeitslosigkeit und Inflation. Die Preise für Obst und Lebensmittel sind schon stark gestiegen. Die Staatsmedien schweigen eher, Unzufriedene melden sich in Online-Foren. China hat nicht mehr viele Möglichkeiten für Zugeständnisse an die USA. Die Regierung spricht von einem "Langen Marsch" (angelehnt an Maos Kommunisten). Chinas Verhandlungsführer und wichtigster Berater für Xi Jinping ist Liu He. Er sieht sogar einen positiven Effekt für China: mehr Innovationen und mehr Qualität. "Die reichen Länder von heute setzen fast ausnahmslos Zölle und Subventionen ein (...). Interessanterweise sind Großbritannien und die USA die beiden Länder, die den Gipfel der Weltwirtschaft durch ihre Politik des freien Marktes und des Freihandels erklommen haben wollen, gerade diejenigen, die Zölle und Subventionen am aggressivsten eingesetzt haben", Ha-Joon Chang.

Theoretische Erklärung der Strategie der chinesischen Außenwirtschaftspolitik und der Außenpolitik insgesamt: Kampf um Wertschöpfungsketten (Modell der Institutionenökonomik/ Jean Tirole, Toulouse, Nobelpreis 2014): Die Institutionenökonomik/ Tirole bietet ebenfalls wie Krugman eine Alternative zum Freihandelsmodell. Freihandel wird nicht als Wert an sich gesehen. Es ist eines der Verfahren, um für eine Gesellschaft Wohlstand zu erzeugen. Aktuelle Handelskonflikte (wie zum Beispiel der zwischen den USA und China 2018) ergeben sich danach aus grundlegend veränderten Risiko- und Kommunikationsstrukturen. Die Digitalisierung senkt die Transaktionskosten weiter und verändert das Risiko. Es entstehen durch reduzierte Informationsasymmetrien neue Institutionen im Kontext der Plattformökonomie. Dadurch wandeln sich Informationstransport, Informationsspeicherung und Informationsverarbeitung. Die Digitalisierung beeinflusst auch die Industriestruktur: Systemtreiber sind die Fähigkeit zur Kontrolle des Agenten und die Möglichkeit, Skaleneffekte zu realisieren. Es kommt zu einer Reintegration von Wertschöpfungsketten. Treiber sind die Finanz- und Schuldenkrise, die Störanfälligkeit von Lieferketten und die Geschwindigkeit des technischen Fortschritts. In diesem Zusammenhang sind Zölle ein Mittel der politischen und wirtschaftlichen Rivalität. Unter zu erwartenden Konfliktbedingungen ist die Sicherung der Lieferkette entscheidend dafür, die Rivalität auszuhalten bzw. siegreich zu beenden. Die Staaten haben ein Dominanzproblem:  Die USA haben ein großes Leistungsbilanzdefizit (im Opiumkrieg hatte es England), China hat einen historischen Nachholbedarf (mandschurische Machtübernahme 1647, Opiumkrieg 1839). "Made in China 2025" soll die Hochtechnologie sichern aufgrund eines schuldengetriebenen Entwicklungsmodells. Im Grunde genommen will China sich weiterhin erfolgreich in der globalen Lieferverflechtung positionieren. Man kann dies in der "Crying Curve of Asia" darstellen. Freie Märkte sind nach diesem Modell auf dem Rückzug. Vgl. Ulrich Blum: Der Kampf um Wertschöpfungsketten: Krieg gegen den Freihandel? in: Wirtschaftsdienst 2018/10, S. 737ff. Es geht Trump nicht nur um Handelspolitik, sondern er will den Aufstieg Chinas zur Hochtechnologie-Nation verhindern bzw. hinauszögern. China treibt unaufhaltsam seinen Aufstieg zur Wirtschaftssupermacht voran (Handelsabkommen, Infrastrukturnetzwerke, wie z. B. die "Neue Seidenstraße"). Vgl. auch: Bernhard Zand: Messer am Hals, in: Der Spiegel 1/2019, 29.12.2018, S. 12ff. Henry M- Paulson: Dealing with China. An Insider Unmarks the New Economic Superpower, 2015. Michael Paul: Kriegsgefahr im Pazifik? Die maritime Bedeutung der sino-amerikanischen Rivalität, Nomos 2017. Die Zollpolitik der USA wird China langfristig nicht bremsen können (höchstens etwas verlangsamen, weil noch eine ökonomische Asymmetrie besteht). Eine weitere Verlangsamung würde ein Stopp des Technologietransfers bringen. Aber andere Länder würden dann in die Bresche springen (Russland, Deutschland, Japan).

China finanziert Trump: Der Aufstieg Asiens, insbesondere Chinas, hat die Finanzmärkte grundlegend verändert. Die Devisenbewirtschaftung in China hat die weltweiten Finanzströme transformiert. In China werden Unsummen gehortet. Die Verwendung folgt einer Strategie: den USA wird Geld geliehen (Hauptgläubiger der USA, Staatsanleihen), um sie notfalls in der Hand zu haben. Viel Geld wird in ausländische Direktinvestitionen gesteckt, um Schlüsseltechnologien zu beherrschen. Der Rest wird für Strukturpolitik zukunftsträchtiger Branchen im Inneren verwendet. Vgl. dazu auch die entsprechenden Spezialabschnitte auf dieser Seite.

Die USA haben allerdings in den letzten Jahren ihre finanzielle Abhängigkeit von China reduziert. China ist zwar weiterhin größter Gläubiger, aber der Anteil der ausstehenden US-Staatsanleihen im chinesischen Besitz ist von 15% (2010, nach der Finanzkrise) auf knapp 8,5% Ende 2018 nahezu halbiert. Amerikanische Staatspapiere werden heute zu 60% von Inländern gehalten. Auf der anderen Seite hat China bis 2017 Auslandskredite in Höhe von fünf Billionen Dollar vergeben. Kreditnehmer sind Entwicklungs- und Schwellenländer. Viele Länder sollen durch die Initiative "Neue Seidenstraße" enger an China gebunden werden. Man läuft allerdings Gefahr, auf den Kosten sitzen zu bleiben.

Importmesse in Shanghai: Im November 2018 startet eine große Importmesse in Shanghai. Titel ist "China International Import Expo". China will Marktöffnung versprechen. Xi Jinping verspricht bei der Eröffnung Handels- und Investitionshemmnisse für ausländische Unternehmen abzubauen. Zölle sollen gesenkt und er Marktzugang verbessert werden. Urheberrecht sollen stärker geschützt werden. Hintergrund ist auch der Handelskrieg mit den USA. Aber Trump geht es nicht mehr nur darum, die Handelsdefizite abzubauen. Er will den Aufstieg Chinas zur führenden Technologienation ("Made in China 2025") verhindern. Auf der Importmesse sind 170 deutsche Firmen vertreten. Deutschland ist der wichtigste Handelspartner Chinas. 1 Mio. Arbeitsplätze in Deutschland hängen mittlerweile an deutschen Exporten nach China.

Aktuelle Auswirkungen des Zollstreits: Mitte 2019 setzt der Handelskrieg China kräftig zu: Im Juni geht der Außenhandel um -4% zurück; insgesamt sank der Außenhandel zwischen den Ländern seit Ausbruch des Konfliktes um -13%. Das verlangsamt auch das chinesische Wachstum (nur noch 6,2% im 2. Quartal 19). Man schätzt, dass in den USA 1 Million Jobs an den Exporten nach China hängen. Den höchsten Umsatz in China von allen US-Unternehmen  erzielte 2018 Apple vor Intel, Qualcomm und Boing. China dominiert auch bei seltenen Erden bei der Produktion (71%) und bei den Reserven (37%). 2019 bremst der Handelskrieg das Wirtschaftswachstum in den USA und China. Insgesamt haben die USA Strafzölle gegenüber China in 4 Stufen erhoben (insgesamt Warenwert 300 Mrd. US-$). Auch die Chinesen haben in vier Stufen geantwortet (bis 75 Mrd. $). Im Dezember 2019 kommt es zu einem Teilabkommen und zu einem Erhöhungsstopp der Zölle.

Entkopplungsstrategie (Fünfjahresplan 2020 des ZK der KPCh): Die Volksrepublik will in den nächsten Jahren (ab 2020) mehr auf sich selbst setzen (eigene Kräfte nutzen). Die Kommunistische Partei entwirft 2020 einen neuen Fünfjahresplan, in dem man sich international stärker entkoppeln will. Ab 26.10.20 finden viertägige Beratungen in Peking statt (Plenum des ZK). Die Tagung findet unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Eine stärkere Selbständigkeit Chinas wird angestrebt. Hintergrund sind die Corona-Pandemie und der Konflikt mit den USA. Die USA seien misstrauisch, weil China zu schnell wachse (Vizeaußenminister Qin Gang). Die Exportabhängigkeit soll reduziert und der Binnenkonsum gestärkt werden (Fortsetzung der Strategie; vor allem Einkommen auf dem Lande). Präsident Xi spricht von einem "neuen offenen Wirtschaftssystem". Ausländische Direktinvestitionen und Kapital sind erwünscht. Gleichzeitig wendet er sich gegen den Trend der Anti-Globalisierung. Experten sprechen von einer wesentlichen Wende in der Wirtschaftspolitik Chinas.  Für China ist die Entkopplung eigentlich eine Bedrohung. Wenn die chinesische Wirtschaft nicht mehr massenweise exportieren kann, was ist dann die Alternative? Das Bauen als Alternative fällt weg (Wohnungen, Infrastruktur). Es bleibt dann noch der Binnenkonsum. Dazu gibt es zwar eine Strategie. Aber die Mittelschicht mit Kaufkraft ist extrem verunsichert. Also wird China weiter produzieren und exportieren, so weit man es lässt. Vgl. Fischermann, Thomas: Wächst da noch was? in: Die Zeit 8/ 15.2.24, S. 24. "Die eigenständige Innovation solle verbessert werden" und der "Ausbau Chinas zu einer wissenschaftlichen und technologischen Macht beschleunigt" werden. Der "heimische Markt müsse gestärkt werden". Statt auf schnelle Wachstumsraten will man sich auf eine "qualitativ hochwertige Entwicklung" konzentrieren. Quelle: Kommunique´ des ZK der KPCh (der 14. Plan).

Exkurs: Gutachten des Mercator Institut for China Studies, Berlin (Merics) im Januar 2021 in Zusammenarbeit mit der EU-Handelskammer in China. Titel: "Decoupling - Getrennte Wege und Patch-Work-Globalisierung". Das Gutachten zeichnet kein optimistisches Bild für den Handel mit China. auch unter einem Präsidenten Biden würde der Handel nicht befriedet. Man verweist auch auf die obige Strategie der Entkopplung. Konflikte bei Technologie- und Datenaustausch blieben bestehen. Außerdem könnten die USA bei einer Verschärfung des Konfliktes die EU vor die Entscheidung stellen. Sollte der Konflikt sich verschärfen, fürchtet Merics eine internationale Wirtschaftskrise. Worst Case könnte die Beschränkung der USA zum Dollar sein. Dann würde China gezwungen, die Entwicklung zum digitalen Yuan zu beschleunigen. Ein besonderer Balanceakt wird für Südkorea, Japan und Deutschland vorausgesagt. Bei Merics muss man immer vorsichtig sein: Es geht von einer Grundposition aus: USA - freundlich, China - kritisch.

Die USA "gehen Klinkenputzen" gegen den Einfluss Chinas. Sie schmieden eine Allianz, die man "Quad" nennt. Ihr gehören neben der USA Indien, Australien und Japan an. Die USA bemühen sich noch um Indonesien, Sri Lanka und die Malediven. Peking sieht die Gruppe als asiatische Nato, deren Ziel die Eindämmung China sist. Auf jeden Fall sucht man gemeinsam auf eine Antwort auf Chinas Machzuwachs.

RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership): Das Freihandelsabkommen kommt im November 2020 zustande. Es ist die größte Freihandelszone der Welt.  Es hat 2,2 Mrd. Verbraucher. Es umfasst ca. ein Drittel des Welthandels. 15 Staaten machen mit. Es sind die 11 Asean - Staaten (China, Thailand, Laos, Malaysia, Singapur, Kambodscha, Vietnam, Burma, Indonesien, Philippinen, Brunei)  + Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland. Chinas Position verstärkt sich in der Welt: China ist China ist das Zentrum und füllt das Vakuum, das die USA unterlassen. Die USA hatten sich zurückgezogen. Zölle werden gesenkt (Abbau von 90%, innerhalb von 15 Jahren), Investitionen vereinbart, es gibt neue Regelungen für den Handel. Die Dienstleistungen sind mit einbezogen  (auch Online-Handel; aber auch Teile ausgenommen). Landwirtschaftliche Produkte sind nicht einbezogen. Bei gemeinsamen Produktstandards ist man nicht ambitioniert. Indien war aus den Verhandlungen ausgestiegen, weil es fürchtete, von chinesischen Billigwaren überschwemmt zu werden. Man bietet Indien aber noch die Möglichkeit, beizutreten. Die Bedeutung des Abkommens liegt in der  Geopolitik, weniger in der Ökonomie. Es ist bisher eher oberflächlich und zahm. Der chinesische Markt ist sowieso sehr wichtig, das war in der Praxis immer klar. Einige Länder wie Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland haben aber durchaus auch an intensivem Handel mit der EU Interesse. Japan und Südkorea ziehen schon einen Tel ihrer Firmen aus China ab. Es profitieren vor allem Länder wie Indonesien, Vietnam, Malaysia. Die Pandemie und RCEP deuten endgültig auf das asiatische Jahrhundert.  "Meilenstein der ostasiatischen Zusammenarbeit", Le Keqiang, chinesischer Ministerpräsident, November 2020.

"Auch europäische Unternehmen, die in der Region tätig sind, profitieren von resilienteren Lieferketten. Des Weiteren ist mit einer Harmonisierung von Standards über alle 15 RCEP-Mitgliedsländer hinweg zu rechnen. Diese Vereinheitlichung erleichtert europäischen Exporteuren die Geschäfte mit Asien. Dennoch wird Europa durch Handelsumlenkungseffekte, die durch den neuen Mega-Deal entstehen, insgesamt verlieren: Wenn der Handel zwischen den asiatischen Ländern ansteigt, fällt die Nachfrage nach Waren aus dem Westen. Das RCEP-Abkommen ist die chinesische Antwort auf das gescheiterte TPP (Trans-Pacific Partnership). China nutzte die Chance und stieß in das entstandene Machtvakuum." Siehe Flach, L./ Teti, F.: RCEP-Abkommen: Versteckte Auswirkungen, in: Wirtschaftsdienst 12/ 2020, S. 904. 

Investitionsabkommen zwischen der EU und China (Comprehensive Agreement on Investment, CAI; Unterhändler: Dombrovskis, Liu He): Die EU und China planen seit längerem ein Investitionsabkommen. Im Sommer 2020 will Angela Merkel mit Spitzenvertretern der EU nach Peking reisen. Das Verhältnis zu China ist Anfang 2020 angespannt. Das Abkommen soll im Herbst 2020 fertig sein. Experten rechnen aber mit einer Verschlechterung der Beziehungen im Laufe des Jahres, so dass es länger dauern dürfte. End e2020 dringt Deutschland in der EU auf ein Abkommen. Einige Staaten haben aber Zweifel (Irland, Niederlande, Italien). Das Abkommen soll vor dem Amtsantritt der neuen US-Regierung am 20.01.21 fertig sein (das wollen beide Seiten). Die Arbeitnehmerrechte sind am umstrittensten (ILO, Zwangsarbeit, Umerziehungslager). 2021 könnte China als Handelsgroßmacht aggressiver auftreten, man hat die USA bei der Größe der Volkswirtschaft bald erreicht. Die Einigung über den Vertrag wird am 30.12.20 erzielt. Kernpunkt ist der verbesserte Marktzugang in China. Damit sollen neue Geschäftsmöglichkeiten geschaffen werden. Der Investitionschutz bleibt noch offen. Offen ist auch noch die Berücksichtigung von EU-Firmen bei öffentlichen Ausschreibungen in China. Die finale Ratifizierung ist erst Anfang 2022 vorgesehen. Der genaue Wortlaut ist unter Verschluss. Besonders interessant dürften die Nebendeals sein. Gegen das Abkommen werden drei Argumente vorgebracht: 1. Konterkarierung in der Praxis in China. 2. Legitimation der chinesischen Positionen (Taiwan, Honkong, Tibet; Verrat an den Menschenrechten). 3. Verhältnis zu europäischen Ländern an der Peripherie und den USA (stößt Biden vor den Kopf!). Vgl. Huotari, Mikko: Chancen - und drei große Risiken, in: HB, 4.1.2921, S. 100 Mrd. € ist der Wert der Waren, die Deutschland 2020 nach China exportiert.

 

Der Kaiserkanal (Da`yu`n he´, großer Transportfluss,  seit 2014 auf der Weltkulturerbe-Liste) war  eine  wichtige Wasserstraße, die ursprünglich den Zugang zum Meer gewährleistete. Es ist die älteste und längste künstliche Wasserstraße der Welt. Chinas Kaiser ließ ihn vor über 1400 Jahren anlegen (Kaiser Wendi und Yandi im 6. Jh.). Teile des Kanals waren schon vorher gebaut worden (z. B. hatte Fuchai, König der Wu, schon die Flüsse Huai und Jangtsekiang verbunden).  Hier ist er in Suzhou abgebildet. Von Suzhou erreichte man so das Meer. Hierüber hielt man Verbindung auch nach Europa. Suzhou, das Venedig Chinas, ist eine wichtige Industriestadt im Süden, was einem durch den Smog kaum entgeht. Suzhou gilt auch als Zentrum der chinesischen Gartenkultur. Berühmt wurde die Stadt auch als Geburtsort der Seidenkultur. Hier befindet sich noch heute die stattliche Seidenmanufaktur Nr. 1. Natürlich ist es heute auch riesige Stadt mit fast 10 Millionen Einwohnern oder mehr. Hangzhou ist das südliche Ende des Kaiserkanals, der bis nach Beijing geht (Kanal wurde nach Norden verlängert las Beijing Hauptstadt wurde, Ende de 13. Jh.). Er war eine äußerst wichtige Handels- und Verkehrsroute, die Beijing mit den wichtigsten Gebieten und Agrarflächen des Landes verband (insbesondere mit dem fruchtbaren Mündungsgebiet des Jangtsekiangs, Reistransport). Der Kanal ist - wie schon gesagt - die längste von Menschen geschaffene Wasserstraße der Welt (rund 1800 km). Fünf Flüsse konnten so miteinander vereint werden: Huang He (Gelber Fluss), Jangtsekiang, Huai, Qiantang und Hai He. Millionen von Bauern mussten Zwangsarbeit leisten. Weil dabei Ernte teilweise auf den Feldern bleibt, kommt es zu Hungersnöten. Das führt zu dem raschem Ende der Sui-Dynastie (es kommt die Tang-Dynastie). Ehe ein Schleusensystem entwickelt wurde, gibt es immer wieder Unfälle auf der Strecke. Genutzt wird heute nur noch der südliche Teil, um Diesel, Kohle, Sand, Kies, Baumaterialien und andere Güter zu transportieren. 2012 wurden dreimal so viele  Waren hier transportiert als auf dem Schienennetz. Die nördlichen Teile sind nicht mehr schiffbar. Vgl. auch: Sudermann, Natalie: Ab durch die Mitte, in: Rheinpfalz am Sonntag, 14. April 2019, S. 25.

Mit einem Mega-Infrastrukturprojekt (8,7 Mrd. $) will Peking Dürren und Fluten gleichzeitig bekämpfen. Das wasserreiche Jangtse-Becken soll noch mehr Wasser abgeben als bisher. Man will den längsten Wassertunnel der Welt durch die Berge bohren. Der neue Yinjianbuhan-Tunnel soll maximal 1000m unter der Erde verlaufen. Der Bau des sechsmal so langen Versorgungskanals vom Wasserreservoir Danjiankou in der Südprovinz Hubei nach Peking verschlang umgerechnet 66 Mrd. €. Der Kanal ist Teil eines über 1400 Kilometer langen Wassertransferprojektes, das neben der zentralen Route auch einen West- und Ostkanal umfasst. Letzterer folgt dem Kaiserkanal (siehe oben). Der Yinjianbuhan-Tunnel wird eine physische Verbindung zwischen dem Drei-Schluchten-Damm und dem Süd-Nord-Wassertransferprojekt herstellen. Vgl,  Sieren, Frank: China to go, München 2023, S. 60ff.

Urbanisierung und Städtebaupolitik (Regionalpolitik): Wanderarbeiter: Das staatliche Registrierungssystem zählt sie als "Arbeiter vom Lande". Deshalb sind sie in den Städten auch relativ rechtlos (müssen z. B. teures Schulgeld zahlen). Sie verlieren in den Städten, wo sie in Slums am Rande hausen, häufig ihre Wohnungen anlässlich neuer Bauprojekte. Die Behörden schließen immer mehr brandgefährdete und illegale Unterkünfte. Die Städte wachsen schon legal rasant (2020: 23 Mio. Peking, Shanghai 30 Mio., Shenzhen 15 Mio., Siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch Fischerdorf bei Hongkong). Vgl. Hendrik Ankenbrand: China geht brutal gegen seine Unterschicht vor, in: FAZ, Nr. 280, 2. Dez. 2017; S. 22. In Peking lässt die Verwaltung 2018 Hunderte Häuser abreißen. Als Vorwand dient oft ein Feuer. So verschwinden auch Garküchen, Obstverkäufer und Fahrradmechaniker. Die Familien haben nur wenig Zeit für den Auszug. Viele stehen auf der Straße. In Peking ist ca. jeder dritte Beschäftigte Wanderarbeiter. Plakate preisen ein "harmonische Stadt".  Intellektuelle schreiben einen Protestbrief gegen die Kampagne. Vgl. Felix Lee: Peking vertreibt seine Wanderarbeiter, in: Die Rheinpfalz, Nr. 7, Dienstag, 9.1.2018.

Umsiedlung von Bauern in die Stadt: Hundert Millionen Bauern siedelt Chinas Regierung um, ganze Dörfer ziehen in ein Gebäude. Das soll Wohlstand bringen. Es ist eine neue Strategie als Antwort auf weniger Exporte, weil auch weniger mit Billiglohnkräften in China produziert werden kann. Von 2014 bis 2020 sollen 100 Millionen Bauern zu Stadtbewohnern mutieren (es liegt ein 30 Kapitel umfassender Nationalplan vor). Landwirtschaftliche Nutzflächen werden zu Neubaublocks, Gewerbsgebieten, Einkaufszentren. 2016 lag der Anteil der Landbevölkerung bei 43 Prozent (Quelle: Weltbank). Die Landflucht setzte schon in den 1980er Jahren ein. Es gibt 2017 600 Städte in China, darunter mehr als Hundert mit mehr als einer Million Einwohner. Bis 2030 sollen mehr als 70 bis 80 Prozent aller Chinesen in Städten wohnen, rund eine Milliarde Menschen. Größtes Ballungsgebiet ist die Region Jing-Jin-Ji , mit Peking als Mittelpunkt. Ein weiteres wichtiges Ballungszentrum ist das Perlflussdelta. Shenzhen ist das chinesische Silicon-Valley (mit Tencent, Huawei).  Vgl. Justin Jin: Der große Stadtplan, in: Die Zeit, Nr. 53, 2012.17, S. 21ff. Das Konzept der Armutsbekämpfung mit der Urbanisierung ist sehr umstritten. China vernachlässigt dadurch die Kleinbauern vor Ort. Fainess hat auch mit der Würde des Menschen und seiner Selbstbestimmung zu tun. Beides bleibt zum Teil auf der Strecke.

Landkonflikte: Es gibt immer wieder Konflikte um Landrechte und Entschädigungszahlungen. In der Regel ist es Gemeinschaftsland. Dort beobachtet man dann Mafiastrukturen, Bestechung und "Nagelhäuser" (Infrastruktur wird drum herum gebaut, weil die Entschädigungsforderung zu hoch ist). Die Rechtslage ist unklar. Das ist eigentlich Quelle der Konflikte. Gerichte stellen sich ungern gegen Kader. Es gibt auch oft keine Referenzwerte. Manche dieser Konflikte schwelen schon länger. Bekannt ist der in Mingjing. Die Stadt liegt strategisch günstig in der Nähe der Uni von Guangzhou. Das Dorf soll in einen Investitionspark integriert werden. Einer der Bauern mit Nutzerrechten sprengt sich in die Luft. Die Verwaltung nennt da seinen Sabotageakt. Vgl. Böge, Friederike: Der Selbstmordanschlag hieß in den Medien Sabotageakt, in: FAZ 12.4.21, S. 3.

Wertschöpfung in den Städten: 14 Städte in China erwirtschafteten 2017 jeweils mehr als 1000 Milliarden Yuan (127 Mrd. €). An der Spitze liegt Shanghai mit 382 Mrd. € (Wirtschaftsleistung von Polen). An zweiter Stelle liegt Peking (übertrifft das BIP von Israel). Hongkong ist zurückgefallen. Insgesamt erwirtschaften die vier wirtschaftsstärksten Städte ein Achtel des BIP. Quelle: Der Spiegel 5/ 2008, S. 74. In Peking gibt es bereits eine Hotpot - Restaurantkette, die Roboter für voll automatisierte Arbeitsabläufe als Kellner einsetzt. Es wird künstliche Intelligenz benutzt. Die Kette heißt Haidilao. In Peking werden zehn humanoide Roboter beschäftigt.

Privatisierung und Immobilienmillionäre: Auf dem Immobilienmarkt tummeln sich auch immer mehr Private sehr erfolgreich. Berühmt ist "Pekings Immobilienkönigin" Chen Lihua (geboren 1941). Ihr Vermögen wird auf 7,2 Milliarden Dollar geschätzt. Xi Jiayin leitet den Immobilienkonzern Guangzhou Evergrande, seit 2016 China Evergrande. Er soll heute der reichste Mann Chinas sein (Hurun-Liste, 43 Mrd. $). Der größte Immobilienkonzern Chinas ist Vanke. Er wurde von Wang Shi (geboren 1951, Schöngeist, Umweltschützer, Philantrop) aufgebaut. Weitere Unternehmen sind Wanda und Suntac. Suntac ist die Nummer drei hinter Vanke und Evergrande.

Immobilienmarkt: Der Immobilienmarkt hat eine Blase. Aber des Ende des Baubooms ist abzusehen. Halbfertige Immobilienvorhaben liegen brach. Die Kommunen als Eigentümer von Grund und Boden ("Volkseigentum"; käuflich ist ein Recht, vergleichbar unserer Erbpacht), hatten in der Vergangenheit großes  Interesse, Land zu verpachten. Das brachte Geld in die kommunalen Kassen. Die Preise wurden nach oben getrieben. Um Immobilienprojekte und Bauten zu finanzieren, sprangen manchmal Sparer ein, weil die Banken traditionell Staatsunternehmen bevorzugen wegen der Sicherheit. Das wurde häufig mit Bürgschaften verknüpft. Mit dem Einbrauch der Verkaufpreise der Immobilien sehen die Sparer ihr Geld nicht mehr und die Bürgen werden belastet. Das stürzt viele Familien ins Elend. Auf der anderen Seite haben viele Bürger ihre Immobilien auch mit den Krediten von Banken bezahlt. Es gibt also auch ganz normale Finanzierung. Über die Häufigkeitsverteilung wissen wir kaum was, so das die Verhältnisse intransparent sind (das gilt auch für andere Bereiche wie etwa die Privatisierung staatseigener Unternehmen). Die fortschreitende Urbanisierung ist ein Projekt der Regierung und der kommunistischen Partei. Also werden die Städte weiter wachsen, die Dörfer zurückgehen und die Immobilienpreise in den Ballungsgebieten weiter steigen. 2019 gilt jede fünfte Wohnung als unbewohnt (Schätzungen). Der Leerstand bei Büroimmobilien hat 2019 einen Höchststand erreicht. Das verstärkt sich noch in der Corona-Krise durch Homeoffice. Das kann noch dramatische Folgen haben, denn Immobilien sind in China die häufigste Form der Besicherung von Krediten.

Doch die Immobilienpreise steigen 2021 rasant weiter. Die Regierung hat die Gefahren dieser Entwicklung erkannt (Ende 2020 waren 26% aller Kredite Immobilienkredite). Sie versucht, Spekulationsgeschäften entgegenzuwirken. Sie schaut Immobilienentwicklern und Banken stärker auf die Finger. Die Finanzierung soll gedeckelt werden. Besondere Probleme bestehen in den Städten . Vgl. Y. Zhang: Das Dilemma der chinesischen Regierung, in: HB Nr. 74, 19.4.21, S. 30f.

Verkehrsinfrastruktur: Seit Xi Jinping an der Macht ist (seit 2012) bis 2018 ist die Infrastruktur explodiert: Das Autobahnnetz wurde um +48% erweitert. Das Eisenbahnnetz wuchs um +35%. Die Landstraßen legten um +14% zu. Quellen: Statistikamt China; Zand, Bernhard: Drachendämmerung, in: Der Spiegel Nr. 51, 12.122020, S. 78ff.

Leihfahrräder: In keinem anderen Land der Welt haben sich Leihfahrräder so durchgesetzt. Sie prägen den urbanen Raum mit. Die Goldgräberstimmung ist allerdings vorbei. 60 Anbieter gingen in den vergangenen Jahren bankrott. Das Recycling ist das größte Problem. Die Städte haben gelernt und reglementieren stark.

Xiong`an: Diese Stadt liegt ca. 100 km südlich von Peking und auch 100 km westlich von Tianjin in der nordostchinesischen Provinz Hebei. Sie ist eine Retortenstadt. Viele sprechen von einem Versuchslabor von Präsident Xi. Sie soll Ökologie, Ökonomie, Hochtechnologie und Urbanität vereinen. Xiong bedeutet Held, An meint Frieden. Im Jahre 2035 sollen dort 5 Mio. Menschen leben. Auch neue Formen ausländischer Direktinvestitionen sollen erprobt werden. Die Stadt soll für die Mittelschicht erschwinglich bleiben. Die Technologieriesen Baidu, Alibaba und Tencent wollen mit guten Beispiel vorangehen. Deng schuf Shenzhen (früher Kanton) als sein Denkmal, Xi will wohl Xiong`an. In der Stadt laufen auch seit Jahren Tests für den digitalen Renminbi (zusammen mit Shenzhen, Suzhou und Chengdu). Viele neue Dinge, insbesondere in der digitalen Technologie, werden hier erprobt.

Ligang New City: Bau einer neuen Stadt. Planung durch das deutsche Architekturbüro gmp, Hamburg (Gerkan, Marg und Partner). In China baute seit der Jahrtausendwende vor allem Meinhard von Gerkan (starb im November 2022). Er baute über 370 Gebäude in aller Welt. "Es ist ja unbestritten, dass das Land mit Abstand den größten Freiraum für avantgardistische Architektur bietet".

Greater Bay Area (GBA): Für China hat jede einzelne Stadt nicht mehr die Bedeutung. Man plant schon lange einen riesigen Wirtschaftsraum im Süden. Bis 2035 war das ursprüngliche Ziel. Dem entgegen stehen unterschiedliche Rechts- und Verwaltungsräume, die die Integration erschweren.  Man will die bekannten Städte Hongkong und Macao mit der südöstlichen Küstenprovinz Guandong verbinden. 11 Partnerstädte sollen zu einer großen Integration  (unter anderem außer den schon genannten Hongkong, Macao, Shenzhen Guangzhou, Jiangmen, Dongguan, Zhongshan, Zhuhai, Zhaoqinq u. a.). Vgl. Kuhn, Britta: Chinas Greater Bay Area, in: Wirtschaftsdienst 4/2021, S. 311ff.

Vgl. auch den Artikel "Seidenstraße und Seidenstraßenprojekt (einschließlich Neue Seidenstraße):"

 

Japan:

Gliederung: Wirtschaftsordnung, Kultur, Notenbankstatus und -Verhalten, Währung/ Geldpolitik Finanzmärkte/ Aktienmarkt, Bankensystem, Finanz- und Steuerpolitik, Bildungs- und Forschungspolitik, Sozialpolitik und Sozialversicherung Strukturpolitik/ Wettbewerbspolitik, KMU und Mittelstandspolitik, Urbanisierung und Städtebaupolitik (Regionalpolitik), Außenwirtschaftspolitik und Entwicklungspolitik.

 

Wirtschaftsordnung: gelenkte Marktwirtschaft ("Japan AG"; in Europa am ehesten mit Frankreich vergleichbar). Das "eiserne Dreieck" bestimmt: Unternehmensvertreter, Parteigrößen, Ministerialbürokraten. Bei Großunternehmen herrscht noch immer das "Keiretsu" vor. Es handelt sich um eine branchenübergreifende enge Kooperation von Unternehmen (mit Hausbank, Generalhandelshaus), die als Mischkonzerne global agieren. Sie sind nach dem 2. Weltkrieg auf Druck der USA aus den Zaibatsu (Holdinggesellschaft im Familienbesitz; Ursprung oft Samurai) hervorgegangen. Diese vereinten Bank-, Handels- und Industriekapital in sich und konnten die Preise der Rohstoffimporte senken (sie hatten eine große Bedeutung in der wirtschaftlichen Entwicklung Japans). Sogo Shosha sind die wichtigsten Handelshäuser in Japan, die mit weltweiten Organisationen und Tochtergesellschaften verknüpft sind (z. B. Mitsubishi, Mitsui, Sumimoto). Insgesamt spricht man in Japan von einem "Machtdreieck" aus Industrie, Beamtenschaft und alter Staatspartei. Sehr mächtig sind die "Schattenmänner" aus dem Apparat der Parteien, die die Regierungsgeschäfte wie früher die Shogune lenken. Das eigentlich schlimme an Toyotas Rückrufaktionen 2009/ 2010 ist die Tatsache, dass damit der große Hoffnungsträger Japans strauchelt. Der Bankrott von Japan Airlines war der zweite große Schock.

Die Inamori-Foundation (Stiftung des Kyocera-Gründers Kazuo Inamori) vergibt jährlich den "Kyoto-Preis", mit dem das Lebenswerk großer Wissenschaftler oder Künstler geehrt wird (im Jahre 2004 war Jürgen Habermas Preisträger). Der Preis wird ähnlich hoch wie der Nobelpreis gesehen.

Die Verfassung Japans ist von 1947 (Parlamentarische laizistische Monarchie). Das Parlament besteht aus Unterhaus (Shugi-in) und Oberhaus (Sangi-in). Die Unabhängigkeit des Landes besteht seit 660 v. Chr. (Kaiserreich). Nationalfeiertag ist der 23.12. (Geburtstag des Kaisers). Die Rechtordnung wurde zuerst von China geprägt (7. Jahrhundert). Später um 1898 wurde das Bürgerliche Gesetzbuch vom deutschen Kaiserreich übernommen.

LDP (Liberaldemokratische Partei) in Japan: Sie besteht seit 1955. Sie ist die wichtigste politische Kraft in Japan, weil sie in der Regel die Regierung stellt (Ausnahmen: 1993-1994; 2009-2012). 2018 hatte die Partei 869.748 Mitglieder. Sie ist stark an Personen orientiert. Die Ausrichtung ist schwer einzuordnen: nationalkonservativ, sozial- marktwirtschaftlich, wirtschaftsnah, stark pro-amerikanisch. sie ist durch Lobby-Netzwerke stark mit Interessengruppen verbunden. Sie ist auch immer noch sexistisch: Im Februar 2021 lädt Generalsekretär Toshihiro Nikai (82-jährig) fünf Frauen (Parlamentarierinnen) zu einem wichtigen Treffen ein. Bedingung ist, dass sie schweigen. Vorher musste schon der ehemalige Premierminister Mori (auch Mitglied der Partei) als Chef des Organisationskomitees der Olympischen Spiele zurücktreten, weil er sich diskriminierend über Frauen geäußert hatte. Nachfolgerin wird die ehemalige Frauenministerin Hashimoto. Jetzt bleibt aber nur noch eine Frau im Kabinett übrig. Die Führungsriege der Partei besteht fast ausschließlich aus alten Männern. Damit wird das Land und die Partei der Geishas wieder seinem traditionellen Ruf gerecht: Frauen im Haus und an den Herd. Kengo Sakurada, 2021 Chef der mächtigen Wirtschaftslobby, denkt, dass sei "teilweise die Schuld der Frauen". Anfang Juli 2022 wird er ehemalige Premier Shinzo Abe ermordet auf einer Wahlveranstaltung der LDP in Nara. Die LDP gewinnt wieder die Mehrheit im Oberhaus. Alle drei Jahre wird die Hälfte der Sitze von 248 neu vergeben.

2023 ist Fumio Kishida Premierminister (seit 2021). Für die Wirtschaft des Landes ist er ein Glücksfall. Im Dezember 23 erschüttert ein Spendenskandal seine Partei LDP. Er muss alle Minister einer mächtigen Untergruppe seiner Partei entlassen (Fraktion von Abe). Die Staatsanwaltschaft durchsucht Räume, auch die der Gruppe Nikai. Kishida gilt als Mann mit dem Füllhorn für die Wirtschaft. Er versucht auch mit allen Mitteln, Investoren nach Japan zu holen (die China nicht mehr trauen). Blackrock, dei größte Investmentgesellschaft der Welt, lud er nach Japan ein. Das tat er im renommierten Economic Club of New York. Kishida entstammt einer Politikerfamilie, deren Wurzeln in Hiroshima liegen. Der skandal bringt ihn ins Wanken, zumal er in der Bevölkerung nicht sehr beliebt ist.  Vgl. Kanning, Tim: Japans Mann mit dem Füllhorn wackelt, in: FAZ 21.12.23, S. 20.   "Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft - vor allem die Wirtschaft ist meine Priorität", Kishida in der Regierungserklärung im Oktober 23.

Japan als Pionier der Zeitenwende: Die aggressive Strategie Chinas, die USA unter Präsident Trump, die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg von Russland führen zu einem radikalen Umdenken in Japan. Japan reagiert als erstes Land der Welt institutionell darauf. Es wird ein neues Ministerium geschaffen und ein Gesetz zum Schutz der inländischen Wirtschaft aufgelegt. Das Gesetz zur Förderung der wirtschaftlichen Sicherheit hat vier zentrale Punkte: 1. Lieferketten: Ziel: Stabile Versorgung mit "strategischen Gütern" (Halbleiter, medizinische Produkte). Staatliche Rolle: Diskussion über Definition "strategischer Güter". 2. Geheime Patente: Ziel: Nichtoffenlegung bestimmter Technologie. Staatliche Rolle: Regierung erhebt Lizenzgebühren. 3. Öffentlich-private Partnerschaft in F&E. Ziel: Gemeinsame Forschung. Staatliche Rolle: Förderung durch Subventionen und Strafen. 4. Schlüsselinfrastruktur: Ziel: Schutz von Energie, Wasserversorgung, Telekommunikation, Finanzen, Verkehr, Postdienst. Staatliche Rolle: Regierung kann Hard- und Software kontrollieren. Vgl. Kölling, Martin: Japan wird zum Pionier, in: HB Nr. 67, Dienstag 5. April 2022, S. 14f.

Der bayrische Arzt und Naturforscher Franz von Siebold (1796 - 1866) hat das Bild von Japan in Deutschland stark geprägt (es gibt ein Museum in Würzburg, das sehr sehenswert ist). Er brachte auch die Palownie mit aus Japan nach Europa. Zu Ehren der russischen Zarentochter und niederländischen Königin Palowna nannte er den Baum Palownie (japanisch Kiri). Das Holz des Baumes ist in Asien ein wertvoller Rohstoff.

Im Design - Museum Kopenhagen ist übersichtlich dargestellt, welchen  Einfluss das japanische Design (Ästhetik) auf das dänische Design gehabt hat. Die Dänen haben mit Arne Jacobsen und Richard Mortensen u. a. eine berühmte Schule entwickelt (Stühle, Architektur u. a.). Ähnliche Einflüsse des japanischen Designs sind auch auf das italiensche Design zu beobachten. Das Design spielt auch eine große Rolle im japanischen Marketing (Verpackung). Hierzu habe ich viele Hausarbeiten, Diplomarbeiten und Bachelor - Thesen vergeben. Das Thema ist faszinierend. Interessant sind die engen Beziehungen zur japanischen Kultur.

Kultur: In der Landessprache heißt Japan Nippon (aus dem Zeichen "ni" Sonne und "pon" Beginn. Auch die Flagge spielt auf die aufgehende Sonne an (Rot Sonnenscheibe, Weiß Reinheit). Das Land besteht aus vier großen und über 6000 kleinen Inseln.  Shintoismus, Pflichttreue, Selbstbeherrschung; Japanische Schrift besteht aus Kanji (von den Chinesen übernommen, im 5. Jahrhundert durch buddhistische Mönche aus Korea) und Mayogana (Hiragana- und Katakana - Silbensystem: das erste früher von Frauen benutzt und runder, das zweite eckiger aussehend von Mönchen benutzt, Fremdwörter). Der Zen-Buddhismus, der seine Ursprünge vor über 2500 Jahren in Indien hat, kam über China (Chan) nach Japan und ist mittlerweile spirituell im Westen am erfolgreichsten. Im Vordergrund steht die Erlösung durch Selbsterkenntnis. Ein Buddhist strebt an, dass seine Individualität im Nirwana erlischt (das erklärt am besten die kollektivistische Kultur). Es gibt auch Christen in Japan (viele leben die Rituale mehrerer Religionen). Im Norden Japans gibt es ein Dorf namens Shingo, wo angeblich Jesus begraben liegt (er soll 106 Jahre alt geworden sein, "Kirisuto Matsuri" ). Die Samurai gelten noch heute als Vorbild: für den Menschen ungünstige Bedingungen sollen durch Selbstüberwindung aus dem Weg geräumt werden. Schulung für Verstand und Geist (Meditation) liegen in Kendo, Kyodo, Aikido, Chado, Kohdo und Origami. Sumo-Ringen ist auf Japan beschränkt geblieben. In Sumo-Ställen führen junge Ringer ein entbehrungsreiches Leben (archaische Rituale, Schinderei). Japan hat die gesündeste Küche der Welt. Sie arbeitet viel mit Fisch, Soja, Reis, Gemüse und Obst. Als bekannteste Köchin gilt Harumi Kurihara, die 2004 das beste Kochbuch der Welt veröffentlicht hat. Wagyus-Rinder liefern das teuerste Fleisch der Welt (über 600 € pro Kilogramm). Sie sind zertifiziert und dürfen nicht exportiert werden.  Das einzige japanische Restaurant der DDR war in Suhl/ Thüringen. Darüber gibt es den Film "Sushi in Suhl". Wer die japanische Ästhetik ergründen will, sollte die japanischen Gärten (mit Ikebana bzw. Kado, Bonsai) besuchen. Sie sind eng verbunden mit den Religionen. Wer die japanische Kultur von heute Kennen lernen will, sollte die Bücher von Haruki Murakami ("Mischung aus Zen und Coca Cola", Die Welt; magischer Realismus; Marathonläufer: "zumindest ist er nie gegangen"; bietet auf seiner Website persönliche Beratung an) oder die Krimis von Sujata Massey lesen. Empfehlenswert auch: M. B. Stanzeleit, Neugierig auf Japan, Schweinfurt (Wiesenburg) 2006 (www.neugierigaufjapan.de) und Bartsch, M., Wie war`s in Japan?, Karlsruhe 2005.  Einen Gesamtüberblick über die Kultur gibt Coulmas, F.: Die Kultur Japans, München 2005. Das Denken ist eher ganzheitlich (Intellekt, Gefühl, Willen) und intuitiv. Die Einbeziehung der Empfindung  führt zu persönlicher Identifizierung mit Situationen und bringt auch ein Rechtsbewusstsein mit sich, das nur zu relativ wenigen juristischen Streitfällen führt. Eine kulturelle Besonderheit stellen die ca. 28.000 Love-Hotels dar. Sie sind ein moralisch akzeptiertes Schlupfloch für Normalbürger, die zuhause eine zu kleine Wohnung (vor allem zu kleines Bad) haben. Einmalig sind auch die vielen Ohrenstudios. Sie wurzeln in der Geisha-Kultur. Nachgefragt wird das Gesamterlebnis. Die japanische Volksseele kann man gut über die Kirschblüte begreifen. In ihr verbinden sich Schmerz, Freude, Abschied und Ankunft. 2011 entsteht eine Diskussion über einen neuen Typ Mann, "Pflanzenfresser" genannt. Dies sind Verweigerer von Frauen, Arbeit, Konsum, Alkohol, Urlaub, Mode, Restaurants u. a. Iwate ist die Partnerprovinz von Rheinland-Pfalz. In den Szenevierteln Tokios werden die kuriosesten Dienste angeboten. Unter anderem gibt es ein "Kuschel-Cafe". In dem kann man eine anschmiegsame Schlafbegleitung mieten (alles sittsam und züchtig). 2013 wird bei Jugendlichen das Zölibat immer verbreiteter. Laut einer Umfrage haben 45% der Frauen zwischen 16 und 24 Jahren kein Interesse an sexuellen Kontakten. Das Land wird immer mehr zur Single-Gesellschaft. 2014 verbreitet sich eine extravagante Schönheitsbehandlung: Der Schleim von Schnecken, die auf der Haut kriechen, soll sie weich und samt machen und jung halten. 2015 erobern die japanischen Emojis (Smileys) endgültig die sozialen Netzwerke und Chatdienste. Mittlerweile gibt es 1244 verschiedene Emojis. Sie wurden ursprünglich Ende der Neunzigerjahre von Shigetaka Kurita für einen japanischen Mobilfunkanbieter entwickelt. Viele Japaner schreiben den Blutgruppen bestimmte Persönlichkeitsmerkmale zu. Sie sind damit auch wichtig bei der Partnerwahl. 2011 nach Fukushima verordnete die Regierung für Büroangestellte lässige, leichte Kleidung. Sie wollte dadurch Energiekosten für die Klimaanlagen sparen. Viele Japaner folgen jedoch nicht. Japans Nationalgetränk Sake hat an Popularität verloren. In einigen Bars in Tokyo wird der Kult um den Sake noch gepflegt. Die Herstellung ähnelt dem Brauen von Bier. Für beide wird Getreide in Zucker umgewandelt und dann Hefe zugesetzt, um Alkohol zu produzieren. Die Produktionsstätten heißen auch Brauereien. Gereifter Sake (koshu)  ist teuer und hat nur einen winzigen Prozentsatz am gesamten Sake-Markt. Er schmeckt ganz anders als normaler Sake. Der Reifeprozess findet in der Flasche oder in Eichenfässern statt. Im Internet zeigen japanische Filme, wie man mit einer daumengroßen Pfanne einen Minibraten oder eine Torte herstellt. Die Liebe zu putzigen Figürchen und Mini-Welten gehört zur japanischen Kultur. Es geht nicht ums Essen und nicht ums Sattwerden. Sehr beliebt ist auch Whiskey. Es gibt einige Firmen in Japan. 2018 kommt 963. Es ist die Postleitzahl von Koryama, der zweitgrößten Stadt in der Provinz Fukushima. Der Whiskey soll die Erholung der Provinz symbolisieren (stärkt die regionale Wirtschaft).

Der Schwarzwald gilt in Japan als Inbegriff der deutschen Romantik. Beliebte Mitbringsel sind Bollenhut, Kuckucksuhr und Kirschtorte in Dosen (auch schon in Frankfurt am Flughafen). Immer mehr junge Frauen und Männer kapseln sich von der Gesellschaft ab und leben noch als Erwachsene bei ihren Eltern. "Hikikomori" wird das Phänomen genannt. Japans Senioren verursachen viele Unfälle. Wenn sie freiwillig das Autofahren aufgeben, werden sie ab 2017 mit Sachleistungen belohnt (z. B. Nudelsuppe).

Beliebt ist auch Bayern. Gerne werden die Märchen-Schlösser von Ludwig und München besucht. Der Begriff "Biergarten" und auch die Institution wurde schon nach Japan importiert. Japans Brauereien erfinden immer gewöhnungsbedürftigere Biermischungen, weil der Bierkonsum zurückgeht. So gibt es etwa ein Gemisch aus grünem Tee und Gerstensaft. Geworben wird mit Gesundheit und Schönheit. .

Düsseldorf ist die größte japanische Gemeinde in Europa. so ist auch der Name Little Tokyo am Rhein entstanden. Es gibt sogar ein japanisches Hotel, das "Nikko Hotel". Es bietet japanische Frühstück und Nassagen. Das Eko-Haus der japanischen Kultur beherbergt den einzigen japanischen Tempel in Europa. Im japanischen viertel gibt es alles, was der Japan-Fan begehrt (auch Mangas und japanische Fastfood). Es gibt viele japanische Läden. Die besondere Rolle von Düsseldorf geht auf den in Düsseldorf geborenen Kaufmann Louis Kniffler (geboren 1827) zurück. Er eröffnete das erste deutsche Handelshaus im japanischen Dejima. Die Stadt war im 19. Jahrhundert eine Enklave für den Handel mit dem Ausland. Kniffler wurde preußischer Konsul in Japan und brachte 1865 das erste japanische Handelshaus nach Deutschland (Düsseldorf).

2018 im Januar bekommt Yoko Tawada, Sprachethnologin und "Wortschmeckerin", in Mainz die Zuckmayer-Medaille des Landes RLP. Die Auszeichnung wird im am Todestag von Carl Zuckmayer vergeben, 2018 zum achtzehnten Mal. In einer Stadt in Japan, in Ito, gibt es Kissenschlachten als Sport. In der Regel treffen sich ca. 500 Athleten. Das Schlachtfeld bieten Tatami.Reisstrohmatten (4,5 mal 7,2 Meter). Bei der örtlichen Tourismusbranche klingeln die Kassen.

Manga-Bibliotheken sind in Japan beliebte Rückzugsorte. Hier schließen sich Menschen in Kabinen ein, um Comics zu lesen. Viele ziehen gleich ganz ein. Denn 2018 kosten acht Stunden umgerechnet zwölf Euro. Das ist günstiger als jede Wohnung in Tokyo. Ca. 5000 Japaner verbringen in den Lesekabinen nicht nur ihre Freizeit, sondern auch ihre Nächte. Japan ist der viertgrößte Buchmarkt der Welt.

2018 ist Japan Thema in mehreren Ausstellungen und Ereignissen in RLP/Deutschland. Die umfangreichste Ausstellung ist im Arp-Museum in Rolandseck zu sehen ("Von Monet bis Manga"; europäische Moderne im östlichen Bann). Die japanisch-deutsche Autorin Yoko Tawada bekommt der Zuckmayer-Preis. Im Haus der Nachhaltigkeit in Johanniskreuz ist eine Schau mit japanischem und Pfälzer Kunsthandwerk. Im Oktober stellt das Kaiserslauterer Museum Pfalzgalerie das Werk von Nobuyuki Tanaka aus. Er ist ein Lackkünstler.

2019 wirft Japan Sex-Magazine aus den Supermarktregalen. Den ausländischen Touristen soll ein "besserer Eindruck" vermittelt werden.

Im April 2019 verbietet die Nagasaki-Universität, Dozenten, die Raucher sind, einzustellen. "Wir denken, dass Raucher nicht im Bildungsbereich arbeiten sollten".

Im Sommer 2019 ändert der  US-Reality-Star Kim Kardashian den Namen ihrer Unterwäschemarke "Kimono" (Wortspiel mit ihrem Namen). Es gab große Proteste aus Japan (selbst von Bürgermeister aus Kyoto).

Im Juni 2020 verbietet die Stadt Yamato bei Tokio die Benutzung von Smartphones für Fußgänger beim Gehen. Die Unfallgefahr sei zu groß.

Im Juli 2020 werden die ersten langsamen Kassen für Senioren eingeführt. Schlangen genervt wartender Kunden sollen vermieden werden. Ein Einkaufzentrum auf Japans südwestlicher Hauptinsel Kyushu macht den Anfang.

2020 entsteht auf dem 1289 m hohen Berg Iwatake eine Schaukel mit Namen "Yoo-Hoo". Sie erinnert an eine Anfangsszene im Zeichentrickfilm Alpenmädchen Heidi. Hier ist das Schaukeln wie bei Heidi möglich.

2023 streitet man weiter über die gleichgeschlechtliche Ehe. Bemerkungen darüber führen zu mehreren Rücktritten. Vize-Ministerin Sugita muss zurücktreten. Ministerpräsident Kishida entlässt einen Mitarbeiter. Vgl. FAZ 6.2.23, S. 5.

Im April 2923 stirbt der Filmkomponist und Musiker  Ryuichi Sakamoto. Er komponierte berühmte Filmmusiken. ER komponierte Pop, Rock, Techno, Jazz. Für die Filmmusik zum Film "Der letzte Kaiser" erhielt er den Odkar. Er wurde 1953 in der Nähe von Tokio geboren und starb an Krebs. Das Genie war Bandleader des Yellow Magic Orchestra.

Der japanische Musiker Joe Hisaishi wird "Animaestro" genannt. Auf der einen Seite dirigiert er traditionsreiche Orchester. Auf der anderen Seite ist er ein Star bei der Jugend. Damit ist er einer der erfolgreichsten Komponisten der Gegenwart. Er schreibt die Musik für japanische Trickfilme. Seine Stücke sind in der Regel nicht länger als Popsongs.

Anime-Kunst und Studio Ghibli: Alks Pionier und Leitfigur gilt Hayao Miyazaki. Er hat viele berühmte Filme gedreht (Mein Nachbar Tortoro, Kikis kleiner Lieferservice, Prinzessin Mononoke). Aus Altergründen will er sich 2024 (83 Jahre alt) zurückziehen. Man weiß nicht, wie es weiter geht. Vgl. Tim Kanning: Junge Talente als Rivalen, in: FAZ 29.12.23, S. 13.

Yoko Ono: Die Japanerin, 2024 90 Jahre alt, ist eine der bekanntesten Frauen der Welt. Als Künstlerin wurde sie dennoch lange wenig gewürdigt, vor allem in GB (weil sie John Lennon aus GB in die USA geholt hatte). Jetzt erfolgt eine Wiedergutmachung. Die Londoner Museum Tate Modern zeigt 2024 die bisher größte Yoko-Ono-Schau im Land. Vgl. Der Spiegel 7/ 10.2.24, S. 119.

Riken Yamamoto: Der japanische Architekt Riken Yamamoto bekommt 2024 den Pritzker - Preis. Es ist ein Architekturpreis der als Nobelpreis der Baumeister gilt. In seine bauten verbindet er die Sphären. Man spricht von dem Harmonischen des Vielfältigen. Einer seiner typischen Bauten ist das Yokosuka Museum of Art in Yokosuka. Vgl. Rheinpfalz 7.3.24.

Premierminister Shinzo Abe startet 2007 die "Cool Biz" - Kampagne, um zum Energiesparen die Klimaanlagen herunterzufahren. Japanische Manga-Comics verdrängen immer mehr Micky Maus und Superman. Die größte japanische Gemeinde in Europa ist in Düsseldorf (etwa 8000 Menschen). Vom 29. April bis zum 5. Mai ist die "Goldene Woche" in Japan. Am 29. ist der Showa-Tag, der Geburtstag des Kaisers. Am 5. Mai ist der "Tag des Kindes". Viele Japaner nutzen das milde Wetter in dieser Woche, um ein paar Tage wegzufahren oder besuchen ihre Familien (die Unterkünfte sind lange vorher ausgebucht). In Ludwigshafen findet jedes Jahr ein Hanami-Festival im Pfalzbau statt. 2014 ist das Treffen zum neunten Mal. Im Mittelpunkt stehen Manga und Anime. 2014 erscheint Christof Peters Roman "Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln" (Luchterhand, München). Es handelt vom deutsch-japanischen Kulturaustausch auf dem Holsteinischen Land. Es geht um Differenzen, Missverständnisse, Klischees und Übersetzungsprobleme: Auf einem verschlafenen Dorf an der Ostsee soll der berühmte japanische Ofensetzer einen traditionellen Anagama-Holzbrandofen errichten. Alles muss streng nach Überlieferung vor sich gehen. Seit 2014 wird Kobe-Beef erstmals nach Deutschland exportiert. Seit dem 17. Jahrhundert war der Export verboten. Immer weniger Japaner können sich das Fleisch der reinrassigen Tamija - Rinder leisten. Der Preis liegt bei uns zwischen 250 und 500 Euro je Kilo. In Hamburg gibt es mittlerweile ein spezielles Restaurant. In Japan boomt 2014 das Geschäft mit der Einsamkeit. Mietmütter, beste Freundinnen und Solo-Hochzeiten werden von Agenturen als Service bereitgestellt. Tattoos sind relativ tabu in Japan. Man will nicht in den Verdacht geraten zur japanischen Mafia zu gehören (Yakuza). Die japanische Mafia benutzt Tattoos als Eintrittskarte und Symbol der Zugehörigkeit.  Die japanischen Toiletten (auch die öffentlichen) sind eine kulturelle Errungenschaft: Der Deckel hebt sich automatisch, nach der Sitzung folgen automatisch Spülen und Schließen. Im Winter sind die Klobrillen beheizt. Standard ist die eingebaute Po-Dusche, wobei sich Stärke und Temperatur regeln lassen. Genannt wird das "Washlet".  Der Hersteller Toto konnte bisher in Europa nicht viele Einheiten verkaufen. Im Bezirk Nagoya gibt es besonders viele Verkehrsdelikte. 2015 will die Polizei gute Fahrer herauspicken und "Gefällt-Kärtchen" verteilen. Mit drei Kärtchen bekommt man kleine Geschenke. Im Jahre 2016 wird das erste japanische Nacktrestaurant in Tokio eröffnet. Wer mehr als 15kg über dem Durchschnittsgewicht liegt, ist unerwünscht. Berühmtester japanischer Koch ist Nobuyuki "Nobu" Matsuhisa. Er herrscht über 40 Restaurants weltweit (Moskau, Dubai, Las Vegas, New York, Monte Carlo, London, München, Tokio). Er arbeitet mit Masamoto-Messern mit Klingen aus Carbonstahl. Japans Kapselhotels (Spitzwort: Sarghotel) erleben 2016 wieder einen Aufschwung. Sie sind eine kreative Antwort auf den Platzmangel japanischer Megastädte. Es sind Mini-Schlafstätten in Form von Regalen oder Schubladen.  Das erste Hotel dieser Art wurde 1977 in Osaka eröffnet. 2017 entsteht in Japan eine neue Therapie (Otona Maki), um die Körperhaltung und Beweglichkeit zu verbessern. Erwachsene lassen sich in Tücher wie eine Mumie einpacken. Darin bleiben sie 15 bis 20 Minuten umschlungen. 2017 breitet sich das Lolita-Geschäft aus. Tausende Schülerinnen schlittern in die Prostitution. Sie nennen es Nebenjob, um ihr Taschengeld aufzubessern. Es ist ein Graubereich der Legalität sexueller Dienstleistungen (joshi kokosei - JK-Business). Obst wird 2017 in Japan zum Luxusgeschäft. Die Japaner lieben das heimische Obst. Manche Früchte erreichen Luxuspreise (Beispiel: eine Erdbeere umgerechnet 8 Euro). Obst wird Geschäftspartnern und Freunden als ein Zeichen der Wertschätzung überreicht.

Die Welt der japanischen Samurai wurde vom 24. Februar bis 5. Oktober 2008 im Historischen Museum der Pfalz in Speyer gezeigt. Waffen, Rüstungen und Alltagsgegenstände sind ausgestellt. Die Samurai prägten bis in die 1870er Jahre auch stark Traditionen wie Teezeremonie, Ikebana und Origami. Auch ihr Einfluss auf die japanische Kultur insgesamt wird dargestellt. Vgl. www.museum-speyer.de .Empfehlenswert ist auch der Katalog "Samurai" für 19,80 €.

In der Bonner Kunsthalle begann am 24. August 2008 eine Ausstellung über Tempelschätze aus einem der ältesten Klöster Japans (Daigo-ji, seit 1994 Weltkulturerbe). Enthalten ist auch eine Skulptur von Kukai, der vor über 1200 Jahren die Schule des geheimen Buddhismus in Japan etabliert hat.

Japan wird immer wieder von den schlimmsten Naturkatastrophen heimgesucht. Trotz der hohen Opferzahlen erntet das Land unter internationalen Experten viel Anerkennung. Notfallübungen sind gang und gäbe in Japan. In den Büros lagern Überlebenspakete. In den einzelnen Regionen gibt es ein System von Sonderwarnungen.

Haruki Murakami: Er ist der bekannteste Schriftsteller Japans. Im Jahre 2021 ist er 72 Jahre alt. Er lebt in den USA. Er hat in Tokio einen Jazzclub namens "Peter Cat" geführt. Darin ist eines seiner bekanntesten Bücher entstanden. Er wird schon seit vielen Jahren (20 Jahre) für den Literatur-Nobelpreis gehandelt. Aus seinen Büchern erfährt man sehr viel über die japanische Kultur (ich habe fast alle gelesen). Sein Hobby ist der Marathon-Lauf. 2021 tritt er auch als Modedesigner an. Er entwirft eine T-Shirt-Kollektion und andere Bekleidungsstücke. 695 € kostet ein Kapuzen - Pulli. Satirisch wird im ein T-Shirt-Trauma unterstellt: Vor vielen Jahren ließ sein deutscher Verlag zur Buchmesse T-Shirts drucken mit dem Nobel-Preis. 2021 erscheint der Roman "Erste Person Singular" auf Deutsch.  "Ich gebrauche zwei Schreibstile: Einen realistischen für die Oberwelt, einen metaphorischen für die Unterwelt", Murakami. Vgl. Rest, Tanja: Nimm das, Literaturkritik, in: SZ Nr. 56, 9.3.21, S. 9.

"Japan hat heutzutage einen weit größeren kulturellen Einfluss als in den 80er Jahren, als es eine wirtschaftliche Supermacht war", Douglas McGray, amerikanischer Journalist, zitiert nach Hirn, Angriff aus Asien, 2007, 193.

Das ist das berühmte Riquethaus in Leipzig. Es war ursprünglich ein Handelshaus; heute ist es ein Cafe (das Handelshaus wurde 1908 gegründet).  Die Elefanten und das obere Bild zeugen vom Ostasienhandel der Familie. Die ersten Kunstgegenstände aus Asien kamen zusammen mit Waren nach Europa. Im Grassi - Museum, Leipzig, gibt es im Museum für Angewandte Kunst Kunstgegenstände aus Japan und China (auch aus Indien, Persien, Ägypten). Sie haben den Jugendstil Ende des 19. Jahrhunderts in Europa stark beeinflusst (Haushaltsgegenstände, Möbel, Kunst). Vor allem die japanischen Kunstgegenstände, die die Kaufleute mitbrachten, hatten einen großen Einfluss. Porzellan wurde in China erfunden, zuerst in Sachsen dann auf dem europäischen Kontinent hergestellt und verbreitete sich dann schnell in Europa. Im Jahre 2013 haben zwei große Musiker, nämlich Bach und Wagner, ein Jubiläum. An der Uni in Leipzig wirkten Nietzsche und Leibnitz wie auch Stromer (Auerbachs Keller). Goethe, der in Leipzig studierte, machte den Keller im "Faust" weltberühmt. Er wurde vom Frankfurter  Bauunternehmer Schneider restauriert, der später die größte Baupleite der deutschen Geschichte hinlegte und die Banken blamierte.

Notenbankstatus/ Handeln der Zentralbank: abhängige Zentralbank, Finanzministerium (Status umstritten seit 1998, Unabhängigkeit ist angestrebt, zumindest Kapitalservice für das Finanzministerium; Leitungsgremium: Policy Board). Das geldpolitische Komitee (Policy Board, Notenbankrat) wird auch von der Regierung besetzt. Dazu gehören immer hohe ehemalige Industriemanager. Gründung 1882 während der Meiji-Zeit. Die Bank hat ihren Sitz in Tokio. Sie ist ein optisches Schmuckstück (ähnelt dem Schriftzeichen für den Yen, neubarock, ähnlich der belgischen Zentralbank). Nahe dem Hauptbahnhof.. Notenbank-Gouverneur und damit Chef ist Haruhiko Kuroda (vorher Masaaki Shirakawa; vgl. Interview von Kuroda im Handelsblatt, 29./30./31. Mai 2015, S. 10). Als Nachfolger ist der Ökonom Kazumasa Iwata vorgesehen. Tatsächlich wird es 2023 dann Kazuo Ueda. Er hat eine schwierige Mission, indem er die Nullzinspolitik beenden soll. Die japanische Notenbank beteiligte sich mit 1 Bill. Yen an der weltweiten Aktion auf dem Geldmarkt gegen die Krise der internationalen Finanzmärkte im Sommer 2007. Am 20. 08. 07 stützt sie den Geldmarkt erneut mit 1 Bio. Yen (6,7 Mrd. €), ebenso die australische Zentralbank (2 Mrd. €). Nach der Insolvenz von Lehman Brothers gibt die Zentralbank 10 Mrd. € in den Finanzmarkt. Die BoJ kauft weiterhin Staatsanleihen (für jährlich 170 Mrd. €) und pumpt Geld in das Bankensystem, um die Deflation zu bekämpfen. Ab August 2010 stellt sie auch weitere zinsgünstige Kredite für Unternehmen zur Verfügung. Nach der Naturkatastrophe 2011 pumpt die Notenbank sofort Billionen von Yen in die Finanzmärkte. Es handelt sich hauptsächlich um Kredite für den Aufbau der Infrastruktur.

Die japanische Notenbank flutet jährlich die japanische Volkswirtschaft mit 194 Mrd. Euro durch den Kauf von Staatsanleihen. Zusätzlich hat sie ein weiteres Programm von zuletzt 495 Mrd. Euro. Die Inflation ist zur Zeit kein Risiko in Japan. Die quantitative Lockerung kam schon vor mehr als zehn Jahren. 2012 macht die Notenbank mit der Geldflut weiter. Das Wertpapierkaufprogramm wird um 11 auf 91 Billionen Yen aufgestockt (ca. 900 Mrd. €).  Damit können die Geschäftsbanken fast unbegrenzt Kredite geben (0,1% Zinssatz). Die Wirtschaft soll angekurbelt werden. Anfang 2013 kündigt die Notenbank an, dass sie ab 2014 unbegrenzt Anleihen ankauft (druckt Geld und kauft damit Staatsanleihen). Durch diese Geldschwemme soll der stotternde Wachstumsmotor angeregt werden. Natürlich geht es auch um eine gezielte Abwertung des Yen. Der Zins wird faktisch auf 0 gesenkt. Die expansive Geldpolitik wird 2015 fortgesetzt (jährlich 80 Billionen Yen für Ankauf von Anleihen und Wertpapieren). Im Februar 2016 führt die Notenbank Strafzinsen ein. -0,1% beträgt der Strafzins für neue Überschüsse, die japanische Banken bei ihrer Notenbank parken. Umgerechnet 640 Mrd. Euro steckt die Bank of Japan jährlich in den Ankauf von Wertpapieren. Im April 2016 erwägt die Notenbank negative Kreditzinsen. Der Notenbankchef spricht von mindestens minus 0,4%. Der derzeitige Zins für Unternehmen und für die langfristige Finanzierung der Banken liegt bei 0 Prozent. Weiterhin wird vermutet, dass Japans Notenbank ihre Staatsanleihen abschreiben könnte (Schuldenschnitt). Dann würde auch die Schuldenquote zurückgehen (etwa um ein Drittel). Irgendwann muss dies kommen.  Mit Abschluss zum 31. März 2016 hat die japanische Notenbank eine Bilanzsumme von 3182,6 Milliarden Euro (2009: 949,4). Diese zeigt die Geldmenge in einer Volkswirtschaft an. Der Wert der gekauften ETF-Anteile beträgt 80,8 Mrd. €. 2016 kauft die Notenbank neben Staats- Anleihen (viele verschwinden nach dem Kauf vom Markt) sogar Aktien ("Kansei Soba" - staatlich gemachte Kurse). Hoffentlich spekuliert sie besser als der staatliche Pensionsfonds (April bis Juni 2016 fünf Billionen Yen Verlust). 2017 bläht sich die Bank von Japan weiter auf (Bilanzsumme der Zentralbank steigt auf 4 Billionen Euro). Sie ist damit auch einer der größten Nachfrager am Aktienmarkt. Auch 2017 bleibt die Bank of Japan weiterhin expansiv (im Gegensatz zur Fed). Das Inflationsziel von 2% kann nicht erreicht werden (noch nicht mal 1%). "Die Führung der Notenbank soll den nach wie vor schlechten Zustand der Wirtschaft beachten", Shizuka Kamei, Minister für Finanzaufsicht, im November 2009.

Mittlerweile kauft die BoJ Aktien, wenn die Aktien an der Tokioter Börse stark fallen. Ab Sommer 2019 erwarb die BoJ für bis zu 600 Mio. € Nikkei- und Topix-Indexfonds. Die Risikoprämie von Aktien gegenüber Anleihen soll verringert werden. ebenso soll das private Aktiensparen gefördert werden. Der Vermögenseffekt durch steigende Kurse soll den Konsum ankurbeln und einer Deflation entgegenwirken. Bisher fehlt ein Ausstiegsszenario. Das Programm begann schon 2010. Bald dürfte die BoJ den Pensionsriesen GPIF als größten Anteilseigner japanischer Aktien ablösen. Vgl. Losse, B./ Fritz, M.: "Wie eine Droge", in: WiWo 51, 6.12.19, S. 42ff..

Zum Jahreswechsel 2021 löst die Bank of Japan, die japanische Notenbank, den Pensionsfonds GPIF als größten Aktionär des Landes ab. Die Bilanzsumme der Bank erreicht Rekordhöhe 5540 Milliarden Euro). Das ist das Ergebnis von 35 Jahre expansiver Geldpolitik. 

Auch der neue Notenbankchef Ueda ist in einer ganz diffizilen Lage: Zieht er die Bremse, drohen neue Unruhen an den Finanzmärkten. Die anhaltende Nullzinspolitik hat den Yen auf ein Fünfzigjahrestief gebracht. Über steigende Importpreise wird die Inflation befeuert. Man fürchtet eine Lohn-Preis-Spirale. Gewerkschaften und Großunternehmen vereinbarten Lohnerhöhungen von 3,8% (eine Sensation für Japan). Es besteht Gefahr für die Kapitalmärkte. Wegen der heimischen Nullzinsen haben japanische Anleger rund 3 Billionen Dollar im Ausland geparkt, davon die Hälfte in den USA. Steigen die Zinsen in Japan, könnten Großanleger im großen Stil Dollaranleihen abstoßen und ausländische Investoren die beliebten Finanzierungsgeschäfte in Yen auflösen. Die Kosten des Abwartens scheinen geringer als der schnelle Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik zu sein. Vgl. Fritz, Martin: Die Samurai der Geldpolitik, in: WiWo 15/ 6.4.23, S. 38f.

Im März 2024 kommt die erste Zinserhöhung seit 2007. Sie kann den massiven Wertverlust des japanischen Yen im März 24 nicht stoppen (1 $ = 152 Yen). Jetzt ist eine Intervention am Devisenmarkt möglich. Die letzte war 2022 auf Anweisung des Finanzministeriums: Sie kaufte US-$ und verkaufte Yen, um den Verfall der japanischen Währung zu stoppen.

Währung und Geldpolitik: Yen, Devisenreserven und Kurs:  2022 sinken die Währungsreserven Japans um -15% auf 1195 Mrd. US-Dollar. Der Yen sinkt gegenüber dem Dollar um -18% die Bestande an US-Schatzpapieren sinken um -15% auf 1120 Mrd. US-Dollar. 1,019 Billionen $ Juni 2009 (auch weil die Kurse amerikanischer Staatsanleihen, in denen ein Großteil der Reserven angelegt ist, kräftig gestiegen sind), 1$=ca. 154 Yen,  1€=ca. 164 Yen (Stand: Dezember 2023). Nach dem Brexit am 23.06.16 wird der Yen stärker: 1 €=114 Yen.  2013 ist der Wert des Yen um 17% gefallen.  Einige Zeit stetige Abwertung des Yen. Er war deutlich unterbewertet. Aufwertung nach den Börsenkrisen 2007 und Auflösung von Carry Trades, auch im Sommer 2007. Ebenso in der Finanzkrise 2008 und danach. Bei der weltweiten Reservehaltung der Notenbanken hat der Yen an Boden verloren.

Geldpolitik:  Die japanische Notenbank, BoJ, hat am 09.03.06 ihre Null-Zinspolitik, die seit 2001 bestand,  beendet und ist zu einer leichten Erhöhung des Leitzinses übergegangen: 0,25% am 14. 07. 06.  Außerdem hat sie die Geldmenge, die sie den Banken zur Verfügung stellt, um über 80% auf gut 50 Mrd. $ drastisch reduziert. Um deflationäre Tendenzen zu bekämpfen, hat sie die Summe der bei ihr täglich fälligen Einlagen der Geschäftsbanken von 30 Mrd. € auf bis 260 Mrd. € erweitert und ihre monatlichen Ankäufe von Staatsanleihen auf fast 9 Mrd. €. Am 21.02.07 erhöhte Japans Notenbank den Leitzins auf 0,5% (Overnight Call Rate, Stellenwert des Hauptrefinanzierungssatzes in Europa). In gleicher Höhe liegt der Diskontsatz, der Zinssatz als Rendite zehnjähriger Anleihen liegt bei 1,5%. Danach wächst der Druck für weitere Zinserhöhungen: Erhöhung der Zinseinkünfte für Konsum. Weitere Zinserhöhungen werden in Aussicht gestellt. Doch der Leitzins bleibt unverändert, weil die Industrieproduktion und die Preise sich negativ entwickeln und wegen der Turbulenzen an den Finanzmärkten. In der Finanzkrise 2008 wird der Zins auf 0,3% gesenkt, im Dezember 2008 auf 0,1%.  Im Oktober wird der Leitzins quasi auf Null gesenkt (0 bis 0,1%). Seit Ende der achtziger Jahre hat sich der Anteil des Yen in den Reserven der Zentralbanken auf fünf Prozent halbiert und wurde damit vom britischen Pfund überholt.  Auch in Japan werden Stimmen laut, die hohen Devisenreserven in einem staatlichen Investitionsfonds anzulegen. Der hohe Yen (fallender Dollar) macht Ende 2009 der Regierung große Sorgen (vor allem wegen Exports). Es werden Eingriffe am Devisenmarkt erwogen. Diese erfolgen im September 2010, indem die Bank of Japan Landeswährung im Milliardenumfang (100 bis 500 Mrd. Yen) verkauft, um eine Abwertung des Yen zu erreichen. Der teure Yen schadet insbesondere den japanischen Autobauern. 2011 kauft Japan Euro-Anleihen im Wert von 1,03 Mrd. €., um Europa zu helfen. Ende Oktober 2011 will die Notenbank erneut am Devisenmarkt intervenieren, um den Yen gezielt zu schwächen. Von der Geldschwemme profitieren Regierung und  Reiche (schöpfen Spekulationsprofite ab). Das private Geldvermögen schwindet (schadet stark den Armen). 2013 betriebt die Notenbank eine Politik des lockeren Geldes, um den Yen abzuwerten. Dies gelingt (aber Importe werden teurer und Vermögen fließt ins Ausland). Man spricht von Abenomics (ökonomisches Experiment). Dazu gehören aber auch eine entsprechende Finanz- und Strukturpolitik. Die Notenbank kauft jährlich für 550 Milliarden Euro Staatsanleihen. Dadurch können der staatliche Pensionsfonds, die Post und die Geschäftsbanken Anleihen loswerden. 2018 könnte die Notenbank die Hälfte der Schuldscheine halten. Dann würde eine Insolvenzkrise des Staates oder ein Schuldenschnitt dem privaten Finanzsektor nicht mehr so großen Schaden zufügen.

Kooperation: Japan besitzt einen relativ hohen Anteil am Euro-Rettungsfonds. 2012 besitzt das Land einen Anteil von 12% an den EFSF-Papieren.  Bei einer Auktion der Geldpapiere erwirbt Japan zuletzt im April 2012 einen Anteil von 4,5% (90 Mio. Euro). Japan setzt in seiner Währungspolitik stark auf Kooperation on Ostasien. Große Hoffnungen setzt man in die Chiang Mai Initiative. Es handelt sich um eine bilaterale  Kooperation mit China einerseits und um einen multilateralen Prozess auf ASEAN - Ebene. Ex ante kann man sich auf die gemeinsame Forschungsinstitution AMRO einigen. Es gibt auch so was wie eine "regional compliance". Die Frage wird sein, welche Länder insgesamt mitmachen und wie der Prozess gestaltet wird (peer review: peer learning, peer pressure, peer symbolism, peer collusion, Werner Pascha auf einer Währungskonferenz 2013 in der HS Ludwigshafen). Im Moment überwiegt die symbolische Bedeutung. Generell stellt sich die Frage, ob regionale Lösungen sinnvoll sind.

Andererseits ist die geldpolitische Freiheit geringer geworden - das muss auch Japan einsehen. Ein Land mit persistenten Leistungsbilanzüberschüssen und fremdwährungsdenominierten Nettoauslandsvermögen steht unter starkem Aufwertungsdruck. Die Geldschwemme der Fed und der EZB wird gezwungenermaßen importiert.  Spekulative Kapitalzuflüsse werden in Übertreibungen auf dem inländischen Aktien- und Immobilienmarkt sichtbar. Dies wird durch faktische Negativzinsen noch verstärkt. So entsteht eine Blasenökonomie. Vgl. Gunther Schnabl: Wechselkurs: Japans Lehren für die Schweiz, in: Wirtschaftsdienst, Heft 3/ März 2015, S. 192ff. Nach dem drohenden Staatsbankrott in Griechenland ende Juni 2015 legt der Yen gegenüber dem Euro zu. Wenn sich die Krise im Euroraum verschärft, könnte diese Entwicklung zunehmen. Ansonsten macht Japan kaum Geschäfte mit Griechenland und ist nicht weiter betroffen. Japan führt 2016 Bitcoin als offizielle Währung ein. Krypto-Währungen sollen in die alte Finanzwelt integriert werden. Die jüngste Neuerung in der japanischen Geldpolitik ist die Steuerung der Zinsstrukturkurve, die am 21. September 2016 angekündigt wurde. Das Ankaufsziel wird aufgegeben und die Zinsstruktur soll gesteuert werden (Nachhaltigkeit). Immer mehr zeigt sich in Japan, was lockere Geldpolitik anrichten kann. Von den Maßnahmen der Notenbank haben vor allem Alte und Reiche Vorteile (der Unterschied zwischen Arm und Reich hat stark zugenommen, unproduktive Unternehmen überleben, ältere Menschen haben sicherere Jobs, gespart wird bei jüngeren Menschen).   Eine lange Tradition mit Parallelwährungen in Krisenzeiten hat Japan. Eine solche Währung ist der Reneria nach Fukushima. Er fußt auf der Idee, dass bei Geldknappheit der Warenaustausch zum Erliegen kommt und so der Wiederaufbau nicht möglich ist. So schuf Takahashi eine neue Währung und verteilte sie in Familie und Gemeinde. Die Währung hielt sich solange, bis die Versicherungen Schäden bezahlten.

Geschichte: Mit dem Plaza-Abkommen 1985 geriet das Exportwunder von Japan in Gefahr. Die Vereinigten Staaten fürchteten damals aufgrund des starken US-Dollar um ihre Wettbewerbsfähigkeit und einigten sich mit den damaligen G5-Staaten auf eine Aufwertung des japanischen Yen und der Deutschen Mark im Vergleich zur Weltleitwährung. Dadurch gerieten in den Folgejahren die japanischen Exportunternehmen unter Druck. Daraufhin weitete Japan seine Staatsausgaben massiv aus und die japanische Zentralbank  (BoJ) senkte die Leitzinsen.  Angetrieben durch die zunehmende Liquidität floss mehr Kapital an die Tokioter Börse. Dies expandierte wie auch der Immobilienmarkt. Auf den Boom folgte 1989 der große Knall. Darauf folgen die "verlorenen Dekaden", wie man die Jahre nennt. 2012 kommt dann Abenomics, das eine Belebung bringen soll. Seit 2013 forcierte die japanische Notenbank vor allem die Ankäufe von Staatsanleihen. Ihr Bilanzvolumen liegt 2018 bei rund 100 Prozent des BIP, 1990 waren es nur 9,3%. Das billige Geld nutzte vor allem den Reichen in Japan. Sie haben Immobilien in Tokio und investierten in den US-Aktienmarkt. Japans sparfreudige Mittelschicht hat mit fallenden Zinsen auf Bankeinlagen zu kämpfen. Statt 3,6% wie 1990 gibt es 2018 0,3%.

Zum Jahreswechsel 2021 löst die Bank of Japan, die japanische Notenbank, den Pensionsfonds GPIF als größten Aktionär des Landes ab. Die Bilanzsumme der Bank erreicht Rekordhöhe 5540 Milliarden Euro). Das ist das Ergebnis von 35 Jahre expansiver Geldpolitik. 

Gesamtüberblick: Die Geldpolitik der vergangenen 35 Jahre (ab 2021 rückwärts) kann in fünf bzw. sechs Phasen eingeteilt werden: 1. Ab 1986 Blasenökonomie. Die fünf führenden Länder beschließen im Plaza - Abkommen eine Aufwertung des Yen gegenüber dem Dollar. Die USa wollen die japanischen Exporte eindämmen. Der steigende Yen treibt die Wirtschaft in die Rezession. Die BoJ senkt die Zinsen.  Das Louvre -Abkommen bringt eine weitere Zinssenkung. 2. Ab 1989 kommt eine restriktive Episode. Yasushi Mieno schraubt den Leitzins versuchsweise nach oben. Die Aktien- und Immobilienblase platzt. Die Banken haben faule Kredite und vergeben weniger Geld. Das verursacht eine Pleitewelle. 3. Ab 1991 fällt der Zins auf null. Es besteht Angst vor einem Bankencrash. Die Notenbank senkt die Zinsen. Es wird mit billigem Geld ein Wirtschaftswunder befeuert, das 1997/98 endet. 1999 senkt die BoJ als erste Bank der Welt den Leitzins auf null. 4. Ab 2001 quantitative Lockerung. Die BoJ erwirbt lang laufende Staatsanleihen. Das bringt frisches Geld für den Bankensektor. Die Wirtschaft wächst, aber Preise und Löhne fallen. 5. Ab 2013 quantitative Lockerung XL. Das Inflationsziel lautet 2%. Die BoJ besitzt heute die Hälfte aller Staatsanleihen. Das kommt einer monetären Staatsfinanzierung gleich. Mitte Februar erreicht der Nikkei - Index erstmals seit 30 Jahren einen Wert über 30.000 Punkte (durch den Kauf der BoJ). Die Staatsschulden erreichen 264%. Eindigitaler Yen soll kommen. Damit kann man noch mehr Geld drucken (Phase 6). Siehe Fritz, Martin: "Aufbruch in eine Fantasiewelt", in: WiWo 10, 5.3.2021, S. 38f.

Japan war ein Pionier der Nullzinspolitik. Jetzt muss der neue Zentralbankchef Kazuo Ueda die Wende schaffen. Macht er Fehler, könnte das weltweit die Märkte zum Absturz bringen. Doch auch 2023 hält die BoJ an der Nullzinspolitik fest. Dadurch haben sie sich in eine komplizierte Situation manövriert.  Daten der japanischen Geldpolitik  im Überblick: Staatsverschuldung in % 2024 (Prognose) 260,3. Bilanzsumme der BoJ 737,1 Bill. Yen. Anleihen im Besitz der BoJ 46,3%. Staatsausgaben 2024 216,1 Bill. Yen. Haushaltssaldo in Prozent des BIP 2024 -2,5%. Vgl. Kölling, Martin: Japan startet ein geldpolitisches Experiment, in: HB 70/ 11.4.23, S. 12f.

Finanzmärkte/ Aktienmarkt: Nikkei-Index, größte Börse in Tokio. 2010 wird das neue Handelssystem "Arrowhead" eingeführt. 2012 und 2013 kommt es zu einem Höhenflug des Aktienindex Nikkei. Gründe sind die expansive japanische Geldpolitik und der Yen als sicherer Hafen. 2012 war der Index um 57% gestiegen auf 16.300 Punkte. 2014 ist er unter der wichtigen psychologischen Marke 15.000 (Anfang März 2014 14.650). 2009 brechen die Einnahmen weg. China verdrängt Japan auf dem zweiten Platz. Am Jahresende 2005 stand der Nikkei bei 16.111,4; Ende 2006 bei 17.057,01. Analysten sehen für 2007 beim Nikkei ein großes Potential, das nächste große Ziel ist die Widerstandszone um 21.000 Punkte. Die Kurse gingen 2006 um durchschnittlich 40% in die Höhe. Besonders positiv Sony und Japanese Equity. Am 28.02.07 sinkt der Nikkei-Index um 4% als Folge des Rutsches des Aktienkurses in Shanghai einen Tag vorher. Weitere Kurseinbrüche gibt es infolge der amerikanischen Finanzmarktkrise (z. B. Insolvenz von Lehman Brothers). Am 09.03.09 fällt er auf den tiefsten Stand seit 26 Jahren. Vor 20 Jahren 1989 hatte er den Höchststand mit fast 40.000 Punkten. Zwischen der New Yorker und der Tokioter Börse zeichnet sich eine Allianz ab. Japan hält mittlerweile amerikanische Staatsanleihen in Billionenhöhe (auch China). Japans Nebenwerte stehen nach der Talfahrt vor einem Comeback. Viele Hedge Fonds holen sich ihr Kapital in Japan zu den niedrigsten Zinsen und sind vom Yen-Kurs abhängig (auch eine Art "Carry Trade").  Kapital fließt bei Turbulenzen an den Finanzmärkten nach Japan zurück und der Yen steigt. Private Equity belebt den japanischen Finanzmarkt; es ist eine steigende Akzeptanz zu beobachten. Ganz allmählich erholt sich 2011 der Immobilienmarkt. Es werden wieder mehr Wohnungen gekauft, vor allem in Tokio. Sofort nach dem Erdbeben mit Tsunami und anschließenden Explosionen in Atomkraftwerken fallen die Aktien des Nikkei-Index um 6%. Interessant sind sogenannte Shogun Bonds. Es sind in Japan von ausländischen Finanzinstituten ausgegebene Anleihen in Währungen, die nicht auf Yen lauten. Am 29.06.15 bei dem drohenden Staatsbankrott in Griechenland bricht der Nikkei-Index um 2,9% ein (zweitgrößte Börseneinbruch im Jahr; am Ende des Tages wieder entschärft). Weitere Rückgänge des Nikkei hängen mit der chinesischen Börse zusammen. Am 27.07.15 schloss der Nikkei-Index mit minus 0,95 Prozent ab (Börsen in China -8%). Noch stärker ist der Einbruch am 24.08.2015 (-4,61%). Wieder reagiert der Nikkei auf die schlechte Entwicklung in China. Auch zu Beginn des Jahres 2016 reagiert der Nikkei auf die Abstürze in Shanghai (-3,1% auf 18 450,9 Punkte). Seit Jahresbeginn hat der Nikkei-Index ein Fünftel seines Wertes verloren (bis Mitte Februar 2016). Der Kurseinbruch von Toshiba hat dazu auch beigetragen. Im Jahre 2018 verliert der Nikkei -12,11% seines Wertes. Es kommt also zu einem Kurseinbruch japanischer Aktien. Es gibt aber Chancen auf Rendite: Für japanische Aktien spricht 2019 eine günstige Bewertung. Seit Ende Januar 2020, dem Ausbruch der Corona-Krise, geht es beim Nikkei-Index nur abwärts (zuerst Ausbruch in China, dann Überschwappen auf Japan durch ein Kreuzfahrtschiff). Am 24.3. kommt eine Wende mit einem Anstieg, obwohl am gleichen Tag die Olympischen Spiele verschoben werden um ein Jahr. Gegen Ende Februar 2021 beflügelt das Wachstum der Wirtschaft den Aktienmarkt: Der Leitindex Nikkei steigt erstmals seit mehr als 30 Jahren um 1,91%-Punkte auf über 30.000 (30.084,15). Im vierten Quartal 2020 ist das BIP um 3,0% gewachsen (im ganzen Jahr 2020 schrumpfte die Wirtschaft wegen Corona um 4,9%). Treiber des Wachstums war der Export (+11,1%; privater Konsum +2,2%).  2014 war der beste Japan-Aktienfonds in Deutschland Deutsche Nomura Japan Growth. Beim Anlagenschwerpunkt kleine und mittlere Unternehmen führte Aberdeen Japanese Smaller Companies.

Corporate Governance Kodex: Er wird Mitte 2018 reformiert und verschärft. Es gibt 78 neue Anforderungen. Es gibt mehr Transparenz, Aktionäre bekommen mehr Rechte, Kontrollen werden verbessert, Aufsichtsräte sollen keine reinen lnländischen Männerclubs mehr sein (Öffnung für Frauen und Ausländer).

Entflechtung: Die Firmengeflechte und Konglomerate sollen transparenter und effizienter werden. Sie sollen zum Teil entflochten werden, etwa durch Abspaltungen. Genannt werden hier Sumitomo (NEC), Mitsubishi.

Aktienrückkäufe: Im Jahr 2018 steig die Zahl der Aktienrückkäufe japanischer Unternehmen rapide an (+15%). Das hat dem Aktienmarkt auch Rückenwind gegeben. Ebenso die ETF-Käufe der Bank of Japan für umgerechnet 217 Mrd. €.

Risse im Finanzsystem: Die Löhne stagnieren, die Vermögenswerte expandieren, die Staatsschulden explodieren. In der Geldpolitik, die seit Anfang 1999 auf Nullzinsniveau ist, gibt es offenbar keinen Rückwärtsgang. Die "deflationäre Mentalität" hemmt den Konsum der Kunden und die Investitions- und Innovationslust der Unternehmen. Die notwendigen Investitionen finanzieren Unternehmen aus dem Cashflow und legen den Rest auf die hohe Kante. Das Kreditvolumen wuchs bei Immobilien rapide. Für die Notenbank zu schnell. Seit 2018 vergeben die Banken Hypothekenkredite selbst bei Eigenbedarf nur noch an Kunden mit bester Bonität. Die Hälfte aller Staatsschulden wanderte in die Bilanz der Notenbank. Der Staatshaushalt wird voraussichtlich bis 2027 in den roten Zahlen bleiben. Die Geldinstitute des Landes stießen japanische Staatsanleihen ab und kauften ausländische Vermögenswerte (führend dabei die Postbank, die die meisten privaten Sparer hat). Vgl. Fritz, Martin: Der alarmierende Riss im japanischen Finanzsystem, in: WiWo 35, 23.8.2019, S. 18f.

Wohnungsmarkt/ Immobilien: In einem Bereich der Finanzmärkte könnte Japan aber als Vorbild dienen., beim Immobilienmarkt. In Tokio hat ein Einwohner im Durchschnitt rund 20 Quadratmeter Wohnfläche zur Verfügung, in Berlin sind es 40 Quadratmeter. Auf ganz Deutschland bezogen sind es 47,4 Quadratmeter (2022). In Toyoter Wohnungen findet sich nur das nötigste: Lebensbereiche wie Essen oder Waschen werden nach draußen verlagert. Durch das Outsourcing von Wohnfunktionen wird knapper Platz gewonnen. Japan hat seine Politik in den 1990er Jahren noch mal radikal umgestellt. Inder tiefen Rezession wurde viel Geschäftsfläche frei (wie heute bei uns). Vgl. Lill, Felix: Lernen von Japan, in: Rheinpfalz am Sonntag 24./25. 2.24, S. 23.

Bankensystem: Japan hat ein Trennbanksystem. Es gibt privatwirtschaftliche und öffentliche Finanzinstitute. Die privatwirtschaftlichen bestehen aus Handelsbanken (Stadt- und Regionalbanken), Langfrist-Kreditbanken (Kapital), Treuhandbanken (Trust) und Darlehens- und Sparkassen. Zu den öffentlichen Banken zählen die Postbank, die Japan Development Bank und die Export-Import-Bank. Japans Banken haben traditionell eine Scheu vor riskanten Auslandsgeschäften. Dies hat sich bei der Finanzkrise 2008 als Glücksfall erwiesen. Dabei hat Japan aus der Asienkrise jede Menge Erfahrung mit der Entsorgung "fauler Kredite". 1999 wurde eine Bad Bank gegründet, die Deposit Insurance Corporation of Japan (DICJ). Im Frühjahr 2009 befinden sich allerdings auch die japanischen Banken im freien Fall (Mizuho, Nomura, Sumitomo Mitsui, Norinchukin).

Die Finanzmarktreform ist so gut wie abgeschlossen (drei Großbanken haben überlebt, 2/3 der faulen Kredite wurden abgebaut). Die Folge ist auch, dass die japanischen Banken die Kreditkrise 2007/2008 besser verdauen als die globale Konkurrenz. Die japanische Post ist das weltweit größte Finanzinstitut, das Ersparnisse im Wert von 2,64 Billionen Euro verwaltet. Die japanischen Investmentbanken steigen wieder mehr ins internationale Geschäft ein. Am wichtigsten ist die Nomura Corporate Finance Group. Asien hält gegenwärtig nur 14% an der Weltbörsenkapitalisierung, davon Japan allein 9% (die USA mehr als 50%).  In der Finanzbranche zeichnet sich 2008 ein neuer Schub von Allianzen und Fusionen ab. Im Mittelpunkt stehen die Regionalbanken (vor allem die Ashikaga Bank). Japans viertgrößte Bank Resona macht 2011 eine Kapitalerhöhung. Die Japanischen Pensionsfonds haben mit 2946 Mrd. $ das zweithöchste Vermögen nach den USA. 2008 steckt Japan in einer Immobilienkrise (Insolvenzen, Kreditklemme). Da auf dem Heimatmarkt das Kreditvolumen schrumpft, wollen die Großbanken in Asien expandieren. Wenn in der geplanten Steuerreform 2011 das Vortragen von Verlusten begrenzt wird (auf 80% des Einkommens), würde dies die Banken besonders hart treffen. So stehen Japans Regionalbanken vor einer beispiellosen Konsolidierungswelle. Die Zahl von 84 an der Börse notierten Banken könnte halbiert werden.

Bevölkerungsentwicklung und Banken: Altersbedingt steigen die Sozialausgaben (insbesondere Renten - Ausgaben). Die japanischen Baby - Boomer, die etwa 70 Jahre sind, könnten eine Krise auslösen: Wenn diese nach ihrem Tod ihre Ersparnisse an die durchschnittlich weniger wohlhabenden Kinder vererben, könnten große Mengen Kapital rasch liquide gemacht werden. Die Banken müssten größere Auszahlungen machen und könnten in Schwierigkeiten kommen.

SVB - Zusammenbruch und japanische Banken. Im März 2023 greift die Bank of Japan am Aktienmarkt ein. Der Zusammenbruch der SVB in den USA haben die Aktienkurse japanischer Banken einbrechen lassen (Mitsubishi, Sumitomo Mitsui, Mizuho Financial Group). Die Zentralbank kauft börsengehandelte Aktienfonds (ETF). Sie setzt 70,1 Mrd. Yen ein. Am schlimmsten traf es den regionalen Kreditgeber Toyama.

Finanz- und Steuerpolitik: Konjunkturprogramme: In Zeiten der Stagnation einige Konjunkturprogramme nach dem Muster von Keynes, die relativ wirkungslos waren. Begrenzung der Einkommensteuer auf maximal 37%, Kapitalertragsteuer  halbiert, Vereinfachung der Erbschaftsteuer. Effektiver Höchstsatz bei der Körperschaftsteuer 40,87% (OECD-Schnitt 27,8%). Der Mehrwertsteuersatz ist weiterhin mit 5% weltweit der niedrigste. Bis 2010 will die Regierung rund 19000 Jobs im aufgeblähten öffentlichen Dienst des Landes abbauen. In den kommenden fünf Jahren sollen die Staatsausgaben um bis zu 14,5 Billionen Yen (rund 100 Mrd. €) sinken. 2009 liegt der Haushaltsentwurf wegen des Konjunkturpakets aber bei der Rekordsumme von 690 Mrd. €.  Die Militärausgaben betragen 2008 ca. 46,3 Mrd. $. Steuerreform erst bei besserer Konjunktur im Jahre 2008. Wahrscheinlich wird man die Bemessungsgrundlage bei den direkten Steuern verbreitern (bisher wird nur die Hälfte der Lohneinkünfte und nur ein Drittel der Körperschaften besteuert). 2007 wurden massive Buchhaltungsfehler bei der staatlichen Rentenkasse entdeckt (bei 50 Mio. Konten wurden Einzahlungen falsch gebucht). Die sehr hohe Verschuldung mit 160% des BIP in Japan geht zu Lasten der Provinzen und Kommunen, die sich in einer Strukturkrise befinden. Ab 2009 soll mit dem Schuldenabbau begonnen werden (ausgeglichener Haushalt bis 2011 wird wohl nicht erreicht werden). Der Etat 2010 umfasst 93,3 Billionen Yen (700 Mrd. €). Im Herbst 2008 legt die Regierung ein Konjunkturprogramm in Höhe von 70 Mrd. € auf (teilweise finanziert über Sonderhaushalt in Höhe von 11 Mrd. €). Damit verabschiedet sich Japan vom Sparkurs.  Es folgen weitere Programme (insgesamt 635 Mrd. €, 17,7% des BIP). Instrumente sind Beihilfen für Unternehmen und Banken, Ausweitung der Arbeitslosenhilfe, Konsumgutscheine an Familien, Investitionen in Umwelttechnik. Interessant ist die Einführung von Öko-Aktionspunkten, die man beim Kauf von energiesparenden Technikgeräten bekommt. Es gibt auch eine Abwrackprämie für Autos, die mit insgesamt 3 Mrd. € ausgestattet ist (bis März 2010). Neuwagen müssen aber bestimmte Umweltnormen erfüllen. Das Haushaltsjahr beginnt immer am 1. April. Ende 2009 legt Japan noch ein Konjunkturprogramm auf (55 Mrd. €, Subventionierung umweltfreundlicher Autos und Haushaltsgeräte). Die Finanzierung soll über Anleihen, Notfallfonds und Einsparungen des ersten Programms erfolgen. Der neue Premier Kan will die Finanzpolitik ändern: Er plant eine Steuerreform (Erhöhung der Mehrwertsteuer, jetzt 5%, Herabsetzung der Unternehmenssteuern). Die Abgabe auf Zigaretten soll um 40% steigen. Auch die sozialen Sicherungssysteme sollen reformiert werden. Um mit den Folgen von Fukushima fertig zu werden, empfiehlt 2011 eine Regierungskommission öffentliche Fonds, Sonderwirtschaftszonen (geringere Steuern) und eine Verdopplung der Mehrwertsteuer von derzeit 5% (2012) bis 2015 (10%). So soll auch schon 2012 die Mehrwertsteuer von 5% weiter steigen. Was bedeutet dies für den Binnenkonsum? (60% des BIP). Eine Wiederaufbausteuer für Unternehmen wird eingeführt. 2011 gelingt es der Regierung erfolgreich Wiederaufbau-Bonds zu vermarkten (1 Mrd. Euro haben Privatkunden bei den sieben Großbanken angelegt). Im November 2012 wird ein neues Konjunkturprogramm beschlossen (11 Mrd. €, Unterstützung von KMU, 80.000 neue Arbeitsplätze). Mittlerweile spricht man 2013 von Abenomics (Abe-Economics). Gemeint ist eine Wirtschafts- und Finanzpolitik, die auf Ausweitung der Geldmenge, Abwertung der Währung und öffentliche Investitionen setzt (genauer: Baustein 1 radikale Geldpolitik, um künstlich Inflation und Abwertung herbeizuführen; Baustein 2 schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme; Baustein 3 strukturelle Reformprogramme zur Erhöhung der Steuereinnahmen und Deregulierung des Arbeitsmarktes: vollständige Integration der Frauen, gerechtere Bezahlung der Jugendlichen im Niedriglohnbereich). 2013 zeigen sich positive Effekte (Exportanstieg, Wachstum). Die Regierung beschließt im Oktober 2013 konkrete Maßnahmen: Erhöhung der Mehrwertsteuer von 5 auf 8% ab April 2014. Konjunkturpaket in Höhe von 38 Mrd. €. Die Stimmung verbessert sich deutlich im Lande, so dass zum ersten Mal seit langem mehr Wirtschaftswachstum geschafft wird. Der Yen bleibt schwach (was wegen der Exporte gewollt ist). Ende des Jahres 2013 wird noch ein Konjunkturprogramm in Höhe von 134 Mrd. € aufgezogen (auch gegen restriktive Wirkungen der Verbrauchssteueranhebung, Wachstum langsamer im dritten Quartal 13). Die Verbrauchssteueranhebung für 2015 auf 10% dürfte wegen der schlechten Wirtschaftslage verschoben werden (auf 2017).  Um den Haushalt mittelfristig zu konsolidieren wäre eine Mehrwertsteuer von 23 Prozent notwendig. Am 18.11.14 tritt Abe wegen der Rezession zurück (dürfte aber im Dezember wieder gewählt werden, was dann auch passiert). Damit ist die schuldenfinanzierte Wirtschafts- und Wachstumsstrategie des leichten Geldes im Prinzip gescheitert. Der versprochene Haushaltsausgleich bis 2020 ist nicht mehr zu schaffen. Mit einem massiven Konjunkturprogramm will die neue japanische Regierung ab 2015 die Wirtschaft wieder in Schwung bringen (3,5 Billionen Yen/ 24 Milliarden Euro). Die wichtigsten Elemente sind Unterstützung für den Mittelstand, für Verbraucher und die Opfer von Naturkatastrophen. Auf dem G7-Gipfel in Ise-Shima am 26.05.2016 versucht Premier Abe die anderen Länder für einen "konzentrierten Push" zu gewinnen. Der Staat soll massiv in Infrastrukturprojekte investieren. Bei Merkel ist er schon abgeblitzt. Knapp die Hälfte der japanischen Steuereinnahmen und ein Viertel des Haushalts  2016 fließen in die Schuldentilgung. Im Oktober 2022 setzt Japan wieder ein gewaltiges Konjunkturpaket auf: Es umfasst 265 Mrd. Euro. Es enthält Investitionen ín neue Technologien, Halbleiter, Roboter, Dämpfung der Stromkosten von Privathaushalten. Es soll auch die Inflation senken (in Japan eher Aufgabe der Finanzpolitik).  "Abenomics hat bisher nur die Gewinne exportorientierter Unternehmen erhöht", Ökonomieprofessor Yasuo Goto 2016 (Die Zeit, Nr. 30, 14.07.16, S. 26).  Der japanische Ökonom Takuro Morinaga will 2013 eine Steuer für gut aussehende Männer einführen, um die Geburtenrate zu heben. Begründung: Schöne Männer hätten es beruflich leichter und verdienten im Schnitt mehr. Sie seien von Frauen umschwärmt, würden aber nur wenig Kinder zeugen. Die Steuer soll die Attraktivitätslücke schließen. Beurteilen soll eine Damenjury der Steuerbehörde. Die Regierung führt 2017 eine originelle Regelung ein, um den Konsum in Japan anzuregen. Einmal im Monat soll es einen Premium-Freitag geben, an dem die Japaner um 15.00 Uhr aufhören zu arbeiten, damit sie Zeit haben, ihr hart verdientes Geld auszugeben.

Japan ist eines der letzten "Tabakparadiese". Einflussreiche Politiker, Tabak- und Restaurantlobby verhindern bisher ein Verbot von Rauchen. Als Ausrichter der Olympischen Spiele 2020 muss Tokio aber  das Rauchen in allem öffentlichen Einrichtungen verbieten. Bisher gelten Rauchverbaute nur lokal. Zigaretten sind in Japan sehr günstig. Die Tabaksteuer gehört zu den wichtigsten Staatseinnahmen (63% des Schachtelpreises Steuern). Der Staat hat an der wichtigsten Firma "Tobacco" einen Anteil in Höhe von 30%. Auf dem Höhepunkt 1966 rauchten in Japan 84% der Männer und 18% der Frauen. 2016 waren es noch 19,3% aller Japaner.

Auch Alkoholismus wird nicht als Krankheit, sondern als kollektives Lebensgefühl behandelt. Man fordert 2022 sogar dazu auf, mehr Alkohol zu trinken. Es gibt die Kampagne "Sake Viva". Initiator der Kampagne ist dei National Tax Agency. Man will die Alkoholabgaben erhöhen. Sie sind seit 1980 von damals fünf auf heute 1,7% gefallen. 2022 liegen sie schon wieder bei 3,7%. Alkohol hat in Japan eine n lange Tradition. Er löst die Zunge und Verklemmungen. Er entspannt. Man spricht jetzt von Zechen fürs Finanzamt. Vgl. Köhler, Angela: Zechen fürs Finanzamt, in: Die Rheinpfalz 20.8.22, S. 1.

Steuern: Steuern waren Ehrensache. Die Steuermoral war extrem hoch. Es galt sogar ein Ehrenkodex mit einer gewissen Freiwilligkeit. Das soll langsam reformiert werden. Zum Oktober 2019 wird nach langem Zögern die Mehrwertsteuer von 8 auf 10 Prozent angehoben, womit ein weiteres Anwachsen der Staatsschulden zumindest verlangsamt werden kann. Da in Japan angesichts alternder und schrumpfender Bevölkerung die Einnahmen aus Einkommensteuern kontinuierlich sinken, die Ausgaben aber anwachsen aufgrund einer wachsenden Rentnerzahl, muss die Staatsverschuldung steigen. Die Verbraucher scheinen die erneuten erhöhten Konsumabgaben besser als erwartet zu verkraften   (Umfrage Kyodo: 75% behalten ihren Konsumumfang bei).

Militärpräsens der USA und Finanzierung sowie Aufrüstung: Japan lässt sich den Schutz der USA einiges kosten. Der Anteil Japans an den Gesamtkosten liegt bei 50% (Deutschland 18%). In Japan ist eine große Anzahl von US - Gi`s stationiert.

Die wachsende Militärmacht Chinas hat Aktivismus in Japan ausgelöst. Sie sind in Quad eingetreten zusammen mit USA, Australien und Indien. Mit Australien stärkt man die Militärkooperation erheblich. Man rüstet auch stark auf. Positiv steht man dem Abkommen von Australien, GB und den USA gegenüber (Aukus).

Besonderheiten im japanischen Haushalt 2023/ 24: Das neue Fiskaljahr beginnt in Japan am 1. April 2023. Das Parlament beschließt ein Rekordbudget von 114,38 Billionen Yen (805,5 Mrd. €). Die Ausgaben steigen im Vergleich zum Vorjahr um 6,3%. Dei Verteidigungsausgaben steigen um 26%  (+ Sondefonds von 23,8 Mrd. €). Dei Neuverschuldung macht 35,6 Billionen Yen (251 Mrd. €), das macht 31% des HH. Es gibt hohe Subventionen gegen hohe Energiepreise (15,6 Mrd. €). Vgl. FAZ 29.3.23, S. 19.

Bildungs- und Forschungspolitik:  Ausgaben für Forschung und Entwicklung: 3,3% des BIP (Durchschnitt 2000 - 2008, 129 Mrd. $ 2006). 2009 gibt Japan 137 500 472 US-Dollar für Forschung und Entwicklung aus (ist auf dritte Stelle in der Welt hinter USA und China zurückgefallen). Japan hat die höchste Forscherdichte pro Million Einwohner in der Welt: 5573,0.  Bei Patentanmeldungen liegt Japan mit 26.900 (2006) an zweiter Stelle in der Welt hinter den USA und vor Deutschland. Zunehmend setzt die japanische Industrie Patente als strategisches Instrument ein. Dies gilt für E-Autos und weitere Elektronik. Die Investitionen der japanischen Unternehmen in Innovationen gehen 2021 im Vergleich zu 2020 um -2,3% zurück. Quelle: OECD

Die Wahl des Kindergartens ist für den weiteren Lebensweg von entscheidender Bedeutung. Danach beginnt das 6-3-3 Bildungssystem. Gruppenkonformität hat Priorität: "der vorstehende Nagel wird eingeschlagen". Das japanische Schulsystem verlangt den Kindern von klein an ein immenses Pensum ab. Harter Drill, Leistungsdruck und krankhafter Ehrgeiz kommen häufig vor. Freizeit außerhalb der Schule kennen die Kinder nicht. Japanische Schulen zählen zu den schwierigsten der Welt. Die Kinder haben oft kein Vertrauen zu den Eltern.

Dieses  Bild zeigt das Fröbelmuseum in Bad Blankenburg.  Exkurs Kindergarten: Friedrich Fröbel ist der Erfinder der Institution des Kindergartens. Er lebte von 1782 bis 1852. Geboren wurde er in Oberweißbach und den Kindergarten richtete er in Bad Blankenburg ein (1840). Beide Orte liegen in Thüringen an der Saale. Fröbel war Humanist und Menschenerzieher. Seine Idee von Kindheit und Kindergarten findet in der ganzen Welt Akzeptanz. Sie werden besonders in Asien verehrt: in Japan, Korea, Thailand und China. In Europa ist sein Einfluss besonders in Schweden zu sehen. Auch heute noch kommen jedes Jahr besonders viele Besucher aus Japan. Es gibt in Japan auch eine große Rezeption und Forschung zu Fröbel und seiner Pädagogik. Quelle: Friedrich-Fröbel-Museum Bad Blankenburg: Fröbels Erbe, Bad Blankenburg 2009. Darin Artikel von Toshiko Ito, Reiko Sakai, Yoichi Kiuchi. Fröbel war auch der Begründer einer Spielpädagogik. Fröbel hatte engen Kontakt zu Pestalozzi in der Schweiz. Er lebt auch eine zeitlang dort.   "Kommt. Lasst uns Kindern leben", Friedrich Fröbel.

Das Hochschulsystem ist hierarchisch strukturiert. Oben stehen die sieben ehemaligen Kaiserlichen Universitäten Kyoto, Tokyo, Osaka, Hokkaido, Tohoku, Kyushu, Nagoya. Von diesen Hochschulen kommt die Regierungs- und Wirtschaftselite. Vier Fünftel der Hochschulen sind in privater Trägerschaft und werden von 75% der Studenten besucht. Damit gibt der Staat relativ wenig Geld für das Hochschulsystem aus.

Cybersicherheit: 2019 will Japan mit staatlichen Cyberangriffen vor den Sommerspielen 2020 für mehr Sicherheit sorgen. Das "Internet der Dinge", "Smart Homes", Webcams, Router und WLan werden vom Nationalen Institut für Informations- und Kommunikationstechnologie als "Weißer Hacker" angegriffen. Insbesondere werden Standardpasswörter eingesetzt. Ein neues Gesetz erlaubt die Attacken.

Sozialpolitik und Sozialversicherung sowie Gesundheit: Die soziale Absicherung findet über die Familie, das firmeninterne Sozialsystem und die Sozialversicherung statt. Es gibt eine gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung. Daneben spezielle Sozialleistungen wie eine Krankenversicherung für Taglöhner (seit 1953) und eine kostenlose medizinische Versorgung für Alte (seit 1973, Selbstbeteiligung seit 1983). Es gibt auch eine Sozialhilfe, die nicht stark nachgefragt wird. Die DPJ will eine "Politik mit warmem Herz" betreiben. 2009 erhöht die neue Regierung die Sozialausgaben. Dafür werden große Bauprojekte gestoppt. Im Durchschnitt beträgt das Renteneintrittsalter 69,5 Jahre. Dazu wurde schon 2005 ein Gesetz eingeführt. Allerdings legen die Firmen das Rentenalter der Mitarbeiter fest. "Nure ochiba" (nasses Laub) steht in Japan für nervende Ehemänner, die an den Schuhsohlen ihrer Frauen kleben. Dies und eine höhere Scheidungsrate sollen auch bekämpft werden. Seit 2013 wird das Rentenalter schrittweise von 60 auf 65 Jahre erhöht.

Das japanische Krankenversicherungssystem besteht seit 1961. Es ähnelt dem der europäischen Länder. Es besteht aus zwei Teilen: 1. Krankenversicherung für Arbeiter und Angestellte (Shakai hoken). Hier sind vor allem Arbeitnehmer von KMU versichert. 70 Prozent werden erstattet, 30 Prozent müssen aus eigener Tasche bezahlt werden. 2. Kommunale Krankenversicherung (Kokumin kenko hoken). Bei Kindern werden 80% der Kosten übernommen. Bei Erwachsenen bis 74 sind dies 70%. Ab 75 Jahren müssen nur noch 10% selbst gezahlt werden. Im Jahre 2000 wurde ein Pflegeversicherungssystem eingeführt. Ikuko Nishihara wird 2018 in Japan zum Medienstar. Sie hat als Zahnärztin ein Buch über Zähneputzen geschrieben. Sie wendet dich gegen "Maeba", den Verzicht auf Kieferothopädie.

Gesundheit: Am 5.2.20 werden auf einem Kreuzfahrtschiff vor Japan Corona-Virus-Fälle gefunden (10, darunter auch Deutsche). Das Schiff wird unter Quarantäne gestellt. Doch die Ausbreitung der Epidemie auf Japan kann nicht verhindert werden. Viele Gäste waren schon von Bord gegangen. Neben Südkorea ist Japan später das Land mit der höchsten Verbreitungsrate in Asien (nach Entstehungsland China). Allerdings bekommt man die Seuche relativ gut in den Griff. Man setzt auf Quarantäne, Tests und digitale Technik. Japan gilt als zunächst Erfolgsmodell zusammen mit Südkorea, Singapur und Taiwan. Später breitet sich das Virus wieder stärker aus, im April 20 exponentiell. Es sind erst 500.000 Menschen bis zum 05.04. getestet worden. Man setzt das Grippemittel Avigan gegen Covid-19 ein. Ausgangssperre wird in 7 Präfekturen erlassen (Tokio und Nachbar-Präfekturen). Die Regierung ruft dort auch den Notstand aus. Am 07.01.2021 muss Japan wegen der stark gestiegenen Infektionszahlen wieder im Großraum Tokio den Notstand ausrufen. Erstmals wurden innerhalb eines Tages mehr als 2000 Fälle registriert. Auch die angrenzenden Präfekturen Chiba, Saitama und Kanagawa wurden einbezogen. Im März 2021 ist Japan beim Impfen so ziemlich Schlusslicht. Die Bevölkerung hat Angst ("Test nur an Weißen"), die Impfbereitschaft ist gering. Während der Olympischen Spiele in  Tokio im Juli und August steigen die Inzidenzwerte sehr stark an (allerdings kein Zusammenhang mit den Spielen, da Zuschauer nicht zugelassen sind). 73% der Rentner sind Mitte 2021 geimpft. Die neue Welle trifft vor allem junge Menschen. Nun wächst die Angst vor einem Zusammenbruch des Gesundheitssystems. Es gibt einen Stopp der Moderna - Impfung, weil Fremdstoffe festgestellt wurden. 2022 sorgen anhaltende Grenzschließungen für wachsende Kritik. Man lästert über eine neue Ära des Isolationismus. Die japanische Volkswirtschaft leidet. Die Einreisebestimmungen sind sehr streng. Vgl. Lill, Felix:  Der lange Corona-Marsch, in: Rheinpfalz am Sonntag, 17./ 18.9.22, S. 7. Als Begründer der westlichen Medizin in Japan gelten Erwin Bälz und Julius Scriba. Einfluss hatte auch Siebold. Der bayrische Arzt und Naturforscher Franz von Siebold (1796 - 1866) hat das Bild von Japan in Deutschland stark geprägt (es gibt ein Museum in Würzburg, das sehr sehenswert ist). Er brachte auch die Palownie mit aus Japan nach Europa. Zu Ehren der russischen Zarentochter und niederländischen Königin Palowna nannte er den Baum Palownie (japanisch Kiri). Das Holz des Baumes ist in Asien ein wertvoller Rohstoff.

Exkurs. Hanaoke Seishu: Er war ein japanischer Arzt. Wahrscheinlich ist er der berühmteste japanische Arzt der Welt. Er lebte von 1760 bis 1835. Er ist der Erfinder der Narkose. Das war um 1804 eine Revolution in der Medizin. Er setzte zum ersten Mal  eine Anästhesie ein bei seiner Frau. die erblindete, weil die Dosierung zu hoch war. Er arbeitete mit einer Kräutermischung. Er schrieb auch ein Lehrbuch der Chirurgie, das in Japan berühmt ist und als Klassiker gilt. Erst 1844 konnte man chemische Mittel einsetzen in den USA.

Exkurs: Psychische Gesundheit: 2020 steigt die Suizidrate in Japan wieder an auf 21.919 Tote. Sie ist eine der höchsten in der Welt. Deshalb gründet die Regierung 2021 ein Ministerium für Einsamkeit (Minister wird Sakamoto; GB hatte das Gleiche 2018 schon gemacht, weltweit erst Minister). Die Suizidzahlen sind hoch bei Frauen, Selbständigen und Arbeitslosen. Die Pandemie hatte die Gesundheitsprobleme verschärft: isolierte Arbeit am Computer sowie familiäre Trennungen vor allem wegen der verengten Wohnbedingungen. Ein erster Aktionsplan ist in Arbeit. Aktivitäten sollen gefördert, die Einsamkeit und Entfremdung soll verhindert werden, die Bindungen zwischen den Menschen sollen geschützt werden. Auf konkrete Maßnahmen darf man gespannt sein. Vgl. Köhler, Angela: Auf verlorenem Posten, in: Rheinpfalz Nr. 135, 15. 6.2021, S. 1

DyDo: Großer Ghetränkekonzern in Japan. Er betreibt viele Getränkeautomaten. 2020 rüstet er seine Automaten auch auf Gesichtsmasken und Feuchttücher (Desinfektion) um. In der Regel gibt es Zehner-Packungen.

Gerstengras: Gerstengras ist die beliebteste Nahrungsergänzung in Japan. Es ist viel nährstoffreicher als andere Blattgemüsearten oder gar die Körner der Gerste. Vor allem junge Pflanzen haben haben ein enormes Potential für unsere Gesundheit. Der Entdecker des Potentials war der japanische Forscher, Apotheker und Allgemeinmediziner Yochihide Hagiwara. Er entdeckte das Gras als grüner Helfer beim Entsäuern und Entschlacken. Es senkt auch Blutzucker und Cholesterin. Es gibt auch eine positive Wirkung auf die Darmgesundheit.

Wasabi (Eutrema japonicum): Ist der scharfe Begleiter von Sushi und anderen japanischen Spezialitäten. Schon eine kleine Messerspitze der grünen Paste reicht aus, um einen kräftigen und scharfen  Geschmack zu erleben. Wasabi ist wegen seiner wertvollen Inhaltstoffe auch in der Heilkunde erfolgreich. Es wird bei Lungenerkrankungen, gegen Viren und Bakterien, zur Unterstützung der Verdauungsorgane, für die Gefäße, bei Hautproblemen und bei Krebserkrankungen eingesetzt. Die enthaltnen Senföle wirken wie ein natürliches Antibiotikum. Es gibt allerdings viele Fälschungen in Europa.

2015 steigen nach zwei Jahren wieder die Reallöhne in Japan. 2015 startet die Regierung die sozialpolitische Stufe von Abenomics: finanzielle Familienbeihilfen und kostenlose Vorschulerziehung. Rund 100.000 Japaner in sozialvericherungspflichtigen Jobs kündigen jährlich, da sie sich daheim um ihre Familienangehörigen kümmern können. Diese Menschen werden dringend im Beschäftigungssystem benötigt, dem wegen der Überalterung Arbeitskräfte fehlen.  Die Thermalbäder in Japan sind eine wundersame Welt. Hier baden sogar Schneeaffen. Für das Benutzen der Heilquellen gibt es eine strenge Etikette. Schuhe und Tattoos sind verboten.

2016 gibt Japan sehr viel Geld für die Direktunterstützung von Rentnern und Familien aus. Das Kindergeld wird um 30% erhöht. Damit verlagern sich aber insgesamt die Staatsausgaben weiter Richtung hoch betagter Empfänger (wie in den letzten 30 Jahren). Dabei geht es der heutigen Rentnergeneration ganz gut. Der beste Schnee der Welt soll auf der japanischen Insel Hokkaido nahe der Stadt Niseko liegen. Dort ist das Dorado des Tiefschnee-Skifahrens. 

Damit wird der jungen Generation doppelt geschadet. Denn sie leidet auch unter der schon lange andauernden (seit den 1980er Jahren)  Politik des billigen Geldes und Sozialausgaben: Früher galt Japan als gerechtes Land, wo sich alle als Teil der Mittelschicht sahen. Jetzt hat sich das Blatt gewendet. Die Mittelschicht erodiert. Für immer mehr junge Menschen sind Haus, Familie, Auto und Urlaub nicht mehr finanzierbar. Die reichen Japaner, die wie in anderen Ländern auch immer reicher werden, profitieren von Spekulationen und Anlagen auf den Finanzmärkten (Aktien, Immobilien). Die Geldschwemme schwächt auch die Innovationskraft der Wirtschaft und zeigt sich auf dem Arbeitsmarkt (Prekarisierung, weniger gute Stellen). Der Anteil prekärer Beschäftigungsverhältnisse hat sich von 20% im Jahr 1990 auf 37% 2018 fast verdoppelt. Das drückt auch die Geburtenrate mit drastischen Folgen für Sozial- und Gesundheitssystem. Die EU sollte gewarnt sein.

Silver Human Resource Centers: In den Siebzigerjahren schon von Kommunen in Japan eingerichtet, um Arbeitsämter für Ältere bereitzustellen. Sie helfen Senioren nach Rentenbeginn eine neue Beschäftigung in Engpasssektoren der Wirtschaft zu finden und bieten auch Weiterbildungskurse an. Eine Obergrenze fürs Alter gibt es nicht. Entscheidend sind Fitness, Qualifikation und Leistungsfähigkeit. In Japan arbeiten viele Rentner (nicht nur aus Armutsmotiven), oft auf Werkvertrag - Basies (manchmal auch bei ihrer früheren Firma). Viele ältere Frauen, bei denen die Männer gestorben sind oder die geschieden sind, müssen arbeiten, weil die Rente zum Leben nicht reicht.

Dream towns und Demenz-Cafes: Sehr erfolgreiche Projekte für ältere Menschen. Bei uns würde man von Mehr-Generationenhäusern oder -vierteln sprechen. Besonders die Integration von Demenz-Kranken gelingt so besser. Sie können sich in ihrer alten Berufsfunktion  engagieren und haben soziale Kontakte, die sie länger fit halten. Es gibt mittlerweile auch Demenz-Cafes. Demenz-Kranke bedienen. Sie werden unterstützt von vielen Menschen , die noch ein normales Gedächtnis haben.

Strukturpolitik/ Wettbewerbspolitik/ Industriepolitik: Special Zones for Structural Reform; Gründung der IRC (Industrial Revitalization Corp.); Deregulierung:  u. a. Postreform (größter Arbeitgeber mit 400000 Beschäftigten, erste Teilprivatisierung Oktober 2007). Im Oktober 2009 friert die neue japanische Regierung die Privatisierung der Post ein. Japans Firmen greifen allerdings wegen zunehmender Schwierigkeiten auf dem Heimatmarkt im Ausland mit Investitionen an. Die Regierung von Hatoyama will den Kampf mit Bürokratie und Beamtenherrschaft aufnehmen. Japans Unterhaltungs-Elektronic-Stars kommen immer mehr unter die Räder des Wandels. Sharp, Sony und Panasonic müssen umorganisieren. Die Regierung hält aber durchaus auch scheintote Unternehmen am Leben (investieren nicht mehr, stellen keine Mitarbeiter mehr ein). Sind Tilgungen fäälig, erhalten die Unternehmen neue Kredite.  "Monozukuri", die Kunst des Herstellens von Dingen, gilt als Kern der Wirtschaftsstruktur. Der Anteil der Industrie am Bruttoinlandsprodukt ist aber seit mehr als drei Jahren rückläufig (von 2104 zurück). Dafür sind zwei Trends verantwortlich. Erstens die zunehmende Konkurrenz aus Süd-Korea und China. Zweitens die Verschiebung der Produktion durch japanische Konzerne nach Übersee. Die Bevölkerung in Japan verringert sich und ein relativ starker Yen verteuert die Produktion.

Sektoren: Der Dienstleistungssektor steuert mittlerweile den höchsten Anteil zur Wirtschaftsleistung bei. Das sind 2016 71,1%. Es folgen die Industrie (27,7%), Landwirtschaft (1,2%).

Die Genossenschaftsidee, die auf den Deutschen F. W. Raiffeisen zurückgeht, hat in Japan eine große Bedeutung. Die Ursprünge gehen bis in die Meij-Epoche und die Verbindung zum deutschen Kaiserreich zurück. Heute existieren mit die weltweit größten Genossenschaften in Japan: Zenkyren (Versicherung), Zen-Noh (Agrarwirtschaft) und Norinchukin (Bank). Dachverband ist JA-Zenchu. Er lässt das Prinzip der Freiwilligkeit zu, aber nicht das der Autonomie (z. B. wird die landwirtschaftliche Produktion wie von einem Monopol gelenkt). Ein Wandel zeichnet sich durch die Energiewende und im Bereich der Konsumgenossenschaften ab).

Privatisierung: Am 04.11.2015 ging die japanische Post an die Börse. Mit 1,44 Billionen Yen war dies der größte Börsengang 2015.

Strukturelle Reformen im Zeichen von Abenomics: Der "Corporate Governance Code" soll die zahlreichen Verflechtungen japanischer Unternehmen aufbrechen und finanzielle Mittel freisetzen. Noch 2016 machen allerdings die Cashbestände der Unternehmen im japanischen Leitindex fast 34 % der Marktkapitalisierung aus (in USA 8,5%, in der EU 10,7%). Nach Vorstellungen der Regierung soll dieses Kapital zukünftig produktiver eingesetzt werden. Daneben gibt es den Stewardship Code", der sich an institutionelle Investoren wie Pensionsfonds richtet, und diese motivieren soll, auf den effizienten Kapitaleinsatz zu achten. Die Fortschritte bei diesen strukturellen Reformen könnte Japans Wirtschaft langfristig wieder in die Spur bringen.

Nikkei Research Institut: Es erhebt regelmäßig die Lage der japanischen Firmen. 2017 sind die sinkende Nachfrage in der Heimat und der Mangel an Fachkräften die größte Sorge.

Skandale: In den letzten Jahren (von 2018 einige Jahre zurück) erschüttern Skandale von Firmen die Wirtschaft. Betroffen sind Nissan (falsche Abnahme), Subaru, Kobe Steel, Toray (Fälschung von Produktdaten). Japan ist wie Deutschland eine alternde Volkswirtschaft. Die Firmen bekennen Reue, bitten um Verzeihung und geloben Besserung. Das Ritual heißt "Shazai Kaiken" (Entschuldigungspressekonferenz).

Zombifizierung: Das billige Geld durch die Notenbank hat unrentable Unternehmen am Leben gehalten und wacklige Banken stabilisiert. Der fehlende Druck zur Restrukturierung bremste das Produktivitätswachstum. So ist auch der Spielraum für reale Lohnerhöhungen dahin. Der Wohlstand in Japan schwindet.

Schon vor der Corona-Krise war das Land für seine "untoten" Unternehmen bekannt, die nur dank staatlicher Hilfen überleben. Nach einer Untersuchung der Uni Osaka waren 1999 ein Viertel aller Kleinunternehmen Zombies. Betrachtet man die Unternehmen über 1 Milliarde Yen Eigenkapital (8,1 Mio. €), so war deren Anteil von einst 17% auf unter 8% geschrumpft. In der Corona-Krise wurden 100.000 Unternehmen staatlich unterstützt. Darunter sind viele Unternehmen, deren Geschäft nicht nachholbar ist ( Restaurants, Hotels). Das sorgt auch dafür, dass der Ausleseprozess zwischen produktiven und unproduktiven Unternehmen ausgesetzt wird. Aber die Unternehmen haben in Japan auch eine große soziale Funktion: Es geht um Arbeitsplätze und die soziale Sicherung durch Unternehmen. Dadurch fällt aber die Arbeitsproduktivität (und neue Leute werden nicht mehr eingestellt;  bei der Arbeitsproduktivität ist Japan auf Platz 21 in der OECD zurückgefallen). Das bedingt auch eine geringe Unternehmensgründungsrate. In keinem Land gibt es so viele Unternehmen die über 100 Jahre alt sind (Kontinuität als Wert). Die prekäre Beschäftigung ist als Folge rapide angestiegen (14% 1990, 30% 2020). Die Qualität der Jobs schwindet. Wenn sich der Staat eines Tages zurückzieht, werden viele Unternehmen verschwinden. Vgl. Lill, Felix: Land der Zombies, in: Die Zeit Nr. 3, 14. Januar 2021, S. 24.

Casino-Kapitalismus: Wachstumsideologie der Abenomics für die Unternehmen. Staat muss  die nötigen Anreize schaffen, weil die Unternehmen zu schwach sind. Das Geld kommt überwiegend von der Zentralbank, deshalb der Begriff. Die lockere Geldpolitik soll zu Investitionen führen. Allerdings wurden oft die falschen Unternehmen und Branchen gefördert. Atomkraftwerke, U-Boote und Eisenbahnen in aller Welt sollten gebaut werden. Hier sind die Chinesen zum Teil schon besser. Doch Japan hat zum Glück keinen Trump und keine AfD. Vgl. W. Wagner: Japan. Abstieg in Würde, DVA, München 2018, S. 194ff.

Künstliche Intelligenz: Deutschland und Japan wollen hier kooperieren. Auf der Hannovermesse 2019 geht es um konkrete Möglichkeiten. Auch die kulturellen und ethischen Rahmenbedingungen sollen einbezogen werden.

Änderung des Geschäftsmodells: In Krisenzeiten ändern Konzerne oft das Geschäftsmodell (Selbsterneuerung). So will der Kamerafilm-Hersteller Fuji - Film 2020 ein Medikament gegen das Corna-Virus entwickeln. Die Focussierung auf gesundheitsbezogene Geschäftsfelder ist in Japan im Moment beliebt. In der Elektronikbranche müssen Unternehmen sich neu erfinden. Konkurrenten aus China oder Südkorea können die Kernprodukte oft preisgünstiger anbieten. So sind etwa Sony und Toshiba zu Umstellungen gezwungen. Betroffen sind auch Nintendo und Konami.

Die japanischen IT-Konzerne Toshiba, Sharp und Fujitsu züchten jetzt auch Obst und Gemüse. Dabei hoffen sie auf einen milliardenschweren Markt. Es handelt sich um High-Tech-Nahrung aus dem "Reinraum" (nicht belastet mit Pestiziden, Bakterien oder Insekten). Angebaut werden z. B. Salat und Erdbeeren.

Wettrennen um Akku- und Chipwerke: Japan will die Akku- und Chipindustrie mit Investitionen ab 2021 ködern. Man will auch die Industrie des Landes stärken. Ministerpräsident Suga kündigt Investitionen in vier Themen an: grüne, digitale, lebendige Regionalentwicklung und Maßnahmen gegen die sinkende Geburtenrate. Die Wachstumsstrategie will auch mehr Produktion von Batterien und Halbleitern. Die wurde einst von der Japan AG dominiert. Japans Weltmarktanteil bei der Chipfertigung ist in den vergangenen 40 Jahren (von 2021 rückwärts) von 50% auf heute 10% gesunken.

KMU und Mittelstandspolitik: Die japanische Wirtschaft hat eine dualistische Struktur. Sie entstand nach dem 1. Weltkrieg, als viele Großunternehmen Produktion auslagerten und sich dadurch eine untergeordnete Zuliefererindustrie bildete. Kleine und mittlere Unternehmen sind je nach Branche definiert: Verarbeitendes Gewerbe 20-299, Großhandel 5-99, Einzelhandel und Dienstleistungen 5-49. Die dualistische Struktur zeigt sich besonders in den Unterschieden in Löhnen und Produktivitäten. Als Spezialorganisationen gibt es: Small and Medium Enterprise Agency (SMEA), Small and Medium Enterprise Policy Making Coucil,  Japan Small Business Corporation. Japanische Werkzeugmaschinenbauer dominieren die Weltproduktion (10,8 Mrd. € von 47,3 Mrd. €). Nur 15% der Japaner meinen, die Fähigkeiten eines Gründers zu haben (D: 39%, USA: 49%). ES gibt auch nur wenige Investoren, die Gründer begleiten (Business Angels). Die Venture-Capital-Fonds sind relativ klein. Nach der Finanzkrise stehen für den Mittelstand Kreditgarantien (45 Mrd. €) zur Verfügung. Der neue Premier Hatoyama will vor allem den Mittelstand fördern. Dies ist auch notwendig, da der Mittelstand am stärksten betroffen ist (Tankan-Barometer). Als erste Maßnahme wird eine Kreditstundung eingeführt (soll die Kreditklemme bekämpfen). Dieser Zahlungsaufschub wird allerdings wieder entschärft, indem er für die Banken freiwillig ist. Das Konjunkturprogramm im November 2012 unterstützt speziell KMU, um neue Arbeitsplätze zu schaffen. KMU werden auch durch immer neue Kredite am Leben gehalten. Sie finanzieren dann nur noch ihre Schulden ("Fäulnisprozess"). Im Mittelstand dominiert wie in Deutschland der Maschinenbau. Zuletzt wurden Gildemeister und Grohe gekauft.

Als Krönung japanischer Handwerkskunst gelten die Samuraischwerter. Der Stahl japanischer Schwerter wird "Tamahagane" genannt. Er ist härter als gewöhnlicher europäischer Messerstahl. Das liegt an einem hohen Kohlenstoffanteil. Nachteil ist die hohe Korrosion. Die Schwerter werden "Katanas" genannt. Eine gewisse Biegsamkeit und Belastbarkeit erhalten sie dadurch, dass sie aus zwei sehr verschiedenen Stählen zusammengesetzt sind (Shingane, Kawagane). Diese Schwerter haben auch eine große ästhetische, spirituelle und religiöse Bedeutung,

Viele alte Handwerke haben in Japan überhaupt den Status einer Kunst. Die Meister werden wie Künstler verehrt und "vererben" ihre Fähigkeiten an ihre Schüler. So etwa das Keramikhandwerk oder das Handwerk des Ofenbaus ("Anagama": Form des Ofens, Entwicklung des Feuers, guter Zug).

Tee und Teezeremonie: Hinter dem Tee steckt in Japan eine Kultur und Philosophie. Man spricht auch von Teeismus. Der Tee kam im 9. Jahrhundert aus China nach Japan. Er war ursprünglich ein Privileg des Adels und buddhistischer Mönche. Die Mönche entwickelten die Rituale. Europa lernte den Tee erst gegen Ende der Ming-Dynastie in China als Exportgut kennen. Folgende Elemente gehören zur traditionellen japanischen Teezeremonie: Tatami-Matten am Boden, Wände mit Holz, Fenster mit Blick nach draußen auf Bäume, in einer Ecke ein Kessel mit heißem Wasser, die Gäste setzen sich auf ein Kissen im japanischen Seiza-Sitz (Fersensitz). Das Wasser kommt in eine Schale mit Grünteepulver (z. B. Sencha, eigentlich Matcha). Der Tee schäumt auf und er wird serviert. Zuvor wird ein Stück Zucker gereicht. Man verbeugt sich bis zum Boden und nimmt die Schüssel entgegen. Sie wird zweimal gedreht und in drei Zügen ausgetrunken. Der Mönch Murata Juko gilt als der Erfinder der japanischen Teezeremonie. Im Jahre 1522 wurde Senno Rikyo geboren. Er erfand die Philosophie hinter dem Ritual. Er wurde Teemeister der höchsten politischen Führer der Zeit. Dazu gehörten Oda Nobunaga und Toyotomi Hideyoshi. Die zugrunde liegende  Idee ist der Zen-Buddhismus. Dazu gehört die richtige Umgebung (Teehaus, niedriger Eingang, Garten, Wartehalle, Vorraum, Dekoration). Die Teeschalen sind speziell hergestellt (bei niedriger Temperatur gebrannt, nie perfekt). Es gibt Vorschriften zum Halten der Schale. Die Philosophie heißt Wabi-Cha. Sie führt zu Bescheidenheit, dem Verweigern von Materiellem. 1591 erhielt der Teemeister den Befehl, Selbstmord zu begehen.  Vgl. Kakuzo Okakura: Das Buch vom Tee, 1906. Die beiden berühmtesten Grün-Teesorten aus Japan sind Sencha und Matcha. Beide sind hochwertig und edel. Matcha ist zu Pulver vermahlener Grüntee. Er enthält Catechine, Carotine und die Vitamine A, B, C, E. Er gilt als der gesündeste Tee überhaupt.

2012 verabschiedete die Regierung ein Maßnahmenpaket, das die Kreditlast Insolvenz gefährdeter Klein- und Mittel-Unternehmen durch Stundungen tragbar machte. Überkommene Strukturen wurden so konserviert. Vgl. Schnabl, G./ Murai, T..: Was Europa von Japans Zombiewirtschaft lernen kann, in: WiWo 3, 15.01.21, S. 40.

In der Corona-Krise wurden 100.000 Unternehmen staatlich unterstützt. Darunter sind viele Unternehmen, deren Geschäft nicht nachholbar ist ( Restaurants, Hotels). Das sorgt auch dafür, dass der Ausleseprozess zwischen produktiven und unproduktiven Unternehmen ausgesetzt wird. Aber die Unternehmen haben in Japan auch eine große soziale Funktion: Es geht um Arbeitsplätze und die soziale Sicherung durch Unternehmen. Dadurch fällt aber die Arbeitsproduktivität (und neue Leute werden nicht mehr eingestellt;  bei der Arbeitsproduktivität ist Japan auf Platz 21 in der OECD zurückgefallen). Das bedingt auch eine geringe Unternehmensgründungsrate. In keinem Land gibt es aber so viele Unternehmen die über 100 Jahre alt sind (Kontinuität als Wert). Nach einer Untersuchung der Uni Osaka waren 1999 ein Viertel aller Kleinunternehmen Zombies. Betrachtet man die Unternehmen über 1 Milliarde Yen Eigenkapital (8,1 Mio. €), so war deren Anteil von einst 17% auf unter 8% 2020 geschrumpft.

Corona fordert im japanischen Mittelstand große Opfer. 4000 Unternehmen wurden zahlungsunfähig. Rund 600 Restaurants und 160 Hotels aus dem Gastronomie und Reisesektor waren in Schieflage.

Urbanisierung und Städtebaupolitik (Regionalpolitik, Verkehr): In manchen Ländern, wie auch in Japan, sind die Megastädte extrem wichtig (Tokio). Durch Urbanisierung verschärfen sich zentrale Umweltprobleme: Wasserknappheit, Müll, Luftqualität. Besonders kritisch ist die Situation in den "informellen Stadtlagen" (teilweise bis zu 50% der Stadt).

Exkurs: Die Shibuya - Kreuzung in Japans Hauptstadt Tokio gilt als die geschäftigste der Welt. Über die Zebrastreifen an der Shibuya - U-Bahnstation eilen täglich Tausende von Menschen. Direkt am Ausgang der U-Bahnstation befindet sich der beleibteste Treffpunkt der Tokioter: die Hachiko-Statue. Hier wurde dem treuesten Hund der Welt ein Denkmal gesetzt. Er war ein Akita-Hund. In den 1920er - Jahren holte er sein Herrchen, einen Universitätsprofessor, jeden Tag am Bahnhof ab. Das machte er bis zu seinem Tod 1935 auch nach dem Tod des Herrchens weiter.

Edo (Tokios ursprünglicher Name) war ursprünglich ein Fischerdorf (genannt Shibazaki). Es beginnt mit Taira Masakado (? -940), der als Samurai mehrere kaiserliche Quartiere eroberte. Er wurde von der kaiserlichen Armee geschlagen und fiel. Als erster Stadtgründer gilt Ota Dokan (1432 - 1486), der eine kleine Stadtsiedlung neben eine alte Burg und ein Dorf setzte. Nach ihm kamen 15 Shogune. Um 1700 war die Stadt mit einer Million Einwohnern die größte der Welt. Nach 1856 wurde die Metropole, die nun Tokyo (östliche Hauptstadt) hieß, schnell zur Heimat der Eliten Japans und wandelte sich durch die Öffnung zum Westen. Vgl. Till Weber: Tokyo, Mainz 2016

2018 will Tokio etwas gegen seine zu Stoßzeiten chronisch überfüllten Züge machen. Man will raus aus der Pendlerhölle. Alltäglich sind "Oshiya", Drücker, die die Passagiere mit aller Macht in den Zug schieben. Besonders schlimm ist es zwischen 8 und 9 Uhr. Hauptmittel sollen flexiblere Arbeitszeiten sein. Man will Anreise schaffen, damit die Menschen früher oder später anfangen.

Die bevorstehenden Olympischen Spiele beflügeln die Stadtentwicklung in Tokio. Der Immobilienmarkt läuft schon heiß. Büroflächen werden auch dringend gesucht. Das Baurecht wurde erheblich gelockert (keine Bebauungspläne mehr, nur noch Zonen mit Geschossflächenzahl/ GFZ).

Die japanische Bahn ist ein Erfolgsmodell. Die japanischen Eisenbahnen sind die pünktlichsten der Welt. Japan Railway kombiniert Milliarden mit Moral. Die Lokführer müssen jeden Meter auswendig lernen. Die Eisenbahn ist das weitaus leistungsfähigste Transportmittel weit vor Autos und Flugzeugen. Es schmerzt deutsche Experten, dass deutsche Technologie ursprünglich dafür verantwortlich war (z. B. von der TU Braunschweig, habe ich selbst mal auf eine Reise erlebt).

Verkehrspolitik: In Japans Städten , die dicht besiedelt sind und viel Industrie haben, gibt es kaum Staus und Unfälle. Was machen Japaner in der Verkehrspolitik anders? Die Japaner benutzen in der Stadt öffentliche Verkehrsmittel. viele haben kein Auto, weil eine Stellplatzpflicht besteht. Im Großraum Tokio wird nur 12% des Personenverkehrs im Auto zurückgelegt (Paris 25%, Berlin 30%, London 37%). Wer ein Auto hat, fährt in der Regel Kleinwagen und keinen SUV. Die Autos sind technologisch sauberer (Hybrid, Wasserstoff, E-Auto). Die Sicherheit ist extrem hoch. die größte Gefahr stellen Autofahrer über 65 Jahre dar. Man verlangt Tests zur Reaktionsfähigkeit.   Vgl. Lill, Felix: Japan hat autofrei, in: Die Zeit Nr. 5/ 26.1.23, S. 23.

Außenwirtschaftspolitik und Entwicklungspolitik: Die Transpazifische Partnerschaft (TPP) ist eine kleinere Alternative zur FTAAP. Möglichst bis 2015 wollten die USA und Japan dies umsetzen ohne China (12 Länder, darunter auch: Kanada, Australien, Südkorea, Mexiko, Malaysia, Chile, Peru, Neuseeland, Singapur, Vietnam); 0,8 Mio. Menschen, Gesamtexporte 5,5 Mrd. Dollar, WTO/ IMF). Die Gespräche auf Hawaii scheitern Mitte 2015. Mitte Oktober 2015 erzielt man Einigkeit. Das Vertragswerk umfasst 30 Kapitel. 18.000 Zölle und andere Handels- und Investitionshemmnisse sind betroffen. Auch die Harmonisierung von Umweltschutz- und Arbeitsschutzmaßnahmen ist vorgesehen. In Asien gibt es dagegen so gut wie keinen Widerstand. Mit dem Amtsantritt von Trump ist das Abkommen aber auf Eis gelegt. Japan hat auch großes Interesse an einem Handelsabkommen mit der EU. Die Verhandlungen laufen schon seit 2013. Sie sollen schnell zu Ende gebracht werden, nachdem beide Regionen in Bezug auf die USA gescheitert sind.  Ziel ist der G20-Gipfel am 07.07.17 in Hamburg. Man einigt sich aber erst im Dezember 2017: Zölle werden abgebaut. Das Abkommen tritt 2019 in Kraft. Das BIP in Deutschland könnte um + 20 Mrd. € wachsen (Ifo-Institut, München). Für Japan ist die EU drittgrößter Handelspartner; für die EU ist Japan sechstgrößter Handelspartner. 2016 plant Asien eine weitere Freihandelszone, nämlich RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership). Der Anteil an der Weltwirtschaftsleistung betrüge 30,5%, der Anteil an der Weltbevölkerung 47,9%. Mitgliedsländer wären China, Indien, Süd-Korea, Japan, Indonesien, Australien, Myanmar, Vietnam, Laos, Thailand, Kambodscha, Philippinen, Malaysia, Singapur, Brunei. Ansonsten setzt Japan stark auf bilaterale Abkommen.

Am 17.07.2018 schließen die EU und Japan (Jefta) ein Freihandelsabkommen. In Anbetracht der Handelspolitik der USA unter Trump gibt es kaum Widerstände. Das Abkommen steht für 30% des Welthandels und 25% aller Exporte. Es wird Jefta genannt. 99% aller Zölle sollen wegfallen. Es soll 2019 in Kraft treten. Kameras und Motorräder dürften in Europa billiger werden. Die Landwirtschaft der EU könnte mehr nach Japan exportieren (z. B. Wein).

2018 wollen die USA mit Japan ein Freihandelsabkommen außerhalb von TPP abschließen. Japan will vor allem seine Autoindustrie schützen. Lieber wäre Japan TPP.

AAGC: Asia-Africa Growth Corridor. Kooperation von Japan und Indien (ein Gegenprojekt zum chinesischen Seidenstraßenprojekt). Enge Zusammenarbeit mit der African Development Bank. Es geht um maritime Handelsrouten nach Europa und vor allem nach Afrika.

Am 04. und 05. Februar 2019 besucht Bundeskanzlerin Merkel Japan. Es geht um die Themen Internationale Ordnung, Krisenmanagement, Welthandel und Wirtschaftsbeziehungen. Angesichts der Handelspolitik von Trump und der direkten Konfrontation von China und den USA suchen Japan und Deutschland nach Kooperationsmöglichkeiten. Sie versuchen auch, den multilateralen Ansatz zu retten.

Strategische Partnerschaft zur Datensicherheit: Die EU und Japan arbeiten 2019 an einer solchen Partnerschaft zur Datensicherheit. Sie soll beim G20-Treffen in Osaka Ende Juni vorgestellt werden. Es soll Bürgern ein hohes Niveau an Datensicherheit garantieren. Beide wollen weltweit einen Standard setzen. Das Konzept lautet "Data Free Flow and Trust" (DFFT). Es gilt als Gegenmodell zu Chinas freizügigem Umgang mit Daten.

Für einzelne japanische Unternehmen wird der chinesische Markt immer wichtiger. So hält er Toyota 2019 in der Spur. Es gibt einen Verkaufsrückgang in den USA.

Im Juni 2019 findet ein G20-Gipfel in Fukuoka/ Osaka/ Japan statt. Traditionalisten in Japan wollen westlichen Medien die "korrekte" Nennung japanischer Namen vorschreiben. Zunächst treffen sich die Finanzminister und Notenbankchefs. Sie beraten über die Besteuerung globaler Konzerne, insbesondere der Digitalwirtschaft (Internetkonzerne. Die USA wollen verhindern, dass die Unternehmen aus dem Silicon - Valley zu stark getroffen werden. Aus aktuellem Anlass wird auch über die Handels- und Zollpolitik gesprochen.  Später treffen sich noch die Umweltminister, dann die Regierungschefs. Sie kommen am 28.06.19 dazu. Die Präsidenten der USA und Chinas stehen im Mittelpunkt. Sie treffen sich zu mindestens einem Spitzengespräch. Die Strafzölle und Nordkorea sind Schlüsselthemen. China könnte sicher Nordkorea zu einem Atomabkommen zwingen und die USA könnten China beim Handel entgegenkommen. Trump steht unter erheblichem Druck der Sojabohnen-Farmer (Exporte sind im 1. Quartal 2019 um 80% eingebrochen, sind seine Wähler). Die USA und China einigen sich darauf, die Handelsgespräche weiter zu führen (kein Eklat!). Es gibt eine gemeinsame Erklärung zum Klimaschutz (es gibt ihn und er ist unumkehrbar: von 19 Staaten, USA tolerieren; sie haben aber heimliche Verbündete wie die Türkei, Brasilien, Saudi-Arabien und Australien). Auf dem Rückweg trifft Trump kurz Kim in Panmunjom, auf nordkoreanischem Gebiet und damit eine Weltsensation.

G7-Außenministertreffen im November 2023 in Tokio. Die Außenminister beraten auch über die Lage in Fernost. Viele werben für "humanitäre Feuerpausen" im Gaza-Krieg. Gastgeberin ist Yoko Kamikawa. Japan ist in einer schwierigen Position. Es ist abhängig von Energieimporten aus der arabischen Welt.

Nach dem Brexit drängt Japan Großbritannien (GB) zur Aufhebung der Import-Auflagen, die die EU nach Fukushima erlassen hatte. Es geht vor allem um Lebensmittel, insbesondere Fisch und Meeresfrüchte (Kontrollen, Herkunftsnachweise). Im September 2020 schließen Japan und GB ein Handelsabkommen ab. Es ist das erste Abkommen von GB als nicht mehr EU-Mitglied.

RCEP (Regional Comprehensive Economic Partnership): Das Freihandelsabkommen kommt im November 2020 zustande. Es ist die größte Freihandelszone der Welt.  Es hat 2,2 Mrd. Verbraucher. Es umfasst ca. ein Drittel des Welthandels. 15 Staaten machen mit. Es sind die 11 Asean - Staaten (China, Thailand, Laos, Malaysia, Singapur, Kambodscha, Vietnam, Burma, Indonesien, Philippinen, Brunei)  + Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland. Chinas Position verstärkt sich in der Welt: China ist China ist das Zentrum und füllt das Vakuum, das die USA unterlassen. Die USA hatten sich zurückgezogen. Zölle werden gesenkt (Abbau von 90%, innerhalb von 15 Jahren), Investitionen vereinbart, es gibt neue Regelungen für den Handel. Die Dienstleistungen sind mit einbezogen  (auch Online-Handel; aber auch Teile ausgenommen). Landwirtschaftliche Produkte sind nicht einbezogen. Bei gemeinsamen Produktstandards ist man nicht ambitioniert. Indien war aus den Verhandlungen ausgestiegen, weil es fürchtete, von chinesischen Billigwaren überschwemmt zu werden. Man bietet Indien aber noch die Möglichkeit, beizutreten. Die Bedeutung des Abkommens liegt in der  Geopolitik, weniger in der Ökonomie. Es ist bisher eher oberflächlich und zahm. Der chinesische Markt ist sowieso sehr wichtig, das war in der Praxis immer klar. Einige Länder wie Japan, Südkorea, Australien, Neuseeland haben aber durchaus auch an intensivem Handel mit der EU Interesse. Japan und Südkorea ziehen schon einen Tel ihrer Firmen aus China ab. Es profitieren vor allem Länder wie Indonesien, Vietnam, Malaysia. Die Pandemie und RCEP deuten endgültig auf das asiatische Jahrhundert.

Exkurs: Johan Nylander: The Epic Split (September 2020). Nylander ist schwedischer Journalist in Hongkong. Er entwickelt in seinem Buch die These, dass eine Koexistenz zwischen Liberalismus und Autoritarismus nicht endlos möglich ist. Irgendwann muss es zu einem Crash kommen. Vor einem besonderen Balanceakt stehen Staaten, die demokratisch und liberal sind, aber wirtschaftlich auch von China abhängig sind: Südkorea, Japan und Deutschland. Untertitel des Reports: "Made in China" is going out of style.

Deutschland-Japan-Bündnis 2022: Am 29.4.22 reist Bundeskanzler Scholz nach Japan. Er besucht Japan als Bundeskanzler als erstes Land in Asien. Das wird als klare Botschaft an China gesehen. Unter anderem spricht man über das G7-Treffen im Juni 2022 in Bayern/ Deutschland. Auch Premier Fumio Kishida setzt auf starke Partner. Japan hat sich den Sanktionen gegen Russland angeschlossen. Waffenlieferung gibt es allerdings nicht, aber Ausrüstung (Westen, Stahlhelme, Winterkampfbekleidung). Der Premier hofft auf dei Solidarität des Westens, falls China den Status Quo verändert. Scholz spricht von einer "Wertepartnerschaft". Er meint damit eine andere "nachhaltigere", "solidarischere", klügere" Globalisierung. Vgl. Kölner Stadt-Anzeiger 29.4.22, S. 05.

Jahrelang habe ich eine Fallstudie über die Ostasien-Krise durchgeführt, indem auch die gravierende Rolle der Institutionen und der Wirtschaftspolitik untersucht wurde. Grundlage war das Buch "Die große Rezession" (The Return of Depression Economics) von Paul Krugman (Frankfurt/ New York 1999, Taschenbuch 2001). 2009 wurde das Buch im Hinblick auf die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 erweitert und aktualisiert ("Die Neue Weltwirtschaftskrise", Frankfurt/ Campus 2009). Es soll in der Veranstaltung "Internationale Ökonomie" wieder als Fallstudie eingesetzt werden.   "Ich have seen the future, and it won`t work". Ich habe die Zukunft gesehen, und sie wird nicht funktionieren". Der Nobelpreisträger 2008 für Ökonomie Paul Krugman in der New York Times 2009 in seinem Erfahrungsbericht über eine Studienreise durch China, bei der ihm Li Ping eine Lotosblüte überreicht hatte. Das sagt viel über die Arroganz der USA gegenüber China über viele Jahre und vor allem über die Fehlbarkeit der US - Volkswirtschaftslehre (meines Wissens zahlte man Krugman damals noch 15.000$ pro Vortrag?) . 

Zur Transformation in China habe ich auch eine Spezialveranstaltung durchgeführt.

"Im Moment steckt China auf halbem Weg zwischen Markt- und Planwirtschaft....Rund 150000 Firmen sind noch immer in Staatsbesitz", auch:  "Die größte Gefahr besteht nicht darin, dass China die USA überholt, sondern dass China mit den notwendigen Reformen nicht vorankommt, die sein Wachstum sichern", Henry Paulson, ehem. Chef der Investmentbank Goldman Sachs, jetzt US-Finanzminister (er gilt als China-Experte und ist sehr umweltfreundlich: Spende von 100 Mio. $ an Umweltbewegung).

"Alle fragen, wie wird Chinas Zukunft aussehen? Das erinnert an Michelangelo. Der stand vor einem Marmorquader und klärte seine umstehenden Bewunderer auf, dass die Skulptur da schon drin stecke. Er müsse nur das Überflüssige entfernen. So ist es auch mit China", Shi Xiao Lin, Chinesischer Manager, (zitiert nach "Das China-Paradox, Umschlagrückseite).

 

                          Wissen   (markante Zitate)                       

"Man erntet kein Reisfeld, ohne es vorher bestellt zu haben", Gautama Buddha.

"Wissen bedeutet zu wissen, wie man etwas in Frage stellt, selbst wenn man es schon kennt. Wandelndes Wissen bedeutet weiterzulernen, selbst wenn man das Wissen durchlebt hat", Meister Hsing Yun.

"Wird die Welt Chinesisch? Zum ersten Mal entwickelt sich eine Industriegesellschaft, die den Westen um seine wirtschaftliche und kulturelle Vorherrschaft fürchten lässt", DIE ZEIT/ Fischer: Weltmacht China, Frankfurt 2005, S. 88.

"Duell der Giganten, Chinas steiler Aufstieg hat Amerika in einen Schockzustand versetzt. Die beiden Supermächte ringen um Jobs, Märkte, Ressourcen - und um die globale Vorherrschaft. Eine Zeitenwende kündigt sich an: Das Machtmonopol der USA geht zu Ende, beginnt nun das Jahrhundert Chinas", SPIEGEL Special, Die Neue Welt, Hamburg 2005, S. 82.

"Chinas größte Herausforderungen. ...Erstens ist das chinesische Wachstum nicht gleichmäßig verteilt. Wie überall sonst ist auch in China die Wirtschaft von der Geographie geprägt, in diesem Falle von zwei Scheidelinien: Die eine verläuft in Nord-Süd-, die andere in Ost-West-Richtung. ...Eine zweite große Herausforderung ist die Entscheidung darüber, welche Rolle der staatliche Sektor im Hinblick auf Sozialleistungen und Umweltschutz vor dem Hintergrund der Wirtschaftsreformen spielen soll, Sachs, J. D.: Das Ende der Armut, München 2005, S.202ff.

"Angesichts Chinas ...ist der Faktorpreisausgleich für uns Deutsche freilich schwierig, weil der Lohndruck nach unten geht und eine weitere Zunahme der Handelsvorteile nur noch in dem Sinne zu haben ist, dass ein Teil der Lohnbezieher ein kleineres Stück von einem größer werdenden Kuchen erhält. Die Arbeiter sind die Verlierer der Globalisierung", H. -W. Sinn: Die Basarökonomie, Berlin 2005, S. 197.

"..., dass die Geschwindigkeit der Veränderungen in China und Indien auch eine Herausforderung für unsere Gesellschaft und für den Rest der Welt ist, denn dadurch ändert sich sehr nachhaltig das Gefüge der globalen Wirtschaft", EZB-Präsident J. - C. Trichet im SPIEGEL Nr. 52, S. 79 (vgl. Veranstaltungsthema oben).

"Ist der wertmäßige chinesische Zulieferanteil am entstehenden Gesamtprodukt groß, so sinkt der Zollsatz für importierte Komponenten und umgekehrt. Die führt bei einer Erhöhung des Local Content zu einem überproportionalen Rückgang der Zollbelastung", Himmelreich, H./ Hungerbach, J.: Das China-Paradox, München/Wien 2005, S. 233.

"Welche Zahl auch immer man zugrunde legt, die chinesische Gesellschaft ist heute durch einen Abgrund in sehr viel Arme und sehr viele Reiche gespalten, Rudolph, J. - M.: Wenn China über die Welt kommt..., Wiesbaden 2005, S. 129.

"Durch überlegte Währungspolitik erwarb sich China in der Asienkrise regionales Ansehen", Fischer, Doris: China in der Weltwirtschaft, in: Informationen zur politischen Bildung, 4/2005, S. 21.

"Die Beziehung der Wirtschaftsmächte China und Japan ist von jeher spannungsreich und Konflikt beladen. Gemeinsam könnten sie jedoch zu einer Supermacht aufsteigen und das 21. Jahrhundert zum asiatischen Jahrhundert machen", Pilny, K.: Das asiatische Jahrhundert, Frankfurt/ New York 2005, Umschlagrückseite.

"Vor allem wird der WTO-Beitritt eine effizientere chinesische Wirtschaft schaffen und sie auf eine neue Stufe globaler Wettbewerbsfähigkeit heben", Seitz, K.: China eine Weltmacht kehrt zurück, München 2006, 2. Auflage., S. 408.

"Kann eine westliche Freihandelszone den Aufstieg der Asiaten wirklich verhindern? Die Antwort lautet: eindeutig nein. Das wird sie nicht schaffen und das ist auch nicht ihr Ziel. Was sie aber sehr wohl bewirken kann, ist den asiatischen Steigflug zu beeinflussen, seine Richtung so zu verändern, dass sich ihre und unsere Flugbahnen nicht ständig in die Quere kommen", Steingart, G.: Weltkrieg um Wohlstand, München 2006, S. 366.

..."Das sozialistische Eigentumssystem chinesischen Typs funktioniert so: Reißt sich ein Funktionär eine Parzelle unter den Nagel, um darauf einen Golfplatz anzulegen, darf er die Entschädigung für das Kollektiv, dem das Land gehört, nicht mehr in die eigene Tasche stecken. So verhungern die Bauern nicht sofort, sondern erst, wenn sie ihre Entschädigung aufgezehrt haben"..., Die Rheinpfalz, 11.03.2007, S. 1 .

"China denkt viel aktiver als früher über seine Strategie nach, nicht nur regional, sondern auch global. In ihrem Herzen glauben die Chinesen, dass das 21. Jahrhundert das chinesische Jahrhundert ist", Kenneth Lieberthal, University of Michigan (laut Handelsblatt, 28. 12. 07, S. 6).

"Wie die Welt 2030 aussieht, hängt von China ab. Wenn China weiterhin den freien Marktkapitalismus fördert, wird es die Welt zu einem neuen Wohlstandsniveau bringen", Alan Greenspan: Leben für die Wirtschaft, Frankfurt 2007.

"Es ist schon heute nicht übertrieben festzustellen: Chinas "Mutter-Courage-Ökonomie" ist die mächtigste asiatische Eroberungsbewegung, seit Dschingis Khan mit seinen Reiterhorden bis kurz vor Wien gezogen ist", Frank Sieren: Der China Schock, Berlin 2008, S. 37.

"Was mich fast noch mehr berührte: Auch viele junge sahen alt und müde aus. Sie lebten offensichtlich in Wohlstand, aber ihnen fehlte, was ich in China und Indien selbst bei den Ärmsten der Armen oft noch beobachtet hatte - Lebensfreude und Hoffnung," Wieland Wagner: Japan. Abstieg in Würde. Wie ein alterndes Land um seine Zukunft ringt, DVA, München 2018, Vorwort.

"Nie zuvor war unsere Zukunft so sehr mit China verknüpft wie heute. Und das nicht nur im Hinblick auf unsere Arbeitsplätze und unser wirtschaftliches Wohlergehen, sondern auch auf unsere Art zu leben und die Bewahrung des Weltfriedens", Stefan Baron/ Guangyan Yin-Baron: Die Chinesen. Psychogramm einer Weltmacht, Berlin 2018 (3. Auflage, Econ), Text auf der Rückseite des Umschlags.

"Informationen en masse werden ins Land fließen und wieder herausströmen. Mehr und mehr Chinesen werden so erkennen, dass die erfolgreichen Länder der Erde freie politische und wirtschaftliche Systeme besitzen. Daraus dürften Spannungen in einem System entstehen, das weniger frei ist", Donald Rumsfeld im SPIEGEL.

 

       Buchtipps (Populärwissenschaftliche Literatur über Ostasien):

"Ein Buch ist ein Spiegel, wenn ein Affe hineinsieht, so kann kein Apostel herausgucken", Georg Ch. Lichtenberg (1742-1799)

Populärwissenschaftliche Literatur/ (Wirtschaftliche) Fachbücher über China: Warum explodieren die Öl-, Stahl-  und Getreidepreise? Warum steigt die Arbeitslosigkeit? Eine Antwort lautet: Wegen China, sie gibt Wolfgang Hirn in dem Buch "Herausforderung China", Frankfurt (S. Fischer) 2005; ähnlich: Frank Sieren: Der China Code, Berlin (Econ) 2005 (Taschenbuch 2006), seine grundlegende These: "Die Zukunft Deutschlands entscheidet sich im Reich der Mitte, denn die Grenzen des traditionellen westlichen Kapitalismus sind schon erreicht". Ein sehr informatives  Bild des heutigen China, d. h. Gesellschaft, Staat, Partei und Wirtschaft, gibt Jörg - M. Rudolph mit dem Buch "Wenn China über die Welt kommt..., Wiesbaden 2005. Gabor Steingart behandelt in seinem Buch "Weltkrieg um Wohlstand" (München/ Zürich: Piper, 2006) die zukünftige Neuverteilung von Macht und Reichtum in der Welt. Die asiatischen Angreiferstaaten - vorneweg China und Indien - kämpfen mit aggressiven Methoden um Marktanteile. "Der Aufstieg der Angreiferstaaten ist unser Abstieg". Er fordert eine europäisch-amerikanische Freihandelszone als Gegenreaktion. Ulrich Kausch gibt in seinem Buch "China-Pioniere. Unternehmer berichten von ihren Erfolgen im Reich der Mitte" einen Überblick über Erfahrungen deutscher Unternehmen in China. Wer sich intensiv und kompakt über die chinesische Geschichte informieren möchte, sollte das Buch des Sinologen H. Schmidt-Glintzer "Kleine Geschichte Chinas" (München: Beck 2008) lesen. Frank Sieren beschäftigt sich in seinem Buch "Der China Schock" (Berlin 2008) mit der Strategie Chinas, armen Ländern Infrastruktur, Know how und Finanzen zu überlassen, um im Gegenzug Energie und Rohstoffe zu bekommen ("Mutter-Courage-Ökonomie"). Das Buch "Die 101 wichtigsten Fragen - China" (München 2008, Hans van Ess) ist eine sehr kompetente und umfassende Beschreibung der Geschichte, Politik, Wirtschaft, Sprache, Religion, Kultur, Gesellschaft und Ernährung des Landes. Vergleichbar damit ist das Buch von Pohl, K. - H.: China für Anfänger, Freiburg 2008. 2009 ist das Buch von Mark Leonard "Was denkt China?" erschienen (München, dtv). Es geht um China in der Globalisierung und seine Rolle in der Welt. Das strategische Denken des Landes wird gut skizziert.  Im gleichen Jahr erscheint folgendes Buch: John und Doris Naisbitt: Chinas Megatrends. Die 8 Säulen einer neuen Gesellschaft, München. 2010 erscheint ein Buch über Mao´s "Großen Sprung", die Zeit von 1958 bis 1962: Frank Dikötter, Mao´s Great Famine, London. 2012 bringt "Die Zeit" ein Sonderheft zur Geschichte heraus mit dem Titel "Alter Glanz und Neue Macht, China". In einzelnen, abgeschlossenen Artikeln werden die wichtigsten Epochen (auch mit interessanten Bildern) dargestellt. Loretta Napoleoni, China - der bessere Kapitalismus: Was der Westen vom Reich der Mitte lernen kann, 2012. "Angesichts der globalen wirtschaftlichen Entwicklung sollten wir China - und Asien überhaupt - mit Demut betrachten statt mit Überheblichkeit", Focus 24/2012, S.132. 2013 erscheint ein weiteres China-Buch von Frank Sieren mit dem Titel "Geldmacht China" (München: Hanser). Zur Prognose zum Aufstieg des Yuan zur Weltwährung gehört nicht viel. Beim Kredit und der Währungsreserve wird es sicher länger dauern als beim Handel. Ronald Coase/ Ning Wang: Chinas Kapitalismus. Weg ohne Plan und Zukunft? Stuttgart 2013 (Schäffer-Poeschel). Die Autoren zeigen den Aufstieg Chinas in den letzten 35 Jahren. Sie sehen dabei eher "marginale Revolutionen", die das Land dem Markt öffneten. Im Machtmonopol der Regierung sehen sie eine Behinderung des riesigen Wachstumspotentials. In dem Buch "Die Provinz Fujian in der VR China" (Siegfried Englert, Yi Dai, Josef Först; Plöger, Annweiler 2013) wird die Partnerprovinz von Rheinland-Pfalz ausgiebig beschrieben. Sehr informativ ist die Beschreibung der in China vertretenen Religionen. Britta Heinemann ist Olympiasiegerin im Gegenfechten in Peking, ging in Peking zur Schule, studierte Regionalwissenschaften Chinas, spricht fließend Manarin. Heute ist sie Unternehmensberaterin mit Schwerpunkt China. Von ihr stammt das Buch "Willkommen im Reich der Gegensätze. China hautnah" (Köln: Bastei Lübbe, 2014). Das Buch spiegelt vor allem ihre Erlebnisse und Erfahrungen in Peking wider. Dabei zeigt sie viele Facetten Chinas auf. Sie erklärt sozioökonomische und kulturelle Zusammenhänge. Einen tiefen Einblick in des Alltagsleben in China bietet auch das Buch von Angela Köckritz: Wolkenläufer. Geschichten vom Leben in China (München, Droemer Knaur), 2015. Das Projekt "Wolkenläufer" wurde von der Robert Bosch Stiftung im Rahmen des Programms "Grenzgänger China - Deutschland" unterstützt. Es geht um das Schicksal einzelner Menschen. Man erfährt viel über Probleme im heutigen China und die Repression der Regierung. Ende Oktober 2016 erscheint das Buch von Christoph Ransmayr "Cox". Es ist ein farbenprächtiger Roman über einen maßlosen Kaiser in China und einen englischen Uhrmacher, über die Vergänglichkeit und das Geheimnis, dass nur das Erzählen über die Zeit triumphieren kann. Anfang 2018 kommt das Buch von Wolfgang Hirn heraus mit dem Titel "Chinas Bosse. Unsere unbekannten Konkurrenten" (Camus Frankfurt 2018). Er versucht zu beschreiben, wie Chinas Unternehmensbosse ticken. Er spricht von "unbekannten Giganten". Kerry Brown: Die Welt des Xi Jinping. Alles, was man über das neue China wissen muss, S. Fischer, Frankfurt 2018. 2017 ist Xi Jinping Teil der Verfassung geworden - das hat es seit Mao nicht mehr gegeben. Gleichzeit ist China viilleicht das derzeit mächtigste Land der Welt. Seine Industrie untermauert die Weltwirtschaft, sein Militär wächst schneller als das jeder anderen Nation und sein Führer wird die den Ton und den Takt der Weltpolitik für Jahrzehnte vorgeben (Umschlagtext). Stefan Baron/ Guangyan Yin-Baron: Die Chinesen. Psychogramm einer Weltmacht, Berlin 2018 (3. Auflage). Das Buch will einen Einblick geben in das Denken und Fühlen der Chinesen. Es beschäftigt sich aber auch mit ökonomischen und geopolitischen Aspekten. Das Autorenpaar zeigt Risiken und Chancen des Aufstiegs Chinas auf. Die Autoren erhalten 2018 den Deutschen Wirtschaftsbuchpreis (verliehen von Handelsblatt, Frankfurter Buchmesse, Goldman Sachs). Frank Sieren: Zukunft? China! Wie die neue Supermacht unser Leben, unsere Politik, unsere Wirtschaft verändert, München (Penguin) 2018. Kapitel seines Buches sind: 1. China, Russland, Europa. 2. Künstliche Intelligenz. 3. Das neue Auto. 4. Radikale Runderneuerung. 5. Intuitive Innovation. 6. Die neue Seidenstraße. 7. Chinas Nachbarn. 8. Handel China - USA. 9. Afrika. 10. Jahrhundert der globalen Gleichheit. Theo Sommer: China First, München (C. H. Beck) 2019. Der Aufstieg Chinas zur globalen Führungsmacht wird beschrieben. Es wird deutlich gemacht, welche Chancen und Risiken damit verbunden sind. "Das chinesische Jahrhundert hat begonnen. Es kommt darauf an, es zu verstehen und sich zu behaupten" (Klappentext). Peter Frankopan: Die Neuen Seidenstrassen. Gegenwart und Zukunft unserer Welt, Berlin (Rowohlt) 2019. "Einst führten alle Wege nach Rom. Heute führen sie nach Peking" (Umschlagtext). Ein Buch über den Wiederaufstieg Asiens - und den Beginn einer neuen Epoche. Die "Neuen Seidenstrassen" sind das größte Infrastrukturprojekt aller Zeiten. Sie werden zu den Lebensadern der Welt. Kai Strittmatter: Die Neuerfindung der Diktatur. Wie China den digitalen Überwachungsstaat aufbaut und uns damit herausfordert, München 2019 (5, Auflage, Piper). "China marschiert nun selbstbewusst in die Welt, gleichzeitig gewährt sich sein System ein Update mit den Instrumenten des 21. Jahrhunderts: Peking setzt auf Big Data und künstliche Intelligenz wie keine zweite Regierung", siehe Umschlagtext, Rückseite. Kai Strittmatter arbeitet für die Süddeutsche Zeitung in Peking. 2020 erscheint eine Taschenbuchversion, die ein neues Sonderkapitel über Repressionen und Überwachung in China enthält.  Klaus Mühlhan: Making China Modern: From the Great Qing to Xi Jinping, Harvard University Press, 2019: Der Autor beschäftigt sich mit der langfristigen Entwicklung Chinas, seinen Strategien und geht auch auf dei moderne Industriepolitik ein. Karl Waldrich: Erfolgreiches Personalmanagement in China, Springer Gabler 2019 (3. Auflage): Unterschiede zwischen Expatriates und lokalen chinesischen Managern. Führungsstile in China. Verhandlungen mit Chinesen. Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart (Reclam, Taschenbuch) 2019. Das Buch ist aus der Sicht eines Sinologen geschrieben. Es geht aber auch auf viele ökonomische Rahmenbedingungen ein. Es erschien zuerst 2013.  Kai-Fu Lee: AI Super-Powers. China, Silicon Valley und die Neue Weltordnung, Frankfurt/ New York (Campus) 2019. Es geht darum, wie sich in der Welt die Gewichte verschieben. Kai-Fu Lee ist Ex-Google-China-Ceo. Er war auch in leitenden Positionen bei Microsoft, SGI und Apple. Er beschreibt die chinesisch-amerikanische Perspektive. Es prallen Business-Kulturen aufeinander. Er sieht China bald ungebremst an der Weltspitze. Er fordert, dass die Weltmächte gemeinsam Verantwortung für die sich neu formierende Wirtschaft übernehmen. Martin Winter: China 2049 - Wie Europa versagt, München (Süddeutsche Zeitung Edition)2019. "China greift nach der Welt aus. Allumfassend. Pekings chinesischer Weg und sein strategisches Großprojekt Neue Seidenstraße sind mehr als das Ringen mit den USA um Platz eins. Sie sind der Versuch, dem liberalen, westlichen Modell von Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit ein Ende zu bereiten und es durch das chinesische aus Kapitalismus zu ersetzen. Alles was Europa ausmacht gerät damit in Gefahr. Wollen die Europäer nicht untergehen, müssen sie sich gemeinsam dem Kampf der Systeme stellen. Doch Europa ist tief zerstritten und es bleibt nicht mehr viel Zeit", Martin Winter, a. a. O., Buchrückseite Klappentext. Liao Yiwu: Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand. Texte aus der chinesischen Wirklichkeit. Aus dem Chinesischen von Hans-Peter Hoffmann, Frankfurt (S. Fischer) 2019. "Bis heute wirken die Folgen des Massakers vom 4. Juni 1989 am Platz des Himmlischen Friedens in der chinesischen Wirklichkeit nach. Liao Yiwu versammelt dazu bislang unveröffentlichte Texte. Er erzählt von dem Leben seiner Knastbrüder und veröffentlicht erstmals Brief aus dem Gefängnis an seine damalige Frau. " Quelle: Umschlagrückseite.  Der Text enthält auch viele Gedichte.  Wolfgang Hirn: Shenzhen. Die Weltwirtschaft von morgen, Frankfurt/ New York (Campus) 2020. Shenzhen ist die Modellstadt in China, die zur Smart City umgebaut wird. Sie soll die Rolle Hongkongs übernehmen. Sie ist die offenste, reichste und teuerste Stadt Chinas. Bei allen wichtigen Zukunftstechnologien werden hier die Trends gesetzt (Elektromobilität, Gentechnik, Künstliche Intelligenz). Weltunternehmen haben ihren Sitz in der Stadt (Tencent, Foxconn, ZTE, Ping An, Huawei). Clive Hamilton/ Ohlberg, Mareike: Die lautlose Eroberung. Wie China die westlichen Demokratien unterwandert und die Welt neu verordnet, München (DVA) 2020. "Tatsächlich sind die groß angelegte Kampagne zur Unterwanderung der Institutionen in westlichen Staaten und die Versuche, die Eliten dieser Länder an China zu binden, seht viel weiter fortgeschritten, als die Parteiführung selbst erwartet haben dürfte. Die Kommunistische Partei Chinas nutzt gezielt die Schwächen der demokratischen Systeme, um diese zu untergraben". Quelle: siehe oben, Umschlagtext. Viele der Informationen sind Behauptungen, da niemand in den inneren Zirkel der Macht in China vorstoßen kann. Natürlich unterhalten auch andere mächtige Länder solche Strukturen, z. B. die USA (vgl. Ganser, Daniele: Imperium USA, 2020). Robert Rother: Drachenjahre. Wie ich 7 Jahre und 7 Monate im chinesischen Gefängnis überlebte, Hamburg (Edel Books) 2020. Es ist der erste deutsche Augenzeugenbericht eines Häftlings aus chinesischen Gefängnisse. Rother saß im Gefängnis in Dongguan. Er ging 2004 nach China, wo er mit Geschäften Millionen verdiente und in höchste Kreise aufstieg. 2011 kam er ins Gefängnis. 2018 kehrte er nach Deutschland zurück. Rother berichtet von Zwangsarbeit, dem eisernen Stuhl und dem Psycho-Terror im Gefängnis. "Ich fühle mich meinen Freunden gegenüber verpflichtet, die Wahrheit ans Licht zu bringen, so dass keiner mehr behaupten kann, nicht gewusst zu haben, was in chinesischen Haftanstalten los ist", Ders., Umschlagtext. Jung Chang: Die drei Schwestern. Das Leben der Geschwister Soong und Chinas Weg ins 21. Jahrhundert, München (Blessing) 2020. Jung Chang wanderte während der Kulturrevolution aus. Seitdem lebt sie in London. Sie schrieb zahlreiche Weltbestseller (Wilde Schwäne, Mao, Kaiserwitwe Cixi). Ihre Bücher sind in China verboten. Die Geschichte der drei Schwestern der Familie Soong ist in China sehr bekannt:  Eine liebte das Geld, eine liebte die Macht, und eine liebte ihr Land. Es ist ein Epos über Liebe, Intrigen, Verrat und Flucht. Alle drei prägten das China des 20. Jahrhunderts. Insofern ist es eine lebendige Abhandlung über die neuere Geschichte Chinas. Thomas Reichart: Das Feuer des Drachen. Was Chinesen antreibt, wo sie dominieren und warum sie über uns lachen, München (dtv) 2020. Thomas Reichart leitete von 2014 bis 2019 das ZDF-Studio Ostasien in Peking. Er machte zahlreiche Dokumentationen, auch über China. Er beschreibt in dem Buch, wie China seinen Einfluss ausdehnt. Er zeigt, wo die chinesische Technik mittlerweile führend ist und wie chinesische Unternehmen geführt werden. Eindrucksvoll ist seine Schilderung der chinesischen Bildungselite, gegen die unsere Kinder nur schwer bestehen können. Das kann ich aufgrund meiner eigenen Erfahrungen nur bestätigen, wobei noch die ungeheuer große Zahl der ausgebildeten Menschen dazu kommt. Zak Dychtwald: Young China. Wie eine neue Generation ihr Land und die ganze Welt verändert, Berlin (Econ, Ullstein) 2020 (Originalausgabe 2018 New York). Chinas Millennials sind weltoffen, reisefreudig, selbstbewusst und innovativ. Sie haben hautnah erlebt, wie sich ihr Land zur erfolgreichen Wirtschaftsmacht entwickelt hat und das hat sie geprägt. Viele junge Chinesen studieren heute im Ausland und sehen im Westen kein Vorbild mehr. Sie sind stoz auf ihr Land und sehen sich nach Freiheit. Zak Dychtwald ist Globetrotter und Schriftsteller und leitet die Forschungsabteilung des  Thinktank "Young China Group". Johan Nylander: The Epic Split (September 2020). Nylander ist schwedischer Journalist in Hongkong. Er entwickelt in seinem Buch die These, dass eine Koexistenz zwischen Liberalismus und Autoritarismus nicht endlos möglich ist. Irgendwann muss es zu einem Crash kommen. Vor einem besonderen Balanceakt stehen Staaten, die demokratisch und liberal sind, aber wirtschaftlich auch von China abhängig sind: Südkorea, Japan und Deutschland. Untertitel des Reports: "Made in China" is going out of style. Matthias Naß: Drachentanz. Chinas Aufstieg zur Weltmacht und was es für uns bedeutet, München (C. H. Beck, 22. Feb.) 2021. Unter Xi fällt China in die Zeiten der Ein-Mann-Diktatur. Das Ziel von Xi ist Wohlstand im Inneren und Ansehen im Ausland. Er will China zu neuen Glanz verhelfen und zu alter Größe. Schumann, Michael: Die Ewige Supermacht. Eine Chinesische Weltgeschichte, Berlin 2021 (Propyläen, Ullstein). Das Original ist schon 2012 in Englisch erschienen (Superpower Interrupted). Das Buch gibt einen Überblick über die chinesische Geschichte, wie so viele anderen Werke. Es feht die grundlegende Wende seit dem Amtsantritt von Xi Jinping. Sieren, Frank: Shenzhen - Zukunft Made in China, Penguin 2021. Shenzhen wird im Modellcharakter beschrieben. Es geht sehr stark in die Richtung des Buches von Hirn (gleichnamiger Titel, siehe oben). Stefan Aust/ Adrian Geiges: Xi Jinping. Der mächtigste Mann der Welt, München 2021. Aufgrund von Reden, eigenen Interviews, verfügbaren Quellen und seiner Lebensgeschichte sowie von Reportagen in und über China wird der chinesische Staatspräsident und Chef (Generalsekretär) der KPCh dargestellt. Xi Jinping hat eine Machtfülle, wie sie vorher nur Mao hatte. Aust hat Xi selbst mal interviewt, Geiges war Korrespondent des Stern in Peking und ist Sinologe. Der Leser soll sich selbst sein Urteil über Xi Jinping bilden. Das Buch verrät keine Peinlichkeiten oder Affären von Xi. Um so erstaunlicher ist es, dass China auf Konfuzius-Institute an deutschen Universitäten einwirkt und die Besprechung und Diskussion des Buches verhindert. So in Hannover und Duisburg. (Quelle: Bild und FAZ, 29.10.21, S. 5). Desmond Shum: Red Roulette, September 2021 (Simon & Schuster, London, New York, Sydney, Toronto, New Delhi), kurz vor der Veröffentlichung in Deutsch (bisher nur in Englisch, mittlerweile in Deutsch 2022). "An Insider`s Story of Wealth, Power, Corruption, and Vengeance in Today´s China". "Better to speak out and die than keep silent and live", Fan Zhongyan, 989-1052, a. a. O. Das Buch soll ein "Sittengemälde einer hedonistischen Elite" in China sein. Es könnte den Parteiapparat in Bedrängnis bringen. Man versucht, den Autor vor der Veröffentlichung zu erpressen. Seine Frau, die Milliardärin Whitney Duan (beste Verbindung zum Ex-Premier Wen Jiabao) war in China verschwunden. Sie taucht plötzlich auf und soll die Veröffentlichung stoppen. Shum und seine Frau bewegten sich von 2002 bis 2017 in den höchsten Funktionärskreisen. Shum spricht von der Roten Aristokratie, die bevorzugten Zugang zu den lukrativen Monopolen gehabt habe. Einige hätten unter Xi Jinping ihr gesamtes Vermögen an den Staat gespendet, um Straffreiheit zu bekommen. Siehe Böge, Friederike: Sittengemälde eine hedonistischen Elite, in: FAZ 11.09.21, S. 7. Moritz Rudolph: Der Weltgeist als Lachs, Berlin (Matthes & Seitz) 2021. Das Buch ist sicher kein Sachbuch, aber es ist auch unklar, was es ist. Es könnte Satire, Warnung oder Prognose sein. Der Autor selbst sieht sein Werk als "spekulatives  geschichtsphilosophisches Essay". Er will Francis Fukuyamas Werk aus den Angeln heben. China wird als Geburtsort der Zivilisation und des Weltgeistes gesehen, zu der in naher Zukunft der Weltgeist wieder zurückkehrt. Deshalb auch der Titel: Der Lachs wird geboren und kehrt zum Sterben wieder an den selben Ort zurück. Das Buch ist sehr unterhaltsam, interessant und lesenswert. Der Kern der Aussage könnte zutreffen: Die künstliche Intelligenz, in der China führend ist, befreit die Menschheit von Zügeln wie Demokratie, Freiheit und Ähnlichem. Der Krieg wird verschwinden, aber nicht die Herrschaft. Bei Dao: "Das Stadttor geht auf" Eine Jugend in Peking. Aus dem Chinesischen von Wolfgang Kubin, München (Hanser) 2021. Der große chinesische Dichter Bei Dao (geb. 1949) erinnert sich an das Peking seiner Jugend während der Kulturrevolution. 2001 kommt er nach 13 Jahren im Exil in den USA wieder zurück. Er gehört zu den schärfsten Kritikern des Systems in China. Sein Gedicht "Die Antwort" (1976) wurde zur Hymne der Demokratiebewegung. Peking ist für Dao in den Fünfzigerjahren eine dörfliche Stadt. Er schreibt über die Hungersnot von 1950 bis 1962 ("Großer Sprung nach vorn"). Er beschreibt die "Mittelschule Nr. 4" (habe ich mir mal angesehen), die eines der Zentren der Kulturrevolution war. Dao lehrt heute an der chinesischen Universität von Hongkong, wo das Buch 2010 auf Chinesisch erschien. Ai Weiwei: 1000 Jahre Freud und Leid. Erinnerungen, Aus dem Englischen von Norbert Juraschitz und Elke Link, Penguin Verlag, München 2021. Der Regimekritiker und Künstler Ai Weiwei (geb. 1957) erzählt von seiner künstlerischen Entwicklung und vom Leben seines Vaters. Das Werk verdankt sich der politischen Opposition. Die Idee sei ihm in den Verließen der Staatssicherheit gekommen (Isolationshaft). Dort habe schon sein Vater Ai Qing (Schriftsteller, Kopf der "Neuen Lyrik", fast die Hälfte der Biographie) gesessen und sei gedemütigt worden. Er wurde sowohl von Zhou Enlai als auch Mao (war seit 1941 Mitglied der KPCh) als "Rechtsabweichler" stigmatisiert. Unter Mao muss er zur "Besserung durch Arbeit" im Norden Xinjiangs Latrinen putzen. 1993 kehrt Weiwei nach China zurück und verbringt noch drei Jahre mit seinem Vater (stirbt 1996). 2009 schließt die Regierung einen Blog von ihm. Der Auswanderung nach Berlin widmet er kein Kapitel. Am Schluss behauptet er, "China sei dem moralischen Verfall preisgegeben". Geinitz, Christian: Chinas Griff nach dem Westen. Wie sich Peking in unsere Wirtschaft einkauft, München (C. H. Beck) 2022. Der Autor zeigt, wie sich chinesische Investoren in europäische Unternehmen einkaufen. Besonders beliebt sind deutsche Unternehmen. Bis 2049 will China die Industrieländer überholen und in allen Zukunftsbranchen Weltmarktführer werden. Doch die Skepsis im Westen ist groß, weil Peking auch politische Ziele verfolgt.  "Auch der Überlebende muss etwas  vom Wesen des Besiegten in sich aufnehmen und damit selbst einen kleinen Tod sterben, der mit der Zeit immer größer wird, bis auch er verschwindet", aus dem Umschlagtext.  Klaus Mühlhahn/ Julia Haes: Hongkong: Umkämpfte Metropole. Von 1841 bis heute, Freiburg (Herder Verlag) 2022. Sie liefern eine Pekinger Perspektive (widerspenstig, verbissen, aufmüpfig): Das chinesische Vorgehen wird nachvollziehbarer gemacht. Zum einen die Sorge, dass die Proteste auf das Festland hätten übergreifen können. Zum anderen die im Pekinger Machtzirkel fest verinnerlichte Überzeugung, dass die Offenheit Hongkongs von den USA und NGOs genutzt werde, um China zu schwächen. Susan L. Shirk: Overreach, Oxford 2022. Deutsch: zu weit gegangen. Die Asienkennerin versucht den Eindruck zu widerlegen, dass Chinas Auftreten erst in den letzten Jahren aggressiver geworden sei. Sie sieht Anzeichen dafür bereits bei Xis Vorgänger Hu Jintao. Sie sieht heute keine Aussicht, dass sich das Regime ändern könnte. Philipp Mattheis: Die dreckige Seidenstraße. Wie Chinas Wirtschaftspolitik weltweit Staaten und Demokratien untergräbt, München (Goldmann Verlag) 2023. China hat an wirtschaftlichem und politischen Einfluss gewonnen und projiziert seine neue Macht nun nach außen. Wer genauer hinsieht, bemerkt schnell, dass nicht nur chinesische Waren exportiert werden, sondern auch Ideologie und Abhängigkeiten. Die so genannte "Neue Seidenstraße" ist ein schmutziges Projekt. Vor allem in den Staaten des Globalen Südens, in Afrika und Asien baut China seinen Einfluss aus (Ebenda, aus dem Umschlagtext). Das Buch entlarvt die Folgen der chinesischen Wirtschafts- und Geopolitik. Man merkt aber deutlich, dass der Autor Philosoph und Journalist ist. Die ökonomischen Interessen werden zu wenig analysiert. Ebenso wird die Perspektive des großen Wettbewerbers USA vernachlässigt. Frank Dikötter: China nach Mao. Der Aufstieg zur Supermacht, Stuttgart 2023 (Originalausgabe in Englisch 2022). Der Autor schildert den Aufstieg Chinas zu der Supermacht des 21- Jahrhunderts, insofern ist es eine Geschichte des modernen China. Der Autor blickt unter die Oberfläche. Er warnt schonungslos vor der chinesischen Machtpolitik, die innere Schwächen mit einer expansiven Wirtschafts- und aggressiven Außenpolitik überdeckt (vom Umschlag). Die Darstellung ist facettenreich. Der Autor lehrte chinesische Geschichte an Universitäten in London und Hongkong. Sieren, Frank: China to go. Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. 100 innovative Trends und erhellende Einblicke, München (Penguin) 2023. "Ausgefallenes und Alltägliches, Rätselhaftes und Selbstverständliches aus der Mitte einer Gesellschaft, die zwischen autoritärem Sozialismus und technologischer Überschallmodernisierung schwankt, zwischen Dreckschleuder und Trendsetter in Sachen Nachhaltigkeit." Siehe Umschlagtext. Von 1 Der Kopf des Drachen bis 100 "Gemeinsam bachhaltig handeln". Frank Sieren lebt seit 1994 in China. Er arbeitet auch für China.Table, Deutschlands einziges tägliches China-Briefing. Lee, Felix: China, mein Vater und ich, 2023 (Ch. Links Verlag). Lees Familie war beteiligt (zuerst in Wolfburg bei VW), als sich westliche Unternehmen in China ansiedelten. Der Journalist und Buchautor berichtet über die Faszination des Landes, Fort - und Rückschritte. Er beschreibt den "wirtschaftlichen Aufstieg ohne Demokratie".

Wirtschaftliche Sachbücher über Asien bzw. Japan (bei Japan auch andere Bücher wie Novellen und Romane): Das Buch "Das asiatische Jahrhundert. China und Japan auf dem Weg zur neuen Weltmacht" (Frankfurt: Campus, 2005) von Karl Pilny untersucht mit Fakten und geschichtlichen Überlegungen, wie sich Asien und mithin die Welt entwickeln wird.  Der Autor ist davon überzeugt, dass das Zentrum der Weltwirtschaft sich immer stärker nach Asien verlagert, dass jedoch die Spannung zwischen China und Japan die politische Vorherrschaft Asiens verhindert. Das Buch "Neue Wirtschaftspolitik. Was Europa aus Japans Fehlern lernen kann" von Richard A. Werner (München: Vahlen 2007) analysiert die Wirtschaftspolitik der letzten 15 Jahre. Er führt die Fehler insbesondere auf falsche Paradigmen zurück (2003 wurde er vom Weltwirtschaftsforum in Davos als "Global Leader for Tomorrow" ausgewählt). In seinem neuen Buch "Angriff aus Asien", Frankfurt 2007, zeigt Hirn, dass Asien den Westen überflügeln wird und sich eine neue Weltordnung ergibt. 2013 erscheint vom gleichen Autor "Der nächste Kalte Krieg", Berlin (S. Fischer). Wieland Wagner: Japan. Abstieg in Würde. Wie ein alterndes Land um seine Zukunft ringt, DVA, München 2018: Japans Wirtschaft, die lange Zeit als unbesiegbar galt, befindet sich seit Jahrzehnten in einer Abwärtsspirale. Die Stagnation verändert den Alltag und die Gesellschaft in Japan, das sich tief greifenden Reformen verweigert. Was dieses Buch so interessant macht, ist, dass wir in Deutschland viel daraus für uns lernen können. Matthias Messmer/ Hsin-Mei-Chuang: China an seinen Grenzen. Erkundungen am Rande eines Weltreichs, Stuttgart 2019 (Reclam). Die Autoren umrunden die Volksrepublik. Sie versuchen, kulturelle Einflüsse und Eigenheiten zu erkunden. So ist es auch eine Analyse der Politik und Geschichte Chinas. Tiziano Terzani: Asien, mein Leben. Die großen Reportagen, München 2009 (2. Auflage, DVA; herausgegeben von Angela Terzani und Dieter Wild). Obwohl das Buch schon recht alt ist, ist es doch empfehlenswert. Terzani war Spiegel-Reporter in Asien. Das Buch hat Artikel über Vietnam, Laos, Kambodscha, China, Nordkorea, Japan, Hongkong/ Macao, Philippinen, Burma, Indien, Sri Lanka und Nepal. Überwiegend handelt es sich um ehemalige Spiegel-Artikel. Angela war seine Frau, Wild war Leiter des Auslandsressorts des Spiegel. Man merkt den Artikeln die Liebe zu Asien an. Paraq Khanna: The future is Asian, 2020. Der Autor sagt voraus, dass Asien den Westen prägen wird. Die Länder Asiens seien Technokratien (unideologisch) mit dem Vorbild Singapur. Die Bevölkerung hätte ein Grundvertrauen in die Exekutive. Es zählten nur Ergebnisse. Es überwiegt der Pragmatismus. Christine Wunnicke: Nagasaki, ca. 1642, Berlin (Berenberg) 2020 (erstmals 2010 in der Edition Epoca). Es handelt sich um eine Novelle. Was macht der berühmte Krieger in Friedenszeiten? Samurai Seki Keijiro hat sich auf Land zurückgezogen und langweilt sich im Kreise seiner Familie. Doch als er hört, dass ein Schiff der Niederländischen Ostindien-Kompanie erwartet wird, erwacht er zu neuem Leben. Denn da war noch etwas: eine ungeklärte Episode seines Kriegerlebens. Seki heuert als Inspektor der Handelsniederlassung an und bekommt es mit dem jungen Niederländer Abel van Rheenen zu tun, der auf dem Schiff als Dolmetscher reist und die japanische Seele erkunden will. Dany Laferrieres: "Ich bin ein japanischer Schriftsteller", Aus dem Französischen von Beate Thill, Wunderhorn, Heidelberg 2020. 2008 ist der Roman im Original erschienen. Es geht um die Identität. Der Autor macht anhand von Japan eine ästhetische Transformation seiner Existenzkrise. Der Jahrhunderte lang völlig abgeschottete Inselstaat beharrt ja voller Stolz auf seiner "reinen" nationalen Identität. Der Ich-Erzähler liegt am liebsten im Bett oder in der Badewanne. Er entdeckt zufällig das Buch von Yukio Mishina "Der Seemann, der die See verriet". Dann studiert er Basho, den Erneuerer des Haiku im 17. Jahrhundert. Er versetzt sich in eine japanische Welt (eine Frau verführt ihn in der Badewanne und springt anschließend aus dem Fenster). "Ich schreibe über Japan, bin aber nie dort gewesen. Ist das notwendig?". Chisako Wakatake: "Jeder geht für sich allein", Cass Verlag/ Bad Berka 2021. Es ist ein Buch über das Altern, Rückschauen und Trauerjournal. Es sind alle Gefühlslagen vertreten: Kummer, Zorn, Verzweiflung, Rührseligkeit, Ekstase. Das ganze ist eingebettet in den Zyklus der Jahreszeiten mit ihren japanischen Bräuchen. Das Buch schwenkt oft in den Tohuku - Dialekt, was in der Übersetzung schwer rüberzubringen ist. Daniel Hedinger: "Die Achse". Berlin - Rom - Tokio 1919 - 1946. München (Beck) 2021. Der Autor untersucht die Beziehungen zwischen Berlin, Rom, Tokio. Er sieht das japanische Kaiserreich als Vorreiter eines Faschismus mit globalen Ambitionen. Die Entwicklung pendelt zwischen Nachahmung und Konkurrenzgehabe. Vgl. Reichhardt, Sven: Zwischen Nachahmung und Konkurrenzgehabe, in: FAZ Nr. 298, 22.12.21, S. 10. Alexander Görlach: Alarmstufe Rot. Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Pazifik in einen globalen Krieg führt, Hamburg (Hoffmann und Campe) 2022. "Seit Xi jinping an der Macht ist, haben die Aggressionen der Volksrepublik stetig zugenommen. Nach der Gleichschaltung Hongkongs soll nun Taiwan folgen". Görlach beschreibt die aktuelle Politik Chinas im Westpazifik und entwirft Szenarien der nahen Zukunft. Kohei Saito: Systemsturz. Der Sieg der Natur über den Kapitalismus, München (dtv) 2023. Der japanische Philosoph, der an der HU in Berlin promoviert hat, analysiert die Verflechtung von Kapital, Natur und Gesellschaft. Dabei entdeckt er den Gedanken von Karl Marx neu und entwickelt mit seiner Hilfe das Modell für eine gerechte Gesellschaft im Zeitalter des Anthropozän. Das Wirtschaftswachstum der Moderne versprach uns ein Leben im Wohlstand. Jedoch wird durch dei Umwelt- und Klimakrise klar, dass es gerade das Wirtschaftswachstum ist, das die Grundlagen des menschlichen Wohlstands untergräbt. Gleichzeitig hält uns der Glaube, dass der Erfolg im Kampf gegen den Klimawandel davon abhängt, wie viel jeder Einzelne von uns tut, davon ab, einen notwendigen Systemsturz einzuleiten. Wieland Wagner: Das Erbe des Tennos. DVA 2023.  Japan - eine Gesellschaft im Spannungsfeld zwischen althergebrachter Tradition und Fortschrittsgläubigkeit. Keine Institution verkörpert diesen Widerspruch so augenfällig wie das Kaiserhaus und sein Oberhaupt, der Tenno.

Sachbücher über Indien: Olaf Ihlau berichtet in seinem Buch "Weltmacht Indien" ( München 2006) über Indiens Chancen und dem Wettlauf mit dem asiatischen Konkurrenten China. Es werden auch Indiens Probleme aufgezeigt, etwa das Verhältnis zu Pakistan. Zugleich geht es um Auswirkungen auf Europa. Der indische Wirtschaftswissenschaftler Viswanathan Raghunathan erklärt in seinem Buch, warum Indien in seiner Wirtschaftsentwicklung nicht weiter kommt: Games Indians Play, Why we are the way we are, London 2008.

Sachbücher und Literatur über Vietnam: McNamara, Robert S.: Vietnam: Das Trauma einer Weltmacht, Hoffmann und Campe 1996. Er war Verteidigungsminister von 1961 bis 1968. Er zeigt aus persönlicher Sicht, wie die USA sich in Krieg hineinziehen ließ und warum er nicht zu gewinnen war. Greene, Graham: Der stille Amerikaner, dtv 2006. Klassiker der Vietnam-Literatur. Zugleich Liebesgeschichte und politischer Krimi. Ocean Vuong: Auf Erden sind wir kurz grandios, München 2019. Neudefinition der amerikanischen Identität. Brief eines Sohnes an seine vietnamesische Mutter, die ihn nie lesen wird. Baedeker: Vietnam, Ostfildern 2019 (10. Auflage).

Literatur über Südkorea: Die Gesellschaft in Südkorea ist hypermodern und traditionell zugleich. Das führt zu Zerrissenheit im Frauenleben. Die Geschlechterrollen ändern sich kaum. In der Schule haben die Mädchen beim Mittagessen weniger Zeit als die Jungen. Sie werden durch unpraktische Kleidungsvorschriften schikaniert. Es gibt Belästigungen von Frauen. Man beobachtet auch eine Unvereinbarkeit von Kindererziehung und Karriere. Vgl. Liebert, Juliane: Jederfrau außer sich, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 39, 17.2.2021, S. 11. Auch: Cho Nam-Joo: Kim Jioung, geboren 1982, Köln 2021 (K & W; ein Welterfolg, der auch verfilmt wurde). Das Buch löste in Südkorea eine Gleichstellungsdebatte aus. Es geht um sexistische Diskriminierung (sexuelle Belästigung, Benachteiligung bei Bewerbungen). Frauen werden ihr Leben lang in Familie und Beruf benachteiligt und diskriminiert. Die sozialen Strukturen müssten sich ändern. Dietsch, Klaus A.: Südkorea, Berlin (Trescher; 5. Auflage) 2023. Umfassender Reiseführer mit Seoul, Geongju, Busan und Insel Jesu.

Literatur über den Iran: Golineh Atai: Iran. Die Freiheit ist weiblich, Berlin (Rowohlt) 2021 (im Dezember 21, 2022 im Buchhandel). Frau Atai ist das kind zweier Exil-Iraner. Sie ist Journalistin und war ARD-Korrespondentin in Kairo und Moskau. Ihre Grundthese ist, dass das Regime über die Frau die Gesellschaft kontrolliert. auch der Wandel im Iran vollziehe sich über die Frauen. Sie beschreibt den Iran anhand von Einzelschicksalen von Frauen. Dabei steht die Repression des Staates mit ihren Revolutionsgarden im Mittelpunkt. Das Thema Wirtschaft wird auch angerissen: Macht der Stiftungen, die den Klerikern gehören, die damit die großen Unternehmen kontrollieren, Armut der Bevölkerung, Wasserkonflikte an den Grenzen. Es gibt sonst keine aktuellen Bücher über die Wirtschaft im Iran. Der Iran bildet zusammen mit der VR China und Russland eine Gegenachse zum Westen, ökonomisch und militärisch. Andere ökonomische Infos findet man auch in Natalie Amiri: Zwischen den Welten. Von Macht und Ohnmacht im Iran, Berlin (Aufbau) 2021. Beide Autorinnen mit iranischen Wurzeln beschreiben die politische Situation seit 1979, insbesondere die Machterhaltung des Systems durch Repression anhand persönlicher Schicksale. Die Ökonomie spielt nur eine sekundäre Rolle, aber man muss nehmen, was man bekommen kann.   Stefan Loose Team (Priska Seisenbacher, Andres Schörghuber, Tobias Danz): Iran. Travel -Handbücher, 2020. Einer der wenigen und guten Reiseführer über den Iran in Deutsch. Shirin Sanati: Grundwortschatz Persisch, Hamburg 2017 (Buske).

"Los libros hacen libre al que los quiere bien", Vicente Espinel (Bücher machen den frei, der sie gern hat). 

Literatur, die in China oder Japan spielt (oder damit verbunden ist): Von Qiu Xiaolong ist "Rote Ratten" 2007  herausgekommen (der vierte Krimi auf Deutsch von ihm). Der neuste Krimi als Taschenbuch von ihm ist 2009 "Blut und rote Seide". Der aktuellste Krimi ist "Tödliches Wasser" 2010 (Umweltzerstörung und Raubtierkapitalismus). Sehr lesenswert ist auch ein europäischer Krimi, der den Titel "Der Chinese" trägt. Das Buch hat Henning Mankell geschrieben (Wien, Zsolnay-Verlag, 2008). Empfehlenswert ist ebenfalls folgendes Buch: "Allein unter 1,3 Milliarden". Es handelt sich um eine Reisebeschreibung von Shanghai nach Kathmandu. Autor ist Christian Y. Schmidt (Rowohlt, Berlin 2008). Das Buch setzt allerdings eine gute Kenntnis über China voraus. Der Roman "Der Kaiser von China" (Köln: DuMont 2008) von Tilman Rammstedt ist mit seinem Witz und seiner Komik für jeden an China Interessierten Pflicht. Es handelt sich um  eine fiktive Chinareise eines Großvaters mit seinem Enkel, wobei die Briefe aus China realitätsnah sind. Das Buch von Liao Yiwu "Fräulein Hallo und der Bauernkaiser" (Chinas Gesellschaft von unten) enthält Gespräche mit den Unangepassten im modernen China (Frankfurt/ Fischer 2009). Mythen und Riten werden beschrieben. Gesprächspartner sind z. B. ein ehemaliger Rotgardist, eine Falsun-Gong-Anhängerin, Bettler, Straßenmusiker, Prostituierte. Das Buch von Yu Hua Brüder (Frankfurt, Fischer 2012) schildert das Schicksal von zwei Brüdern im chinesischen Aufschwung in Peking. Alle wollen reich werden. Die Brüder handeln mit Müll und Gel zur Brustvergrößerung. Der deutsche Literaturpreisträger Hermann Hesse war zeitlebens fasziniert von China. Im Jahre 2009 ist bei Suhrkamp das Bändchen China-Weisheit des Ostens herausgekommen. Es stellt eine Sammlung der Beschäftigung Hesses mit China dar. Das Buch von Haruki Murakami (bekanntester japanischer Schriftsteller, zahlreiche Literaturpreise) mit dem Titel "Schlaf", das 2009 in Deutsch erschienen ist, ist wieder sehr lesenswert wie alle Bücher des Autors. Das jüngste Werk aus dem Jahre 2013 (in Tokio in Japanisch erschienen) wird sein bislang größter Erfolg. In Deutsch erscheint das Buch 2014 unter dem Titel "Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki" (Köln 2014, Dumont).  Es ist ein monumentaler Roman über Freundschaft, Liebe, Schmerz und Schuld. Um sein verlorenes Leben wieder zurück zu gewinnen, muss ein Mann ohne Leidenschaften in seine Vergangenheit reisen, auf der Suche nach vier Farben, die ihm eine nie verheilende Wunde zufügten (die Farben sind auf dem Umschlag). Murakami hat aber nie den Literaturnobelpreis bekommen. Den erhält 1994 Kenzaburo Oe. Sein bekanntestes Werk ist "Eine persönliche Erfahrung". Er setzt sich mit der Geburt seines Sohnes auseinander (behindert). Oe starb 2023 in Tokio. In seinem neuen Buch von 2013 mit dem Titel "Frösche" (Hanser, München 2013) zeigt der chinesische Nobelpreisträger Mo Yan anhand seiner Heimat Gaomi die dramatischen Folgen der Geburtenpolitik für die Menschen in China auf. Gugu, die Tante des Erzählers, ist die erste westlich geschulte Hebamme in Gaomi und die parteitreue Tochter eines Arztes (am Anfang macht sie sich zum Werkzeug der Partei und unterdrückt ihr Gewissen, später bereut sie). In farbiger Bildersprache wird von den Schicksalen der Frauen und Kinder erzählt. Das Buch ist dem zu empfehlen, der sich intensiv über die chinesische Bevölkerungspolitik informieren will. 2014 erscheint Christof Peters Roman "Herr Yamashiro bevorzugt Kartoffeln" (Luchterhand, München). Es handelt vom deutsch-japanischen Kulturaustausch auf dem Holsteinischen Land. Es geht um Differenzen, Missverständnisse, Klischees und Übersetzungsprobleme: Auf einem verschlafenen Dorf an der Ostsee soll der berühmte japanische Ofensetzer einen traditionellen Anagama-Holzbrandofen errichten. Alles muss streng nach Überlieferung vor sich gehen. 2016 erscheint Christoph Ransmayrs großer Roman "Cox oder Der Lauf der Zeit" (Frankfurt, S. Fischer). Der englische Uhrmacher Alister Cox folgt mit drei Gefährten einer Einladung des Kaisers von China, um in der Verbotenen Stadt nach den Vorstellungen und Träumen eines allmächtigen Gottsmenschen zu bauen. Er soll Uhren erschaffen, die das Verfliegen des menschlichen Lebens anzeigen (unterschiedlich nach Lebensphase und Lebensglück). Der Kaiser fordert ein Uhrwerk, das die Dauer der Ewigkeit messen soll. "In atemberaubenden Bildern beschreibt Christoph Ransmayr das Leben im Schatten eines als Gott verehrten Despoten und beschwört dabei die Hoffnung, dass allein das Erzählen über den Lauf der Zeit triumphieren kann" (Quelle: Umschlagtext). Man kann sehr viel über das chinesische Kaisertum lernen. Auf der Leipziger Buchmesse im März 2017 wird erstmals eine deutsche Übersetzung des chinesischen Werkes "Eine Reise in den Westen" (Autor und Entstehungszeit sind unbekannt).  Dieses Buch gilt als eines der populärsten in China. Die Übersetzerin, Natascha Wodin, die in der Schweiz lebt, bekommt folgerichtig den Preis der Leipziger Buchmesse. Im Jahre 2017 erscheint in Deutschland von Sei Shonagon (966 - 1017/ 25)  Das Kopfkissenbuch. Seine Handlung spielt im Kaiserlichen Japan um 1000. Sie ist Hofdame der Kaiserin. Sie muss miterleben, wie die junge Kaiserin mit nur 24 Jahren ausgebootet wird. Machtkämpfe erschüttern den Hof insgesamt, der sich nicht viel um das Land kümmert. Er stellt eine eigene kleine Welt mit viel Müßiggang dar. Sei schildert ihre Beobachtungen mit viel Scharfsinn sehr interessant. Das gebundene Buch des Manesse - Verlags ist wunderschön gestaltet. Im Jahre 2018 zur Buchmesse in Frankfurt erscheint der Roman "Gott der Barbaren" von Stephan Thome (Suhrkamp Verlag, Berlin). Der Roman schafft es auf die Short - Liste mit sechs Titeln für den deutschen Buchpreis. Das Buch erzählt eine Vorgeschichte unserer krisengeschüttelten Gegenwart: Angeführt von einem christlichen Konvertiten, der sich als Gottes zweiten Sohn fühlt, errichten Rebellen in China einen Gottesstaat. Das Kaiserreich wird mit Terror und Zerstörung überzogen. Ein junger deutscher Missionar, der bei der Modernisierung des riesigen Reiches helfen will, gerät zwischen die Fronten des Krieges.  Christof A. Niedermeier: Tödliches Sushi, Gmeiner-Verlag 2018 (13 €, als E-Book 9,99€). Detektiv Jo Weidinger ist in seinem Hauptberuf Restaurantbesitzer gegenüber von der Loreley. Es wird eine Leiche ohne Kopf gefunden. Er ermittelt mit seinem Freund Kenij auch in Japan und auf einem Kreuzfahrtschiff. Dennis Gastmann: Der vorletzte Samurai. Ein japanisches Abenteuer, Berlin (Rowohlt) 2019, als Taschenbuch. Gemeinsam mit seiner Frau Natsumi, die aus einer alten Samurai-Familie stammt, reist der Verfasser durch Japan. Von den Gipfeln auf Hokkaido bis zu den Vulkanen auf Kyushu. Es ist eine eindringliche Reiseerzählung über "ein Land zwischen Anarchie und Ordnung, Besessenheit und Zen". Hideo Yokoyama: 50, Kriminalroman, Atrium/ Zürich 2020. Der Krimi wurde von Nora Bartels ins Deutsche übersetzt. Er wurde auch als bester japanischer Kriminalroman ausgezeichnet. Der vorbildliche Polizist Soichiro Kaji zeigt sich eines Tages selbst an und gibt an, seine an Alzheimer erkrankte Frau auf ihren Wunsch hin getötet zu haben. Für Kommissar Shiki weist das Geständnis jedoch rätselhafte Lücken auf. Yvonne Adhiambo Owuor: Das Meer der Libellen, 2020: Im Buch geht es um die Globalisierung und die Rolle Chinas in Afrika, insbesondere in Kenia. Auf der Insel Pate vor der kenianischen Küste landete einst die Flotte des chinesischen Eunuchen Zheng He im 15. Jahrhundert. Bei Ausgrabungen auf Pate fand man chinesische Keramik und Kunst. Owuor beschreibt einen Aufbruch in heutiger Zeit nach China. Sie zeigt, wie die Chinesen ihre Fühler nach Kenia ausstrecken und warum sie geschickter vorgehen als die Europäer einst ("Neue Seidenstraße"). China geht extrem historisch bezogen vor: knüpft an die Reise von Zheng He an (wie sie es auch in Venedig machen, Marco Polo). Liu, Cixin: Die drei Sonnen, Sciencefiction, 3 Bände, auch als Hörspiel, in Chinesisch 2008, in Deutsch 2017 (Heyne). Die Geschichte spielt Ende der 1960er Jahre zur Zeit der Kulturevolution. Etwas spezifische Vorstellung von Sciencefiction. Sayaka Murata: "Zeremonie des Lebens". Stories, Berlin 2022 (aus dem Japanischen übersetzt von Ursula Gräfe). Murata wurde 1979 geboren. Sein Bestseller kam 2016 mit "die Ladenhüterin". Er karikiert den familiärem Heiratsdruck und die staatliche Fixierung auf die Fortpflanzung. Manche Erzählungen muten shintoistisch an. Die Erzählung "ausgebrütet" erzählt am Beispiel ihrer Heldin von Fake Love und Verstellung im Ringen nach Anerkennung.

Exkurs. Haruki Murakami: Er ist der bekannteste Schriftsteller Japans. Im Jahre 2021 ist er 72 Jahre alt. Murakami wurde in Kyoto geboren und studierte Theaterwissenschaften in Tokio.  Er lebt heute in den USA. Er hat in Tokio einen Jazzclub namens "Peter Cat" geführt. Darin ist eines seiner bekanntesten Bücher entstanden. Er wird schon seit vielen Jahren (20 Jahre) für den Literatur-Nobelpreis gehandelt. Aus seinen Büchern erfährt man sehr viel über die japanische Kultur (ich habe fast alle gelesen). Sein Hobby ist der Marathon-Lauf. 2021 tritt er auch als Modedesigner an. Er entwirft eine T-Shirt-Kollektion und andere Bekleidungsstücke. 695 € kostet ein Kapuzen - Pulli. Satirisch wird ihm ein T-Shirt-Trauma unterstellt: Vor vielen Jahren ließ sein deutscher Verlag zur Buchmesse T-Shirts drucken mit dem Nobel-Preis. 2021 erscheint der Roman "Erste Person Singular" auf Deutsch. Auch diese Geschichte spielt wieder im Grenzbereich von Realität und Fiktion. 2024 wird der Meister 75 (12. Januar). Er ist immer noch der weltberühmteste Literaturpreis-Kandidat. Pünktlich erscheint der Roman "Die Stadt und ihre ungewisse Mauer". Der Roman hat 640 Seiten und ist wieder von Ursula Gräfe übersetzt. Er hatte schon 1980 eine Urfassung als Erzählung vorgelegt (mit gleichem Titel). Vgl. Düker, Ronald: Das Leben bleibt seltsam, in: Die Zeit 3/ 11.1.24, S. 49. "Life ist strange", Haruki Murakami.

Exkurs: Jüngere Autorinnen in Japan, die viel Erfolg haben: Mieko Kawakami. 2008 erschien ihr Buch "Eier und Brüste". Es wird mittlerweile in deutschen Theatern gespielt. 2017 wird ihr Gespräch mit Murakami berühmt. Banana Yoshimoto. Ihr Debütroman "Kitchen" wurde zum Bestseller. Rin Usami. Sie ist Shooting.-Star und Trägerin des Yukio-Mishima-Preises. Vgl. Enrico Ippolito: Die neuen Murakamis, in: Der Spiegel 26/ 24.6.23, S. 106ff.

"The man who does not read good books has no advantage over the man who can´t read them", Mark Twain.

 

    Autarkie versus Freihandel:

"China ist ein schlafender Drache, lasst ihn schlafen, denn wenn er sich erhebt, erzittert die Welt", Napoleon Bonaparte. (auf Sankt Helena, Aufzeichnungen des Leibarztes. "China - ein schlafender Riese" wird Bismark und Deng Xiaoping zugeschrieben; der deutsche Kaiser Wilhelm II. ("Germans to the Front") sprach in seiner berühmten Hunnenrede von der "Gelben Gefahr". Der rote Drache ist auch das Wappentier von Wales, also auch ein keltisches Symbol). Der Meister Kong sprach: "Nur die Weisesten und die Dümmsten ändern sich nie", Konfuzius, Lunyu 17.3.                                                                           


Marmorboot im Sommerpalast (Yihe Yuan) am Kumning-Seen in Peking.  Es wurde vom Qianlong-Kaiser  errichtet. Die  Kaiserin Cixi ließ den Aufbau errichten.  Sie soll dabei Marinefonds verprasst haben. Dort genoss sie ihren nachmittäglichen Tee. Es gilt auch als eine Anspielung auf den Rat eines Weisen an den Tang-Kaiser Taizong (7. Jh.): Das Wasser, das ein Schiff trägt, bringt es auch zum Kentern (gemeint war das Staatsschiff und das Volk).

Dieses Schiff aus Marmor kann symbolisierten, warum China Jahrhunderte auf sich bezogen war und nicht an der Globalisierung partizipierte. Das Boot soll gebaut worden sein, weil Mittel aus dem Werftenetat abgezweigt wurden.

 Die chinesische Flotte war einst die größte der Welt (Zheng He segelte ab 1405 über die Meere, soll als Erster 1418 Amerika entdeckt haben, segelte bis Ostafrika (Ziel: Wissenserweiterung). Er brachte aber auch viele Güter mit (am berühmtesten Giraffe).  Die Flotte wurde später vernichtet, weil ein anderer Kaiser seine Politik änderte, zu der Zeit als Europa mit seinen großen Entdeckungen begann. China konzentrierte sich für Jahrhunderte auf sich  selbst. Zheng He ist bei den Ming-Gräbern bestattet. Dort findet sich auch eine Beschreibung.

Noch 1793 wurde der Gesandte des britischen Königs Lord George Macartney ohne Handelsverträge zurückgeschickt. Großbritannien erzwang dann den Handel. Aber das Land verlor den Anschluss an die Moderne.

  "China, dessen Entwicklung seit langem stagniert,.... Ein Land, das den Außenhandel vernachlässigt oder gering schätzt,..., kann nicht die gleiche rege Geschäftstätigkeit entfalten, wie sie sonst, unter anderen gesetzlichen und institutionellen Bedingungen, durchaus möglich wäre." (Adam Smith: Der Wohlstand der Nationen, München 1976, S. 82; geschrieben 1776 (Äußerungen zu China gibt es auch bei Rousseau und Kant).

 "Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnten Absatz der Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. ...An die Stelle der alten lokalen und nationalen Selbstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander. ...Die wohlfeilen Preise ihrer Waren sind die schwere Artillerie, mit der sie alle chinesischen Mauern in den Grund schießt", (Der "Rheinland- Pfälzer" Karl Marx, 1818-1883: Das Kapital, im Jahre 1867 erschienen). (Die Universität Trier führt zurzeit ein Forschungsprojekt durch, in dem die chinesischen Eintragungen in den Gästebüchern des Karl-Marx-Hauses analysiert werden. Die ersten Ergebnisse sind sehr interessant). Bei der Wahl der größten Rheinland-Pfälzer 2007 kommt Karl Marx nur auf den 7. Platz. Begraben liegt er auf dem östlichen Teil des Londoner Friedhofs Highgate (der Friedhof ist insgesamt wie das ganze Viertel sehr sehenswert).

Chinesische Mauer 2.0: Die chinesische Regierung strebt nach der Kontrolle in der Digitalwirtschaft. Das gilt auch für den Zugriff auf die Daten. Die Regierung erschwert den Datentransfer ins Ausland. so müssen ausländische firmen immer größere Teile ihrer Aktivitäten nach China verlagern. Das könnte weitreichende Folgen für deutsche Firmen und den Standort Deutschland haben. Das Export orientierte Geschäftsmodell Deutschlands könnte in Gefahr geraten. Viele Großunternehmen aus Deutschland betreiben Forschung in China: BASF, Volkswagen. Hauptinstrument ist das Cyber Security Law (CSL). Die Überwachung erfolgt durch die Cyberspace Administration of China. Vgl. Fischer, Malte/ Petring, Jörn: Chinesische Mauer 2.0, in: WiWo 36, 3.9.21, S. 42f.

"Keine Talsenke ohne Berghang, kein Hingang ohne Wiederkehr", berühmtes Zitat des Kaisers von China vor 300 Jahren.

 

Makroökonomische Daten (Wirtschaft auf der Ebene der Nation) einschließlich Außenwirtschaft und Umwelt (mit speziellen Politikbereichen dazu integriert):

"Der Weg nach draußen führt durch die Tür", Konfuzius (Kongzi, chinesischer Philosoph, Gesellschaftstheoretiker und Staatsmann, 551-479 v. Chr., Konfuzius). Als Wiege des Konfuzianismus gilt die Stadt Qufu in der Provinz Shandong. Je mehr der Konfuzianismus offizielle Staatsdoktrin wurde, desto umfangreicher wurde gebaut. Hier leben die Nachkommen (77 Generationen über einen Zeitraum von 2500 Jahren). Es gibt 466 Hallen, Pavillons und 2000 Gedenksteine. Abgebildet ist ein "torii", ein Portal für die Götter im Shintoismus. Prunkstück ist der große alte Konfuziustempel und das Grab. Konfuzius formulierte Ideen von Harmonie und Ordnung. Bis zur Revolution 1911 war die konfuzianische Lehre Staatsdoktrin. Parteichef Xi Jinping setzte stark auf die traditionelle Kultur mit Konfuzianismus. Ende 2013 besucht er das Konfuzius-Forschungsinstitut in Qufu ("Das Zentralkomitee schätzt den Konfuzianismus und die traditionelle chinesische Kultur hoch." ... Ein Mensch ohne Werte könne nicht bestehen, und ein Land ohne Werte könne nicht aufsteigen). Der Konfuzianismus hat großen Einfluss auch in Japan, Korea, Vietnam und Singapur.

Wichtigstes Element des Konfuzianismus sind die menschlichen Elementarbeziehungen "Vater-Sohn, Herrscher-Untertan, Ehemann-Ehefrau, Älterer Bruder-Jüngerer Bruder, Freund-Freund". Der Konfuzianismus ist keine Religion, sondern eine Morallehre. Im Mittelpunkt stehen die richtigen Verhaltensweisen, Tradition und Respekt. Hinzu kommen die Reziprozität (der Pflichten), der Kollektivgedanke, die Familie und das Lernen. Sekundärtugenden sollen beachtet werden (Höflichkeit, Respekt, Dankbarkeit).

Es gibt auch in China seit Jahrtausenden eine Legende von Flusskarpfen, die über das Drachentor springen... .

Hangzhou, Westsee ("Paradies auf Erden" genannt; war die Hauptstadt der Song-Dynastie; Marco Polo beschrieb sie als die prächtigste Kapitale der Welt, es war seine Lieblingsstadt). Heute ist sie die Kurstadt Chinas mit extrem hohen Immobilienpreisen. Sie gilt auch als Ursprungsort der chinesischen Teekultur. Hier wird der berühmte Drachenbrunnen-Tee angebaut. Die Märzernte (Kaiserernte) wird nicht exportiert (heute für hohe KPC-Funktionäre). "Cha" ist das chinesische Wort für Tee. Im Süden in der Provinz "Fujian", die heute eines der Hauptanbaugebiete ist, sprach man von "Te", woraus die Engländer "Tea" machten. Pagoden auf dem Westsee sind auf der Rückseite des1 Yuan-Scheins dargestellt. Berühmt sind auch die Lotuspflanzen am Westsee. Abends verwandelt sich die Uferpromenade zur Stadtseite hin in einen großen Rentner-Outdoor-Vergnügungspark. In Hangzhou findet Anfang September 2016 ein G20-Gipfel statt, auf dem China und die USA die Beschlüsse des Pariser UN-Klimagipfels von 2015 ratifizieren. Industriebetriebe mit hohen Emissionen werden für die Zeit abgeschaltet.

Diese Stadt und auch Suzhou, das Venedig Chinas, sind wichtige Industriestädte im Süden, was einem durch den Smog kaum entgeht. Suzhou gilt auch als Zentrum der chinesischen Gartenkultur. Berühmt wurde die Stadt auch als Geburtsort der Seidenkultur. Hier befindet sich noch heute die staatliche Seidenmanufaktur Nr. 1. Natürlich sind es auch riesige Städte mit fast 10 Millionen Einwohnern oder mehr. Suzhou war einmal das südliche Ende des Kaiserkanals, der bis nach Beijing geht. Suzhou liegt mitten im klimatisch milden, fruchtbaren Reisanbaugebiet des Yangzi-Deltas, östlich des Tai-Sees und direkt am Kaiserkanal. Es war immer ein Handelszentrum. Die Stadt ist fast so alt wie Rom. Im 18. Jh. war es mit 500.000 Einwohnern eine der größten und reichsten Städte der Welt. Der Ort stand auch immer für Künstler und Gelehrte. Heute hat die Stadt mehr als sechs Millionen Einwohner.

Der Kaiserkanal (Da`yu`n he´) war  eine  wichtige Wasserstraße, die ursprünglich den Zugang zum Meer gewährleistete. Von Hangzhou erreichte man das Meer. Hierüber hielt man Verbindung auch nach Europa.

China:                                     (direkt zu Japan)

Gliederung: Bevölkerung (Bevölkerungspolitik), Bruttoinlandsprodukt, Wirtschaftswachstum (Konjunktur- und Wachstumspolitik), Erwerbstätige/ Arbeitsmarkt (Arbeitsmarktpolitik), Inflationsrate/ Budgetsaldo, Umwelt (Umweltpolitik), Energie/ Rohstoffe (Energiepolitik), Außenwirtschaft (Entwicklungs- und Außenwirtschaftspolitik), Migration (Migrationspolitik).

 

Bevölkerung (Bevölkerungspolitik): Ergebnis der Volkszählung 2021: China hat 2020 1,412 Mrd. Einwohner. 2015 und 2016 hat die VR China 1,37 Mrd. Einwohner (letzte Zählung 2010; der Bevölkerungsforscher Yi Fuxian kommt auf 1,29 Mrd.; danach hätte Indien China überholt: 1,33 Mrd.). Ende 2013 hat China 1,360 (720.000) Mrd. Einwohner. 1,338 Mrd. Ende 2010 (letzte Volkszählung 2010, +6% seit der letzten Volkszählung von 2000), 144,6 je qkm (9.600.000 qkm Fläche). Bevölkerungswachstum 2006: 6,92 Mio. (Prognose 2032  1,5 Mrd.), Lebenserwartung: Frauen 74, Männer 70. Folgen der Ein-Kind-Politik ("Kleine Kaiser") sind eine rapide Überalterung (im Jahre 2025 werden schätzungsweise 200 Mio. Chinesen über 65 Jahre sein; 2050 ca. 30% über 60;  es gibt auch eine große Zahl illegaler Kinder, für die man nach bekannt werden Strafe zahlen muss) und ein Fehlen von Millionen Mädchen (Anteil der Männer 51,5%, soziales Gleichgewicht wird gestört). In keinem anderen Land ist das Geschlechterverhältnis so unausgeglichen . Die Männer strengen sich besonders an, um eine Frau zu finden (Ökonomen sehen hierin einen wichtigen Wachstumsimpuls). Trotzdem liegt die Geburtenrate (Kinder pro Frau) jetzt wieder bei 1,75. Im Westen Chinas an der Grenze zu Tibet darf eine Frau mit mehreren Männern zusammenleben. Wegen der Pflege-Last weichen bereits einige Metropolen (z.B. Guangzhou in Kanton) die Ein-Kind-Regelung auf. Wer ein Mädchen hat, kann immer unter bestimmten Bedingungen noch ein zweites Kind bekommen. Insgesamt ist die Rede von 300 Mio. Abtreibungen zwischen 1979 und 2011. Ca. 950 Mio. Menschen leben auf dem Lande, davon haben nur ungefähr 12% einen Anspruch auf Rente. "China wird schneller alt als es reich wird". Jährlich ziehen 15 bis 20 Mio. Landbewohner neu in die Städte (allein in Peking in den letzten acht Jahren 1,3 Mio.), wo bereits 47% der Chinesen leben (2010). Ende 2013 leben schon 53,2% in Städten. 2025 werden voraussichtlich 57% in Städten leben, 2050 schon voraussichtlich 72% aller Chinesen. Eine Bevölkerungsprognose 2012 kommt zu dem Ergebnis, dass in den nächsten 20 Jahren 300 Mio. Chinesen vom Land in die Städte ziehen. 6% der Bevölkerung leben unter der Armutsgrenze (weniger als 1$ pro Tag). Jeder 5. Mensch der Erde lebt in China. Chongqing ist mit 32 Millionen Einwohnern mittlerweile die grüßte Stadt der Welt. 2010 will China seine umstrittene Ein-Kind-Politik (seit 1979) lockern. Schon ab 2011 soll in ländlichen Pilotregionen ein zweites Kind erlaubt sein (in jedem Falle, wenn das erste Kind ein Mädchen ist). Bis spätestens 2014 sollen überall zwei Kinder erlaubt sein, wenn einer der beiden Eltern ein Einzelkind ist (wird auf dem ZK-Treffen 2013 beschlossen; bisher Ausnahme, wenn beide Eltern Einzelkinder; Hintergrund sind die Probleme der Sozialsysteme). 2015 liegt die Geburtenrate bei nur 1,6 Kindern (Lebenshaltungskosten in den Städten zu hoch). Für die Angehörigen nationaler Minderheiten gibt es keine Beschränkungen. Diese Lockerung der Ein-Kindpolitik löst jedoch keinen Baby-Boom aus (damit passt sich das Land den Industrieländern an). Probleme gibt es mit der Erziehung der "kleinen Kaiser", wie die verwöhnten Einzelkinder genannt werden. Man will sogar zur Abhilfe mit Militärcamps arbeiten. Auf der anderen Seite gibt es 2015 ca. 13 Millionen "schwarze Chinesen", die nie hätten geboren werden dürfen. Das Problem soll gelöst werden, indem eine Anmeldung nachträglich möglich ist. 2013 macht die Regierung ein Gesetz, das junge Chinesen zwingt, alle zwei Monate nach ihren Eltern und Großeltern zu sehen. Sehr viele Chinesen leben mittlerweile als Arbeitskräfte im Ausland: Bekannt sind die Städte in Afrika (Nigeria) und die Arbeitskräfte in Prato/ Toskana und Budapest. 2012 leben in China erstmals mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Die Wanderungen finden aber weiterhin kontrolliert statt (durch das zentrale Haushaltsregistrierungssystem "Hukou"; unkontrollierte Zuwanderer verlieren Rechte). Die Alphabetisierung liegt bei 95% (bei hohem Anspruchsniveau; 1500 Zeichen). Die Überalterung wird China künftig zu schaffen machen: Fast 30% der Bevölkerung werden 2050 65 Jahre und älter sein. Nur noch 10% sind dann unter 15 Jahren. China hat zu lange an der Ein-Kind-Politik festgehalten. 2023 kommt es zu einem Bevölkerungsrückgang. Sie sinkt um 2 Mio. auf 1,14 Mrd. Menschen. Die Anzahl der Neugeborenen geht um -500.000 zurück. Das Reich der Mitte droht alt zu werden, bevor es wirklich wohlhabend geworden ist. Die Geschwindigkeit des Bevölkerungsrückgangs ist im internationalen Vergleich atemberaubend. Die statistische Fertilitätsrate zählt mit etwas über 1,0 zu den niedrigsten der Welt (Deutschland 1,5). Indien ist jetzt das bevölkerungsreichste Land der Erde. Vgl. Kretschmer, Fabian: Schrumpfende Weltmacht, in: Die Rheinpfalz 18.01,24, S. 1.   "Es gibt drei Geschlechter: Männer, Frauen und Frauen mit Doktortitel", chinesisches Sprichwort (einerseits gibt es zu viele Männer und zu wenige Frauen in China; andererseits ist ein Teil der Frauen sehr anspruchsvoll, d.h. keine Liebe ohne Auto und Wohnung). Die südchinesische Provinz Guizhou hat viele ethische Minderheiten. Damit haben auch alte Traditionen überlebt (ein Segen für die Tourismus-Branche). In und um Kaili feiern die Minderheiten viele Feste. Das Lusheng-Fest ist eine der größten der Region und wird in Miao-Dörfern im Februar gefeiert. Mitte März ist das Schwesternmahl-Fest in Taijang (zwei Tage Zeit für Teenager Freundschaften zu schließen oder einen Mann zu finden). 

2020 fand die letzte Volkszählung statt. Sie ist alle 10 Jahre. Vom Mitte August bis November 2010 wurde die Bevölkerung in China davor in einer Volkszählung erfasst. Die letzte war vor 10 Jahren, Stichtag ist der 01.11.10. 6,5 Mio. Volkszähler waren unterwegs in ca. 400 Mio. Haushalten. Die Zählung kostete ca. 75 Mio. €. Besonders interessiert ist man an der Überalterung, der Zahl der Kinder und der Zahl der Wanderarbeiter. Es gibt keine Fragen zu Religion und Einkommen. Trotzdem werden Falschantworten und Verweigerungen erwartet. Die meisten Schwierigkeiten entstehen dabei, die Leute zuhause anzutreffen. Im mehr Chinesinnen bringen ihr Kind in Hongkong zur Welt, um die Bevölkerungspolitik zu umgehen. Die Analphabetenquote liegt noch bei 4,1% (weniger als 1500 Zeichen!). 2011 gibt es ca. 460 Mio. Internetnutzer. Von den 1,3 Mrd. Chinesen sind 2012 190 Mio. über 60 Jahre. 2040 werden ein Drittel der Bevölkerung über 60 sein. Um der Schwächung entgegenzuwirken dient außer der Änderung der Bevölkerungspolitik auch eine Green - Card nach US-Vorbild. Doch noch ist die Vergabepraxis zu streng. 2015 leben in China 20 Mio. mehr Männer unter 30 Jahren als Frauen. Schätzungen zufolge wird der Männerüberschuss 2040 rund 44 Mio. betragen (Folge der Ein-Kind-Politik; Abtreibung weiblicher Föten; Vorschlag: zwei Männer, eine Frau). Ende Oktober 2015 schafft die chinesische Führung die Ein-Kind-Politik ab. Die negativen Folgen waren zu drastisch (Überalterung, Arbeitskräftemangel, Männerüberschuss). Erlaubt sind zwei Kinder. Wegen dieser Regelung kann ein viertes Kind einer chinesischen Familie in Deutschland den Flüchtlings-Status bekommen (Verwaltungsgerichtshof B.-W.). Die Geburtenrate ist 2018 auf den tiefsten Stand seit 1949 gefallen: Sie betrug nur noch 10,94 Babys pro 1000 Einwohner. Seit 2016 sind wieder zwei Kinder je Paar erlaubt.  2020 geht die Geburtenrate noch weiter zurück. Sie sinkt um 18% auf 12 Mio. Das Statistikamt in Peking erklärt dies mit der Corona-Pandemie. Andere Experten nennen auch dei hohen Kosten für Wohnraum, Bildung und Gesundheit. Ende Dezember 2022 hatte das bevölkerungsreichste Land 1,41 Mrd. Einwohner. Das waren 850.000 weniger als ein Jahr davor. Damit schrumpfte die Bevölkerung erstmals seit 1961 wieder. Gegenwärtig sind wieder bis zu drei Kinder pro Familie erlaubt, um das Demographieproblem in den Griff zu bekommen (aber die Frauen wollen nicht mehr). Die Geburtenrate liegt Ende 2022 bei 6,77 Neugeborene pro 1000 Einwohner. Die Sterberate liegt mit 7, 37 deutlich über dem Wert. Quelle: Statistikamt in Peking, 2023. Das hat Folgen für den Arbeitsmarkt und  das Gesundheitssystem.  "In keinem anderen Schwellenland steigt der Anteil der Ruheständler so schnell wie in China". Andererseits: "Die Tage des Wachstums durch willige und billige junge Arbeiter sind gezählt", Wirtschaftswoche, 30/23.07.07, S. 32-34.

Ethnische Gruppen: Die Han verstehen sich als Nachfahren der chinesischen Bauernkultur. Sie machen etwa 90% der Bevölkerung aus. Die restlichen 10 Prozent bestehen aus 56 Minderheiten bzw. anerkannten ethnischen Gruppen (ca. 110 Millionen Menschen). Die Minderheiten haben besondere Rechte (Zahl der Kinder), aber auch Einschränkungen. Die größten ethnischen Nicht-Han-Gruppen sind Uiguren, Mongolen und Tibeter. Kleinere Minderheitenvölker sind z. B. die Yao, die Miao und die Dong. .In den autonomen Regionen Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi leben 97 Mio. Menschen. Im Norden leben die Manschu, die der letzten Dynastie (Qing) den Namen gegeben haben, daher kommt auch der Begriff Mandschurei. Die Einheit des Landes soll mit allen Mitteln gesichert werden (Nationalitätenbegriff ist eng definiert). In der Provinz Yunnan am Lugu-See im Dorf Luoshi gibt es eines der letzten Matriarchate auf der Erde (ein weiteres bekanntes gibt es in Brasilien; ebenso eines in Indonesien). Die Bewohner sind auch Anhänger des tibetischen Buddhismus (Lamaismus). Vgl. Ricardo Coler: Das Paradies ist weiblich, Berlin 2011. "Zhongguoren tai duo!"- "In China gibt es einfach zu viele Menschen"; Alltagsweisheit fast jeden Taxifahrers angesichts der Staus in Peking. Vier heißt auf Chinesisch "si", was mit anderer Betonung ausgesprochen das chinesische Wort für Tod ist. Verständlich, dass man die Zahl überall meidet (z. B. als Hochhausstockwerk). 2020 wird die Ethnische Ausrichtung der chinesischen Regierung gegen Minderheiten deutlich offensiver. Schulkinder sollen nach dem Willen Pekings deutlich früher auf Hochchinesisch (Mandarin) unterrichtet werden. Besonders in der Inneren Mongolei kommt es daraufhin zu Protesten. Die Behörden greifen mit aller Härte durch (Polizei, Schweigegelübde der Eltern, Zurückfahren des bi-linguaren Unterrichts, Schritte gegen Journalisten). Im Februar 2021 wird ein 400 Jahre altes Dorf der Wa Minderheit im Südwesten Chinas durch einen  Brand zerstört (Dorf Laozhai). Von 105 Hütten bleiben nur 4 übrig. Das Dorf liegt 30 km von der Grenze zu Myanmar entfernt. nirgenwo sonst war die Architektur und Kultur der Wa so gut erhalten. Dei meisten Bewohner  lebten schon in einem Ersatzdorf aus Betonhäusern.

Junge Generation (Jugendliche, in China auch "Erdbeergeneration" oder Netzgeneration genannt) in China:  Etwa 400 Mio. Chinesen wurden zwischen 1984 und 2002 geboren. Dies sind die Millennials. Viele sind bereits Teil der globalen Mittelschicht. Chinas Millennials sind weltoffen, reisefreudig, selbstbewusst und innovativ. Sie haben hautnah erlebt, wie sich ihr Land zur erfolgreichen Wirtschaftsmacht entwickelt hat und das hat sie geprägt. Viele junge Chinesen studieren heute im Ausland und sehen im Westen kein Vorbild mehr. Sie sind stolz auf ihr Land und sehnen sich nach Freiheit.  Die "kleinen Kaiser" (Ein-Kind-Generation) stehen in einem harten Wettbewerb um Studienplätze und Jobs. Sie müssen auch bei der Wohnungssuche in Metropolen und auf dem Heiratsmarkt erfolgreich sein. Sie sind Superkonsumenten und leben im Hier und Jetzt. Sie sind Technik affin und stolze Staatsbürger. Sie heißen in China "Erdbeergeneration", weil sie Bitteres nicht essen können. Vgl. Zak Dychtwald: Young China. Wie eine neue Generation ihr Land und die ganze Welt verändert, Berlin (Econ, Ullstein) 2020 (Originalausgabe 2018 New York). Zak Dychtwald ist Globetrotter und Schriftsteller und leitet die Forschungsabteilung des  Thinktank "Young China Group" (auch Founder und CEO). Die drakonischen, ja oft traumatisierenden, Lockdowns haben die Lebensentwürfe vieler junger Menschen auf den Kopf gestellt. Das Gefühl von Ohnmacht und Unsicherheit hält bis heute an, zumal die wirtschaftliche Lage nicht die beste ist.  Im Jahre 2023 befindet sich die Jugendarbeitslosigkeit auf einem historischen Höchststand.

Exkurs: "Flachliegen". Auf chinesischen Millennials lasten hohe Erwartungen - der Eltern, der Arbeitgeber, des Regimes. Und sie? Steigen zu Millionen aus, ziehen sich zurück, leben ihr eigenes Leben. Der Widerstand nennt sich "Flachliegen". Ein Schwerpunkt der Bewegung ist Dali. Dali ist schon öfter zum Ausgangspunkt alternativer Strömungen geworden. Vgl., Yang, Xifan: Revolte im Liegen, in: Die Zeit Nr. 16, 13.4.22, S. 13.

Exkurs. "Radikaler Ausbeuter-Wettbewerb": Das ist die Gegenbewegung zu oben. Die jungen Menschen fühlen sich in extremer Konkurrenz. Sie tun Alles, um einen Arbeitsplatz zu finden. Sie mieten sogar Zimmer an, um unbegrenzt lernen zu können (ähnlich wie Co - Working - Spaces). Die junge Generation hat Angst und sucht verborgene Zuflucht. Sie pendelt zwischen Arbeitslosigkeit, Überqualifizierung und Ausbeutung.

Heiratsmarkt und Frauen: Ökonomische Kriterien haben an Bedeutung gegenüber Liebe und Tradition (Vermittlung der Familie) zugenommen. In einer Bachelor - Thesis wurde auf diesen Wandel eingegangen. Männer haben die besten Chancen eine Frau zu finden, wenn sie eine Wohnung, einen guten Job und ein Auto haben. Durch den demographischen Wandel gibt es einen Männerüberschuss, vor allem auf dem Land. Frauen über 30, die eine hohe Bildung haben, finden auch nicht leicht einen Mann. Sie werden als "übrig gebliebene Frau" (sheng nu) bezeichnet und sind oft einsam. Die Partei attackiert eher Frauen, die ihre Ehe hintanstellen, um Karriere zu machen ("drei Höhen"). Die Probleme von Single-Männern, eine Frau zu finden, beeinflussen Kriminalität, Mobilität und Geburtenrate. Das durchschnittliche Heiratsalter liegt bei Männern bei 27 Jahren, bei Frauen bei 25 (gestiegen, weil es immer mehr Studenten gibt). Sexuell hat sich eine Revolution vollzogen. Frauen gehen nicht mehr als Jungfrau in die Ehe (Jungfräulichkeit war gleich Tugendhaftigkeit) und haben auch außereheliche Beziehungen. In den Städten existiert ein neues Frauenbild. 2020 wurden 8,13 Mio. Ehen geschlossen, 12% weniger als 2019 und 405 weniger als 2013. Vgl. Ankenbrand, Hendrik: Wenn die "roten Gene" kaum weitergegeben werden, in: FAZ Nr. 109, 12. Mai 2021, S. 3. In der Corona-Krise wittert Peking eine feministische Verschwörung. Proteste am Pekinger Liangma-Fluss haben maßgeblich zur Öffnung des Landes beigetragen. Junge Frauen vor allem tragen den Preis für hohe Zivilcourage. Vgl. Fabian Kretschmer, in: Die Rheinpfalz 25.1.23, S. 2.

Dimensionen der Bevölkerung: Die Bevölkerung in China ist doppelt so groß wie die in Europa. Sie ist größer als die in ganz Afrika. China hat mehr als viermal so viele Einwohner wie die USA.

Überalterung: Der demographische Wandel macht den Wirtschaftsplanern große Sorgen. Besonders besorgniserregend ist die geringe Geburtenrate: 2020 12 Mio. Kinder, 18% weniger als 2019 (nur 1961 weniger; 4. Jahr in Folge Rückgang; Geburtenrate 1,3).  Daran hat auch die Lockerung der Ein-Kind-Regel nichts geändert. Die zunehmend urbane Bevölkerung kann sich aufgrund der Immobilien- und Bildungskosten nicht mehr als ein Kind - wenn überhaupt - leisten (es soll bald Fördergelder für Kinder geben). Bald könnten in dem bevölkerungsreichsten Land der Erde auch einmal Arbeitskräfte fehlen, weil die Zahl der Erwerbspersonen sinkt (. So setzt man Hoffnungen auf die Automatisierung und KI. Die demographische Zeitbombe könnte den Aufstieg des Landes behindern. Die Daten der jüngsten Volkszählung von 2020 werden zunächst geheim gehalten, dann im Mai 21 veröffentlicht. Aber ab 2023 (Höhepunkt der Bevölkerung 2022) dürfte die Einwohnerzahl schrumpfen. In den letzten 10 Jahren von 2010 bis 2020 ist die Bevölkerung nur um +5,4% gewachsen (auf 1,412 Mrd.). Jeder fünfte Einwohner (18%) soll über 60 Jahre sein (wahrscheinlich ist die Zahl noch höher, sagen Experten). 2030 soll ihr Anteil auf 30% steigen. Die traditionellen Medien propagieren zunehmend konfuzianische Familienwerte und preisen die Mutterrolle der Frauen. Die Zahl der erlaubten Kinder von 2 soll erhöht werden.  Das Rentenalter (Männer 60.Frauen 55) soll angehoben werden. Eventuell sollen auch die Hürden für Einwanderung gesenkt werden (Ausländeranteil 0,06%). Am 24.05.21 beschloss das Politbüro eine "Optimierung der Geburtenpolitik". Diese solle helfen, die Bevölkerungsstruktur zu verbessern. Die Zwei-Kind-Politik (seit 2015) wird durch eine Drei-Kind-Politik ersetzt. Neben der Beschränkung der Kinderzahl gibt es weitere Gründe für das Schrumpfen der Bevölkerung: hohe Kosten für Wohnen, Ausbildung und Gesundheit. Auch hier müsste man ansetzen. Quelle: Nachrichtenagentur Xinhua. Der staatliche Zensurapparat verhindert eine Diskussion über die moralische Schuld der Ein-Kind-Politik (1980). Nach einer Umfrage können sich 90% keine drei Kinder vorstellen (Ergebnis wurde später gelöscht). Vgl. China lächelt, in: FAZ 15.1022. Im Jahre 2035 wird Prognosen zu folge ein Drittel der Bevölkerung mehr als 60 Jahre alt sein. Nach dem bisherigen Renteneintrittsalter wären sie dann in Ruhestand. Die Corona-Pandemie hat einiges hier noch geändert: Dei Sterberate ist 2023 nach der Abkehr vom strikten "Null-Covid" stark angestiegen. Trotzdem kommen immer mehr Menschen ins Rentenalter und der Anteil der arbeitenden Bevölkerung sinkt.

Männerüberschuss: Der Männerüberschuss dürfte 2021 bei 30 Mio. liegen. 2020 haben nur 8,1 Mio. Paare geheiratet. Das ist der niedrigste Wert seit zwei Jahrzehnten.

Exkurs: Intellektuelle in China: Die Weltordnung ist durch Corona und den Ukraine-Krieg aus den Fugen. Aber diese Wahrnehmung beschränkt sich in der Regel nicht auf Europa. Viel zu wenig ist darüber bekannt, wie Chinas Intellektuelle auf die Welt blicken. Wir können uns eigentlich den Luxus intellektueller Ignoranz im Westen nicht leisten. Dafür ist China zu wichtig. Zwei Aspekte sind vorab wichtig: 1. Asymmetrien des Wissens: China weiß viel mehr über uns als umgekehrt (viele Übersetzungen). 2. Chinesische Theoriebildung muss anders sein: Stimmt nicht. China ist heute durch folgendes Denken philosophisch geprägt: Starker Nationalismus. Sozial-Darwinismus. Materielle Dominanz Chinas als Königsweg. Guanxi in politischen Beziehungen. Neo-Maoismus. Hinwendung nach Innen. Vgl. Leese, Daniel/ Ming, Shi: Und was denkt China, in: Die Zeit Nr. 16/ 13.4.22, S. 53.

Aktuelle Bevölkerungspolitik (2023, 24): China tut alles, um die Geburtenrate anzukurbeln. Das Problem ist mit andern verknüpft: Das Land altert und schrumpft. Es gibt zu viele Rentner in Bezug auf die Erwerbstätigen. Die Männer gehen immer noch mit 60 Jahren in Rente, die Frauen mit 55 Jahren (Büroberufe) und mit 50 (Fabriken). Die Regierung muss das Eintrittsalter erhöhen (2006 haben wir eine gemeinsame Veranstaltung mit der Hochschule der KPCh in Peking durchgeführt, noch mit Übersetzern, weil die hohen Funktionäre nicht Englisch sprachen. Man wollte von Deutschland lernen). Die KP kann die Familien nicht zwingen, mehr Kinder zu bekommen. Die jungen Frauen (nach 2000 geboren) wollen nur noch 1,48 Kinder, in höheren Altersgruppen liegt der Wert etwas höher. Sie wollen keine zwei Kinder. So spielt man mit Anreizen, wie etwa Kindergeld. Vgl. Petring, Jörn: Vier Großeltern, zwei Eltern, ein Kind. Oder? in: WiWo 167 14.4.23, S. 36ff. Die chinesische Regierung versucht, den Trend umzukehren. Kinderkriegen wird zur patriotischen Tugend ausgerufen. Im Fernsehen gibt es verstärkt klassische Mutterrollen. Die traditionellen Familienwerte werden in öffentlichen Bildungskampagnen beworben. Doch darin zeigt sich auch ein paternalistisches Denken der Parteiführung, die glaubt, das Privatleben der Menschen steuern zu können (auch aus dem Konfuzianismus).

"Multipliziert man ein Problem mit der Bevölkerungszahl Chinas, ist es ein sehr großes Problem. Aber wenn man es durch die Bevölkerung Chinas teilt, wird es sehr klein", Wen Jiabao, chinesischer Ministerpräsident 2003 (in Harvard).

Bruttoinlandsprodukt (Wohlstand):  2022 18,10 Billionen US-$. 2021 17,76 Billionen US-$, 2020 14,5 Billionen US-$. 2019 14,2 Billionen US-Dollar (Schätzung; Rang 2 nach den USA: 21,3; nach Kaufkraftparität/ PPP hat China seit 2013 die USA überholt). 2018 13,46 Billionen US-Dollar (Anteil am weltweiten BIP: 18,7%). 2017  12,238 Billionen US-$. 2016 11,20 Billionen US-Dollar. 2015 11,38 Billionen US-Dollar (alternativ: 10,983 je nach Quelle). 2014 10,36 Billionen Dollar. 2013: 9,24 Billionen Dollar. Prognose 2015: 11,285 Billionen US-Dollar. 2020 schon könnte das Land die USA als größte Volkswirtschaft ablösen. 2012: 5,867 Billionen $ (2,287 Bio. €); 2011 7,298 Billionen $, 2010 5,745 Billionen $, 2009 4,9 Billionen $, 2008  2530 Mrd. €, (4,329 Billionen US-$, D: 3,7 Bio. $;  2007  2330 Mrd. €, 2097 Mrd. € 2006, jeweils noch dicht hinter D, 2005: 1840 Mrd. € bzw. 18232 Mrd. Yuan). 2010 wird China vor Japan zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde. 1985 betrug das BIP noch 307 Mrd. $. Ca. 7600 US-$  2010 pro Kopf im Durchschnitt (USA 47132, Japan 41366, D 40679). 2013: 6959 US-Dollar pro Kopf. Prognose für 2015: 8212; tatsächlich werden 7820 US-Dollar je Einwohner erreicht. 2019 liegt der Wert bei 16.700 $ (EU-28 46.600 $; USA 65.300 $). Quelle: IWF, Kaufkraft bereinigt. Aber extrem ungleich: z. B. in Shenzhen bzw. Guangdong und Beijing über 10 000 Yuan Pro-Kopf-Einkommen -verfügbares Einkommen- im Jahr, einige Provinzen liegen unter 7000 Yuan, 10% der Bevölkerung haben 40% der Vermögen, 2008: Stadt 1300 €, Land 400 €-; 29 Mio. haben ein Jahreseinkommen von weniger als 66 € pro Kopf, 200 Mio. Bauern haben weniger als 1$ pro Tag. 150 Mio. Chinesen haben unter 1,25$ pro Tag (Armutsgrenze). Das verfügbare Pro-Kopf-Jahreseinkommen beträgt 2010 1480 €. 2010 werden für die Stadt 200 $ und für das Land 60 $ monatliches Durchschnittseinkommen geschätzt. 2016 beträgt das Pro-Kopf-Einkommen  8100 Dollar. Es soll auf 12.900 Dollar 2027 ansteigen. Über das Elend der Landbevölkerung berichtet folgendes Buch:  Qinglian He: China in der Modernisierungsfalle, Hamburg 2006. Es kursieren auch andere Zahlen über das BIP pro Kopf: 2001$ im Jahre 2006. Für 2008 ergibt sich eine Zahl von 3260$. Dies gilt eher für die Ostprovinzen.  (Deutschland 32.000$, USA 46859$ zum Vergleich). Die Einkommensschere klafft in China immer weiter auseinander: der Zuwachs beim Pro-Kopf-Einkommen des ärmsten Fünftel der Bevölkerung liegt bei 3,4%, beim reichsten Fünftel bei 7,1%. Der Gini - Koeffizient der Einkommensverteilungskonzentration  liegt bei 0,5 (drastisch ungleiche Verteilung, Deutschland bei 0,28, 2011 China 0,46). Ca. 300.000 Menschen leben in absoluter Armut. Die so genannte "Xiaokang Society" (Gesellschaft mit bescheidenem Wohlstand) soll bis 2020 erreicht werden. Zusammensetzung des BIP: 49% Industrie, 40% Dienstleistungen, 11% Landwirtschaft. Anteil des Konsums nur 40% (D: 60%, Japan: 56%, USA: 70%; hohe Sparquote in China bis zu 40%, auch Angstsparen); der Focus soll sich in den nächsten Jahren auf die Binnennachfrage, insbesondere den Konsum, richten (man schätzt, dass es zur Zeit nur 200 Mio. Konsumenten für hochwertige Gebrauchsgüter gibt; seit 2000 ist der Konsum in China um 80% gewachsen). 2008 wird der private Konsum der Landwirte (740 Mio. in China) durch Rabatte angeregt. Die Sparquote soll in den letzten fünf Jahren (2003 - 2007) von 40% auf 51% gestiegen sein. Ursache ist ein noch rudimentäres Sozialsystem. Die chinesische Sparquote hat Rückwirkungen auf die gesamte Weltwirtschaft. Ein Teil dieser Ersparnisse finanziert die Defizite in den Staatshaushalten des Westens. 2017 beträgt die Sparquote 48,4% (sie ist die höchste bekannte Sparquote; zum Vergleich: USA 19,2%; Japan 27%; Deutschland 27,1%; Quelle: Weltbank). 2019 ist die Sparquote auf 40% gesunken; EU-Euro-19 19%, USA 16%. Quelle: Oxford Economics. Der Konsum hat in den letzten Jahren absolut zugenommen, die Konsumquote fiel aber (auch der Anteil am BIP ist seit200 von 46 auf 35% gesunken). 20% der weltweiten Ausgaben für Luxusgüter werden 2012 von Chinesen getätigt. Experten rechnen damit, dass sich der Konsum von 2016 (4,4 Billionen Dollar) auf 9,7 Billionen Dollar 2030 verdoppelt (Quelle: Morgan Stanley). Korrektur des BIP nach oben um 17%, da bei einer Volkszählung Millionen neuer Unternehmen auftauchten. Damit wird China hinter den USA, Japan und D die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt vor Frankreich und GB. 2007 lässt China Deutschland als drittgrößte Wirtschaftsnation hinter sich. Nach der Kaufkraftparitätenmessung der Weltbank und des IWF liegt China schon heute hinter der USA auf dem 2. Platz (Anteil des BIP an der weltweiten Wirtschaftsleistung 13,2% bzw. 10%, wenn die Preissteigerung richtig einbezogen wird; USA 20,9%, Japan 6,9%, D 4,3%) Von 2002 bis 2011 hatte China den höchsten Anteil an Investitionen am Bruttoinlandsprodukt (2012 auf 50% hin, vor allem aufgrund der hohen Bauinvestitionen, genau 48%). Die Konsumausgaben der Chinesen (in Prozent vom Bruttoinlandsprodukt) sinken seit 1991 beständig.  2011 teilt sich die Bruttowertschöpfung wie folgt auf die Sektoren auf: Produktionsbereich 46,6%; Dienstleistungen 43,3%; Landwirtschaft 10,0% (Quelle: Weltbank). 2015 wird der Dienstleistungssektor größter Wirtschaftssektor (wächst 2015 um 12%). Er macht bereits über die Hälfte des BIP aus (51,4%). Das zeigt, wie schnell der Strukturwandel in China vor sich geht. China hat 2016 und 2017 einen Anteil von 15 Prozent an der globalen Wirtschaftsleistung. Kaufkraft bereinigt ist China derzeit die größte, währungsbereingt die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt. Unter der Armutsgrenze leben 2017 noch 68 Mio. Menschen, 2013 waren dies 98 Mio.  "...mit unmäßig hohen Kosten bei unseren Rohstoffen und unserer Umwelt...", Hu Jintao auf dem KPC-Parteitag 2007 zur Wirtschaftsleistung. Wenn es China wirtschaftlich gut geht, hat die ganze Welt etwas davon", Angela Merkel, Bundeskanzlerin. In etwa zu Zeiten von Christi Geburt hatten China und Indien schätzungsweise 70% des Welt-Inlandsprodukts (Schätzung, da es das BIP damals noch nicht gab und auch keine adäquate Messung). Noch um 1850 sollen China und Indien 50% des Welt-BIP ausgemacht haben.

Relativierung des Wohlstands Chinas: Insgesamt hat der ökonomische Aufstieg Chinas viele Schattenseiten: Im Jahre 2018 liegt China noch bei einigen internationalen Wohlstandsindikatoren im Mittelfeld. Beim Pro-Kopf-Einkommen ist das Land auf Platz 74 (von 188 Ländern; 18.000 Dollar kaufkraftbereinigt; USA 62.000$; EU 44.000$). Beim UN-Human-Development-Index liegt man auf Platz 86 (von 189). Bei Korruption ist es Platz 77 (von 180 Ländern). Die Wohlstandslücke zwischen Stadt und Land ist riesig. Es gibt immer mehr Milliardäre im Land. Allerdings hat sich von 1995 bis 2018 das frei verfügbare Einkommen chinesischer Haushalte verzehnfacht. 854 Mio. Chinesen besitzen einen Internetzugang (2019; 61% der Gesamtbevölkerung; USA 90%). 1,2 Mrd. Chinesen besitzen ein Mobiltelefon, davon 748 Mio. ein Smartphone.

2021 ist das 100. Jubiläum der kommunistischen Partei Chinas. Bis Ende 2020 sollte das Einkommen der Chinesen im Vergleich zu vor 10 Jahren verdoppelt werden. aus diesen Gründen wird die Regierung der wirtschaft in der nächsten Zeit besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Es wird zunehmende Stützungsmaßnahmen geben. Wichtig ist auch die Ausgestaltung der Handelspolitik mit den USA.

Wirtschaftswachstum (Konjunktur und Wachstumspolitik):  1990 bricht der Warschauer Pakt zusammen und die Deutsche Einheit kommt. Die Globalisierung der Neuzeit explodiert noch mal. Das Pro-Kopf-BIP ist seit dem um das 30-Fache in China gestiegen (vgl. genauen Wert oben). Es gab die letzten 40 Jahre Rekordwachstum. 2022 ist die Volksrepublik am Wendepunkt. Der Traum vom Aufstieg zur führenden ökonomischen Macht könnte platzen. Bricht das System zusammen, wenn es nicht mehr wächst? Vgl. Mühling, Jens/ Ziesemer, B.: Chinas neue Grenzen, in: Stern 2.2.23, S. 22ff. Im Jahre 2023 beträgt Chinas Wirtschaftswachstum 5,2% (Aufholjagd zum Jahresende; Wachstumsziel der Regierung war 5,0%; Li Qiang sagt 2024 in Davos: keine "massiven Anreize"). 2022 ist die Wirtschaft (BIP) nur um 3% gewachsen (Folge der Null-Covid-Politik, zuletzt so wenig 1976, Statistikamt in Peking). Im Oktober 2022 verschiebt die Regierung die Bekanntgabe der Wirtschaftsdaten. Die Null-Covid-Strategie bremst wohl China aus. Für 2022 wird das niedrigste Wachstumsziel seit Jahrzehnten vorgegeben: 5,5% (Li Keqiang  auf dem Nationalen Volkskongress im März 22, Ukraine, schwache Nachfrage, Lieferketten; auch dieses Minimalziel dürfte noch zu hoch sein; IWF: +4,37%). Die Partei hält noch an dem Ziel fest, bis 2035 das BIP zu verdoppeln.  2021 beträgt das Wirtschaftswachstum 8,1%. Im Jahre 2020 wächst das BIP insgesamt um 2,3% (im letzten Quartal 6,5%; vor allem durch hohe Neuverschuldung; Quelle: NBSC). Damit ist China eines der wenigen Länder, die trotz Corona wachsen. 2021 soll das BIP um mindestens 6% wachsen (Nationaler Volkskongress 2021; IWF +8,1%; China National Bureau of Statistics 8,6%; Regierung 8,4%). Im 1. Quartal 2020 bricht das Wachstum um -6% ein (Corona-Krise). 2019 ist der Zuwachs beim BIP so gering wie seit 30 Jahren nicht mehr (6,1%, Pekinger Statistikamt). Das Wachstumsziel für 2019 wird auf 6,0 bis 6,5% abgesenkt (2. Quartal 2019 6,2%, so gering wie seit 27 Jahren nicht mehr; 3. Quartal 6,0%). Ziel war es ursprünglich, bis 2020 die Wirtschaftsleistung im Vergleich zu 2010 zu verdoppeln. Die KPC ist zu Wachstum verdammt, um den Wohlstand der breiten Masse weiter zu erhöhen. 2018 wuchs die Wirtschaft um rund 6,75%  (immer wieder Revisionen, aber auch Manipulationen, weil unter 6% nicht geht; geringster Anstieg seit 1990). Das ist das niedrigste Wachstum seit 28 Jahren. Im Jahr 2017 wächst die Wirtschaft kräftig und stärker als erwartet mit 6,9% (Konsum macht zwei Drittel aus; Wachstumstreiber ist auch das Militär; Prognose 2018 6,4%). Das Wirtschaftswachstum 2016 liegt bei bei 6,7% (Prognose 2017 auf dem  Nationalen Volkskongress 6,5%). Daten aus dem Ende 2016 zeigen China überraschend robust (Erzeugerpreise, Verbraucherpreise). Im ersten und zweiten Quartal 2016 betrug das Wachstum 6,7% (niedrigster Wert seit 2009; Experten zweifeln diese Zahl noch an). Xu Shaoshi, Chinas oberster Wirtschaftsplaner, rechnete insgesamt für 2016 mit 6,7% Wachstum.  2015 6,9% Wirtschaftswachstum (geringste Wachstum seit 25 Jahren; Halbierung seit 2007; ab 2016 werden für die nächsten fünf Jahre 6,5% bis 7% angestrebt). 2014 7,4% (schwächste Wachstum seit 24 Jahren; Prognose für 2015: 7%, auch auf dem nationalen Volkskongress). 2013 wird ein Wachstum von 7,7% erreicht (Statistikamt, Prognosen: Volkskongress; IWF: 7,75%; Finanzministerium 7%). Die Regierung stellt den Umbau der Wirtschaft über rasches Wachstum. Der Anstieg der Sachinvestitionen hat sich merklich abgekühlt.  7,8%  2012 (schwächster Wert seit 1999)9,2%  2011, 10,3% 2010.  Insgesamt sinkt das Wachstum (Kreditmenge explodiert, große Hoffnung auf den Binnenkonsum).  9,2% 2009 (2010 löst China Japan als zweitgrößte Wirtschaftsnation ab).  2008 (11,4 % bzw. 9,59% revidiert; 2007, 10,7% 2006, nominal 12,6%; Nationale Entwicklungs- und Reformkommission, NDRC, Chef: Ma Kai; Anlageinvestitionen +30%); 10,2% im Jahre 2005 trotz Begrenzung auf 8,0% (vor allem Plus im Dienstleistungsbereich, Exporte: +28,3% und Investitionen: +14%); 10,1% 2004 (2006 von 9,5% nach oben revidiert). Durchschnitt jährliches Wirtschaftswachstum real von 2005 bis 2010 11,2% (geometrisches Mittel).  "Rote Linie" liegt bei 8%, sonst hohe AL, die OECD prognostiziert im März 09 6 bis 7%). Im 2. Quartal 2008 ging das Wachstum schon auf 10,1% zurück, im dritten Quartal auf 9%. Im 1.Quartal 2009 auf 6,1%, im zweiten steigt es wieder um 7,9%, im Dritten sogar auf 8,9%.  Die Industrieproduktion legt im Nov. 09 um 19 Prozent zu, so wie seit zweieinhalb Jahren nicht mehr. Die Exporte schrumpfen (erholen sich durch die Bindung an den schwachen Dollar), die Binnenwirtschaft (Bau, Konsum) zieht an. Die Importe steigen im Nov. 09 um 27%.  Für 2010 werden schon wieder 11% erwartet. China wird zum Hoffnungsträger der Weltkonjunktur, trotzdem hängt zu viel an den US-Verbrauchern. Der Chef der Statistikbehörde Xie Fushan sagte 2007, dass die Provinzregierungen "eine Fülle gefälschter Wirtschaftsdaten " übermittelt hätten, so dass das Wirtschaftswachstum noch rasanter sein dürfte (drei Viertel der 30 Provinzen über 12%). Wahrscheinlich um 2040 wird China die USA als größte Volkswirtschaft der Welt ablösen, Deutschland wird wahrscheinlich 2009 vom dritten Platz verdrängt. Es werden große Anstrengungen unternommen, eine eigene innovative Industrie aufzubauen (Bsp. Life Science Park am Rand von Peking). Ein Großteil des Wachstums (45% des BIP und 70% des Exports) wird von drei Regionen getragen. Der Immobilienmarkt boomt noch stärker als die Wirtschaft insgesamt (Überinvestitionen, hohe Korruption). Die Volkswirtschaft ist relativ ineffizient: für jeden Dollar zusätzliche jährliche Produktionsleistung müssen erst 5,4 $ investiert werden (W. Hutton). China ist der größte Hersteller von Düngemitteln, Edelstahl, Schuhen und Vitaminen. Im Herbst 2008 erwägt China ein milliardenschweres Konjunkturpaket (rund 37 Mrd.). Das niedrigere Wachstum 2012 mit ca. 7,5% ist auch durch ein Umbau der Struktur bedingt (mehr Binnenkonjunktur, weniger Außenhandel). Experten zweifeln noch diese Zahl an. Es stehen 5,5% im Raum. Folgende Indikatoren sprechen für eine Korrektur nach unten: Energieverbrauch, Wachstumsraten in den Provinzen geschönt, Rückgang der Importe, Dienstleistungssektor schlecht erfasst. Es fehlt auch die Transparenz wie das Statistikbüro genau den Wert des Bruttonationaleinkommens ermittelt. Einen großen Anteil haben Schätzungen. Einige Analysehäuser sehen das Wachstum jeweils um bis zu 5% niedriger. Eine völlig unterschätzte Rolle spielen die Lokalregierungen, die gezielt falsche Zahlen liefern. Das Statistikbüro will die Vorgaben der Regierung erfüllen. "Zombie-Fabriken" (nicht ausgelastet, falsche Zahlen) tragen auch dazu bei. Chinas Wirtschaft wächst seit 1978 ohne Unterbrechung. Der Durchschnitt liegt bei fast 10 Prozent.   "Noch nie ist so viel Wohlstand von so vielen Menschen in so kurzer Zeit geschaffen worden", US-Sinologe Roderick MacFarquhar. "Auch die Chinesen können nicht übers Wasser laufen", Christian Schneider, Allianz - Fondsmanager zum Wirtschaftswachstum in China. "Chinas zweistelliges Wachstum ist vorbei", Jörg Wuttke, Vorsitzender der Europäischen Handelskammer in China.

Wachstumseffekte der Digitalisierung: Von 1990 bis 2018 konnte China sein Bruttoinlandsprodukt (BIP) um das 35-Fache steigern. Heute liegt China noch auf platz 2. Nach einer Prognose der Weltbank wird die Digitalisierung das Wirtschaftswachstum beschleunigen. Die etablierten Volkswirtschaften können den Wert ihrer produzierten Güter und Dienstleistungen bis 2030 nur langsam steigern: ISA 24%, Deutschland 17%. China dagegen soll auch dank Automatisierung bis 2030 noch einmal um 85% zulegen. Damit hätte das Land dann die größte Volkswirtschaft der Welt.

Konjunktur- und Wachstumspolitik: China ersetzt nach und nach das außenhandelsgetriebene Wachstumsmodell und richtet seinen Focus auf die wachsende Mittelschicht und Binnenkonjunktur. 2019 könnte China erstmals sogar in diesem Jahrtausend ein Leistungsbilanzdefizit erwirtschaften. Der Handelskrieg mit den USA bremst Chinas Wachstum. Die Unzufriedenheit der Arbeiter soll mit einer Art Konjunkturpaket im Zaume gehalten werden: Steuersenkungen (300 Mrd. Dollar 2019, Schätzung von JP Morgan), lockere Kreditvorgaben, Rabatte für langlebige Gebrauchsgüter (z. B. Kühlschränke). Einzelhandels- und Gastronomieumsätze sind 2019 eingebrochen. Die Steuersenkungen setzen insbesondere bei der Einkommensteuer an. Der Konsum wächst aber nicht schnell genug. Die Wohnungskosten sind massiv gestiegen, so dass den meisten Chinesen nicht viel zum Konsumieren übrig bleibt. Die staatlichen Investitionen stocken, weil Städte und Provinzregierungen massiv verschuldet sind.

Neustart/ Erholung nach der Corona-Krise 2020:  Ende März und April 2020 fährt China die Wirtschaft wieder langsam hoch (Neustart). Ende April haben 70 bis 80 Prozent der Unternehmen nach offiziellen Angaben ihre Arbeit und Wirtschaft wieder hochgefahren (das tatsächliche Geschäftsvolumen dürfte darunter liegen). Die Reiserestriktionen und die Quarantäne-Vorschriften erschweren die Rückkehr in die neue Normalität.  Nach dem riesigen Konjunkturpaket 2008/2009 nach der Finanzkrise hat China einen großen Schuldenberg und Überkapazitäten auf dem Immobilienmarkt und in der öffentlichen. Infrastruktur. So ist der Spielraum jetzt in der neuen Krise geringer und die Regierung hält sich zurück. Die Zinsen werden gesenkt (abhängige Notenbank). Eine Strategie ist schwer erkennbar. Wohhabende Industrie - Regionen preschen voran (Zhejiang, Jiangsu, Shanghai). Die Wahrscheinlichkeit eines zweiten Ausbruchs von Corona ist hoch, solange es keinen Impfstoff gibt. Der Trend zur De - Globalisierung könnte sich beschleunigen, was gefährlich für China wäre (Pandemie, US-Handelspolitik, hohe Lohnkosten). Die Mittelschicht kann nach der Krise gar nicht so viel konsumieren, wie nötig wäre (die Binnenkonjunktur ist insgesamt eingebrochen und braucht Zeit). Es müssen noch strukturelle Reformen kommen (wie schon 1998 in der Südostasienkrise, 2008 in der Finanzkrise). Umweltverschmutzung und Armut müssen weiter reduziert werden; das Gesundheitssystem muss verbessert werden (qualitatives Wachstum). Vgl. auch: Zhu Ning: Die Erholung wird lange brauchen, in: Die Zeit Nr. 17, 16. April 2020, S. 23. Für 2021 rechnet China selbst schon wieder mit einem BIP-Wachstum von über 8 % (gegenüber dem Vorjahr). Premierminister Le Keqiang kündigt auf dem Volkskongress im Mai 2020 (wegen Corona verschoben) einen Plan zur Rettung vor den Folgen von Corona an: 1. zusätzliche Staatsanleihen im Wert von 1 Billion Yuan (128 Mrd. €) sollen neuen Schwung bringen. 2. Zur Finanzierung neuer Infrastrukturmaßnahmen soll zusätzlich der Umfang regional ausgegebener Anleihen auf 3,75 Billionen Yuan erhöht werden (von 2019 2,15). 3. Dadurch wird die Staatsneuverschuldung auf 3,6% (in Bezug auf das BIP) ansteigen. Nach dem Nationalen Statistikbüro ist im Januar und Februar 2020 die Nachfrage nach Konsumgütern um 20,5% eingebrochen, die Industrieproduktion ist um 13,5% zurückgegangen. Im 1.Quartal 2020 ist das BIP in China um -6,8% geschrumpft. Von April bis Juni ist das BIP im Vergleich zum Vorquartal wieder um 11,5% gewachsen. Im Vergleich zum Vorjahr war die Wirtschaftsleistung aber negativ. Der Rückgang im zweiten Quartal hat bei 1,6% gelegen.

Ein Drittel des globalen Wachstums entfiel in den vergangenen zehn Jahren (2009 bis 2019) auf China. Doch es ist zweifelhaft, ob China diesmal Wachstumstreiber sein kann. Noch 2020 will China Anleihen im Volumen von 470 Milliarden Euro begeben, ein Plus von 200 Milliarden gegenüber dem Vorjahr. Weiterhin gibt es ergänzende Maßnahmen: Eine zeitweise Aussetzung der Körperschaftssteuer, reduzierte Sozialabgaben, verlängerte Kreditfristen. Kleinen und mittleren Unternehmen soll besonders geholfen werden: Großbanken wurden angewiesen, die Kreditvergabe an solche Betriebe um 40% zu erhöhen. Regionalbanken sollen 50 Mrd. Euro vergeben. Quelle: Fahrion, Georg: Jeder für sich, in: Der Spiegel Nr. 24, 6.6.20, S. 72ff.

Doch das Volumen des Konjunkturprogramms ist nur ein Drittel des Programms von 2008. Die privaten Konsumenten dürften eher Zurückhaltung üben (Angst vor Job- und Einkommensverlusten, Niveau der Immobilienschulden beflügeln die Sparneigung, Armutsprogramme brauchen Zeit). China steht weiterhin unter starkem Druck der USA. Die Bedeutung des Staatssektors wird steigen. Handelspartner  dürften ihre Lieferketten überprüfen und abspringen. Die Renditen der Staatsanleihen (von  westlichen Ländern) sinken, weil die westlichen Zentralbanken ihre Kredite weiter ausdehnen.  Vgl. Langhammer, Rolf: Sechs Gründe, warum China die Weltwirtschaft (diesmal) nicht retten kann, in: WiWo 31/ 24.7.20, S. 41.

Im Juli 2020 zeigen sich die Ausfuhren deutlich erholt (+9,5% gegenüber dem Vorjahresmonat). Die deutschen Exporte nach China sind noch nicht so gut, anders die deutschen  Importe aus China. Die Risiken sind weiterhin schwer kalkulierbar wegen des Handelsstreits mit den USA. Der Einzelhandel ist noch weit von der Wachstumszone weg. Im August zeigen sich die wichtigsten chinesischen Einkaufsmanagerindizes erholt (NBS Industrial Production, China Caixin Manufact. PMI; Quelle: National Bureau of Statistics of China). Die Kauflaune kommt langsam zurück. Im 2. Quartal 20 wuchs die Wirtschaft um 3,2% (so wenig wie seit 1976 nicht mehr, aber vermutlich mehr als in jedem anderen Land der Welt).  Im 3. Quartal 20 beträgt das Wachstum schon 4,9% (Industrieproduktion legt zu, auch Exporte). Über das ganze Jahr 2020 wächst das BIP um 2,3% (durch Staat, hohe Neuverschuldung; 4 Quartal +6,5%; Quelle: NBSC).

Das Land wird diesmal wohl als Retter der Weltwirtschaft ausfallen. Hauptschuld daran hat der Konflikt mit den USA im Handel. Hinzu kommen Emissionsauflagen und schwächelnder Binnenkonsum. Außerdem ist heute die Verschuldung höher als bei der letzten Krise und der Bedarf an Investitionen in der Infrastruktur ist nicht mehr so riesig. Vgl. Mattheis, Philipp: Wettet nicht auf China, in: Capital 09/2020, S. 68ff. Nicht nur in den USA hat ein Umdenken eingesetzt (Hongkong, Xinjiang, Taiwan-Politik, Subventionen der Staatsunternehmen, aggressives Auftreten beim Technologietransfer).

China ändert trotzdem seine Prioritäten nach der Corona-Krise: Es werden Projekte weitergeführt, die man eigentlich stoppen wollte. So den Bau vieler Kohle-Kraftwerke und anderer Infrastrukturprojekte, die vorher als nicht notwendig erachtet wurden. In der Baubranche, die relativ arbeitsintensiv ist, sollen Arbeitsplätze gebunden werden (das nützt auch Baumaschinenfirmen, auch der Zement- und Stahlproduktion). Es wird der Verdacht genährt, dass nicht benötigte Projekte umgesetzt werden. Arbeitsplätze haben absoluten Vorrang. China hat vor der UN im September 2020 noch das Umweltziel CO2-Neutralität bis spätestens 2060 ausgegeben. Das ist noch lange hin. Bei ca. 20 Bauprojekten verzichtet man auf eine Umweltverträglichkeitsprüfung. Quelle: Denkfabrik Crea, Peking (USA - nah!).

Binnenkonsum:  Die KPCh verstärkt die Strategie des Binnenkonsums. Doch 2022 bricht er aufgrund flächendeckender Lockdowns massiv ein. Es trifft die Megastädte und Wirtschaftszentren Shenzhen und Shanghai. Die Chinesen konsumieren zu wenig. Die Exporte können auf der anderen Seite erheblich ausgeweitet werden (+15% im 1. Quartal im Vergleich zum Vorjahr; der Import ging leicht zurück). Das Wachstumsziel von 5,5% für 2022 wird nicht erreicht werden können. Lange konnte Xi Jinping als Architekt der Null-Covid-Strategie profitieren. Doch jetzt wird die Strategie immer mehr zur Belastung. Es gibt Isolation in großen Lagern, Arbeiter übernachten im Werk, Häfen müssen ganz gesperrt werden, Drohen überwachen Wohnviertel. Die Wirtschaft wirkt fragil. Vgl. auch Petring, Jörn: Wahnsinn ohne Ende, in: WiWo Nr. 17/ 22.4.22, S. 37.

Schwierigkeiten im "großen Wiederaufstieg der Nation" (Propaganda): Das Wirtschaftswachstum verlangsamt sich 2022 aus vier Gründen: 1. Die Wirtschaftspolitik ist nach links gerückt (Kontrolle der Tech - Firmen, Schaden für Privat-Sektor). 2. Die Lockdowns zerstören heimische und globale Lieferketten Handelspartner diversifizieren. 3. Der Konsum geht zurück, den das Land dringend braucht. Der Binnenkonsum ist wichtiger Ausgleich (s. o.). 4. Die Preise gehen rasant nach oben. Dies auch in Folge des Ukraine-Krieges. 5. Der Bausektor schwächelt. Er trägt fast ein Viertel zum BIP bei.

Hemmnisse für das Wachstum: 1. Mangelnde Produktivität (keine gut funktionierenden Institutionen, kein gutes Investitionsklima, zu wenig Kreativität). 2. Exportbeschränkungen der USA, vor allem bei Halbleitern. 3. Null-Covid-Strategie der KPCh, verbunden mit Lockdowns. 4. Kontrolle der großen Tech-Konzerne.  5. Rückgang des Binnenkonsums (auch durch Inflation). 6. Krisenbereiche (Immobilien, Bau). Vgl. George Magnus: Rote Flaggen - Warum Xis China in Gefahr ist, 2022 (auch sein Interview im Spiegel 49/ 3.12.22, S. 18f.

Grundsätze für die wirtschaftliche Entwicklung: Beim so genannten dritten Plenum legt Chinas Parteispitze traditionell im Oktober oder Anfang Dezember die Grundsätze für die wirtschaftliche Entwicklung fest. Doch im Dezember 23 gibt es immer noch keinen Termin. Das Treffen hat eine große Tradition. Zuerst verkündete Deng Xiaoping 1978 seine Reform- und Öffnungspolitik. Experten sind sich uneins über den fehlenden Termin: Dissens in der Parteiführung oder zu große Machtfülle von Xi. Die fehlenden Leitlinien verunsichern allerdings Investoren. Vgl. HB 19.12.23, S. 13.

Exkurs. Wachstum der chinesischen Wirtschaft: 2023 wuchs das BIP nach offiziellen Angaben um 5,2%. Der Grund dafür waren allerdings auch Basiseffekte. 2022 standen weite Teile Chinas noch unter Corona - Lockdown, bei vielen Firmen stand der Betrieb still. Mache Experten glauben auch, dass die Zahlen geschönt sind (vgl. meinen Artikel über die Statistik in China auf der Seite "method"). Auf dem Nationalen Volkskongress im März 2024 gibt Premierminister Li Qiang wieder "rund 5%" als Wachstumsziel für das aktuelle Jahr an. Auf substantielle Konjunkturspritzen will man verzichten. Das Haushaltsdefizit soll gemäß den Planungen bei 3% liegen. Um die Investitionen anzukurbeln, will Peking eine weitere Anleihe mit einem Volumen von 137 Milliarden Dollar begeben. Die Transfers an die hoch verschuldeten Lokalregierungen sollen geringfügig gesteigert werden. Die schwache chinesische Währung Reminbi engt den Spielraum der chinesischen Zentralbank für Zinssenkungen ein. Das neue Wachstumsziel liegt deutlich über dem prognostizierten Wert des IWF (3-4%). Im Zuge der geopolitischen Spannungen dürfte der Exportsektor kaum für Wachstumsimpulse sorgen. Die Anleger (Hang-Seng, Shanghai) zeigen sich enttäuscht von Lis Vortrag. Nach Ansicht von Xi, der alles in der Hand hat, befindet sich die Wirtschaft in einer "mehrjährigen schmerzhaften Umbauphase". Xi strebt eine "Entwicklung mit hoher Qualität" an (ohne Spekulationen, Schulden, und Überinvestition). Davon geht aber kein Produktivitätsschub aus. Das Verteidigungsbudget wird um 7,2% angehoben. Li ging nicht auf die nationale Sicherheit und Taiwan ein. Vgl. NZZ, 6. März 2024, S. 1. Xi verweigert ein Konjunkturprogramm. Chinas Volkskongress geht ohne Wachstumsimpulse zu Ende. Er will sogar Maßnahmen drosseln, etwa Investitionen in Infrastruktur und Immobilien. Das soll eine Abkehr vom "fiktiven Wachstum" sein. China müsse einen "langen Atem beweisen". Beim Militär fordert Xi eine "neue Qualität der Kampfkraft". Vgl. Gusbeth, Sabine: Xi Jinpings "bittere Medizin" für China, in: HB 12.3.24, S. 6f.

Neues Wachstumsmodell für China: Heute geht es für die Zukunft um einen Strukturwandel, wo die riesigen , aber zunehmend unproduktiven Investitionen, durch produktivere ersetzt werden und damit durch Produkte und Produktionsprozesse mit hoher Wertschöpfung. Es gibt aber kurzfristig kaum ausreichende hochproduktive Alternativen. Der Hightech-Sektor macht maximal 10% des BIP aus. Die Konsumquote, der Anteil der privaten Haushalte am BIP, muss also größer werden. Das erfordert aber eine stärkere Umverteilung der Einkommen, eine  stärkere Beteiligung der privaten Haushalte an der Wirtschaftsleistung. Der Anteil der Löhne am BIP müsste höher werden, der Einkommens - Anteil der Unternehmen müsste geringer werden. Hier sind insbesondere die Staatsunternehmen und die öffentlichen Verwaltungen zu erwähnen. Eine höhere Konsumquote setzt einen Rückgang der Sparquote voraus, die in China - wie auch in anderen asiatischen Ländern - traditionell hoch ist. Sie muss auch hoch sein für Wohnungen, Alter , Krankheit, Arbeitslosigkeit und Kinder. Böte der Staat höhere Renten und Sozialleistungen an, würde erst die Sparquote sinken. Andere Experten sehen durch neuere Beschränkungen im privaten Bereich einen großen Vertrauensverlust gegenüber der Politik. Unter Xi wurden zahlreiche drastische Regulationen etwa im IT - Sektor und direkte Passkontrolle weit in den Privatsektor vorgenommen. Hinzu kamen die Covid - Einschränkungen. Vertrauen ist autoritär kaum steuerbar.  Einigen in der KPCh dürfte diese Problemlage klar sein. China braucht ein neues Wachstumsmodell. Der Erfolg von Deng in der Aufbauphase basierte einst auf der großen Lernfähigkeit und dem Pragmatismus der Partei. Das scheint sich heute geändert zu haben. Es wird wohl zu einer dauerhaften Wachstumsverlangsamung in China kommen. Darauf muss sich die Weltwirtschaft einstellen. Ob China selbst ohne eine prosperierende Wirtschaft auskommt, wird sich noch erweisen. Vielleicht hat Xi zu hoch gepokert.   Vgl. auch Hotz-Hart, Beat: China braucht ein neues Wachstumsmodell, in: NZZ, 28.2.24, S. 16 (der Autor ist Professor für VWL an der Uni Zürich).Anfang 2024 versucht China, Industriegüter im Überfluss zu produzieren und auf dem Weltmarkt loszuwerden. Das bedeutet harte Konkurrenz. Neue Handelskonflikte drohen. Bei Investitionen muss man sich immer mehr zurückhalten. China hat ein Schuldenproblem. Vgl. Fahrion, Georg/ Giesen, Christoph: Die Welt ist nicht genug, in: Der Spiegel 10/ 2.3.24, S. 58ff.

Erwerbstätige/ Arbeitsmarkt/ Löhne (Arbeitsmarktpolitik): in den Städten: 120 Mio., auf dem Land: 488 Mio. (750 Mio. Menschen sind Landbewohner), 49,1% in der Landwirtschaft (2003), Jahresdurchschnittslöhne in chinesischen Unternehmen: 1405 €, Arbeitslosigkeit 2010 4,5%, 2009 4,3% . 2007 4% in den Städten (sind nur in der Statistik, 2005 4,2% , 4,2% auch 2004, 4,3%  2003; insgesamt dürfte die Arbeitslosenquote bei ca. 12% liegen). Es gibt ca. 150 Mio. (manche Schätzungen gehen bis 200 Mio., Prognosen gehen bis 300 Mio.) Wanderarbeiter und Industrienomaden. Es gilt immer noch mit örtlichen Varianten das Hukou - System (Haushaltsregistrierung), mit großen Nachteilen für die Zugezogenen. Nur registrierte Städter haben Anspruch auf Rente und medizinische Versorgung. Probleme bereitet das Hukou-System bei der Krankenversicherung. Durch dieses System kann aber die Zuwanderung in die Städte kontrolliert werden. Trotzdem steigt die Urbanisierung, die auch der größte Treiber der Arbeitsproduktivität ist (Zuwanderer kommen aus der Landwirtschaft!). Insgesamt werden auch sehr viele Zeitverträge vergeben. Pro Jahr wechseln ca. 1% der Erwerbstätigen von der Landwirtschaft in die Industrie und den Dienstleistungssektor. Die Mobilität der Arbeitskräfte hat maßgeblichen Anteil am gesamtwirtschaftlichen Wachstum. In den boomenden Küstenregionen fehlen Arbeitskräfte (z. B. konnten in Guandong 500.000 Arbeitsplätze nicht besetzt werden, die Mindestlöhne sollen hier diesen Sommer um 17 bis 42% steigen; diese Provinz sorgt für ein 1/3 aller Exporte). Die Löhne steigen relativ stark: 2004 insgesamt um 3%, 2005  7%, 2006  12%, 2007  20%. Insgesamt betrachtet ist das Arbeitskräfte-Potential aber noch unausgelastet, aber dies geht allmählich zur Neige (nur noch 50 Mio. Menschen auf dem Lande nicht in Arbeit). 2012 sinkt erstmals die Zahl der Erwerbspersonen (um 3,45 Mio.) . Sie beträgt noch 938 Mio.   Rund 100.000 Chinesen sind seit den neunziger Jahren in alle Ecken Afrikas gezogen und arbeiten dort (Nigeria, Libyen, Sudan u. a.). Seit 2007 gilt ein neues Arbeitsgesetz. Das jährliche Durchschnittseinkommen lag bei chinesischen Arbeitern und Angestellten 2005 bei 2098€ (21.000 Yuan) pro Jahr. Die Bauern kommen im Schnitt nur auf 537 € pro Jahr (4700 Yuan). Außerdem verloren in den vergangenen Jahren 40 Mio. Bauern ihr Land, weil die Dorfbehörden es in Industriezonen umwandelten. China will nicht länger die Billigfabrik der Welt sein: die Arbeitsproduktivität wächst um durchschnittlich 10% p. a.. Die chinesischen Taxifahrer stellen eine wichtige Beschäftigtengruppe dar, die mit den KP-Funktionären verbunden ist, die die Lizenzen ausstellen. Häufig werden sie subventioniert, um Unruhen zu vermeiden. Ab 2021 gibt es immer weniger Wanderarbeiter. Man findet nicht mehr genug Arbeiter für die Produktion. Das zeit sich besonders bei Foxconn in Zhengzhou/ Zentralchina. Dort ist mit 250.000 Mitarbeitern dei größte Smartphone-Fabrik der Welt. 2021 verzeichnete das chinesische Statistikbüro 2,5 Mio. Wanderarbeiter weniger als ein Jahr zuvor. Apple lässt jetzt mehr in Indien fertigen (südindischen Karnataka). Man verlagert auch Produktion nach Vietnam. Das Zeitalter der Wanderarbeiter könnte dem Ende entgegengehen., Vgl. Sieren, Frank: China to go, München 2023, S. 49ff.

Exkurs: Arbeitsmoral in China. Chinesen arbeiten sehr viel. Sie haben nur zwischen 5 und 15 Tage Urlaub pro Jahr. Sie arbeiten weit mehr als 8 Stunden am Tag (viele haben nur 2,27 Stunden Freizeit am Tag, Chinese Academy of Social Science 2018). Die 40-Stunden-Woche ist für die meisten nur eine Ausnahme. Vor allem am Bau wird hart gearbeitet, um Fristen einzuhalten. So wird bis zu 6 und gar 7 Tage gearbeitet. Hier gibt es viele Nachtschichten in Städten, weil dann der Verkehr ruht. Bei Prestige-Projekten kommt die Zwangsarbeit hinzu (Beispiel Olympische Spiele 2008 in Peking). Die Arbeitsmoral hat sich gegenüber der reinen Planwirtschaft vor 1989 wesentlich verbessert. Grund für eine eher schlechte Moral waren damals die egalitären Löhne. Die Mischwirtschaft brachte Bonuszahlungen und Akkord. Die Arbeitsmoral hat ihren Ursprung im Willen zum Aufstieg. Wenn man den nicht selber schafft, dann wenigstens die Kinder. Hier zeigen sich Parallelen zum Anfang der USA. Nur das dort das protestantische, asketische Arbeitsethos noch eine Rolle spielte (vgl. Max Weber, Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus). In China ist es Materialismus und Aufstiegswille. Die Chinesen sind nicht neidisch auf uns, sie halten uns eher für faul. "Der Mann, der den Berg abtrug, war derselbe, der anfing, kleine Steine wegzutragen", Konfuzius. Vgl. auch: Reichart, Thomas: Das Feuer des Drachen, München 2020, S. 36ff. "Fleiß ist der Weg zum Gipfel des Wissens, harte Arbeit ist das Boot auf dem endlosen Meer des Lernens", Weisheit für chinesische Schulkinder ("Shu shan you lu qin wei jing, xue hai wu ya ku zuo zhou"). Arbeitsmoral, Pragmatismus und Basarmentalität sind Grundbestandteile der chinesischen Kultur (Konfuzianismus, Daoismus)  und bilden die psychologischen Voraussetzungen für den Aufstieg des Landes.

Die Arbeitslosigkeit in China steigt nach der Finanzkrise massiv an (zeigt sich auch bei den Wanderarbeitern). Vor allem der Südosten ist betroffen (Perlflussdelta). Ende 2008/ Anfang 2009 sollen nach offiziellen Angaben 26 Mio. Wanderarbeiter ihren Job verloren haben. Die Fabriken in China, vor allem die neu gebauten, haben oft Überkapazitäten. Gleichzeitig wollen viele Firmen ins Ausland. Die Arbeitslosigkeit unter Jugendlichen ist sehr hoch, wobei die Statistiken der Provinzen oft dubios sind.2010 beginnt die Regierung, Gewerkschaften in die Freiheit zu entlassen: Die Jahreseinkommen zwischen Stadt- und Landbevölkerung sind extrem unterschiedlich. In der Stadt können schon ca. 2000 € verdient werden, auf dem Land durchschnittlich 600. In einigen chinesischen Städten und Provinzen werden angesichts steigender Arbeiterproteste 2012 die Mindestlöhne erhöht (z. B. um 14% auf 1260 Yuan/ 183 Euro in Shenzhen, an der Grenze zu Hongkong). 2013 geht erstmals die Zahl der Erwerbstätigen zurück (deshalb Lockerung der Ein-Kind-Politik). Auch die Wanderarbeit dürfte dem Ende entgegen gehen. In den boomenden Metropolen werden  in den Hightech-Betrieben gut ausgebildete Menschen gebraucht (oft die Kinder von Wanderarbeitern). 2014 lag die Arbeitslosenquote offiziell bei 4,0% (ungenau gemessen, siehe oben). Jedes Jahr entstehen im Durchschnitt 13 Millionen neue Jobs. Es könnte bald Vollbeschäftigung erreicht werden. Von 2018 bis 2020 sollen weitere 43 Mio. Menschen aus der Armut geholt werden (von einst 800 Mio. Menschen; Nationaler Volkskongress, März 2018). Die Arbeitslosigkeit liegt 2019 wie schon seit Jahren bei 3,8%. Die Daten sind allerdings extrem ungenau, weil die Messung veraltet ist (nur städtische Arbeitslosigkeit). Viele Wanderarbeiter können nach dem Neujahrsfest Anfang Februar 2019 in den Heimatdörfern bei ihren Familien bleiben, weil sie in den Städten keine Arbeit mehr finden. Sie gehen auch nicht in die Statistik ein.  "China ist ein reiches Land und ein armes Volk", N. N. im Internet. Die Delegierte des Volkskongresses Zhang Xiaomei hat eine Bezahlung der chinesischen Hausfrauen durch ihre Männer vorgeschlagen. Jahrelang bestiehlt eine Wanderarbeiterin in China ausschließlich korrupte Beamte und Parteisekretäre. 2014 wird sie gefasst und in den Medien als Heldin (Robin Hood) gefeiert.

Den chinesischen Arbeitern vieler ausländischer Firmen geht es besonders schlecht. Als herausragendes Beispiel gilt die taiwanesische Firma Foxconn in Zhengzhou mit über 300.000 Beschäftigten. Diese haben lange Arbeitszeiten (11-12 Stunden am Tag), weniger Urlaub als vorgeschrieben, unzureichende Zuschläge, Überstunden und schlechte Schlafsäle. Der Monatslohn liegt bei etwa 110 Euro. Die Selbstmordrate ist hoch. Die deutschen Unternehmen halten in der Regel die chinesischen Gesetze ein. Zunehmend kommt es zu Arbeiterunruhen in Unternehmen in China, so auch 2010 bei Honda. Die schlimmsten Zustände herrschen in der Provinz Guangdong an der Grenze zu Hongkong. Dort sollen allein 26 Mio. Wanderarbeiter arbeiten. Höhere Löhne könnten den Exportboom bremsen, aber den privaten Konsum ankurbeln. Immer mehr chinesische Arbeitgeber versuchen ihre Arbeiter mit ausländischen Mittel zu motivieren (z. B. christliche Religion). Diese Vorgehen heißt in China "der Mond im Ausland ist runder". Der Economist sagt voraus, dass die Arbeitskosten der Industrie 2015 das US-Niveau erreichen (was macht dann die "Weltfabrik" China?). Im Februar 2016 werden in China Massenentlassungen angekündigt (die größten seit zwei Jahrzehnten). In der Industrie werden in den nächsten 2 bis 3 Jahren 5 bis 6 Mio. Arbeitsplätze gestrichen. Es sind Betriebe, die allgemeine Standards nicht erfüllen. Immer noch, 2018, werden Arbeiter verhaftet, die für höhere Löhne auf die Straße gehen. Das zeigt sich an zwei Beispielen: in Südchina bei einem Hersteller von Schweißmaschinen und im Norden beim Gemeinschaftswerk von VW und FAW.  Dabei würde die Abkehr von Billigarbeit und -löhnen helfen, die Akzeptanz von Welthandel und Globalisierung zu verbessern. Freie Gewerkschaften sind in China verboten. Der Staat und die KPC sehen sich als Hüter der Arbeiter (sie sind gleichzeitig die größten Arbeitgeber).

2010 teilen sich die Erwerbstätigen in China wie folgt auf die drei Sektoren auf: Landwirtschaft 36,7%; Dienstleistungen 34,6%; Produzierendes Gewerbe (sekundärer Bereich) 28,7% (Quellen:  ILO, Weltbank, Wirtschaftskammer Österreich). Allerdings dürften diesen Zahlen erhebliche Verzerrungen und statistische Ungenauigkeiten enthalten sein. Laut IWF braucht China für einen stabilen Arbeitsmarkt mindestens 7,2% Wachstum.  Es häufen sich Massenstreiks gegen die Arbeitsbedingungen (festgeschriebene Sozialleistungen werden nicht gezahlt, zu niedrige Löhne). Bis zu 50.000 Menschen in der Schuhfabrik Yueyuen (taiwanesisch) in der Provinz Guandong streiken im April 2014.

Löhne: 9,8% sind die durchschnittlichen Gehälter in China von 2012 bis 2017 gestiegen (Quelle: Deutsche Handelskammer). Die rasant steigenden Löhne werden damit zu einem immer größeren Kostenfaktor für ausländische Firmen. Deutsche Unternehmen versuchen die jährlichen Lohnkostensteigerungen durch Investitionen in die Automation auszugleichen. Von 2008 bis 2018 zeigt die Lohnentwicklung eine  Steigerung um +10,1% (BIP +6,6% im gleichen Zeitraum; Quelle: AHK Greater China; jeweils Wachstum zum Vorjahr in Prozent). Einige firmen suchen bereits nach Alternativen zum Standort China, so z. B. Foxconn. China entfernt sich vom Modell der Werkbank. Der Durchschnittslohn eines Arbeitnehmers für ein Jahr betrug 2018 10.600 Euro (Quelle: Nationales Statistikamt).

Exkurs: Arbeitsmarkt. Schon 1979, gleich am Anfang der Reformen, wurde für die Arbeiter ein Bonussystem eingeführt. Das alte, anreizlose System (egalitäre Bezahlung) wurde sukzessive zurückgefahren. Die Arbeiter konnten selbst bestimmen, wie sie die Boni untereinander aufteilten. Mitte der 1980er Jahre kam dann eine weitere Reform: die Einführung von Arbeitsverträgen.

Arbeitslosigkeit, insbesondere Messung: In China wird der Arbeitsmarkt statistisch nicht korrekt erfasst. Gezählt wird die Arbeitslosigkeit der städtischen Bevölkerung. Das liegt an Chinas Einwohnermeldesystem (Hukou, siehe oben). Wer in einer Stadt geboren ist, wird automatisch als Arbeiter registriert, wer auf dem Lande geboren ist, als Bauer. Also tauchen die Bauern, die als Wanderarbeiter ihre Heimat verlassen, nicht in der Statistik auf. Das Niveau der Arbeitslosenversicherung ist auch noch gering, so dass Beiträge und Leistungen von Provinz zu Provinz variieren.

Viele Anzeichen sprechen aber dafür, dass die Arbeitslosigkeit in China gestiegen ist. Das zeigen Befragungen in den Großstädten oder Daten des Jobportals "Zhaopin". Die Unternehmen halten sich im Handelsstreit mit den USA mit der Arbeitsnachfrage zurück. Die Staatsfirmen lassen sich nur noch bedingt dazu anhalten, Arbeiter nicht zu entlassen. Die Digitalisierung dürfte auch zu Arbeitsplatzverlusten führen, weil China nicht mehr länger die Werkbank der Welt ist. Der Dienstleistungsbereich kann nicht genügend ausgleichen. Entlastung bringt etwas die Demographie. Vgl. Petring, Jörn: Das chinesische Arbeitsmarkträtsel, in: Wirtschaftswoche 16, 12.4.2019, S. 38ff. 

2018 wird die Berechnung der Arbeitslosenzahlen etwas angepasst: Man stützt sich jetzt auf Umfragen, in die die Wanderarbeiter einfließen. Allerdings werden die Umfragen nur in Städten durchgeführt. Gavekal Dragonomics (Forschungsinstitut, Analysehaus) schätzt Ende Mai 2020 die Zahl der Arbeitslosen auf 60 bis 100 Mio. Mitte 2022 wird die Arbeitslosenquote insgesamt mit 5,4% angegeben. Das ist im internationalen Vergleich nach den Krisen sehr wenig. Da schlägt das Hukou - System wieder durch.

Folgeprobleme:  Einige Experten gehen davon aus, das im Bezug auf die Zukunft China einen ähnlichen Weg wie Japan gehen könnte. Chinas Konzerne sind stark vom Inlandsgeschäft abhängig. Durch die rapide sinkende Erwerbsbevölkerung wird sich das BIP-Wachstum stark verringern, falls nicht gleichzeitig die Arbeitsproduktivität steigt (was wahrscheinlich nicht passieren wird). Die Entwicklung in Japan ist ein beunruhigender Präzedenzfall für die Folgen solchen demographischen Wandels. Chinas Arbeits- Produktivität ist von einigen Faktoren abhängig, die schwer prognostizierbar sind: Das Land hat auf einem niedrigen Produktivitätsniveau begonnen. Es gibt einen Überschuss an Landarbeitern, die bereit sind, produktivere Arbeitsplätze in der Großstadt anzunehmen. Die Unternehmen besitzen die Fähigkeit, sich Produktivität steigernde ausländische Technologien im Tausch gegen den Zugang zum chinesischen Markt zu sichern. Vgl. Black, J. Stewart/ Morrison, Allen J.: China droht Wachstumskrise, in: HBM, Januar 2020, S. 68ff. In Anbetracht der schrumpfenden Bevölkerung (-850.000 2022) versucht man, die Produktivität zu steigern und die Automatisierung zu erhöhen. Vgl. Böge, F./ Linfen: 850.000 Chinesen weniger, in: FAZ 18.1.23, S. 2.

Arbeitsmarkt und Corona-Krise 2020: Im Februar 2020 steig die Arbeitslosigkeit in China auf 6,2%. Vorher hatte sie immer unter 5% gelegen. Dabei ist immer zu bedenken, dass Arbeitslosigkeit falsch gemessen wird (siehe oben). Das trifft diei Arbeitslosen hart: Die Arbeitslosenversicherung ist noch schwach. Sie zahlt in Peking im Schnitt 257 $ pro Monat. Davon lässt sich kaum in einer Großstadt leben. Ganz hart trifft es die vielen Wanderarbeiter, die in keiner Statistik sind. Über ihr Schicksal ist wenig bekannt (Journalisten und Wissenschaftler erhalten keine Freigaben mehr). Durch den Lockdown mussten in den Städten viele Unternehmen aufgeben. Sie haben ihre Mitarbeiter entlassen. Die folgende Null-Covid-Strategie treibt viele Unternehmen in die Pleite.

Jugendarbeitslosigkeit: Sie ist 2022 relativ hoch mit 18,4% (ungenaue Messung!). Das ist ein Rekordwert. Bis zum Sommer 22 wird mit 23% gerechnet. Das ist sozialer Sprengstoff und eine tickende Zeitbombe. Da Aufstiegsversprechen der Partei steht auf der Kippe. Der Frust lässt sich nur schwer messen. 10,7 Mio. Universitätsabsolventen strömen allen 2022 auf den Arbeitsmarkt. Dei regelmäßigen Lockdowns verschlingen immense Kosten, die die Lokalregierungen wegen ihrer Schulden nicht mehr leisten können. Allein in den ersten fünf Monaten 2022 ist das Staatsdefizit in China auf 2,9 Billionen Yuan (140 Mrd. €) gestiegen.  Über alle Branchen hinweg werden die Löhne gekürzt, die Tech - Unternehmen bieten weniger Jobs an. Vgl. Kretschmer, Fabian: Jugendarbeitslosigkeit als sozialer Sprengstoff, in: Die Rheinpfalz Nr. 140, 20.6.22. 2022 steigt die Jugendarbeitslosigkeit in den Städten rapide an. Im Juli 2022 erreicht sie in den Städten knapp 20%. Das ist höchste Wert seit 2018 als man mit der Erfassung der Jugendarbeitslosigkeit begann. 2018 war der Wert bei 9,6%. Quelle: Statistikamt der VR China, Peking. Es wirken sich schwaches Wachstum, Druck auf die Techkonzerne und rigide Coronapolitik aus. In der Krise sparen viele Unternehmen zuerst am Nachwuchs. Hinzu kommt, dass 2022 besonders viele junge Chinesen ihren Abschluss machen. So etwa 10,76 Mio. Studenten (+18,4% gegenüber 2021)  Vgl. Petring, Jörn: Pizzaboten statt Programmierer, in: WiWo 39/ 23.9.22, S. 38ff. Im Mai 2023 steigt die Jugendarbeitslosigkeit auf einen Negativ-Rekordwert. Sie liegt über 20% und dürfte im Sommer noch weiter steigen. Im Juni 2023 liegt sie bei 21,3%. Die junge Generation ist nicht mehr mit Hunger und Zwangsarbeit groß geworden. sie ist nicht mehr bereit, große Opfer zu bringen. Es herrscht große Unsicherheit unter den jungen Chinesen.

Haushaltstätigkeit: Erstmals gibt es im Februar 2021 ein Bahn brechendes Urteil in Peking. Nach einer Scheidung nach fünf Jahren muss ein Mann seine ehemalige Frau auch für die von ihr geleistete Hausarbeit entschädigen. Neben der üblichen Aufteilung des gemeinsamen Vermögens und einer Unterhaltszahlung für das gemeinsame Kind kam erstmals die Entschädigung für geleistete Hausarbeit. Es sind 50.000 Yuan. Im Netz gibt es Kritik daran, dass die Summe zu gering sei. Vgl. Die Rheinpfalz Nr. 48, 26.02.2021.

Bomben-Theorie: China wird alt, bevor es reicht wird. Auf Grund der Ein-Kind-Politik könnte bis 2040 der Anteil der über 40 Jährigen auf ein Drittel ansteigen. Die Bevölkerung vergreist, die Pflegekosten explodieren, es fehlen Arbeitskräfte. Das behindert den Aufstieg Chinas massiv.

Digitalisierung und Arbeit in China: Auch in China gibt es viele Missstände. 2021 regt sich Protest gegen Lieferfirmen, die ihre Mitarbeiter mithilfe von Algorithmen durch die Gegend hetzen und sie dabei ausbeuten. so geraten zunehmend Essensboten mit ihren Arbeitgebern aneinander. Diese verhängen Geldstrafen bei verspäteter Lieferung oder bei schlechter Bewertung im Internet.  Zu den Arbeitgebern gehören Liefer-Apps wie Meituan oder Ele.me. Das Ministerium für Personalmanagement und soziale Sicherheit bestellt öfter beide Seiten ein. Es gibt auch Beschäftigte, die die schlechten Arbeitsbedingungen ins Netz stellen (Menzhu wird verhaftet dafür). andere geben Tipps, wie man Regeln verletzen kann, um die Zeit einzuhalten. Das Essen bestellt die chinesische Mittelschicht, so dass hier auch soziale Konflikte liegen. Die Arbeitsverhältnisse sind unterbezahlt und schlecht reguliert. Die Verhältnisse gleichen sich scheinbar immer mehr auf der Welt an.  Vgl. Tai, Katharina: "Verspätung: Zwei Sekunden". in: Die Zeit Nr. 45, 4.11.21, S. 33.

Arbeitsproduktivität und Rückgang der Erwerbsbevölkerung: Das bisherige Modell bis 2021 war durch hohe Investitionen, steigender Erwerbstätigkeit und vergleichsweise geringen Arbeitsproduktivität gekennzeichnet. 2011 errechte die Zahl der Erwerbspersonen mit 940,5 Mio. ihren Höchststand. Vier Jahre später waren es nur noch 911 Mio. Im jahre 2030 sollen es nur 830 Mio. sein , 2050 700 Mio. (Ministerium für Humankapital und soziale Angelegenheiten). Das ist das Ergebnis der Ein-Kind-Politik. Das könnte die Steigerung des Lebensstandrads erschweren. Chinas Geburtenrate liegt 2022 bei 1,6 Kindern (3 sind seit 2021 erlaubt). Die Industrieproduktion müsste auf Roboter umgestellt werden. Dafür läuft eine Kampagne. Chinas dürfte als Standort für Produktion seine Attraktivität verlieren. Vgl. Dieter, Heribert: China muss zum Land der Roboter werden, in: WiWo 5/ 28.1.22, S. 41.

Exkurs. Werbung für schlimme Arbeitsbedingungen: Es ist eine sehr seltsame Werbung. Bei TikTok (Douyin) gibt es 2024 zahlreiche Videos von schlimmen Arbeitsbedingungen in Fabriken. Sie werden von Firmen voller Stolz veröffentlicht. Sie erreichen ein Millionenpublikum. Sogar das Thema Kinderarbeit wird als Spaß behandelt. Es fing an mit privaten Videos von Arbeiterinnen, die sich gerade ein Handy leisten konnten. Sie lösten im Westen einen Kulturschock aus. Die Firmen spielen jetzt mit den Stereotypen. Sie wollen, dass die Videos lange angeschaut werden. Vgl. Mitrov, Maria: Hurra, wir schuften noch! in: Die Zeit 6/ 1.2.24, S. 23.

Arbeitsmarktpolitik: Die Regierung arbeitet nach den großen Krisen (Corona, Immobilien, andere Außenwirtschaftspolitik des Westens, Kontrolle der großen Tech-Konzerne) fieberhaft an Programmen: staatlich geförderte Kurzzeit-Arbeitsprogramme, Subventionen an Unternehmen, die Arbeitsplätze anbieten.

Akademiker in China: China braucht mindestens 6% Wachstum des BIP, um jährlich seine 10 Mio. Hochschulabsolventen  auf dem Arbeitsmarkt aufnehmen zu können. Das ist im Moment nicht möglich (nur 5%). Noch dient der Militärsektor als Kompensation. Durch die massive Aufrüstung können zumindest die Ingenieure aufgenommen werden. 2023 drängt eine Rekordzahl von Akademikern auf den Arbeitsmarkt. Das erhöht den Druck für die Regierung.

 "Allein die verlangte Erhöhung entspricht dem absoluten Verdienst eines unserer Industriearbeiter in China", J. Heraeus, Chef des Technologiekonzerns, zur Lohnforderung der IG-Metall 2007 von 6,5%.

"Wenn du ein Jahr lang reich sein möchtest, bau Weizen an. Wenn du zehn Jahre lang reich sein möchtest, pflanze Bäume. Wenn du 100 Jahre Reichtum sichern willst, bilde die Menschen", Chinesisches Sprichwort.

Inflationsrate/ Budgetsaldo: +3,4% im Durchschnitt 2010 (Obergrenze der Regierung 3%, aber Erzeugerpreise fast +6%, Preise im Dezember 2010 +4,6%). -0,8% 2009. 4,8% 2007; 1,5%  Jahresdurchschnitt 2006 (1,8% Jahresdurchschnitt 2005, 2004: 3,9%, 2003: 1,2%). Im Januar 2008 stieg die Inflation um 7,1% gegenüber dem Vorjahresmonat (höchste Rate seit 11 Jahren; angestrebte Obergrenze: 3%); verantwortlich sind die rasant steigenden Lebensmittelpreise (18,2% im Jahresvergleich), vor allem bei Fleisch (über 20%, Schweinefleisch über 50%). Auch die Preise für Gemüse und Speiseöl sind sehr stark gestiegen (über 30%). 2008 ist der Reispreis stark angestiegen, weil Thailand, Indien und Vietnam die Exporte drosseln. Der Preis pro Tonne stieg im April 2008 auf über 1000 $. Sojabohnenimporte haben sich extrem verteuert. Die Inflationsrate 2008 wird voraussichtlich bei 5,9% liegen. Im 2. Quartal 2008 sind die Produktionskosten (Herstellerpreisindex) um 8,8% gestiegen. Auch die Frachtkosten steigen sehr stark, was den Außenhandel beeinflussen wird. Einige Preise wurden schon im Herbst eingefroren, was zu einer Verknappung des Angebots führen dürfte. Preiskontrollen könnten die Produktion senken. In den Sommermonaten 2008 gehen die Lebensmittelpreise wieder etwas zurück. Der Ölpreis musste Ende Oktober 07 um 10% angehoben werden. Im Juni 2008 wird er um 16-18% erhöht, weil die Raffinerien ihre Kosten nicht mehr decken können. Es gibt auch noch staatliche Subventionen für die Tankstellen. Ausgleichszahlungen bekommen auch die Bauern, Fischer und Taxifahrer. Ansonsten wurden einige Preise eingefroren (Energie, manche Lebensmittel). Mittlerweile befürchtet die Regierung Proteste in der Bevölkerung. Starke Inflation hat in den vergangenen 60 Jahren immer politische Katastrophen ausgelöst. Die Erdbebenkatastrophe in Sichuan wird die Rohstoffpreise weiter anheben und damit auch die Inflation. Im März 2009 zeigen sich allerdings deflationäre Tendenzen (-1,2%), die sich bis Mitte 2009 ausdehnen (-1,7%). Inflationszahlen (auch Konsumzahlen) sind von der Statistik her eher mit Vorsicht zu betrachten. Im März 2010 steigt die Inflationsrate auf 2,4%. Ende 2010 liegt die Rate bei 5,1%. Im Januar 2011 beträgt die Inflationsrate 4,9% (offiziell, wahrscheinlich viel höher). Im März 2011 steigt sie auf 5,4%. China leidet unter zu viel Liquidität. Um die Inflation in den kommenden fünf Jahren zu dämpfen, soll nur noch ein Wirtschaftswachstum von 7% angestrebt werden. Die Inflation steigt im Mai 11 sogar auf 5,5%, im Juni noch mal auf 6,4%. Deutlich stärker zogen die Lebensmittelpreise an (14,4%). Die Schweinfleischpreise stiegen um 57%. Mitte 2012 scheint das Land die Inflation in den Griff zu bekommen. Die Preise steigen nur noch um ca. 2%. Im März 2014 steigt die Inflationsrate wieder auf 2,4%. Ende 2015 und Anfang 2016 fallen drastisch die Erzeugerpreise (Index). 2016 liegt die Inflationsrate bei 2,0%. Für 2017 werden 2,5% erwartet. 2019 steigen die Schweinepreise weltweit stark an. Grund ist die afrikanische Schweinepest, die in China wütet und dort schon den Schweinepreis um 50% in die Höhe getrieben hat. Weil in China die Mengen fehlen, wird Schweinefleisch aus Europa, insbesondere aus Deutschland, importiert. So dürfte auch dort der Preis stark ansteigen. Quelle: Interessengemeinschaft der Schweinehalter in Deutschland. (ISN). Der Preis für Schweinefleisch steigt tatsächlich stark an. Eine Folge ist, dass man in bestimmten Regionen auf Alternativen zurückgreift (z. B. auf Hunde). Insgesamt steigen auch die Lebenshaltungskosten im Oktober 2019 um 3,8% (Inflationsrate). Preistreiber sind Schweinfleisch und Energiekosten. Auch die Erzeugerpreise stiegen mit 1,6% so stark wie seit 2016 nicht mehr. 2022 ist China wieder auf dem Weg in eine Inflation: Im März 2022 stiegen die Preise im Vergleich zum Vorjahresmonat um 1,5%. Im Februar lag die Teuerungsrate noch bei 0,9%. Die Null-Covid-Strategie dürfte die Nachfrage noch gedämpft haben und so einen stärkeren Preisanstieg verhindert. Vgl. Isabella Weber: Das Gespenst der Inflation. Wie China der Schocktherapie entkam, 2023.

Chinas Wirtschaft wächst nach dem Ende der Corona-Pandemie nur langsam. 2023 könnte sogar eine Deflation drohen. China könnte mit den gleiche Problemen zu kämpfen haben wie Japan in den 1990er-Jahren. Die Preise könnten in den letzten Monaten des Jahres 2023 weiter fallen. Vgl. Petring, Jörn: Die Angst vor dem Preisverfall, in: WiWo 32/ 4.8.23, S. 36f. Im Juli 2023 sind die Preise um -0,3% gefallen. China ist in einer Abwärtsspirale gefangen. Die Immobilienblase ist geplatzt (im Juni 23 Immobilienverkäufe -30%, 50 Mio. Wohnungen finden keine Käufer). Quelle: Chinesisches Statistikamt 2023.

Exkurs: Preise. Es war eine wichtige Frage. Unter Mao wurden die Preise staatlich festgelegt, egal ob Gemüse, Kleidung oder Maschinen. Guangdong im Süden Chinas durfte als erste Stadt Stück für Stück Preiskontrollen reduzieren, besonders für Agrarprodukte. Dei Preise für Konsumgüter wurden schneller freigegeben als für Industriegüter. 1988 hatte Guangong fast keine regulierten Preise mehr (in der Anfangsphase holte man sich Beratung in Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, was die Preismessung anging). Es gibt traditionell eine gute Beziehung zwischen der deutschen und chinesischen Statistik.

Budgetsaldo/ Verschuldung: ca. -1,6% 2011, -2,7% 2010, -3,4% 2009 (2010: 3,3% geschätzt), (-1,7%  2005, -3,0% 2004, HH-Defizit in % des BIP); Auslandsverschuldung 190 Mrd. $; der Schuldenberg insgesamt wird auf ca. 500 Milliarden $ geschätzt. Städte und Provinzen haben 2011 schätzungsweise Schulden von 430 Mrd. Euro (Gesamtverschuldungsquote 150%?, Offizielle Angaben liegen Ende 2012 bei 22%). Ausgelöst wurde dies vor allem durch Großprojekte. Offiziell lag die Verschuldung der Zentralregierung Ende 2010 bei 19% des BIP. 2011 dürfte sie bei 17% des BIP liegen. Über die Schulden der Lokalregierungen werden keine Angaben gemacht (Schätzungen gehen bis 24 Billionen Yuan, 50% des BIP; Dragonomics geht sogar von 80% aus). Die Zentralregierung hat ein großes makroökonomisches Kontrollproblem: Sie hat nicht im Griff, was die Behörden auf lokaler Ebene tun (niemand führt offenbar genau Buch über die Kredite, die im Rahmen der Konjunkturpakete vergeben wurden). so ist die kommunale Verschuldung zu einem großen Problem geworden. China hat die größte Schuldenblase, die die Welt je gesehen hat. Die Kreditvergabe ist zweimal so schnell wie die Wirtschaft gewachsen. Die Verschuldung soll bei 251% des BIP liegen (Anfang 2015). Mitte 2015 nähern sie sich 300% (insgesamt geschätzt; Dreifache der Jahreswirtschaftsleistung). Wichtig ist aber die Definition (nur Zentralregierung, auch Provinzen, mit Kommunen). Nimmt man nur die Zentrale sollen die Schulden 2015 bei 42,7% des BIP liegen. Ende 2016 liegt die Verschuldungsquote bei 260 Prozent des BIP. Sie steigt 2017 noch mal auf 277% an. Dem steht gegenüber, dass China nicht im Ausland verschuldet ist und  einer der größten Gläubigernationen ist. Im Oktober 2016 waren dies allein 1,115 Billionen Dollar an US-Staatsanleihen (zweitgrößter Gläubiger nach Japan). Auf dem Nationalen Volkskongress im März 2018  wird bekannt gegeben, dass das Haushaltsdefizit auf 2,6% gesenkt werden soll. Ende 2018 liegt die Verschuldung bei 205,5% des BIP (USA: 151,0%). Die reine Verschuldung des Zentralstaates liegt 2018 bei 51,21% (Quelle: Statista). Zu bedenken ist dabei, dass die Gesamtverschuldung sehr hoch ist, also noch Haushalte, Unternehmen und Finanzsektor  dazukommen. Damit liegt die Gesamtverschuldung bei fast 300% des BIP. Den höchsten Anteil haben die Unternehmen (Quelle: Credit Suisse). Die Zahlen sind immer nur Schätzungen, weil die Regierung Intransparenz will. Die Finanznachrichtenagentur Bloomberg schätzt Mitte 2019 die Gesamtverschuldung auf 271% der Wirtschaftsleistung (vor der Finanzkrise 2008 lag sie bei 164%). 270% Verschuldung  der öffentlichen Hand gilt unter Experten 2019 als plausibel. Die Außenstände von Haushalten, Unternehmen und öffentlicher Hand belaufen sich nach anderen Schätzungen auf ungefähr 250% des BIP (statistische Informationslücke!). Ende März liegt die Verschuldungsquote bei 270%. Das Gros der Schulden entfällt auf Unternehmen, viele im Staatsbesitz. Nimmt man die reinen Staatsschulden (Ausgleich des Defizits zwischen ausgaben und Einnahmen), lagen sie 2016 knapp unter 50%. Das ist zwar niedriger als in westlichen Industrienationen,  aber in Relation zur Wirtschaftsleistung haben sie sich verdoppelt (Quelle: IWF). Die Staatsneuverschuldung (Haushaltsdefizit) steigt 2020 auf 3,6% an. Im 2. Quartal 2020 steigt die Gesamtverschuldung noch mal auf 280% des BIP. Unternehmen 162, Staat 59, Privathaushalte 59. Quelle: BIZ, Schweiz, 2021. Die offiziellen Regierungszahlen für den Staat liegen für 2020 bei 66,8% Anteil am BIP. Sie steigen bis Ende 2020 auf 68,9%. Das ist wenig im Vergleich zu den G7-Staaten. 2022 liegen die Schulden des Staates bei 80%. Bezieht man die verdeckten Schulden lokaler Gebietskörperschaften mit ein, könnten es 110% sein (Schätzung der Commerzbank 2023 in einer Studie). Rechnet man Haushalte und Unternehmen ein, liegt die Quote bei 300%.  "Die Idee, billig in China zu produzieren, funktioniert nicht mehr", Carl Martin Welcker, Geschäftsführer von Leistritz.

Im Ausland kann China nicht mehr mit Geld um sich werfen. Viele Kapital wurde in die Neue Seidenstraße gesteckt. Aber viele dieser Zielländer sind hoch verschuldet. In China gehören die hohen Wachstumszahlen von 5% plus x der Vergangenheit an. Die Bevölkerung altert (Ein-Kind-Politik). Es gibt zu wenig junge Leute, um den Wohlstand zu sicher. Um die Inflation im Schach zu halten, sind Zinserhöhungen und ein geringeres Kreditwachstum notwendig. China weiß selbst nicht genau, wie viel Geld verliehen wurde.  Eine Studie von 2021 kommt zu dem Schluss, dass es mindestens 840 Mrd. $ sind. Davon sind rund 385 Mrd. $ versteckte Schulden. Vgl. Mattheis, Philipp: Die dreckige Seidenstraße, München 2023, S. 233ff.

Exkurs. Gemeindeökonomie: Dei lokale und regionale Wirtschaft ist überschuldet. Das ist die größte Herausforderung für China. Man brauchte dringend eine Fiskalreform. Anders als in der Marktwirtschaft des Westens ist in China der Wettbewerb zwischen den lokalen dynamischen Körperschaften sehr hoch. Sie wetteifern vor allem um Unternehmen/ Unicorns, die die Steuereinnahmen erhöhen. Es gibt viele Kommunen am Rande der Zahlungsunfähigkeit, anderen geht es dagegen gut. Dringend muss die Abhängigkeit vom Immobiliensektor verringert werden. China kennt keinen Finanzausgleich zwischen den Körperschaften. Es gibt auch noch keine Vermögenssteuer. 

Umwelt (Umweltpolitik): Nach offizielle Angaben des Statistischen Zentralamtes betrugen die CO2-Emissionen 2013 7,6 Mio. Tonnen. 2010 7,7 Mrd. t (zählt man die Angaben der Provinzen zusammen, kommt man auf 9,1 Mrd. t, 750.000 Menschen sterben jährlich an der schlechten Luft). So dürfte heute 2013 der Ausstoß bei ca. 10 Mrd. t jährlich liegen, womit China einsam an der Spitze ist. CO2-Emissionen pro Kopf pro Jahr in t 2007: 5,1 (löste 2007  die USA als Spitzenreiter ab, 2008 21% der weltweiten CO2-Emissionen, 6496 Mio. t; USA 20%, 5909 Mio. t), beide haben das Kyoto - Protokoll nicht unterzeichnet, ca. 60% aller CO2 - Emissionen, USA: 19,73t CO2 pro Kopf 2006, China 4,7 t), Waldzunahme in % 1990-2000: 1,2%. Seit 1990 bis 2018 ist der CO2-Ausstoß radikal pro Jahr gewachsen: Von 2,5 Milliarden Tonnen auf 13 Mrd. t. Damit liegt China sowohl von der Höhe her als auch von der Dxnamik einsam an der Spitze. Weitere Reihenfolge weit dahinter: USA, EU-27, Indien, Russland. Mittlerweile gibt es 2020 eine chinesische Greta: Sie heißt Ou Hongyi. Sie ist achtzehn Jahre alt. Sie führt einen einsamen Kampf gegen die Klimakatastrophe. Sie hat keine Angst vor staatlichen Behörden. Vgl. Xifan  Yang: die chinesische Greta, in: Die Zeit Nr. 53, 17.12.20, S. 8.

2019 übersteigt Chinas jährlicher Ausstoß von Treibhausgasen erstmals dei Emissionen aller entwickelten Länder zusammen. Nach einer Schätzung hat China 2019 27% aller Emissionen an CO2-Äquivalenten ausgestoßen (USA 11%). Pro Kopf lagen Chinas Emissionen bei 10,1 Tonnen (OECD-Durchschnitt 10,5; USA 17,6 t). Quelle: Rhodium Group, Denkfabrik USA. Deshalb sollte man die Zahlen mit Vorsicht gebrauchen.

Seit Februar 2005 Pilotprojekt von NBS und SEPA zum "Green GDP" (im Juni 2006 erster Umweltschutzbericht bzw. Weißbuch des SEPA: State Environmental Protection Administration, seit 2008 Ministerium). Danach entsprechen die jährliche Umweltzerstörung bzw. die Folgekosten des Wachstums 13% des BIP. Von den 20 schmutzigsten Städten der Welt liegen 16 in China.

Exkurs: Landwirtschaft. Hier fing die Marktwirtschaft an. Bauern bekamen zunächst kleine Flächen zugewiesen, auf denen sie anbauen und anpflanzen konnten, was sie wollten. Die Ernte durften sie dann auf Märkten zu Marktpreisen verkaufen. Sukzessive wurde so die kollektivistische Landwirtschaft privatisiert. Das nützte Bauern und Verbrauchern. Im Großraum Shenzhen durften Bauern später ihr Nutzungsrecht verkaufen und wurden dadurch zu Millionären (hierzu gibt es legendäre Geschichten über das Nachtleben in Shenzhen).

Exkurs. Landwirtschaft der Zukunft: Mit einem Zehntel der globalen Ackerfläche muss China ein Fünftel der Weltbevölkerung ernähren (bei Mais hat China nur einen Weltmarktanteil von 24%). Dazu kommt der wachsende Hunger der Chinesen auf Fleisch- und Milchprodukte. Die Regierung hat drei Gegenstrategien: 1. Zunehmende Importe aus dem Ausland. 2. Kauf von Ackerflächen im Ausland (Südamerika, Afrika, Europa, Asien). 3. Sinkende Erträge im Inland in Kauf nehmen und auf digitale Agrartechnologie setzen. Drohnen sollen in Zukunft Dünger versprühen, Roboter sollen ernten, Autopiloten Traktoren lenken. Es gibt Demonstrationszonen, etwa in Nanjing. Vgl. Wiwo 16/ 12.4.24, S. 26.

Besondere Probleme bestehen mit der Wüstenbildung (jährliche Vergrößerung um 2500 Quadratkilometer)  und der Trinkwasserversorgung im Landesinnern. 312 Mio. Menschen ländlicher Regionen haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser, 80% aller Seen und Flüsse sind stark verschmutzt bzw. tote Flüsse. Von 661 Städten haben 278 keine Kläranlage, 420 kämpfen mit Wasserknappheit.  Hinzu kommt die Gletscherschmelze im Westen (vor allem auf dem Tibet-Tableau) und die Abholzung von Wäldern im Osten. Nur 14% des Landes waren 1990 bewaldet. Die Regierung hat ein Abholzungsverbot erlassen, ebenso ein Aufforstungsprogramm. Das Qinghai - Tibet Plateau ist die Quelle für die wichtigsten Flüsse Asiens: Yangtse, Mekong, Gelber Fluss, Ganges und Bramaputra. Experten schätzen, dass die Wasserreserven Chinas 2030 ausgeschöpft sein könnten. Mittlerweile machen die CO2-Emissionen der chinesischen Kohlekraftwerke allein 14% aus (deshalb hat China 2009 die USA als größter Emittent abgelöst). China hat in den letzten 5 Jahren doppelt so viele Autobahnkilometer gebaut wie die Deutschen in den letzten 100 Jahren. Die Schäden durch Taifune häufen sich (z. B. Sepat). Der Südosten wird stark von Wirbelstürmen heimgesucht. Shanghai ist vom Anstieg des Wasserspiegels bedroht. Wie in allen Schwellenländern haben die Treibhausgas-Emissionen durch tierische Gase (Klimafaktor Vieh) einen hohen Anteil. Mittlerweile gibt es eine Öko-Agrarfläche in China von 2,3 Mio. ha mit 1600 Betrieben. Damit liegt China hinter Australien und Argentinien auf dem dritten Platz. Mit nur sieben Prozent landwirtschaftlich nutzbarer Fläche müssen 22% der Weltbevölkerung ernährt werden. China kauft zunehmend Agrarfläche im Ausland (Afrika, Laos). Die Zahl der Einfuhranträge in Deutschland für Bio-Rohware ist stark gestiegen. Jährlich sterben etwa 650.000 Chinesen als direkte Folge der Umweltverschmutzung. Es werden mehrere Lebensmittelfabriken geschlossen, die verunreinigte Exportprodukte in die USA und die EU geschickt haben (50% aller beanstandeten Verbraucherprodukte stammen aus China). Mit Blick auf die Olympischen Spiele 2008 sind 3000 Chemiefirmen geschlossen worden, weil die Umweltstandards erhöht wurden (dadurch verteuern sich die Chemikalien für Druckfarben in Europa). Im Großraum Peking werden im Jahre 2008  267 Unternehmen vorerst stillgelegt, um die Luftqualität für die Olympischen Sommerspiele zu verbessern. Betroffen sind insbesondere die Industriestadt Tangshan in der Provinz Hebei im Norden der Hauptstadt und von den Unternehmen her Koksereien, Zementhersteller und kleinere Kraftwerkbetreiber. Vom 1. Juli an werden die Fahrzeuge aus der Innenstadt verbannt, die die Grenzwerte nicht erfüllen. Der Wasserbedarf Beijings für die Olympischen Spiele geht vor allem zu Lasten vieler Dörfer in der Provinz Hebei. Es entstehen auch immer mehr Golfplätze in der Umgebung der Hauptstadt, die viel Wasser brauchen (auch Kunstschneepisten). Wasserknappheit wird insgesamt in China zu einem immer größeren Problem. 2011 ist besonders der Weizengürtel betroffen (7 Provinzen mit 80% des Weizens). In der Umgebung von Müllverbrennungsanlagen kommt es zunehmend zu Protesten von Anwohnern (meist Dioxin-Belastung). Ende Oktober 2012 gehen in Ningbo (100 km von Shanghai) Tausende auf die Straße, um gegen den Bau einer Raffinerie zu protestieren (hier leben wohlhabende Bürger, die gut vernetzt sind).  "Menschen, die sich abmühen, genug zum Essen zu verdienen, können sie nicht erzählen, sie müssten ihre Emissionen mindern", Lu Xuedu, Vizechef des Amtes für globale Umwelt - Angelegenheiten. "Der Abbau und die Erschöpfung von Ressourcen sowie der schlechte Zustand der Umwelt sind zu ernsthaften Hindernissen für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung geworden", Zhou Shengxian, Umweltminister.

2022 verschärfen sich Hitze und Dürre. Der Klimawandel schlägt gnadenlos zu. Besonders betroffen ist Sichuan. Die Ernten in der Landwirtschaft brechen ein. Der Jangtse hat kaum noch Wasser. Die Wasserkraftwerke können keine Energie mehr liefern. Klimaanlagen und Firmen müssen abgeschaltet werden.

Bereits in den drei Jahrhunderten der Qing-Dynastie bis 1911 zeichnete sich eine starke Zunahme der Ressourcennutzung und Umweltverschmutzung ab (Überfischung, Überrodung, extensive Landwirtschaft). In Maos "Großem Sprung nach vorn" (bis 1961) explodierte der Getreideanbau. Heute geht von der starken Industrialisierung (Verschmutzung der Flüsse, Luftqualität, Autodichte) die größte Gefahr aus. Mittlerweile gibt es aber 70 Gesetze und Verordnungen. Der größte Widerstand kommt aus den Lokalregierungen, deren Umweltämter zwar der SEPA unterstehen, aber finanziell der Lokalverwaltung. 2008 wird aus der SEPA ein Ministerium für Umweltschutz (Ministry of Environmental Protection, MEP). Der Drei-Schluchten-Damm entwickelt sich zu einem Desaster. Zur Bewältigung von Folgeproblemen (Erdrutsche, Umsiedlung, Wasserverschmutzung, Erdbeben) müssen in den nächsten zehn Jahren etwa 100 Mrd. Yuan ausgegeben werden. Für die Weltklimakonferenz in Kopenhagen wird bekannt gegeben, dass der Kohlendioxidausstoß im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung gesenkt werden soll. Bis 2020 sollen die Emissionen je Einheit der Wirtschaftsleistung im Vergleich zu 2005 um 40 bis 50% gesenkt werden. In China steigen die Temperaturen derzeit stärker als im Weltdurchschnitt. Der 12. Fünfjahresplan für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung sieht 1,5 Billionen Dollar für Elektromobilität, Solarenergie und Biotechnik vor. Die Provinzen werden aufgefordert, der Umwelt zuliebe das Wirtschaftswachstum zu zügeln (bisher nur sechs von 30 Provinzen 2011). Einige Großstädte (zuerst Peking) kappen die Zahl der Autos pro Stadt (nur noch jedes zehnte Auto wird zugelassen). China wehrt sich 2011 gegen die Klimaschutzabgabe, die Fluggesellschaften ab 2012 in der EU entrichten müssen. Es droht mit Vergeltung. Berechnungen der chinesischen Verkehrsbehörde Cata zufolge würde der Emissionshandel die chinesischen Gesellschaften im ersten Jahr 120 Mio. kosten. Xingtai in der Provinz Hebei gilt als schmutzigste Stadt Chinas und der Welt (mehr als 6 Mio. Einwohner; hat Langshou am Gelben Fluss/ Provinz Gansu abgelöst). Hier gibt es zahlreiche Kohlekraft- und Stahlwerke. Autobahn und Flughafen müssen wegen zu geringer Sichtweite dauernd gesperrt werden. In Hebei liegen sieben der zehn schmutzigsten Städte des Landes.

Wer in China eine Produktionsstätte bzw. ein Bauprojekt errichten will, muss das "Environmental Impact Assessment Law" und Artikel 26 des Umweltgesetzes der VR China beachten. Nach dem EIA-Gesetz müssen bei Bauprojekten ein Environmental Impact Registration-Formular, eine Environmental Impact Assessment Form oder ein Environmental Impact Assessment Report erstellt werden. Nach Artikel 26 nuss die Umweltschutzbehörde das Umweltverträglichkeitsgutachten prüfen und anerkennen. 2013 gibt die Regierung zu, dass es 400 Orte in China gibt, die als "Krebsdörfer" bezeichnet werden, wo es bedeutend mehr Krebsfälle gibt. 2013 wird ein neues Umweltprogramm aufgelegt: Man verabschiedet sich vom bisherigen Wachstumsmodell. Die Schadstoffemissionen der Industrie sollen innerhalb von vier Jahren um 30 Prozent sinken. Industrie, Verkehr und Landwirtschaft sind die Problembereiche. Derzeit gibt China ca. 91 Mrd. € im Jahr für Umweltschutz aus (1,3% des BIP). 2013 startet China ein Pilotprojekt im Emissionshandel. Einige Aspekte sprechen dafür, dass das System besser funktioniert als der Handel mit Verschmutzungsrechten in der EU. 2014 zeigt sich, dass die Smog-Belastung im Norden Chinas immer schlimmer wird. Vor allem Peking ist betroffen. Die Feinstaubwerte erreichen 400 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Ein Schwerpunkt des Volkskongresses 2014 ist die Umweltsituation in den Großstädten, insbesondere in Peking. Die Industrie wird als Verursacher ausgemacht und soll Strafgebühren zahlen. Die Regierung plant Fahrverbote und Beschränkungen bei Neuzulassungen. Besonders will China auch die Spritfresser bei den Autos bestrafen. Das neue Limit liegt bei 6,9 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer ab 2015. Ende 2014 werden erstmals der einheimischen Wirtschaft Klimaschutzziele verordnet. Ein Drittel der Provinzen hat sich verpflichtet, bis 2017 weniger CO2 auszustoßen (wird auch durch niedrigere Wachstumsziele erleichtert). Außerdem wird auf den massiven Ausbau von Windkraft und Solarenergie gesetzt. Der Handel mit Emissionszertifikaten funktioniert (in den sieben Pilotregionen). Seit Januar 2015 gilt in China ein neues, schärferes Umweltschutzgesetz. Umweltminister Chen Jining räumt auf der Jahressitzung des Volkskongresses Probleme bei der Umsetzung ein (eine Dokumentation von Smog im Internet wird zensiert (150 Mio. Besucher).  Beim G7-Treffen in Deutschland 2015 verpflichtet sich China auf die weltweiten Klimaziele (Klimawandel Priorität). Außerdem will China 4300 kleine Kohlebergwerke schließen (ab 2016 in drei Jahren). Ende 2015 waren 11.000 Kohlebergwerke in Betrieb. Im März 2016 gibt die Regierung bekannt, dass mit Zertifikate - Handel die erneuerbaren Energien gefördert werden. Die Energieversorger sollen für umweltfreundliche Kraftwerke entsprechende Papiere erhalten. Bis 2020 soll der Anteil an Erneuerbaren auf 15% gesteigert werden (2016 12%). Anfang September 2016 ratifiziert China das UN-Klimaabkommen. China will eine Quote für E-Autos einführen (das trifft deutsche Hersteller unvorbereitet). Elektro-Auto-Quoten bringen besonders die deutschen Hersteller in Verlegenheit. Der Kampf gegen Luftverschmutzung wird immer wichtiger. Lobbyarbeit funktioniert in China nicht im Gegensatz zu Deutschland, wo man verschleppen konnte. "Langfristig werden die Umweltschäden sämtliche Ergebnisse der wirtschaftlichen Entwicklung aufheben....China muss grüner werden", Pan Yue, chinesischer Vize-Umweltminister. Aber: "Unsere Emissionen sind für unser Überleben wichtig", Yang Jiechi, Chinas Außenminister. Chinas Großstädte werden mittlerweile von Leihfahrrädern überschwemmt. Anbieter sind auch an den Daten der Nutzer interessiert. Deshalb zahlen sie sogar für die Nutzung. Schlimm ist die Situation auch in der Hauptstadt, weil die Fahrräder überall abgestellt werden.

In der Provinz Hebei und andere Zonen im Norden von Peking und Nordchinas werden Smog-Gürtel genannt. Hier gibt es Stahlwerke, Kokereien und Aluminiumhütten.  2017 wird von der Regierung einen Kehrtwende vollzogen. Sämtliche Baustellen und verschmutzenden Industrien sollen einige Monate stillgelegt werden ("Operation blauer Himmel"). Die Monate November, Dezember und Januar sind die schlimmsten. Wachstum und Luftverschmutzung konnten noch nicht entkoppelt werden.

Für 2018 erlässt China ein Importverbot für Müll aus dem Ausland (24 unterschiedliche Abfallarten). Die Operation heißt "Grüner Zaun". 2017 importierte das Land noch 7,3t Abfall. Deutschland hat 2015 noch 1,4 Mio. t nach China gebracht. Aber das Abfallaufkommen Chinas ist sehr stark gestiegen (Hauptbegründung). Die Recycling-Quote soll erhöht werden.

Transparenz: Es wurde ein landesweites Netz von Messgeräten aufgebaut. Es wird rund um die Uhr die Konzentration von Feinstaub ermittelt. Die Daten werden der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt (auf Smartphone). Bürger können auch Fabriken kontrollieren, indem sie die Messgeräte beobachten und Verstöße den Behörden melden. Vgl. Der Kampf um bessere Luft, in: WISU 12/17, S. 1302ff..

Elektromobilität:  China will ab 2018 eine Zwangsquote für Elektroautos einführen. Das kommt besonders Tesla (Elon Musk) entgegen, das ein Werk in China/ Shanghai bauen will. China fährt insgesamt eine massive Strategie für Elektromobilität. Bestandteil sind Subventionen, rigide Gesetze und die Quote. Volvo, das zu Geely gehört, will ab 2019 keine Verbrennungsmotoren mehr entwickeln. Der Bau von 553 Automodellen mit hohem Spritverbrauch wird verboten. Damit hat China schon das Ende des Verbrennungsmotors besiegelt.

Shenzhen (früher Kanton). Ist eine 12 Millionen-Stadt im Süden Chinas. Sie ist weltweit die erste Stadt, die im Nahverkehr ihre Busflotte komplett auf elektrische Antriebe umgestellt hat. Mehr als 16.000 Busse, vor allem von Byd, fahren durch die Straßen. Die Betriebskosten sollen pro Jahr um etwa 20.000 Euro geringer als bei einem Dieselbus. Als nächstes sollen sämtliche Taxis aus dem Verkehr gezogen werden, die einen Verbrennungsmotor haben. Am Ende der Kaiser-Ära war die Stadt das Tor des Westens nach China. Die Stadt stand unter britischer und französischer Verwaltung. Sie hat 10 Stadtbezirke: Bao`an, Guangmin, Nanshan, Longhua, Futian, Luohu, Longgang, Yantian, Pingshan, Dapeng. Deng Xiaoping war der Wegbereiter des Ausstiegs. Sie soll zur Smart City umgebaut werden. "Die Greater Bay Area wird das Zentrum der globalen Wirtschaft werden", Michael Enright, US-Ökonom. 2020.

Shenzhen ist heute die am schnellsten wachsende Metropole der Welt. Sie gilt auch als die offenste, reichste und teuerste Stadt Chinas. Die Chinesen sehen sie als globale Modellstadt, die Hongkong einmal ablösen soll. Shenzhen war die erste Stadt für folgende Entwicklungen: Anfang mit Landversteigerungen, Einführung von Arbeitsverträgen, Privatisierung von Staatsunternehmen, Gründung eines Technologieparks, Public Private Partnership, Genehmigung ausländischer Tochterunternehmen. Hier werden auch die Trends bei wichtigen Zukunftstechnologie gesetzt: Elektromobilität (siehe oben), Gentechnik, Künstliche Intelligenz. Shenzhen wird oft mit dem Silicon Valley verglichen, was zu einseitig ist. Shenzhen ist nicht nur Zentrum der IT - Wirtschaft, sondern hat auch eine große industrielle Basis. Die Region um die Stadt, auch Perlflussdelta genannt, ist darüber hinaus das Zentrum der KMU in China (anderer Begriff: Greater Bay Area). Foxconn ist im Norden von Shenzhen. Weitere Handy und IT-Firmen sind Huawei, ZTE, Oppo, Vivo (jedes vierte Handy weltweit kommt aus der Stadt). Weitere berühmte Konzerne in der Stadt sind Tencent, Ping An. 

Bei den Städten um Shenzhen herum spricht man von Clusterstädten. Dalang steht für Pullover und Sweatshirts, Humen für Bekleidung, Qiatou für Verpackungen, Qingxi für Computer, Houjie für Möbel und Schuhe. Shenzhen ist auch das Mekka der Start-up-Szene: Eric Pan, David Li, William Bao Bin, Cyril Ebersweiler, Kevin Lau, Chadwick Xu, Liam Casey sind berühmte Gründer.  In Dongguan (eineinhalb Autostunden von Shenzhen) ist die Vergnügungsszene, der "Puff" Chinas.. Die Stadt ist mit St- Pauli in Hamburg vergleichbar. Allerdings hat die Stadt natürlich gigantischere Ausmaße. In Dongguan ist auch ein großes Gefängnis. Das Leben dort beschreibt Robert Rother: Drachenjahre. Wie ich 7 Jahre und 7 Monate im chinesischen Gefängnis überlebte, Hamburg (Edel Books) 2020. Es ist der erste deutsche Augenzeugenbericht eines Häftlings aus chinesischen Gefängnisse. Rother saß im Gefängnis in Dongguan. Er ging 2004 nach China, wo er mit Geschäften Millionen verdiente und in höchste Kreise aufstieg. Er betrieb eine Investmentfirma und die Website "Finance China". 2011 kam er ins Gefängnis (im Gefängnis heißt er Liozi Luobote). 2018 kehrte er nach Deutschland zurück. Rother berichtet von Zwangsarbeit, dem eisernen Stuhl und dem Psycho-Terror im Gefängnis.

Auch viele ausländische Firmen haben Forschungslabore in Shenzhen: Airbus, Apple u. a.. Vgl. zu Shenzhen: Wolfgang Hirn, Shenzhen. Die Weltwirtschaft von morgen, Frankfurt/ New York (Campus) 2020. Als großes Vorbild von Shenzhen galt in der Anfangsphase Shannon in Irland (seit 1959 Freihandelszone). für Xi jinping hat die Stadt eine große private Bedeutung: Seine Mutter lebt dort, die er oft privat besucht.

Abfalltrennung und Recycling: Was bisher kaum ein Thema in China war, rückt im Sommer 2019 in Shanghai ganz in den Mittelpunkt. Die Stadt bekommt eines der strengsten Recycling-Gesetze der Welt. Aufklärungskampagnen, Müllwächter und Bußgelder bei Vergehen werden eingeführt. Ausgangspunkt war die Tatsache, dass Shanghai täglich etwa 22.000 Tonnen Müll produziert. die Recycling-Quote soll von aktuell 20 auf 35 Prozent erhöht werden. Bisher hatte China ein Heer von billigen Arbeitskräften (Wanderarbeiter) für die Müllsortierung. doch die Arbeiter sind rar und teuer geworden.

Plastik: 2020 sagt China Wegwerf-Plastik den Kampf an. Bis Ende des Jahres werden in allen Großstädten Plastiktüten verboten (Quelle: Umweltministerium und Nationale Entwicklungs- und Reformkommission). Ebenso verboten werden Einwegstrohhalme. In allen übrigen Orten soll das Verbot ab 2022 gelten. Märkte mit frischen Produkten sind noch bis 2025 ausgenommen. Die Recycling-Betriebe dürfen nur noch einheimisches Plastik verarbeiten (das Importverbot von Plastik-Müll gilt schon länger). Riesige Mengen von Plastikmüll wurden in der Vergangenheit auf Deponien vergraben oder in Flüssen entsorgt.

Exkurs, China als Naturraum, Klimaschwankungen in der Geschichte und Umweltveränderungen durch den Menschen: China zeichnet sich durch große Kontraste aus. 16% der Gebiete liegen über 5000 Meter Höhe. Nur 32% liegen unter 1000 Meter. Extrem trockene Gebiete stehen Gebieten mit viel Niederschlag gegenüber. Hohe Gebirge prägen den Westen. Zwischen den beiden großen Flüssen "Langer Fluss" und "Gelber Fluss" liegt eine Ebene, die das nördliche China vom Süden trennt. Die landwirtschaftlich nutzbaren Flächen sind sehr begrenzt. Blütephasen der chinesischen Geschichte scheinen mit wärmeren und feuchteren Klimabedingungen zu tun zu haben. Neben dem natürlichen Klimawandel traten von Menschen geschaffene Veränderungen auf. Brandrodung, exzessive Bejagung, Abholzung und Eingreifen in den Wasserhaushalt hat es immer wieder gegeben. Vgl. Nagel-Angermann, M.: Die Geschichte des alten China, Wiesbaden 2018, S. 13ff. Schon bei einer der ersten Dynastien Chinas, den Zhou (11. Jh. v. Chr.), dürfte Klimawandel Ursache für Wanderungen gewesen sein. Sie drängten in fruchtbare Lösebenen und gründeten eine neue Hauptstadt mit Luoyang. Sie drängten auch in das 600 km entfernte Anyang. Später kam eine Wärmeperiode, die in Nordchina zu Bevölkerungswachstum, Urbanisierung und sozialer Mobilität führte.  Die Wärmeperiode hielt zu der Qin- und Han - Zeit an. Das Auf und Ab des chinesischen Einheitsreiches wäre parallel zur Kurve langfristiger Klimaschwankungen darstellbar. Vgl. Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart 2019, S. 65f. Auch heute noch hat China mit Naturkatastrophen zu kämpfen. Zwei Drittel der VR kämpfen auch 2020 mit sintflutartigen Niederschlägen. Die Sorge wächst, dass die Wassermassen einen der größten Staudämme der Welt (Drei-Schluchten-Staudamm) überstrapazieren könnte. Der Janngdsekiang liegt fünf Meter über der Hochwasserschutzlinie. Die 18 Millionen Metropole Chongqing ist bedroht. 2020 bekommt China ein neues Artenschutzgesetz. Es wird viel getan, um vom Aussterben bedrohte Arten zu retten. In den letzten Jahren wurden 10 neue Nationalparks gegründet. eine Studie 2021 (internationales Team) kommt zu dem Ergebnis, dass Schädlinge und Pflanzenkrankheiten  immer mehr die Agrarerträge schmälern. Der Klimawandel sei dabei ein wichtiger Faktor. Es wurden Daten von 1970 bis 2016 ausgewertet. Man spricht von einer Zunahme um mehr als das Vierfache. Es gibt große Unterschiede zwischen den Provinzen in China.

Aktueller Stand Ende 2020: 2020 hat man folgende Position in der Welt: Weltanteil bei den CO2-Emissionen 30%; Anteil fossiler Quellen am Energiemix 85%, davon kohle 59%. Zweithöchstes BIP der Welt, Industrieanteil 39%. Quellen: EIA, IWF, Weltbank. Es gibt auch mächtige Gegner der Klimapolitik in China. Besonders die armen Provinzen - wie etwa Gansu - tun sich schwer damit.

Global Gobernment: Am 18.4.21 treffen sich eine chinesische (Leiter Xie Zhenhua) und eine us-amerikanische Delegation in Shanghai. Man beschließt und trifft eine Vereinbarung, dass beide Länder bei der Klima- und Umweltpolitik kooperieren wollen. Sie sind die beiden größten CO2-Emitenten dieser Welt. In fast allen anderen Politikbereichen hat sich seit dem Amtsantritt von Biden das Verhältnis beider Länder eher abgekühlt bzw. ist eher konfliktträchtig. die US-Delegation wird vom Klimabeauftragten der USA John Kerry geleitet. Beide Länder bereiten sich damit auf die virtuelle Klimakonferenz vor, die 2021 von den USA ausgerichtet wird (Vorbereitung). Im November 2021 soll in Glasgow/ Schottland dann die nächste reale Weltklima-Konferenz stattfinden. 

Erst einmal dürfte auch nach der Weltklimakonferenz 21 in Glasgow der CO2-Ausstoß in China noch steigen. Das Land unternimmt aber gewaltige Gegenmaßnahmen, die mittelfristig wirken dürften: 1. Riesige Investitionssummen in Energiewende (im Pandemiejahr 20 mehr Windkraftanlagen als der Rest der Welt gebaut). 2. Wende von Verbrennungsmotoren zu E-Autos. 3. Schadstoffneutralität bis 2030. 4. Höhepunkt von CO2-Ausstoß 2030. 5. 2021 Einführung von nationalem Emissionsmarkt. 6. Keine Kohlekraftwerke mehr im Ausland. 7. Klimaneutralität bis 2060  (nationales Papier dazu Ende Oktober 21, erst Technologien zum Senken perfektionieren). Vgl. Rheinpfalz 3.11.21, S. 2.  Auf der Konferenz in Glasgow macht China in einer Initiative mit: Bei der Rettung der Wälder. Bei der Methan-Initiative ist man nicht dabei. Xi Jinping nimmt nicht an der Konferenz teil. Die Klimapolitik Chinas ist in die Wirtschaftsstrategie der KPCh eingebettet (schlechte Luft in den Städten im Winter verbessern, nicht von Energieimporten aus dem Ausland abhängig werden,  Exportmodell durch Binnenmarktmodell ersetzen, auf jeden Fall politische Stabilität wahren). Vg. Ankenbrand, Hendrik: China am Pranger, in: FAZ Nr. 260, 8.11.21, S. 1.

Energie/ Rohstoffe (Energiepolitik): Energieverbrauch pro Kopf in kg ÖE 2004: 960. China hat einen Anteil von 38,6% (2006) am Weltkohleverbrauch. China importierte 2004 Öl im Wert von 38 Mrd. $ (Steigerung bis 2020 um des Zwanzigfache). Im Jahre 2006 hat China soviel Öl importiert wie noch nie zuvor (145,2 Mio. t, +14,5%, 81,9 Mrd. $). Der Ölverbrauch ist in den letzten zehn Jahren um 101,1% gestiegen (Indien +51,5%). Der Verbrauch in ganz Asien ist nahezu gleich hoch wie der in Nordamerika (24.589 Tausend Barrel). Der Iran liefert 14% der chinesischen Ölimporte und hat einen hohen Anteil bei Erdgas. Ein Drittel seiner Ölimporte bezieht China aus Afrika. So fand Anfang November in Peking ein "China-Afrika-Kooperationsforum" statt. China will seine Hilfe für Afrika auf über 5 Mrd. $ verdoppeln. Ende 2010 wird einen neue Öl-Pipeline zwischen Russland und China eröffnet. Sie ist 3600 km lang und führt vom östlichen Sibirien zu den Raffinerien im nordostchinesischen Daqing. Jährlich sollen über 30 Mio. t Öl befördert werden. In den nächsten 15 Jahren sollen 32 neue Atomkraftwerke gebaut werden! Eine neue Aufarbeitungstechnik bei den Brennelementen soll Uranressourcen von 80 auf 300 Jahre verlängern. Gegenwärtig verfeuern 69% aller Kraftwerke Kohle. Kohle hat einen Anteil am Primärenergieverbrauch von 65%. Damit trägt China einen Großteil der weltweiten Umweltverschmutzung.  Senkung des Energieverbrauchs 2006 um 4% geplant. Der Drei-Schluchten-Staudamm, das größte Wasserwehr der Welt, soll in drei Jahren 1/10 des Elektrizitätsbedarfs decken. Viele Grundstücke für neue Bauvorhaben werden illegal vergeben (Korruption).    Zusammen mit der UN soll in Peking eine Börse für Klimaschutzzertifikate aufgebaut werden. Die erste Börse dieser Art ist bisher die Chicago Climate Exchange. 2007 hat das Kabinett einen Nationalen Plan zum Klimawandel verabschiedet (erstes derartiges Dokument, federführend ist Xie Zhenhua als Vizepräsident für Umweltschutz und Energiepolitik der NDRC). Vor dem G8-Gipfel 2007 wird ein eigener Klimaschutzplan vorgelegt (bis 2010 Energieeffizienz +20%, Schadstoffausstoß -10%). Mit Fahrverboten bis zu 4 Tagen will Peking die Luftqualität für die Olympischen Spiele verbessern. Bei der Strom- und Energiegewinnung (Ökostrom) führt China mittlerweile bei erneuerbaren Energien (vor Deutschland), Wasserkraft und Solarthermie (Deutschland Dritter). Bei Strom aus Windkraft hat China Deutschland 2009 vom zweiten Platz verdrängt. An der Spitze liegen die USA (35.000 Megawatt). 2009 gab China 34,6 Mrd. $ für alternative Energie aus, mehr als jedes andere Land der Welt (bis 2020 150.000 Megawatt aus Windkraft).

Exkurs: Energieamt (NEA): 2021 hat die Chinesische Regierung das Amt für mangelnden Umwelt- und Klimaschutz kritisiert. Es gab eine Inspektion. Daraufhin wurde Ineffizienz und Versagen kritisiert. Das machte eine Untersuchungsgruppe des Staatsrates zum Umweltschutz (CEIP). Das war am 2.2.21 auf der Website des NEA zu finden. "Dem Umweltschutz werden nicht die richtige Priorität eingeräumt".

Strategie: China könnte als Schwellenland seine Emissionen bis 2030 noch steigern. Doch so gesehen übertrifft China seine Ziele und reduziert (das kann zum Teil auch Desinformationskampagne sein). Daraus ziehen viele den Schluss, dass Diktaturen besser mit dem Klimawandel umgehen können. Das stimmt aber eigentlich nicht, wenn man an so erfolgreiche Nationen wie Schweden, Dänemark, Großbritannien und Litauen denkt. Normalerweise ist in Diktaturen die Verführung groß, sichere Energie zu billigen Preisen für die Bevölkerung bereit zu stellen. Deshalb bevorzugt man billige fossile Brennstoffe. Das macht China aber nur noch zum Teil (Kohlekraftwerke). Das Regime hat erkannt, das man mit erneuerbaren Energien und E-Mobilität sehr viel Geld verdienen kann.  Im Jahr 2023 wird China mehr erneuerbare Energien produzieren als die EU (Weltenergieagentur). Vgl. Claudia Kemfert: Mondays for Future, Hamburg 2020, S. 55.

Kernkraftwerke: Im November 2020 geht der erste selbst entwickelte Atomreaktor in Betrieb. Eigentlich ist der Start erst Anfang 2021: Es ist der Reaktor Hualong Ona. Damit bricht China das Monopol der ausländischen Kernkrafttechnologie. Dahinter steckt der Energieriese CNNC. Der neue Reaktor erzeugt jährlich zehn Milliarden Kilowattstunden Strom. Der Kohlestoffausstoß sinkt dadurch um 8,16 Millionen Tonnen. Kernkraftwerke decken im Jahr 2019 fünf Prozent des jährlichen Strombedarfs. Quelle: Chinesische Angaben, CNNC. Von den weltweit 2020 414 aktiv betriebenen Kernreaktoren sind 50 in China. Damit liegt das Land schon an dritter Stelle in der Welt hinter der EU (123, Frankreich 56), den USA (94) und vor Russland (38). Quelle: World Nuclear Industry Status Report.

China will sich in Zukunft als eines der führenden Länder für den Bau von Atomkraftwerken anbieten. Das Land strebt hier die Technologieführerschaft an. Hauptträger ist die staatliche China General Nuclear Power Group (CGN) aus Shenzhen. Als Prestigeprojekt gilt 2021 das Kernkraftwerk Hinkley Point C am Bristolkanal in Großbritannien (soll 2026 in Betrieb gehen). Es ist eines der größten Atomkraftwerke der Welt. Es wird zusammen mit Staatskonzernen aus Frankreich gebaut. Der britische Premier Boris Johnson will weitere Atomkraftwerke bauen. China kommt zum Zuge, weil auch die Finanzierung mit angeboten wird. Man arbeitet mit dem größten Kran der Welt "Big Carl".

Rohstoffe: In China lagern 42% aller weltweiten Vorräte an Wolframcarbit (80% Weltmarktanteil bei China).  China hat eine fast Monopolstellung bei Seltenerdmetallen wie Terbium, Yttrium, Neodymium, Erbium, Europium, Dysprosium, Promethium, Holmium, Thulium, Ytterbium, Dybrosium,  (insgesamt 17). Seltene Erden sind weiche, silbergraue Metalle, deren Schmelzpunkt zwischen 900 und 1600 Grad C liegt. Groß sind auch die Vorkommen an Lithium und Molybdän. Daneben gibt es noch große Vorkommen an den Seltenen Erden Gadolinium, Samarium, Praseodym und Lanthan. China verknappt 2010 sein Angebot an Seltenen Erden durch verschärfte Umweltschutzauflagen. Die geringen Umweltauflagen hatten den Preis bis dahin niedrig gehalten. China besitzt 97% der weltweiten Mengen. Sie werden für Computer, Halbleiter, Elektromotoren, Windturbinen, Akkus u. a. gebraucht. 2010 ist der Preis schon um 171% gegenüber 2009 gestiegen. Um Produktionsstätten im Land zu halten, arbeitet China mit Exportquoten bei seltenen Erden. Diese werden 2012 sogar erhöht. Auf Druck der WTO werden sie ab 2015 vorerst wieder abgeschafft. Ende 2010 wird eine Rohstoffzentrale gegründet. Sie ist wie ein Industrieverband organisiert und mit dem Industrieministerium verbunden. Es gibt über 1000 illegale Minen, die Mensch und Umwelt gefährden. Fast alle Rohstoffe werden jetzt zentral angeboten. Das gilt auch für Gold.  "Der Nahe Osten hat Öl, wir haben Seltene Erden", Deng Xiaoping 1992.

Xinjiang im Nordwesten von China ist die größte Erdgasförderregion. Hier gibt es auch große Ölvorkommen. China hat die höchste Goldförderung in der Welt (270 t 2007). Als Nachfrager ist China mit seinem Rohstoffhunger ein großer Preistreiber. Zunehmend rückt Australien ins Blickfeld (hier leben 600.000 Chinesen, China ist der wichtigste Exportmarkt). Eisenerz, Kohle und Baumwolle werden geliefert. Es werden indirekt oder direkt Beteiligungen an australischen Firmen erworben, vor allem in der Bergbauindustrie. Inzwischen ist China hinter den USA der zweitgrößte Markt für Windenergie. Es gibt ca. 50 eigene Hersteller im Land. In letzter Zeit werden nur noch einheimische Hersteller bei Ausschreibungen berücksichtigt. Viele ausländische Anbieter müssen über die Aufgabe von Produktionsstätten in China nachdenken. Im Bereich der Solarenergie wird China immer erfolgreicher: 2009 kann das Silizium für Sonnenkollektoren 44% billiger produziert werden als in Europa. Mit einem System von Steuern auf die gesamte Wertschöpfung hält man eigene Rohstoffe im Land: bei Exporten Exportsteuer, Rückerstattung der Umsatzsteuer; bei Importen Einfuhrsteuer. Außerdem gibt es Manipulationen bei Rohstoffbörsen. Im Krisenjahr 2009 wurden 150 Mrd. Dollar international in Rohstoffe investiert. In Südamerika hat man einen Anteil am Ölgeschäft Ecuadors erworben, in Venezuela ein Ölfeld. In Birma wird eine Pipeline vom Indischen Ozean nach China gebaut. In Kanada ist man an Ölsand-Vorkommen beteiligt. In Nigeria werden vier Erdölraffinerien gebaut. In der Mongolei hat man Anteile an Kupfer- und Goldminen gekauft. 2011 nach der Naturkatastrophe in Japan stoppt die Regierung vorerst den Bau von Atommeilern (derzeit 13 in Betrieb, bis 2020 verdoppeln). Der Neubau soll verlangsamt werden und die Gesamtkapazität soll niedriger sein (China Electric Council, CEC). In Europa kooperieren chinesische Staatskonzerne in der Energiepolitik: Türkei Bau von Atomkraftwerken, Bulgarien Atomkraftwerk, Polen Kohlekraftwerk, Rumänien Kohlekraftwerk. 2011 löst China Japan als größten Kohle-Importeur ab. 2019 werden die Kapazitäten der Kohlekraftwerke immer noch ausgebaut (+ 666.600 Megawatt). 2019 werden noch 60% der Elektrizität mit kohle erzeugt. Im Mai 2014 schließt China ein Gasabkommen mit Russland: Russische Gaslieferungen für 30 Jahre. Ab 2018 soll Gazprom jährlich 38 Mrd. Kubikmeter Gas pro Jahr liefern. Das Geschäftsvolumen liegt bei ca. 400 Mrd. $. Im Juli 2014 zieht China seine umstrittene Bohrplattform vor Vietnam ab. Australien wird 2021 mit einem Kohleimport belegt. Das Land hatte ine bessere Aufklärung der Corona-Ursachen gefordert und sich über die Zustände in Hongkong beschwert. Im Januar 2021 kommt es zu einem schweren Unfall in einer Goldmine: die meisten Bergleute können nach einer Woche gerettet werden.   Im Dezember 2017 muss die BASF ihre Produktionsstätte zur Herstellung der Chemikalie MDI in der Millionenstadt  Chongqing vorübergehend wegen Gasmangels schließen. Im August 2022 bietet China Deutschland überschüssiges LNG an. Deutschland profitiert indirekt von China. Der Gasverbrauch ist zum ersten Mal seit 20 Jahren 2022 zurückgegangen. Die frei gewordenen Mengen kauft Europa.

Exkurs. Bohranlage Shenditake 1: Sie liegt in der Taklamakan-Wüste im Tarim-Becken. Dort stellt China einen Rekord auf. Die Bohranlage hat sich bis in eine Tiefe von 10.000 Metern vorgearbeitet. am Ende sollen es 11.100 werden.  Mit der Bohrung wird der Untergrund erforscht, aber auch Öl- und Gasvorkommen sollen erschlossen werden. Dei Arbeitsbedingungen sind nicht angenehm: Tagsüber kann es bis zu 60 Grad Celsius heiß werden, nachts auf minus 10 Grad abkühlen. Vgl. Der Spiegel 11/ 9.3.24, S. 90.

Dominanz Chinas bei Industriemetallen: Die Rohstoffmärkte waren in den vergangenen zwei Jahren durch Produktionsausfälle, unterbrochene Lieferketten, hohe Frachtraten und drastisch gestiegene Rohstoffpreise gekennzeichnet. Bei der Analyse der Preistreiber fällt auf, dass bestimmte Akteure eine besondere Rolle bei der Entwicklung der Rohstoffpreise spielten. Die dominierende Rolle fällt dabei China zu. So wurden die internationalen Lieferketten insbesondere durch Lockdown-Maßnahmen und Hafenschließungen in China nachhaltig gestört, was zu anhaltenden Versorgungsengpässen auf den Märkten für Industriemetalle führte. Die Industriemetallnachfrage wurde durch die rasante Erholung der chinesischen Wirtschaft schon frühzeitig gesteigert. So stiegen bereits im Frühjahr 2020 die Preise für Industriemetalle stark an, obwohl sich die westlichen Industriestaaten noch in einer Rezession befanden. China hat 2021 weltweit die höchsten Anteile sowohl bei der Produktion als auch beim Verbrauch von Metalle. Im einzelnen sieht das wie folgt aus (P: Produktion raffiniert; V: Verbrauch raffiniert): Aluminium P 55%, V 56%; Kupfer P 40%, V 53%; Blei P 48%, V 45%; Nickel P 35%, V 55%; Zinn P 50%, V 48%; Zink P 35%, V 48%. Vgl. Wellenreuther, Claudia: Chinas Rolle auf den Industriemetallmärkten, in: Wirtschaftsdienst Heft 2/ 2022, S. 151-152. World Bank Group: Commodity Markets Outlook: Causes and Consequences of Metal Price Shocks, April 2021.

Kohle: Im Oktober 2021 ordnet die Nationale Energiekommission eine Liberalisierung des Kohlemarktes an. Kohle wird im Land knapp. Es soll wieder mehr Strom in Kohlekraftwerken hergestellt werden. Der Strom muss schon in vielen Regionen für einige Tage abgestellt werden. Damit wird aber das Erreichen der Klimaziele schwieriger. 2021 nach der Corona-Krise zeigt sich, welch große Bedeutung China mittlerweile für die Rohstoffversorgung der Welt hat. Es herrscht zum einen Magnesiummangel. China muss seine Produktion runter fahren, weil die Energieversorgung der Bevölkerung vorgeht. Kohlekraftwerke haben Probleme, weil der Kohlepreis staatlich festgelegt ist. Also muss Strom abgeschaltet werden. 87% des Rohstoffes kommen 2021 aus China. Das kann auch die deutsche Industrie behindern. Magnesium braucht man zum anderen auch für die Herstellung von Aluminium. Auch hier ist China 2021 der Hauptlieferant. Bis Oktober 2021 ist der Preis schon um 60% gestiegen. Es gibt erhebliche Produktionsausfälle in aller Welt (Autos, Fahrräder u. a.).

Hochleistungsmagnete: China produziert über 95% aller Hochleistungsmagnete. Bayan Obo in der Inneren Mongolei ist die größte Seltenen Erden-Mine der Welt. Der Hochleistungsindustrie in den führenden Industriestaaten fehlen die notwenigen Rohstoffe. Man braucht diese Magnete für Elektroautos und Windkraftanlagen. Platz zwei und drei haben die USA und Australien. Man hofft in Europa auf Recycling.

Alternative Energien: Mittlerweile besitzt China 2010 die größte, fünft- und sechstgrößte und achtgrößte  Solarzellenfirma der Welt (Suntech Power, Yingli, JA Solar, Trina Solar) sowie die dritt- und viertgrößte Windkraftanlagenfirma (Sinovel, Goldwind) der Welt. 2013 schließ China mit Russland einen Liefervertrag über Erdöl. Die Ausfuhren sollen verdoppelt werden (vor allen Rosneft). 2013 kauft China riesige Agrarflächen in der Ukraine (von der Größe Brandenburgs).  Die größten Öl- und Gasvorkommen Chinas sind in der Provinz Xinjiang im Westen (vor allem im Tarim-Becken). Hauptstadt ist Urumqi. Terroristen bekämpfen die Vormacht der Chinesen, die in der Regel alle wichtigen Ämter besetzen. Im März 2015 genehmigt das Land erstmals wieder einen Kernkraftneubau (Moratorium nach Fukushima 2011). 2016 genehmigen zwei chinesische Banken Kredite für das russische Erdgasprojekt Yamal LNG. rund 12 Milliarden Dollar fließen damit aus China in das Projekt am nördlichen Polarkreis. Ab 2017 soll dort unter Leitung des russischen Energieunternehmens Novatek verflüssigtes Erdgas gefördert werden. Ab 2017 forciert China noch mal den Ausbau erneuerbarer Energien: Zwischen 2016 und 2020 sind Investitionen von über 340 Mrd. Euro geplant (Quelle: Nationale Energiebehörde NEA). Dadurch sollen 13 Millionen Arbeitsplätze in dem Sektor geschaffen werden.

2022 verschärfen sich Hitze und Dürre. Der Klimawandel schlägt gnadenlos zu. Besonders betroffen ist Sichuan. Der Yangtse hat kaum noch Wasser. Die Wasserkraftwerke können keine Energie mehr liefern. Klimaanlagen und Firmen müssen abgeschaltet werden.

Wasserstoff:  China produziert und konsumiert als Weltmarktführer 30% des weltweiten Wasserstoffs, rund 33 Mio. Tonnen. Doch nur 3% werden aus erneuerbaren Energien gewonnen. Das soll sich ab 2023 ändern. Dei Anlagen für Grünen Wasserstoff entstehen in der Inneren Mongolei (es werden die beiden größten der Welt sein). 2060 will China klimaneutral sein. Vgl. Sieren, Frank: China to go, München 2023, S. 223ff.

2017 bohrt China erfolgreich nach Methanhydraten im Südchinesischen Meer. Dieses spezielle Erdgas könnte den Energiebedarf für Jahrtausende decken. Das tief im Meeresboden sitzende Gas ist schwer abzubauen. Entweicht Methangas in die Atmosphäre, ist es noch viel klimaschädlicher als CO2.

Elektromobilität: In China sind 2017 200 Mio. E-Mopeds und Roller unterwegs. Benzin getriebene Motorräder sind verboten. Motorräder finden auch leichter einen Parkplatz in den überfüllten Innenstädten und sie sind für Ärmere erschwinglich. Für Fußgänger sind Zweiräder sehr gefährlich, weil sie lautlos sind. 2017 führt China eine Quote für Elektro-Autos ein.

Neue Seidenstraßenprojekt und Energieversorgung: Das Projekt dient der Absicherung des kontinentalen Energiekorridors und reduziert die Verwundbarkeit der Energieversorgung durch den Seeweg. Außerdem wird die Effizienz deutlich erhöht. Wenn die Allianz der Oberen Adria den Betrieb aufnimmt (Venedig, Triest, Ravenna, Capodistria, Port Fiume) beträgt der Seeweg von Shanghai bis dahin 8600 Seemeilen, der Weg nach Rotterdam oder Hamburg ca. 11.000 Seemeilen. Vgl. Xeuwu Gu: Für Europa birgt die "Neue Seidenstraße" mehr Chancen als Gefahren, in: bdvb aktuell, Nr. 145, 2019, S. 18ff.

Selbstheilungsnetz: KI kann Stromausfälle minimieren. Mit dieser Technik will China sein Stromnetz auch globaler ausrichten. Viele Hitzewellen und Stürme werden weltweit durch den Klimawandel ausgelöst. Diese führen zu Stromausfällen Hier will China helfen. Schon 2015 warb Xi vor der UN für ein weltumspannendes Energienetz. 2012 haben die IRENA  und er chinesische Staatskonzern SGCC eine Absichtserklärung unterschrieben. Vgl. Sieren, Frank: China to go, München 2023, S. 52ff.

Strom aus dem Weltall: Sonnenenergie aus dem All soll dei Energieprobleme lösen. Noch 2023 wird im westchinesischen Chongqing die weltweit erste Basisstation für Weltraumstrom fertig gestellt. Die größte Herausforderung der Weltraum gestützten Solarenergie  (Space-Based Solar Power, SBSP) liegt darin, die Energie über Mikrowellen zielgerichtet und ohne Streuverluste zur Erde zu schicken. 2022 konnten Forscher der Xidian University in der Provinz Shaanxi einen Durchbruch erzielen (SPS-OMEGA. Es entsteht auch noch eine Parallelsystem (MR-SPS). 2030 soll eine Testversion ins All gehen. Vgl. Sieren, Frank: china to go, München 2023, S.23f.

Resümee: China fährt energietechnisch mehrgleisig. Das ist konträr zu der Strategie in Deutschland. Man baut massiv die erneuerbaren Energien aus (Strom, Wind). Man passt sie ideal der Umgebung an (Solarenergie Wüste Gobi; Windenergie Himalaja). Dennoch setzt das Reich der Mitte weiterhin auf Kohle, Atomkraft und Gas. Die Gelegenheit des Ukraine-Krieges (westliche Sanktionen) wird genutzt, um fossile Energie billig aus Russland zu importieren. Bei grüner Energie bzw. Rohstoffen ist China in vielen Bereichen weltweit an der Spitze (Seltene Erden, Raffinierung Seltener Erden, Fertigung von Solarpanelen, Kobalt-Raffinierung, Grafit, Fertigung von Batteriebauteilen, Polysilizium).

Exkurs: Jangtsekiang (kurz Jangtse): Langer Strom. Der längste Fluss Chinas (drittlängster der Welt nach Nil und Amazonas). Das Quellgebiet liegt im Hochland von Tibet in der Provinz Qinghai. Er mündet ins Ostchinesische Meer. Der Fluss teilt das Land in Nord- und Südchina. Er ist von der Stadt Yibin an befahrbar. Ein Großprojekt zur Energiegewinnung war der Drei-Schluchten-Staudamm, der die Umwelt stark beeinflusst hat. Wichtige Städte am Fluss sind Chongqing, Wanxian, Wuhan (Mao schwamm hier durch den Fluss), Nangjing und Shanghai. Der Fluss spielte auch in der Geschichte Chinas eine große Rolle (Mao überquerte den Fluss, die Engländer konnten mit modernen Kanonenbooten eindringen und China besiegen). Zwei Drittel der VR kämpfen auch 2020 mit sintflutartigen Niederschlägen. Die Sorge wächst, dass die Wassermassen einen der größten Staudämme der Welt (Drei-Schluchten-Staudamm) überstrapazieren könnte. Der Jangtsekiang liegt fünf Meter über der Hochwasserschutzlinie. Die 18 Millionen Metropole Chongqing ist bedroht. Im Sommer 2020 führen starke Regenfälle zu einer Überschwemmung am Jangtsekiang. 18,5 Mio. Menschen sind bedroht. Auch die Dämme des Drei-Schluchten-Stausees könnten brechen. immer wieder muss Wasser deshalb abgelassen werden, was das Hochwasser verstärkt. Die Dürre 2022 lässt den Jangtse fast austrocknen. Wasserkraftwerke können keine Energie mehr liefern.

Am Jangtse liegt auch die Stadt Zhenjiang, die Partnerstadt Mannheims ("Perle am Yangtse"; vgl. das Buch von Norbert Egger: "Perle am Yangtse - Zhenjians Aufstieg aus persönlicher Sicht", 2019; Dr. Egger stellt das buch am 13.09.19 im Marchivum in Mannheim vor: Ex-Botschafter Prof. Mei Zhaoron und eine Delegation des chinesischen Außenministeriums). Sie hat über 3 Mio. Einwohner. Sie liegt im Schnittpunkt mit dem Großen Kanal (Kaiserkanal). Shenkuo ließ im 11. Jahrhundert hier ein Anwesen bauen. Es ist auch der Geburtsort von Li Lanqing. Die Stadt ist aber über 3000 Jahre alt. Marco Polo besuchte sie im13. Jh. und beschrieb sie in seinem Buch. Es gibt heute noch eine Marco Polo-Straße in der Stadt. In der Nähe liegt der Maoshan, einer der heiligen Berge Chinas (Daoismus, Laotse-Statue). 2018 dreht das zentrale Fernsehen eine Sendung über die Stadt (die Sendung wurde schon einmal wiederholt). Bei der Wettbewerbsfähigkeit von Städten liegt Zhenjiang auf dem 8. Platz (Akademie der Sozialwissenschaften). Heute ist Zhenjiang eine Modellstadt Chinas für gute Luft und saubere Umgebung. Die berühmte Schriftstellerin Pearl S. Buck lebt als Kind eine zeitlang mit ihren Eltern in der Stadt.

 

Das linke Haus auf diesem Bild ist das Marco Polo-Haus in Venedig. Man erkennt eine Tafel, die darauf hinweist, dass Marco Polo hier geboren wurde. Vater und Onkel waren Juwelenhändler in Venedig.  Venedig war zu der Zeit eine Weltmacht im globalen Handel und hatte nahezu ein Monopol im Handel mit China ("Europas Tür zur Welt"; La Serenissima"). Aus China importiert wurde Seide, Tee und Porzellan. Nach China exportiert wurden Textilien, Schmuck, Gewürze, Lederwaren, edle Hölzer, Pelze. Die Polos hatten auch Kontore am Ural. Sie betrieben Handel über die Seidenstraße zur Zeit der "Goldenen Horden" der Familie Khan. Die Strecke ging von Venedig über Istanbul durch den Kaukasus bis China. Marco Polo soll Kublai Khan, den Enkel von Dschingis Khan in Dunhuang oder Shangdu getroffen haben. Der machte ihn zu seinem Präfekten. Khan hatte Cambaluc, das heutige Peking, zur Hauptstadt gemacht (er stammte aus Karakorum in der Mongolei). Er ließ die ersten Geldscheine machen (Rinde aus Maulbeerbäumen, mit einem roten Siegel). Er förderte den internationalen Handel, die Bauern und die Handwerker.  Marco Polos Lieblingsstadt in China soll Hangzhou gewesen sein. Auf dem Seeweg reiste Polo zurück (von Quanzhou aus, der Partnerstadt von Neustadt Weinstraße).  Marco Polo (1271-1295; in genuesischer Gefangenschaft schrieb er seine Erlebnisse auf; das Erfolgsbuch prägte vor den Jesuiten das Chinabild der Europäer) Er reiste, berichtete und brachte viele Produkte und  Erfindungen aus China, das zu der Zeit die technologische Führungsmacht der Welt war, nach Europa. An den Erzählungen Marco Polos zweifelten schon die Zeitgenossen. 17 Jahre will er das Land bereist haben. Beim Schreiben half ihm der Mitgefangene Rustichello da Pisa. Das Buch heißt "Il Milione". Es wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Es gibt heute noch viele handschriftliche Exemplare. Am erfolgreichsten in der Verbreitung war die lateinische Version.  Nach Marco Polo sind der Flughafen von Venedig, ein Mondkrater und ein Asteroid benannt. Heute gibt es umgekehrt eine Invasion von Chinesen in Venedig. Sie betreiben Geschäfte, Bars und Restaurants. Einige führen auch illegale Imitate ein. Dahinter steckt auch eine Idee: Nämlich den Kreislauf des Geldes wenigstens zum Teil in China enden zu lassen und am profitablen europäischen Tourismusgeschäft teil zuhaben. Ähnlich läuft es in Frankreich und Griechenland. Schon vor Polo hatte es Reisen nach China und Indien gegeben. Aber Polo besuchte kaum bekannte Teile Chinas und hinterließ besagtes Buch, das zu den bekanntesten Werken des Mittelalters zählt. Der Text ist mit Sagen und Legenden angereichert. Vor 700 Jahren starb er in seiner Heimatstadt Venedig. Er war ein kluger und gelehrter Bürger Venedigs.

Die Dogenrepublik hatte in ihrer Blüte die Kontrolle über Konstantinopel (heute Istanbul), große Teile der Türkei und Griechenlands einschließlich der Insel Kreta. Venedig war im vierzehnten Jahrhundert die wichtigste Handelsstadt Europas und wohl auch der Welt. Mit der Entdeckung Amerikas 1492 begann der Abstieg der Dogenrepublik. Venedig konzentrierte sich dann auf das "Terra ferma", das Hinterland. Sehr fortschrittlich war das Regierungssystem der streng oligarchisch strukturierten Republik. Adelsfamilien hatten ein perfektes System der zeitlichen Arbeitsteilung von Regierung und Gerichten entwickelt. Führend waren in der Zeit auch viele wichtige Künstlerpersönlichkeiten (Bellini, Canova, Giorgione, Palladio, Tizian, Tintoretto). 2021 fordert der Wirtschaftswissenschaftler Bruno Frey aus Zürich ein zweites Venedig zu bauen speziell für den Tourismus: Vgl. Bruno S. Frey: Venedig ist überall - Vom Übertourismus zum Neuen Original, Springer 2021.

Außenwirtschaft (Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik bei Politik; vgl. auch Teil bei politische Rahmenbedingungen): Chinas Anteil am Welthandel betrug Anfang der Anfang der Siebzigerjahre weniger als 0,5%; heute (2016) ist es die größte Handelsnation (13,5 Prozent  der Exporte, 9,78 Prozent der Importe). 2001 wurde China Mitglied der WTO. 2010 wurden so viele ausländische Direktinvestitionen nach China gelockt wie noch nie: 105,7 Mrd. Dollar (+17%). China selbst investierte 59 Mrd. Dollar im Ausland (+36,3%). Weltweiter Zufluss an Direktinvestitionen 2007 74,7 Mrd. $ (2006: 64,6 Mrd. €, 2005: 63 Mrd. €, allein 6,5 Mrd. $ nach Shanghai, Prognose für 2008: 60 Mrd. $); deutsche Direktinvestitionen 7 Mrd. €, Direktinvestitionen aus Taiwan insgesamt: 50 Mrd. $ (150 Mrd. $ geschätzt). Eine große Rolle bei den Direktinvestitionen aus dem Ausland  haben und spielen noch Auslandschinesen ("Chinese Bamboo Network"). Chinesische Direktinvestitionen im Ausland  rund 3,7 Mrd. $ (+80% 2004), Direktinvestitionen in Deutschland 2008 380 Mio. €. China investiert vor allem in Afrika (30 Mrd. $, z. B. Großkredite für Öl an Angola und Nigeria) und hier vor allem in Rohstoff- und Energiebeschaffung; Exporte: insgesamt 840 Mrd. € (1202 Mrd. $) 2009, 1,484 Bio. $ 2008 (2007 1,218 Bio. $ , +26%, 790 Mrd. $ 2005, 2006: über 1 Bio. $, 43%-Anteil am BIP),  (Anteil der USA: 21,4%, hohe Exportabhängigkeit!, die Hälfte stammt von den 50.000 in China produzierenden US-Firmen), 31,9 Mrd. $ (4,3%) nach Deutschland (2009 hat China Deutschland als "Exportweltmeister" abgelöst, 2008 lagen beide Länder Kopf an Kopf). 2010 stiegen die deutschen Exporte nach China um 44%, die Importe um 35%! . Damit ist das Land drittwichtigster Außenhandelspartner Deutschlands geworden (Spitzenreiter Frankreich vor Niederlande).  Zunahme der deutschen Exporte 2008 um 14,3% auf 31,3 Mrd. € (2007 29,9 Mrd. €; 2006: 30% , 27,5 Mrd. €, 1995 -2004 durchschnittliche Steigerung um 16%), circa 3% der deutschen Ausfuhren. An der Spitze liegen Maschinen und Autos. Im 1. Halbjahr 2010 sind die deutschen Exporte nach China um 56% gestiegen. Insgesamt betrug die deutsche Ausfuhr nach China 2010 53,6 Mrd. €; die Einfuhr 76,5 Mrd. €. 2009 betrugen die deutschen Exporte 37,3 Mrd. €, die Importe 56,7 Mrd. €. Deutsche Importe aus China 2008 54,3 Mrd. € (2007: 54,6 Mrd. €, 2006: 48,8 Mrd. €. 2013 beträgt der deutsche Außenhandel mit China schon 140,6 Mrd. € (StBA). Die deutschen Exporte betragen 67 Mrd. €; die Importe 73,6 Mrd. €. Anteil: 6,4%, drittwichtigster Importeur nach Frankreich und den Niederlanden). An der Spitze liegen Elektronik, Nachrichtentechnik/ Radio/ TV und Büromaschinen/ EDV. Importe von China insgesamt: 561,4 Mrd. $. Chinas Anteil am Welthandel beträgt 2005: 7,3%; Exporte in asiatische Länder 2004: 280 Mrd. $, Importe aus asiatischen Ländern: 310 Mrd. $. Die Importe in die EU aus China sind 2006 auf 14,2% aller Importe gestiegen (1998: 6,5%). Ende 2007 beträgt der Handelsüberschuss insgesamt 262,2 Mrd. $ (177 Mrd. €), ein Anstieg zum Vorjahr um 47,7%. 2008 beträgt der Handelsbilanzüberschuss 295 Mrd. $ (USA -800). 2011 betrug der Handelsbilanzüberschuss 160 Mrd. Dollar (-12%). Die EU ist 2007 wichtigster Markt für China vor der USA geworden.  Rund 45% des EU-Außenhandels mit China geht allerdings auf Deutschland zurück. 2011 betrugen die Exporte 1,899 Billionen Dollar (+22,5%, chinesische Zollbehörde). 1985 lagen die Exporte noch bei 27 Mrd. Dollar. 2012 verbuchen die deutschen Exporteure ihr schwächstes China-Geschäft seit 2005. 2012 exportierte die EU (ohne Deutschland) Waren im Werte von 77,3 Mrd. € nach China, aus Deutschland kamen Waren im Werte von 66,6 Mrd. €. Der Anteil des China-Geschäftes liegt bei der EU bei 6,4%, bei Deutschland bei 14,1%. 2010 hatte China einen Außenhandelsüberschuss von 190 Mrd. $ (147,3 Mrd. €). Die Ausfuhren stiegen um 31,3% auf 1,58 Billionen Dollar (1,22 Billionen €). Die Importe stiegen um 38,7% auf 1,39 Billionen Dollar (1,08 Billionen Euro). 2012 gehen 6% aller deutschen Waren nach China (2011 gegenüber 2004 +209%; bei den Importen hat China den größten Anteil). Für Maschinenbauer und Autofirmen ist China der wichtigste Absatzmarkt. Bilaterale Handelsabkommen bestehen mit Thailand, Chile und Pakistan. In Vorbereitung sind Abkommen mit Australien, Singapur, USA, Schweiz, Mexiko, Norwegen, Russland und den Asean - Ländern. Zwischen den USA und China gibt es einen "Strategischen Wirtschaftsdialog", der halbjährlich auf höchster Ebene stattfindet. Die Importländer sollen mit Krediten gestützt werden. Mittlerweile kommen jährlich 140 Mio. Besucher aus dem Ausland nach China (Incoming, Dienstleistungsexport). Erstmals seit Chinas Beitritt zur WTO erhebt die USA im Herbst 2009 drastische Strafzölle auf Reifenimporte aus China (35%). 2010 im Herbst folgen Strafzölle wegen der Wechselkurspolitik. Die Weltwirtschaftskrise führt dazu, dass China und Taiwan enger zusammenrücken. Taiwan will die Handelsbeschränkungen lockern, um nicht von der Integration der asiatischen Märkte abgeschnitten zu werden. Festlandbanken und andere unternehmen investieren zunehmend in Taiwan. Ende 2009 erhebt China Strafzölle auf Stahlprodukte aus USA und Russland. 2010 fahren die Europäer ihre Geschäfte mit dem Iran zurück, China springt in die Bresche und wird größter Handelspartner des Iran. Im März 2010 hat China erstmals seit sechs Jahren ein Handelsdefizit. China geht mit Griechenland eine Kooperation ein (Investitionen, Kauf von Staatsanleihen). Dies ist Teil einer längerfristigen Handelsstrategie, die Athen als Tor nach Europa vorsieht und den Euro stärken will. Nach der Weltwirtschaftskrise stecken die Chinesen systematisch viele Milliarden in europäische Peripherieländer: Haier Produktionsstätte und Logistikbasis in Varese/ Italen, chinesische Banken beteiligen sich am spanischen Energieversorger EDP, der Staatsfonds kauft sich in einen Immobilienkomplex in London ein, chinesische Investoren stecken Geld in rumänische Landwirtschafts- und Bergbauprojekte. In Prato (in der Toskana), eine alte Textilstadt, leben ca. 50.000 Chinesen legal und illegal, die in Firmen arbeiten, die chinesische Unternehmer übernommen haben. Sie sind teilweise in der Schattenwirtschaft angesiedelt. 2011 droht China den USA mit einem Handelskrieg, weil diese immer mehr Sonderzölle erlassen (gegen die Unterbewertung des Yuan). Im Mai 2012 steigen die Exporte wieder überraschend stark (+15,3 % zum Vorjahresmonat, Importe +12,,7%). Der Hochgeschwindigkeitszug aus China ist mittlerweile ein Exportschlager (weil China selbst massiv in das Bahnnetz investiert). Der Kredit wird gleich mitgeliefert. Ausländische Konzerne wie Siemens verdienen mit. Seit Anfang 2018 ist der Handel mit Elfenbein verboten (soll die Elefanten schützen). China war bisher der weltweit wichtigste Absatzmarkt. Im April 2018 steigt der Außenhandel kräftig an: 12,9% wuchsen die Exporte. Die Importe stiegen um 21,5%. Das mitten im Handelsstreit mit den USA. Der Handelsstreit wirkt sich offenbar später aus: 2018 beträgt der Überschuss im Handel noch 323,3 Mrd. $. Ende 2018 brechen die Exporte ein (-4,4% gegenüber dem Vormonat). Den Exporten geht die Puste aus. Traditionell lief der Handel zwischen China/ Asien  und Europa Jahrhunderte über die Seidenstraße (Blüte: Tang-Dynastie, Ming und Qing - Dynastie). Im 17. Jahrhundert kam immer mehr der Seeweg dazu. Führend im Handel mit Südostasien waren Portugal und die Niederlande. Huygen und Barents aus den Niederlanden entdeckten neue Seerouten nach China. Daraus entstanden drei Bücher. Sie berichten über den Handel mit Indien, China und Japan. Die Niederlande wollten Malaysia zu ihrem Stützpunkt machen, um das portugiesische Gewürzmonopol zu brechen. Schließlich wurde 1602 die VOC gegründet (Vereinigte Ostindische Companie für Handel). Es war Teil des niederländischen Unabhängigkeitskampfes gegen Spanien und Portugal. Vgl. J. Elvers: Europa, das Meer und die Welt, München 2018, S. 264ff.

Die Struktur der chinesischen Außenwirtschaft ändert sich massiv in den letzten Jahren: Bei den Importe aus China nach Deutschland gibt es anteilig mehr Vorleistungen und Investitionsgüter. Bei den Exporten aus Deutschland nach China wachsen der Anteil der Konsumgüter und der Anteil an Investitionsgütern und Vorleistungen geht zurück. Dieser Strukturwandel wird sich fortsetzen.

Exkurs: Als wichtiger Stützpunkt für den Außenhandel zwischen Deutschland und China wurde im 19. Jahrhundert (1897) vom deutschen  Kaiserreich Tsingtau (heute: Qingdao, "grüne Insel") gewaltsam als deutsche Handelsniederlassung an der Ostküste (Bucht von Kiautschou) gegründet und durch einen Pachtvertrag am 06.03. 1898 legalisiert. Die Deutschen bauten eine berühmte Bahnlinie an Bergwerken entlang (vor allem Silberminen). Die Kolonie wurde 1914 von den Japanern erobert und endete damit. Die Alt-Stadt der heutigen Millionenstadt  wird von deutscher Architektur geprägt (Gouverneurspalast, Kaiser-Wilhelm Ufer). Weltberühmt ist die von Deutschen gegründete Brauerei. 2008 fanden hier die Segelwettbewerbe der olympischen Spiele statt. Wang Jianlin, Chinas reichster Mann, plant 2013 in der Hafenmetropole das größte Gelände für Filmstudios der Welt. Eine Investorengruppe will in der Bohai-Bucht (wo Wilhelm II. mit 100 Schiffen vor über 100 Jahren landete) eine Megacity für Senioren errichten (mit dabei: Speer, Peter Hartz, Knauf/ Iphofen, Siemens). Die Stadt ist ein Ursprungsort des Daoismus. Kaiser Qing Shihuang fuhr dreimal hin. Heute ist die Meeresforschung und Meereswirtschaft wichtig für die Stadt. In Laoshan gab es eine Versuchszone für die Reform des Finanzwesens. In Qingdao hat sich die Firma Haier angesiedelt, die heute eine Weltfirma ist. Ebenso ist die Firma Hisense in der Stadt. Sie baut hauptsächlich Fernseher. Drittes großes Unternehmen der Stadt ist Aucma (Kühlschränke). CSR, die Schienenfahrzeuge baut, ist auch sehr bekannt.Vgl. auch Egger, Norbert: Ein Tor zur Welt. Qingdaos Aufstieg aus persönlicher Sicht, Mannheim 2016.

Teile von Wuhan  gehörten ebenso eine zeitlang zu Deutschland (in Hankou gab es eine deutsche Konzession, also ein Stadtteil unter deutscher Verwaltung). 1984 gab es hier den ersten ausländischen Fabrikdirektor: der Deutsche Werner Gerich bei den Wuhaner Dieselmotorenwerken. Mao schwamm in Wuhan noch mit 73 im Jangtse. Zur Kolonialzeit war Kanton (heute: Shenzhen, Guangzhou) allerdings der wichtigste Handelsplatz in China. Hier handelten die Briten. Sie hatten die Öffnung Chinas mit Kriegsschiffen erzwungen. 1839 folgte dann der Opium-Krieg, weil China keine Einfuhr von Opium mehr dulden wollte. Die Bürokratie wurde zersetzt. England wollte damit seine Handelsbilanz ausgleichen. Eine wichtige Bahntrasse verläuft heute von Wuhan nach Duisburg in Deutschland. Von dort werden die waren auf dem Rhein weiter verschifft. 2019 bricht in Wuhan auf einem Bauernmarkt die Pandemie "Corona/ Covid-19" aus.

China ist der weltweit größte Waffenexporteur. In Deutschland sind rund 600 chinesische Firmen registriert, vor allem Handelsunternehmen. Die Außenwirtschaft trägt  Züge des Merkantilismus. Exportgüter: Elektronik und Elektrotechnik, Textilien und Bekleidung, Maschinen und Anlagen, Kunststoffe, optische Geräte. Zunehmend werden auch Autos, vor allem Nutzfahrzeuge, in die Schwellenländer des Nahen Ostens, Südamerikas und Osteuropas verkauft. Nach Europa werden immer mehr Möbel aus China exportiert. Die US-Nachfrage nach Spielzeug, Schuhen und Sportzubehör brach 2007/2008 ein. Die Maschinenbauproduktion Chinas ist auf den 4. Platz in der Welt vorgerückt. Mittlerweile ist China 2010 auch der größte Schiffbauer der Welt. Der Marktanteil liegt bei fast 40% (Tank- und Containerschiffe, Kriegsschiffe, Luxusyachten).  Importgüter: Öl, Chemikalien, Eisen, Stahl, Maschinen, Anlagen. Die nichttarifären Handelshemmnisse (Produktzertifizierung ,Verzögerungen bei der Zollabfertigung) nehmen zu. Luxusgüter werden mit hohen Importzöllen und Mehrwertsteuern belegt und werden im Schnitt um 35% teurer. China und Russland wollen ihre Kooperation im Energiesektor und Handel ausbauen: Mit Russland wird 2008 eine Atomkooperation vereinbart. Der eigene Handelsüberschuss soll verringert werden. Das gleiche gilt für die Kooperation mit Afrika (Handel bis Ende des Jahrzehnts auf 100 Mrd. $ verdoppeln). Es werden auch langfristige bilaterale Rohstoff- und Energieabkommen, z. B. mit Nigeria und Kongo, abgeschlossen. Es leben mittlerweile schon 750.000 Chinesen in Afrika. Auf einer Konferenz Ende 2009 in Ägypten werden 10 Mrd. $ bis 2012 an Krediten versprochen (50 Länder aus Afrika, seit 2001 hat sich das Handelsvolumen verzehnfacht).  Im Jahre 2008 überstiegen Chinas Direktinvestitionen in Afrika mit 5,5 Mrd. $ erstmals die der USA. Das Geld floss vor allem in die Rohstoffbranche und Infrastrukturprojekte. Von Kenia aus will Chinas Regierungssender CCTV den schwarzen Kontinent erobern. In Afrika regt sich allerdings auch immer wieder Widerstand gegen die Ausbeutung durch Chinesen (z. B. in Sambia). "China kommt wegen der Rohstoffe, sie kommen nicht, um gute Regierungsführung zu bringen", D. Kaberuka, Präsident der Afrikanischen Entwicklungsbank. 2007 will die Regierung ihre Exportsubventionen für die großen Stahlhersteller streichen. Papierimporte aus China belegen die USA 2007 mit Einfuhrzöllen von 10,9 bis 20,4 %, um gegen chinesische Exportsubventionen vorzugehen. Zwischen den USA und China wird auch in der Öffentlichkeit ein kleiner Handelskrieg ausgetragen (verseuchter Fisch aus China, verseuchtes Obst aus den USA). 22% der deutschen Teeimporte kommen aus China. 2007 wurde der Handel mit Indien um 56% auf 26 Mrd. € (nur Exporte von China) gesteigert (bis 2010 auf 60 Mrd. Handelsvolumen). Bestehende Handelsbarrieren sollen weiter abgebaut werden. Die Konjunkturprogramme 2009 enthalten allerdings protektionistische Klauseln, die eine Bevorzugung chinesischer Anbieter vorschreiben. China rechtfertigt sich mit ähnlichem Verhalten der USA. Außerdem gibt es nach der Weltwirtschaftskrise Exportzölle für chinesische Rohstoffe (insgesamt 10, vor allem für Bauxit, Zink, Magnesium, Mangan und Silizium). Unter Ökonomen wird diskutiert, ob Chinas Exportstrategie noch lange trägt. Viele empfehlen eine noch stärkere Förderung der Inlandsnachfrage (Vgl. "Is China`s Export-Oriented Growth Sustainable"? von Kai Guo und Papa N`Diaye, IMF Working Paper 09/172). Im Herbst 2010 verhängen die USA Strafzölle gegen China, wegen der Wechselkurspolitik. Anfang 2011 erlässt China wegen des Dioxinskandals ein Importverbot für deutsches Fleisch (auch Südkorea). 2012 bietet China Mercosur einen Freihandelsvertrag an (China ist nach der EU und den USA der drittgrößte Handelspartner). In einer Art Handelskrieg zwischen der EU und China (es geht um Strafzölle gegen chinesische Solarmodule; China will sich bei Stahlrohren und Chemie-Importen revanchieren) 2013 erwägt man ein Freihandelsabkommen. Ein solches Freihandelsabkommen wird 2013 mit der Schweiz abgeschlossen (erstmals mit einem Land Kontinentaleuropas). 2013 wird Shanghai zu einer Freihandelszone erklärt. Hier sollen experimentell viele außenhandelspolitische Regelungen (insbesondere freie Finanzmärkte) erprobt werden. Der US-Haushaltsstreit im September und Oktober 2013 bedroht auch Chinas Wirtschaft. Das Land ist beim Export (wichtigster Eckfeiler des Wachstums) extrem abhängig von den USA. China ist die größte Handelsnation der Welt. Das Volumen übersteigt 2013 erstmals die 4-Billionen-Dollar-Marke. Der Zuwachs des Außenhandels beträgt 2013 7,6% (Ziel der Regierung 8%). Die erste chinesische Handelskammer in Europa wird 2014 in Berlin eröffnet. Einen Tag vor Beginn des Europabesuchs von Präsident Xi Jinping wird der Handelsstreit um Wein mit der EU beigelegt (Ermittlungen in China wegen Preisdumpings wegen Schutzzöllen der EU für chinesische Solarmodule). 2014 ficht China den Schiedsspruch der WTO an, die die Exportbeschränkungen bei Seltenen Erden für unzulässig erklärt. Am stärksten ist in den letzten Jahren der Außenhandel mit Südamerika gestiegen. Von zehn Milliarden Dollar 2000 steig er auf 257 Mrd. Dollar 2013. Für Brasilien, Peru und Chile ist China mittlerweile der größte Handelspartner. China hilft den stagnierenden Wirtschaften (insbesondere Argentinien) mit Krediten und Investitionen. Ab 2015 will China seine Freihandelszone in Shanghai deutlich ausweiten. Für 2015 senkt China das Ziel für den Außenhandel. Es liegt bei 6% Steigerung. Verantwortlich dafür ist die wachsende Konkurrenz durch Exporteure aus Vietnam und Indien. Bis Mitte 2015 schrumpfen die Importe um 18 Prozent. Die Exporte gehen in dem Jahr um 2,5% zurück. China will handelspolitisch eine strategische Partnerschaft mit der EU. Damit setzt das Land auf eine engere wirtschaftliche Verflechtung (mehr marktwirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeiten). Premier Li Keqiang nimmt am 17. EU-China-Gipfel in Brüssel teil (1. Juli Woche 2015). Das neue Sicherheitsgesetz 2015 behindert ausländische Firmen (Kontrolle des Datenverkehrs). Chinas große Unternehmen investieren am stärksten in den USA (allein im ersten Halbjahr 2015 6,4 Mrd. $). Im Jahre 2015 exportiert Deutschland Waren in Höhe von 71,4 Mrd. € nach China. Die deutschen Importe aus China betragen 91,7 Mrd. €. 2016 rückt China zum wichtigsten deutschen Handelspartner auf (Exporte 76,1 Mrd. €; Importe 93,8 Mrd. €). 2017 bleibt China wichtigster Handelspartner Deutschlands (Warenaustausch 186,6 Mrd. Euro). Die Internet-Plattform Alibaba rechnet mit stark steigender Nachfrage nach deutschen Produkten aus China. Im September 2016 bricht der Außenhandel Chinas drastisch ein (-10%).    "81 Prozent dieses Defizits entfallen auf ausländische Unternehmen, die China als Produktionsstandort nutzen", Wen Jiabao, Chinas ehemaliger Ministerpräsident, beim Asien-Europa-Gipfel in Helsinki im Sept. 2006 über das wachsende Handelsbilanzdefizit der EU mit seinem Land.

Exkurs: Belt and Road (vgl. zu ausführlicherer Darstellung Seidenstraße): Zentrale Außen-Handelskonzeption Chinas. Sie läuft seit 2013. Im Modell waren zuerst 80 Staaten, heute sind es 140. Es geht um Handel, Systemwettbewerb, Akzeptanz chinesischer Interessen. Es gibt eine Landroute (Straßen Eisenbahn, Land route) und eine maritime Route (Sea route). Neu sind die Nordpolar-Route und die digitale Seidenstraße.

Zölle und Protektionismus: Am 23.01.2018 macht Trump seine Ankündigung war und führt Einfuhrzölle (Strafzölle) für den Import von Solarmodulen (20 bis 30%) und Waschmaschinen (50%) ein. Davon sind sehr stark China und Südkorea betroffen. Südkorea will Beschwerde vor der WTO einlegen. Später ab Ende März 2018 kommen Strafzölle auf Stahl und Aluminium. Bei Stahl beträgt der Zollsatz 20%, bei Aluminium 10%. Allerdings war China darauf vorbereitet, denn nur 3 Prozent der US-Stahl-Importe kommen aus China. China ist aber weltgrößter Stahlproduzent (808 Mio. t 2016). China ist auch bei der Aluminiumproduktion vorne.  Insgesamt ist das Handelsungleichgewicht zwischen China und den USA aber groß: 2017 hatte China gegenüber den USA einen Überschuss von 375,2 Mrd. Dollar. Allerdings sind ein Großteil dieser Gelder auch in US-Staatsanleihen angelegt: Chinesische Gläubiger halten insgesamt 2017 1,15 Billionen Dollar. Ab März 2018 nimmt sich Trump gezielt China vor: Er will die Einfuhren zurückdrängen. Einmal soll es Beschränkungen beim Export geben, um geistiges Eigentum zu schützen. China war mit einem Volumen von 636 Mrd. $ 2017 der wichtigste Handelspartner der USA. Besonders groß ist der Import bei Computern und Telekommunikation. Auch die Bekleidungsimporte werden unter die Lupe genommen. China betreibt selbst einen starken Protektionismus. Daraufhin ist die Zahl der Investitionen aus dem Ausland schon stark zurückgegangen (nur noch 10% aller Investitionen, früher bis zu 30%). Der Einfuhrzoll für im Ausland produzierte Autos liegt bei 25%. Bei Elektroautos gibt es massive Subventionen (ausländische Batterien sind durch Normen ausgeschlossen). Wichtige Nachbarländer in Asien wie Südkorea, Taiwan, Japan öffnen sich dagegen stärker. Trump kündigt Ende März 2018 an, neben Stahl und Aluminium eine Reihe weiterer Produkte mit Zöllen zu belegen (Wert von 60 Mrd. $). China droht mit Retorsionszöllen (Schweinefleisch, Früchte, Wein, Mais; Agrarprodukte). Diese kommen auch im April 2018. Neben den drei eben genannten Produkten sind 125 weitere betroffen. Die Zölle liegen zwischen 15 und 25%. Am 04.04.18 erweitern die USA die Liste an Produkten, die mit Einfuhrzöllen belegt werden (50 Mrd. Dollar). Es handelt sich um ca. 1200 Produkte, jetzt auch im industriellen und High-Tech-Bereich (wichtigste Warengruppen sind Mobiltelefone, Spielzeug, Kleidung;  10% der chinesischen  Exporte in die USA). China antwortet sofort mit über 106 Retorsionszöllen (u. a. Soja, Autos; wichtigste Warengruppen sind Boing -Flugzeuge, Sojabohnen, Neu- und Gebrauchtwaren; ca. 38% der US-Exporte nach China). Die meisten Zollsätze liegen bei 25%. Treffen könnte es auch Whiskey, Zigarren, Orangensaft. Die beiden größten Volkswirtschaften befinden sich auf Kollisionskurs. Xi Jinping kündigt dann im April 2018 eine Marktöffnung an. Es soll Zugeständnisse gegenüber den USA geben. Eine spezielle Form von Protektionismus ist der Joint-Venture-Zwang. Er galt lange in China für ausländische Firmen. Er wurde nach und nach reduziert auf einzelne Branchen. 2018 soll der Zwang ganz aufgegeben werden (Reaktion auf Protektionismus von Trump). Im Mai 2018 finden Spitzengespräche zwischen den USA und China statt. Es gibt keine Lösung im Handelsstreit, aber man will weiter verhandeln. ZTE darf von US-Konzernen nicht mehr beliefert werden, weil er gegen die Iran-Sanktionen verstößt. Der Technologiekonzern gerät in Schieflage. Daraufhin ändern die USA ihre Politik gegen ZTE. Bisher stören die Strafzölle der USA nicht Chinas Exporteure. Im Juni (29 Mrd. $) und Juli (28 Mrd. $; Exporte +12,2%) 2018 werden Rekordüberschüsse im Handel mit den USA erzielt. Es könnten Vorwegnahmen sein, aber auch die Abwertung des Yuan wirkt. Am 23. August 2018 treten weitere Strafzölle der USA in Kraft: 279 Waren im Werte von 16 Mrd. $ (Metalle, Chemikalien, Elektronik). Chinas Wettbewerbsfähigkeit könnte gestärkt werden. Lightnizer, der Handelsbeauftragte, kündigt im Mai 2019 eine Ausweitung der US-Zölle auf die Höhe von 25% auf alle verbliebenen Importe aus China an. Das beträfe Waren im Wert von 300 Mrd. $. Er setzt eine Frist von drei Monaten für ein Abkommen. China ist in der schwächeren Position, weil es nur noch die Zölle erhöhen kann. China antwortet mit Vergeltung: Für Waren im Werte von 60 Mrd. $ werden Zölle in Höhe von 25% ab Juni 2019 erhoben, wenn man sich nicht einig wird.  Es geht um 2500 Produkte. Am 01.08.19 verhängen die USA neue Strafzölle gegen China: Es handelt sich Produkte im Wert von rund 300 Milliarden Dollar. Die Strafzölle gelten ab September 2019 und haben die Höhe von 10% (sie werden für wichtige Produkte aus China erhoben: Handys, Laptops, Textilien, Spielzeug). Die Handelsgespräche wurden vorerst ohne sichtbare Fortschritte beendet. Sie sollen im September 2019 fortgesetzt werden. Man hofft, sich bis Dezember 2019 (Treffen zwischen Trump und Xi Jinping) einigen zu können. Einige Zölle werden schon wieder zurück gefahren. Trotzdem bricht der chinesische Export in die USA im November 2019 um 23% ein. Im Dezember 2019 erzielen beide ein Teil-Abkommen: Es kommen vorerst keine neuen US-Zölle.

Zollsenkungen Ende 2019: Ende 2019 senkt China die Zölle für Importe im Wert von einigen Hundert Milliarden Euro. Es werden die Einfuhrabgaben auf mehr als 850 Güter verringert. Der Schritt hat nichts mit dem Handelskrieg mit der USA zu tun. Sie sollen vielmehr die Verbraucher entlasten, die heimische Nachfrage ankurbeln und die High-Tech-Industrie fördern. So ist die Senkung bei Fleisch und High-Tech-Teilen am wichtigsten. Vor allem die afrikanische Schweinepest hat den Schweinefleischpreis extrem erhöht, weil die Bestände sich halbiert haben.

Aktuelle Auswirkungen des Zollstreits: Mitte 2019 setzt der Handelskrieg China kräftig zu: Im Juni geht der Außenhandel um -4% zurück; insgesamt sank der Außenhandel zwischen den Ländern seit Ausbruch des Konfliktes um -13%. Im November 2019 brechen die chinesischen Exporte in die USA um 23% ein. Das verlangsamt auch das chinesische Wachstum (nur noch 6,2% im 2. Quartal 19).

Exportbeschränkungen von Rohstoffen 2023: Das eigentliche Ziel sind die USA. Doch auch Europa wird getroffen. Das Handelsministerium in Peking kündigt ab August 2023 die Ausfuhr von Gallium- und Germanium-Produkten zu beschränken. Zukünftig müssen Unternehmen entsprechende Lizenzen beantragen. Es scheint eine Gegenreaktion auf den Ausschluss bei komplexen Computerchips bei den USA, Taiwan und Süd-Korea zu sein. Bei Gallium beträgt der chinesische Anteil am Weltmarkt 90%, bei Germanium 80%.

Exkurs: Handelskonflikt im Alltag der Chinesen: 19% der Exporte Chinas gingen 2017 in die USA. Damit lebt China stark vom Export, auch wegen der lange Zeit niedrigen Löhne. Der niedrige Kurs des Yuan kann Zölle zum Teil auffangen, weil die chinesischen Produkte gegenüber dem starken Dollar günstiger sind. Wohlhabende Chinesen drücken ihren Pessimismus aus, indem sie Goldbarren in Hongkong bunkern oder Barreserven in US- oder australischen Dollar horten. Es wächst die Sorge vor Arbeitslosigkeit und Inflation. Die Preise für Obst und Lebensmittel sind schon stark gestiegen (was nur bedingt von den Zöllen der USA abhängt). Die Staatsmedien schweigen eher, Unzufriedene melden sich in Online-Foren. China hat nicht mehr viele Möglichkeiten für Zugeständnisse an die USA. Die Regierung spricht von einem "Langen Marsch" (angelehnt an Maos Kommunisten-Armee).

In Yiwu an der chinesischen Ostküste gibt es die größte permanente Konsum- und Gebrauchsgütermesse der Welt. 2006 wurden hier 3 Mrd. € erwirtschaftet. Aus den ca. 58.000 Ausstellungsständen gehen 60% aller Waren in den Export, vor allem in kleine und mittlere Handelsunternehmen ("der größte Ramschladen der Welt"). Im Außenhandel Chinas konnte 2010 ( Uni Göttingen, 2001-2008) ein Dalai-Lama-Effekt nachgewiesen werden: Bei Kontakten zum Dalai Lama brechen die Exporte des Landes zu China um durchschnittlich 8% ein. Was ist, wenn China hier seine Rohstoffposition ausnutzt?

China baut systematisch seine Handelsrouten aus. Die alte Seidenstraße von Xian nach Europa wird wieder belebt. Eine Art maritime Seidenstraße geht von Fuzhou über Jakarta und Nairobi nach Athen/ Piräus. Ein zusätzlicher Wirtschaftskorridor führt von Kaschgar (an der alten Seidenstraße) über Islamabad nach Gwadar.

Strategie der zwei Kreisläufe: Im Fünf-Jahresplan von 2021 bis 2025 (muss noch vom Volkskongress im März 2021 beschlossen bzw. abgenickt werden) wird diese Strategie aufgezeigt. Es gibt eine "innere Zirkulation". Das ist die heimische Nachfrage und Innovation. Man will sich vom Westen emanzipieren. Halbleiter, Hightechpatente sollen möglichst aus China kommen. Globale Wertschöpfungsketten sollen zurückverlagert werden. Der "äußere Kreislauf" sind Handel und ausländische Investitionen. Die sollen nur unterstützen. Dadurch könnte der Zugang zum chinesischen Markt schwieriger werden. China praktiziert das schon durch Einreisebeschränkungen nach China im 2.Halbjahr 2020 (weite Definition von Risikogebieten mit Einreisebeschränkungen). Vgl. Petring, Jörn: Der neue Ostblock, in: WiWo 48, 20.11.20, S. 42f. China ist jetzt Führer einer Wirtschaftsintegration mit RCEP und greift auch andere Wirtschaftsintegrationen an. So mit der Initiative "17+1" die EU; ähnliche Versuche gibt es bei Mercusure in Südamerika und USMCA in Nordamerika sowie AfCTFTA in Afrika.

Reisebeschränkung/ Sonderegeln bei Corona: China zeigt sich im Februar 2021 offen dafür, Erleichterungen für Geschäftsleute zuzulassen ("Fast Track" für Geschäftsleute). 2020 sind 2600 Deutsche nach China eingereist, aber das war eine Einbahnstraße. Deutschland erwägt für Chinesen Sonderegeln für getestete oder geimpfte Personen. Ein Drittel der in China tätigen deutschen Firmen können seit märz 2020 dringende Geschäfte und Serviceleistungen nicht erbringen (Quelle: Deutsche Außenhandelskammer in China).

Exkurs. Zibo: Zibo ist 2023 eine 4,5 Millionen-Stadt in der Provinz Shandong, wo auch Qindao liegt. Neuerdings gibt es einen wundersamen Tourismusboom. Besuchermassen tauchen auf. Zuerst vermutet man, dass es mit dem ehemaligen Fifa-Präsident Sepp Blatter zu tun hat. Er hatte die Stadt 2004 zum Geburtsort des Fußballs erklärt. Vor 2000 Jahren sei hier ein Sport namens Cufu (Tretball) erfunden worden. Mittlerweile glaubt man, dass Influencer den Boom ausgelöst haben. Zuerst kamen Studenten, jetzt Touristen aus ganz China. Vgl. Süddeutsche Zeitung 10.5.23, S. 13.

Handel Chinas mit der EU: Im Jahre 2020 überholt China die USA erstmals als wichtigster Handelspartner der EU. Das Handelsvolumen mit der Volksrepublik betrug 586 Mrd. €. Mit den USA waren es 555 Mrd. €. Die Exporte der EU nach China stiegen um 2,2% auf 202,5 Mrd. €. Die Importe erhöhten sich um 5,6% auf 383,5 Mrd. €. Die Exporte in die USA fielen um 8,2%, die Importe gingen um 13,2% zurück (Corona-Krise). China erholte sich schneller als die USA. Im Juni 2021 steigen die Exporte der EU nach China um 34,1%.

Handel China und Deutschland: Die Exporte aus Deutschland von 2018 bis 2022 sanken preisbereinigt um -7,5%. Im ersten Halbjahr 2023 betrug der Anteil Chinas nur noch 6,2% an den deutschen Exporten (2020 7,9%). Dafür gab es zwei Gründe: 1. Zunahme der Produktion deutscher Unternehmen in China. 2. Generelle Abnahme der chinesischen Importe. Quelle: IfW/ Kiel 2023.

CAI: Im April 2023 soll das CAI (Comprehensive Agreement on Investment) wieder belebt werden. Macron (französischer Präsident) und Ursula von der Leyen (EU-Kommissionschefin) reisen nach Peking. Das Abkommen würde Europäern in China Minderheitsbeteiligungen ermöglichen, in Bereichen, in denen bisher kein Zugang erlaubt war: bei Finanzdienstleistungen, Versicherungen, Krankenhäusern, Immobilien, Luftfahrt und Cloud-Diensten. China steht unter Druck. Es gibt einen gigantischen Kapitalabfluss (für 2023 erwartet der IWF 5,5%). Hinzu kommt, dass dei US-Regierung an einem Screening - Mechanismus arbeitet, um DI  für bestimmte High-Tech-Branchen in China zu überwachen und zu erschweren. Die EU-Kommission könnte ähnliches machen. Vielleicht will China auch erreichen, dass die EU die Sanktionen wegen der Uiguren aufhebt. Vgl. Wettlach, Silke: Wie CAI aus der Kiste, in: WiWo 14/ 31.3.23, S. 28f.

Selektives Decoupling: So viel Handel wie nötig, so viel Abschottung wie nötig. Neue Außenwirtschaftsstrategie Chinas nach Trump. Verbindung von Fortschrittlichkeit und Autarkie. China soll Marktführer in den Schlüsselbranchen der Zukunft werden. und unabhängig von Importen. Es gibt außenpolitische Einflusszonen und er Wohlstand der Bevölkerung soll weiter verbessert werden. Deutsche Unternehmen haben von der Einbindung Chinas in die Globalisierung extrem profitiert. Sie müssen eine Antwort auf die neue Strategie finden. Vgl. Koch, Moritz: Chinas Selbstentkopplung, in: HB Nr. 131, Mo. 12. Juli 2021, S. 16. Im Juni 2021 steigen die deutschen Exporte nach China um 28,6%, die Importe aus China um 26,9%. Im Juli 2021 schwächt sich der Exportboom etwas ab. Die Abhängigkeit der DAX-Konzerne von China ist groß. Die größten Umsatzanteile hat der chinesische Markt für: Infineon 62,6%; Merck 34,6%; Daimler 25,7%; BASF 25,4%; Continental 24,2%; Siemens 23,2%; Bayer 21,3%; Linde 20,4%; Adidas 19,8%; Volkswagen 19,3%.  China zwingt 2021 immer mehr Wertschöpfung ins Land. Der Fokus liegt nun auf Autarkie und nationaler Sicherheit. "Es gibt besorgniserregende Anzeichen dafür, dass China sich zunehmend nach innen wendet", Jörg Wuttke, Präsident der EU-Handelskammer 2021, Quelle: Pettring, Jörg u. a.: In der Falle, in:  WiWo 42, 15.10.21, S.14ff.

Häfen in China und Kontrolle von Häfen im Ausland: China besitzt die größten Container-Häfen der Welt (7): Shanghai, Ningbo, Shenzhen, Guangzhou, Qingdao, Tianjin, Hongkong.

Im Ausland spielen viele Häfen eine Rolle im Rahmen des Seidenstraßenprojektes. In der Regel arbeitet man mit der Cosco Group, der zweitgrößten Reederei der Welt. Sie besitzt Beteiligungen in Europa an den Häfen von Valencia, Rotterdam und Piräus. Sie will eine Beteiligung an Hamburg erwerben (HHLA). Die USA und viele Minister sind dagegen, Scholz eher dafür. Man befürchtet eine Kontrolle der Lieferketten durch China.

Exkurs. Handelsmacht China: China hat sich bis 2022 als die Handelsmacht der Welt etabliert. Ohne China geht nichts mehr. Die folgenden Daten geben das Handelsvolumen Chinas mit Staaten in der Welt wieder nach der Rangfolge (in Mrd. US-$): EU 847; USA 760; Südkorea 362; Japan 357; Taiwan 320;  Hongkong 305; Vietnam 235; Malaysia 203; Australien 221; Russland 190; Brasilien 172; Indonesien 149; Indien 136; Thailand 135;  Singapur 115; GB 103; Kanada 96; Philippinen 88; Mexiko 61. Siehe Die Zeit 14/ 303.23, S. 26.

Export der Krise ab 2024: 2024 exportiert China seine Krise. Konsum und Baubranche fallen in China als Wachstumstreiber aus. Jetzt bringt der Export hoch subventionierter Zukunftsprodukte die Weltmärkte in Bedrängnis. Der Preisdruck nimmt dramatisch zu. Subventionen führen zu geringeren Preisen. Der Exportdruck kann die Wirtschaftsbeziehungen belasten. Die Gewinne chinesischer Unternehmen sinken. 2023 wuchs das BIP nur um +5,2%, wobei die Messung noch angezweifelt wird. Die Handelsbilanz lag bei 823 Mrd. US-$. Der Exportpreisindex sank auf 91,6Punkte. Hang Seng und CSI haben sich bis Mitte März 2024 im Vergleich zu Anfang 2021 stark nach unten entwickelt. (HS -39,1%; CSI -31,6%)  Vgl. Benninghoff, Martin u. a.: China exportiert seine Krise, in: HB 19.3.24, S. 1, 4, 5.

Migration (Migrationspolitik): China hat eine lange Tradition als Auswanderungsland. Das begann mit dem Sturz der Ming-Dynastie im 17. Jahrhundert.  Die zweite Welle war nach dem Taiping-Aufstand im 19. Jahrhundert. Die dritte bildete die Flucht nach der Machtergreifung Maos. Ca. 40 Mio. Chinesen leben 2012 außerhalb des Landes. Etwa 2 Billionen $ erwirtschaften die Auslandschinesen. Sie haben eine wichtige Rolle beim Aufbau des neuen China gespielt (Bambus-Network). Der größte Stadtteil ist in San Francisco (80.000). Die meisten Auslandschinesen leben in Indonesien (8 Mio.), Thailand (7,2 Mio.), Singapur (4 Mio.), USA (3,5 Mio.). 102 Mrd. Dollar gaben die Chinesen 2012 für Auslandsreisen aus. Das sind 40% mehr als ein Jahr zuvor. Sie haben damit Deutsche und Amerikaner erstmals überholt. Sie gaben dabei ca. 84 Mrd. Dollar aus. 80 Mio. Chinesen konnten 2012 ins Ausland reisen (achtmal so viel wie 2002). Viele legen dabei ein ruppiges und rüpelhaftes Benehmen an den Tag (Überbleibsel der Mangelwirtschaft?). Die Regierung will eine schwarze Lise mit Reiseverboten erstellen. 1995 wurde zwischen Neustadt/ Weinstraße und Quanzhou (Küstenstadt in der Provinz Fujian gegenüber Taiwan) eine Städtepartnerschaft gegründet. In der chinesischen Stadt leben 7,9 Mio. Menschen. Sie wurde im neunten Jahrhundert gegründet. Als in der Song- und Yuan-Dynastie die Seidenstraße durch Kriege und Raubüberfälle zu unsicher geworden war, erlebte die Stadt ihre Blüte. Auch heute noch ist der Hafen an der Südostküste Chinas einer der wichtigsten. "Lasst den Westwind herein, Reichtum ist ruhmvoll", Deng Xiaoping 1980, als Shenzhen zur ersten Sonderwirtschaftszone des Landes erklärt wurde. Der historische Hafen von Quanzhou ist 2021 in die Unesco-Weltkulturerbeliste aufgenommen worden. In der Song- (960-1279) und der Yuan-Dynastie (1271-1368) war die Stadt der "der größte Hafen im Osten". Ich selbst engagiere mich im Rahmen einer Freundschaftsgruppe für die Städtepartnerschaft zwischen Neustadt/ Weinstraße und Quanhou.

2016 müssen alle Einwohner der chinesischen Unruheprovinz Xinjiang ihre Reisepässe abgeben. Es handelt sich um 22 Millionen Einwohner. Konkret ist das ein Ausreiseverbot. Als Begründung gibt die Partei die "Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung" an. Wahrscheinlich geht es dabei um Angehörige der turksprachigen, muslimischen Minderheit der Uiguren. Viele Uiguren betrachten China als Besatzungsmacht und befürchten, dass sie in ihrer Heimat von den Han-Chinesen verdrängt werden. Eine Rolle spielen auch Spannungen zwischen der Türkei und China. Erdogan bot allen Uiguren auf der Flucht weltweit in den türkischen Botschaften Ersatzdokumente an. Das sorgte in Peking für Unmut. Seitdem haben auch Deutsche mit türkischer Abstammung oder türkisch klingende Namen Schwierigkeiten bei der Einreise nach China.

Immer mehr Studenten aus China wollen in Deutschland studieren. Das hängt mit den hohen Studiengebühren in China zusammen (durchschnittlich 8000 € pro Jahr). In einigen Bundesländern liegt die Zahl chinesischer Studenten bei den Ausländern über 20%. Auch aus Indien kommen aus dem gleichen Grund viele Studenten. Einige Bundesländer erwägen, für diese Studenten Studiengebühren zu erheben. Baden-Württemberg macht 2017 den Anfang. Sofort gehen die Bewerberzahlen zurück.

Ausreisesperren für Ausländer: Immer mehr Ausländer, vor allem Geschäftsreisende, dürfen das Land nicht mehr verlassen. Es gibt ein vage formuliertes Gesetz (Zeuge vor Gericht, Firma in ein Verfahren verwickelt) und Willkür des Justizapparates. Australien und die USA haben schon öfter protestiert. 2021 lässt die VR einen Iren nicht mehr ausreisen. Es sind zahlreiche ähnliche Fälle bekannt.

Ausländeranteil: Laut der letzten Volkszählung von 2020 beträgt der Ausländeranteil der Bevölkerung 0,06%. Die nationalistische Parteizeitung Global Times spricht 2021 von einem "sozialen Konsens-", dass der demographische Trend  verlangsamt werden müsse. Das würde auch mehr Einwanderer mit sich bringen.

 

Japan (Nihon-Koku):

Gliederung: Bevölkerung (Bevölkerungspolitik), Bruttoinlandsprodukt (Wohlstand), Wirtschaftswachstum (Konjunktur- und Wachstumspolitik), Erwerbstätige/ Arbeitsmarkt (Arbeitsmarktpolitik), Inflationsrate/ Budgetsaldo, Umwelt (Umweltpolitik), Energie/ Rohstoffe (Energiepolitik), Außenwirtschaft (Außenwirtschaftspolitik), Migration (Migrationspolitik):

 

Bevölkerung (Bevölkerungspolitik): 2023 hat Japan 122 Mio. Menschen (800.000 weniger als 2022, -0,65%). 2019 124,8 Mio. 2016 betrug die Einwohnerzahl 126,7 Mio. (Durchschnittsalter 46,9 Jahre, Bevölkerungswachstum -0,19%, hohe Urbanisierung: 9 von 19 Japanern leben in Städten). 2015 hatte Japan 126,9 Mio. Einwohner. 127,132 Mio. 2014 (letzte Volks-Zählung; die japanischen Frauen haben mit 86,3 Jahren die höchste Lebenserwartung in der Welt; nirgendwo auf der Welt erreichen die Menschen ein so hohes Alter wie in Okinawa; ein heute zweijähriges japanisches Mädchen hat eine gute Chance, den 99. Geburtstag zu feiern), Geburtenrate mit 1,26 Kindern pro Frau niedriger als je zuvor: Japan ist zur Zeit die älteste Nation der Welt (Prognose: in den nächsten 50 Jahren soll die Bevölkerung um 40 Mio. abnehmen, bis 2050 soll der Anteil der über 65-Jährigen von heute 21% auf 41% wachsen!), 2005 ist die Bevölkerung erstmals seit dem 2. Weltkrieg geschrumpft; Bevölkerungsdichte: 336 je qkm. Nur noch knapp 17 Mio. sind unter 15 Jahre alt. Ein Viertel der Japaner ist 2011 über 65 Jahre alt. Japan ist die viertgrößte Inselgruppe. Alphabetisierungsrate 99%. 2009 leben in Japan die Rekordzahl von 40.399 Hundertjährigen (der Konfuzianismus lehrt den Respekt vor dem Alter, aus finanziellen Gründen können nicht mehr alle geehrt werden). Die meisten leben in Okinawa (dies brachte der Präfektur Weltruhm; mit der Veränderung des gesunden Lebensstils schwächeln die Nachgeborenen). Die japanische Bevölkerung tut sich teilweise schwer mit in Japan lebenden Ausländern, vor allem mit Filipinen. Sie werden oft als minderwertig angesehen und die Kinder werden in den Schulen zum Teil gemobbt.  ("Ijime"). Dies kann häufig auch Behinderte und besonders Begabte betreffen. Die Zahl der Singles wächst dramatisch an, sowohl bei Frauen als auch bei Männern. 61 Prozent der unverheirateten Männer zwischen 18 und 34 Jahren haben keine Freundin. Frauen sind zu wenig emanzipiert. Wenn sie verheiratet sind, wird von ihnen erwartet, dass sie zu Hause bleiben und sich um die Kinder kümmern. Fast 50% der weiblichen Altersgruppe bevorzugt ein Solo-Dasein. Jüngst Prognosen 2012 gehen davon aus, dass die Bevölkerung bis 2060 auf 87 Mio. schrumpft (Quelle: Gesundheits- und Sozialministerium). Aufgrund der Bevölkerungsentwicklung gehen der Wirtschaft allmählich die Arbeitskräfte aus. Arbeitsmigranten wären notwendig, werden aber von den Japanern weitgehend abgelehnt (Herkunftsländer der Migranten 2010: China 32%, Südkorea 27%, Brasilien 11%, Philippinen 10%). Immer mehr alte Japanerinnen werden straffällig (mehr als 80% Diebstahldelikte, viele geistig Verwirrte). Die Regierung will die Berufschancen von Frauen fördern, um wirtschaftlich aufzuholen. 26% der Japaner sind 2014 im Rentenalter (über 65). Das sind 33 Mio. Sie besitzen drei Fünftel des Vermögens und erzeugen 50% des privaten Konsums. Japan setzt bei der Zuwanderung auf Abschottung (obwohl die Bevölkerung bis 2050 auf rund ein Drittel schrumpfen wird). Die Erwerbstätigkeit soll bei den Frauen erhöht werden. 2014 schrumpfte die Bevölkerung um 215.000 Menschen. Verschärft sich dieser Schwund bis 2030, gäbe es dann 10,5 Mio. Japaner weniger. Jeder vierte Inselbewohner ist über 65. Die Zahl der Eheschließungen sinkt; jede dritte 30-jährige Japanerin ist Single. Der Leidensdruck ist extrem, so dass der japanische Wirtschaftswissenschaftler Hiroshi Yoshida eine Bevölkerungsuhr im Internet einrichtete: Danach sterben die Japaner 3776 aus. 2015 sank die Geburtenrate nochmals von 8,34 Kinder pro 1000 Einwohner auf 8,0 (Deutschland hat Anstieg von 8,24 auf 8,6). In Einwanderung sieht Japan keinen Ausweg. So gibt es nur 0,6% Ausländer in dem Land ("verschlossene Gesellschaft"). Die Regierung wirbt aggressiv für die Familie (Erhöhung des Kindergeldes um 30% 2016). Man setzt auch immer mehr auf die Robotik. Die älteren Menschen in Tokio sollen in ländlichen Gebieten in Pflegeheimen untergebracht werden. Japan braucht aufgrund der Überalterung ausländische Fachkräfte. Stück für Stück lockert man ohne Aufhebens die Bestimmungen (leise, weil die Bevölkerung dagegen ist; vgl. Artikel Migration). Kaum ein Land er Welt spürt die Folgen der alternden Gesellschaft so wie Japan. Es mangelt an Arbeitskräften, es fehlt Kundschaft. Besonders personalintensive Dienstleister (Restaurants, Nudelhäuser) müssen ihr Angebot einschränken.   Immer mehr Menschen verlassen das Dorf Nagaro in einem abgelegenen Tal im Süden Japans. Die, die sterben oder fortziehen, werden von Ayano Tsukimi durch lebensgroße Puppen ersetzt. So gibt es 2014 schon 350 lebensgroße Puppen, die in Lebenssituationen rund um das Dorf verteilt stehen oder sitzen. Vgl. Rheinpfalz am Sonntag, 5.10.2014, S. 7. Im Jahre 2015 spaltet eine Misswahl Japan. Ariana Miyamoto, die schönste Frau Nippons, hat ausländische Wurzeln. Integration wird in Japan immer noch als nicht passend zur Lebensart gesehen.  In Anbetracht der Überalterung der Gesellschaft gibt es immer mehr Senioren-Bands. Die Girlband KBG84 (Großmütterchor aus Okinawa; das ist die Insel der Langlebigkeit.) besteht aus Frauen, die über 80 Jahre und 90 Jahre sind. Seit Japan seine Visa - Bedingungen erleichtert hat, wird das Land von chinesischen Touristen überschwemmt. Es geht vor allem ums Einkaufen. 2017 führt die am 4. August 1900 geborene Japanerin Nabi Tajima die Liste der ältesten Menschen der Welt an (sie stirbt 2018). Mitte 2019 ist es wieder eine Japanerin: Kane Tanaka ist 116 Jahre alt. Sie wird 2020 117 Jahre alt, 2021 lebt sie noch mit 118. Sie lebt in einem Seniorenheim in der südwestlichen Stadt Fukuoka. Sie liebt Coca Cola und Schokolade (Ziel 120 Jahre). Sie dient als Vorbild in einem Land, das 2021 von einer dritten Welle der Corona-Pandemie heimgesucht wird 2021 leben 79.000 Menschen in Japan, die über 100 Jahre alt sind (0,062%, unübertroffen in der Welt). Die Menschen ernähren sich überwiegend mit Reis, Gemüse, Fisch und sind körperlich aktiv.

Geographie: Japan besteht aus 6852 Inseln. Es ist der flächenmäßig viertgrößte Inselstaat der Welt. Das Land liegt in Ostasien. Es grenzt im Norden und Nordosten an Russland, im Westen an Nord- und Süd-Korea und China. 66,8% des Landes sind Wälder. Es gibt Schutzgebiete: Nationalparks, die von der Regierung betreut werden, und Semi-Parks, die den Präfekturen unterstehen. Dei Bevölkerung ist ethnisch und linguistisch relativ homogen.

Führerscheinprüfungen für betagte Autofahrer: Nach vielen Unfällen will Japan ein heikles Problem angehen. Das sind Fahrprüfungen für betagte Autofahrer. Oft werden Bremse und Gas verwechselt. die Anzahl japanischer Senioren im Alter von 70 Jahren und mehr mit einem gültigen Führerschein hat bereits 2019 die Grenze von 10 Mio. überschritten. Ab Mai 2022 sollen Senioren übe r75 Jahre eine neue Führerscheinprüfung ablegen und ihren Führerschein damit bestätigen. Vgl. Köhler, Angela: Fahrprüfungen für betagte Autofahrer, in: Die Rheinpfalz 10.1.22, S. 1.

Frauen in Japan: Institutionell dominiert der Mann noch deutlich in Japan. Das traditionelle Rollenbild der Frau als Hausfrau wird unterstützt. So wird etwa die "Pille danach" in Japan ab 2023 zugelassen. Aber der Mann muss ausdrücklich zustimmen. Das Präparat soll umgerechnet 700 Euro kosten. Das entspricht etwa dem Preis für eine Abtreibung. auch bei Schwangerschaftsabbrüchen ("Mutterschutzgesetz", 1948) ist die Zustimmung des Erzeugers erforderlich.

Bruttoinlandsprodukt (Wohlstand):   2023 wird Japan voraussichtlich in der Rangfolge der größten Volkwirtschaften vom dritten auf den vierten Rang zurückfallen. Damit rückt Deutschland auf den dritten Platz vor, obwohl seine Wachstumsraten gering sind. Grund ist der Rückgang der Landeswährung Yen. Die Berechnung stammt vom IWF, 2024 (4,43 Billionen $ D; 4,23 Billionen $ N). Auf mittlere Sicht werden beide Länder von Indien überholt. 2022 4,23 Billionen US-$. 2020 5,413 Billionen US-$ (Schätzung), 2019 5,11 Billionen US-$. 2018 5,07 Billionen US-Dollar. 2017  4,872 Billionen US-$. 2016 4,8  Billionen US-Dollar. 2015: 4,123 Billionen US-$. 2014: 4,616 Billionen US-$; 2013 4,9 Billionen US-$. 2009 5,1 Billionen $ (3,8 Billionen €), 4844 Mrd. $ 2008 (9% am Welt - BIP), (4.367 Mrd. US-$ 2006, 2. Stelle hinter den USA), BIP/ Kopf 33.822 US-$ 2022. 42.000 $ pro Kopf 2014; 39.734 $ pro Kopf 2009 (38.630 $ pro Kopf 2008). Allerdings ist diese Zahl bei Japan sehr interpretationsbedürftig: Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer weiter. Die Produktionsleistung der Industrie abzüglich der Zulieferungen (Bruttowertschöpfung) liegt an zweiter Stelle hinter den USA und vor China und Deutschland. Nach Kaufkraftparitäten gerechnet (PPP) liegt Japan an vierter Stelle. Relativ sinkt die Bedeutung Japans erheblich: 1994 trug es noch 18% zur Weltwirtschaft bei, 2008 sind es kaum noch 10%. Die einst so egalitäre Gesellschaft erweist sich zunehmend als Illusion: Die Gesellschaft spaltet sich noch deutlicher als in Deutschland. Von 90% aller Japaner die früher zur Mittelschicht zählten, sind heute nur noch 60% geblieben. 30% zählen zur Unterschicht. Die gesamtwirtschaftliche Ersparnis ist mit ca. 23% die höchste in der Welt (in % vom Nationaleinkommen). In früheren Krisen hatten sich die Japaner als besonders robuste Konsumenten erwiesen. Im Jahr 2009 ist der Konsum aber eingebrochen (Tankan der BoJ: immer mehr Arbeitslose, Kaufzurückhaltung). Die Japaner sind zu Sparfüchsen und Schnäppchenjägern geworden. Es ist ein Trend zur Knausrigkeit zu beobachten. Insgesamt ist der Konsum sehr wichtig, da er ca. 60% des BIP ausmacht. Die Konjunkturprogramme 2008/2009 umfassen 17,7% des BIP, damit ist Japan Weltspitze. 8,7% beträgt der Anteil Japans an der globalen Wirtschaftsleistung 2010. 1990 waren es noch 14,3%. Die globale Bedeutung der Wirtschaft Japans sinkt.  "Japans Wirtschaft stürzte von einer Klippe in ein tiefes Tal und watet nun im Nebel durch Morast", Miyako Sudo, Direktorin der Bank von Japan.

Wirtschaftswachstum (Konjunktur- und Wachstumspolitik):  Wirtschaftswachstum BIP 2022 1,1%. Für 2022 liegt die Wachstumsprognose bei +2,4% (IWF). Das BIP wächst 2021 um 1,7% (zum ersten Mal seit 2 Jahren keine Schrumpfung, aber wenig Konsum und Investitionen). Im 1. Quartal 2021 steigt das BIP um +18,3% an. Das ist das stärkste Wachstum in einem Quartal seit 30 Jahren. Vor allem der Export explodiert (Waren der Medizintechnik und für Homeoffice).  Im Coronajahr 2020 ist das BIP um 4,9%-Punkte zurückgegangen. Im letzten Quartal 2020 zeichnet sich aber ein Aufwärtstrend ab.    2020 2019 schrumpft die Wirtschaft um -0,7%. 2016 wächst die Wirtschaft um 0,5% (andere Quellen nennen 1,0%; für 2017 werden 0,6% erwartet). 2015 schrumpft die Wirtschaft um -0,3%. 2014 +0,2% (evtl. 0,5%; Prognose für 2015 1,1 bis 1,4%; 2,2% letztes Quartal 2014). 2013 1,5%; 2010 3%, 2009 -5,2%, -0,7% 2008; +2 % im Jahre 2007 (2,2 % im Jahre 2006, 1,9% 2005; 2,3% 2004; 1,4% 2003). Die Prognose für 2011 liegt bei 1% (nach Atomkatastrophe nur noch 0,6%). In der Weltwirtschaftskrise gingen einige Institute auch von noch negativeren Zahlen aus. Vor allem bricht der Export weg. Erst im zweiten Quartal 2009 wächst das BIP wieder mit 0,9% nach fünf Minusquartalen, im dritten Quartal um 0,7%. Auf dem Innovationsindikator des DIW liegt Japan auf dem 5. Platz von 13 Ländern (einen Platz vor Deutschland). Der Konsum (er macht ca. 60% des BNA aus) stieg 2006 um 1,1% ebenso wie die Exporte; am stärksten stiegen die Internehmensinvestitionen mit 2,2%. Zur Wirtschaftswunderzeit zwischen 1951 uns 1960 betrug das durchschnittliche Wirtschaftswachstum 8,7% (D: 8,5%).  Größte Beitrag vom Außenhandel, steigende Investitionen, während der Konsum bremst. Die Dienstleistungsbranche boomt. 2015 steigen die Investitionen wieder an. 2016 wächst die Wirtschaft vier Quartale. Das hat es seit 2005 nicht mehr gegeben. Der schwache Yen stützt den Export. Dieser treibt auch das Wachstum an. Der Konsum verläuft weiter schleppend (aber 60% der Verwendung des Nationaleinkommens).

Japan-Syndrom: Lahmen des Wachstums, Deflation, ständige Turbulenzen an den Finanzmärkten (hohe Volatilität), Crash auf einzelnen Märkten (z. B. Immobilienmarkt), Kluft zwischen Arm und Reich vertieft sich (keine Inklusion), "säkulare Stagnation" (Larry Summers), geringe Unternehmensinvestitionen. Seit mehr als 20 Jahren kämpft Japan gegen die Wirtschaftsflaute. Hauptinstrumente waren hohe Verschuldung der öffentlichen Hand und Nullzinspolitik von Zentralbank/ Finanzministerium. Seit 20 Jahre liegt der Leitzins nahe bei Null. Das Wirtschaftsprogramm von Premierminister Abe, das 2013 begann und Abenomics genannt wird, treibt die beiden Instrumente auf die Spitze. Kurzfristig zeigten sich mal Erfolge in konjunktureller Hinsicht, mittel- und langfristig scheint das Programm zu verpuffen. Was in jedem Falle die Wirkung ist: Der Verfall von Immobilienpreisen und anderen Vermögenswerten kann gestoppt werden. Damit werden die Folgen der Fehlinvestitionen der Reichen abgefedert. Die Zeche zahlen müssen die Armen über ihre Steuern. Insofern kann man bei Japan gut sehen, was der EU bevorsteht. Vgl. H. W. Sinn: Man schaue sich Japan an, in: Die Zeit Nr. 17, 14. April 2016, S. 28.  "Entwickelte Länder wie Japan und Deutschland mit hohem Lebensstandard sollten aus ethischen Gründen ihr eigenes Wachstum zurückstellen, auch wenn das schwierig ist", Kazuo Inamori, Kyocera-Gründer und Stifter des Kyoto-Preises.

Wirtschaftsentwicklung in der Zukunft: Japan leidet unter der Überalterung seiner Gesellschaft, anhaltenden Deflationssorgen und einer geringen Wirtschaftsdynamik. Im Oktober 2019 ist eine weitere Mehrwertsteuererhöhung angekündigt. Sie dürfte zu Vorzugseffekten beim Konsum führen. Die Mehrwertsteuererhöhung von 2014 führte dann zu einer Rezession. Die Aussichten sind daher eher verhalten (2019 0,6% Wirtschaftswachstum?). Aufgrund der starken Exportorientierung sind viele japanischen Konzerne eher abhängig von der globalen als den heimischen Konjunkturtrends.  Vgl. Deutsche Bank: Perspektiven 2019, Frankfurt 2019, S. 10f.

Vgl. als gute Quelle für die Wirtschaft Japans: Takatoshi Ito/ Takeo Hoshi: The Japanese Economy, MIT Press 2020.

Exkurs. Japan im Aufwind, die Kirschblüten-Formel: 2024 blüht Japan wieder auf. Das Land profitiert von behutsamen Reformen, dosierter Zuwanderung - und vom Erhalt der Selbstansprüche. Das Wirtschaftswachstum war 2023 schon wieder bei 2,0% (für 2024 werden 1,0% erwartet, Prognose des IWF). Der Nikkei - Index erklimmt mit 40.000 eine Rekordhöhe (zuletzt 1983 in diesen Dimensionen). Die Deflation scheint überwunden zu sein. Darauf deutet auch die erste Zinserhöhung seit 17 Jahren hin. Die Halbleiterindustrie wächst kräftig.  Zwei Faktoren haben das Revival ausgelöst: 1. Der Schock durch die Finanzkrise und die Tsunami -Atom - Katastrophe. 2. Das Zurückfallen hinter China in der Liste der größten Volkswirtschaften.  Man analysierte nationale Schwachstellen und brachte weitreichende Reformen auf den Weg. Schon Abe (2012 - 2020) senkte die Unternehmenssteuer. Es wurden Schlüsselbereiche dereguliert (Strom, Arzneimittel, Finanzdienste, Transport, Arbeitsmarkt).  Japan schloss bilaterale Freihandelsverträge und öffnete sich für Auslandskapital. Abe förderte auch die Beschäftigung von Frauen, Rentnern und Ausländern, um die Lücken durch den demografischen Wandel zu schließen. Die Notenbank kaufte über die Hälfte der Staatsanleihen auf, um das Risiko einer Schuldenkrise zu senken. Die ausländischen Direktinvestitionen kletterten auf den Rekordwert von acht Prozent des BIP. Die Japaner arbeiten produktiv: Die reale Wirtschaftsleistung pro Arbeitsstunde wächst schneller als in den USA. Anders als Deutschland wählt Japan seine Zuwanderer ausschließlich nach ökonomischem Kalkül aus. Die wenigen Asylbewerber werden in der Regel abgewiesen.   2024 arbeiten über 2 Mio. ausländische Arbeitskräfte in Japan (vor allem Chinesen, Nepalesen, Burmesen, Bengalen, Vietnamesen). Die Mittelschicht wächst, weil immer mehr Zeitarbeiter fest angestellt werden. 2018 war eine große Arbeitsmarktreform (Beschränkung der Überstunden, Mindestmenge an Arbeitstagen muss genommen werden). Der Reichtum ist gleichmäßiger verteilt als in Deutschland, die Aufstiegschancen für sozial Benachteiligte sind größer. Vgl. Fritz, Martin: Die Kirschblütenformel, in: WiWo 14/ 28.3.24, S. 14ff.

Erwerbstätige/ Arbeitsmarkt (Arbeitsmarktpolitik): 66,26 Mio. Erwerbstätige, 66% im Dienstleistungsbereich (2005, zum Vergleich Deutschland: 71%), Arbeitslosenquote 2017 2,8%; 2016 3%. Arbeitslosenquote 2010 5,1% wie 2009; 2007 3,9% (4,2% 2006, 4,4% 2005, 4,7% 2004, 5,3% 2003); die ALQ der 15-24-jährigen war mit 9,5% 2004 am niedrigsten (zum Vergleich Frankreich: 36,2%; D: 11,7%). 2007 lag die ALQ  bei 3,8% (im November 2008 bei 3,9%; im Februar 2009 bei 4,1%, ca. 3 Mio. Arbeitslose, März 09 5,6% , Sommer 09 5,7%, Nov.09 5,2%). Für 2009 insgesamt liegt die ALQ bei 5,1% (Prognose für 2010: 6%). Doch die Zahl täuscht, da die Zahl der Teilzeitarbeiter und Tagelöhner sowie Altersarmen rapide gewachsen ist: es gibt ein wachsendes Heer von Teilzeitkräften (40%?) und Beschäftigten mit befristeten Arbeitsverträgen und schlechter Bezahlung (bereits 1/3?). Seit 2001 dereguliert auch Japan seinen Arbeitsmarkt (vor allem Lockerung des Kündigungsschutzes). Der traditionelle Arbeitsmarkt war durch lebenslange Beschäftigung, Senioritätsprinzip und Unternehmensgewerkschaften gekennzeichnet. Die Deregulierung wurde notwendig wegen Überschuldung vieler Unternehmen, hohe Kosten, steigendem internationalen Wettbewerb und Wandel der Mentalität in Japan. 2009 sollen nach Schätzungen 1,5 Mio. ihren Arbeitsplatz verlieren; bis März 2009 trifft es schon 400.000.  Die Zahl der Haushalte, die von Sozialhilfe leben, ist in den letzten 10 Jahren um 37% auf über eine Million gestiegen. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Der Niedriglohnsektor breitet sich systematisch aus. Durchschnittlicher Bruttolohn/Monat in € 2778 (Mittelwertproblematik!).  Ein Drittel aller Beschäftigten hat nur befristete Arbeitsverträge. Reformen auf dem Arbeitsmarkt sind weiterhin dringend notwendig (hohe Einstellungsbarrieren und hohe Kosten von Entlassungen). Das Mindestalter für die staatliche Rentenversicherung wird vorübergehend von jetzt 60 auf 65 heraufgesetzt. Ein neues Gesetz regelt die Weiterbeschäftigung von Senioren: Firmen müssen ihre Mitarbeiter bis 65 weiterbeschäftigen oder sie wiedereinstellen (Betriebszugehörigkeit wird nicht angerechnet, deshalb billiger). Als Folge von Arbeitslosigkeit treten in Japan häufig Hikikomori, ein vollkommenes Rückziehen aus der Gesellschaft, und Selbstmord auf. 2008 soll die Zahl der Selbstmorde über 32.000 liegen. In Japan ist eine hohe Präferenz für den Inlandsarbeitsmarkt zu beobachten.

Nach der Finanz- und Weltwirtschaftskrise leidet Japan unter einer Entlassungswelle. Seit Oktober 2008 haben 160.000 Menschen ohne Festanstellung ihren Job verloren. 400 Mrd. Yen (3,2 Mrd. €) sollen aus dem Konjunkturprogramm in den Arbeitsmarkt fließen. Wer als Zuwanderer in Japan freiwillig ausreist, bekommt eine einmalige Zahlung von umgerechnet 2300 € ("Abwrackprämie"). Überwiegend richtet sich das Angebot an "Latino-Japaner", die in ihrem Stammbaum japanische Wurzeln hatten (etwa 400.000 Menschen). Mittlerweile lebt 2009 schon jeder sechste Japaner unterhalb der Armutsgrenze. Die Wirtschaftsstrategie der der neuen Regierung 2009 sieht zwei Prozent Wirtschaftswachstum jährlich in den nächsten 10 Jahren mit vier Millionen neuen Arbeitsplätzen vor allem in Gesundheit, Umweltschutz und alternativen Energien vor. Die japanischen Manager wollen ihre Gehälter nicht offen legen (bekannt: C. Ghosn, Nissan 891 Mio. Yen, 8,05 Mio. Euro, Vorstandschef). In Japan machen Frauen selten Karriere. Das ist auch ein Grund dafür, das die Wirtschaft so lange schon stagniert (auf dem Papier herrscht Gleichberechtigung, in der Praxis werden Frauen diskriminiert). Nur 62 % aller Japanerinnen arbeiten in Erwerbstätigkeit überhaupt. Die Regierung will den Frauenanteil massiv erhöhen. Die Quote liegt bei Top-Jobs bei 30 Prozent (kollidiert mit tief verwurzelten Rollenklischees). Frauen verdienen 2013 bei gleicher Arbeit 28 Prozent weniger als Männer. Den Karrieren japanischer Frauen stehen viele Hürden entgegen: Rollenklischees, Infrastruktur, Steuerrecht u. a. Arbeitslosenquote 2013 4,0%. Im Februar 2014 fällt  die ALQ auf 3,6%, wie zuletzt 2007. Allerdings haben immer mehr Akademiker Probleme, einen Job zu finden. So wird die Kluft zwischen denen, die eine Festanstellung bekommen, und denen, die sich durchschlagen müssen (jobben, bei Eltern bleiben, nicht heiraten) immer größer. Die Arbeitslosenquote in Japan liegt Ende 2014 bei 3,5%. Die Jahresquote dürfte bei 3,7% liegen. Mitte 2015 fällt die Arbeitslosenquote auf 3,3% (fast Vollbeschäftigung, offene Stellen auf Höchststand). Mehr als jede fünfte Firma in Japan mit mehr als 31 Mitarbeitern ist bereit, auch über 70-Jährige zu beschäftigen. Darin zeigt sich die Personalnot der Firmen als Folge der alternden und schrumpfenden Bevölkerung. Mehr als ein Viertel der Japaner ist 2015 bereits über 65 Jahre alt. Die Regierung will 2015 die unbezahlten Überstunden bremsen. Laut Arbeitsministerium leisten die Beschäftigten durchschnittlich 14 Überstunden pro Monat. Würde die Mehrarbeit belohnt, wäre die Wirtschaft womöglich gewachsen. Werdende oder junge Mütter haben in Japan häufig am Arbeitsplatz mit Mobbing zu kämpfen. Die Chefs wollen gerne kündigen, Mitarbeiter sehen nur Probleme für die Firma. Für die Diskriminierung von Schwangeren am Arbeitsplatz gibt es einen speziellen Begriff: Matahara (Abürzung für Maternity Harassment - Mutterschafts-Mobbing). Die Regierung beschloss zu Beginn 2016, ab 2017 verbale Entgleisungen gegenüber werdenden und jungen Müttern gerichtlich zu ahnden. Die Regierung braucht dringend mehr und Kinder und mehr berufstätige Frauen, um den Bevölkerungsrückgang abzufedern. Aber auch die traditionelle Rollenteilung zwischen Frauen und Männern besteht überwiegend fort. Dei Männer sehen sich als "Firmen-Samurai", die sehr lange arbeiten und kaum die Kinder sehen. Die Frauen engagieren sich oft in sozialen Projekten, um eigene Kontakte zu haben. Die ganz traditionelle Rollenverteilung zwischen Männern und Frauen gibt es noch in Sushi-Restaurants in Japan. Sushi ist eine Männerdomäne. Frauen haben mit absurden Vorurteilen zu kämpfen.

Arbeitslose: 2022 hatte Japan 2,6% Arbeitslosenquote.

Im Jahre 2016 plant die Regierung ein Aufräumen im Niedriglohnsektor.  Das Motto lautet: Gleicher Lohn für gleiche Arbeit. 2016 sind fast 40 Prozent der Japaner prekär beschäftigt. Die Löhne der Zeitarbeiter sind oft nur halb so hoch. Die soziale Absicherung ist gering. "Black Baito" heißt das Problem: prekär arbeiten für "schwarze" Firmen. Im prekären Bereich unterscheidet man folgende Gruppen: Teilzeitbeschäftigte, temporär Beschäftigte, Leiharbeiter über Zeitarbeitsfirmen, Vertragsangestellte über einen fixen Zeitraum, Aushilfskräfte und Andere. Bei den unter 25-Jährigen ist der Anteil der prekär Beschäftigten sogar über 50%. Das drückt auch massiv auf die Kaufkraft, die nur bei den Betagten (2040  39 Mio.) steigt. 2019 beträgt der Mindestlohn in Japan 8,42 € (in Tokio). Damit liegt er weit unter dem anderer Länder (USA: 13,53 €, Staat N. Y.; Luxemburg: 11,97 €; Deutschland: 9,35 €). Die prekäre Beschäftigung ist als Folge der massiven staatlichen Unterstützung der Unternehmen rapide angestiegen (14% 1990, 30% 2020). Die Qualität der Jobs schwindet. Außdem stellen die Unternehmen nicht ein und es werden wenige Unternehmen gegründet.

2017 öffnet sich der Arbeitsmarkt zaghaft ausländischen Arbeitskräften. Die inländischen Arbeitskräfte werden knapp. 900.000 ausländische Beschäftigte gibt es 2017 (2008 noch 486.000. 2,3 Mio. Ausländer leben in Japan. Hochqualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland sollen angeworben werden.

In Japan arbeiten so viele Senioren wie in keinem anderen wohlhabenden Land. Von 34 Mio. Rentnern haben 2016 12,6 Mio. einen Job.  Einflussfaktoren sind Geld, Arbeitsethos (vollen Einsatz für den Job) und die Ehefrau (strenge Arbeitsteilung der Geschlechter). Gut ein Viertel der Bevölkerung sind 2017 65 Jahre und älter. Bis 2050 wird der Anteil auf über 40 Prozent ansteigen. 2030 sind nur noch 57% aller Japaner im erwerbstätigen Alter. Die älteren Menschen werden also gebraucht.

Institutionen des japanischen Arbeitsmarktes: Arbeitsministerium bestehend aus den Abteilungen "Büro für berufliche Qualifizierung, Berufliche Qualifizierung/regional, Zentren für berufliche Qualifizierung/ lokal; Büro für Beschäftigungssicherung, Beschäftigungssicherung/ regional, Ämter für Beschäftigungssicherung/ Arbeitsämter; vgl. Pieper, Norbert: Arbeitsmarktpolitik in Deutschland und Japan im Vergleich, 1996. 2018 erlässt Japan ein Gesetz gegen Überstunden. Bei Gewerkschaften kennt Japan Betriebsgewerkschaften. Sie folgen stark dem Kooperationsprinzip.

Diskriminierung: Immer wieder tauchen Nachrichten über einzelnen Diskriminierungen auf. Der Rollenwandel der Geschlechter hat sich in den Institutionen noch nicht durchgesetzt. Die Medizinische Universität Tokio hat 2018 Aufnahmetests manipuliert (Praxis seit 2006): Testergebnisse wurden gefälscht. Weiblichen Bewerbern wurden automatisch 20 Punkte abgezogen, bei Männern 20 Punkte addiert. Begründung: Frauen würden eher die Karriere beenden, wenn sie eine Familie gründen. Kinder hoher Beamter werden auch schon mal bevorzugt.

Senioritätsprinzip: Die Anreizstruktur in der privaten Wirtschaft beruhte auf Zeit und weniger auf Leistung. Auf Zeit in doppelter Hinsicht: Einmal auf Lebensalter und Betriebszugehörigkeit, zum anderen auf langen Zeiten im Büro (bis Chef ging und nachher noch zusammen sein). Das wird vorsichtig reformiert. 

Effizienz: Japan arbeitet relativ ineffizient. Der Output pro Stunde (kaufkraftbereinigtes BIP in Dollar pro Arbeitsstunde, 2017) liegt ziemlich weit hinten: Es führt Irland mit 86, vor Norwegen (81), Luxemburg (80), Dänemark (65), Belgien (65), USA (64). Deutschland liegt bei 61, Japan bei 42. Japan leidet auch unter einem dramatischen Arbeitskräftemangel. Dennoch verrichten zahllose Menschen sinnentleerte Tätigkeiten in Tokio ("Bullshit Jobs", Graeber). Humankapital wird unproduktiv eingesetzt. Ein großer Teil sind Büroarbeiter, die man eigentlich nicht mehr braucht oder will, die aber nicht entlassen werden sollen. Das würde dem Prinzip der lebenslangen Beschäftigung widersprechen. Vgl. Gersemann, Olaf: Die Welthauptstadt der "Bullshitjobs", in: Welt am Sonntag, Nr. 13, 31.03.19, S. 36.

Exkurs. Firmenkrieger: Frühes Erscheinen in der Firma und lange Anwesenheit im Büro sind noch immer wichtige Tugenden eines guten Beschäftigten. Japaner schlafen relativ wenig und versuchen, die Nachtruhe am Tag nachzuholen. Ein öffentliches Nickerchen signalisiert gleichzeitig: Man arbeitet bis zum Umfallen und opfert sich für die Firma. Je höher ein Japaner auf der Karriereleiter steht, desto demonstrativer darf er im job schlafen. Es wird eine "Nap Box" entwickelt, die Abhilfe für den diskreten Büroschlaf bringen soll. Es ist eine aufrecht stehende Kapsel mit Holzfüßen. Das Projekt wird vom Möbelunternehmen Itoki und dem Sperrholzlieferanten Koyoju Plywood betrieben. 2023 soll es die Marktreife haben. Vgl. Köhler, Angela: Büroschlaf im Stehen, in: Rheinpfalz Nr. 212/ 12.9.22, S. 1

Arbeitsmigranten: Ab 2019 öffnet sich Japan stärker für ausländische Arbeitsmigranten. Neue Visa -Regeln treten in Kraft. Mehrere hunderttausend Gastarbeiter sollen ins Land gelockt werden, vor allem aus den Nachbarländern China, Indonesien, Philippinen oder Vietnam. Ein erster Visa - Typ erlaubt Ausländern mit einfachen Japanischkenntnissen und bestimmten Jobfähigkeiten eine Beschäftigung bis zu fünf Jahren. In vierzehn Sektoren dürfen aber Familienangehörige nicht mitgebracht werden. Ausländische Arbeitskräfte mit höherer Bildung und Spezialkenntnissen in den Sektoren Häuser- und Schiffsbau können ihren Aufenthalt verlängern und auch ihre Familienangehörige ins Land holen.

Elternzeit: In Japan ist eine Elternzeit von bis zu einem Jahr möglich. In der Regel gibt es dabei einen Konflikt zwischen traditioneller Arbeitskultur und Recht. Wer als Mann die Elternzeit nimmt, gerät oft aufs Abstellgleis ("Kalte Leiter"). Immer mehr Väter klagen deshalb ihre Rechte gegen die Firma ein. Japans Umweltminister Shinjiro Koizumi bricht 2020 dieses gesellschaftliche Tabu: Er nimmt Erziehungszeit. Allerdings nur zwei Wochen, auch noch verteilt auf drei Monate. Er ist damit der erste japanische Minister und einer von wenigen Prominenten, die Elternzeit nehmen. Er will damit Vorreiter und Vorbild sein.

Arbeit im Rentenalter: In Japan arbeiteten schon immer viele Menschen über das Rentenalter hinaus. Dei Menschen sind stolz darauf und es tut ihnen selbst gut. 2021 schuf die Regierung Anreize, damit die Menschen bis 70 arbeiten können. Die Renten in Japan sind etwas niedriger als in Deutschland. Den Menschen ist auch das Gefühl wichtig, noch gebraucht zu werden. Vgl. Lill, Felix: wo ein Wille ist, ist auch ein Job, in: Die Zeit 31/ 20.7.23, S. 11.

Zweitjob: Japaner übernehmen immer häufiger einen Zweitjob. Und das kann durchaus im Interesse des Arbeitgebers liegen. 3 Mio. Japaner hatten 2022 einen Zweitjob, 5 Mio. suchten einen solchen. Quelle: Innenministerium. Seit 2028 hat dei Regierung Zweitjobs grundsätzlich genehmigt. Die Regierung hatte dabei mehrere Hintergedanken: Arbeitsmarkt weniger und durchlässiger, Zugang zu erfahrenem Personal leichter, Übergang in die Rente flexibler, Mangel an Fachkräften lindern (Angestellte nicht mehr Eigentum des Betriebes). Alles ist im Grundsatzpapier "neuer Kapitalismus" von Premierminister Fumio Kishida enthalten. Neben Einkommen  und den Karrierechancen steigert der Nebenjob offenbar auch die Leistung. Allerdings haben viele Firmen strenge Regeln für die Genehmigung von Zweitjobs: keine Wettbewerber, zeitliche Begrenzung, Unterstützung der Arbeitsanforderungen im Stammbetrieb. Vgl. Fritz, Martin: Karriere am Kakibaum, in: WiWo 5/ 26.01.24, S. 88f.

Inflationsrate/ Budgetsaldo( Schuldenstand): 0,788% 2019 (VPI). 2,9% 2014 (Prognose 2015: 2,3%). Ca. -10% 2011, -0,9% 2010, -1,4% 2009; (0,1% Durchschnitt 2007, 0,3%  2006 -0,3%  2005, 2004: 0,0%). Deflation damit kaum beendet. Budgetsaldo: -2,4 2006 (-6,4 2005; -7,2 2004, in % des BIP); im ersten Quartal 2008 steigen die Preise jedoch schon um 4,7% (stärkster Anstieg seit 27 Jahren, Hauptfaktor Ölpreis).  Das neue Investitionsprogramm umfasst 380 Mrd. €.  Im Februar 2010 sanken die Verbraucherpreise um 1,2%. Japan fällt zurück in eine Deflation. Die Neuverschuldung 2009 wächst auf 326 Mrd. € (44 Bill. Yen), dies sind etwa 7% des BIP. Gegensteuern will man mit einer Verdopplung der Verbrauchsteuern auf 10%. Das Defizit für 2010 soll 44,3 Billionen Yen betragen. Obst wird 2017 in Japan zum Luxusgeschäft. Die Japaner lieben das heimische Obst. Manche Früchte erreichen Luxuspreise (Beispiel: eine Erdbeere umgerechnet 8 Euro). Obst wird Geschäftspartnern und Freunden als ein Zeichen der Wertschätzung überreicht. Im Oktober 2020 liegt die Preisentwicklung bei -0,7% (Verbraucherpreise). Damit sind die Preise so stark wie seit zehn Jahren nicht mehr gefallen. Die Zentralbank strebt eigentlich eine Inflationsrate von etwa 2% an. Japan ist international eine Ausnahme bei der Inflation2021/ 2022. Die Inflationsrate dürfte 2021 bei -0,4% liegen. Sie steigt im ersten Quartal 2022 auf 0,9%. In der Schweiz gingen die Preise 2021 sogar um 0,04% zurück. Sie stiegen im ersten Quartal 22 auf 2,2%. Im Juni 22 erreicht die Rate schon 3,2%. Die Preise für Lebensmittel sind allerdings sehr hoch. Die verhältnismäßig niedrigen IR hat folgende Gründe (Währung ist Fluchtwährung/ Wechselkurs, Aufwertung der Währung, es wird Liquidität ins Ausland gepumt, Energiepreise geringeres Gewicht im Warenkorb, hohe Subventionen/  Staat übernimmt Kostensteigerungen, niedrige Zinsen locken kein Kapital aus dem Ausland, es gibt Lohn-Preis-Spirale nach unten). Vgl. Schnabl, G./ Murai, T.: Das Geheimnis der Mini-Inflation in Japan und der Schweiz, in: WiWo 13/ 25.3.22, S. 39. Übe rdas ganze Jahr 2022 lag die IR bei 2,5%.   Legendär sind die 100 Yen-Shops in Japan.  Preisstabil kann man hier eine Vielzahl von Alltagsprodukten kaufen. Die Abwertung des Yen und die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise bedrohen aktuell diese Institution. Vgl. Illing, Gerhard: Inflation. Die japanische Geldpolitik, in: Wirtschaftsdienst, H. 7/2022, S. 417.

Die Staatsverschuldung in Japan liegt 2020 nach der Corona-Krise bei 254% (vorher 2019 bei 236%). 2015 war sie noch bei 245,9% des Bruttoinlandsprodukts. Der Gesamtschuldenstand in % des japanischen BIP beträgt 2008  197%, 2009 200%. 2010 sind es 204,2%. 2011 werden 229% geschätzt. 2013 kommt am wohl auf 250% (7,8 Billionen Euro). 2007 betrug die Gesamtverschuldung noch 180,3%. Haushaltssanierung stagniert, wird mit dem Konjunkturprogramm Ende 2008 wieder aufgegeben. Das Haushaltssaldo liegt 2010 bei -9%, 2009 bei -10,3%. 2011 kassiert Standard & Poor`s das Top-Rating für Japan. Im August des gleichen Jahres folgt Moody´s. Die Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe verschärft die Schuldenproblematik. Im März 2014 scheint die Deflation vorläufig vorbei zu sein. Die Preissteigerungsrate betrug 1,3% (gegenüber dem Vorjahresmonat). Im April könnte die Inflationsrate in Tokio sogar bei 2,7% liegen. Allerdings könnte auch die Mehrwertsteuererhöhung ab 1.4.14 zum Vorziehen vieler Käufe geführt haben. Die Primärlücke im Haushalt, also Defizit ohne Schuldendienst, soll bis 2020 verschwinden. Das dürfte nicht zu schaffen sein. Haushaltsdisziplin ist sicher keine japanische Tugend. Zukünftig dürfte der japanische Staat es auch schwerer haben, seine Schulden über die Ausgabe neuer Anleihen zu finanzieren: Menschen im Ruhestand machen ihre Anleihen zu Geld, woraufhin die Preise verfallen. Japan ist auch eines der größten Gläubigerländer. Das relativiert den Schuldenstand. Bei US-Staatsanleihen rückt es im Oktober 2016 wieder an die Spitze: 1,131 Billionen Dollar vor China mit 1,115 Billionen Dollar (zuletzt im Februar 2015 war Japan an erster Stelle). Japans Bürger stabilisieren das Land. Die Staatsschulden halten fast nur japanische Anleger. Darunter sind die meisten ältere Bürger und wohlhabende. Heute gemachte Schulden werden so auf geburtenschwache Jahrgänge der Zukunft abgewälzt. Die Frage ist, wie lange der Deal noch hält. Es bleibt dann nur noch die Monetarisierung der Schulden durch die Zentralbank. 

 Japanisches Dorf im Landesinnern (das Bild habe ich bei einer Wanderung durch das Landesinnere gemacht). Man sieht Gemüse-Gärten und vor allem Reisanbau. Die Dörfer ähneln in ihrer Struktur unseren Dörfern. Sie bemühen sich um möglichst viel Nachhaltigkeit und biologischen Anbau. Der Reisanbau wäre massiv betroffen, wenn Japan gezwungen ist, seine protektionistische Agrarpolitik gegenüber den USA und anderen Ländern aufzugeben.

Umwelt (Umweltpolitik): , CO2-Emissionen pro Kopf 2022: 8,6 t. CO2-Emissionen pro Kopf in t 2006: 9,8 (insgesamt: 1236 Mio. t 2007, D: 798 Mio. t, 10,0 t pro Kopf)); Waldzu-/abnahme in % 1990-2000: +- 0. Umweltabgabe mit Kompensationssystem im Großraum Tokio (Verursacher zahlen nach dem Anteil an den Gesamtemissionen ein), ansonsten starke Verbreitung von Kooperationslösungen. Japans Immobilienmarkt (einer der weltweit größten) hat seine Krise vorläufig überwunden. Gefährlicher gelber Staub aus China (feiner Sand aus der Wüste Gobi, der sich mit den Abgasen aus chinesischen Firmen vermischt) bedeckt vereinzelt Teile von Japan. Bis zum Jahre 2050 sollen die Treibhausemissionen um 60 bis 80% gesenkt werden.2008 fängt Japan an, das Emissionshandelssystem zu testen. Deutsche und japanische Städte kooperieren beim Klimaschutz ab 2008: Nahverkehr, Städteplanung, Energieeffizienz,  Kraft-Wärme-Kopplung. In der Umweltpolitik gibt zwei moderne Zertifikats-Handelssysteme: Einmal das "Japanese Voluntary Emission Trading System (JVETS) und das "Emission Trading System of the Tokyo Metropolitan Government". 2010 muss die Regierung ein Klimagesetz nach Protesten aus der Industrie entschärfen:  Handel mit Emissionen mehr Spielraum für den Ausstoß von Treibhausgasen durch fehlende Begrenzung des Emissionsvolumens. Ende 2010 wird sogar die Ausgabe von Zertifikaten vorerst eingestellt. Auf die Katastrophe von Fukushima reagieren die großen japanischen Konzerne mit Öko-Strategien. Vor allem Panasonic will zum "grünen" Marktführer werden mit ressourcenschonender Technik. Im November 2013 gibt Japan das Klimaziel von Kyoto auf. Die Emissionen sollen sogar erhöht werden (mehr Kohle- und Gaskraftwerke). Nach Fukushima ist Japan in einer besonderen Situation, aber das Signal ist verheerend. Vier Jahre nach der Atomkatastrophe von Fukushima wird noch immer nicht offen über die Schäden geredet (Maulkörbe in der Presse und den Medien). Wichtige Informationen werden in Manga-Zeichnungen verpackt (Jeder liest Mangas in der Mittagspause, Stimmung der Gesellschaft). 22 Mrd. an staatlichen  Hilfsgeldern wurden bisher (2015) nicht abgerufen. Von den geplanten 20.000 neuen Wohnungen wurde erst ein Fünftel gebaut. 2020 möchte Japan wieder im Kreis der technologisch führenden Länder mitspielen: Bis 2050 will das Land klimaneutral sein. Kernkraft könnte wieder eine größere Bedeutung bekommen. Die Regierung will die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen erhöhen, damit sie Innovationen schaffen und die Dekarbonisierung. Die Unternehmen sollen ihre Kennziffern verbessern und die Informationen offen legen. Die Task Force on Climate -Related Financial Disclosure (TCFD) soll besser genutzt werden.   In Japan dürfen ab 2050 nur noch Hybridfahrzeuge und E-Autos gebaut werden.  "Leute, kauft Hybrid-Autos von Toyota", Renate Künast, Grünen-Fraktionschefin im Bundestag.

Im Dez. 2009 findet in München ein Deutsch-Japanisches Wirtschaftssymposium über Kooperation im Bereich Umwelt statt.

2020 ist Shinjiro Koizumi Umweltminister (seit 2019). Er ist erst 38 Jahre alt und der drittjüngste Minister in einem Kabinett. Er erbte 2009 den Wahlkreis von seinem charismatischen Vater und Ex-Ministerpräsidenten. Er kommt aus einer der ältesten Politiker-Dynastien. Er will die Menschen gegen Kohle und Atomkraft mobilisieren. Damit steht er gegen die Pläne der Abe- Regierung, die alle Initiativen zur Verringerung fossiler Energieträger ausgebremst hat.

Exkurs: Ginko. Er ist wahrscheinlich die älteste Baumpflanze der Welt. Er gilt als Baum des Lebens. Forscher geben seiner Geschichte über 300 Millionen Jahre. Doch schon vor der Eiszeit starb er in Europa aus und rettete sich als einzige von vielen Arten nach dem wärmeren Ostasien. In Japan ist er allgegenwärtig. Als Kultbaum in Tempeln und als Symbol für den Schutz der Umwelt und Natur. Im Jahr 1946 ein Jahr nach Hiroshima kam unweit der Explosion wieder ein frisches Reis. Seither gilt er auch als Symbol der Hoffnung und Unbesiegbarkeit in Japan. Erst seit 250 Jahren ist der Baum wieder in Europa heimisch. Er ist Heilpflanze (die medizinische Wirkung auf das Gehirn wird seit langem erforscht) und seine außergewöhnliche Blattform hat viele Autoren inspiriert. So etwa Goethe, Unseld, Härtling, Hesse, Eich. Vgl. F. Bovis (Hrsg.): Ginko. Baum des Lebens, Berlin 2013. Goethe pflanzte einen Ginko-Baum bei seinem Gartenhaus im Weimarer Park an der Ilm, wo er die erste Zeit wohnte und sich mit Charlotte von Stein bzw. der Herzogin Anna Amalia (die der berühmten Bibliothek ihren Namen gab) traf. Er schrieb dort das Gedacht Ginko Biloba.

Energie/Rohstoffe (Energiepolitik): Energieverbrauch pro Kopf in kg ÖE 2002: 4058. Ein schweres Erdbeben beschädigt Mitte 2007 die weltweit größte Atomanlage im nordjapanischen Kashiwasaki, so dass Radioaktivität austreten kann. Die Informationspolitik ist mangelhaft. Die Atomkraftwerke liegen auf felsigem Untergrund und sind durch Mauern gesichert. Sie werden bei Beben automatisch heruntergefahren. Bisher gab es in den Atomkraftanlagen 97 schwerwiegende Vorfälle.  Die 54 Atomkraftwerke decken etwa ein Drittel des Strombedarfs (30%). Der älteste Reaktor ist von 1970. 12 sind noch in der Planung.  Durch das schwerste Erdbeben, was Japan je erlebt hat, 2011 werden vier Atomkraftwerke schwer beschädigt. In einem, Fukushima Daiichi, setzt eine Kernschmelze ein. Radioaktives Cäsium, Plutonium, Jod und Strontium wird freigesetzt. Die Präfektur Fukushima im Nordosten Japans ist das Herz der japanischen Atomindustrie (Fläche von Schleswig-Holstein, 2 Mio. Menschen). Dem Land droht eine anhaltende Energieknappheit. Im März bricht die Industrieproduktion um 15,3% ein. Insgesamt soll das Wachstum der Wirtschaft 2011 nur noch 0,6% betragen. Japan ist ein sehr rohstoffarmes Land. In der Provinz wird Strom teilweise mit regenerativen Energien erzeugt. Beispiel ist die Stadt Kuzumaki in der Provinz Iwate. Hier stehen Windräder in 1000 Meter Höhe. Ein Großteil der Erdölimporte kommen aus dem Iran. Nach der Naturkatastrophe in Fukushima verordnet die Regierung der Wirtschaft einen Sommer-Stromsparplan für 2011. Auch soll ein Stresstest aller Atomkraftwerke durchgeführt werden. Viele Japaner sind skeptisch, da Regierung und Atomwirtschaft zu eng verwoben sind. Man spricht in Japan vom "Atomdorf", das ein Geflecht von Tepco und Politik darstellt. Prüfbericht der Atomkraftwerke wurden systematisch gefälscht. Mitte 2011 werden aber zahlreiche Beamte im Energiesektor entlassen. Die Aufsichtsbehörde soll unabhängig angesiedelt werden. 2012 wird die Laufzeit der Atomkraftwerke durch ein Gesetz auf 40 Jahre begrenzt. Ab Mai 2012 muss Japan für einige Zeit ohne Atomkraft auskommen, weil einige Wartungen anstehen. Im Juli 2012 geht als erster Meiler Oi wieder ans Netz (Drohung mit Stromsperren). Mittlerweile gibt es Massenproteste gegen die Atomkraft in Japan. Die Regierung gibt im Herbst 2012 bekannt, dass das Land bis 2040 aus der Atomenergie aussteigen will. Die Regierung von Abe will davon eine Kehrwende vollziehen. Die Folgekosten von Fukushima werden auf 97 Mrd. € geschätzt (u. a. Dekontaminierung, Entschädigungen). Die Kosten fallen bei der inzwischen verstaatlichten Tepco an. 160.000 Menschen mussten ihr Heim verlassen. Über 260.000 Menschen wurden geschädigt. 1400 Lebensmittel aus dem verstrahlten Gebiet überschritten die Grenzwerte. 117.000 Firmen erhalten Entschädigungszahlungen. 2013 fallen immer wieder Kühlsysteme in Fukushima aus und verursachen kritische Situationen. Die Strahlenbelastung steigt dramatisch an. Mittlerweile sind die Strahlenwerte für Menschen tödlich (bei vierstündiger Aussetzung). Unmengen von verseuchtem Wasser läuft ins Meer. Im September 2013 beschließt die Regierung einen Notfallplan. 360 Mio. € sollen in die Sicherung des havarierten Atomkraftwerks fließen. Trotzdem belastet Cäsium immer stärker den Hafen vor Fukushima. Im Februar 2014 tritt wieder eine schwere Panne auf. Aus einem Leck sind 100 Tonnen verseuchtes Wasser ausgetreten. Nuklearstrom gilt in Japan auch 2014 noch als Gebot der Vernunft ("Atom-Renaissance"). Erneuerbare Energien spielen derzeit in Japan noch so gut wie keine Rolle. 2014 wird der Bau neuer Atomkraftwerke geplant und stillgelegte sollen wieder hochgefahren werden. Diese Aufgabe soll der 2014 eingesetzte Tepco-Sanierer Sudo übernehmen. Bis 2014 hat Tepco 41 Mrd. Euro für Fukushima gezahlt; der Staat 79 Mrd. Euro. Im April 2014 vollzieht Japan offiziell wieder den Plan, Atomenergie als wichtigste Energie-Quelle der Grundversorgung vorzusehen. Am 11.04.2014 beschloss die Regierung einen neuen Energieplan. Erhöhung der Einspeisetarife. Aber die neue Nukleare Regulierungsbehörde (NRA) hält dem Druck stand und prüft akribisch alle Anlagen. So ist 2014 Japans erster Sommer ohne Atomstrom (alle 48 Anlagen außer Betrieb; Problem für die Klimaanlagen). Die Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Energiepolitik der Regierung mit Atomenergie ab. Erstmals klagen 2014 Arbeiter aus Fukushima gegen die Betreibergesellschaft, weil sie Gefahrenzulagen nicht bezahlt habe. Dreieinhalb Jahre nach Fukushima darf im Herbst 2014 das erste Kraftwerk /AKW Sendai bei Tokio) wieder hochgefahren werden (Atomaufsicht Japan gibt grünes Licht).  Die Inbetriebnahme erfolgt jedoch erst im August 2015. 30 Prozent der Japaner sind dagegen. Aber die Regierung argumentiert, dass Öl, Gas und Kohle teuer importiert werden müssen. Im Herbst 2015 dürfen die Bewohner in die Stadt Naraha zurück, die nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima vollständig geräumt wurde (viele wollen das nicht mehr; die Umgebung wurde aufwendig dekontaminiert). 2016 bereitet die Eisbarriere um das AKW Fukushima Sorgen. Sie soll das Abfließen des verseuchten Wassers verhindern. Ein schweres Seebeben erschüttert im November 2016 die Region um Fukushima. Die Aufräumarbeiten in Fukushima werden bis 2050 dauern - wenn alles nach Plan verläuft. Verseuchtes Kühlwasser, Regen und eindringendes Grundwasser machen große Probleme. 2017 etabliert sich in der Nähe von Fukushima eine Surfergemeinde. Der Strand von Hirono bietet perfekte Wellen. Acht Jahre nach der Katastrophe machen sich die Menschen Sorgen, welches Gemüse essbar ist. Wie hoch sind die Krebsrisiken? Menschen haben ein eigenes Testlabor eingerichtet. Denn der Regierung glauben sie nicht (Pilze sind aus jeder Küche verbannt, Kaori). Vor allem Schwangere haben Angst. Im September 2019 werden drei Spitzenmanager von Tepco freigesprochen. Das Unglück sei nicht vorhersehbar gewesen. Dabei wussten sie schon seit 2008, dass das Kraftwerk einem Sunami und Erdbeben nicht gewachsen war. Die Bevölkerung Japans ist empört: "Die Regierung wolle das Unglück begraben". Ende 2020 will Japan gefiltertes Kühlwasser ins Meer ableiten. Es ist kein Platz mehr da, zur Lagerung von Kühlwasser. Die Fischer sind empört. Die Ableitung könnte noch zwei Jahre dauern, da erst Umbauten nötig sind. So kommt es auch: Ab 2022 soll Kühlwasser hoch verdünnt ins Meer geleitet werden. Viele Bestandteile können aber nicht herausgefiltert werden. Es gibt große Proteste, vor allem aus China und Südkorea. Auch Fischer sehen ihre Existenz gefährdet. Ab August 2023 wird Fukushima-Wasser dann ins Meer geleitet. Der Platz für radioaktives Wasser geht aus. Die Tanks werden nach und nach in den Ozean entleert. Das Vorgehen ist äußerst umstritten. Nachteile für die Fischerei werden befürchtet. China stoppt sofort alle Importe von Fisch aus Japan.  Die ersten Atombombenabwürfe der Welt durch die USA auf bewohnte Gebiete in Japan traf die Städte Nagasaki und Hiroshima. Heute leben in der Stadt fast wieder 1,2 Mio. Menschen. Am 6. August 1945 wurde sie fast vollständig zerstört. Bis Ende 1945 starben 140.000 Menschen. Die USA warfen drei Tage später eine weitere auf Nagasaki. Dort starben 70.000 Menschen (darunter viele chinesische Zwangsarbeiter). 2015 sind dies 70 Jahre her. Auf die aktuelle Atompolitik in Japan scheint der Einfluss nicht mehr groß zu sein. Es werden jedes Jahr und immer wieder Kränze niederlegt, um für atomare Abrüstung zu plädieren (im November 2019 Außenminister Heiko Maas).

Der Emissionsrechthandel wurde 2005 durch das Japanese Voluntary Emission Trading System (JVETS) eingeführt. Zuletzt machten 390 Unternehmen mit. Die Unternehmen konnten freiwillig zwischen Ausstoßmenge und Zertifikaten wählen. Der Beitritt wurde durch Subventionen unterstützt. 2012 lief das Testsystem aus. Vier Jahre nach der Atomkatastrophe, also 2015, gerät die Energiewende immer mehr zum Chaos. Erst vier von 43 Meilern erfüllen die verschärften Sicherheitsauflagen (also kann Ziel der Regierung von 15 - 25% für Atomstrom nicht erreicht werden). Bei 25 der noch verbliebenen 43 Meiler läuft 2015 die Sicherheitsprüfung noch. Die Versorger setzen auf Kohlekraftwerke mit reduziertem CO2-Ausstoß (aber immer noch zu viel; 52 neue Kohlekraftwerke werden 2015 geplant?). Sendai 1 geht als erster Reaktor im August 2015 wieder ans Netz. Beim G7-Gipfel in Elmau hatte sich Japan verpflichtet, den Kohlendioxidausstoß bis 2050 zu verringern. Die reale Entwicklung geht in die entgegen gesetzte Richtung: Japan ist der größte Exporteur für Kohlekraftwerke. Im Land selbst sind 2016 sechs Anlagen im Bau und weitere 49 in der Planung. Das könnten riesige Fehlinvestitionen sein. Der Ausbau fossiler Energieträger ist völlig unzeitgemäß. 

Längerfristig hat Fukushima im japanischen Energiemix doch zu einer Veränderung der Struktur geführt. die Rangfolge sieht 2019 wie folgt aus: 1. Edgas. 2. Kohle. 3. Erneuerbare Energien. 4. Nuklear. 5. Öl. 6. Andere. Quelle: IEA. Zwei Atomkraftwerke sind 2021 noch in Bau. Trotzdem findet de facto ein Ausstieg statt: ursprünglich sollten alle 33 Anlagen wieder in Betrieb genommen werden. Man macht es aber nur bei den wirtschaftlichsten. Bis Ende des Jahrzehnts (2030) dürften die alten alle abgeschaltet sein. Japan hat ein immenses Potential an Geothermie, Offshore - Wind und Solarenergie. 2030 soll erneuerbare Energien einen Anteil von 22% haben. Vgl. Koppenborg, Florentine: Japans nuklearer weißer Elefant, in: SZ Nr. 56, 9.3.21, S. 16. Es gibt auch einen Entwurf des Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie für 2050: Erneuerbare Energien 50 bis 60%; Atomstrom und Thermalkraftwerke 30 bis 40%; Wasserstoff/ Amoniak 10%. Vgl. HB Nr. 48, 10.3.21, S. 14f. Japan importiert 2020 3,5% von Russlands Gasexporten. Das ist der höchste Anteil in Asien (es folgen Taiwan, Südkorea). Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien 2022: 21,2%.

Mitte 2022 ändert Japan seine Atompolitik. Die Laufzeiten bestehender Atomkraftwerke sollen verlängert werden. Es sollen sogar weitere Meiler ans Netz gebracht werden. Das ist eine klare Abkehr von der bisherigen Linie. Das ist in Japan sehr umstritten, weil das Land stark Erdbeben gefährdet ist.

Exkurs: Fukushima heute (10 Jahre danach 2021): Zehn Jahre nach "Fukushima" sind viele Umgesiedelte wieder in ihre Dörfer :und Städte zurückgekehrt. Die Katastrophe gehört immer noch zum Alltag. Die Fischerei hat sich nie mehr erholt. Es sind insgesamt mehr Unternehmen entstanden als vorher wegen der staatlichen Subventionen. 31,3 Billionen Yen (243 Mrd. €) hat die Regierung in den ersten 10 Jahren in den Wiederaufbau gesteckt. Für die kommenden 5 Jahre sind noch einmal 12 Mrd. € eingeplant. Vgl. Welter, Patrick: die Heimat kommt nicht zurück, in: FAZ Nr. 55, 6. März 2021, S. 3. Es kommt immer wieder zu Erdbeben und Tsunamis an der Küste. so auch im März 2021. Die Atomruine ist noch stabil. Am 16. März 2022 trifft wieder ein großes Erdbeben die Region um Fukushima. Auch hier hält vorerst die Atomruine. Das Kühlwasser von Fukushima soll ab 2023 ins Meer fließen. Japans Atomaufsichtsbehörde hat grünes Licht gegeben. Die IAEA hatte schon vorher zugestimmt. Betreibe rist immer noch Tepco. China hält am bestehenden Importverbot für Lebensmittel aus 10 japanischen Präfekturen, darunter Fukushima, fest. Vor der geplanten Verklappung wird das Wasser behandelt. Es wird verdünnt (62 Radionuklide rausfiltern, nicht das Isotop Tritium)

Exkurs. Zwei Traumata der Energie in Japan: 1. Ölkrise und Energieschock: Es kam zu großen Stromausfällen in Haushalten und bei der Industrie. Der Ölschock 1973/ 74 führte zu einer Verknappung und enormen Preissteigerungen. Es kam eine schwere Rezession (die erste seit langer Zeit). Danach gab es viele Reformen in der japanischen Wirtschaftspolitik mit Aufwertung des Yen und der Energieeinsparung von 37%.  Das Trauma scheint noch größer als das von Fukushima zu sein. 2. Der Tsunami 2011 vor der japanischen Küste, dem ein Meiler nicht gewachsen ist. Hinzu kommt die Erfahrung im 2. Weltkrieg, in dem 1945 zwei Atombomben von den USA abgeworfen werden auf Hiroshima und Nagasaki. Weil das erste größer ist als das zweite, gibt es eine Renaissance der Atomkraftwerke in Japan.

Japan als Vorbild für Energie sparen: Nach der Fukushima - Katastrophe 2011 mit Energiekrise leitete Japan eine Reihe von Maßnahmen ein. Es kam zu einer Kultur - Veränderung (Setsuden - Kampagne). Immobilienkäufer werteten Dämmung und alternative Energien hoch. Kochrezepte für energiesparendes Kochen. Alle Verbraucher - auch Industrie - sollten 15% einsparen. Carsharing - Konzepte boomten. Neon-Reklame wurde ausgeschaltet. Stromausfälle wurden durch Warnsysteme angezeigt. Heute beim Energie sparen 2022 in Europa gilt Japan als Vorbild.

Ministerium für Rohstoffe und Energie: Japan hat ein eigenes Ministerium für den Rohstoffbereich. Davon können auch ausländische Firmen profitieren. die Logistik scheint gut organisiert zu werden. Das loben auch deutsche Unternehmen.

Außenwirtschaft (Außenwirtschafts- und Entwicklungspolitik bei Politik): 2016: Exporte 597 Mrd. USD (wichtigste Exportziele USA 19%, China 17%; Hauptgüter: Maschinen 37%, Transportmittel 25%). Exporte 536 Mrd. USD (Hauptimportpartner China 26%, USA 11%; Hauptgüter: Maschinen 25%, Energierohstoffe u. Erze 23%). 2013 Rekorddefizit in der Leistungsbilanz: 593 Mrd. Yen. Grund ist der schwache Yen, der den Import von Energie verteuert (Öl und Gas müssen in Dollar bezahlt werden). 2013 Exporte 719 Mrd. US-$; Importe 839 Mrd. $. Anteil am Welthandel 2012 4,3% (Exporte). 2010 Exporte 770 Mrd. Dollar. 2009 Exporte in Höhe von 545 Mrd. $ (2008 Exporte in Höhe von 783 Mrd. $, 2007 Exporte im Wert von 713 Mrd. $. Exporte 2006 ca. 7000 Mrd. Yen, 598,2 Mrd. $ 2005; 538,8 Mrd. $ 2004), Zunahme der Exporte 2006: 9,6%; 19% Kfz, Kfz-Teile;  Zunahme der deutschen Exporte nach Japan 2004: 6,8% (Anteil an allen deutschen  Ausfuhren: 1,7%; Anteil Einfuhr: 3,4%); deutsche Exporte nach Japan 2007 13,1 Mrd. € (2006: 13,9 Mrd. €), Importe aus Japan 2007 24,1 Mrd. € ( 23,7 Mrd. € 2006). Anteil der Exporte in die USA 25%. Importe: ca. 6000 Mrd. Yen 2006 (518,6 Mrd. $ 2005); Japans Anteil am Welthandel 5,1% (2005 geschätzt, zum Vergleich: D  9%, USA 9,7%). 37% der Exporte gehen nach den USA und China: hohe Abhängigkeit. Japan erwirtschaftet 14% seines BIP durch Exporte. Die Exporte in die EU sind rückläufig: 1998 10,1% aller EU - Einfuhren; 5,6%  2006. Deutschland ist das wichtigste Exportland innerhalb der EU. Ende 2008 brechen die Ausfuhren Japans ein (in die Schwellenländer einschließlich China mehr als ein Viertel, in die USA mehr als ein Drittel). Gründe sind der starke Yen und die zurückgehende Nachfrage. Japan ist weltweit führend bei der Produktion und im Export von Industrierobotern. In Japan lagert eine riesige strategische Reserve an Thunfisch (35.000 t?). Auf riesigen Farmen werden die Fische nachgefüttert. Mit den Reserven werden auch die Einkaufpreise bei den Fischern gedrückt. Eine der ältesten protektionistischen Maßnahmen ist die Importbeschränkung für Reis. Gleichzeitig wird der Reisanbau in Japan hoch subventioniert. Insgesamt ist Japan aber wie kein zweites Industrieland vom Lebensmittelimport abhängig. Es wird deshalb besonders stark von steigenden Lebensmittelpreisen getroffen. Anfang 2009 hat Japan erstmals seit 13 Jahren ein Defizit in der Leistungsbilanz (Januar: 1,4 Mrd. €). Die Exporte sind um 14,1% zurückgegangen (um 45,7% zum gleichen Monat des Vorjahres). Immer mehr japanische Firmen produzieren im Ausland. Dies wird durch den starken Yen und die Katastrophe in Fukushima verstärkt. Vor allem die japanische Autoindustrie (18% des BIP) ist betroffen. 2011 hat Japan sein erstes Handelsbilanzdefizit seit 30 Jahren. Die Einfuhren überstiegen die Ausfuhren um 2492 Yen (25 Mrd. Euro, bei den Einfuhren Anstieg vor allem bei Rohöl und Flüssiggas; bei den Ausfuhren Rückgang bei Autos und Halbleiter). Die Leistungsbilanz bleibt aber positiv mit schwarzen Zahlen. Auch 2014 verzeichnet die Handelsbilanz in den ersten Monaten ein großes Minus und die Leistungsbilanz bleibt positiv. Die Importe gehen relativ stark zurück (Erhöhung der Konsumsteuern). Der Export legte zu wegen der Abwertung des Yen infolge der expansiven Geldpolitik. 2017 hat Japan einen Export von 698,1 Mrd. US-$. Der Import beträgt 671,5 Mrd. $. Beim Export hat Japan einen Anteil am Welthandel von 3,9% (2017).  

In Japan sind rd. 500 deutsche Unternehmen mit einer Produktionsstätte (Direktinvestition) vertreten. Die Zahl stagniert seit einigen Jahren. 2005 hatten die Direktinvestitionen aus Deutschland ein Tief (-900 Mio. €).

Wenn sich die Konjunktur auf den Auslandsmärkten abkühlt, nehmen schnell die Schwierigkeiten im Inland durch den schwachen Konsum zu. Handelsbilanzsaldo 2006: 7937,3 Mrd. Yen. Ausländische Direktinvestitionen werden erleichtert. Bisher betrugen die ausländischen Direktinvestitionen nur 2,2% des jährlichen BIP (ein Achtel des deutschen Wertes). 6% aller deutschen Direktinvestitionen wurden in Japan getätigt, 2% aller japanischen Direktinvestitionen in Deutschland. Übernahmen in Japan sind jetzt auch per Aktientausch möglich. Energie und Telekommunikation bleiben aber weiterhin geschützt. Japan schließt 2006 einen Wirtschaftspakt mit Indien (gegen China). Unter anderem sollen die japanischen Investitionen in Indien erhöht werden. Ziel ist ein Freihandelsabkommen. Japan schließt eine Reihe von weiteren bilateralen Freihandelsabkommen mit anderen asiatischen Staaten: Thailand, Malaysia, Singapur. In Vorbereitung sind Abkommen mit Indien, Vietnam und den  Philippinen. Ein Handelsverbot für die bedrohte Thunfischart "Blauflossenthunfisch" könnte die Sushi - Gerichte beeinflussen. Freihandelsabkommen mit weiteren Pazifikstaaten und der EU stoßen auf den Widerstand der heimischen Agrarlobby. In Deutschland sind die Interessen sehr unterschiedlich: die japanische Autoindustrie muss 10% Importzölle zahlen, was gut für die deutschen Werke ist. Die japanische Regierung nimmt 2,4% bei Chemikalien. 2011 beginnt man mit dem Aushandeln eines Freihandelsabkommens mit der EU (Japan sechstgrößter Handelspartner). Japan ist auch dazu gezwungen wegen des Freihandelsabkommens der EU mit Süd-Korea (damit fallen 8% Zoll für EU-Exporte nach in das Land weg). 2012 lockert Japan sein Waffenexportverbot. Auch 2013 sind die nicht-tarifären Handelshemmnisse in Japan immer noch hoch. Die Bürokratie zögert die Zulassung von Produkten lange heraus bis sie veraltet sind oder nimmt so hohe Gebühren, dass der Preis nicht mehr konkurrenzfähig ist. Die Aufkündigung des Handelsabkommens TPP trifft Japan sehr hart (wichtiger Pfeiler von Abenomics). TPP war gegen China gerichtet. Japan hat einen hohen Handelsüberschuss gegenüber den USA, der auch auf Protektionismus beruht (Importzölle auf Reisimporte aus den USA; nur wenige Autos aus den USA werden in Japan verkauft). Japan will 2017 ein Freihandelsabkommen mit der EU. Das Land hat Sorge wegen der Abschottungspolitik der USA. Das EPA-Abkommen sollen noch 2017 vereinbart werden.   Lange Zeit gab es in der chinesischen Sprache kein Schriftzeichen für "Nation". China hatte sich immer als Reich verstanden, dem die ganze Welt gehört. Erst als das Land im 19. Jahrhundert erstmals vom Westen besiegt wurde, musste das neue Wort "Guojia" (die Nation; wörtlich: die Familie, die innerhalb schützender Grenzen lebt) geschaffen werden.

Japan plant ein Handelsabkommen mit der EU nach dem Vorbild von Ceta. Japan hat großes Interesse. Die Verhandlungen laufen schon seit 2013. Sie sollen schnell zu Ende gebracht werden, nachdem beide Regionen in Bezug auf die USA gescheitert sind.  Ziel ist der G20-Gipfel am 07.07.17 in Hamburg. Auch ein Handelsabkommen mit Japan nach dem Vorbild von Ceta ist geplant. Japan hat großes Interesse. Die Verhandlungen laufen schon seit 2013. Sie sollen schnell zu Ende gebracht werden, nachdem beide Regionen in Bezug auf die USA gescheitert sind.  Ziel ist der G20-Gipfel am 07.07.17 in Hamburg. Man einigt sich aber erst im Dezember 2017: Zölle werden abgebaut. Das Abkommen tritt 2019 in Kraft. Das BIP in Deutschland könnte um + 20 Mrd. € wachsen (Ifo-Institut, München). Für Japan ist die EU drittgrößter Handelspartner; für die EU ist Japan sechstgrößter Handelspartner. 2016 exportierten Firmen der eU Waren im Wert von 58,1 Milliarden Euro nach Japan. Die EU führte in der Zeit japanische Güter im Wert von 66,4 Milliarden Euro ein.

Außenhandel nach der Corona Krise: Im September 2020 gehen Japans Exporte in Höhe von -14,8% zurück im Vergleich zum Vorjahresmonat. Es war der sechste Monat in Folge mit einem zweistelligen negativen Wert. Bis dahin liegt der Überschuss in der Handelsbilanz noch bei 248,3 Mrd. Yen.

Geschichte des internationalen Handels in Japan: Nach dem Konzil von Trient schickte die katholische Kirche Mitte des 16. Jahrhunderts Missionare nach Japan. Der erste Missionar war Franz Xaver. Am bekanntesten wurde Pater Louis Sotelo, der nach Sendai kam. Die Franziskaner missionierten im Gegensatz zu den Jesuiten eher das einfache Volk. In Japan stritten Reiche miteinander, es gab nur lokale Fürsten (Daimyo). Für Sendai zuständig war ein Shogun, direkt für die Region hatte Date Masozoumi die Verantwortung. Er machte sich Hoffnung, über die Franziskaner das nötige Schiffs-Know-how und den Seeweg nach Neu-Spanien (heute Mexiko) zu finden (einschließlich einer Handelserlaubnis). Dem Shogun selbst waren Christen suspekt, so dass er 1597 26 Christen foltern ließ und später kreuzigen. Auch die Handelsmetropole der Christen Nagasaki wurde "gesäubert". Pater Sotelo sollte eigentlich auch sterben, wurde dann wegen der Handelshoffnung begnadigt. Spanien hatte quasi ein Monopol auf den Handel mit dem neuen Kontinent Amerika. Mithilfe der Spanier und der Holländer gelang es schließlich, ein hochseetüchtiges Schiff zu bauen. Mit diesem brach man 1613 nach Neu-Spanien auf (Sotelo, der Samurai Hasekura und ein Spanischer Kapitän). Sie erreichten 1614 Acapulco in Mexiko (war damals der wichtigste Hafen). An Bord hatte man vor allem Stoffe (auch Seide). Man erreicht in der Hauptstadt beim Vize-König eine Erlaubnis, die Waren zu verkaufen gegen Taufe zum Katholizismus. Die Handelserlaubnis konnte nur der spanische König geben. Also reisten Sotelo und Hasekura mit einem anderen Schiff nach Sevilla (Handelsmetropole für den Handel mit Amerika; am meisten entsetzte man sich über den Gott am Kreuz). Dann ging es weiter nach Madrid. Auch Hazekura ließ sich im Beisein des Kaisers noch taufen für die Erlaubnis. Das war aber sinnlos, weil die Shogune in Japan nach der Vereinigung (Togugawa Shogunat) das Christentum verboten und alle Handelsbeziehungen abbrachen bis 1867 (Ausnahmen nur für die Ostindische Company). Sotelo starb den Märtyrertod, Hasekura wurde geächtet. Die Anfänge der Globalisierung waren für lange Zeit gestoppt in Japan.

Offenheitsgrad Japans: Es ist die Addition von Exporten und Importen, geteilt  durch das BIP. Damit misst man die Einbindung in die Globalisierung. Der Wert liegt 2021 bei 31,1%. Vergleichswerte: Deutschland 81,1%; China 34,5%; USA 23,4%, Südkorea 69,2%.

Im Juni 2019 findet ein G20-Gipfel in Osaka/ Japan statt. Zuerst treffen sich Finanzminister und Notenbankchefs. Sie einigen sich auf die Einführung einer Besteuerung von Digitalunternehmen nach Nutzern bzw. Konsumenten. Traditionalisten in Japan wollen westlichen Medien die "korrekte" Nennung japanischer Namen vorschreiben. Shinzo Abe sieht sich in der Rolle als "Dealmaker" (Japan ist entschlossen, die freie, offene und regelbasierte internationale Ordnung zu bewahren"). Bisher macht er allerdings durch eine außerordentlich nationalistische Politik von sich reden (Nippon wo torimodosu: "Japan zurückholen"). Vielleicht kann er seine Golfbrüder-Beziehung zu Trump ja positiv nutzen. Er hofft auch China von Subventionen seiner Industrie abzubringen. Japan vermeidet in Handelsabkommen konkrete Bestimmungen und Regeln.

Migration (Migrationspolitik): Immigration ist in Japan eher ein politisches Tabu. Ausländische Facharbeiter in ausgewählten Branchen bekommen ein Visum. Viele Asylbewerber dürfen aber nach Ablehnung ihres Antrages bleiben. Auch Studenten aus China arbeiten mit Studentenvisum im Niedriglohnbereich. In den letzten drei Jahren (von 2016 an) ist die Zahl ausländischer Arbeitskräfte um 40 Prozent gestiegen auf knapp eine Million. Bis 2020 fehlen allein 300.000 Altenpfleger. Hierfür wird ein Trainee -Programm für Arbeitskräfte aus Vietnam, Indonesien, Thailand, Nepal und China aufgebaut. Früher entledigte man sich in Japan auf "elegante" Weise von den alten Menschen. Ab einem bestimmten Alter wurden sie in den Bergen ausgesetzt. Das war in der Regel der sichere Tod.

Im ersten Halbjahr 2017 hat Japan 3 Menschen als Flüchtlinge anerkannt. Die Vereinten Nationen kritisieren, dass Japan seit 2008 jährlich 20 bis 30 Flüchtlinge aufgenommen hat. Seit 2013 spende das Land jedes Jahr weniger an das Flüchtlingshilfswerk. Flüchtlinge leben in Japan unter unwürdigen Bedingungen. Sie werden isoliert wie in Gefängnissen. Sie haben keine Rechte.

Seit 2018 gilt Zuwanderung plötzlich als probates Mittel, um bei nur 2,4% Arbeitslosigkeit den Arbeitskräftemangel zu bekämpfen. Nepalesen, Filipinos, Taiwanesen und Chinesen dürfen als Arbeitskräfte einreisen, fünf Jahre bleiben und müssen das Land dann wieder verlassen. Diese Maßnahmen sind in Japan umstritten, weil der Durchschnittslohn gedrückt wird, die Infrastruktur für Ausbildung belastet wird und die medizinische Hilfe nicht verweigert werden kann. Vgl. WiWo 7, 8.2.2019, S. 79.

Ab 2019 öffnet Japan stärker für ausländische Arbeitsmigranten. Neue Visa -Regeln treten in Kraft. Mehrere hunderttausend Gastarbeiter sollen ins Land gelockt werden, vor allem aus den Nachbarländern China, Indonesien, Philippinen oder Vietnam. Ein erster Visa - Typ erlaubt Ausländern mit einfachen Japanischkenntnissen und bestimmten Jobfähigkeiten eine Beschäftigung bis zu fünf Jahren. In vierzehn Sektoren dürfen aber Familienangehörige nicht mitgebracht werden. Ausländische Arbeitskräfte mit höherer Bildung und Spezialkenntnissen in den Sektoren Häuser- und Schiffsbau können ihren Aufenthalt verlängern und auch ihre Familienangehörige ins Land holen..

Diese Daten können Sie selbst bei den Institutionen unter Links  (auch speziell Ostasien) abrufen. Besonders hervorzuheben sind die Länderprofile des Statistischen Bundesamtes (PDF, Online) und das Wirtschaftshandbuch des OAV. Im Rahmen der VWL - Lehrveranstaltung "Internationale Wirtschaft/ International Economics" beziehe ich diese empirische Ebene mit ein.

"Durch Protektionismus ist noch niemand wettbewerbsfähiger geworden. Wir brauchen Einbindung, nicht Ausgrenzung Chinas", Herbert Hainer, Adidas-Vorstandsvorsitzender.

"Nicht nur Chery, sondern auch andere chinesische Wettbewerber werden ihre Produkte in Amerika oder im Rest der Welt verkaufen, mit uns oder ohne uns", Dieter Zetsche, Daimler-Chrysler-Chef (über den möglichen Kooperationspartner und Chinas Autoindustrie).

 

Grabkultur in Asien. Gräber sagen sehr viel über die Kultur eines Landes. Sie werden stark von Religionen beeinflusst. Hinzu kommen regionale kulturelle Einflüsse. In einigen Ländern, die vor allem durch die Agrarwirtschaft geprägt sind, werden die Menschen inmitten der Felder beerdigt (hier ein Reisfeld in Vietnam). Oft werden nach dem Buddhismus die Menschen zuerst in Holzsärgen beerdigt (solange die Seele noch da ist). Verbrennungen sind ausgeschlossen. In einigen Kulturen mit extremen Platzproblemen, gart man die Körper an und beerdigt sie dann sofort in kleineren Särgen. Nach 5 Jahren legt man die Gebeine normalerweise in Marmorsärge. Man geht dann davon aus, dass die Seele in eine andere buddhistische Stufe eingetreten ist. Die Gräber fressen mittlerweile viel Fläche. Auch im Hinduismus geht man von mehreren Leben aus, was die Beerdigung beeinflusst, aber ganz anders zu Verbrennungen führt. Die Asche wird verstreut, am besten im heiligen Fluss Ganges, was zu Umweltproblemen führt.  Es besteht in einigen Ländern ein Konflikt zwischen Tradition und Umwelt. Sehr stark hat sich die Beerdigungszeremonie in Südkorea geändert.  Sie ist eng mit dem Ahnenkult verbunden. Sie dauerte drei Tage und die Toten wurden bei den Familien aufgebart. Auf einem nach Norden aufgerichteten Traueraltar wurde die Leibgerichte und -getränke aufgereiht. Die Leiche wurde in weiße Chrysanthemen eingebettet. Im Raum Seoul gibt es mittlerweile immer mehr schlichtere Abschiede. Immer öfter sterben auch Menschen, die niemand vermisst. Nach buddhistischem Toten-Ritual müssen Gräber in regelmäßigen Abständen besucht werden. Man nimmt auf diese Weise Kontakt zu den Verstorbenen auf.

"Lied der Sargträger

Tau auf der Blüte des Knoblauchs,

wie leicht schwindet er dahin!

Schwindet er auch, der Tau,

fällt er doch morgen erneut.

Schwindet dahin der Mensch,

ist er für immer und ohne zurück" (aus: Lyrik des Ostens: China, München 1958, S. 38; zusammengestellt vom Sinologen Wilhelm Gundert; Hermann Hesse verehrte das Buch; Goethe mochte die chinesische Lyrik).

Management/Kultur (Kultur und Einfluss auf Wirtschaftsleben, Asien spezifische Kulturfaktoren; zu allgemeinen vgl. die Seite "Cult/Socio/Psycho"). Der Lotos ist ein Symbol der Reinheit. Im Buddhismus symbolisieren Frucht, Blüte und Stengel Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

"Wer gut zu führen weiß, ist nicht kriegerisch. Wer gut zu kämpfen weiß, ist nicht zornig", Laotse: die Weisheit des Tao Te King (Begründer des Daoismus bzw. Taoismus).

China:                                      (direkt zu Japan)

Papier und Buchdruck: Der Aufschwung von Dichtung, Malerei und Kalligraphie wäre ohne Papier kaum denkbar gewesen. Offiziell soll es 105 n. Chr. vom Eunuchen Ca Lun erfunden worden sein. Es wurde aus Hanf und Pflanzenfasern hergestellt. Papier ermöglichte eine nie da gewesene Steigerung der literarischen Produktion. Die Bibliothek der Sui soll um 600 n. Chr. 370.000 Bücherrollen besessen haben (zum Vergleich Stiftsbibliothek in St. Gallen 400 Handschriften). Der Buchdruck wurde erst ca. 500 Jahre nach dem Papier in China erfunden. In Europa noch viel später von Gutenberg mit beweglichen Lettern. So war eine massenhafte Vervielfältigung möglich. Er war eine der folgenreichsten Erfindungen der Weltgeschichte für die Kultur. Das älteste gedruckte Buch, das noch erhalten ist,  in China stammt aus dem Jahre 868 und ist das Diamant-Sutras (im British Museum). Vgl. Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart 2019, S. 209 und 296.

Geschäftsmodell des Interessenausgleichs: Verkauf von Marktanteilen gegen Technologie und Know-how-Transfer (Marktchancen gegen Wissen; Gefahr der Produktpiraterie bei geringen rechtlichen Sanktionsmöglichkeiten). Motto: "Von anderen lernen und es dann besser machen", Zhang Ruimin, Gründungs-Chef von Haier. Gutes Beispiel auch: Dongfang Electricial Maschinary. Dieses Geschäftsmodell resultiert aus dem kulturellen Wert des Interessenausgleichs. Die chinesischen Geschäftspartner definieren exakt ihre Interessen, respektieren aber auch die des Partners. Dann nähert man sich niemals direkt, sondern andeutungsweise in kleinen Schritten dem gemeinsamen Ziel. Zizhu Chuangxin - unabhängige Innovation -  wird die intelligente Weiterentwicklung ausländischer Expertisen genannt. Investitionen und Ausschreibungen werden auch 2010 noch mit Technologietransfer verknüpft. Auch der Zugang zu seltenen chinesischen Rohstoffen könnte mit Bedingungen verbunden werden. "Unsere Technologie ist eine Re-Innovation auf Basis fortschrittlicher Entwicklungen des Auslands, die wir angepasst haben", Liu Zhijun, chinesischer Eisenbahnminister, über Eigenentwicklungen bei Hochgeschwindigkeitszügen.

Konkubinenwirtschaft: Zwang für ausländische Konzerne, Gemeinschaftsunternehmen mit demselben chinesischen Mutterkonzern zu bilden (Sieren, F.: Der China Code, a. a. O., S. 23). Dies wird mit einem Arsenal von nicht-tarifären Handelshemmnissen erreicht. Dabei werden die ausländischen Unternehmen auch als Vorbild gesehen: "Spiele Schach nur mit dem Meister", chinesisches Sprichwort. In seinem neuen Buch "Der China Schock (Berlin 2008) spricht Sieren von der "Mutter-Courage-Okonomie": China engagiert sich in armen und schwachen Ländern, um an die Rohstoffe herankommen (S. 32). Dies ist allerdings zu einseitig gesehen, denn "development is business" und oft effizienter als Entwicklungsbürokratie. "Es geht der chinesischen Regierung eindeutig um den Zugriff auf moderne Technologien. Dadurch könnte New Opel in eine gefährliche Abhängigkeit vom chinesischen Staat geraten", internes Regierungsgutachten zum chinesischen Autobauer BAIC (zitiert nach Wirtschaftswoche 30/2009, S. 110). Heute spricht man statt von Konkubine eher von Mätresse. Sie ist eine moderne Wiedergeburt. Sie unterhält ein Netz von Affären zu Parteisekretären, Geschäftsmännern und ist sehr einflussreich und reich. "Wir wissen, dass eine Teekanne von vier Tassen begleitet ist. Doch hat man je eine Tasse und vier Kannen gesehen?", Gu Honming, Gelehrter in der Qing-Dynastie, zu dem Thema, dass ein Mann mehrere Frauen haben darf.

Targeting: Strategie einiger chinesischer Unternehmen, weltweit Zukunftsmärkte zu erobern. Es bedeutet so viel wie Anpeilen, Angreifen, Ausschalten. Dies wird mit Staatshilfen unterstützt. Als Beispiel gilt Huawei, eine Netzausrüsterfirma, die mit Brachialmethoden versucht, in  Frankreich, Schweden und Deutschland Fuß zu fassen (Wirtschaftswoche, 12/2010, S. 40ff.). "Ich bewundere beispielsweise die langfristige Perspektive in der chinesischen Politik, von der wir uns durchaus auch etwas abschauen können", Peter Löscher, Siemens-Chef. "Missgeschick ist manchmal der Regen des Frühlings", aus China. "Des Menschen Auge sieht weit, des Menschen Verstand sieht weiter", Dschingis Khan.

Going Out-Strategie: Die chinesische Führung ermuntert und unterstützt chinesische Unternehmen im Ausland notwendige Technologie durch Übernahmen zu kaufen. Laut KPMG haben chinesische Unternehmen 2016 alleine bis Mitte des Jahres fünf Milliarden Euro in deutsche unternehmen aus dem Industriesektor investiert. Der bekannteste Fall ist Kuka. Die Abhängigkeit von der Schwerindustrie soll gemildert werden. Andererseits steckt hinter dem Investment im Ausland auch der versuch der Unternehmer- und Geldelite, das eigene Geld ins Ausland zu bringen. Deutschland hat in China einen guten Ruf. Auch die Immobilien sind interessant.

Auf das Dach locken, um dann die Leiter wegzuziehen. Eines der Strategeme. Man lockt mit dem riesigen Markt und bringt den Gegner in eine vorteilhafte Lage. Dann  schneidet man ihm den Rückzug ab. Das gilt zum Beispiel für H&M. Man erzielt hohe Umsätze in China. Aus ethischen Grünen bezieht man keine Baumwolle mehr aus Xinjiang. Also fährt China 2021 eine Kampagne in den sozialen Medien gegen das Unternehmen, das in hohem Maße Kunden verliert.

Entrepreneurship von Natur aus: Geschäftsinn, Basar-Handeln und erfolgreiches wirtschaftliches Verhalten sind Bestandteil der chinesischen Kultur (Hirn, W.: Herausforderung China, a. a. O., 51 ff.). Motto: einfacher, billiger und schneller. Es fehlen oft von der Kultur her die Kreativität und Kritikfähigkeit, aber auch die Qualität.  Noch sind Chinas Unternehmen relativ innovationsarm. Eine andere Ursache für diese Eigenschaften ist die starke Kontrolle, die in allen Bereichen des Lebens zu spüren ist ("Großer Wandel - wenig Veränderung"). So verschieden sind die wirtschaftsethischen Prinzipien der Kulturen nicht, so dass man auch nicht nach dem Prinzip "anything goes" agieren sollte. Da sich Rahmenbedingungen für Unternehmen oft über Nacht ändern, ist große Flexibilität erforderlich. "Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten", aus China.

Eiserner Reisnapf und Eiserner Sessel: aussterbende Prinzipien der Planwirtschaft, die lebenslange Beschäftigung in einem Staatsbetrieb mit Rundum -Versorgung bedeuten. Sie werden Schritt für Schritt durch die Entwicklung eines Sozialversicherungssystems aufgefangen (Lohnnebenkosten!). Das seit 1958 bestehende Hukou - System gilt dagegen noch: es regelt die sozialen Pflichten und Rechte einer Person in Verbindung mit rigiden Mobilitätsbeschränkungen nach Wohnort und Herkunft des Bürgers. Es wurde 1958 eingeführt, um die Bauern nach der Kollektivierung daran zu hindern, in die Städte zu flüchten. "Ist eine Sache geschehen, dann rede ich nicht mehr darüber; es ist schwer, verschüttetes Wasser wieder einzusammeln", aus China.

Danwei (Einheit von Familie und Arbeitseinheit usw.) und Guanxi (Beziehungsnetz) üben einen starken Einfluss aus. Z. B. bringen die Kredite der Auslandschinesen an Angehörige im Land die Wirtschaft immer wieder in Schwung. Auch sind viele Privatunternehmer auf die Hilfe ihrer Familie und Freunde angewiesen, da sie bei staatlichen Banken nur schwierig Kredite bekommen. Die Danwei - Philosophie führt dazu, dass der Wert des Einzelnen als begrenzt angesehen und das Individuum nur in seiner Funktion als Teil eines sozialen Verbandes wertvoll betrachtet wird. Allerdings zeigt sich in der Familie ein deutlicher Wandel.  "Haltet eure Ehepartner, Kinder, Verwandte, Freunde und Mitarbeiter im Zaum und gelobt, nicht die Macht zu persönlichen Beziehungen zu nutzen", Xi Jinping, 2004, zukünftiges Staatsoberhaupt (nach Bloomberg soll seine Familie alleine über ein Vermögen von 380 Mio. Dollar verfügen; der Fall Bo Xilai zeigt, dass ein Großteil des Vermögens der Führungselite  im Ausland angelegt ist). "All lasting business is built on friendship", Alfred A. Montapert ("The Laws of Life", 1970). China hat eine Schwäche für Ivanka Trump. Ihre Tochter Arabella fing schon mit 18 Monaten an,  Mandarin zu lernen. Schon 2016 sang gab sie anlässlich des chinesischen Neujahrsfestes ein Ständchen in Mandarin der Botschaft. Ivanka (in China: Yi Wan Ka) nutzt diese Popularität für ihr Modelabel in China. Dazu gehören auch Badematten, Wickeltücher, Gardinen und Bettwäsche. Sie hat schon sieben Markenrechte bekommen. Als Trump den Netzausrüster ZTE rettet, indem er ihn von seiner Handelspolitik ausnimmt, darf die Trump-Hotelkette auf der indonesischen Insel Java ein Luxushotel samt Golfplatz bauen. Direkt daneben baut ein chinesischer Staatskonzern einen Vergnügungspark.

Daoismus: "Ohne aus der Tür zu gehen, kennt man die Welt. Ohne aus dem Fenster zu schauen, sieht man den SINN des Himmels", Laotse (Laozi, chinesischer Philosoph, 6. Jh. v. Chr., Begründer des Taoismus, Die Weisheit des Tao Te King, Das Buch vom Sinn und Leben). Es gibt zwei Bücher mit 81 Kapiteln. In Lujang sollen sich Laotse und Konfuzius getroffen haben. Laotse half Konfuzius die alten Regeln zu studieren. Sie stammten aus der Bronzezeit. Es waren geschichtliche Riten. Im Mittelpunkt standen Blut/ Fleisch und Wein für die Ahnen. Das war ein religiöser Akt und eine religiöse Erfahrung. Aber es gab keinen Schöpfer. Man spricht auch von Pinyin. Lehre des Weges. Es ist eine Art authentische Religion ("Seele Chinas"). Die Ursprünge reichen bis 1400 v. Chr. Das war auch in der Zeit der Zhou-Dynastie (1040-256 v. Chr.). Die wesentlichen Bausteine wurden 400 v. Chr. niedergeschrieben. Da erreichte die Lehre ihren Höhepunkt. Es ging ursprünglich auch um Unsterblichkeit (auch im übertragenen Sinne). Dazu dienten Qigong, Taijiquan, Imagination, Konzentration  und Atemtechniken. Folgende Elemente gehören dazu: Kosmologische Vorstellungen von Himmel und Erde. Fünf Wandlungen. Lehre vom Qi. Yin und Yang. Yijing ( I Ging). Grundlegend ist das daoistische Konzept des Wu Wei. Es handelt sich um "müheloses Handeln", wörtlich "Nichthandeln" (die Dinge natürlich geschehen zu lassen). Ein gutes Leben ist ein Leben in Harmonie mit dem Dao. Es soll abgestimmt sein auf Rhythmen und Harmonien der Natur. Einige Autoren unterscheiden zwischen einem philosophischen und einem religiösen Daoismus. "Wer gut zu führen weiß, ist nicht kriegerisch. Wer gut zu kämpfen weiß, ist nicht zornig", Laotse „Wenn das Tao in Verfall gerät, dann gibt es Menschlichkeit und Gerechtigkeit; kommt Klugheit und Scharfsinn auf, dann gibt es Heuchelei; sind die sechs Arten der Blutsverwandtschaft uneinig, dann gibt es Kindesliebe und Elternliebe; wenn die Landesherrschaft in Verfall und Zerrüttung gerät, dann gibt es treue Untertanen“, Laotse.

 

Himmelstempel (tiantan) in Beijing. Er ist eines der heiligsten Stätten für das ganze Land. Die Kaiser der Ming- und Qing-Dynastie beteten jedes Jahr hier für eine gute Ernte. Es ist die längste Tempelanlage der Welt. Der Kaiser sah sich als Verbindung zum Himmel. Er musste auch die Zeit beherrschen. Es ist ein wichtiges daoistisches Symbol zur Legitimation des Kaisertums (auch Legitimation der KPC).

Fünf Elemente der Welt: Die Lehre von den fünf Elementen kommt in den Naturströmungen Asiens und in den Religionen vor. Man findet sie in Daoismus und Shintoismus. Die fünf Elemente sind Erde, Wasser, Feuer, Luft, Leere (Geist). Sie werden in der Regel in einer Fahne verkörpert, wo jedes Element eine Farbe darstellt.

Konfuzianismus (Relevanz, heute): Er prägt noch immer die Beziehungen der Menschen: Respekt des Jungen gegenüber dem Alten, des Untertanen gegenüber dem Fürsten, der Frau gegenüber dem Mann ("Die Tugend des Herrschers ist die des Windes, die Tugend des Volkes ist die des Grases", Konfuzius; gilt auch für Unternehmenshierarchien: führt zu geringer Machtdistanz). Insofern wird in China viel mehr Wert auf Hierarchie gelegt. Auf den Konfuzianismus gehen generell die Werte "Hierarchie" und "Harmonie" zurück. Motto: "Weise ehren, Fähige beauftragen, Unfähige ausbilden", Konfuzius (Tugend "zhi"). Der Konfuzianismus ist auch eine wichtige ideelle Grundlage für das Nachahmen und die Produktpiraterie: "Wer nicht auf den Spuren anderer wandelt, kommt nicht ans Ziel", Konfuzius. ebenso von ihm: "Unsere größte Ehre liegt nicht darin, dass wir niemals fallen. sondern dass wir jedes Mal aufstehen, wenn wir am Boden sind". Experten unterscheiden oft zwischen der konfuzianischen Morallehre und der konfuzianischen Staatslehre. Für letztere wurden die Grundlagen in der Han-Dynastie (206 v. Chr. - 221 n. Chr.) gelegt, die sich dann zu einer Staatslehre entwickelte. Menzius, ein nachfolgender Gelehrter vom Konfuzianismus, ersetzt den Auftrag des Himmels durch einen rationalen Herrschaftsauftrag: Gewinne das Volk und du gewinnst die Oberherrschaft (Vgl. Wolfgang Bauer: Geschichte der chinesischen Philosophie, Frankfurt/M. 2006).

Das Leben von Konfuzius und seine Wirkung:  "Der Weg nach draußen führt durch die Tür", Konfuzius (Kongzi, chinesischer Philosoph, Gesellschaftstheoretiker und Staatsmann, 551-479 v. Chr., Konfuzius). Als Wiege des Konfuzianismus gilt die Stadt Qufu in der Provinz Shandong. Je mehr der Konfuzianismus offizielle Staatsdoktrin wurde, desto umfangreicher wurde gebaut. Hier leben die Nachkommen (77 Generationen über einen Zeitraum von 2500 Jahren). Es gibt 466 Hallen, Pavillons und 2000 Gedenksteine. Prunkstück ist der große alte Konfuziustempel und das Grab. Konfuzius formulierte Ideen von Harmonie und Ordnung. Bis zur Revolution 1911 war die konfuzianische Lehre Staatsdoktrin. Parteichef Xi Jinping setzte stark auf die traditionelle Kultur mit Konfuzianismus. Ende 2013 besucht er das Konfuzius-Forschungsinstitut in Qufu ("Das Zentralkomitee schätzt den Konfuzianismus und die traditionelle chinesische Kultur hoch." ... Ein Mensch ohne Werte könne nicht bestehen, und ein Land ohne Werte könne nicht aufsteigen"). Der Konfuzianismus hat großen Einfluss auch in Japan, Korea, Vietnam und Singapur. Wichtigstes Element des Konfuzianismus sind die menschlichen Elementarbeziehungen "Vater-Sohn, Herrscher-Untertan, Ehemann-Ehefrau, Älterer Bruder-Jüngerer Bruder, Freund-Freund". Der Konfuzianismus ist keine Religion, sondern eine Morallehre. Im Mittelpunkt stehen die richtigen Verhaltensweisen, Tradition und Respekt. Hinzu kommen die Reziprozität (der Pflichten), der Kollektivgedanke, die Familie und das Lernen. Sekundärtugenden sollen beachtet werden (Höflichkeit, Respekt, Dankbarkeit). Der Vater von Konfuzius hatte nur Töchter. Um einen Sohn zu bekommen heiratete er mit 60 Jahren eine 17jährige Zweitfrau. Nach Sex im Freien auf einem heiligen Berg wurde Konfuzius geboren. Konfuzius Mutter erschien auf dem Berg ein Fabelwesen (Qilin, Drache, Hirsch u. a.). Als Konfuzius drei war, starb der Vater. Die Familie verarmte danach. Das Reich war durch innere Kämpfe zerrissen ("Streitenden Reiche", 8 kleinere Fürstentümer).  Konfuzius eröffnete zunächst eine Schule. später wurde er in der Stadt Lu (Provinz Shandong) Minister für Justiz und war sehr erfolgreich für die Provinz. Die Nachbarprovinzen waren neidisch und und führten Lu der Legende nach mit Frauen und Pferden in Versuchung. Mit 33 Jahren musste Konfuzius fliehen und ging auf Wanderschaft, die 14 Jahre dauerte (mit einigen Schülern). Nirgends konnte er sesshaft werden. Er kehrte nach Qufu zurück und führte sehr erfolgreich eine Schule. Er starb als enttäuschter Mann. Erst seine Schüler brachten den Erfolg zur Zeit der Vereinigung (221 v. Chr.). Der Konfuzianismus wurde Herrschaftsideologie des Kaisers. 

Lehre des Konfuzius: Fünf Klassiker: Buch der Wandlungen. Buch der Lieder. Buch der Urkunden. Buch der Riten. Frühlings- und Herbstannalen. Das Lunyu (chinesische Bibel) umfasst vier Grundlagen: Mitmenschlichkeit (Ren; =zwei; bestmögliche Lebensführung; Shu=Empathie, Gegenseitigkeit), Gerechtigkeit, Kindliche Pietät, Riten. Der Studienplan in Qufu umfasst sechs Künste, die man lernen musste: 1. Li (soziales Verhalten, Zeremonie). 2. Riten. 3. Moral. 4. Kaligraphie. 5. Mathematik. 6. Kunst des Streitwagenlenkens.  7. Bogenschießen. Die fünf Klassiker und die Analekten wurden als Text auf Stehlen (189, dauerte vier Jahre) gehauen. Man sieht sie heute im Nationalmuseum in Peking (auch im Konfuziustempel und der kaiserlichen Akademie). Sie waren Grundlage des Examens für den klassischen Staatsdienst. Die Prüfungen waren sehr streng und dauerten 3 Tage (vorher hatte man sich auf regionaler und Provinz-Ebene bewährt). Die Säulen der Gesellschaft waren Familie, Hierarchie und Tradition. In der Unternehmenskultur sind es Bildung, Disziplin, Fleiß. Die Kernpunkte der Kultur waren Aufrichtigkeit, Bescheidenheit und Harmonie. Es gibt ganz konkrete Verhaltensregeln: Rituale des Alltags, Harmonie, korrekte Begrüßung, Beziehungen zwischen Alt und Jung, Ehe, Freunde, Gefühl für einander da zu sein. Im Mittelpunkt steht die Ehrung der Ahnen. Es gibt nicht einen Gott als Schöpfer wie bei den Religionen. Die Schüler von Konfuzius (Kong Qiu) haben die Lehren verbreitet. Einer der wichtigsten war Zeng Shen, der das Xiaoling verfasste.

Doktorpforte im "Literaturtempel" (Konfuziustempel) in Hanoi/ Vietnam. Er ist konfuzianisch geprägt und die älteste Universität Vietnams. Durch diese Tür durften nur Doktoren gehen (für die ersten Doktoren gab es Grabstehlen mit Initialen auf Schildkröten). Hier ist eine Gruppe von Schülern 2019 abgebildet, die sich hohe Ziele setzen. Der Konfuzianismus sieht in Lernen und Lernkultur wichtige Faktoren. Er hat großen Einfluss auf die positive Sicht von Lernen in vielen asiatischen Ländern (Japan, Korea, Vietnam, Laos, Kambodscha u. a.).

 

Mohismus, Mozi (auch Mo-tsu oder Mo-tse, um 420 v. Chr.): Kritiker des Konfuzianismus. Er lehnte den Konfuzianismus ab, weil er die Herrschenden legitimierte. Er war eher für die Schwachen. Er vertrat utilitaristische Werte. Es ging ihm um den Nutzen für jedermann. Er entwickelte eine Lehre allgemeiner Nächstenliebe (allgemeine, selbstlose Nächstenliebe).  Vgl. Bassham, Gregory: Das Philosophie-Buch, Kerkdriel/Niederlande 2018, S. 54.

Islam in China: Die frühesten chinesischen Kontakte mit der islamischen Welt gehen bis in die Tang-Zeit zurück. 751 erlitten die chinesischen Truppen in der Grenzregion des heutigen Kirgistan und Kasachstan ein entscheidende Niederlage. Sowohl in der Stadt Chang`an als auch in Xi´an lebte und leben bis heute viele Muslime. Arabische und persische Kaufleute, darunter solche muslimischen Glaubens, bildeten in der Tang-Zeit eine wichtige Gruppe in der an der südchinesischen Küste gelegenen Hafenstadt Kanton (Guangzhou). Probleme entstanden mit dem Niedergang der Tang. Unter der Song-Dynastie wurden die Muslime gut integriert. Als besonderer Vorteil erwies sich die Mongolenherrschaft. Vgl. Nagel-Angermann, M.: Die Geschichte des Alten China, Wiesbaden 2018, S. 161. Heute sieht die Führung in China die Muslime eher als Bedrohung. Sie fürchtet den Separatismus. Sie hat den Zerfall der Sowjetunion vor Augen.

Buddhismus in China: Der Buddhismus war und ist die prägende Religion Chinas zusammen mit dem religiösen Daoismus (dazwischen gibt es auch Bezüge). Er zeigte sich auch als politische und religiöse Kraft. Wesentlich war die Lehre de Mahayana (des "Großen Rades").  Buddhistisches Gedankengut gelangte um das 1. Jh. n. Chr. über Zentralasien nach China. Die Blütephase hatte er in der Sui und Tang-Zeit. Es gab viele buddhistische Schulen in China. Dalaiismus in Tibet ist eine Sonderform des Buddhismus (Dalai Lama). Es gibt auch Mischformen, die an der Grenze zu Tibet vorkommen. Der berühmteste Ort ist Dali. Hier treffen sich junge Leute aus aller Welt auch heute noch. Es ist ein Ort der Spiritualität und Toleranz. Allerdings wird mittlerweile in der Umgebung viel gebaut und die Stadt ändert sich. Dali ist die Hauptstadt des autonomen Bezirks Dali in der südwestchinesischen Provinz Yunnan. 40% der Wirtschaftsleistung macht hier der Tourismus aus. Die Stadt gehört zu den 24 kulturhistorisch wichtigsten Städten in China. Um 1000 war Dali eine der größten Städte der Welt. Nicht weit von Dali liegt Shangri La. Der Ort wurde irgendwann aus Marketinggründen so umbenannt, um einen greifbaren Platz für das buddhistische Paradies zu haben. Eigentlich ist Shangri La ein fiktiver Ort in Tibet, wo Menschen Balance und Harmonie finden.

Huineng und die Plattform-Sutra: Wichtigster Vertreter des Chan-Buddhismus (in Japan Zen-Buddhismus genannt) war Huineng (638-713 n. Chr.). Seine Lehre wurde als Plattform-Sutra des Sechsten Dharma-Vorfahren herausgegeben.

Exkurs: Lamaismus: In Tibet gibt es eine spezielle Form des Buddhismus, den Lamaismus. An der Spitze steht der Dalai Lama, der jeweils als Kind auserwählt wird. Der jetzige Dalai Lama wird a, 05.07.20 85 Jahre alt. Er gibt zu seinem Geburtstag eine CD heraus, die meditative Musik enthält. Er lebt im Exil in Daressalam in Indien. China verfolgt ihn, weil er zugleich geistliches und weltliches Oberhaupt von Tibet ist. Deshalb beschuldigt in China des Separatismus. 1989 hat der Dalai Lama den Friedensnobelpreis bekommen. Der Dalai Lama veröffentlichte mehrere Bücher. Darin setzt er sich vor allem für Mitgefühl ein. Die sei entscheidend gegen Stress, der unser Immunsystem zerstöre.  

Su Shi: Es lebte in einer der glamourösesten Epochen Chinas, in der Song-Dynastie (960 - 1279). Er war ein Universalgenie, vergleichbar Leonardo da Vinci in Italien. Er hatte die höchste Beamtenprüfung  abgelegt und war auch Minister. Er schrieb, nachdem er am Kaiserhof in Ungnade gefallen war, 2700 Gedichte und malte. Er macht unter anderem eine Tuschezeichnung, die zum teuersten Werk der klassischen chinesischen Malerei wurde. Das Werk "Holz und Fels" (mehr als fünf Meter lange Bildrolle) soll verkauft werden.

Die Kulturstandards "Gesicht wahren", "Etikette", "Geduld" (geduldiges Warten) und "indirekte Gespräche" werden auch im Geschäftsleben gewahrt. Das Personalmanagement muss durch tägliche Instruktionen den größte Teil der Managementzeit beanspruchen. Dabei müssen Ausländer auf Augenhöhe mit den Chinesen agieren, d.h. sie aufgrund ihres Andersseins nicht schlechter behandeln. (vgl. Kausch, U.: China Pioniere, Frankfurt/ New York 2007, 267ff.). "Asiatische Werte sind international, europäische Werte sind europäisch", M. bin Mohammad, Premier von Malaysia.

Yin und Yang: Sie stehen für das Schöpfungsprinzip und das bipolare Spiel zweier Urkräfte. Die Lehre des Yin und Yang sind Bestandteile des Daoismus. Situation Pull versus Vision Push (Fussy Vision), Donald Sull, London Business School: die ständigen Umwälzungen und extremen Unsicherheiten haben einen kulturellen Lernprozess ausgelöst, der dem chinesischen Manager einen Vorsprung im "Erspüren, Antizipieren und Prioritäten setzen" gibt. Insgesamt ordnet man chinesische Verhaltensweisen eher dem Prinzip "Yin" zu, das durch ganzheitliches, integrierendes und intuitives Denken in Netzwerken gekennzeichnet ist. In den Führungsetagen versucht man das Prinzip auch zu berücksichtigen. Dann werden zwei gegensätzliche Manager-Typen (z. B. ein "Zahlenmensch" und ein "Menschenfänger").   "Wenn drei Personen eines Herzens sind, verwandelt sich selbst Lehm in Gold", aus China.

Fünf Elemente im Daoismus: Die 5 Elemente des Daoismus (Wuxing): Wasser, Feuer, Erde, Holz, Metall.

Verhandeln: Grundsätze sind Freundlichkeit und Undurchsichtigkeit. Dazu kommt Flexibilität. Als Vorbild wird oft der Strategieklassiker "Kunst des Krieges" von Sunzi (5.-4. Jh. v. Chr.) genommen. Angestrebt wird in der Regel ein eher informeller Vertrag, der gegenseitiges Vertrauen voraussetzt (hier kommt das andere Rechtsverständnis der Chinesen zum Ausdruck). "Dass China heute plural ist, das ist auch der westlichen Wirtschaft zu verdanken. Wann immer ein Unternehmen aus Europa oder den USA in China investiert, bringt es seine Werte mit", Frank Sieren im Handelsblatt, 30.04. 2011, S. 10.

 Die chinesische Militärstrategie folgt dem ganzheitlichen Denken: Sie beurteilt zunächst die Rechtschaffenheit (yi). Im Westen steht der Nutzen im Vordergrund. Sunzis Kriegskunst wurde zuerst im 8. Jahrhundert nach Japan exportiert und im 18. Jahrhundert  in viele Sprachen übersetzt (Sun Tzu wurde angeblich in Huimin geboren, dort gibt es den Freizeitpark "Sun-Tzu-Kriegskunst-City"; "Jede Kriegsführung gründet auf Täuschung", "Wenn du dich und den Gegner kennst, brauchst du den Ausgang von 100 Schlachten nicht zu fürchten").  

36 Strategeme: Die 36 Strategeme der List, die im 15. Jahrhundert n. Chr. erstmals zusammengestellt wurden, stellen eine wichtige Planungsgrundlage der Politik und Wirtschaft dar. Sie sind stark vom Daoismus beeinflusst. In China bzw. Asien wird Business oft Richtung Krieg interpretiert. Die Strategeme sind "Kriegslisten" bzw. Tricks (sie können auch auf Geschäftsverhandlungen angewendet werden). Hinzu kommt, dass weniger geplant und dokumentiert wird und mehr ausprobiert. Vgl. Harro von Senger: Strategeme für Manager, München 2004. Die 36 Strategeme sind ursprünglich eine Sammlung von Kriegslisten des chinesischen Generals Tan Daoji (allerdings kann die Herkunft nicht sicher zurückgeführt werden; wahrscheinlich lagen die Strategeme im Volksmund vor).  "Es ist im Kriege eine Regel, dass man nie annehmen soll, ein Feind würde nie kommen, sondern man muss jederzeit bereit sein, ihn zu treffen. Man darf nie annehmen, dass er nicht angreifen wird, sondern man sollte sich immer in eine Position bringen, in der man unschlagbar ist", Sun Tsu, Über die Kriegskunst, spätes 5. Jahrhundert v. Chr. "Der General, der eine Schlacht gewinnt, stellt vor dem Kampf im Geiste viele Berechnungen an. Der General, der verliert, stellt vorher kaum Berechnungen an. So führen viele Berechnungen zum Sieg und wenig Berechnung zur Niederlage - überhaupt keine erst recht", Sunzi.

Die Balken stehlen und gegen marode Stützen austauschen. Eines  der Strategeme. So rekrutiert man Talente bei Rivalen, um sie zu schwächen und die eigene Sache voranzutreiben. Das spielt heute in der chinesischen Personalwirtschaft eine große Rolle. Man wirbt die besten Kräfte bei ausländischen Unternehmen ab. Die Strategie ist auch sehr beliebt im Wettbewerb der besten Fußballvereine. Bayern München praktiziert immer noch diese Strategie.

Hukou (Meldebescheinigung): Das Recht zum Aufenthalt auf dem Land oder in der Stadt. System der Wohnsitzkontrolle, das auf die frühen Fünfzigerjahre zurückgeht. Jeder Bürger ist einem bestimmten Ort zugeordnet. Er hat nur Anspruch auf bestimmte Leistungen an diesem Ort (Sozialleistungen, freier Zugang zu Schulen und Unis, Gesundheitsvorsorge). Bürger mit Land - Hukou werden Parzellen zugeteilt. Das System hat eine unkontrollierte Landflucht und das Anwachsen von Slums verhindert. Hukou teilt in der Stadt in "echte Städter" und "Zugezogene". Das System spielt selbst auf dem Heiratsmarkt eine große Rolle. Das Hukou-System soll reformiert werden, um die Lage der Wanderarbeiter zu verbessern (als Punkt im 14. Fünfjahresplan 2021 genannt; Nationaler Volkskongress 2021).

Pragmatismus: Chinesische Manager sind sehr flexibel. Sie reagieren auf Wandel sehr schnell und pragmatisch. Die notwendige Zielorientierung und Disziplin ist vorhanden. Manche Experten führen diese Verhaltensweise auf den Daoismus zurück: "Zhi dao" heißt "den Weg erkennen" und ersetzt das Tätigkeitswort "wissen" unserer Sprache. "Mei wenti" heißt "kein Problem". Der Satz wird immer wieder eingesetzt in Geschäftsverhandlungen und gemeinsamen Projekten und bringt den Pragmatismus auf den Punkt. "Beobachtet die Lage ruhig. Steht fest zu eurer Position. Antwortet vorsichtig. Haltet unsere Stärken verborgen. Versteckt unsere Schwächen. Wartet auf die günstige Gelegenheit eines Comebacks. Beansprucht nie die Führerschaft", Deng Xiaoping. "Nimm jeden Tag eine halbe Stunde Zeit für deine Sorgen - und in dieser Zeit mache ein Schläfchen", Laotse.

Unternehmenskultur: Hierarchische Strukturen. Wenig Eigenverantwortung und Freiheit für die einzelnen Mitarbeiter. Zu wenig Innovationen. 

Nationalismus: Er wird von der KPC gefördert. Die Macht der KPC beruht auf zwei Säulen: Sie schafft Wohlstand für die meisten Chinesen. Die Han - Chinesen sind die Mehrheit und waren immer schon nationalistisch. Sie sahen den Westen eher feindlich, was in der Geschichte begründet ist. Manche Experten sprechen sogar von einem chinesischen Rassismus. Das erklärt auch zum Teil die Probleme in Tibet oder in Xinjiang. Vgl. Reichart, Thomas: Das Feuer des Drachen München 2020, S. 154ff. Wichtig ist diese Einstellung für chinesische Direktinvestitionen im Ausland. Man kann eine große Heimatliebe voraussetzen, die sich auch mal über den Datenschutz einzelner Länder hinwegsetzen kann.

Kernpunkte der Kultur insgesamt: Familie, Hierarchie und Bildung haben in China einen höheren Stellenwert als bei uns. Das Denken der Chinesen ist praktisch, ganzheitlich und dialektisch. Die Sprache ist vieldeutig, indirekt und eher distanziert. Moral ist immer noch wichtiger als Recht. Beziehungs-Netzwerke (Guanxi) und "Gesicht verlieren" sind wichtig. Die Leneseinstellung ist Richtung gewieft und gleichmütig. Siehe S. Baron/ G. Yin-Baron: Die Chinesen. Psychogramm einer Weltmacht, Berlin 2018, S. 109ff. Die Chinesen arbeiten traditionell sehr hart. Sie glauben, dass man mit Bildung nach oben kommen kann. China hat 1,4 Milliarden Menschen mit gleicher Sprache. Vgl. Eric Xu, Chairman von Huawei, WiWo 41, 05.10.2018, s. 60ff.

Gaokao: Landesweite Aufnahmeprüfung an Hochschulen. Diese kann drei Tage dauern. Mehr als 9 Mio. Schüler nehmen teil. Der Druck ist sehr hoch. Das Ergebnis entscheidet über die Zukunft. Mit einer zu niedrigen Punktzahl darf man nicht studieren. Das kann  den job vermiesen. Es entscheidet so über Geld, Ansehen und Heirat. Die Zahl der Betrugsversuche ist hoch. Der Staat wehrt sich mit modernster Technik.

Heiratsmarkt: Ökonomische Kriterien haben an Bedeutung gegenüber Liebe und Tradition (Vermittlung der Familie) zugenommen. In einer Bachelor - Thesis wurde auf diesen Wandel eingegangen. Männer haben die besten Chancen eine Frau zu finden, wenn sie eine Wohnung, einen guten Job und ein Auto haben. Durch den demographischen Wandel gibt es einen Männerüberschuss, vor allem auf dem Land. Frauen über 30, die eine hohe Bildung haben, finden auch nicht leicht einen Mann. Die Probleme von Single-Männern, eine Frau zu finden, beeinflussen Kriminalität, Mobilität und Geburtenrate.

Rolle der Frau in China: Bei den Han galt die Tradition des "Füßebindens" als sehr wichtig. Es wurde seit über 1000 Jahren praktiziert. Dabei wurden an beiden Füßen der Mädchen die kleinen Zehen gebrochen und unter die Fußsohle gebunden, so dass der Fuß die form einer Lotusblüte annahm. Bauernmädchen unterzogen sich dieser Tortur in höherem Alter, weil sie als Arbeitskräfte benötigt wurden. Das ist das wichtigste Kennzeichen für eine zweitrangige Rolle der Frau im alten China.

Konsumgewohnheiten/ Konsumentenverhalten: Die Globalisierung und die Digitalisierung verändern die Konsumgewohnheiten in China. Fast Food nach US-Art breitet sich stark aus. ein Kaffeeboom ist auch zu beobachten. Starbucks ist seit 1999 aktiv und betreibt 2017 3000 Läden im Land. Bis 2027 sollen 10.000 weitere Filialen folgen. Auch die italienischen Marken Segafredo und Boncafe wollen in China Fuß fassen. Mit umstrittenen Werbespots 2018 verscherzt sich es das Modeunternehmen Dolce & Gabbana mit den Chinesen. Es kommen Rassismus-Vorwürfe. Pizza und Spagetti sollten mit Stäbchen gegessen werden. "Jede Minute, die du lachst, verlängert das Leben um eine Stunde", aus China.

Hongkong: Geschichte: "Eine öde Insel mit kaum einem Haus drauf", nannte Lord Palmerton Hongkong 1841 (Quelle: Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart 2019). Etwa 5000 bis 6000 Einwohner lebten auf der Insel. 1842 im Vertrag von Nanjing mussten die Qing Hongkong den Engländern überlassen.  1898 zwangen die Engländer die Qing, ihnen auch die "New Territories" (nördlich der Stadt und viele Inseln) für 99 Jahre zu verpachten. Von Anfang an war Hongkong auch ein Refugium für Flüchtlinge aus Südchina.   

Ein Land, zwei Systeme. 1997 übernahm China Hongkong wieder von den Briten. Die Stadt hat eine eigene Währung und ein eigenes Rechtssystem. Auch der Aktienmarkt (Hang Seng) ist eigenständig. Auch die Presse- und Versammlungsfreiheit sind garantiert. 2020 sind freie Parlamentswahlen verabredet. 2017 soll erstmals der Regierungschef gewählt werden. Die Situation der Pressefreiheit hat sich zunehmend verschlechtert. Unter einer Brücke im Zentrum von Hongkong verdient eine Handvoll Frauen ihr Geld damit, andere Menschen zu verfluchen. Fünf Euro bezahlen, den Namen des persönlichen Plagegeistes notieren, verfluchen lassen - fertig. Man nennt sie die "Fluchfrauen". Es ist eine Dienstleistung, die immer Konjunktur hat.

Viele deutsche Konzerne setzen auf Hongkong als Standort für die
Asien-Zentrale. Ca. 400 Mitglieder hat die deutsche Außenhandelskammer. Wichtig ist dabei die Offenheit und Unabhängigkeit der Metropole (weniger wichtig sind die Steueranreize). Ökonomisch stärker ist mittlerweile Shanghai. China zieht die Schlinge in Hongkong aber immer mehr zu. Der Sonderstatus ist allerdings eines der attraktivsten Merkmale. . China will die südchinesische Stadt Shenzhen zur Finanzmetropole ausbauen, um Hongkong "das Wasser abzugraben". Außerdem sollen nach der "Greater-Bay-Area" - Strategie, die China im Süden des Landes verfolgt, Hongkong, Macau und die Provinz Guangdong stärker vernetzt werden.

China versucht immer mehr, Hongkong zu politischem Wohlverhalten zu zwingen. Die Lehrpläne in Schulen wurden geändert, es gibt mehr chinesische Geschichte, Demonstrationen werden bekämpft. Die Politiker werden immer mehr eingeschränkt und eingeschüchtert. Jack Ma, der Besitzer von Alibaba hat die renommierte englischsprachige "South China Morning Post" gekauft. Sie soll Chinas Geschichte gut erzählen. Vgl. Petra Kolonko: Die Schlinge in Hongkong zieht sich zu, in: FAZ , Nr. 289, 13. Dez. 2017, S. 5.  Der Volkskongress, der 2020 wegen Corona erst am 22.05. beginnt, beschließt ein Nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong (es soll Separatismus und "Aufruhr" in Hongkong verbieten; der Start ist noch ungewiss). Der Hang-Seng fällt um -5%. Eigene Sicherheitsgesetze für Hongkong gefährden die Autonomie (sind aber rechtlich zulässig). Es kommt wieder zu Zusammenstößen. Es gibt wieder pro-demokratische Demos. Entscheidend dürfte für Hongkong sein, ob es den amerikanischen Sonderstatus behält. Die für China verhängten Strafzölle gelten bisher nicht für Hongkong. Deshalb hat die Stadt Vorteile als Wirtschafts- und Finanzstandort. Hongkong ist ein wichtiges Tor für China. Mögliche Sanktionen der USA oder anderer Staaten könnten diese Rolle verändern. Mitte Juli 2020 kündigen die USA wegen des Sicherheitsgesetzes den Sonderstatus von Hongkong.  Einzelne Personen müssen mit Strafmaßnahmen rechnen, wenn sie China verlassen. China will Gegen-Sanktionen verhängen.   Im Oktober 2018 wird die längste Brücke der Welt nach fast neunjähriger Bauzeit fertig. Sie verbindet über das Delta des Perlflusses die beiden Sonderverwaltungszonen Macau und Hongkong. Die 55 km lange Brücke enthält auch einen 6,7 Kilometer langen Wassertunnel. Die Kosten liegen bei 15 Mrd. Euro. Umweltschützer kritisieren, dass der Lebensraum der seltenen weißen Delphine weiter eingeschränkt wird. Ende  2018 stehen Demokratieaktivisten in Hongkong vor Gericht wegen "Verschwörung". Pekings langer Arm reicht sicher bis Hongkong. Der Prozess wird zeigen, wie unabhängig die Justiz ist. Im Juni 2019 gibt es große Demonstrationen in Hongkong mit über eine Million Teilnehmern. Die Menschen demonstrieren gegen ein Auslieferungsgesetz, das Auslieferungen von Hongkong in die VR China erleichtern soll. Nachdem die Demonstrationen nicht abreißen, verschiebt die Vorsitzende des Parlamentsrates von Hongkong kurz die Abstimmung über das Abschiebegesetz. Die Proteste eskalieren. Sicherheitskräfte gehen mit Tränengas, Pfefferspray, Wasserwerfern und Schlagstöcken gegen Demonstranten vor. Die EU streitet mit China wegen Hongkong. Peking verbittet sich "Einmischung" in innere Angelegenheiten. Schließlich wird das Gesetz auf Eis gelegt. Die Demonstranten fordern, dass Regierungschefin Carrie Lam zurücktritt. Am Jahrestag der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an China sind die Proteste eskaliert. Hunderte Protestierende besetzen am 01.07.19 das Parlament. Die Polizei räumt das Gebäude. Danach finden noch viele Proteste statt. Am 05.09. 2019 kommt es zu einem Generalstreik. Am 12.08.19 legen Demonstranten den Flughafen lahm. Die chinesischen Polizisten gehen immer brutaler vor. China zieht Militär an der Stadtgrenze zusammen (konzentriert bei Shenzhen). Es ist allerdings unwahrscheinlich, das es den letzten Schritt wagt. Die Krawalle ebben lange nicht ab. Bei den Bezirkswahlen im November 2019 gewinnt die Demokratiebewegung.  Die VR China steuert über die sozialen Netzwerke Facebook und Twitter Kampagnen gegen die Proteste. Die Netzwerke sperren Nutzerkonten. Die USA erlassen im November 2019 ein Hongkong-Gesetz: Sanktionen gegen Menschenrechtsverletzer. Der Volkskongress, der 2020 wegen Corona erst am 22.05. beginnt, beschließt ein Nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong. Der Hang-Seng fällt um -5%. Eigene Sicherheitsgesetze für Hongkong gefährden die Autonomie. Es kommt wieder zu Zusammenstößen. Es gibt wieder pro-demokratische Demos.  Ab 01.07.20 tritt das neue Sicherheitsgesetz in Hongkong in Kraft. künftig könnte jeder Bürger festgenommen werden.  Abgeordnete der Opposition werden im November 2020 entlassen. China weist die Kritik aus den USA und der EU daran zurück.  "Hongkong ist nicht eine Sache, die Eurer Sorge bedarf", aus einem Brief des chinesischen Außenministeriums an die USA.

Der Volkskongress beschließt auf seiner Sitzung Anfang März 2021  eine Wahlrechtsreform für Hongkong.  Damit will man die Opposition noch besser in den Griff bekommen. Die Reputation als Finanzmetropole hat schon gelitten.  Die ehemalige Kronkolonie wird in China mit allen Mitteln integriert. Die Opposition sitzt im Gefängnis oder will weg.

China baut Shenzhen als Gegenmodell auf. hunderttausende Akademiker könnten in den kommenden Jahren aus Hongkong nach Großbritannien (GB) flüchten. GB hofft auf einen Wachstumsschub. 7200 Visa - Anträge wurde allen im 1. Quartal 21 bewilligt. Die Regierung erwartet über 300.000 Übersiedler. Ihre Lage ist aber sehr schwierig, trotz hilfreicher Netzwerke (Kulturschock, Sprachbarriere, Wetter, Alltagsrassismus, Bankkonto, keine Kredithistorie). Bei der Parlamentswahl im Dezember 2021 geben die Hongkonger ein eindeutiges Votum über ihren Unmut ab. Die Wahlbeteiligung erreicht ein Rekordtief. Im April 22 endet die Regierungszeit der Chefin, der kaum jemand nachtrauert. Nachfolger wird mit John Lee ein Sicherheitshardliner.

1997 (2022 vor 25 Jahren) wurde Hongkong an China übergeben. Von der Freiheit ist mittlerweile nicht mehr viel übrig. Es wurde eine grundlegende Transformation an das chinesische System durchgeführt. Zum historischen Jubiläum macht Staats- und Parteichef Xi Jinping der ehemaligen britischen Kronkolonie seine Aufwartung. Hongkong ist in einer wirtschaftlichen Identitätskrise. Vielen Hongkongern ist nicht nach Feiern zumute. Vgl. Kretschmer, Fabian: Von der Freiheit ist nichts mehr übrig, in: Rheinpfalz Nr. 150, 1.7.22.

Bonitätssystem (Social-Credit, bis 2020 Einführung): Es ist eine IT - Überwachungsmaschinerie mit Hilfe von Algorithmen.  Auf einer Plattform sollen Daten von Privatpersonen, Unternehmen und NGO gespeichert und bewertet werden. Es gibt eine Unterscheidung von Kreditwürdigkeit (Schulden) und genereller Glaubwürdigkeit. Die großen sozialen Medien wie Baidu, Alibaba und Tencent sollen auch Daten beisteuern. Eine Datenbank über ausländische Firmen gibt es bereits im Handelsministerium. Positive Folgen könnten sich auch ergeben: Lebensmittelsicherheit, Umweltverschmutzung, Markenrechtsverletzungen. Vgl. Totalitarismus ist ein großes Wort, in: Die Zeit Nr. 2, 04.01.2018, S. 31. Vgl. auch Social Scoring weiter unten.

Kultur des Scheiterns (Kultur der zweiten Chance): Wer früh scheitert und Lehren aus seinen Fehlschlägen zieht, ist schneller erfolgreich. Je öfter Menschen scheitern, desto mehr lernen und entdecken sie. Diese Sicht müsste in Deutschland verbreiteter sein, vergleichbar mit der Kultur in den USA. So könnte man etwa ein freiwilliges Gründerjahr für den Einstieg ins Unternehmertum schaffen. Im Forschungslabor von Google bekommen die Mitarbeiter mehr Geld, wenn ihr Projekt scheitert. Auch die Chinesen fördern mittlerweile diese Sichtweise.  "Scheitern ist die Grundlage des Erfolgs", Laozi (Laotse), Philosoph aus China im 6. Jahrhundert vor Chr. Der Erfinder T. A. Edison, der auch GE gründete, formulierte es so: "Ich bin tausendmal gescheitert. Ich habe erfolgreich tausend Möglichkeiten entdeckt, wie die Glühbirne nicht zum Leuchten gebracht wird".

Tabus: Die Kommunistische Partei in China setzt immer wieder Tabus, die sie auch überwacht. Als Waffe setzt sie dann Boykotte in. Die laufen häufig über das Parteiblatt "Volkszeitung". Ein bekanntes Beispiel aus dem Februar 2018 ist eine Werbeanzeige von Daimler in China für die neue C-Klasse. Sie wird von einem Zitat des Dalai Lama begleitet: "Betrachte eine Situation von allen Seiten, und du wirst offener werden". Da der Dalai Lama in China ein Volksfeind ist, schoss die Partei mit allen Mitteln zurück und rief auch zum Kaufboykott gegen Daimler auf. Da half auch kein Löschen der Anzeige und keine Entschuldigung. In Deutschland kam hingegen die Reaktion von Daimler nicht gut an. Viele sprachen von Kottau, Kniefall und Selbstzensur.

Sport: Die Chinesen gehören heute zu den führenden Sportnationen der Welt. Der Höhepunkt bisher waren sicher die Olympischen Spiele 2008 in Peking, als China auch die Nationenwertung gewann. Immer wieder weisen Kritiker auf die Schattenseiten hin: die unmenschlichen Bedingungen der Elitesportschulen, der Einsatz minderjähriger Turnerinnen im Wettkampf, die Korruption und das systematische Doping.

In früheren Dynastien gehörte Leibeserziehung zum Unterricht in den Schulen. Erst in der Tang-Zeit wurde Sport radikal abgewertet. Die Chinesen haben aber den Fußball erfunden. Sie kickten schon mit einem Lederball.: "Runder Ball, eckige Mauer, / Symbolisieren Yin und Yang,/ Gemäß den Monden treten sie, / Zwei Sechserteams, zusammen an,/ Bieten Führer auf, stellen sich gerade, / Die Regel haben lang Bestand", Li You, Jucheng ming.

Managementtechniken chinesischer Manager: Je jünger sie sind, desto besser sind sie ausgebildet. Viele haben im Ausland studiert (USA, Japan, Deutschland). Die Manager sind in der Regel flexibler, pragmatischer, risikofreudiger, vorurteilsfreier, lernbereiter  und schneller (vgl. Hirn: Chinas Bosse, 2018, S. 14). Doch die Manager sind nicht völlig frei in ihren Entscheidungen. Bei Staatsunternehmen hat die Partei sowieso die hand drauf. Bei Privatunternehmen haben die Parteikomitees Einfluss. In diesen Komitees sitzen die Manager der Top-Ebene. Sie sind Bindeglied zwischen Unternehmen und Partei. Zwischen 1956 und 1978 gab es nur Staats- und Kollektivunternehmen in China. Private Unternehmen waren nicht zulässig. Viele potentielle Privatunternehmer waren ins Ausland geflohen und hatten dort auch erfolgreiche Unternehmen aufgebaut. Viele von ihnen kamen nach China zurück. Das generelle Prinzip der Managementtechnik lautet: Das Beste aus beiden Welten, der chinesischen und der westlichen, zu mischen. Es ist wie eine Zwiebel mit vielen Schichten (so Ren Zhengfei, Huawei-Gründer). Chen Feng von HNA spricht von einer harmonischen Kombination von Ost und West. Die chinesische Führungsphilosophie setzt auch eher auf langfristige Strategien und Erfolge als die allzu kurzfristigen der westlichen. Insofern ist sie auch strategischer. "Feste Entschlossenheit und Klarheit im Inneren, sanfte Anpassung und Stärke im Äußeren: Das ist der Weg etwas zu erreichen", I Ging.

Gender im Management: "Frauen tragen die Hälfte des Himmels", Mao Zedong. Also sollen die Frauen im Prinzip gleichberechtigt sein. 2018 sind von den 204 Mitgliedern des Politbüros nur 10 Frauen. In den Unternehmen ist der Frauenanteil in der Spitze eher gering, wächst aber beständig. An der Spitze stehen 2018  Frauen bei den Unternehmen Green (Klimaanlagen), Great Wall Motors (Autos), Ctrip (Internet), Didi (Internet), Lens Technology (Gründerin Zhou Qunfei) und Huawei (Vorsitzende des Boards).

Netzwerke): Wie in jedem Land der Welt bilden auch die Unternehmer in China ein Netzwerk. Das berühmteste ist der Chinese Entrepreneur Club (CEC) in Peking. Das Büro in einem Hochhaus im Nordwesten Pekings hat etwa 40 Mitarbeiter. Der Club wurde 2006 gegründet. Man benötigt die Empfehlungen von zwei Mitgliedern, um selbst Mitglied zu werden. Seit 2016 steht Alibaba - Gründer Jack Ma dem Club vor. Hier werden auch Entscheidungen beraten oder Direktinvestitionsentscheidungen im Ausland besprochen. Daneben gibt es das China Entrepreneurs Forum (CEF). Es wurde 2000 gegründet. Der offizielle Unternehmerverband ist der All-China Federation for Industry and Commerce (ACFIC).

Ökonomie der freiwilligen Einzelgänger: Eine große informelle Gruppe. Eine Art eigener Wirtschaftszweig. Jung, gebildet, konsumieren gerne, sind gerne allein. Die Gruppe umfasst ca. 20.000 Menschen. Restaurants und Fitness-Zentren stellen sich auf die Einzelgänger ein. Der engste Freund der Einzelgänger ist das japanische Spiel Tabikaeru (reisende Frosch).

Anti-Korruptions-Kampagne: Seit Xi Jinping an der Staats- und Parteispitze ist, überrollt er das Land mit einer Anti-Korruptions-Kampagne. Er werde weder "Tiger noch Fliegen" verschonen, hat er angekündigt. Bis 2018 wurden schon 1,3 Millionen Beamte und Parteifunktionäre bestraft. Auf dem Volkskongress im März 2018 trifft es Sun Zhengcai. Er wird wegen Korruption zu lebenslanger Haft verurteilt und aus der kommunistischen Partei ausgeschlossen. Er galt lange Zeit als potentieller Nachfolger von Xi. So tauchte auch der Verdacht auf, dass potentielle Widersacher als ranghohe Kader systematisch als Konkurrenten ausgeschaltet werden.

Hundefleisch als Delikatesse: Im Süden Chinas ist Hundefleisch eine große Delikatesse. In Yulin findet jährlich ein Hundefleischfestival statt (seit 2009). In der ganzen Provinz Guangxi liebt man Hundefleisch.  Umgerechnet 100 Euro kostet 2018 ein ganzer Hund.  10 Millionen Hunde landen in China jährlich auf dem Teller. Auch in Südkorea werden Hunde gegessen. Gerichte sollen dies als illegal einstufen. Taiwan hat schon 2018 Hundefleisch vom Teller verbannt. Man sollte sich hüten, als Tourist das Hundefleisch auf Märkten zu fotografieren. Dabei kann man leicht Handy oder Kamera verlieren oder sonstigen Schaden nehmen (der Verfasser spricht aus Erfahrung). 2019 wirden wieder mehr Hundefleisch in China gegessen. Grund dafür sind die hohen Preise für Schweinefleisch.

Jade: Sie wird in China bewundert wie in keiner zweiten Kultur. Sie ist in China der schönste aller Steine. Noch heute gilt es das Material der Unvergänglichkeit. So wurde es schon immer im Totenkult benutzt (als Grabbeigabe). Fünf Tugenden werden der Jade zugeschrieben: Menschlichkeit, Rechtschaffenheit, Weisheit, Tapferkeit, Reinheit. Vgl. Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart 2019, S. 41f. Die meiste Jade kommt heute aus Myanmar.

Fei ren ye: Wer kein mitfühlendes Herz hat, ist kein Mensch. Dieser Spruch ist oft und wird auch gegenwärtig oft missbraucht. Man spricht damit vermeintlichen Feinden die Menschenwürde ab. Die Liebe zum Volk und der Hass auf die Feinde ist dasselbe. Der Spruch war die Kampfeshymne der kaiserlichen Soldaten in der Kolonialzeit, wurde aber auch von den Rebellen und den westlichen Truppen aus Großbritannien und Frankreich instrumentalisiert. Vgl. Stefan Thome: Gott der Barbaren, Berlin 2018.

Weiterhin bekannt ist Gua Sha. Es handelt sich um eine Reiztherapie (Schabemassage). In ostasiatischen Ländern gab es früher in fast jedem Dorf eine oder mehrere Personen - meist Frauen - die Gua Sha bei verschiedenen Beschwerden einsetzten. Es geht um die Ausleitung von Giften. Vor allem der Rücken kann davon profitieren. Vgl. Arya Nielsen: Gua Sha - Eine traditionelle Technik für die heutige Praxis, Verlag Systemische Medizin, 2013.

Lernen nach eisernen Regeln: Auch "Entenstopfen" genannt. Wurde von Konfuzius gesammelt und formuliert. Stammt von den harten Sitten der Beamtenausbildung in China ab. Dazu gibt es auch passende Sprüche: "Er muss lernen, auf Feuerholz zu schlafen und Galle zu schmecken". "Stark sein heißt seine Grenzen kennen".

Haiers Managementmodell (CEO Zhang Ruimin): Haier hat sich von einem siechen Staatsunternehmen zu einem Global Player gewandelt. Das Management wurde dazu neu erfunden. Feste Hierarchien, lähmende Strukturen und Unternehmenssilos wurden zurückgelassen. Es entstand ein agiler Konzern im digitalen Zeitalter.

Dabei folgte man folgenden Grundsätzen: 1. Von unflexiblen Kolossen zu wendigen Mikrounternehmen (MU). 2. Von kleinen Verbesserungen zu ehrgeizigen Leitzielen. 3. Von internen Monopolen zu internen Ausschreibungen. 4. Von Top - Down -Steuerung zu freiwilliger Zusammenarbeit. 5. Von starren Grenzen zu offener Innovation. 6. Vom Status-quo-Denken zur Start - up - Fabrik.

Haier besteht aus Tausenden Mikrounternehmen (MUs), die zu Plattformen zusammengefasst sind. Die MUs sind für Nutzer. Zum Beispiel die Kühlschrankplattform: Xinchu (vernetzt), Zhisheng (junge Städter), Jinchu (mittleres Preismanagement), Leader (unteres Preismanagement). Overseas (Exportmärkte), Langdu (Premium). Damit verbunden sind Designknoten, Produktionsknoten, Unterstützungsknoten und Vertriebsknoten. Hinzu kommen ein Wertanpassungsmechanismus (WAM) und ein WAM - Jahresziel.  Vgl. Gary Hamel/ Michele Zanini: Das Ende der Bürokratie, in: HBM Januar 2019, S. 22ff. "Verwandle große Schwierigkeiten in kleine und kleine Schwierigkeiten in gar keine", aus China.

Social Scoring (vgl auch oben Bonitätssystem): 2017 plant die KPCh eine totale Überwachung: Mit einem gigantischen Punktesystem wollen wollen Chinas Kommunisten jeden einzelnen Bürger zu tugendhafter Folgsamkeit zwingen. Regierungskritiker werden bestraft. Man spricht von einem "Sozialkreditpunktesystem". Ein Versuch läuft bereits in der Verwaltungszone Xiongan nahe Peking (soll Peking in Zukunft entlasten). Zum Beispiel bringt allein leben in großer Wohnung  Minuspunkte. Familie in kleiner Wohnung gibt Pluspunkte. Wer mit einem großen Auto zur Arbeit fährt bekommt Minuspunkte. Das "Soziale Bonitätssystem" soll ab 2020 eingeführt werden. Gleichzeitig will man eine zentrale Datenbank errichten (Big Data). Derzeit gibt es wohl 40 unterschiedliche Experimente dazu, auch Apps. Es ist noch unklar, was am Ende rauskommt. Vgl. FAZ 22.11.2017, S. 15. Ideologisch könnte man argumentieren, dass der Maoismus wieder auf dem Vormarsch ist. 2019 kommt eine neue App. Mit ihr will die KPC ihre Bürger auf Linie bringen. Sie enthält Reden, Schriften und Ermahnungen des Parteichefs Xi Jinping. Wer den Text mindestens vier Minuten lang liest, bekommt einen Pluspunkt. Millionen Menschen haben die App bereits herunter geladen. Für KP-Mitglieder ist das sogar verpflichtend. Zusätzlich wird ab 2017 eine Blutdatenbank aufgebaut. Das Ziel ist nicht bekannt. Ursprünglich sollten Straftäter schneller und besser ermittelt werden.

China schottet ab 2018 auch den Zugang zum Internet weiter ab. VPN-Tunnelzugänge werden verboten (verschlüsselte Punkt-zu-Punkt Kommunikation). Mit denen konnte eine Zensur bisher umgangen werden. Apple hat nachgegeben und überträgt sämtliche Cloud-Daten an einen lokalen Dienstleister (GCBI). VPN wird in China aus dem App-Store genommen. Amazon hatte schon 2017 seine Cloud-Daten an einen lokalen Dienstleister übertragen. Zugänge zu ausländischen Social Media werden weiter eingeschränkt: Facebook, Twitter, Google. Eine der berühmtesten Society - Bloggerin in China war Ma Ling. Sie schrieb über Gier, Sex und Neid. Im März 2019 wurden alle Accounts auf Anweisung der Regierung gelöscht. Zu Fall brachte sie ein Post übe reinen krebskranken Mann. An der Geschichte war zu viel erfunden und sie war zu negativ. Ma Ling hatte 200 Mio. Follower auf Weibo.

Xi Jinping hat mit der "Chinafantasie" aufgeräumt, dass wirtschaftliche Öffnung und wachsender Wohlstand automatisch eine politische Liberalisierung mit sich bringt. Er will beweisen, das eine Autokratie viel besser geeignet ist, ein Land wie China groß und mächtig zu machen. Er macht Schluss mit der Reform- und Öffnungspolitik von Deng Xiaoping. Vgl. Strittmatter:  Die Neuerfindung der Diktatur, München 2019, S. 10ff. Social Scoring wird aber zurückgefahren. Sie kann aber jederzeit wieder belebt werden. "Chinas aufgeklärte Demokratie stellt den Westen in den Schatten", Nachrichtenagentur Xinhua, 17 Oktober 2017.

Verschärfung der Einreisebedingungen (Visa): Im Sommer 2019 verschärft China seine Einreisebedingungen weiter: Immer mehr personenbezogene Daten werden abgefragt: über drei Generationen, Einkommen, aktuelle und vergangene Chefs mit Telefonnummer, Werdegang, Ausbildung, Schulen. Demnächst sollen auch Fingerabdrücke verlangt werden. Dann müsste man persönlich bei den Generalkonsulaten vorsprechen. Es ist schwer zu ergründen, ob dies dem großen Kontrollbedürfnis entspricht oder mehr als Schikane gedacht ist.

Kultur in ihren Auswirkungen auf Digitalisierung:  Im Silicon Valley sind die Gründungsunternehmen eher missionsorientiert (Idee, Ideal; Kinder erfolgreicher Fachleute). Chinesische Start-ups sind Markt- und Geld orientiert. Es herrscht eine Söldnerhaltung vor. Die verwurzelte Mentalität der Knappheit lässt Nachahmung zu. Die Summe der drei Strömungen (Akzeptanz des Nachahmens, Knappheitsmentalität, Bereitschaft in neue Branchen einzutauchen) bildet die Grundlage des chinesischen Internet-Ökosystems. Vgl. Kai-Fu Lee: AI Super-Powers. China, Silicon Valley und die neue Weltordnung, Frankfurt/ New York 2019, S. 45ff.

Die Situation der chinesischen Konzerne und ihre Unternehmenskultur: Einige Experten gehen davon aus, das im Bezug auf die Zukunft China einen ähnlichen Weg wie Japan gehen könnte. Chinas Konzerne sind stark vom Inlandsgeschäft abhängig. Durch die rapide sinkende Erwerbsbevölkerung wird sich das BIP-Wachstum stark verringern, falls nicht gleichzeitig die Arbeitsproduktivität steigt (was wahrscheinlich nicht passieren wird). Die Entwicklung in Japan ist ein beunruhigender Präzedenzfall für die Folgen solchen demographischen Wandels.

Immer mehr chinesische Unternehmen sind in der Liste der Fortune 500 der umsatzstärksten Weltkonzerne. Es ist aber fraglich, ob sie diesen Platz halten können. Dazu wäre ein Wandel zu einer internationalen Denkweise notwendig: 1. Mehr Respekt zeigen. 2. Ausländer in die Zentrale holen. 3. Entsendungen verbessern. 4. Führungskräfte besser entwickeln. 5. Innovationen im Ausland entwickeln (nicht nur Werte absaugen). 6. Managementstil innovationsfreundlicher machen. 7. Diversität im Management erhöhen. Siehe Black, J. Stewart/ Morrison, Allen J.: China droht Wachstumskrise, in: HBM, Januar 2020, S. 68ff.

Schönheitsideale in China: Wie jede Kultur definiert auch die chinesische Kultur gutes Aussehen immer anders. Bis heute wird für Ideale und Moden gelitten. Noch bis ins 20 Jahrhundert wurden etwa hochgestellten Frauen die Füße gebrochen und bandagiert, so dass mit der Zeit ein extrem spitzer, kurzer Fuß herauskam. Den nannte man Lotosfuß, mit dem Laufen nur unter Schmerzen möglich war.

Corona-Krise 2020 und Kultur: Man vergleicht das Management der Krise in den Ländern. Es wächst das Vertrauen in asiatische Werte. Man glaubt an gute technokratische Regierungen, in einen Kapitalismus mit starkem Staat und in sozialen Konservatismus bei hoher nationaler Solidarität. Vgl. Parag Khanna: Unsere asiatische Zukunft, Rowohlt-Verlag 2020, Ders. Dinge erledigen. Besser sein. Reicher werden, in: WiWo 18, 24.04.2020, S. 42f.

Macht: Macht ist für Chinesen sehr wichtig. Sie ist auch eine Hauptquelle für Status, der auch sehr wichtig ist. Es geht um eine hohe Stellung im Kollektiv. Macht ist vor allem Männern wichtig. "Für Chinesen spielt es keine Rolle, ob ein Mann gut oder schlecht ist, sondern nur ob er Macht hat oder nicht." Robert Rother: Drachenjahre, Berlin 2020, S. 129.

Anarchismus: Man kann in China nur überleben, wenn man gewisse Züge davon hat. Es gibt zu viele Regeln, die man zum Teil dann umgehen muss. Das zeigt sich im Straßenverkehr, wo es einen ständigen Regelbruch gibt, um ans Ziel zu kommen. Es gibt also Oasen der Regellosigkeit. Anarchie kann überlebensnotwendig sein. Die Regeln sind aber oft auch zweideutig. Vgl. Reichart, Thomas: Das Feuer des Drachen, München 2020, S. 104ff.

Weiji: Das chinesische Wort für Krise. Es enthält die Elemente Gefahr und Chance. Das gilt sicher für jedes Land und jede Kultur. Jede Krise bietet die Chance zu einem Neuanfang und zu einem Überdenken veralteter Strukturen. Sie bietet auch die Chance sich zu ändern. Vielleicht planen wir in Deutschland zu viel und haben Schwächen in der Improvisation. Vgl. Reichart, Thomas: Das Feuer des Drachen, München 2020, S. 258ff.

Arbeitsmoral. Chinesen arbeiten sehr viel. Sie haben nur zwischen 5 und 15 Tage Urlaub pro Jahr. Sie arbeiten weit mehr als 8 Stunden am Tag (viele haben nur 2,27 Stunden Freizeit am Tag, Chinese Academy of Social Science 2018). Die 40-Stunden-woche ist für die meisten nur eine Ausnahme. Vor allem am Bau wird hart gearbeitet, um Fristen einzuhalten. So wird bis zu 6 und gar 7 Tage gearbeitet. Hier gibt es viele Nachtschichten in Städten, weil dann der Verkehr ruht. Bei Prestige-Projekten kommt die Zwangsarbeit hinzu (Beispiel Olympische Spiele 2008 in Peking). Die Arbeitsmoral hat sich gegenüber der reinen Planwirtschaft vor 1989 wesentlich verbessert. Grund für eine eher schlechte Moral waren damals die egalitären Löhne. Die Mischwirtschaft brachte Bonuszahlungen und Akkord. Die Arbeitsmoral hat ihren Ursprung im Willen zum Aufstieg. Wenn man den nicht selber schafft, dann wenigstens die Kinder. Hier zeigen sich Parallelen zum Anfang der USA. Nur das dort das protestantische, asketische Arbeitsethos noch eine Rolle spielte (vgl. Max Weber, die protestantische Ethik und er Geist des Kapitalismus). In China ist es Materialismus und Aufstiegswille. Die Chinesen sind nicht neidisch auf uns, sie halten uns eher für faul. "Der Mann, der den Berg abtrug, war derselbe, der anfing, kleine Steine wegzutragen", Konfuzius. Vgl. auch: Reichart, Thomas: Das Feuer des Drachen, München 2020, S. 36ff.

Junge Generation (Jugendliche) in China:  Chinas Millennials sind weltoffen, reisefreudig, selbstbewusst und innovativ. Sie haben hautnah erlebt, wie sich ihr Land zur erfolgreichen Wirtschaftsmacht entwickelt hat und das hat sie geprägt. Viele junge Chinesen studieren heute im Ausland und sehen im Westen kein Vorbild mehr. Sie sind stolz auf ihr Land und sehnen sich nach Freiheit.  Die "kleinen Kaiser" (Ein-Kind-Generation) stehen in einem harten Wettbewerb um Studienplätze und Jobs. Sie müssen auch bei der Wohnungssuche on Metropolen und auf dem Heiratsmarkt erfolgreich sein. Sie sind Superkonsumenten und leben im Hie rund Jetzt. Sie sind Technik affin und stolze Staatsbürger.  Zak Dychtwald: Young China. Wie eine neue Generation ihr Land und die ganze Welt verändert, Berlin (Econ, Ullstein) 2020 (Originalausgabe 2018 New York). Zak Dychtwald ist Globetrotter und Schriftsteller und leitet die Forschungsabteilung des  Thinktank "Young China Group" (auch Founder und CEO).

Subkulturen/ Minderheiten: Die Han verstehen sich als Nachfahren der chinesischen Bauernkultur. Sie machen etwa 90% der Bevölkerung aus. Die restlichen 10 Prozent bestehen aus 56 Minderheiten bzw. anerkannten ethnischen Gruppen (ca. 110 Millionen Menschen). Die Minderheiten haben besondere Rechte (Zahl der Kinder), aber auch Einschränkungen. Die größten ethnischen Nicht-Han-Gruppen sind Uiguren, Mongolen und Tibeter. Kleinere Minderheitenvölker sind z. B. die Yao, die Miao und die Dong. .In den autonomen Regionen Tibet, Xinjiang, Innere Mongolei, Ningxia und Guangxi leben 97 Mio. Menschen. Die Einheit des Landes soll mit allen Mitteln gesichert werden (Nationalitätenbegriff ist eng definiert). In der Provinz Yunnan am Lugu-See im Dorf Luoshi gibt es eines der letzten Matriarchate auf der Erde (ein weiteres bekanntes gibt es in Brasilien; ebenso eines in Indonesien). Die Bewohner sind auch Anhänger des tibetischen Buddhismus (Lamaismus). Vgl. Ricardo Coler: Das Paradies ist weiblich, Berlin 2011. "Zhongguoren tai duo!"- "In China gibt es einfach zu viele Menschen"; Alltagsweisheit fast jeden Taxifahrers angesichts der Staus in Peking. Vier heißt auf Chinesisch "si", was mit anderer Betonung ausgesprochen das chinesische Wort für Tod ist. Verständlich, dass man die Zahl überall meidet (z. B. als Hochhausstockwerk). 2020 wird die Ethnische Ausrichtung der chinesischen Regierung gegen Minderheiten deutlich offensiver. Schulkinder sollen nach dem Willen Pekings deutlich früher auf Hochchinesisch (Mandarin) unterrichtet werden. Besonders in der Inneren Mongolei kommt es daraufhin zu Protesten. Die Behörden greifen mit aller Härte durch (Polizei, Schweigegelübde der Eltern, Zurückfahren des bilinguaren Unterrichts, Schritte gegen Journalisten).

Kung-Fu-Film und Bruce Lee: Der Schauspieler aus Hongkong machte den Kung-Fu-Film zur Kunstform. Es war eine wichtige Brücke zwischen  Ost und West. Er prägte in Generationen das Bild im Westen von Asien. Bruce  Lee hatte einen chinesischen Vater rund eine britische Mutter. In Hollywood bekam er erst keine Rollen wegen seines Hongkonger Akzents. Später nimmt die die Staatsbürgerschaft der USA an und wohnt in Seattle. Er kämpfte gegen das Klischee vom bescheidenen, unterwürfigen Chinesen. Da swurde zuletzt in dem Film von Quentin Tarantino dargestellt (Once upon a Time ...in Hollywood").

Menschenrechte: China hat eine andere Sicht auf die Menschenrechte. Das Land hat zwar die Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen ratifiziert und sich auch zu deren Einhaltung verpflichtet (Menschenrechtsdeklaration von 1948). Die staatlichen Medien behaupten auch regelmäßig, dass die Situation der Menschenrechte in China noch nie so gut gewesen sei. Der Wohlstand hat viele Freiheiten für die Bevölkerung gebracht. Die Führung beruft sich aber nicht nur auf das Materielle. Sie gibt offen zu, dass die Interpretation der Menschenrechte sich grundlegend von der westlicher Staaten unterscheide. Sie konzentriert sich nicht so sehr auf den Machtmissbrauch von Regierungen, sondern auf den Machtmissbrauch durch Staatsbürger. Das ist letztlich Ausdruck einer kollektivistischen Kultur, nicht nur der KPCh. Der Konfuzianismus, die ethische und moralische Grundlage der chinesischen Kultur, wie auch der anderer Länder in Asien, sieht jemand nur so lange als Mensch an, wie er der Führung und dem Kollektiv loyal gegenüber tritt. Tut er das nicht, wird er nicht mehr als Mensch gesehen (damit verliert er die Rechte als Mensch)  und man darf alles mit ihm machen. Ich als Autor dieses Absatzes weise ausdrücklich darauf hin, dass ich die Sichtweise der chinesischen Regierung hier darstelle und erläutere, sie aber nicht teile. Man wird hier sehr leicht missverstanden.

Kulturelle Irrtümer über China: 1. Wirtschaftliche und politische Liberalisierung bedingen sich. Die Partei glaubt an den überragenden Einfluss der Geschichte und an die marxistische Lehre. 2. Autoritäre politische Systeme können keine Legitimation haben. Für die Bürger ist der Wohlstand entscheidend. Sie denken pragmatisch.  3. Chinesen arbeiten und investieren wie wir im Westen. Während die Regierung eher langfristige und klare Strategien verfolgt, haben die Chinesen kein Vertrauen darin und handeln mehr kurzfristig im Sinne des eigenen Vorteils. Diese Irrtümer können zu fatalen Fehlentscheidungen westlicher firmen führen. Vgl. Mitter, Rana/ Johnson, Elsbeth: Reich der Irrtümer, in: HBM Oktober 2021, S. 40ff.

Konfuzianisches Optimum: "Es besagt, dass an einer Nutzenverbesserung stets alle an der Angelegenheit beteiligten Personen partizipieren müssen: Wenn die beteiligte Person x eine Nutzensteigerung x+ erhält, dann und nur dann muss die beteiligte Person y gleichzeitig eine Nutzensteigerung y+ erhalten und vice versa. Das konfuzianische Optimum verlangt, dass jede Art der Nutzensteigerung impliziert und bewirkt, dass jede beteiligte Person ein Pareto-Optimum erhält". Siehe Zhao, Tingyang: Alles unter dem Himmel. Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung, Berlin 2020, S. 41f. Zhao vergleicht Thomas Hobbes mit Xunzi: Thomas Hobbes (UK, 1588 - 1679, Individualismus) versus Xunzi (China, 313 - 238 v. Chr., Kollektivismus).  Welche philosophische Sichtweise der Gesellschaft hat die besten Lösung für die Zukunft der Menschheit?

Tianxia (Alles, was unter dem Himmel ist; auch Herrschaftsanspruch des Kaisers) : Es ist eine gesellschaftliche Ordnung, die keine Zustimmung verlangt, sondern letztlich die einzelnen Elemente umfasst ("harmonische Gesellschaft"). Die Volksseele repräsentiert die Gesamtheit der Anschauungen (ähnlich dem Begriff "Kollektivbewusstsein" von den französischen Soziologen Durkheim). Es wird das Kriterium der vollständigen Inklusivität erfüllt. Vgl. Zhao, Tinyang: Alles unter dem Himmel. Vergangenheit und Zukunft der Weltordnung, Berlin 2020. Er wirft dem Christentum universalistischen Anspruch vor. Die Demokratie neige dazu, Populisten ins Amt zu bringen. Sie sei "Publikratie". Zhao ist in China hoch angesehen. Er "zimmert" mit an der weltanschaulichen Grundlage des kommunistischen Regimes. Seine Philosophie ist ein Versuch, dem Westen, der Demokratie, etwas ganz anderes entgegen zusetzen. "Der freiheitlich, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzunge, die er selbst nicht garantieren kann". Er stellt heraus, dass China offenbar effizienter mit Krisen (Covid) umzugehen weiß. Allerdings blendet Zhao die "Meritokratie" in China aus: Die Besten und Leistungsfähigsten sollen an den Entscheidungsstellen sitzen, dann sind alle Sachprobleme gelöst (Politbüro der KPCh). Bekanntlich hat dieses System auch große Schattenseiten, worüber Zhao nicht schreibt.

"Wie ein Goldfischschwarm im Aquarium": Der Spruch stammt vom ehemaligen deutschen  Botschafter Erwin Wickert. Er trifft exakt das Standardhandeln des politischen Systems: Erst wenn gar nichts mehr geht, schwenkt der Apparat plötzlich um. si war es 2016 bei der Ein-Kind-Politik oder 2022 bei der Null - Covid - Strategie.

Naxi: Chinesische Minderheit, die im Südwesten des Landes lebt (Provinz Yunnan). Sie ist berühmt durch ihre Musik. Sie soll aus der Zeit von Konfuzius stammen. Es wäre somit die älteste überlieferte Musik der Welt. Während der Zeit der Kulturrevolution mauerten Musiker ihre Instrumente ein. Heute gehen die Musiker auch auf Tournee. Sie tragen bunte Seidenkittel. Vgl. Die Rheinpfalz am Sonntag, 12./ 13.8.23, S. 15.

 

 Japan:

Fünf Elemente der Welt und Kultur Japans: Die Lehre von den fünf Elementen kommt in den Naturströmungen Asiens und in den Religionen vor. Man findet sie in Daoismus und Shintoismus. Die fünf Elemente sind Erde, Wasser, Feuer, Luft, Leere (Geist, Weisheit). Sie werden in der Regel in einer Fahne verkörpert, wo jedes Element eine Farbe darstellt. Japan als fragile Inselkette, die Taifunen, Tsunamis und Vulkanausbrüchen ausgeliefert ist, hat ein besonderes Verhältnis zur Natur, das durch Furcht, Respekt und Liebe geprägt ist. Von jedem dieser Elemente gehen Entwicklungen aus, die noch heute die Kultur Japans prägen: 1. Feuer: Japan ist das Land der aufgehenden Sonne. Genauer müsste man sagen, der Geburtsort der Sonne (Ursprung der Sonne). So hat man eine unerklärbare Beziehung zur Sonne, die für Vergangenheit und Gegenwart steht. Der Fuji, ein Vulkan, steht neben der Sonne als zweites Symbol für Feuer. Er ist der Nabel/ Kern des Landes. Auf ihm leben die Götter, von denen der Kaiser seinen Ursprung ableitet (Animismus). Der Fuji schläft seit über 300 Jahren, in seiner Nachbarschaft gibt es noch über 100 aktive Vulkane. Fesutsu, die Kunst des Feuerwerks, steht für Feuer. Man nimmt Riesenbambus. Schneidet ihn auf 90 bis 110 cm. Dann umwickelt man die Rohre mit Seilen und füllt man die Rohre mit Schießpulver (800 g) und etwas Eisen. Es ist eine Kunst, die von Meistern an dei Jugend weitergegeben wird. Es ist eine Mutprobe. Wenn Feuer sich mit Erde verbindet, ergibt sich etwas Spezielles. Der Sakurajima (Kagoshima) ist der berühmteste noch aktive Vulkan. Auch die Onzen, die heißen Quellen , stehen für diese Verbindung.  Feuer ist Kraft, Macht und Sieg. Das symbolisiert auch die Schmiedekunst. Die Krönung ist das Katana. Es ist das Schwert der Samurai. Höchste Schönheit ist die Funktion "Schneiden". Es muss schneiden. Das Schmiedefeuer beherrschen heißt Konuli: Licht des Stahls (Uzuri). Eisen zum Leben erwecken. 2. Erde:   Reis ist das Hauptprodukt. Er ist der Sockel der Kultur. Ursprünglich wurde der Anbau per Hand gemacht. Heute ist er weitgehend mechanisiert durch Maschinen. Der Reis steht nicht nur für Boden, sondern auch für die Verbindung zu Wasser und Feuer (Sonne). Die Erde bietet weitere Schätze. So etwa Ton. Japan ist mit führend im Handwerk der Töpferei. Kunstwerke entstehen in Verbindung mit Feuer. Verehrt werden Pflanzen, vor allem die Blüten. Der Frühling ist deshalb die wichtigste Jahreszeit. Hamabi heißt die Blume betrachten. Sakora ist die Kirschblüte, die als Symbol für Leben und Vergänglichkeit gilt. Ein weiteres wichtiges Produkt der Erde ist der Tee. Tee ist Bestandteil des täglichen Lebens. Er dient der Kommunikation in der Familie und Gesellschaft. Tee führt zu Empathie, um über den anderen nachzudenken. Ein weiteres wichtiges Produkt ist Wasabi. Es ist die Delikatesse Japans. Es wächst in den Tälern. Es steht für den Winter, weil es schon im Winter erblüht. Zusammen mit sprudelndem Wasser wird es angebaut (eine große Kunst, richtiges Gefälle). 3. Wasser: In der uralten Religion der Shikas hat Wasser als Gottheit den höchsten Rang. Das Meer ist der größte Ernährer in Japans. Ein Produkt ist z. B. die Auster. Austernbänke werden auf Jacobsmuscheln angebaut. Die Austern werden nicht gefüttert. Hiroshima ist das Zentrum der Austernzucht. Ein weiteres Produkt ist Salz. Es gibt Salzgärten am Meer. Aus Meerwasser, Sand und Wasser entsteht Salt nach alten Rezepten der Alchemie. Kraniche, die Wasservögel, sind das Wahrzeichen Japans. Sie galten fast als ausgestorben. Heute sind sie geschützt. Sie tanzen im Februar und bleiben ein Leben lag zusammen.  4. Geist/ Leere: Es ist so was wie die Gesamtheit der Elemente. Leere steht für Überschreitung. Kyoto ist ein wichtiges Symbol dieses Geistes. Die Beherrschung des Geistes zeigt sich in vielen Ritualen: Einmal im Sport. Freitauchen (nur eigener Atem), Bogenschießen, Karate und Kendo sind hochgeistige Sportarten. Sie erfordern höchste Konzentration. Auch die Kultur der Geishas steht für den Geist. Ursprünglich waren es nur Männer. Heute sind es in der Regel nur Frauen. Meikos sind die Personen, die sich in der Kunst üben.  Iwanikadori ist das Theater mit Masken. Es ist eine uralte Kunst. Sie zeigt die uralte Weltanschauung vom Kampf des Guten gegen das Böse. Wallfahrtsorte als Quellen des Geistes sind wichtig in Japan. Der berühmteste ist Shikoku (kleinste Insel Japans, man pilgert in weißer Kleidung und Rundhüten). Man sollte zu Fuß gehen.

Tokio: 37 Mio. Einwohner. Hauptstadt Japans. Größter Ballungsraum der Welt. Tokio ist Vorreiter vieler Bewegungen: Statistische Verursachung,  Kat beim Auto, Kompensationsmodell in der Umweltfinanzierung.

Meiji-Restauration: Eine Phase in der Geschichte Japans, die als Vorbild für den Aufstieg Asiens insgesamt gilt. 1868 (vor 150 Jahren) wurde der "Fünf-Artikel-Eid" unterzeichnet. Es handelt sich um ein Regierungsprogramm, das Japan den Anschluss an die übrige Welt ermöglichen sollte. Zum ersten Mal brach ein asiatisches Land ins Zeitalter des Fortschritts, der Technik und der Industrie auf. Bislang hatte nur Hierarchie und Tradition gegolten, ebenso Abschottung von der Welt; jetzt war die politische, geistige, gesellschaftliche und wirtschaftliche Öffnung angesagt. Sinn war aber auch die Bewahrung und Selbstbehauptung von Monarchie und Staat. Seht stark war in dieser Zeit der Einfluss des kaiserlichen Deutschlands. 1878 bekam die japanische Armee einen Generalstab nach preußischem Vorbild. Auch die japanische Verfassung ließ sich von Preußen inspirieren. Japan erhält so eine effiziente Verwaltung, zeitgemäßen Postdienst, öffentliches Schulwesen. Die Wehrpflicht wird eingeführt. Die Fundamente einer modernen Industrie werden gelegt.  Es war der Aufbruch in eine multipolare Welt. Japan ist bis heute Modell für den Aufstieg anderer Länder  in Asien. Deng Xiaoping folgte dem Rezept in China. Die Tiger-Staaten orientierten sich auch daran. Vgl. auch: Jan Ross, Als Japan preußisch wurde, in: Die Zeit, Nr. 9, 22.02.2018, S. 22.  In Tokio steht der Meiji - Schrein. Hier wird die Kaiserfamilie aus Sicht des Schintoismus verehrt. Die Seelen von Kaiser Meiji und seiner Frau Shoken werden als Gottheiten verehrt.

Lean Production: Schlanke Produktion wurde von dem Toyota Ingenieur Taiichi Ohno in den 50er Jahren entwickelt. Sie besteht aus den Komponenten Just-in-Time, Vereinfachung des Arbeitsvorgangs und der Arbeitsorganisation (Automatisierung, jidoka), Verbesserungsvorschläge und Total-Quality-Management (TQM). Die Fertigung steht im Zentrum des Unternehmens; wichtig ist auch die Zulieferer-Endhersteller-Beziehung. Der bekannteste "Guru" der Unternehmensführung von internationalem Format ist Kenichi Ohmae, geb. 1943. Seine vielen Bücher sind voller japanischer Beispiele zur Unternehmensführung. Zitat von ihm aus seinem Buch "Die neue Logik der Weltwirtschaft, Frankfurt 1994": "Die zentrale Aufgabe des Managements wird es in Zukunft sein, die Produktpalette am Interesse des Konsumenten auszurichten, der dann der wirkliche Souverän des globalen Marktgefüges ist". Bekannt ist auch der amerikanische Toyota-Spezialist Jeffrey K. Liker. Er ist Professor für Ingenieurwissenschaften an der Universität Michigan und hat acht Bestseller über Toyota geschrieben.

Toyota Way: Es gibt verschiedene Fundamente: Einmal "genchi genbutsu". Der Ausdruck kann übersetzt werden mit "gehe hin und siehe selbst". Führungspositionen widmen sich einem Problem aus erster Hand und lösen es effizient. Hinzu kommt "jidoka". "Automatisierung mit menschlicher Note". Es handelt sich um die Verbesserung der Produktion mit Einbau einer Fehlersicherung. Das dritte Element ist das "just-in-time-Prinzip". Es ist ein Produktionsprinzip, bei dem die richtigen Teile, die zur Montage benötigt werden, zur richtigen Zeit in der richtigen Menge am Fließband ankommen (der Lagerbestand ist Null).

Kaizen: Ständige Verbesserung und Änderung wurde von Massaki Imai entwickelt, ursprünglich in der Fertigungstechnik. Es beinhaltet ein konsequentes Innovationsmanagement, das in permanenter Produktverbesserung und Verbesserung aller betrieblichen Prozesse besteht (die Japaner besitzen eine besondere Fähigkeit darin, Fehler zu erkennen und zu korrigieren). Es ist eine Art Führungsphilosophie, die insbesondere Verschwendung verhindern und Lernprozesse fördern soll. Die Prozessorientiertheit ist ein besonderes Merkmal der japanischen Produktion. Verbunden damit ist das Ringi Seido - Prinzip, wonach lediglich der Anstoß von oben kommt und ein Umlaufverfahren entsteht (der große Vorteil liegt in der Durchsetzbarkeit). Japan arbeitet mit Kaizen auch auf anderen Gebieten. Ein typisches Beispiel ist der Hausbau. Aus jedem Erdbeben lernt Japan und verfeinert die Baurichtlinien und den Katastrophenschutz.  Besonders krass ist hier der Unterschied zur Türkei. Vgl. HB 13.2.23, S. 13. "Geht mit den Menschen um wie mit Holz: um eines wurmstichigen Stückchen willen, würdest Du nie den ganzen Stamm wegwerfen", Japanisches Sprichwort.

Geschäftswelt: Wie in ganz Asien ist das persönliche Netzwerk oft Voraussetzung für Geschäftserfolge. Auch informelle Informationsflüsse sollten genutzt werden. Visitenkarten sind Dokumente der Identität.  "honne"  (wahre Absicht) und "tatemae" (Fassade) prägen die Verhaltensmuster, ebenso das Vermeiden eines klaren Neins (iie). Die Übergänge zwischen Arbeitszeit, die recht lang ist,  und Freizeit sind oft fließend. Pünktlichkeit ist ungeschriebenes Gesetz: lieber fünf Minuten zu früh als zwei zu spät; sonst verliert der Wartende sein Gesicht. Dies ist wichtiger Ausdruck von Selbstbeherrschung und Selbstformung, die insgesamt prägend sind. In Japan herrscht auch eine sehr hohe Aufnahmefähigkeit gegenüber Wissen aus anderen Ländern (Wissensmanagement). Die Sitzordnung in Konferenzen ist sehr wichtig: der ranghöchste Platz heißt "Shimosa". Die Kulturstandards "Gesicht wahren", "Etikette", "Geduld" (geduldiges Warten) und "indirekte Gespräche" werden auch im Geschäftsleben gewahrt.  Das älteste japanische Unternehmen und auch älteste Familienunternehmen der Welt ist "Kongo Gumi", gegründet 578, Baugewerbe.

Personalwirtschaft in Japan (wichtige Auszüge, dazu habe ich in Personalwirtschaft ausführlicher unterrichtet): Nach japanischen Verständnis von Gruppenverantwortung wirkt sich der Fehltritt eines Individuums auf das Ansehen der der gesamten Organisation aus (das ist wichtig in allen Organisationen). Es gibt auch Quereinsteiger, die nicht, wie in japanischen Firmen und Organisationen üblich, direkt von der Universität rekrutiert wurden, sonders bereits woanders gearbeitet haben. Es gibt auch Rangregister: Es werden Hofränge vergeben für Staatsangestellte, Professoren und Firmenchefs mit besonderen Verdiensten. In der japanischen Verwaltung und Unternehmen gibt es ein Rotationsprinzip. Angestellte wechseln jährlich, zweijährlich oder mindestens alle drei Jahre Positionen und Einsatzorte. In den meisten Firmen gilt noch das Senioritätsprinzip, nach dem man mit zunehmendem Alter in höhere Positionen aufsteigt.  Das juristische Staatsexamen ist eine der schwersten Prüfungen überhaupt in Japan. Im Rechtswesen arbeiten viele Menschen als Anwaltsgehilfen, die zwar das Jurastudium abgeschlossen, die Prüfung jedoch nicht bestanden haben.

Loyalität und Old-Boys-Netzwerke: Fast alle konzerne Japans werden von Männern geleitet. Sie sind oft gleich alt und haben seit der Uni im gleichen unternehmen gearbeitet. Darüber hinaus sind sie mit den Ministerien "verbandelt". Sharp, Toshiba und Takata sind für die Schwachstellen dieser Strukturen.

Mitarbeiter und Shitstorm: Tokio Marine Nichido, Chiyoda/ Tokio/ Japan (Versicherung, Schaden bzw. Unfall; eine der drei größten in Japan; seit 1879; bietet 2024 Versicherungen gegen Shitstoms an, die sehr gefragt sind. In Japan versichern sich immer mehr Unternehmen gegen mögliche Imageverluste, die durch Videos popelnder Mitarbeiter entstehen. Dei Verursacher sind schwer zu identifizieren. Meist stecken schlecht erzogene junge Menschen dahinter, dei als Teilzeitkräfte eingestellt sind. Vgl. Die Zeit 12/ 14.3.24, S. 21)

Amakudari ("Vom Himmel herab steigen"): Ständiger Wechsel zwischen Positionen in der Politik und der Wirtschaft, hier von der Politik in die Wirtschaft. Man spricht auch vom "Eisernen Dreieck" zwischen Politik, Firmen und dem Miti (Meti). Dadurch ist die Kooperation zwischen Bürokratie und Unternehmen sichergestellt. Die Transparenz ist gewahrt, was ein Vorteil gegenüber dem Lobbyismus bei uns ist. 

Nemawashi: der japanische Ausdruck für das allgegenwärtige Streben nach Konsens und Harmonie gilt als einer der Hauptgründe für den wirtschaftlichen Aufstieg nach dem 2. Weltkrieg. Dieses System verlangt sehr viel Kommunikation und ist extrem zeitintensiv. Shitsurei - Entschuldigen Sie. Das Senioritätsprinzip wird traditionell immer noch hoch geschätzt, wenn es auch in großen internationalen Unternehmen im Abbau begriffen ist Es geht wie Gruppengeist und Loyalität unter anderem auf die Samurai zurück, die auch die Gründer einiger  erfolgreicher Firmen waren (z. B. Honda, Mitsubishi). "Der Gewalt auszuweichen ist Stärke", Laotse. 2017 muss sich in einer japanischen Schule in Japan eine Schülerin die Haare ganz schwarz färben. die Schulleitung beruft sich auf die geltende Regel der Uniformität. Die Eltern der Schülerin gehen vor Gericht.

Arbeitsbeziehungen: geprägt durch Gewerkschaften mit betrieblicher Tarifpolitik, Trennung von Stamm- und Randbelegschaft und Teamorientierung. Arbeiter werden eher ganzheitlich eingesetzt (Generalisten). Es besteht eine starke Verbundenheit zum Unternehmen. In hierarchischen Organisationen ist die konfuzianische Ethik maßgebend: Gefolgstreue gegenüber dem Herrn und Übertragung des Vater-Sohn-Verhältnisses.

Langfristiges Denken und Planen: aus der Sicht, dass zuerst die Mitarbeiter, dann die Aktionäre kommen. Unterschied zu USA und EU. Alle Geschäftsbeziehungen werden langfristig angelegt. Verbunden oft mit "Amöbenmanagement": von Kazuo Inamori, dem Gründer von Kyocera, entwickelte Unternehmensphilosophie, in der alle Unternehmensteile eigenverantwortlich arbeiten müssen. "Der schreitet rasch vorwärts, dem es leicht ist ums Herz", aus Japan.

Kanban: Von Japanisch "kan" Signal und "ban" Karte. Methode des Projektmanagements. Dabei werden Projekte in Teilschritte zerlegt und an eine weiße Tafel (Whiteboard) gekritzelt. Es gibt eine Tabelle mit Rubriken wie "in Arbeit" oder "erledigt". Die einzelnen Aufgaben werden den Kollegen zugeordnet.

Das Entscheidungsverhalten in japanischen Unternehmen wird von Wertvorstellungen, Familienkonzept, Gruppenideologie und Harmonie beeinflusst (Rothlauf: Interkulturelles Management, München/ Wien 2006, 397). Entscheidungsprozesse sind durch Kyodotai geprägt, d. h. eine organische Zusammenarbeit einer Gemeinschaft bei gegenseitiger verständnisvoller  und freundschaftlicher Unterstützung. Sie beruht auch auf einer enorm hohen Kooperationsfähigkeit. Diese zeigt sich auch bei den erfolgreichen Industrieclustern (vor allem in der Automobilindustrie). Die effizienten Netzwerke von Produktionsfirmen und Zulieferbetrieben können helfen, Produktionsverlagerungen und Outsourcing abzumildern. Sehr erfolgreich ist auch die Zusammenarbeit von Staat und Wirtschaft. "Still sitzend, nichts tuend, kommt der Frühling und das Gras wächst von allein", Zen-Weisheit. "Die japanische Unternehmenswelt ist wie ein pervertierter Golfklub. Es herrscht absolute Loyalität zum Unternehmen", Michael Woodford, Ex-Chef von Olympus (2011/12 Bilanzfälschungen).

Keiretsu: eine Finanzgruppe hat eine Mehrheitsbeteiligung an einer Reihe von Unternehmen. Gruppen von Unternehmen werden auch durch wechselseitige Beteiligungen verbunden. Die Beteiligung kleiner Investoren ist weiter verbreitet als in Deutschland.

Zaibatsu: Historisch häufig von ehemaligen Samurai gegründet. Sie stellten häufig Monopole dar. Deshalb wurden sie nach dem 2.Weltkrieg von der Siegermacht USA zerschlagen. Daneben gab es Dozuku - kleine Familienunternehmen.

Ischiban-Prinzip: Strategische Familie. Die Unternehmung  sollte nicht nur der kostengünstigste, sondern vor allem der beste Partner für die Zielkunden sein. Das kann am besten im zusammenwirken mehrerer Unternehmen erreicht werden. Man unterscheidet Normennetzwerke ("shared beliefs"), Informationsnetzwerke sowie horizontale und vertikale Netzwerke.

Karoshi-Syndrom: Tod durch Überarbeitung. Schon 10.000 Menschen sollen in Japan an diesem Syndrom oder Selbstmord aufgrund von Überarbeitung (Karojitsatu) gestorben sein. Auslöser sind die unbezahlten Überstunden, die in keiner Statistik auftauchen.

Hikikomori: Vollständige Abkapselung junger Menschen, weil sie an den Anforderungen des Lebens zerbrechen. Der Kontakt mit der Außenwelt und anderen Menschen wird gemieden. Das eigene Zimmer wird kaum verlassen. Hauptbeschäftigung bietet der Computer. Es handelt sich um ein spezielles Krankheitsbild. Der Begriff  geht auf den Psychologen Tamaki Saito zurück.

Nationalstolz: Die großen japanischen Unternehmen werden in der Regel von Japanern geführt. Ein Ausländer als Chef wird als absurd gesehen (keine Ahnung von Kultur und Tradition). Es gab bisher wenige Ausnahmen, die aber alle Probleme bekamen: Der Franzose Weber bei Takeda; der Brite Woodford bei Olympia; der Amerikaner Stringer bei Sony; der Brasilianer Ghosn bei Nissan. Dahinter steckt auch sehr viel Neid, weil die Ausländer wesentlich mehr verdienen.

Nadeshiko: traditionelles Frauenideal, also eine geduldige, dienende, charmante Dame. Kaum ein anderes Industrieland hängt noch so an dem traditionellen Frauenideal in Wirtschaft und Politik und diskriminiert deshalb oft Frauen. Der Rollenwandel der Frau kommt in Japan nur schleichend voran, weshalb viele junge Frauen als Single in den Großstätten leben.

Kyodo: Aus kyo (Bogen) und do (Weg). Traditionelle Form des japanischen Bogenschießens. Sie entwickelte sich aus der Kriegskunst der Samurai. Kyodo schult Konzentration und innere Ruhe. Es wirkt sich positiv auf den ganzen Körper aus und hilft bei der Persönlichkeitsentwicklung. Kyodo sei hier exemplarisch für viele Sportarten aus Japan erwähnt (Karate, Judo, Jiu Jitsu), die sich den gleichen Zielen verschrieben haben und die man auf Management-Schulung übertragen kann und die es auch werden.

Jabusame: Bogenschießen vom Pferderücken aus bei vollem Ritt. Ehemalige Kampfart der Samurai, entstanden in der Kamakura-Zeit. Man schießt mit speziellen Pfeilen (rübenförmige Spitze). Es entwickelt sich heute immer mehr zu einer Frauensportart, die die Jahrhunderte alte Tradition retten.

Ninja (deutsch: Verborgener): Hinterlistige Kampfkunst im Gegensatz zu der der Samurai. Die Krieger wurden auch Bushi genannt (Bushido wurde aber erst im 19 Jhrd. schriftlich fixiert). Wird auf Management-Techniken heute übertragen. Wird verbunden mit Unterwanderung, List, Täuschung, Schauspielerei, Spionage (die Techniken nennt man Ninjutsu; 8 Fächer der Ninja). Drei Tugenden sind z. B. keine Furcht, kein Zweifel, kein Zögern. Die Ninja entwickelten schon eine strenge Diät mit einer kompakten Energiekost. Sie sollen ihre Techniken von den Yamaguchi-Mönchen (heute als Syndikat bekannt) übernommen haben. Am berühmtesten waren die Ninjas in der Provinz Iga. Sie führten viele Jahre erfolgreich Krieg gegen eine Übermacht unter der Führung von Novokatsu (Iga-Kriege von 1578 - 1581; schließlich verloren die Ninjas doch). Ninja wird heute überwiegend mit Partisanenkunst und Guerilla gleichgesetzt und auf gleichnamige Techniken im Management übertragen (z. B. Guerilla-Marketing).

Aikido: Kampfkunst. Sie beginnt mit einer Sitzmeditation (Sazen, 40 Minuten sitzen und ruhig atmen). Es kommt auf die drei Elemente "Harmonie, Energie und Weg" an. Es geht um Persönlichkeitsschulung: Klarheit, Respekt, Stärke, Geduld, Ruhe. Kern ist das Akzeptieren.

Karate: Japans südlichste Provinz Okinawa gilt als Wiege der Kampfkunst. Die erste Kunst besteht darin, die Schlaufen des Anzugs richtig zu verknoten. Im Vordergrund steht die einheitliche Stärkung von Körper und Geist. 2021 in Tokio war Karate erstmals olympisch. Es gibt keinen ersten Angriff in Karate, nur Verteidigung. cv

Technische Analyse von Finanzmärkten (Aktienmarkt): Hier haben sich zum Teil japanische Fachbegriffe festgesetzt. Marubozu: Candlestick-Formation ohne jeden Schatten, d.h. klare Aussage zum Trend des Tages. Doji: kein oder fast kein Körper, sondern nur Schatten. Harami (japanisch schwanger): Candlestick mit erst einem langen Körper und dann einer mit kurzem Körper.

Zentai-Szene: Ganzkörperanzüge. Darin fühlen sich die Zentais frei - und ganz bei sich. Die Träger wollen sich damit nicht nur kostümieren, sondern zu sich selbst finden. Sie wollen alles auslöschen, was sie äußerlich erkennbar macht. Es ist eine "Art umkehrter Exhibisionismus" (Ikudo Daibo, Psychologe, Uni Tokio). Es ist auch eine neue Art der Kommunikation.

Shibari-Bondage: Erotische Fesselung, die sich über die ganze Welt ausgebreitet hat. Es gibt Lehrer dafür.

Zen-Kunst und -Meditation: Häufig in einem Zen-Tempel ausgeübt. Sie öffnet das Herz. Alle Menschen sollen verbunden sein. Körper, Atmung und Geist sollen in Einklang gebracht werden. Alles ist Ritual. Auch das Essen ist genau durchkonstruiert. Wichtig ist die Sitzmeditation: Schläge werden zur Entspannung durchgeführt. Es geht um das Zentrum des Körpers die "Zen-Power" (innere Kraft des Körpers). Heute redet man oft von Achtsamkeit (Mindfulness). Die Zen-Kunst ist vom Daoismus beeinflusst. Das Denken soll völlig zur ruhe kommen. Damit soll spontane Erleuchtung ("satori") erreicht werden. Das ist die Einsicht in die universelle Einheit. Techniken sind "zasen" (Sitzen), "kinhin" (Gehen) und "Koans" (intuitive Einsicht).

Singles: Noch nie gab es so viele Singles in Japan wie heute (2017). Das Alleinsein ist ein Massenphänomen. Darunter sind viele Frauen, die die klassische Rollenverteilung in der Ehe ablehnen (sie ziehen insbesondere in die Anonymität der Großstädte). Hier lieht auch einer der wichtigsten Grüne für die niedrige Geburtenrate. Dadurch ist auch die Prostitution als Geschäft expandiert. Sicherer Job und sicheres Einkommen sind für die Chancen der Männer wichtig. Nur der Arbeitsmarkt hat sich dramatisch verändert und ermöglicht das immer weniger. Es gibt in den Städten viele Singles - Bars. Ein Manager bringt Paare zusammen, die sich 25 Minuten unterhalten. Es fehlen die Gelegenheiten im Alltag zum Kennenlernen.

Kamen Joshi: Maskenmädchen. Es sind Mädchen von 9 bis 30 Jahren. Sie haben verschiedene Funktionen: Marketing, Models für Werbung, Dienstmädchen, Callgirls, Animation auf Partys u. a. Bis 20 Jahre wird kein Lohn gezahlt, Frei ist Kost und Logie.

Geisha (auch Geiko): Wörtlich "Kunst ausübende Person". Unterhaltungskünstlerin, die verschiedenste traditionelle Künste und Aufführungen darbietet. Angehende Geishas werden Maiko genannt. Es gibt auch männliche Geishas, die Hökan heißen. 2024 schränkt die alte Kaiser-Stadt Kyoto den Zutritt zum Geisha-Viertel ein. Viele Touristen benehmen sich daneben.

Sekkusu shinai shokogun: Sexlose Gesellschaft. Lustlosigkeit als Preis des Wohlstandes. Schlechte Ernährung, zu wenig Bewegung, nicht frei im Kopf und zu viel Arbeit reduzieren den Sex drastisch.

Love Hotels: Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Alltagskultur. Zu den Kunden gehören Studenten, die noch bei den Eltern wohnen, aber auch Ehepaare, deren dünne Wände zuhause zu hellhörig sind. Bisweilen treffen sich auch ganze Gruppe, meistens Frauen, um sich in netter Atmosphäre zu unterhalten. Man kann auch einfach nur im Internet surfen, Videospiele machen oder Karaoke.

Bars: In Tokio und anderen Städten gehören Bars zu den wichtigsten Zufluchtsorten der Menschen. Tokio hat eine einzigartige Bar-Szene (besonders in Shibuya). Dei Bars sind durch die vielen Lockdowns und durch die Olympischen Spiele in ihrer Existenz bedroht.

Onzen: Bäder und heiße Quellen in Japan. Sie sind Heilmittel für Körper und Seele. Das Land hat eine große Badekultur. Männer und Frauen baden getrennt. Tatoos sind verboten (Zeichen der Mafia). Es geht um richtiges Waschen. Die Kultur wurde vom Shintoismus stark beeinflusst. Die Kultur stand einer Energiewende im Wege, die auf  heiße Quellen setzen wollte.

Toilette: In Japan beschäftigt man sich mehr als in jeder anderen Kultur mit dem, was nach der Verdauung hinten herauskommt. Das kann man in Museen, Lehrbüchern und Restaurants sehen. Hochwertige Toiletten sind in Japan Kult. In einem Park in Tokio gibt es sogar eine transparente. Sie ist Teil eines Kulturprojekts (Architekt Shigeru Ban). In Yokohama gibt es ein "Unko Museum", wo man Selfies zwischen den Häufchen aufnehmen kann.

Gebäude: Auf dem Lande gibt es viele Gebäude aus Holz. Sie werden zusammen gebunden. Es wird viel Bambus verwendet. Aus Holz sind auch die Sabani (vor allem auf Ichi Gaki). Dabei handelt es sich um Holzbote. Einmalig sind auch die Kapselhotels. Man schläft in Fächern.

Ess- und Trinkkultur: Schlürfen ist erlaubt, um besser zu schmecken. In der Stamm-Bar lässt man die eigene Flasche stehen und benutzt sie eine zeitlang. Einladungen zu Freunden nach Hause sind selten. Arbeiten und Schlafen in der Firma dagegen häufig. Auf Reisen kauft man sich vorher eine Essens-Box. Essen sollte man im Kreis (süß, salzig, sauer). Es gilt die Regel "Hari hachi bu" (nur 80% dessen, was man essen könnte). Karaoke gehört zum ausgehen und ist sehr beliebt. 

Lebensmittel und Wertschätzung: Obst wird 2017 in Japan zum Luxusgeschäft. Die Japaner lieben das heimische Obst. Manche Früchte erreichen Luxuspreise (Beispiel: eine Erdbeere umgerechnet 8 Euro; eine Melone kann 220 Euro kosten). Obst wird Geschäftspartnern und Freunden als ein Zeichen der Wertschätzung überreicht. Auch die Preise für Thunfisch steigen rapide. Die Waren werden zum Teil in Luxusgeschäften in Tokio angeboten. Es gibt immer mehr Bio-Höfe in Japan. Vor allem auf den kleineren Inselgruppen, wie etwa auf Okinawa. Sehr kompliziert ist die Herstellung der Udon - Nudeln. Man muss lange dafür lernen. Man arbeitet mit Händen und Füßen. Bei Bio-Lebensmitteln gibt es Kooperationen mit der Schweiz.

Okinawa war mal ein eigenständiges Königreich. Es hat seine Identität verloren und muss noch die US-Basis erdulden. Dagegen gibt es ständig Proteste. Auf der Insel gibt es das Dorf der 100-Jährigen. Fitness, gesunde Ernährung (Goja, Wildkräuter) und soziale Beziehungen sind wohl das Geheimnis. Aber auch das Gesundheitssystem in Japan ist sehr gut. Okinawa ist auch ein Symbol für den Handel zwischen China und Japan.

Tee und Teezeremonie: Hinter dem Tee steckt in Japan eine Kultur und Philosophie. Man spricht auch von Teeismus. Der Tee kam im 9. Jahrhundert aus China nach Japan. Er war ursprünglich ein Privileg des Adels und buddhistischer Mönche. Die Mönche entwickelten die Rituale. Europa lernte den Tee erst gegen Ende der Ming-Dynastie in China als Exportgut kennen. Folgende Elemente gehören zur traditionellen japanischen Teezeremonie: Tatami-Matten am Boden, Wände mit Holz, Fenster mit Blick nach draußen auf Bäume, in einer Ecke ein Kessel mit heißem Wasser, die Gäste setzen sich auf ein Kissen im japanischen Seiza-Sitz (Fersensitz). Das Wasser kommt in eine Schale mit Grünteepulver (z. B. Sencha, eigentlich Matcha). Der Tee schäumt auf und er wird serviert. Zuvor wird ein Stück Zucker gereicht. Man verbeugt sich bis zum Boden und nimmt die Schüssel entgegen. Sie wird zweimal gedreht und in drei Zügen ausgetrunken. Der Mönch Murata Juko gilt als der Erfinder der japanischen Teezeremonie. Im Jahre 1522 wurde Senno Rikyo geboren. Er erfand die Philosophie hinter dem Ritual. Er wurde Teemeister der höchsten politischen Führer der Zeit. Dazu gehörten Oda Nobunaga und Toyotomi Hideyoshi. Die zugrunde liegende  Idee ist der Zen-Buddhismus. Dazu gehört die richtige Umgebung (Teehaus, niedriger Eingang, Garten, Wartehalle, Vorraum, Dekoration). Die Teeschalen sind speziell hergestellt (bei niedriger Temperatur gebrannt, nie perfekt). Es gibt Vorschriften zum Halten der Schale. Die Philosophie heißt Wabi-Cha. Sie führt zu Bescheidenheit, dem Verweigern von Materiellem. 1591 erhielt der Teemeister den Befehl, Selbstmord zu begehen.  Vgl. Kakuzo Okakura: Das Buch vom Tee, 1906.

Shazai Kaiken: In den letzten Jahren (von 2018 einige Jahre zurück) erschüttern Skandale von Firmen die Wirtschaft. Betroffen sind Nissan (falsche Abnahme), Subaru, Kobe Steel, Toray (Fälschung von Produktdaten). Japan ist wie Deutschland eine alternde Volkswirtschaft. Die Firmen bekennen Reue, bitten um Verzeihung und geloben Besserung. Das Ritual heißt "Shazai Kaiken" (Entschuldigungspressekonferenz).

Noh-Kunst: Noh sind Holzmasken. Sie werden in langer Arbeit (100 Stunden) geschnitzt und Hunderte Jahre benutzt. Die Schnitzer lernen 15 Jahre ihr Handwerk. Die Schnitzkunst und die Theaterkunst der Noh ist Jahrhunderte alt. Das Theater ist streng formalisiert. Jede Bewegung ist festgelegt. Es gibt keine Mimik, sondern Ausdruck aus dem tiefen Inneren. Das Rollenspiel hat höchste Tradition und verrät viel über die japanische Kultur. "Der Mensch lebt fünfzig Jahre/ Betrachtet die Dinge unter dm Himmel/ Sind doch nur Träume und Illusionen/ Sollte  es denn jemanden geben, der nicht vergeht, nach einem ganzen Leben?" aus dem Kowaka - Tanztheaterstück Atsumori. Das Stück ist von Zeami Motokiyo und handelt von einem jungen Samurai aus dem Geschlecht der Taira (1169-1184).

Kirschblüte: Eins der wichtigsten Symbole in Japan. Steht für Frühling und den Anfang des Lebens. Sie dauert ca. eine Woche. Das Schuljahr fängt an und hört auf.

Ichi Han: Autonom agieren. Abschottung. Die Meinung nicht sagen, um von anderen nicht abgelehnt zu werden. Streben nach Konsens. Hinzu kommt die Angst, das Gesicht zu verlieren. Deshalb ist auch die Kriminalität relativ niedrig.

Integration von Robotern: Nirgendwo sonst sind Roboter so eng in das Leben der Menschen integriert. Es gibt sogar Begräbnisse. Im buddhistischen Tempel Kofukuji können Roboter-Hunde vom Typ "Aibo" ihre Seele aushauchen. Das kommt häufiger vor, weil der Hersteller Sony den Reparaturdienst eingestellt hat. Die Seele soll möglichst lange bei den langjährigen Besitzern bleiben.

Videospiele: Sie haben in Japan eine besonders große kulturelle Bedeutung. Als wichtigste Marke in der Geschichte der Videospiele gilt "Super Mario". Er wurde von Shigeru Miyamoto erfunden. Er ist nach einem wütenden Vermieter benannt, der bei der Firma sein Geld eintreibt. Miyamoto hat eine Reihe von Spielen erfunden. Den Stoff für seine Spiele zeiht er aus King Kong, Alice im Wunderland oder den Walt-Disney-Filmen. Er ist nur in den Markt gekommen, weil sein Vater ein Freund des Nintendo-Bosses ist. Heute ist er so wichtig, dass sein Wohl mit dem Kurs der Aktie verbunden ist.

Shukatsu: Vorbereitung auf die letzten Dinge. Das Geschäft mit dem Tod ist eine der letzten Wachstumsbranchen in Japan. Es ist ein Symbol für den demographischen Wandel. Schon relativ junge Menschen beschäftigen sich damit. Andererseits stehen Häuser leer, Ladenzeilen schließen, Handwerker geben auf. in keinem anderen Land der Welt sind diese Spuren so drastisch zu sehen.

Ume no miya: Eine Tochter des Kaisers in Japan. Sie verlies ihren Mann nach wenigen Jahren. Das als einzige Frau in der Edo-Zeit (265 Jahre). Sie soll sechs Jahre beim Rinzai - Mönch Isshi Bunshu studiert haben. 1640 legte sie ihr Kleid ab und wurde Nonne. Sie sorgte für Reformen von ganz oben. Sie erinnerte die Mönche daran, dass der Buddhismus auch eine Religion für Frauen war. Sie sorgte auch für weibliche Klöster. Sie gilt in Japan als erste Vorkämpferin für die Rechte der Frauen.

"Kuki wo Yomu": Einfühlungsvermögen, auf andere einzugehen. Kollektive Anpassungsbereitschaft. "Die Luft lesen": Intuitiv erfassen, was die Umgebung gerade denkt und will. Diese Eigenschaft gilt als die größte Stärke der japanischen Bevölkerung und Kultur. Als zweite wichtige kollektive psychologische Fähigkeit gilt die schnelle Rückkehr zum Alltag nach Katastrophen.

Zeitrechnung:  Mit dem Kaiserwechsel 2019 endet die seit 1989 dauernde Regentschaft unter dem Namen Heisei (Frieden überall). Obwohl 1873 formal der gregorianische Kalander eingeführt wurde, rechnen die meisten Japaner und die Behörden in Kaiserepochen. 2018 befindet sich Japan im Jahr 30 der Heisei-Ära. 2019 ist nach dem Mondkalender (Horoskop) auch das Jahr des Wildschweins in Japan.

Auch in Japan gibt es eine Lehre, die den Fluss der Lebensenergie harmonisiert. Sie heißt Jin Shin Jyutsu und bedeutet die "Kunst des Schöpfers durch den mitfühlenden Menschen". Der Japaner Jiro Murai (1886 geboren) erfuhr vor über 100 Jahren in schwerer Krankheit die Heilkraft ritueller Handlungen (Mudras), die er Buddha-Statuen abgeschaut hatte. Im Alter von 26 Jahren durchschritt er eine schwere Krankheit.  Danach entdeckte er im japanischen Weisheitsbuch "Kojiki" aus dem 8. Jahrhundert ein lange im Verborgenen gehütetes Wissen und den feinstofflichen und physischen Körper des Menschen. Daraus machte Murai sein System der Selbstheilung. Es geht darum, dass in unserer Körpermitte ein vertikaler Hauptzentralstrom fließt, der sich in zwei so genannte Betreuerströme aufteilt. Zentralstrom, Betreuerströme und Vermittlerströme werden "Dreieinigkeitsströme" genannt. Man spricht auch von Japanischem Heilströmen oder der Kunst der "mühelosen Wirklichkeit". Der innere Arzt soll aktiviert werden. Disharmonien im Energiefluss von Körper, Geist und Seele sollen ausgeglichen werden. Dazu gibt es 26 Energiepunkte im Körper.   Shiatsu wurde auch in Japan entwickelt. Es knüpft an die TCM an. Es soll Verspannungen , Stress bekämpfen.

Eine weitere Form des Heilens, die in Japan im späten 19. Jahrhundert entwickelt wurde (Begründer Dr. Usui), ist Reiki. Reiki funktioniert mittels Energieübertragung durch die Hände. Reiki nutzt die universelle Lebensenergie Ki zur Steigerung des Wohlbefindens. Die Techniken sind leicht zu erlernen und jedem zugänglich. Der Reiki - Praktiker nimmt die Lebensenergie um sich herum auf und wird zu einem Medium der Heilung. Reiki kann auch als Netzwerk der Liebe verstanden werden, das auf der Lebensenergie gründet. Man unterscheidet Haras (untere, mittlere, obere). Es gibt auch Reiki - Lehrer mit Reiki - Graden. Bestandteil sind Lebensregeln.  Vgl. Charlish, Anne/ Robertshaw, Angela: Reiki, Librero 2017.

Farbe "Rot": In der fernöstlichen Medizin heißt es, Rot wirke belebend (Der Slogan "Lieber rot als tot" in abgewandelter Form). Senioren in Japan sind deshalb ganz versessen auf Unterwäsche in dieser Farbe. Man spricht 2019 von der Idee der "aka pantsu", der roten Höschen. Führend dabei sind Japans Läden für Senioren, wie das "Sugamo Maruji" in Tokio.

Wai-wai: So nennen Japaner den Lärm vergnügter Kinder beim Spielen. Steht auch für kindliche Aufregung. Den Begriff gibt es nur in der japanischen Sprache.

Die sanfte Zen-Atmung: Sie beruht auf der Atem- und Imaginationsmethode des japanischen Zen-Mönchs Hakuin Ekaku (1686-1769). Bei dieser Atemtechnik wird tief in den Bauch hinein geatmet. Sie ist leicht im Alltag anzuwenden. Wenn sie regelmäßig angewendet wird, befreit sie den Körper von Schlacken und Spannungen, stärkt die Psyche. sie soll einen verjüngenden Effekt auf Körper und Geist haben. Unser Leben fängt mit einer tiefen Ausatmung an und endet mit dem Einatmen. Aus japanischer Sicht bemisst sich Gesundheit daher daran, wie gut wir ausatmen können. Man will die Bauchatmung fordern, die entspannter und fokussierter ist. Durch eine lange, sanfte Ausatmung wird ei Balance zwischen Symphatikus und Parasymphatikus auf natürliche Weise wiederhergestellt. Im Japanischen ist "Atmen" (iki suru) der Ursprung des Wortes "Leben" (ikuru). Vgl. Yuki Shiina: Die sanfte Zen-Atmung. Das Anti-Aging Geheimnis der Japanerinnen, trias Verlag 2019.

Hanko: Spezielle Stempel für jede Person. Für Hochzeit, Scheidung, Rente, Miete, Versicherung, Überweisung, Schulen, Universitäten u. a. immer noch notwendig. In der Regel in roter Farbe. In der Regel ist der Besuch eines Büros mit Zeugen notwendig. Die Stempel-Kultur der staatlichen Bürokratie gerät in der Corona-Krise unter Druck. Die Bürokratie ist dadurch - aber nicht nur deshalb - ineffizient. Die Stempel sollen in Zukunft nur noch Kultobjekte sein.

Shinrin Yoku: "ein Bad in der Atmosphäre des Waldes nehmen" - Waldbaden in Achtsamkeit. Erholungsmethode, die auch zu uns aus Japan gekommen ist. Steigerung: Komorebi = "wenn das Sonnenlicht durch die Blätter der Bäume sticht". 

Benimmregeln beim Essen in Corona-Zeiten: Japan erlässt in corona spezielle Benimmregeln. "Schweigend essen" ist eine ("Mokushoku"). Möglichst schnell essen ist die zweite. Die Restaurants sind offen geblieben. Aber die Gastronomie ist trotzdem hart getroffen, weil chinesische Touristen fehlen. Beim Maskentragen war Japan schon immer Vorbild, auch vor Corona. Neu ist, dass der Mund-Nasen-Schutz auch im Fernsehen getragen werden muss. Das führt zu Verständnisprobleme, weshalb viele Sendungen mit Untertiteln ausgestrahlt werden. Vgl. Köhler, Angela: Still unds chnell essen, in: Rheinpfalz 3.2.21, S. 1.

Haruki Murakami: Er ist der bekannteste Schriftsteller Japans. Im Jahre 2021 ist er 72 Jahre alt. Er lebt in den USA. Er hat in Tokio einen Jazzclub namens "Peter Cat" geführt. Darin ist eines seiner bekanntesten Bücher entstanden. Er wird schon seit vielen Jahren (20 Jahre) für den Literatur-Nobelpreis gehandelt. Aus seinen Büchern erfährt man sehr viel über die japanische Kultur (ich habe fast alle Bücher gelesen). Sein Hobby ist der Marathon-Lauf. 2021 tritt er auch als Modedesigner an. Er entwirft eine T-Shirt-Kollektion und andere Bekleidungsstücke. 695 € kostet ein Kapuzen - Pulli. Satirisch wird im ein T-Shirt-Trauma unterstellt: Vor vielen Jahren ließ sein deutscher Verlag zur Buchmesse T-Shirts drucken mit dem Nobel-Preis. "Ich gebrauche zwei Schreibstile: Einen realistischen für die Oberwelt, einen metaphorischen für die Unterwelt", Murakami. Vgl. Rest, Tanja: Nimm das, Literaturkritik, in: SZ Nr. 56, 9.3.21, S. 9.

Irezumi: Das ist die japanische Tätowier-Kunst. Sie ist eine sehr alte Tradition im Rahmen des Buddhismus. Mit einem Tebori-Holzstab werden Geschichten auf die Haut geschrieben. In Japan lehren Meister diese Kunst. Sie ist weniger schmerzhaft als das Tätowieren mit Nadel.

Vermietung von Menschen: Seit Jahren gibt es diesen Geschäftszweig. Es das Geschäft mit der Einsamkeit. Falsche Tatsachen werden vorgespielt. Man mietet sich eine Freundin, einen Onkel, einen Ehemann, eine Schwester u. a. Neuester Trend ist die Vermietung übergewichtiger Menschen (mindestens 100 kg).

Strenger Geruch am Arbeitsplatz/ Bloß nicht stinken: In Japan ist strenger Geruch dramatisch. Geruchsbelästigung am Arbeitsplatz ist eines der fünf Hauptprobleme am Arbeitsplatz. Manche Unternehmen haben darin einen Markt entdeckt. Panasonic bietet ein geruchsneutralisierendes Bügeleisen. Kosmetikprodukte sollen eher mild sein und nicht riechen.

Weihnachten: Weihnachten ist ein religiöses Fest, das ursprünglich in Japan nicht gefeiert wurde (nur 1% sind Christen). Seit den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts sind Kentucky Fried Chicken (KFC) und Weihnachten in Japan untrennbar verbunden. Es begann mit der Weltausstellung 1970 in Osaka. Das eröffnete KFC einen Testladen. Später eine Filiale in Nagoya. Mit Weihnachten kam der Erfolg. Es war damals modern, Dinge aus dem Ausland zu konsumieren ("Esskultur"). 1974 kam dann die große Werbekampagne "Kentucky for Christmas". Heute hat KFC mehr als 1000 Filialen 8mehr nur in den USA und China). Vgl. Koerth, Katharina: Heiliges Brathähnchen, in: Die Zeit Nr. 53, 22.12.21, S. 30.

Nonki: Japanisches Wort für unbekümmert, locker. Es geht um die Beschreibung einer entspannten Situation.

Ikigai: Lebenssinn: "Das , wofür es sich zu leben lohnt". Die japanische Lebenskunst. Das könnte ein Grund sein für das außergewöhnlich lange Leben der Japaner. Es ist ein im Alltag verwurzeltes Prinzip. Die fünf Säulen sind: 1. Klein anfangen. 2. Loslassen lernen. 3. Harmonie und Nachhaltigkeit. 4. Die Freude an kleinen Dingen entdecken. 5. Im Hier und Jetzt leben. Hinzu kommt Kodawari: Der Nutzen des Denkens im kleinen Maßstab. Der Hirnforscher Ken Mogi ist der erste Japaner, der "ikigai" wissenschaftlich betrachtet. Vgl. Ken Mogi: Ikigai. Die Japanische Lebenskunst, Köln 2022 (7. Auflage).

Ojiqun: Vier ältere Herren, die die sozialen Medien in Japan erobert haben. Sie haben sich den Stil von jungen Frauen angeeignet, die quietschig singen und mädchenhaft tanzen. Sie wollen auf Landflucht und Alterung der Gesellschaft aufmerksam machen. sie sind besonders präsent auf TikTok. Vgl. Lill, Felix: Wenn Onkelchen tanzen, in: Rheinpfalz am Sonntag, 34./ 24. Juli 2022.

Hara hachi bu: 2500 Jahre altes konfuzianisches Mantra; für gesundes Gewicht. Vor jeder Mahlzeit nimmt man sich vor, mit dem Essen zu stoppen, wenn sich der Bauch zu 80% gesättigt hat. Soll auf der Blue Zone "Okinawa" in Japan sehr verbreitet sein, wo besonders viele über 100 Jährige leben. Hinzu kommen Tai Chi und Qi Gong als Bewegungsübungen und gesunde Ernährung (Fisch, vegetarisch).

Spogomi: Neuer Sport in Japan. Es geht um möglichst schnelles Sammeln und Trennen von Unrat. Es ist eine eigene Disziplin. Man will Weltmeisterschaften veranstalten. Schon Judo und Bahnradfahren entstanden einst als Bewegung.

"Niemand hat Japan jemals beschuldigt, es einem leicht zu machen, Japan zu verstehen", Winston Churchill.

 

        Unternehmen/ Direktinvestitionen:

"Dass Keime nicht zu Blüten werden, ach, dass kommt vor. Dass Blüten nicht zu Früchten werden, ach, dass kommt vor", Konfuzius.

"Wenn man ein Fenster öffnet, dann kommt nicht nur frische Luft hinein, sondern auch Fliegen", Deng Xiaoping.

China:                                (direkt zu Unternehmen, Japan bzw. zu Direktinvestitionen)

Produktpiraterie: Für ausländische Firmen, insbesondere den deutschen Maschinenbau, ist die Produktpiraterie ("Produktpiraterie wird zum größten Verbrechen im 21. Jahrhundert", M. L. Cattaui, Ex-Generalsekretärin der internationalen Handelskammer) besonders bedrohlich. Bei ca. 47% der in Deutschland beschlagnahmten Waren ist das Herkunftsland China (Kosten ca. 30Mrd. €). In der chinesischen Kultur und Geschichte gibt es eine Reihe von Gründen, die die Produktpiraterie fördern: Einmal ist es die kollektivistische Kultur verbunden mit dem Konfuzianismus. Im Konfuzianismus ist perfekte Nachahmung ein sehr positiver Wert. Der Marxismus und seine praktische Ausprägung Kommunismus  haben das Volkseigentum in den Mittelpunkt gestellt. also gehören Patente auch allen. China hatte seit dem 18. Jahrhundert den technologischen Anschluss verpasst. Es entstand aus diesem Mangel eine Selbst-Stärkungsbewegung, die die Nachahmung westlicher Güter legitimierte. Aufbauend auf dieser Bewegung entstand ein neuer Nationalismus, der für das Wohl des eigenen Landes fast alles genehmigt. Das chinesische Rechtssystem ist in weiten Teilen zwar übernommen (etwa vom deutschen BGB und HGB), aber die Rechtsprechung folgt diesen Gesetzen nicht. In China wird im Volksmund von Waren gesprochen, die von Lieferfahrzeugen heruntergefallen sind. Für die WM 2014 in Brasilien wird ein Großteil der weltweit verkauften Sportartikel und Fan-Waren in China produziert. Gleichzeitig kommt auch ein Großteil der gefälschten Waren aus China.

Mit 50 Beschwerdeagenturen und der Ansiedlung des Problems  bei der Vizepremierministerin versucht die Regierung, eine Lösung zu erreichen. Bislang liegt die Umsetzung in den Provinzbehörden, die aber ein noch größeres Interesse daran haben, dass die Fabriken der Region möglichst erfolgreich produzieren (nach dem Motto: "Peking ist weit und die Berge sind hoch"). Innerhalb des Jahres 2005 wurden in China 2600 Produktpiraten festgenommen, der Umgang mit dem geistigen Eigentum macht insbesondere den ausländischen KMU Problemen. MAN verklagt die chinesische Firma Zongda wegen Kopie eines Busses; der  Prozess gilt als Richtung weisend. Mittlerweile gibt es einen internationalen Kongress gegen die Verletzung von Patent- und Markenrechten (am 31.01.07  3.Treffen in Genf). Im Jahre 2007 ziehen die USA China wegen mangelnden Schutzes geistigen Eigentums vor die WTO. In China selbst sind ca. 80% der gerichtlichen Auseinandersetzungen, in denen es um Produktpiraterie geht, einheimische Fälle. In Deutschland gilt ab 01. 09. 08 ein neues Gesetz, das neue Möglichkeiten bei der Beweisbeschaffung und Beweissicherung bietet (Auskunftsansprüche). Die optimale Strategie zur Sicherung von Wissen hängt vom technischen Niveau des Gastlandes ab. In entwickelten Staaten greift der Patentschutz, in Schwellenländern ist Geheimhaltung besser. Manche Fälle der Nachahmung tragen auch eher zur Belustigung bei: zum Beispiel die Rolls Royce-Kopie von Geely. Man könnte sie als ironische Provokation betrachten. Nach einer EU-Zollstatistik kommen 2010  67% aller Fälschungen aus China. Es gibt eine steigende Tendenz, vor allem in der Automobil-, Telekom- und Gesundheitsbranche. Weitere betroffene Branchen sind vor allem Parfüm, Hausgeräte, Busse, Medikamente. Es gibt auch viele Auseinandersetzungen innerhalb von Joint-Venture. So etwa zwischen VW und FAW (wird 2012 beigelegt). Immer häufiger sind mittelständische Unternehmen betroffen. Deutsche Maschinenbauer verlieren Milliarden, weil sie gegenüber Fälschern zu arglos sind (viele Fälscherwerkstätten liegen versteckt in unterirdischen Fabriken). Nachgemacht werden Komponenten, Design, komplette Maschinen, Ersatzteile, Kataloge, Verpackungen..  Das Nachahmung ein hohes Kulturgut ist, zeigt sich an vielem Beispielen: österreichische Dorfarchitektur aus dem Salzkammergut, Frankreichs Eifelturm und die Sphinx aus Ägypten sind schon perfekt nachgebaut worden.

2011 ist eine Trendwende bei der chinesischen Rechtsprechung zu beobachten. Immer öfter werden auch einheimische Marktverletzer verurteilt. Als Vorbild gilt der Beijing First Intermediate People´s Court, der 2011 chinesische Unternehmen wegen der Verletzung von Marken- und Patentrechten verurteilte. Als Ursache für die Verbesserung wird die Einrichtung spezieller Kammern gesehen. In der Vergangenheit war die Rechtsprechung zugunsten einheimischer Unternehmen vor chinesischen Gerichten. Die Gerichtskosten sind relativ niedrig in China. In den westlichen Provinzen ist eine Durchsetzung von Rechtspositionen nach wie vor schwierig (Fünfjahrespläne). Dies gilt aber sogar auch für viele Staaten der USA. Beim Besuch der Bundeskanzlerin im August 2012 spricht die Wirtschaftsdelegation Probleme mit Chinas Bürokratie und Hindernisse bei der Produkteinführung an. Das Markenamt in Peking schützt auch immer mehr imitierte Warenzeichen (z. B. Armani Polo, Lu-Gucci, Prada-Kny). 2013 wird sogar ein Copyright-Gericht eingeführt. China will Firmen gegen den Ideenklau helfen (auch für internationale Unternehmen). Die Qualität des Standorts soll verbessert werden. 2015 wird eine komplette Kopie einer DM-Filiale in China entdeckt. Nach einer Veröffentlichung in der Inlands- und Auslandspresse geben die Fälscher auf.

Schutz von Geheimnissen im Unternehmen bieten mittlerweile einige Gesetze: Die Rahmenbedingungen sind bei TRIPS im WTO-Beitrittsvertrag geregelt. Danach sind Unternehmensgeheimnisse wie folgt definiert: nicht allgemein, Marktwert, Geheimhaltungsmaßnahmen. Bei der Verfolgung können verschiedene Gesetze Anwendung finden. Das Patentrecht (§65), das Strafrecht (§ 219 Geheimnisverrat), das Arbeitsrecht (Geheimhaltungspflicht und vertragliche Wettbewerbsverbote). In der Zeit der "Neuen Normalität" bekommt das geistige Eigentum mehr Gewicht. Der Kampf um Innovationen wird aber härter (mehr Wettbewerb bei geringerem Wachstum).

Der Fall Peter Schöffel: Ein halbes Unternehmerleben streitet er in China um das Recht, Skijacken unter seinem Namen zu verkaufen. Eine Briefkastenfirma und ein Privatmann wollten in China Schöffels Markenrechte beanspruchen. Das ist ein gängiges Geschäftsmodell in China. Auch mir wurde für meine Plattform immer wieder angeboten, für meinen Namen in China zu zahlen. Schöffel kämpft 15 Jahre um sein geistiges Eigentum. Ein Label in China anzumelden kostet etwa 40 €. Schöffel hat sich beim Intellectual Property Court durchgesetzt. Die erste Schöffel-Jacke des Outdoor - Produzenten kann 2020 verkauft werden.

Exkurs, Fake-Industrie: 63 Prozent der Fälschungen weltweit stammen aus China (2018; Quelle: OECD, Paris). 500 Milliarden Dollar Umsatz werden weltweit nach Schätzungen mit gefälschten Produkten gemacht (so viel wie Apple und Amazon zusammen). 500.000 Arbeitsplätze haben die Fakes in Deutschland gekostet. Der Anteil der Fake-Economy am Welthandel betrug 2013 2,5%, 2016 waren es schon 3,3% (US-Magazin Forbes). Den größten Schaden haben Markenhersteller in den USA und Europa. Ein Zentrum der Fake-Economy in China ist Guangzhou in der Provinz Guangdong im Süden Chinas (Quelle: Die Zeit, Nr. 35, 22. August 2019, S. 17f.). Auch 2020 blüht der Handel mit gefälschten Maschinen und Komponenten in China immer noch (61% aller weltweiter Plagiate). Auftraggeber sind oft Konkurrenzfirmen (72%). Quelle: Für die letzten Infos, Umfrage des VDMA. 2022 siegt Lego im Rechtsstreit um Mini-Figuren. Das Gericht untersagt einem Paderborner Spielwarenhändler den Verkauf chinesischer Konkurrenzprodukte.

Exkurs. Anti-Spionage-Gesetz 2023: Ein neues Gesetz kann praktisch jedes Unternehmen unter Spionageverdacht stellen. Es tritt am 1. Juli 2023 in Kraft. Westliche Manager sind alarmiert. Sind sie der Willkür der Behörden komplett ausgeliefert?. auf jeden Fall  herrscht Rechtsunsicherheit. Es gibt vage Formulierungen in Gesetzen und Regularien. Vor allem, wenn Infos über Landesgrenzen gehen, ist vieles offen. Im chinesischen Verständnis ist das Recht oft ein politisches Werkzeug. Die Führung steht über dem Gesetz ("Rule by Law"). Es kann für nicht chinesische Firmen immer schwieriger werden, im Wettbewerb zu bestehen.  Vgl. Giese, Christoph/ Hage, Simon: Rechtsfreier Raum, in: Der Spiegel 20/ 13.5.23, S. 68f. "Es muss dringend geklärt werden, welche Informationen sensibel sind und welche nicht", Jörg Wuttke, Präsident, EU-Handelskammer, 2023.

Die EU (Technologie-Kommissar Antonio Tajani) erwägt mittlerweile 2010 eine Genehmigungsbehörde für sensible Firmenverkäufe, wie sie die USA bereits hat. Sie soll den Abfluss von Spitzentechnologien an China verhindern. Besonders gefährlich für europäische Unternehmen ist die Regelung, dass sie ihre Technologie offen legen müssen, wenn sie in China an Staatsaufträge kommen wollen. 2011 schließen acht Länder ein Abkommen gegen Produktpiraterie: USA, Japan, Australien, Kanada, Neuseeland, Marokko, Südkorea, Singapur. Die EU, Mexiko und Schweiz wollen später beitreten. Die Obergrenze für US-Beteiligungen an Gemeinschaftsunternehmen in China soll von 33 auf 49 Prozent angehoben werden.  "Sie sind als Hersteller erst richtig gut, wenn ihre Produkte gefälscht werden", Kim-Eva Wempe, Chefin der Juwelier-Kette Wempe.

Immer mehr chinesische Unternehmen haben Direktinvestitionen in Deutschland. Bekannte Beispiele sind Rossmann (40%), Esprit, Goldpfeil und Junghans (Schweiz). Zunehmende Bedeutung haben auch Direktinvestitionen in Logistik (z. B. Hafen von Piräus, Griechenland). Dies gilt natürlich auch umgekehrt für deutsche Logistik-Firmen in China (Duisport packing logistics, Deutsche Post u. a.). Ende 2011 fallen die ausländischen Direktinvestitionen in China um über 9% (das erste Minus seit 2009). Ende April 2014 reist der deutsche Wirtschaftsminister mit 49 Unternehmensvertretern nach China.  Zentrales Thema ist die Gleichberechtigung für deutsche Firmen in China und mehr Fairness (so der Vorsitzende des Asien-Pazifik-Ausschusses der deutschen Wirtschaft (APA) Lienard (Voith AG). 2014 verschärft China weiter den Kampf gegen Korruption (vor allem gegen die Zahlung von Schmiergeldern). Im Juli 2014 begleiten deutsche Wirtschaftsvertreter Kanzlerin Merkel bei ihrem Chinabesuch (Dax-Vorstände und BDI-Chef Grillo). Sie bilden einen Deutsch-Chinesischen Beratenden Wirtschaftsausschuss. Sie fordern die Bundesregierung auf, in Deutschland "eine positive Vorstellung von China" und ein "faires und akurates Bild" zu verbreiten. Sie wünschen sich damit eine Imagekampagne für China. Im Oktober 2014 auf dem vierten Plenum der KPC ging es wieder um die Stärkung des Rechtsstaates. Eine wichtige Frage ist, wer überhaupt Richter werden kann (bisher viele ehemalige Soldaten, die schlecht qualifiziert sind). Richter sollen auch unabhängiger von lokalen Kadern werden. Sie sollen mehr der Zentralregierung folgen. Beim vierten Treffen der Regierungsspitzen im Juni 2016 in Peking geht es um die Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft. Deutschland verlangt, auch Mehrheitsbeteiligungen deutscher Unternehmen in China zu ermöglichen.

Chinas Staatsfonds CIC will mehr Geld in Deutschland investieren (2020 18 Billionen US-Dollar im Ausland). Die geringe Anzahl an Aktiengesellschaften erschwert die Käufe. Ein langfristiger Anlagehorizont dominiert die Entscheidungen. Neuerdings ab 2015 besteht besonderes Interesse an Firmen von Industrie 4.0. Direkte Kontrolle wird in der Regel nicht angestrebt. Die größten chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland sind folgende: Shandong Heavy bei Kion 704 Mio. € 2012; SAFE bei Munich Re 556 Mio.€ 2011; AVIC bei Hilite 527 Mio. € 2014; SAFE bei Siemens 518 Mio. € 2014; Lenovo bei Medion 517 Mio. € 2011; Hanergy bei Solibro 386 Mio. € 2012; Sany Heavy bei Putzmeister 363 Mio. € 2012; Wuhan Iron and Steel bei Thyssen-Krupp 340 Mio. € 2012; CITIC bei KSM Castings 324 Mio. € 2011; CSR bei ZF Friedrichshafen 290 Mio. € 2013 (Quelle: American Enterprise Institute). Deutschland ist der beliebteste Standort in Europa vor Großbritannien, gefolgt von Frankreich. 2016 übernimmt Midea die Aktienmehrheit bei Kuka, Augsburg (Fertigungsroboter; 4,5 Mrd. €). Chinas größter Wasserkonzern China Three Gorges übernimmt 2016 den deutschen Nordsee-Windpark Meerwind 23 Kilometer nördlich von Helgoland. 2016 soll Aixtron, ein deutscher Chip-Hersteller, übernommen werden. Die USA legen ein Veto ein, weil die Firma ein Tochterunternehmen in den USA hat (militärische Sicherheitstechnik). Ende 2016 scheint die chinesische Regierung die Einkaufstour der heimischen Unternehmen zu stoppen. Große Auslandsinvestitionen sollen erst mal verboten werden. 2017 gibt es dennoch Übernahmen: Ledvance (Leuchten), Hauck & Aufhäuser (Bankhaus Frankfurt von Fosun), Kraus Maffei (Rüstung, Maschinenbau). Trotzdem legen chinesische Investoren 2017 13,7 Mrd. Dollar (11,1 Mrd. €) in deutschen Firmen an, so viel wie noch nie vorher. Die Anzahl der Firmenübernahmen ging aber zurück (54 gegenüber 2016 68). Einflussfaktor: chinesische Aufsichtsbehörden, deshalb die meisten Investitionen aus Hongkong.

Chemische Industrie: 2018 hat China einen Antel von 40% am Weltchemiemarkt. 2030 werden es 50% sein. Das Umsatzplus der BASF in China 2007 beträgt gut 10%. Ende September 2005 nahm die BASF (seit 120 Jahren in China) ihren Verbundstandort Nanjing in Betrieb, er soll erweitert werden (in den nächsten Jahren sollen 577 Mio. € zusammen mit Sinopec investiert werden; Steamcracker). 2009 wird der Standort zusammen mit Sinipec mit 1,4 Mrd. $ wieder erweitert. Die BASF baut zusammen mit Huntsman und drei chinesischen Unternehmen eine zweite Anlage  zur Produktion von MDI (Kunststoff-Vorprodukt, bis 2010, 1. Anlage am 10.08.06 eingeweiht). In Shanghai entsteht eine neue Produktionsanlage der BASF für hochreine Chemikalien. Die BASF kauft Ende 2006 ein Werk für Motorrad-Katalysatoren im südchinesischen Guilin. Die BASF erweitert ihre Katalysatoranlagen in China (Shanghai, Marktführer in Asien). Sie kauft ebenfalls den chinesischen Betonzusatzmittel-Hersteller Hi Con. In der westchinesischen Provinz Chongqing am Drei-Schluchten-Damm plant die BASF eine Großinvestition mit einer Kunststofffabrik. 2011 kommt die Genehmigung zum Bau der Großanlage (300 Arbeitsplätze, 860 Mio. €). Im März 2007 legt die BASF eine Anlage zur Produktion elastischer Fasern im Chemiepark Caojing bei Shanghai still, für die im Oktober 07 die Betriebsbereitschaft wiederhergestellt wird. 09. 2009 wird über eine Beteiligung chinesischer Firmen (Petrochina, CIC) an der BASF spekuliert. Bis 2020 will die BASF ihren Umsatz in der Asien-Pazifik-Region verdoppeln. Bis 2013 sollen 2 Mrd. € investiert werden (Plan 2009). Die BASF stärkt die Papierchemie in Zhenjiang in der Provinz Jiangsu am Gelben Meer. Die BASF will zwei Produktionsstätten in der Unruheprovinz Xinjiang errichten (Stadt Korla im Süden der Provinz zusammen mit Markor). Ab 2014 entsteht eine neue Produktionsanlage für Neopentylglykol (NPG) in Nanjing zusammen mit dem chinesischen Partner Sinopec. 2014 baut die BASF die Kunststoff-Produktion in China aus. Die Kapazität soll erweitert und ein Entwicklungszentrum gebaut werden (für Cellasto). Man rechnet mit Wachstumsraten in Asien von 7%.  2018 plant die BASF die größte Investition ihrer Geschichte  in China. Der Konzern will 8,5 Milliarden Euro in den Bau eines neuen Verbundstandorts in Guangdong investieren. 2018 plant die BASF eine Großinvestition in Nanjing: mit dem Partner Sinopec wird ein zweiter Steamcracker am chinesischen Verbundstandort gebaut . Bayer investiert bis 2009 1,8 Mrd. $ in den Chemiepark bei Shanghai. Bayer beginnt 2008 mit dem Bau einer Großanlage für TDI in Shanghai (bis 2012 2,1 Mrd. €). Bis 2016 sind weitere Investitionen  in Höhe von rund 1 Mrd. € geplant. 2011 macht Bayer 8,3% seines weltweiten Umsatzes in China. Der Konzern beschäftigt dort 9300 Menschen. Weitere Produktion soll nach China verlagert werden. Auch der Chemie- und Pharmakonzern Bayer ist stark in China vertreten. Die Produktion von Aspirin startete schon 1936 in Shanghai. Ab 2011 sollen bis 2015 weitere 1,5 Mrd. € in Sachanlagen investiert werden. Der Umsatz soll bis 2015 verdoppelt werden. Der Kosmetikhersteller Beiersdorf erklärt China zu seiner wichtigsten Wachstumsregion. 2010 belastet das Chinageschäft aber Beiersdorf. Die Strategie ist gescheitert. Ursache ist der Kauf der Haarpflegesparte des Mischkonzerns C-Bons 2007. 2014 kann Beiersdorf das verlustreiche Chinageschäft drehen. Lanxess baut 2007 eine neue Anlage zur Herstellung von Schmierstoff-Additiven. Freudenberg eröffnet 2008 eine neue Fabrik für Spezialschmierstoffe und Formtrennmittel in der Nähe von Shanghai (in China beschäftigt die Firma insgesamt 3600 Mitarbeiter). 2013 errichtet Freudenberg eine neue Produktionsstätte für Automobilfilter in Chengdu (Sichuan). 2014 errichtet Freudenberg ein Forschungszentrum in Qinpu bei Shanghai. Fuchs Petrolub baut seine Produktionsstätten in China aus (über 2 100% Tochtergesellschaften). 2013 wird ein Werk im Nordosten eröffnet (Yingkou). Novartis will Milliarden investieren (Pharmamarkt wächst zweistellig). Petrochina will mit BP kooperieren. Sinopec hilft dem spanischen Energieunternehmen Repsol im Brasiliengeschäft.  Sinopec will China Gas feindliche übernehmen, was in China sehr selten ist. Bis 2015 soll China auf den zweiten Platz aller Märkte vorrücken (hinter den USA vor Deutschland). Evonik hat Probleme im Nordosten Chinas mit einer Chemiefabrik, bei der es 2009 eine Explosion gab (Krebsfälle?). 2014 plant Evonik ein Joint-Venture mit der Solartechnik-Tochter GCL-Poly Energy Holdings. Der Pharmakonzern Boehringer Ingelheim baut ein Werk zur Herstellung von Tierimpfstoffen (Joint-Venture, auch Forschungszentrum nahe Shanghai). Chem-China übernimmt 2017 Syngenta aus der Schweiz. 2019 gibt es einen Plan der BASF, 10 Mrd. Dollar in der südchinesischen Hafenstadt Zhanjiang in einen Verbundstandort zu investieren, Fläche so groß wie Stammwerk in Ludwigshafen, Ausspähung von BASF-Technologie? Ingenieurskapazitäten? . Es gibt Kritik im Stammwerk Ludwigshafen an dem Milliarden-Projekt.

Dienstleistungen: die Allianz verbündet sich mit dem größten Finanzkonzern Chinas (Citic Trust and Investment Company Ltd., die chinesische Regulierungsbehörde hat die Zusammenarbeit bei Lebensversicherungen genehmigt), zusammen mit Goldman Sachs und American Express geht die Allianz auch eine strategische Partnerschaft mit Chinas größtem Bankhaus ICBC ein (auch Goldman Sachs, insgesamt gibt ICBC 8,89% der Aktien ab). 2011 erhöht die Allianz die Beteiligung am chinesischen Versicherer China Pacific Insurance (Versicherungsmarkt wächst über 20% pro Jahr). Die Allianz kann wahrscheinlich ab 2018 den Anteil am Gemeinschaftsunternehmen Citic Trust (Finanzdienstleister, 51%) auf bis zu 100% erhöhen oder weitere Partner in das Joint-Venture holen. Der chinesische Finanzmarkt soll weiter geöffnet werden. ICBC bekommt im September 2006 die Genehmigung für den Börsengang Ende Oktober 2006 und stellt mit 22,0 Mrd. $ Volumen einen vorläufigen Rekord auf. Künftig will die Bank auch in den Geschäftsfeldern "Investment, Versicherungen und Leasing" aktiv sein. Seit 2005 gibt es eine Kooperation mit der Deutschen Bank im Investmentbereich. Das Börsendebüt der China Construction Bank im Oktober war nicht viel versprechend:  sie konnte bei ihrer Erstnotiz an der Hongkonger Börse keinen nennenswerten Wertzuwachs erzielen, bis Sept. 2006 stieg der Kurs aber um 50%. Sehr erfolgreich verlief der Börsengang von ChinaLife, allerdings differieren die Kurse von Hongkong und Shanghai stark. Versicherer Ping An schafft 2007 nach der Börsenkrise einen guten Start an der Börse. Die Deutsche Bank und Sal. Oppenheim beteiligen sich mit 14% an der Hua Xia-Bank. 2009 wird die Beteiligung erhöht. Die Deutsche Bank erhält als erstes deutsches Kreditinstitut 2008 eine Banklizenz.  Sie kann damit über ihre Chinatochter künftig auch Dienstleistungen in der Landeswährung anbieten. Sie hat circa 550 Mitarbeiter in China. Asien wird zur Schlüsselregion erklärt. Die Deutsche Bank ist eine bewusste Alternative zu den amerikanischen Investmentbanken. 2014 eröffnet die Deutsche Bank als erste der globalen Geldhäuser eine Filiale in der Freihandelszone Shanghai. China Pacific Insurance, drittgrößter Lebensversicherer Chinas, feiert in Shanghai ein glänzendes Börsendebüt. Die britische Großbank HSBC will die Zahl ihrer Filialen in China verdoppeln. Die China Merchants Bank kauft die Wing Lung Bank in Hongkong. Die China Development Bank will die Dresdner Bank von der Allianz kaufen, was jedoch scheitert. Die Olympischen Spiele pushen das chinesische Staatsfernsehen (CCTV) und den Werbemarkt. Die Bank of China steigt bei Rothschild in Frankreich ein (20% der Anteile). UBS trennt sich 2009 von den Anteilen an der Bank of China. Die Bank of East Asia steht vor dem Zusammenbruch.  Die Bank of America trennt sich 2009 von ihren Anteilen an der China Construction Bank. Die Gastronomieketten "Nordsee" und "Käfer" wollen 2011 nach China. Die Citigroup will 2011 eine Kooperation mit der chinesischen Orient Securities eingehen. DHL, Deutsche Post-Tochter, trennt sich 2011 vom inländischen Expressgeschäft in China. Die Bank of America will ihre Anteile an der China Construction Bank 2011 verkaufen. UBS gerät in China unter Druck (auch wegen der Beteiligung an BYD). Der chinesische Luftfahrt- und Schiffskonzern HNA steigt 2016 bei der Hotelkette Hilton in den USA ein. McDonald´s speckt 2017 sein Engagement in China ab. Ein Konsortium bestehend aus dem chinesischen Konglomerat Citic und der Beteiligungsgesellschaft Carlyle erwerben 80% an dem China-Geschäft (über 2400 Restaurants, für 20 Jahre). Bis 2018 will die Bausparkasse Schwäbisch Hall ihr Geschäft in China erheblich ausweiten (seit 2004 an Sino-German Bausparkasse beteiligt; knapp viertel Million Bausparverträge; dann vier große Standorte). Im Mai 2017 wird die chinesische HNA Group/ Hainan mit 10% größter Anteilseigner der Deutschen Bank (hat schon den Flughafen Hahn gekauft; Flughäfen, Touristik). Amexo (Kreditkartekonzern American Express) erhält 2020 die China-Lizenz. Als erster nicht-chinesischer Dienstleister, der auch die lokale Währung Renminbi abwickeln kann. 2021 investiert Steigenberger in China. Die chinesische Huazhu-Gruppe (7000 Hotels, Nr. 9 in der Welt) hatte das Frankfurter Unternehmen 2019 übernommen.

Computer/ Telekommunikation: Der Computerhersteller Levono, nach dem Kauf der IBM-Sparte der drittgrößte Computerhersteller der Welt,  will 2006 Kosten in dreistelliger Millionenhöhe einsparen.  Lenovo übernimmt 2014 die IBM-Serversparte. Lenovo kauft 2014 Motorola von Google. Huawei (Telecom) ist das international wettbewerbstärkste Unternehmen Chinas. Das Internet - Unternehmen Google startet eine chinesische Web-Site, die die Zensurbestimmungen der chinesischen Regierung einhält (z. B. Taiwan, Demonstration 1989, Dalai Lama); der Konkurrent Yahoo soll gegen Geld persönliche Daten von Regimekritikern zur Verfügung gestellt haben. SAP kooperiert mit chinesischer Softwarefirma "Neusoft". Der Telekomausrüster Huawei beliefert den Netzanbieter Arcor . Chinas zweitgrößter Notebook-Hersteller Hasee legt seine Europa-Zentrale nach Berlin. Es wird die gesamte japanische Firma NEC kopiert. Intel darf Chipfirma bauen (2,5 Mrd. $). China Postel vergibt 2007 einen Auftrag von 1,9 Mrd. € an Nokia. Infineon will das Asiengeschäft ausbauen. Der chinesische Chip-Hersteller Grace Semicon beruft den ehemaligen Infineon - Manager Schumacher zu seinem Chef. Der Mobilfunkanbieter China Mobile ist mittlerweile Weltspitze. Der Reingewinn stieg 2007 um 37% auf 2,45 Mrd. €. Telefonica aus Spanien stockt seine Beteiligung in China auf (China Netcom). 2009 vergibt China Lizenzen für neue Mobilfunknetze. 2010 startet Mediamarkt (Metro) mit ersten Filialen in Shanghai. 2010 zieht sich der Such - Riese Google aus China zurück. 2010 will sich Vodafone aus China verabschieden. SAP sieht China 2010 als größten Wachstumsmarkt noch vor den USA (dreistellige pozentuale Zuwachsraten). Es ist 2012 der sechstgrößte Markt. Für 2013 ist ein Börsengang geplant (Shanghai). 2011 verbündet sich Microsoft mit der chinesischen Suchmaschine Baidu. Der Internethändler Alibaba will Yahoo übernehmen. Apple und Proview aus China streiten 2012 in Shanghai um Namensrechte für das iPad. Die chinesischen Internet-Riesen Alibaba und Weibo wollen 2014 einen Börsengang in New York machen.

Stahl/Maschinenbau/Hochtechnologie/ Druckmaschinen: mittlerweile findet 50% der Welt-Stahlproduktion in China statt (wahrscheinlich Sättigung, weil Rohstoffe nicht im Land sind). Pfaff (Nähmaschinenhersteller, Kaiserslautern) will seine Produktion in China erweitern. KK&K aus Frankenthal hat mit dem chinesischen Partner CPMW ein Gemeinschaftsunternehmen gegründet.  ABB verlegt die Weltzentrale seiner Robotersparte nach Shanghai. China will Transrapid bis Hangzhou verlängern (Lizenzgebühr oder Joint Venture für Thyssen-Krupp/Siemens, es wird allerdings auch erfolgreich ein eigener Prototyp getestet). Nach der Entscheidung über den Nichtbau in Bayern 2008, plant Thyssen-Krupp eine Lizenz oder den Verkauf nach china. Es wird vorübergehend ein Baustopp wegen Strahlengefahr verhängt (Bürgerproteste). China will Milliarden in Bahn-Ausbau investieren und will 60 ICE-Züge von Siemens kaufen (teilweise auch Produktion mit chinesischem Partner). 2009 werden 100 Schnellzüge bei Siemens bestellt (Typ Valero). Siemens räumt Korruptionsfälle in China ein. Es ist eine Airbus-Montage in China geplant (bis 2010 will China aber ein eigenes Großraumflugzeug entwickeln) Es wird 2007 ein Gemeinschaftsunternehmen im ostchinesischen Tianjin gegründet, das 2008 die Produktion aufnimmt (EADS hat einen Anteil von 51%). In Harbin wird 2009 ein neues Fertigungszentrum gegründet (Joint Venture mit Airbus China). China will den staatlichen Flugzeugbau bündeln. Der fränkische Wälzlagerkonzern Schaeffler will den chinesischen Kugellagerhersteller Luoyang Bearing Corp. übernehmen, was von Chinas Minister für Staatsbetriebe überprüft wird. Heidelberger Druck will sein erst im Frühjahr 2006 in Betrieb genommenes Montagewerk in Shanghai erweitern. Die Raschig GmbH, Ludwigshafen, baut in China aus und kauft sich in Indien ein. Die Wormser Renolit kauft Folienhersteller Guangzhou Tins Plastics Ltd. Die Aktien von Baosteel, Wuhan Steel und Angang fallen wegen der Streichung von Exportsubventionen. Schott will bis 2010  30% seiner Erlöse in Asien erzielen. Der Hamburger Maschinenbauer Körber will verstärkt in China investieren. Dürkopp Adler, das von den Chinesen übernommen wurde, schreibt wieder schwarze Zahlen. Dem Inder Mittal gelingt als erstem Ausländer die Übernahme eines chinesischen Konkurrenten: China Oriental Group. Chinalco aus China  übernimmt eine Minderheitsbeteiligung an Rio Tinto 2008 und 2009 eine Mehrheitsbeteiligung (Australien, 15,1 Mrd. €, Anteile von Alcoa übernommen). Tangshan, Handan Steel und Chengde Vanadium schließen sich zum größten Stahlunternehmen zusammen. Xián Typical Industries, chinesischer Hersteller von Industrienähmaschinen, wird seine Europazentrale in Kaiserslautern gründen. Infineon plant ein Entwicklungszentrum in Peking. Grohe übernimmt den chinesischen Wettbewerber Joyou und wird dort Marktführer. Der chinesische Baumaschinenhersteller XCMG investiert ab 2011 50 Mio. € in ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum in Krefeld. Heideldruck baut seine Fabrik in Shanghai aus und koppelt sich mehr an den chinesischen Markt. Im Dezember 2011 gibt es eine Internetkampagne gegen Gerätemängel bei Siemens. KBA (Koenig & Bauer Druckmaschinen) kauft 2012 einen chinesischen Konkurrenten (Produktion für den regionalen Markt). Der US-Flugzeugbauer Boing will zusammen mit einem örtlichen Partner ein Werk in China bauen (Endmontage). Die China Railway Group baut eine Hochgeschwindigkeitsstrecke von Los Angeles nach Las Vegas; Baubeginn könnte schon 2016 sein. 2016 kauft ChemChina Kraus Maffei in München. Haier aus China übernimmt die Hausgerätesparte von GE 2016. 2016 beginnt Airbus mit dem Aufbau einer Helikopterfertigung in China (Kundenkonsortium zusammen mit CAS, Qindao United und CITIC). In Qingdao soll das Hubschrauber-Modell H 135 gebaut werden (Luftrettung, Brandbekämpfung). Die Osram-Glühbirnensparte wird 2017 von einem chinesischen Konsortium übernommen. Heidelberger Druckmaschinen will 2017 die Produktion in China ausbauen. 2017 konzentriert Siemens seine Roboterforschung in China. Ab 2019 stellt Airbus mehr Mittelstreckenjets in Tianjin her (fünf Maschinen monatlich statt wie bisher vier). Heidelberger Druck geht Ende 2020 ein Joint Venture für die Fertigung in China ein. Die Zusammenarbeit mit dem langjährigen Partner Masterwork wird verstärkt. Das Werk entsteht am Standort Tianjin im Norden Chinas (Tor zum Meer für Peking). Masterwork ist seit 2014 Vertriebspartner (auch mittlerweile größter Aktionär über eine Kapitalerhöhung von 69 Mio. €). Mit einem Umsatzvolumen von 300 Mio. € ist China der wichtigste Markt. 2023 eröffnet Hawe Hydraulik aus München ein Werk in Wuxi/ Ostchina.

Autoindustrie: 2013 ist China der größte Automobilproduzent der Welt mit 25% (2016 werden es 27% sein; heute Nordamerika 19%, Westeuropa 15%). Jedes dritte Auto deutscher Hersteller wird in China gebaut. Der Zuwachs betrug 2009 44% oder 2,5 Mio. PKW; in China wird jedes 4. Auto der Welt produziert. 2009 steigen die Pkw-Neuzulassungen wegen der staatlichen Unterstützung rapide an. China nähert sich den USA als größter PKW-Markt der Erde. Mit 21 Mio. verkaufter Fahrzeuge ist China 2015 der größte PKW-Markt der Welt. Shanghai General Motors hat mit 9,5% den höchsten Marktanteil (40% aller Autos stammen mittlerweile von rein chinesischen Firmen), gefolgt von Shanghai VW mit 8.9%. Das meistverkaufte Auto ist der Jetta. 2007 hat VW  28% mehr Autos verkauft, es wird ein Verkaufsrekord aufgestellt (910. 000, Marktanteil schrumpft allerdings: noch 18%). Im ersten Halbjahr 2009 gibt es einen neuen Absatzrekord. 2008 startet VW sein viertes Werk in China (in Nanjing). Ende 2008 muss VW die Produktion unterbrechen (Absatz -16%).  Im März 2009 gibt es einen Rekordabsatz, weil China auch mit staatlichen Maßnahmen der Autoindustrie unter die Arme greift (Steueranreize). Bis 2014 will VW seine Produktionskapazität in China auf drei Mio. Autos pro Jahr hochfahren. Bis Ende 2015 will VW allein 10,6 Mrd. Euro investieren. Der neueste Investitionsplan im Herbst 2011 sieht vor, von 2012 bis 2016 14 Mrd. € zu investieren. VW beschäftigt 41.000 Menschen, 2018 dürften es 80.000 sein. 2011 plant VW ein China-Mobil analog dem Käfer. In der Kooperation mit dem chinesischen Elektroautohersteller BYD gibt es Schwierigkeiten. Wegen der starken Nachfrage baut VW ein weiteres Werk Yizheng bis 2013. Der Audi A6 ist zum Auto der chinesischen Parteikader geworden. 2011 bringt VW Seat nach China. 2012 gerät VW in der Region Xinjiang zwischen die Fronten eines ethnischen Konflikts. 2013 hat VW einen Marktanteil von 20%. Das ist der Führung zu viel; die eigenen Firmen sollen stärker werden (Probleme mit DSG wird benutzt). Allein 2013 eröffnet VW fünf neue Werke in China (investiert wird auch im Westen des Landes). VW will die Produktion bis 2018 um 43% auf vier Mio. Autos pro Jahr erhöhen. 2013 wird das 13. Werk in China eröffnet (Ningbo; bis 2016 noch weitere drei Werke). VW feilscht 2014 mit Partner FAW. VW möchte seinen Anteil von 40% auf 49% ausbauen. Die Beteiligung bleibt bei 40%, aber die Kooperation wird um weitere 25 Jahre verlängert. 2014 gibt VW grünes Licht für ein Billigauto (unter 7000€), insbesondere für die Märkte China und Indien. 2014 beim Kanzlerbesuch gibt VW bekannt, dass zwei neue Werke in Tschingdao und Tianjin gebaut werden, was die Standorte auf 18 erhöht. Ende 2014 gibt es massenhafte Proteste im Internet und auf der Straße gegen VW. Unklar ist, wer dahinter steckt. VW orientiert sich aber immer stärker auf den chinesischen Markt, um größter Autohersteller der Welt zu werden. Natürlich wächst dadurch auch die Abhängigkeit. 2014 hat VW in China einen Absatzrekord erzielt (3,67 Mio. Fahrzeuge ohne LKW). Die Produktionskapazitäten sollen stark ausgebaut werden. Bis 2019 will man 5 Mio. Fahrzeuge in China absetzen. Volkswagen setzt in China immer mehr auf Skoda. Die Marke soll weiter gestärkt werden (im Rahmen des Joint Ventures mit SAIC). 2015 konnte VW 3,5 Mio. Fahrzeuge verkaufen. 2016 findet VW endlich einen Partner für E-Autos: Es ist der chinesische Hersteller Anhui Jianghuai Automobile (JAC). Es wurde eine Absichtserklärung unterzeichnet. Die VW-Tochter Audi sucht sich Ende 2016 einen zweiten Vertriebspartner (bisher FAW, zukünftig auch SAIC). Der VW-Absatz ist 2017 eingebrochen. Das Minus von 11,8% wird mit geringeren staatlichen Subventionen für kleinere Fahrzeuge erklärt. Audi drohen ab 2017 hohe Belastungen in China. Der Boykott der Händler zeigt Wirkung. Es gibt Streit um die Verträge. Ab 2017 geht VW bei Elektroautos in die Vollen. 2018 kündigt VW eine Modelloffensive für SUV in China an. Der Verkauf soll massiv ausgeweitet werden (zusammen mit JAC aus China). In den kommenden Jahren ab 2018 will VW hoch investieren in Elektroautos, autonomes Fahren und Mobilitätslösungen (bis 2022 15 Milliarden €). VW investiert ab 2018 Milliarden in China. VW geht beim autonomen Fahren Kooperationen mit chinesischen Firmen ein (Baidu). Im Jahre 2019 legen die Verkäufe von VW in China zu. Man plant ein "digitales" Einkaufszentrum. China soll der zweitgrößte Absatzmarkt weltweit für Audi werden. Jeder 5. zugelassene Wagen stammt aus deutscher Produktion (88% davon in China produziert). Die Volksrepublik wird zum Testmarkt für E-Autos und autonomes Fahren. Ab 2019 gibt es Quoten für Elektro- und Hybridantriebe (10%). Der chinesische Autobauer Nanjing (hat eine Kooperation mit Fiat), der Rover 2005 gekauft hatte, will den MG Rover wieder bauen. Nanjing (NAC) wird wird Ende 2007 von SAIC übernommen. Audi und FAW gründen im Januar 2021 ei  neues Gemeinschaftsunternehmen für E-Autos. Es ist am Hauptsitz von FAW in Changchun. Audi und VW haben eine Mehrheit mit 60%.  2021 verzeichnet der VW-Konzern unerwartete Rückschläge in seiner weltweit wichtigsten Absatzregion: im 2.Quartal sank der Absatz um rund 12% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Verantwortlich ist der Chipmangel. Der Absatz in China sinkt 2021 bei VW um 14% (Marktanteil fiel auf 11%). Gründe: Halbleitermangel, Lieferketten, Corona.  2022 häufen sich die Probleme auf dem wichtigsten Absatzmarkt China: Einige chinesische Hersteller sind bei der E-Mobilität mindestens gleichauf. China macht Anfang 2022 42% des Absatzes aus. China wird 2022 zum Ballast. Der Konzern muss nach neuen Ertragsfeldern Ausschau halten. Der Autokonzern ist in einer Chinafalle. Man warnt die Politik vor einem harten Kurs in der Volksrepublik. Peking soll für den Konzern zu einer Art "zweitem globalen Hauptquartier" werden. 2023 tobt eine Rabattschlacht bei E-Autos. VW kann den Absatz ankurbeln: von einem Marktanteil im Januar23 von 1,5% auf 2,9% im August. Am 14. Januar 2023 stirbt Carl Otto Hahn, langjähriger Vorstandsvorsitzender von VW und späte rim Aufsichtsrat. Er sorgte für den Eintritt in den chinesischen Markt.  SAIC kauft von BMW  (Bao-Ma: "edles kostbares Pferd") nach der Technologie auch den Markennamen Rover. BMW stockt seine Produktionskapazität 2007 auf (insgesamt 65.000 Verkauf pro Jahr mit Importen). Brilliance, der Partner von BMW, zieht sich von der New Yorker Börse zurück.  2009 plant BMW ein zweites Werk in China (seit 2003 Joint Venture mit Brilliance). Beide wollen ein Elektroauto mit Namen "Zhi Nuo" (Versprechen) herausbringen. Ende 2014 muss BMW die Absatzziele in China korrigieren (sinkende Wachstumsraten, alterndes Topmodell). Anfang 2015 wendet BMW eine Eskalation des Streits mit seinen Händlern ab: Sie erhalten 691 Mio. € (5,1 Mrd. Yuan). BMW setzte bis Juli 2018 (1. Halbjahr) 8% mehr Fahrzeuge in China ab (insgesamt auf den Märkten nur +0,7%).  2019 beschwert China BMW einen Rekordabsatz. BMW will den in China gebauten Mini in die USA liefern. Peugeot-Citroen will die Kapazität des Werkes in Wuhan bis 2008 auf 300000 Einheiten verdoppeln.  Das Joint-Venture von Daimler und Fujita Automobile in Fuzhou bekommt im Juni 2007 die Business License (200 Mio. €, ab 2009, 40.000 Fahrzeuge).  Daimler-Chrysler nimmt am 15. 09. 06 seine erste Fabrik in China in einem Vorort von Peking in Betrieb (Kapazität: jährlich 115.000 Fahrzeuge). Außerdem soll zusammen mit der chinesischen Firma Chery ein Kleinwagen für den Export in die USA in Ostchina hergestellt werden. Das Projekt wird  nach dem Verkauf von Chrysler 2007 gestoppt und soll neu verhandelt  werden. Daimler baut seine Finanzsparte in China aus. Außerdem sollen Lieferwagen in China produziert werden. Die Zusammenarbeit mit dem LKW-Hersteller Beiqi Foton verzögert sich zunächst. Es wird dann 2008 ein Gemeinschaftsunternehmen für schwere Lastwagen gegründet. 2010 läuft die Kooperation richtig an. Aber erst 2011 wird das Gemeinschaftsunternehmen genehmigt (Joint-Venture, hohe Kapazität). Ab Mitte 2009 will Daimler den Smart in China anbieten. BAIC steigt 2009 mit 40% in die Fujian Daimler Automotive (Joint-Venture mit Daimler) ein. Wegen Startschwierigkeiten auf den Wachstumsmärkten China und Indien könnte Daimler 2010 seine Weltmarktführung bei LKWs  an FAW aus China verlieren. Daimler möchte den chinesischen Staatsfonds CIC als Aktionär. Daimler startet 2013 eine Aufholjagd in China und kündigt 20 neue Modelle innerhalb von zwei Jahren an. China ist für Daimler der drittgrößte Absatzmarkt nach den USA und Deutschland vor Großbritannien. 2013 steigt Daimler bei seinem chinesischen Partnerunternehmen BAIC ein (Anteilseigner, 12%, Gemeinschaftsunternehmen, Erhöhung der Produktionskapazität). 2013 will Daimler bei BAIC sich beteiligen, wenn der Partner an die Börse geht (10 bis 20%). 2010 fordern chinesische Autohändler ein Importverbot für Daimler, weil sie sich diskriminiert fühlen. China ist für Daimler der Wachstumsmarkt schlechthin. Ab 2014 baut Daimler in Peking ein neues Forschungs- und Entwicklungszentrum, um maßgeschneiderte Modelle für den chinesischen Markt zu entwickeln. 2014 gibt Daimler bekannt, 100 neue Geschäfte aufzumachen.  Mit dem chinesischen Partner BYD wird das Elektroauto Denza vorgestellt. Das fünfsitzige Elektroauto kommt 2014 auf den Markt (Elektroautos werden ab 2014 vom Staat hoch subventioniert, Anteil am Kaufpreis, 17.000€ je E-Auto). Chinas Elektroboom macht den Autohersteller BYD 2015 zum Weltmarktführer für Elektroautos (Tesla aus den USA wurde überholt). Daimler und BAIC wollen bei Finanzdienstleistungen rund ums Auto kooperieren. 2015 ist China der größte Markt für Daimler (überholt die USA). Mit 720 Mio. Euro wird ein neues Werk bei Beijing (Gemeinschaftsunternehmen Beijing Benz, BBAC). Wegen Absprachen der Mercedes-Händler muss Daimler 2015 eine hohe Kartellstrafe zahlen. 2015 will BAIC bei Daimler einsteigen (Verhandlungen über Anteilskauf). Daimler Carsharing Car-2-go startet 2016 in China. 2018 bilden Daimler und Geely eine Kooperation bei selbst fahrenden Autos. Ab 2022 sollen LKW von Daimler in China gebaut werden. Es entsteht es neues LKW-Werk in Peking. Bisher gab es nur ein Gemeinschaftsunternehmen in China: BFDA mit der Marke Aumann. China ist der größte LKW-Markt der Welt.  Chinesische Staatsunternehmen planen angeblich zuerst Zusammenschlüsse in China und dann in Fünfjahresplänen gezielt Übernahmen und Fusionen in Deutschland.   Die Tongij-Universität in Shanghai forscht mit BMW und VW am Hybridantrieb und an der Brennstoffzelle.  GM forscht in China bei Bio-Kraftstoffen und umweltfreundlichen Motoren. Der Kölner Motorenbauer Deutz strebt in China die Mehrheit an einem Gemeinschaftsunternehmen für die Produktion von Bus- und Lastwagenmotoren an. Die Mannheimer Röchling-Gruppe, international führender Kunststoffverarbeiter, hat in China zwei neue Autozulieferwerke in Betrieb genommen. Der chinesische Autobauer Shuang huan wehrt sich gegen Plagiatsvorwürfe von Daimler und BMW. Bosch, das seit 1909 in China ist, macht dort in 18 Standorten und mit 15.000 Beschäftigten einen Umsatz von 1,3 Mrd. €. In der Weltwirtschaftskrise 2009 unterstützt die Regierung die lokalen Hersteller (30% Marktanteil, vor allem im westlichen Hinterland, Steuersenkungen). Autozulieferer Schaeffler, der in China 5 Produktionsstätten und ein Entwicklungszentrum in Anting bei Shanghai betreibt (insgesamt in C. 3000 Mitarbeiter), verhandelt mit der Stadtverwaltung von Peking über eine Finanzierung. BAIC will sich 2009 unbedingt an Opel beteiligen (660 Mio. für 51%).  Mit BYDe6 haben die Chinesen 2009 das beste Elektroauto (400 km, nur 20.000 €). Ende 2009 kauft Geely Volvo (2010 vollzogen, über 2 Mrd. $). Geely will die Automarke Volvo auch in China produzieren (Plan: bis 2020 10.000 neue Arbeitsplätze). Geely läßt Volvo aber freie Hand. Ist selbst zwar im Billigsegment unterwegs und sieht Volvo als Investition in die Zukunft. BAIC übernimmt Teile von Saab. China als Markt ist bedeutsam für alle deutschen Auto firmen: Volkswagen 33%, Audi 17%, Porsche 13%, BMW 11%, Mercedes 9%. 2010 will Opel auch Autos in China verkaufen. Bis 2012 will der japanische Autobauer Nissan seine Produktion in China verdoppeln. Ab 2011 will Ford verstärkt in die Schwellenländer, vor allem nach China gehen. Freudenberg aus Weinheim baut ein Autozuliefererwerk in Yantai am Gelben Meer (Nutzfahrzeugkomponenten). SAIC erwirbt 2010 ein Prozent der GM-Aktien und will sich noch stärker in das Unternehmen einkaufen. Der chinesische Autohändler Pang Da beteiligt sich 2011 an Saab, im Juni folgt Zheiang Youngman Lotus. Das Projekt droht 2012 zu scheitern wegen der Lizenzen von GM. Mahindra aus Indien könnte die Rettung bringen. Der Autozulieferer Continental schafft 5000 neue Arbeitsplätze in China (2012 werden 18 Werke und Entwicklungszentren betrieben). Der schwedische Lastwagenhersteller Volvo will 2013 45% an Dongfeng übernehmen. Stimmen die chinesischen Kartellbehörden zu, könnte damit der weltgrößte LKW-Hersteller in ca. einem Jahr entstehen. Continental erweitert sein Werk in China 2013 für 36 Mio. €. Als letzter großer europäischer Autobauer startet Renault 2013 eine lokale Produktion in China. 2013 steigt der chinesische Autobauer Dongfeng bei Peugeot ein (1,1 Milliarden Dollar). 2014 gibt Opel bekannt, aus China auszusteigen.   PSA auf Frankreich hat 2014 das vierte Werk in China in Betrieb genommen. Man will sich auch in südasiatische Länder ausdehnen, um insbesondere den japanischen Autobauern mehr Konkurrenz zu machen. Chinas Verbraucher werden immer renitenter. Im Netz gibt es immer mehr Shitstorms. Rolls Royce (gehört zu BMW) hat in China einen neuen Verkaufsrekord 2014. Die Klientel in China ist ca. 15 Jahre jünger als anderswo. Der Nutzfahrzeughersteller Beiqi Foton Motor hat 2014 die Markenrechte an der deutschen Marke "Borgward" gekauft. 2015 soll Borgward nach 54 Jahren wieder belebt werden. Mehrere Modelle sollen auf dem Genfer Autosalon 2015 vorgestellt werden. Chem China will den Reifenkonzern Pirelli kaufen. Chinas Automarkt wird immer umkämpfter (weniger Wachstum, mehr Konkurrenz). Im April ist immer eine Branchenmesse in Shanghai. Jeder dritte Porsche geht mittlerweile an eine Frau. 2015 ist es mit den Traum-Margen in China vorbei. Es herrscht ein schärferer Preiskampf. Der Absatz der deutschen Automobilindustrie geht um 1% zurück (Ausnahme Daimler). 2016 hat die deutsche Autoindustrie Angst vor einer chinesischen Übernahme von Kuka. Kuka Industrie-Roboter wissen, was in deutschen Autowerken läuft. 2016 trennt sich BMW von Baidu (Ende der Kooperation). BMW, Daimler und Audi arbeiten zusammen mit dem Kartendienst Here in Asien (zusammen mit asiatischen Investoren). Elektro-Auto-Quoten bringen besonders die deutschen Hersteller in Verlegenheit. Der Kampf gegen Luftverschmutzung wird immer wichtiger. Lobbyarbeit funktioniert in China nicht. 32% der Autos deutscher Konzerne werden in China 2017 verkauft. Im Mai 2017 verkauft Bosch sein Anlassergeschäft an den chinesischen Zulieferer ZMJ (zusammen mit dem Investor CRCI; 7000 Mitarbeiter in 14 Ländern). Renault un Nissan wollen zusammen mit ihrem chinesischen Partner Dong Feng Motor Group E-Autos in China bauen (Gemeinschaftsunternehmen). Der deutsche Autozulieferer ZF  verkauft sein Geschäft mit Fahrzeugbediensystemen an den chinesischen Elektronikhersteller Luxshare. Röchling aus Mannheim baut ab 2018 ein neues Werk in Shenyang. Der Elektro-Autobauer Tesla einigt sich im Oktober 2017 mit der chinesischen Führung auf ein eigenes Werk in Shanghai (Quote 10%, ab 2020 12%). Im März 2018 beschwert sich Tesla bei Präsident Trump über Beschränkungen auf dem chinesischen Markt. Der Eigentümer von Volvo Geely über nimmt auch Teile des gleichnamigen LKW-Bauers in Schweden (8,2% von Cevian). In China entsteht ein neuer Autohersteller 2017: Byton. Er wird von ehemaligen BMW-Managern geführt. E-Autos sollen auch in die USA und nach Europa exportiert werden. Der nächste Elektro-Mini soll von BMW in China gebaut werden. Das geschieht in Kooperation mit Great Wall. Hohe Importzölle für Autos zwingen zur Produktion vor Ort. BMW will ab 2018 6,6 Mrd. € in China investieren. Allein für 3,6 Mrd. € wird die 75% an einem Gemeinschaftsunternehmen mit dem lokalen Partner Brilliance übernommen. 3 Mrd. € sollen in der nordchinesischen Stadt Shenyang in einen Produktionsstandort investiert werden. Daimler bekommt 2018 einen chinesischen Großaktionär (Geely 9,69%). Beijing Automotive Industry Corporation Holding; seit 19888; öffentliches Unternehmen; hat zusammen mit Daimler die Tochter Beijing Benz Automotive; Daimler will 2018 1,5 Mrd. € investieren). Der kanadisch-österreichische Autozulieferer Magna will in China Elektroautos bauen. Es sollen zwei Gemeinschaftsunternehmen mit BAIC gegründet werden, die Premium-Elektrofahrzeuge bauen. Tesla will ab 2018 eine große Fabrik in China bauen (Shanghai, über 500.000 Autos pro Jahr, Folge des Handelskrieges). 2018 steht die Hymer-Gruppe vor dem Produktionsstart in China. Wohnwagen und Wohnmobile sollen zusammen mit der Marke Loncen gebaut werden. Hymer ist schon mehrere Jahre in China aktiv. GM muss 3,3 Mio. Autos im Herbst 2018 zurückrufen. Ende 2018 macht Trump Druck auf GM. Er mischt sich in Sparpläne ein. GM soll die Produktion in China einstellen. 2022 verabschiedet sich Opel von seinen China-Plänen. Die Expansion war 2021 angekündigt worden. Gründe sind die Null-Covid-Politik und der Taiwan-Konflikt. Opel gehört jetzt zu PSA/ Frankreich. 2019 legt E. Musk von Tesla den Grundstein für eine Produktionsstätte in Shanghai. Die Produktion soll bereits Ende 2019 beginnen. In der Folgezeit hat man Ärger mit Behörden und Kunden. Der Elektroautopionier steht unter Druck. Man wirft Tesla Arroganz vor. Das Verhältnis zu den USA belastet den Verkauf. Es gibt auch Kampagnen gegen Auslandskonzerne. Tesla will eine Charmoffensive starten. Ab 1. April 2019 soll die Mehrwertsteuer gesenkt werden. BMW und Daimler senken ihre Preise. Der Smart von Daimler wird zukünftig in China produziert. Daimler gründet 2019 ein Joint-Venture mit dem Unternehmen Geely zur Produktion des Smart. 2020 wird grünes Licht dafür gegeben von den chinesischen Behörden. Hauptsitz ist die Küstenstadt Ningbo. Das Design macht Daimler, Geely die Entwicklung. Die Produktion des Smart in Europa soll in einigen Jahren auslaufen. Ford soll 2019 in China ein Millionen-Bußgeld zahlen: 163 Mio. Yuan mit dem Gemeinschaftsunternehmen Changan wegen Preisdiktat. Für Porsche ist China 2020 schon der wichtigste Markt. Die SUVs gehen sehr gut. Für den 911 allein sind es die USA. Von der starken Nachfrage in China profitiert die gesamte Autoindustrie in Deutschland, am stärksten Daimler. Die chinesischen E-Auto-Hersteller wollen ab 2021 auch auf dem europäischen Markt attackieren. Bereits jetzt kommt jedes zweite Elektroauto weltweit aus China. Nio, Geely und BYD sind die führenden Firmen. Deutschland ist hochinteressant. Unternehmen in Litauen: Als erster deutscher Dax-Konzern  ist Conti betroffen. Man kann nicht mehr aus dem Werk in Litauen nach China exportieren. Grund ist, dass Litauen eine Vertretung Taiwans zugelassen hat. Betroffen sein könnte auch Hella. ZF, Friedrichshafen: Ab 2023 will das Unternehmen trotz Warnungen aus der Politik in China stark wachsen. Der Umsatz soll bis 2030 auf 30% ansteigen.   "Wir sehen das entscheidende Wachstum in der Automobilindustrie zuvorderst in China", Dieter Zetsche, ehemaliger Daimler-Chef. 

Gesamtsituation auf dem Automarkt: China ist das wichtigste Land für die deutschen Autobauer (mehr als jeder dritte Wagen wird dort verkauft). Die großen deutschen Firmen (VW mit Audi, BMW, Daimler) kommen 2022 und 2023 nur im Kriechgang voran. Sie müssen aufpassen, dass sie in China nicht den Anschluss an den E-Auto-Boom verlieren. Sie sind in den fetteren Jahren etwas träge geworden. Die Deutschen Autohersteller fallen zurück. Für das Jahr 2023 wird international ein Absatz von 10 Mio. batterieelektrischen Fahrzeugen erwartet. Auf dem wichtigsten PKW-Markt China drohen den deutschen Herstellern Einbußen. Nach dem 1. Quartal 2023 verliert VW seinen Spitzenplatz in China und wird von BYD überholt. VW hat beim Verkauf von  E-Autos nur einen Anteil von 2%. Audi, BMW und Mercedes liegen unter 1%. Die lokalen Champions erringen die Dominanz. Gründe dafür sind: Preise, Technologie, Marge, Form, digitale Anbindung (Infotainment). Der letzte Punkt ist der problematischste, weil sich Europa immer mehr digital von chinesischen Herstellern abkoppelt. Hinzu kommen andere Fakten: Die E-Autos in China sind anders als im Westen Kleinwagen. Die westlichen Hersteller sind im oberen Segment unterwegs. Vgl. auch HB 75/ 18.4.23, S. 4ff. Auf der Automesse in Shanghai im April 2023 versuchen sie, aus der Defensive raus zukommen. Die deutschen Autohersteller starten 2023 eine China-Offensive. Die Produkte sollen verbessert, aber auch die Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse beschleunigt werden. Es droht aber das Abhängen durch den E-Auto-Markt. Vgl. Hälger, Max: Abgehängt, in: Die Zeit 18/ 27.4.23, S. 19. Deutschland braucht die Volksrepublik als Absatzmarkt, weil ein zweites China nicht in Sicht ist. Die chinesische Regierung kann ihr Wohlstandsversprechen an die Bevölkerung nur halten, wenn sie die Vernetzung mit dem Westen aufrechterhält. Das ist die Win - Win - Situation.  Beide Seiten dürften aber eine Balance anstreben und ihre Investitionen stärker  in allen Weltregionen streuen. 2023 kommt es zu einem Preiskampf auf Chinas Automarkt. Die Branche droht sich zu zerfleischen. Tesla macht mit und Musk will die "sozialistischen Grundwerte" stärken. VW steht massiv unter Druck. Die E-Autos sind zu teuer, die Software klappt nicht. Man holt sich Nachhilfe mit E-Autos in China bei Xpeng. 2023 tobt eine Rabattschlacht bei E-Autos. VW kann den Absatz ankurbeln: von einem Marktanteil im Januar23 von 1,5% auf 2,9% im August. "In Zukunft wird es nur eine Nation geben, die die Technologie im Auto beherrscht, und das sind die Chinesen." Ferdinand Dudenhöfer, Autoexperte, Quelle: WiWo 32/ 4.8.23, S. 43.

Exkurs. Carl Hahn und VW: Er starb 2023 mit 96 Jahren. Er führte Volkswagen von 1982 bis 1992. Er war promovierter Volkswirt. Unter seiner Führung eröffnete VW Mitte der Achtzigerjahre ein Werk in China und trug zur Massenmotorisierung der Volksrepublik bei. Ohne diese Entscheidung wäre VW nicht zur größten Autofirma der Welt geworden. Er sagte einmal, zwei Dinge könnten dem Autobauer helfen, seine Kunden zurück zu gewinnen: "Leistung und harte Arbeit". Vgl. auch: Der Spiegel 4/ 21.1.23, S. 117. Ab 2023 baut Volkswagen in der Stadt Hefei eine zweite Firmenzentrale auf. Damit soll die Aufholjagd im Elektro-Segment gestartet werden. Trotz geopolitischer Risiken erhöhen die Wolfsburger ihren Einsatz in China deutlich. Man will den Vorsprung der Chinesen aufholen. Der PKW soll als eine Art Wohnraum gesehen werden.

Exkurs. Chinas Autoindustrie auf dem Weg an die Spitze: China braucht nur 20 Jahre, um die Autoindustrie zur weltweiten Bedeutung aufzumotzen. Schon 2022 beherrscht die chinesische Autoindustrie den globalen Markt bei E-Autos: Der Anteil liegt bei 59%. Dann kommen Europa mit 26% und Nordamerika mit 11%. Das ist eine Vorschau auf die Zukunft. 2022 hat China einen weltweiten Anteil bei der Herstellung in der Autoproduktion von 32,6%. Es folgen Japan (9,1), Indien (6,0), Deutschland (4,8), Südkorea (4,8), Mexiko (4,8). China hat auch den mit Abstand größten Automarkt der Welt mit 23,2 Mio. Neu-Zulassungen 2022 (vor USA 13,7 und Europa 11,3). Noch liegen die Autokonzerne aus China hinten bei Umsatz (SAIC 9. Stelle mit 121 Mrd. US-$) und Börsenwert (Polestar Platz 8, Geely Platz 12, Nio Platz 20, BYD Platz 91, alle Juli 2023 in US-$). BYD hat 2022 1,9 Mio. E-Autos produziert, ein Plus von 211% gegenüber 2021. Damit wurde auch Tesla überholt (1,3 Mio.). Die E-Mobilität ordnet die Welt neu bei Autos. Kann Deutschland dem noch was entgegensetzen. wie gefährdet ist unser Wohlstand? Vgl. Steinkircher, Peter/ Teryoshin, Nikita: Chinas lange Fahrt, in: Focus 36/ 2023, S. 90ff.  Im September 2023 kritisiert die EU, dass China Elektroautos künstlich  verbillige. Die chinesischen Hersteller bekämen Subventionen. Deutschland und Frankreich applaudieren. Am 26.9.23 besucht EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis China. Die EU erwägt Importzölle für chinesische E-Autos. Die könnten über 25% liegen (vergleichbar den Importzöllen der USA). Dann würde China einen Retorsionszoll erheben. Man verhandelt. Auch beim EU-China-Gipfel Anfang Dezember 23 in Peking wird darüber verhandelt. Keiner will sich abschotten. Man braucht sich gegenseitig. 2022 liegt China auch bei den Innovationen im Automobilbereich vorne (37%, vor Deutschland 27%, USA 17%). China führt 2023 (1. Halbjahr) auch bei den Exporten (2,3 Mio. PKWs) vor Japan (2,0) und Deutschland (1,7).

Energie: Linde geht ein Gase-Joint-Venture mit Sinopec Qilu ein (Investition von 48 Mio. €). Der Staatskonzern Sinopec übernimmt 49% der sibirischen Fördergesellschaft Udmurtneft. 2010 fasst Sinopec in Angola Fuß. RAG geht eine langfristige Zusammenarbeit mit der Huainan-Gruppe ein. Zwei chinesische Firmen bauen ab 2009 das größte Solarkraftwerk der Welt im Qaidam-Becken. Petro China beteiligt sich an Ölprojekten in Alberta/ Kanada. China Petrochemical beteiligt sich an Addax Kanada. 2010 übernimmt der Ölkonzern Gnooc Bridas aus Argentinien. KSB aus Frankenthal (Pumpen- und Armaturenspezialist) will in der Asien-Pazifik-Region, vor allem in China, bis 2013 35 bis 40 Mio. € investieren. Man will vom Wachstumstreiber Energieeffizienz profitieren. Italien verkauft 2014 seinen Anteil am Energienetz in China. Den Verkauf managed die staatliche Förderbank CDP, die mit dem chinesischen Netzbetreiber State Grid International Development verhandelt.  

Handel/ Möbel: Das chinesische Handelshaus Li & Fung kauft die internationale Einkaufslogistik von Karstadt-Quelle.  Metro will die Zahl seiner Märkte in den nächsten vier Jahren verdoppeln (erster Markt 1996 in Schanghai, mittlerweile 10% des Gesamtumsatzes in Asien). Karstadt-Quelle vergibt sein Importgeschäft an ein chinesisches Unternehmen (Li & Fung). Tengelmann zieht sich aus China zurück (Obi - Märkte). Vor den Olympischen Spielen will Puma stark expandieren. Coca Cola will den größten chinesischen Safthersteller Huiyuan Juice schlucken. 2010 eröffnet Metro Media-Markt. Dabei wird mit Foxconn kooperiert. 2015 bietet Metro Markenartikel in China per Internet an. 15 ehemalige Zulieferer von Ikea schließen sich 2013 zu einem Konkurrenzunternehmen zusammen. 300 weitere drohen sich wegen Preisdrückerei anzuschließen. Im März 2018 übernimmt der chinesische Möbelhersteller Jason Furniture den deutschen Luxus-Möbelhersteller Rolf Benz in Nagold. 2018 startet Aldi Süd in China. Eventuell will das Unternehmen ein eigenes Filialnetz aufbauen. Die Plattform "Tmall Global" gibt es bereits seit 2017. Auch Lidl verkauft bereits Online in China. 2019 will Aldi richtig in China durchstarten und viele Filialen eröffnen.  Zwei Testfilialen starten im Juni 2019 stationär. Aldis Zielgruppe ist die zahlungskräftige Mittelklasse. 30 Mio. Menschen sind dies im Raum Shanghai. Aldi Süd verkauft bereits seit 2017 über die Handelsplattform Tmall. Mittelfristig sollen 10 Filialen folgen, langfristig 50 bis 100. Der chinesische Verbraucher soll besser verstanden werden. Lidl hat sich 2019 leise aus dem Online-Geschäft zurückgezogen. Der Markt ist schwierig für ausländische Händler. Dei Strategie von Aldi sit: Keine Billigware, sondern höherwertige Produkte. Spezifisch deutsche Produkte werden ins Sortiment genommen (z. B. Schweinshaxe mit Sauerkraut und Bratkartoffeln).

Spielzeug: in China werden 75% aller weltweit produzierten Spielzeuge hergestellt (80% des Spielzeugs, das in Europa auf den Markt kommt). Ein Großteil für den Export (für 12,5 Mrd. €), das größte Abnehmerland sind die USA. Die Qualitätsstandards und die Überwachung sollen 2007 verbessert werden. Nach den millionenfachen Rückrufen stehen viele Spielzeugfirmen vor dem Bankrott. So geht der größte Spielwarenhersteller Smart Union in Dongguan Pleite. Der dänische Hersteller Lego baut ab 2014 ein Werk in China. Das Werk in Jiaxing (100 km von Schanghai) wird Ende 2016 eröffnet. Es soll den asiatischen Markt beliefern (in Shanghai im Disneyland gibt es einen riesigen Laden).  "Wir erwarten einen Markt von 600 Mio. Menschen", Vorstandsvorsitzender von Lego J. V. Knudstorp. 

Sportartikel/ Schuhe/Textilien/ Mode: Adidas produziert mittlerweile 90% aller Schuhe in China, das der wichtigste Produktionsstandort ist. In Shanghai wird ein Entwicklungszentrum unterhalten, indem Designer speziell neue Produkte für den chinesischen Markt entwickeln. Adidas rüstet 2008 bei den Olympischen Spielen in Peking  das chinesische Team aus. 2011 erreicht Adidas den höchsten Anstieg in China (13%). Durch die Anti-Dumping-Zölle der EU sind über 1000 Schuhhersteller in China Pleite gegangen. Nike hau mehrere Werke in China mit insgesamt 210.000 Beschäftigten. Die Firma dokumentiert, dass in diesen Werken und bei den Zuliefern zugesicherte Arbeitsbedingungen nicht eingehalten werden (Minderjährige, Löhne werden nicht gezahlt, Dokumente gefälscht). Chinesische Fabrikarbeiter klagen 2008 Puma wegen unmenschlicher Zustände an. Es handelt sich um Zulieferer, insbesondere Dongguan Surpassing. Der Textil-Discounter Takko ließ in chinesischen Haftanstalten produzieren. Die Gruppe Shengzen Marisfrolg kauft 2014 die italienische Traditionsmodemarke "Krizia". 2018 gibt es Anzeichen dafür, das die Textilhandelskette C&A vor einem Verkauf an chinesische Investoren steht. Ende 2018 plant der Modekonzern Esprit, der in der Krise ist, einen Umbau und Ausbau in China. Der Fußballclub Eintracht Frankfurt gründet Ende 2018 eine Tochter in China.

Nahrungsmittel/ Pharma: Pepsi plant 2010  19 neue Standorte in China. Haribo will 2015 einen zweistelligen Millionenbetrag in China investieren. Bei Danone macht sich 2016 die abflauende Nachfrage aus China bemerkbar (auch in der Wasser-Sparte). Im Juni 2017 übernimmt die chinesische Investmentgesellschaft Creat Biotest aus Hessen (Plasmaproteine). 

Bauindustrie/ Immobilien: Der deutsche Ingenieurdienstleister Bilfinger erweitert sein Geschäft in China 2014 um ein Immobilienmanagement (Joint Venture).

Medizinprodukte: Fresenius MC hat 2018 einen Zukauf in China. Es wird eine Beteiligung von 70% an dem unternehmen Guangzhou KangNiDaiSi erworben. Es geht um Dialysezentren und Nierenbehandlung.

Vgl. zu den größten chinesischen Unternehmen die entsprechenden Links. Über das erste deutsch-chinesische Joint - Venture in der Automobilindustrie erschien Anfang September 2006 ein Buch: Martin Posth, 1000 Tage in Shanghai, München 2006. Carl Diem von VW besuchte als erster Vorstandschef eine westlichen Autounternehmens China. Heute (2019) macht VW 40% seines Umsatzes in China. "Chinesische Kapitalisten und globale Kapitalisten treffen sich".

"Ich halte es für eine große Gefahr, unsere beste Technologie nach China zu geben. Deshalb lassen wir dort nicht unsere neuesten Geräte fertigen", Reinhard Zinkann, Miele Co - Chef.

Japan:

Chemie/ Energie/Pharma: Der Darmstädter Pharmakonzern Merck bündelt sein Pharmageschäft in Japan  unter dem Dach einer Tochtergesellschaft. Es kommt Ende 2008 zu einer Fusion von Nippon Oil und Nippon Mining. Die BASF erweitert 2013 seine Batterietechnik in Japan und eröffnet in Amagasaki ein neues Forschungslabor. Der japanische Arzneimittelkonzern Astellas kauft 2016 die Mainzer Biotech-Firma Ganymed.

Automobilindustrie:  Mitsubishi Motors will in Russland investieren. Mitsubishi und Peugeot wollen eine strategische Partnerschaft eingehen. Honda investiert in Indien. Honda kritisiert GB, weil es nicht dem Euro beitritt. Toyota baut ein neues Werk im kanadischen Woodstock und plant eine Produktionsstätte in Europa (Deutschland oder Frankreich?). Toyota baut 2007 die achte Fabrik in den USA (1,3 Mrd. $, Geländewagen). 2008 beschließt Toyota neue Produktionsstätten in Brasilien zu bauen. Toyota hat ein Rekordjahr 2006 und überholt GM 2006 im Absatz  und setzt sich damit an die Weltspitze. 2007 fällt der Absatz von Toyota in Japan auf ein 24-Jahres-Tief. 2008 macht die Firma einen operativen Verlust von 1,2 Mrd. € erstmals seit 1941; 2009 rutscht Toyota immer tiefer in die roten Zahlen (die Ursprünge der Firma gehen auf das Jahr 1867 zurück, zum Unternehmen gehören 522 Tochterfirmen z. B. für Boote, Fertighäuser u. a.). Die Märkte in den USA und in Japan sind 2009 eingebrochen. Die Pläne für Werke in Russland und Thailand werden 2009 gestoppt. Die Firma beantragt sogar 1,6 Mrd. € Staatshilfe. Die katastrophale Pannenserie 2009/2010 wird zum Problem für die gesamte japanische Industrie. 2011 verliert Toyota wieder die Spitzenposition an General Motors durch die Naturkatastrophe. Opel stellt Export nach Japan bis Jahresende 2006 ein. Volvo will das japanische Unternehmen Nissan Diesel (LKW) übernehmen. Im Batteriebereich (Lithium-Ionen) entstehen einige Kooperation: Nissan/ NEC, VW/ Sanyo, Daimler/ Samsung/ Evonik. 2008 wurden rund 1,8 Mio. japanische Autos in Europa produziert (144.000 Arbeitsplätze, 13,8% Marktanteil). Die japanische Nutzfahrzeuge - Daimler Tochter  Mitsubishi Fuso will mit Nissan Diesel Motor zusammengehen. VW will Ende 2009 20% von Suzuki kaufen. In der Kooperation kommt es immer wieder zu Konflikten (vor allem als VW Suzuki Vertragsbruch vorwirft). Suzuki will 2011 mit VW vor ein Schiedsgericht in London (VW soll seine Anteile abgeben). Das Schiedsgericht in London der internationalen Handelskammer erklärt die Zusammenarbeit zwischen beiden Unternehmen im August 2015 für beendet. 2011 schließt BMW eine Kooperation mit Toyota beim Motorenbau. 2012 wird diese Zusammenarbeit ausgedehnt Richtung Zukunftstechnologien (Batterien, Hybrid, Brennstoffzellen). 2013 wird ein Kooperationsvertrag unterzeichnet. Der japanische Autozulieferer Musashi übernimmt im Mai 2016 Hay aus Bad Sobernheim. 2016 steigt Nissan bei Mitsubishi ein (34%). Ende 2017 wollen Toyota und Mazda gemeinsam die Entwicklung von E-Autos vorantreiben (Gemeinschaftsunternehmen mit Denso als Drittem). PSA aus Frankreich geht 2017 eine Elektromotoren-Allianz mit dem japanischen Nidec-Konzern (Nidec Leroy-Somer) ein. Ein wird auch ein neues Gemeinschaftsunternehmen gegründet. Nissan investiert 2018 kräftig in China. Man setzt vor allem auf Elektroautos. 2019 hält der Markt in China Toyota in der Spur, es gibt einen Verkaufsrückgang in den USA, es wird mit einem Gewinn von 19 Mrd. € gerechnet. Die örtliche Einstiegsmarke Venucia soll  ausgebaut werden. 2023 kommt es zu einem Preiskampf auf Chinas Automarkt. Die Branche droht sich zu zerfleischen. Tesla macht mit und Musk will die "sozialistischen Grundwerte" stärken. VW steht massiv unter Druck. 2023 tobt eine Rabattschlacht bei E-Autos. VW kann den Absatz ankurbeln: von einem Marktanteil im Januar 23 von 1,5% auf 2,9% im August.  Im September 2023 kritisiert die EU, dass China Elektroautos künstlich  verbillige. Die chinesischen Hersteller bekämen Subventionen. Deutschland und Frankreich applaudieren.

Kommunikation/ Logistik: die Deutsche Post will  mit der japanischen Staatspost kooperieren, die 2007 privatisiert werden sollte (die Postreform scheitert am Parlament, bei Neuwahlen gibt es einen Erdrutschsieg für Koizumi und damit Rückendeckung für die Privatisierung), die japanische Post ist das weltweit größte Finanzinstitut, das Ersparnisse im Wert von 2,64 Billionen Euro verwaltet. Vodafone will das Japan-Geschäft abgeben. Die Deutsche Post geht als erstes deutsches Unternehmen ein Joint -Venture für den Versand von Werbebriefen mit dem japanischen Unternehmen Yamamoto Holdings ein (49%-Anteil). Die Regierung untersagt dem amerikanischen Hedge-Fonds TCI eine Aufstockung des Anteils an J-Power von 9,9 auf 20%. Die größte Fluglinie Asiens "Japan Airlines" muss 2010 in die Insolvenz. Danach soll es wieder neu "starten". In der zweiten Hälfte 2015 soll es einen Post-Börsengang geben. Das ist ein gewaltiges Privatisierungsprojekt (Post, Bank, Versicherung). 

Handel: Die japanische Einzelhandelskette "Seven-Eleven", die weltweit 28000 Mini-Läden betreibt, kommt im Herbst 2006 mit modernen Tante-Emma-Läden nach Deutschland.  Der Gewinn von dem Luxusgüterkonzern "Egana Goldpfeil, das von dem Deutschen H.-J.Seeberger geführt wird, wuchs um 39% auf 27,2 Mio. €. Der Spielwarenriese Namco Bandai übernimmt den deutschen Puppenhersteller Zapf Creation. Der japanische Schweppes-Hersteller Suntory kauft 2014 für 12 Mrd. € den amerikanischen Whiskey-Produzenten Jim Beam. 

Elekronik/ Hochtechnologie/ Digitale Unternehmen: Der Elektronik-Konzern Matsushita präsentiert Rekordergebnisse bis 2008/2009. Es soll vor allem auf Flachbildschirme gesetzt werden. Ab 2009 fahren viele Elektronikkonzerne rote Zahlen, vor allem Sharp. Sanyo muss auf Druck der Hausbank die Sanierung beschleunigen. Japans Solarfirmen (Sharp, Kyocera, Sanyo) greifen in Europa und Deutschland an. Bosch, das seit 1911 in Japan ist,  macht in Japan mit 20 Fabriken (8000 Beschäftigte) einen Umsatz von 2,1 Mrd. €. Mit 100 Mio. € beteiligt sich Bosch 2008 an Rinnai. Der Frankenthaler Pumpenkonzern KSB gründet zum 1. Juli 2008 ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem japanischen Spezialpumpenhersteller Nikkiso in Altenstadt bei Frankfurt. Der Mischkonzern Toshiba will sich stark auf den Bau von Atomkraftanlagen in aller Welt konzentrieren. In den USA kooperiert er mit Sandisk. Die japanische TDK übernimmt 2008 Epcos. Die japanischen Halbleiterhersteller Renesas und NEC schließen sich zum drittgrößten Chipproduzenten der Welt zusammen. Sony, Toshiba und Hitachi wollen in einem gemeinsamen Unternehmen Bildschirme für Smartphones und Tablet-Computer produzieren (2011). Der Kamerahersteller Olympus gerät 2011 stark unter Druck (Bilanzbetrug, Mafiaverbindungen). 2014 plant die BASF ein Gemeinschaftsunternehmen für Batteriechemie mit dem japanischen Unternehmen Toda-Kogyo (Mehrheitsanteil für die BASF; bis 2020 eine halbe Mrd. € mit Batteriematerialen umsetzen). 2014 verbündet sich Siemens mit Mitsubishi Heavy Industries aus Japan und macht ein Übernahmeangebot für den französischen Elektronikkonzern Alstom gegen General Electric (GE) aus den USA. DB Cargo geht 2017 eine Technologie-Kooperation mit Toshiba ein (Entwicklung einer Hybrid-Rangierlokomotive). Panasonic will enger mit dem US-Autobauer Tesla kooperieren. Ende 2017 steigt der japanische Technologie-Konzern Softbank bei Uber ein.  

Dienstleistung: Allianz bietet in Japan Vorsorgeprodukte an. Die amerikanische Citi - Bank  übernimmt das japanische Geldhaus Nikko Cordial (61% Anteil). Die Deutsche Bank will ihr Geschäft in Japan stark ausbauen. 2013 gerät die Deutsche Bank wegen verdächtiger Spesenabrechnungen in das Visier der Aufsichtsbehörden. Die Finanzaufsicht geht gegen die Großbank "Mizuho" wegen illegaler Nutzung von Kundendaten vor. Der Finanzkonzern Sumimoto Mitsui steigt 2008 bei der britischen Bank Barclays ein 600 Mio. €, 2%). MUFG erwirbt 21% von Morgan Stanley. Nomura kauft das Asiengeschäft von  Lehman Brothers. Sumitomo Mitsui beteiligt sich an Barclays. Das Modehaus Jil Sander wird an den japanischen Konzern Onward Holdings verkauft. Japans Post drängt 2015 ins Ausland. Der Konzern kauft für fünf Milliarden Dollar die australische Toll-Gruppe. 

Stahl: Die japanischen Anbieter Nippon und Sumitomo schließen sich zur Nummer zwei der Welt zusammen.

Vgl. zu einigen großen japanischen Unternehmen die entsprechenden Links.

Gründe, Wandel und Struktur der Direktinvestitionen (insb. in China):

"Wer nicht über den Bergkamm steigt, gelangt nicht in die Ebene", aus China.

Der Brexit macht Bundesländern Hoffnung auf die Ansiedlung von Unternehmen aus Asien. Viele haben London als einstieg in die EU gesehen und werden wechseln. Besondere Hoffungen macht sich NRW. Schon 600 japanische Unternehmen sind in Düsseldorf. In NRW sind auch schon 1100 chinesische Unternehmen ansässig. 

Generell können die Motive im Kostenbereich oder Absatzbereich liegen. Im Absatzbereich gewinnt die Logistik zunehmend an Bedeutung. Empirisch überschneiden sich in der Regel die Ursachen (kann über die Steigung der Exportfunktion gemessen werden). Hinzu kommen Monopolüberlegungen und das Streben nach Internalisierung (Risikostreuung, Kontrolle aller relevanten Faktoren, z. B. der Steuern). Von herausragender Bedeutung ist die Absicherung gegen das Transferrisiko (Währungsrisiko, zeigte sich nach der Umstellung auf ein flexibles Weltwechselkurssystem). Auch strategische Erwägungen wie zukünftige Potentiale, Rohstoffsicherheit, Lerneffekte und Dumping können eine Rolle spielen. Nicht zu unterschätzen ist auch die Kultur einschließlich der Sprache (Beispiel: Irland).

Allerdings ist bei den Gründen der Wandel sehr groß: z. B. plant China Sonderregelungen und Vergünstigungen, etwa beim Steuerrecht, für ausländische Investoren abzuschaffen. Künftig gibt es für alle Unternehmen einen einheitlichen  Steuersatz von 25% (vorher chinesische Firmen 33%, ausländische Betriebe 15%). Ausländische Unternehmen müssen zukünftig auch wie die Chinesen eine Landnutzungsteuer zahlen (je nach Region 60 Cent bis 3 € pro Quadratmeter). In den Sonderwirtschaftszonen soll es eine schrittweise Umsetzung geben. Außerdem wird bei ausländischen Unternehmen sehr viel genauer auf die Einhaltung von Umweltvorschriften geachtet.  Drei Fünftel der chinesischen Exporte und fast der gesamte Export im Technologiesektor werden von ausländischen Firmen produziert. Damit ist das Land die größte Basar-Ökonomie: 55% des Handelsbilanzüberschusses 2006 kamen aus dem Import von Vorprodukten, deren Weiterverarbeitung und anschließender Ausfuhr (58% aus Unternehmen mit einer ausländischen Beteiligung von mehr als 25%.). Damit bekommt China auch nur einen kleinen Teil des Einkommens aus Exporten. Mittlerweile gibt es auch eine Migration von ausländischen Direktinvestitionen in andere Länder (Indonesien, Vietnam). 2008 werden ca. 14% aller weltweit hergestellten Güter in China produziert. Dies ist ein großer Schwachpunkt der chinesischen Wirtschaft. 2020 löst China die USA als größten Empfänger ausländischer Direktinvestitionen ab: 212 Mrd. US-$ (USA 177 Mrd. US-$). China selbst plant Direktinvestitionen im Ausland, vor allem im Energiebereich, mit Hilfe der staatlichen Investmentfirma, die sich aus Devisenreserven speist. Die chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland lagen 2005 bei ca. 200 Mio. €. 2009 lagen die chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland schon bei 629 Mio. €.  2013 liegen die deutschen Direktinvestitionen in China bei 7315, Saldo in Mio. €; die chinesischen Direktinvestitionen in China bei 3,8, Saldo in  Mio.€ (Destatis, IWF, Bundesbank). 2011 waren 158 chinesische Unternehmen in Deutschland. In Parchim bei Schwerin plant ein chinesischer Investor einen Flughafen zu errichten, der ein europäisches Drehkreuz darstellen soll (vergleichbar Dubai). In Europa ist Budapest die heimliche Hauptstadt der Chinesen, wo und von wo aus viele Direktinvestitionen durchgeführt werden. In Mailand sind viele Einzelhandelsgeschäfte aus China vertreten. Ab 2011 erlaubt China Auslandsinvestitionen in der Landeswährung Yuan. 2012 setzt ein Umdenken bei vielen deutschen Unternehmen in China ein. Die Personalkosten steigen sehr stark (Sozialversicherungssystem), die Marktbarrieren werden angehoben, die Steuern steigen und die Bürokratie wird immer mehr als Hindernis empfunden. Nach einer Umfrage der europäischen Handelskammer erwägt jedes 5. europäische Unternehmen abzuwandern. Am stärksten ist die Abwanderungswelle 2014 bei Firmen aus Taiwan. Arbeitsintensiven Branchen und Firmen mit hohem Energieverbrauch wird der Standort vielfach zu teuer. Die Unternehmen sind zunehmend in der Zwickmühle: denn der riesige Markt wächst.

Struktur: 2013 wurde die Rekordsumme von 117,6 Mrd. Dollar für Direktinvestitionen in China investiert. Das waren 5,3% mehr als im Vorjahr. 2010 gab es einen Rekord bei ausländischen Direktinvestitionen in China: 105,7 Mrd. $ (+17%). China investierte 59 Mrd. $ im Ausland (+36,3%). Dabei waren die ländlichen Provinzen im Westen und Zentralchina erstmals im Vordergrund. Im Jahre 2006 erfolgten Direktinvestitionen in  einer  Höhe von 81,1 Mrd. $ in China, ca. 11 Mrd. € davon aus Deutschland (kumuliert, 2007 14 Mrd., relativ zur Bevölkerung die meisten in der Stadt Taicang).  2008 betrugen die deutschen Direktinvestitionen 18 Mrd. €. Seit 1980 wurden ausländische Direktinvestitionen in Höhe von 524 Mrd. € genehmigt. Form: WFOE, EJV, CJV; 700 Mrd. $ seit der Öffnung. Insgesamt wurde in ca. 400.000 Fabriken investiert. Ausländische Firmen haben 2006 nach offiziellen chinesischen Angaben 78 Mrd. € (795 Mrd. Yuan) an Steuern gezahlt. 60% der Körperschaftsteuer geht an die Zentrale in Peking, der Rest an die Lokalregierungen. Die Änderungen im Steuergesetz 2007 sollen auch chinesische Privatunternehmen treffen, die Tochterfirmen auf den Bahamas oder den Virgin Islands haben (die chinesischen Unternehmen auf dem Heimatmarkt sollen gestärkt werden). Der Staat verhinderte Mehrheitsbeteiligungen ausländischer an chinesischen Firmen (Citigroup - Guangdong Development Bank, Private -  Equity - Firma "Carlyle" - Maschinenbauer "Xugong", ZF Friedrichshafen - Hangzhou)). Fast alle größeren Partnerschaften in Schlüsselbranchen benötigen die Genehmigung der Regierung (max. 20% bei Banken, 49% in der Automobilindustrie). Die amerikanischen multinationalen Unternehmen, die in China produzieren, und in die USA exportieren, verursachen einen großen Teil des amerikanischen Handelsdefizits. Immer mehr Unternehmen aus Taiwan ziehen sich wegen der hohen Löhne und Gehälter aus China zurück. Seit Ende 2012 bis 2014 sind 44 Unternehmen zurückgekehrt. Andere Betriebe gehen in Länder mit niedrigerem Lohnniveau.  Die Investitionen deutscher Unternehmen in China machen 2018 aber immer noch 20% ihrer gesamten Direktinvestitionen aus.  2012 ist China erstmals der gefragteste Investitionsstandort für deutsche Unternehmen (43% in einer Umfrage des DIHT). China war auch Partner auf der Hannover Messe 2012. 500 Aussteller aus China waren da. Immer mehr Direktinvestitionen werden im Westen getätigt. Der Zuwachs ist in Chengdu (Zuwachs 200 bis 2010 36%) und Chongqing (43%) am höchsten. Die Personalkosten sind wesentlich niedriger als in den Sonderwirtschaftszonen.

Aktuelle Aussichten: Die Exportschlager der deutschen Industrie - Automobilbranche, Maschinenbau - leiden besonders unter dem Handelskrieg zwischen den USA und China und der dadurch ausgelösten Konjunkturschwäche. Die Erwartungen müssen 2019 immer mehr zurückgeschraubt werden. Es gibt aber auch hausgemachte Probleme: Rechtsunsicherheit und Marktbarrieren, etwa bei der Lizenzierung von Produkten. Deutsche Unternehmen hoffen auf ein Investitionsschutzabkommen zwischen China und der EU.

Der chinesische Staatsfonds will 66 Mrd. $ im Ausland investieren. Zuerst wurden 3 Mrd. $ in eine Beteiligung bei Blackstone investiert. Zunehmend investieren chinesische Unternehmen im Ausland. Seit Mitte 2010 betriebt der Logistikkonzern Cosco das größte Containerterminal im Hafen von Piräus. Dieses soll noch weiter ausgebaut werden. Weitere Kooperationen mit Griechenland sind geplant (Tourismus, Olivenöl-Lieferungen). Immer erfolgreicher sind chinesische Baukonzerne im Ausland. 2010 gewinnt Covec eine Ausschreibung in Polen. Die Bank of China baut ihre Europazentrale neben die britische Notenbank. In Rumänien wird vor allem in Landwirtschaft und Bergbau investiert.  2012 investiert der chinesische Baumaschinenhersteller Shandong Heavy Industry 400 Mio. € in die italienische Feretti-Werft (Mehrheit, Luxusyachten). Ca. ein Dutzend chinesische Industriebetriebe haben viele Arbeitsplätze im US-Bundesstaat South Carolina geschaffen. Mittlerweile sind 2010 ca. 800 chinesische Unternehmen mit Direktinvestitionen in Deutschland aktiv (z. B. Beteiligungen bei Waldrich Coburg und Rossmann, Übernahme von Dürkopp Adler 2005 durch SGSB, 2004 die Schiess AG von Shenyang Machine Tool Group). Am bekanntesten ist die Übernahme von Volvo durch Geely für 1,3 Mrd. Euro. Aufsehen erregt auch die Übernahme von Medion (Aldi-Computerlieferant) durch Lenovo im Sommer 2011. Der Konstanzer Solarzellenhersteller Sunways kommt auch in chinesische Hände (LDK). 2011 werden noch übernommen Humboldt Weda (Zementanlagenbau)  von Avic International und Preh (Autoelektronik) von Ningbo Joyson sowie Saargummi von Chongqing Light Industry. Anfang 2012 übernimmt der Sany-Konzern den deutschen Pumpenhersteller Putzmeister (500 Mio. €?). Man holt einen international erfahrenen Private Equity Investor mit ins Boot (Citic Private Equity, Hongkong). Auch der zweitgrößte deutsche Beton-Pumpenhersteller Schwing wird 2012 vom chinesischen Konzern XCMG übernommen. Weiterhin werden 2012 gekauft Kiekert (Schließsysteme) von Lingyun, Drossbach (Maschinenbau) von Dalian Sunlight Maschinery, und Solibro (Solar) von Hanergy. Direktinvestitionen in energetische und mineralische Rohstoffe werden bevorzugt in Südostasien, Südamerika und Afrika ( 29 Länder in Afrika) getätigt. 2012 wird das erste chinesische Automobilwerk in Europa eröffnet: Great Wall, Geländewagenbauer, im Norden Bulgariens. 2012 verhandelt der Baumaschinenkonzern Shandong Heavy Industry über den Einstieg bei Kion (Gabelstapler Linde und Still, Kapitalerhöhung um 25%). Weichai Power sichert sich Ende 2012 weitere 3,3% (hält schon 25%). Ein anderer chinesischer Investor will den Werkzeugmaschinenhersteller MAG übernehmen (Shenyan Machine Tool). Man möchte von der deutschen Qualitätskultur profitieren. Ende 2012 wird der mittelständische deutsche Haushaltsgerätezulieferer Aweco vom chinesischen Mischkonzern Zhejiang Sanhua übernommen. Im November 2013 wird der schwäbische Feuerwehrautohersteller Ziegler von CIMC aus Shenzhen übernommen. 2015 übernimmt Xiamen Comfort Service Medisana in Neuss (Medizinprodukte). 2016 übernimmt ChemChina Kraus Maffei in München (von einem kanadischen Unternehmen). Unklar bleibt 2017, was die Chinesen mit dem unternehmen vorhaben. Auch 2016 übernimmt die Shanghai Electric Group 20% am Maschinenbauer Merz aus Much. 2016 übernimmt Midea aus China die Mehrheit an Kuka (Augsburg, Fertigungsroboter, 4,5 Mrd. €). Daimler bekommt 2018 einen chinesischen Großaktionär (Geely 9,69%). Im März 2018 übernimmt der chinesische Möbelhersteller Jason Furniture den deutschen Luxus-Möbelhersteller Rolf Benz in Nagold.  Im März 2019 kauft die chinesische Firma Fuyao Glass Group, Fuqing, den deutschen Autozulieferer SAM aus Bolinenkirch/ Göpping (hatte 2018 Insolvenz angemeldet). Die meisten chinesischen Unternehmen in Deutschland hat 2012  das Bundesland NRW (240 mit 2600 Beschäftigten) vor Hessen mit 140. RLP hat nur 15 chinesische Unternehmen. Deutschland hat Großbritannien als Hauptzielland in der EU mittlerweile abgelöst. Investiert wird in Europa nicht mehr nur in die Industrie. Chinesische Investoren kaufen z. B. reihenweise Weingüter rund um Bordeaux auf. 2013 sind schon 58 in chinesischer Hand. Im Herbst 2013 steigt der chinesische Staatsfonds CIC über eine Tochter mit 12,5% bei der russischen Firma Ural-Kali ein. Die KfW macht 2018 eine Untersuchung über ausländischen Direktinvestitionen beim deutschen Mittelstand (weniger als 500 Mio. Umsatz im Jahr). 2017 wurden danach 1100 mittelständische Unternehmen aufgekauft oder mit einer anderen Firma fusioniert. Davon ging fast jede zweite an einen ausländischen Investor (51%). Seit 2010 drängen zunehmend chinesische Investoren auf den deutschen Markt (2016 Anteil von 5,9%; 2017 4,2%). Von 2005 bis 2017 macht der Anteil chinesischer Käufer 2,2% aus. 8,3% kamen aus den USA (Finanzinvestoren).

Die Verteilung der Chinesischen Direktinvestitionen (2013) zeigt folgende Struktur: An der Spitze liegen die USA mit 16,9%. Dann folgen Europa mit 15,8% und Asean (11,6%). Dahinter liegen Japan (6,4%) und Südkorea (4,3%). Indien (2,3%), Russland (2,3%)  und Taiwan (2,0%) liegen weit hinten. Diese Struktur ändert sich 2015: In diesem Jahr haben chinesische Investoren 23 Mrd. Dollar in Europa investiert (Rekord und Spitze). Die höchsten Investitionen gab es in Italien, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden und Deutschland. Am wichtigsten waren der Automobilsektor und die Immobilienbranche. 2016 haben die Chinesen für 111 Mrd. $ in Europa hinzugekauft. In den USA und Kanada betrugen die chinesischen Investitionen 17 Mrd. Dollar. Insgesamt liegen diese Länder mit 108 Mrd. Dollar noch vor Europa (97 Mrd. Dollar), was den Stand angeht (Quelle: Bericht der Kanzlei Baker & McKenzie). 2016 nach der Brexit - Entscheidung gehen die chinesischen Investitionen in Großbritannien zurück (das zeigt sich auf dem "Sommer - Davos" in Tianjin, Hafenstadt nahe Peking). Die ausländischen Direktinvestitionen in China sind 2016 leicht gestiegen (108 Mrd. Euro). Ende 2016 teilt die staatliche Planungskommission (NDRC) mit, dass wichtige Teile des Dienstleistungssektors in China für ausländische Investoren geöffnet werden sollen. Dazu zählen Banken, Versicherer sowie Wertpapierhandel (auch Terminkontrakte). Zwischen 2000 und 2016 haben chinesische Firmen die höchsten Direktinvestitionen in Großbritannien und Deutschland getätigt (über 13 Mrd. Euro). Dann kommen Frankreich und Italien (7 bis 13 Mrd. Euro; Quelle: Rhodium Group). Insgesamt hat China mit seinen Auslandsdirektinvestitionen  zwischen 1985 und 2016 einen Anteil von 11 Prozent an allen Direktinvestitionen. (Quelle: PRC Ministry of Commerce, Unctad). 2016 steigen Chinas Auslandsinvestitionen auf 189 Milliarden Dollar, das sind 40% mehr als im Vorjahr. In der EU beträgt die Steigerung sogar 77% (Quelle: Mercator Institut für Chinastudie (Merics). Außerdem legen chinesische Investoren 2017 13,7 Mrd. Dollar (11,1 Mrd. €) in deutschen Firmen an, so viel wie noch nie vorher. Die Anzahl der Firmenübernahmen ging zurück (54 gegenüber 2016 68). Einflussfaktor: chinesische Aufsichtsbehörden, deshalb die meisten Investitionen aus Hongkong.  2019 will der chinesische Druckmaschinenbauer Masterwork Group Ltd., seit 2014 Vertriebspartner, größter Aktionär bei dem Konzern Heidelberger Druck werden. Masterwork zahlt 69 Mio. €.

Zielländer in Europa: China hat schon zwischen 2000 und 2019 sehr stark in der EU investiert. Spitzenreiter ist Großbritannien (GB) mit 50,3 Mrd. € Der Brexit dürfte gerade hier dem Land schwer schaden. Viele Länder haben GB als Tor in die EU genommen. An zweiter Stelle liegt Deutschland mit 22,7 Mrd. €. Dann folgen Italien (15,9), Frankreich (14,4) und Finnland (12,0). In den letzten Jahren geht China bevorzugt nach Osteuropa. Hier sieht die Reihenfolge im gleichen Zeitraum (2000 bis 2019) wie folgt aus: Ungarn (2,4), Polen (1,4), Rumänien (1,2), Tschech. Rep. (1,0), Bulgarien (0,4). Die Vereinigung für wirtschaftspolitische Kooperation 16 + 1 wurde 2012 gegründet. 2029 trat Griechenland noch bei, dass man von 17 + 1 spricht (1 ist China). 2020 fiel eine Konferenz im April wegen Corona aus. Eine Videoschaltung soll am 09.02.21 stattfinden. Viel Vakzin von China soll die Vereinigung retten. China investiert auch in Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Kroatien. Hier erreichen die Investitionen ein Sechstel oder Siebtel des BIP. Diese Länder sind für China interessant, weil sie sich noch nicht an Vorgaben der EU halten müssen. Quelle: Mihm, Andreas: China Charme Offensive im Osten, in: FAZ Nr. 32, 8.2.21, S. 19.

ICCN GmbH, Hoppstädten-Weiersbach/ bei Birkenfeld (International Commercial Center Neubrücke; seit 2012; über 700 Chinesen in dem Dorf, Oak Garden; 265 chinesische Unternehmer 2018; Kooperation mit HS Birkenfeld). Das ist so etwas wie das Zentrum Chinas in RLP. Es besteht Entwicklungspotential im Zusammenhang mit Medizintourismus und Marx-/Engels-Tourismus. In der Nähe ist der Flughafen Hahn, bei dem HNA aus China der Eigentümer ist.

Strategie bei den Direktinvestitionen: Das Münchener Ifo-Institut hat die Direktinvestitionen empirisch analysiert (2019). Sie untersuchten über 70.000 Firmenkäufe in 92 Ländern von 2002 bis 2018.  Bei 1900 Übernahmen kamen die Käufer aus China. In 171 Fällen wurden deutsche Unternehmen übernommen. Die chinesischen Investoren werden nicht per se mit Staatsgeldern unterstützt. So können sie auch nicht jeden Wettbewerber überbieten. Sie konzentrieren auf Firmen, die sie billig kaufen können (die Verschuldungsquote liegt mit 6,5% über dem Durchschnitt). Die durchschnittliche Profitabilität der Zielunternehmen war gering. Die Größe lag meist über dem Durchschnitt. Es werden von Seiten der Staatsunternehmen Unternehmen aus der Rohstoffgewinnungs- und er Agrarbranche bevorzugt. Private Unternehmen präferieren Elektro-, Maschinenbau- und Fahrzeugindustriefirmen. Damit scheint China einen langfristigen Plan zu haben, der zum Neuen Seidenstraßenprojekt oder zu Made in China 2025 passt. "China arbeitet an einem weltumspannenden Netz aus Abhängigkeiten, das eines Tages stark genug ist, die neue Weltmacht zu tragen", Winter, M.: China 2049, München 2019, S. 123.

Motive: Es gelten im Prinzip die gleichen Motive wie bei allen Unternehmen dieser Welt (Absatz, Kosten). Hinzu kommt ein weiteres Motiv: "Es gibt deutliche Anhaltspunkte dafür, dass Unternehmensübernahmen durch chinesische Investoren in Deutschland und Europa auch auf einen Technologietransfer abzielen und Teil der industriepolitischen Aufholstrategie Chinas sind. Zudem führen Wettbewerbsverzerrungen durch den chinesischen Staatskapitalismus auf dem Weltmarkt zu zunehmenden Problemen und scheinen kaum durch eine Änderung der internationalen Handelsregeln einhegbar zu sein, weil dies durch China blockiert wird. Vor diesem Hintergrund sollte die Politik aus Vorsicht die mögliche Gefahr im Blick haben, dass ein schnelles Aufholen Chinas, das durch den Technologietransfer begünstigt wird, in den Industrieländern zu Wohlstandsverlusten führen könnte, auch wenn dies theoretisch und empirisch derzeit nicht eindeutig zu belegen ist." Siehe Matthes, Jürgen: Technologietransfer durch Unternehmensübernahmen chinesischer Investoren, in: Wirtschaftsdienst, August 2020 (online).

Branchenverteilung in Deutschland: Im Februar 2020 legt eine Expertengruppe ein Gutachten für die Bundesregierung vor (EFI Gutachten 2020): Dort werden Quoten der chinesischen Übernahmen und Beteiligungen angegeben. Stand ist das Jahr 2018. Es ergibt sich folgendes Bild: Maschinenbau 28%, Automotive 16%, Elektronik 10%, Materialverarbeitung 8%, Konsumgüter 7%, Sonstige F&E intensive Industrie 7%, IT 6%. Vgl. als weitere Quelle: Rusche, Christian: Chinesische Beteiligungen und Übernahmen in Deutschland, in: Wirtschaftsdienst, Heft 2, 2020 (elektronische Ausgabe).  

"Wer mir Milch gibt, darf meine Mutter sein", chinesisches Sprichwort.

"China wird zur Produktionsbasis der Welt", Jürgen Hambrecht, Ex-Chef der BASF (Manager des Jahres 2005, Ex-Vorsitzender des APA, Motto: "Schaffe, net schwätze").

 

       Markt:  (Marktanalyse, Markteintritt; Marketing; Marktaustritt)

"Den Fluss überqueren, indem man Stein für Stein ertastet", Deng Xiaoping. Dies ist meist die richtige Strategie für beide Länder.

China:                               (direkt zu Japan)

Mein Aufsatz dazu ist immer noch aktuell: Werner Krämer: Chancen und Risiken deutscher kleiner und mittlerer Unternehmen in der VR China, in: Letmathe, P./ Eigler, J./ Welter, F./ Kathan, D./ Heupel, T. (Hrsg.): Management kleiner und mittlerer Unternehmen, Stand und Perspektiven der KMU-Forschung (Gabler Edition Wissenschaft), Wiesbaden 2007, S. 489 - 504,

Obwohl das Pro-Kopf-Einkommen in den letzten Jahren ständig gestiegen ist, führen die regionalen Disparitäten zu einer insgesamt noch sehr geringen Kaufkraft außerhalb der Sonderwirtschaftszonen. Der Markt in China ist auch in hohem Maße differenziert und segmentiert. Dies gilt sowohl regional als auch von der Kaufkraft her. Im Wirtschaftsboom ist darüber hinaus der Wettbewerb sehr stark ausgeprägt. So ist in vielen Branchen der Markt zwischen den ausländischen Wettbewerbern schon aufgeteilt. Auch chinesische Unternehmen wachsen immer mehr zu Wettbewerbern heran. Für den Markteintritt sollte man China als Partner akzeptieren, so dass auf Augenhöhe verhandelt wird. Um in China erfolgreich zu sein, muss man ein lokales Unternehmen werden. Im Konsumgüterbereich ist oft ein Hindernis, dass die Handelslandschaft fehlt. So man z.B. auf Franchising ausweichen, sollte aber auf die Professionalität der Partner achten.

Allerdings hat sich von 1995 bis 2018 das frei verfügbare Einkommen chinesischer Haushalte verzehnfacht. 854 Mio. Chinesen besitzen einen Internetzugang (2019; 61% der Gesamtbevölkerung; USA 90%). 1,2 Mrd. Chinesen besitzen ein Mobiltelefon, davon 748 Mio. ein Smartphone. 785 Mio. Nutzer shoppen mindestens 1x im Monat auf den E - Commerce - Plattformen von Alibaba. 460 Mio. Chinesen werden 2050 ein 5G-Gerät besitzen - so viele wie in Amerika und Europa zusammen. Der "Singles` Day" am 11.11. ist das mit 500 Mio. Käufern größte einzelne Shopping-Event auf der Welt. Es wird von Alibaba ausgerichtet. 2018 wurde mit 38 Milliarden Dollar ein Rekordumsatz erzielt.

Bedeutung des Status: Konsumentscheidungen sind komplexe Entscheidungen, denen viele Faktoren zugrunde liegen. von herausragender Bedeutung in der Kultur Chinas ist das Status-Motiv. Man will mit dem Konsumartikel seine Stellung in der Gesellschaft anzeigen. Das war bei uns früher (60ger-Jahre: Indikatoren: Auto, Wohnzimmer) teilweise so. Die Frage ist also bei China, ob das anhält. Es kommt ausländischen Marken zugute.

Für die Marktforschung in China gilt das Gegenteil des folgenden Spruches:  "Des Himmels Netz hat weite Maschen und doch entkommt ihm nichts", Lao-tse. Das heißt aber nicht, dass man auf Fakten und Informationen verzichten soll, denn man sollte es auch mit folgendem Spruch halten: "Geh lieber nach Hause und mache ein Netz, als dass du im Teich nach Fischen tauchst", Chinesisches Sprichwort (Könnte heißen: Sammle erst ausgiebig Informationen über Ostasien und mache dann ein erfolgreiches Asienmanagement). Unterschätzt werden die kulturellen Unterschiede. "Wir dehnen die Binnennachfrage energisch aus, besonders die Verbrauchernachfrage", Wen Jiabao, Premierminister, im Mai 2012.

Indikatoren: Für China entwickelt wurde der Keqiang-Index. Er wurde nach dem jetzigen Premierminister Chinas Li Keqiang benannt, der in einem Gespräch mit US-Diplomaten die offizielle Statistik des Nationalen Statistikbüros als "menschengemacht und unzuverlässig" abtat. In den Index gehen die wirtschaftliche Aktivität anhand der Variablen Energieverbrauch (Strom), Kreditvergabe und Eisenbahnfrachttonnen (Frachtvolumen) ein.  Große Bedeutung hat mittlerweile der Einkaufsmanager-Index (PMI) für die Beurteilung der chinesischen Industrieaktivitäten. Das Wirtschaftsmagazin "Caixin" veröffentlicht ihn regelmäßig. Zu Beginn 2016 führt ein Rückgang von 48,6 auf 48,2 zu Aktieneinbrüchen in Shanghai. Sehr starke Aufmerksamkeit richtet man in China auf die Entwicklung der Erzeugerpreise (Index der Erzeugerpreise). ein deutlicher Rückgang zeigt in der Regel Konjunktureinbrüche an. China Satellite Manufactoring Index: Er überwacht die Industrieproduktion. Per Satellit werden 6000 Industrieregionen beobachtet (Start up Space now).

Deutsche Unternehmen in China: Die 30 DAX-Unternehmen machen 2018 15% ihres Umsatzes in China, hauptsächlich mit rund 700 Tochtergesellschaften.  5.200 deutsche Unternehmen sind in China aktiv und haben 1,1 Mio. Arbeitsplätze geschaffen. In den letzten 20 Jahren (1998 - 2018) stiegen die deutschen Exporte nach China um 1500%. Im Jahr 2018 handelten Deutschland und China Waren im Wert von fast 200 Mrd. € (Quelle: Deutsche Handelskammer in China). Entscheiden für deutsche Unternehmen ist, den technologischen Vorsprung zu halten. dafür müssen sie viel in Forschung und Entwicklung investieren (10% ca.). Die deutschen Firmen sind auch noch Spitze bei der Produktion vieler unterschiedlicher Produkte in geringer Stückzahl. Es gibt auch viele Firmen, die verzichten, in China zu produzieren. Sie wollen bewusst ihr geistiges Eigentum schützen. "China first" galt schon immer in China. Ausländische Firmen wollen den riesigen Absatzmarkt, aber gleichzeitig ihre Technologie schützen.

Verhaltenskodex für deutsche Firmen in China: Er stammt von der deutschen Handelskammer in China. Er wird den Mitgliedern zur Verfügung gestellt. Ausgangspunkt ist das neue Lieferkettengesetz. Es ist ein Leitfaden/ Werkzeug für die Umsetzung. Es gilt für Unternehmen ab 3000 Beschäftigten ab 2023. Die wirtschaft bekennt sich zu nachhaltigen Lieferketten und will ihre soziale und ökologische Verantwortung wahrnehmen. Folgende Kriterien sollen auch gewährleistet werden: Nicht-Diskriminierung, Vereinigungsfreiheit, Tarifverhandlungen und "freiwillige" Mitarbeiter. Kinderarbeit wird abgelehnt. Einmal im Jahr soll eine Risikoanalyse bei den Zulieferern und im eigenen Unternehmen durchgeführt werden. Auch indirekte Lieferanten sollen einbezogen werden. Auch der Umgang mit dem Anti-Auslands-Sanktionsgesetz soll noch ergänzt werden. Es soll Unternehmen bestrafen, die sich Sanktionen gegen China anschließen (vom Volkskongress/ Ständiger Ausschuss im Juni 21 beschlossen). Vgl. Heide, Dana: Verhaltenskodex für deutsche Firmen in China, in: HB Nr. 111, 14. Juni 2021, S. 10.

Chinesische Unternehmen im Ausland: Sie haben 2020 noch große Schwächen bei Verkäufernetzen, Supportkanälen und in der Logistik. Oft gibt es nur Briefkästen im Ausland, auch in Deutschland. Damit sind sie noch eine eingeschränkte Konkurrenz. Technologie und Preis reichen nicht. Auch Service, Qualität und Nachhaltigkeit müssen stimmen. Sie werden gebremst durch Technologieverbote (Beispiel Huawei durch Chip-Beschränkungen). Die Chinesen versuchen schneller, technologisch unabhängig zu werden.

Tätig sind als KMU vor allem die klassischen Zulieferfirmen für deutsche Großunternehmen. Zunehmend engagieren sich auch deutsche KMU, die Absatznischen sehen. Diese sind meist im Bereich der Industrieausrüstung, d. h. viele deutsche Mittelständler bauen die Fabriken für die "Fabrik der Welt". Im Konsumgüterbereich sind die teuren deutschen Qualitätsprodukte in Anbetracht der niedrigen Kaufkraft kaum zu verkaufen, so dass Produkte lokal mit chinesischen Partnern für den heimischen Markt billiger hergestellt werden müssen. Insgesamt sind etwa 2000 deutsche KMU (2700 deutsche Unternehmen aller Größenklassen) auf dem chinesischen Markt aktiv. 2012 wird diese Zahl mit über 5000 angegeben (Wirtschaftswoche global 1/2012, S. 30). Vorrangig interessiert bei KMU der chinesische Markt; niedrigere Löhne sind ein Motiv unter vielen. Alle Kosten müssen berücksichtigt werden. Die Strategie, mit Joint - Venture in den Markt zu gehen, wird seltener; der Trend geht zum Aufbau eigener Töchter. In jedem Falle braucht man einen "langen Atem" (Stetigkeit im Engagement) und ein kluges Beziehungsmanagement. Vor einiger Zeit habe ich einen Aufsatz zu diesem Thema geschrieben. Mit Gastgeschenken in größerem Umfang findet zur Zeit eine Abzocke statt; bei lokalen, kleinen Unternehmensberatungen oder deutschen Organisationen sollte man vorher Erkundigungen über die Seriosität von Geschäfts- und möglichen Kooperationspartnern einholen. Nach der Wirtschaftskrise ändern sich die Bedingungen sehr schnell, so dass die KMU sehr flexibel sein müssen. Die Kosten müssen drastisch reduziert werden, um auf die Umsatzeinbrüche zu reagieren. Der Urheberrechtsschutz ist noch sehr unzureichend. Immer mehr deutsche KMU finanzieren über ihre deutsche Hausbank alle Geschäfte in China wegen der niedrigen Kreditzinsen in Deutschland. Dies ist oft auch notwendig, weil die chinesischen Banken genau prüfen, wie lange das Unternehmen auf dem deutschen Stammmarkt erfolgreich ist. Beachtet wird auch, wie lange das Unternehmen in China schon ist. Ca. 20% der KMU sind seit mindestens 10 Jahren in China, 40% seit vier bis zehn Jahren, 53% seit maximal vier Jahren (Quelle: AHK China). Zur Senkung des Geschäftsrisikos gibt es bei Shanghai eine Art Wohngemeinschaft von deutschen KMU (Kunshan). Wegen politischer Unsicherheiten und Know-how-Klau suchen deutsche Mittelständler nach alternativen Standorten. Viele entscheiden sich dabei für den verlässlichen Standort Singapur. Die deutschen Direktinvestitionen sind 2012 auf fast 12 Milliarden Euro gestiegen (von 4,8 Milliarden Euro 2005). In Anbetracht des riesigen Marktes streben trotzdem 2014 wieder mehr Mittelständler nach China. Sie treffen dort auf eine schwächelnde Wirtschaft, die ein Risiko darstellt. Weitere große Risiken sind folgende: Finden und Binden neuer Mitarbeiter. Die Fluktuation ist ein großes Problem. 19% aller Mitarbeiter in China verlassen ihren Arbeitgeber im Schnitt pro Jahr (dies ist besonders tragisch bei privaten Bildungsinvestitionen). Die Mitarbeiter, die man bekommen kann, haben meist Defizite in der Bildung. Ein deutscher Geselle kann manchmal besser sein als ein chinesischer Ingenieur. Ein großes Problem stellt auch der enorme Gehaltszuwachs dar (seit 1999 258%; die Produktivität stieg in dem Zeitraum um 167 %).

Viele deutsche Konzerne setzen auf Hongkong als Standort für die
Asien-Zentrale. Ca. 400 Mitglieder hat die deutsche Außenhandelskammer. Wichtig ist dabei die Offenheit und Unabhängigkeit der Metropole (weniger wichtig sind die Steueranreize). Ökonomisch stärker ist mittlerweile Shanghai.

2009 wurden deutsche Waren im Wert von 36,5 Mrd. € nach China exportiert. Dies sind 7% mehr als im Vorjahr (die gesamten Exporte sanken um 18,4%). 37% der deutschen Firmen wollen in Zukunft in China investieren (Umfrage DIHT 2010). Nach dem Firmenverzeichnis des German Company Directory (GCD) haben 2011 4035 Firmen eine Niederlassung in China. Mit der Expansion des Handels und der Direktinvestitionen steigen die Marktchancen von Logistikunternehmen aus Deutschland rapide. Die lokalen Logistikanbieter in China sind meist nur durchschnittlich. Als erfolgreiches Beispiel gilt Duisport Packing Logistics. Mittelständler in China versuchen, untereinander enge Beziehungen zu knüpfen, um höchste Qualität liefern zu können. Sie beliefern sich vor allem gegenseitig mit Vorleistungen.  Gut scheint dies im Raum Shanghai zu funktionieren (z. B. EBM-Papst, Rittal, Gildemeister). "Wie der Yangtze und der Rhein, die lebendig fließen und nie versiegen, so wird die Freundschaft zwischen China und Deutschland ewig bleiben", Wen Jiabao, Chinas Premier auf der Hannover Messe 2012.

2018 steigt die Nachfrage der chinesischen Verbraucher nach Lebensmitteln, Kosmetik und Autos weiter an. Der Appetit auf ausländische Waren wächst. Gefragt sind Kosmetikartikel, Uhren, Brillen, Babyprodukte, Autos und Schmuck. Interessanterweise macht die Regierung im Handelskrieg mit den USA keine Boykottaufrufe gegen US-Waren. Das iPhone gehört weiterhin zu den gefragtesten Artikeln. Apple produziert allerdings in China und die Regierung will keine Eskalation.

Chinas Mittelschicht als Markt der Zukunft? In ihr wird die tragende Säule des Binnenkonsums gesehen. Sie ist auch für die chinesische Regierung der Hoffnungschimmer weg von der großen Exportorientierung. Für den Ökonomen stehen also Konsumorientierung und Einkommen im Mittelpunkt. Beides ist aber in China schwer messbar. Deshalb greift man meist ersatzweise auf Berufsgruppen zurück. Dazu gehören auf jeden Fall "white collar jobs" (hoher Bildungsabschluss). Ebenso sind zu nennen Ärzte, Rechtsanwälte, Manager, Beamte. Es erfolgt eine Abgrenzung gegen "grey collar jobs" (niedrige Büro- und Sachbearbeitertätigkeit) und "pink collar jobs" (weiblich, geringes Prestige). Die Selbsteinschätzung bringt nicht viel (Statusdenken). Überhaupt dürften Befragungen scheitern. Vgl. Alpermann, Björn/Herrmann, B./ Wieland, E. (Hrsg.): Aspekte des sozialen Wandels in China, Springer 2019. Experten schätzen den Umfang der Mittelschicht in China 2019 auf 300 Millionen Bürger, ein enormes Potential. Quelle: Focus 31/ 2019, S. 62 und Bundesregierung.

Strategie des Binnenmarktes und Konsumaussichten: Schon seit einigen Jahren tut China viele Dinge, um den Binnenmarkt zu stärken. Dazu gehören Armutsprogramme, Sozialversicherungssystem (um Grundkonsum zu sichern), Kreditmöglichkeiten über digitales Geld und Steuerprogramme. Durch die protektionistische Außenhandelspolitik der USA, durch den Wettbewerb digitaler Konzerne ("digitale Brandmauer", Entkopplung der Telekommunikation der USA) und die Bevorzugung chinesischer Unternehmen (Subventionen, Staatsaufträge) gibt es Vor- und Nachteile  für ausländische Unternehmen, je nach Branche.

Fünfjahresplan: Er wird jährlich auf der Sitzung des Nationalen Volkskongresses überprüft und fortgeschrieben. Die Rede dazu hält der Premierminister, 2021 Li Keqiang. Grundstrategie sind Ausbau des Binnenkonsums (mehr Unabhängigkeit vom Ausland) und Weg zur Hightech-Macht. Die Exporte sollen gesteigert werden. Eine Inhaltsanalyse dieses Plans ist immer sinnvoll, weil man daraus Anhaltspunkte für die Chancen deutscher Unternehmen ableiten kann: Mehr heimische Innovationen soll es geben in der Gesundheitstechnik, beim Flugzeugbau, in der Robotik, in der E-Mobilität und beim autonomen Fahren sowie bei Halbleitern. Für deutsche Unternehmen dürfte mehr Konkurrenz im Automobilbau und im Maschinenbau kommen. Das Hukou-System soll reformiert werden, um die Lage der Wanderarbeiter zu verbessern.

Neuregelung des Marktzugangs für Unternehmen aus der EU ab 2021: Investitionsabkommen zwischen der EU und China: Die EU und China planen seit längerem ein Investitionsabkommen. Im Sommer 2020 will Angela Merkel mit Spitzenvertretern der EU nach Peking reisen. Das Verhältnis zu China ist Anfang 2020 angespannt. Das Abkommen soll im Herbst 2020 fertig sein. Experten rechnen aber mit einer Verschlechterung der Beziehungen im Laufe des Jahres, so dass es länger dauern dürfte. End e2020 dringt Deutschland in der EU auf ein Abkommen. Einige Staaten haben aber Zweifel (Irland, Niederlande, Italien). Das Abkommen soll vor dem Amtsantritt der neuen US-Regierung am 20.01.21 fertig sein (das wollen beide Seiten). Die Arbeitnehmerrechte sind am umstrittensten (ILO, Zwangsarbeit, Umerziehungslager). 2021 könnte China als Handelsgroßmacht aggressiver auftreten, man hat die USA bei der Größe der Volkswirtschaft bald erreicht. Die Einigung über den Vertrag wird am 30.12.20 erzielt. Kernpunkt des Abkommens ist der Marktzugang.

Automarkt: Für deutsche Hersteller ist er der wichtigste der Welt. Er wächst 2018 nur noch bei Premium-Autos und E-Mobilen. Vor allem VW hat Probleme. Die goldenen Zeiten scheinen vorbei zu sein - vielleicht für immer. 2018 geht der Gesamtabsatz leicht zurück, wahrscheinlich auch 2019. Aber immer noch setzt VW 40% seiner Autos dort ab. 2018 ist der chinesische Automarkt eingebrochen. Der Absatz ging um 6% zurück (Quelle: China Passenger Car Accociation, PCA). Es drohen jetzt Überkapazitäten. 2018 wurden noch 23,3 Mio. PKW zugelassen (in Deutschland 3,4 Mio.). Das autonome Fahren und die Elektromobilität entwickeln sich rasant in China. In und nach der Corona-Krise 2020 klammern sich die deutschen Autobauer an China. Es hat eine Verschiebung in der globalen Absatzstruktur stattgefunden. Gut 36% seine rautos liefert mittlerweile Daimler nach China. Bei BMW sind es 34%. Bei Volkswagen 42%. Für diese Abhängigkeit könnte China irgendwann eine Preis fordern. Von der starken Nachfrage in China profitiert die gesamte Autoindustrie in Deutschland, am stärksten Daimler. Nach Ansicht von Experten wird er Automarkt in China 2021 um mehr als sechs Prozent wachsen. Die Automesse in China im April in Shanghai ist mittlerweile die größte. Die chinesischen E-Auto-Hersteller wollen ab 2021 auch auf dem europäischen Markt attackieren. Bereits jetzt kommt jedes zweite Elektroauto weltweit aus China. Nio, Geely und BYD sind die führenden Firmen. Deutschland ist hochinteressant.

Gesamtsituation auf dem Automarkt: Die großen deutschen Firmen (VW mit Audi, BMW, Daimler) kommen nur im Kriechgang voran. Sie müssen aufpassen, dass sie in China nicht den Anschluss an den E-Auto-Boom verlieren. Sie sind in den fetteren Jahren etwas träge geworden. Die Deutschen Autohersteller fallen zurück. Für das Jahr 2023 wird international ein Absatz von 10 Mio. batterieelektrischen Fahrzeugen erwartet. Auf dem wichtigsten PKW-Markt China drohen den deutschen Herstellern Einbußen. Nach dem 1. Quartal 2023 verliert VW seinen Spitzenplatz in China und wird von BYD überholt. VW hat beim Verkauf von  E-Autos nur einen Anteil von 2%. Audi, BMW und Mercedes liegen unter 1%. Die lokalen Champions erringen die Dominanz. Gründe dafür sind: Preise, Technologie, digitale Anbindung. Der letzte Punkt ist der problematischste, weil sich Europa immer mehr digital von chinesischen Herstellern abkoppelt. Die deutschen Autohersteller starten 2023 eine China-Offensive. Die Produkte sollen verbessert, aber auch die Entwicklungs- und Entscheidungsprozesse beschleunigt werden. VW steht massiv unter Druck. die E-Autos sind zu teuer, die Probleme mit der Software immens. Man holt sich Nachhilfe mit E-Autos in China. Genauer bei Xpeng. Ab 2023 baut Volkswagen in der Stadt Hefei eine zweite Firmenzentrale auf. Damit soll die Aufholjagd im Elektro-Segment gestartet werden. Trotz geopolitischer Risiken erhöhen die Wolfsburger ihren Einsatz in China deutlich. Man will den Vorsprung der Chinesen aufholen. Der PKW soll als eine Art Wohnraum gesehen werden.   "In Zukunft wird es nur eine Nation geben, die die Technologie im Auto beherrscht, und das sind die Chinesen." Ferdinand Dudenhöfer, Autoexperte, Quelle: WiWo 32/ 4.8.23, S. 43.

Exkurs. Chinas Autoindustrie auf dem Weg an die Spitze: China braucht nur 20 Jahre, um die Autoindustrie zur weltweiten Bedeutung aufzumotzen. Schon 2022 beherrscht die chinesische Autoindustrie den globalen Markt bei E-Autos: Der Anteil liegt bei 59%. Dann kommen Europa mit 26% und Nordamerika mit 11%. Das ist eine Vorschau auf die zukunft. 2022 hat China einen weltweiten Anteil bei der Herstellung in der Autoproduktion von 32,6%. Es folgen Japan (9,1), Indien (6,0), Deutschland (4,8), Südkorea (4,8), Mexiko (4,8). China hat auch den mit Abstand größten Automarkt der Welt mit 23,2 Mio. Neu-Zulassungen 2022 (vor USA 13,7 und Europa 11,3). Noch liegen die Autokonzerne aus China hinten bei Umsatz (SAIC 9. Stelle mit 121 Mrd. US-$) und Börsenwert (Polestar Platz 8, Geely Platz 12, Nio Platz 20, BYD Platz 91, alle Juli 2023 in US-$). BYD hat 2022 1,9 Mio. E-Autos produziert, ein Plus von 211% gegenüber 2021. Damit wurde auch Tesla überholt (1,3 Mio.). Die E-Mobilität ordnet die Welt neu bei Autos. Kann Deutschland dem noch was entgegensetzen. wie gefährdet ist unser Wohlstand? Vgl. Steinkircher, Peter/ Teryoshin, Nikita: Chinas lange Fahrt, in: Focus 36/ 2023, S. 90ff.  Im September 2023 kritisiert die EU, dass China Elektroautos künstlich  verbillige. Die chinesischen Hersteller bekämen Subventionen. Deutschland und Frankreich applaudieren. Am 26.9.23 besucht EU-Handelskommissar Valdis Dombrovskis China. Die EU erwägt Importzölle für chinesische E-Autos. Die könnten über 25% liegen (vergleichbar den Importzöllen der USA). Dann würde China einen Retorsionszoll erheben. Man verhandelt.

Bei den Smartphones bricht 2018 der Absatz in China ein. Die Auslieferungen gingen um 12,0 bis 15,5% zurück. Ursachen dürften der Handelsstreit mit den USA und die anhaltende Konjunkturschwäche sein. Das wirkt sich auch auf die Unternehmen Samsung und Apple aus. Die Regierungen in China und den USA wollen den Handelsstreit nicht eskalieren lassen. Apple produziert z. B. auch in China.

Chemiemarkt: China macht 40% des Weltmarktes für Chemie aus. 2030 soll das Land einen Anteil von 50% haben. Die BASF ist dort stark vertreten. Prognosen der BASF gehen sogar davon aus, dass im Jahre 2030 Asien insgesamt für zwei Drittel des Chemiemarktes steht. So wird die Bedeutung des Werkes in Ludwigshafen sicher abnehmen. Auch in der Corona-Krise startet der Markt in China zuerst durch.

Einzelhandel: 2019 will Aldi richtig in China durchstarten und viele Filialen eröffnen.  Zwei Testfilialen starten im Juni 2019 stationär in Shanghai. Aldis Zielgruppe ist die zahlungskräftige Mittelklasse. 30 Mio. Menschen sind dies im Raum Shanghai. Aldi Süd verkauft bereits seit 2017 über die Handelsplattform Tmall. Mittelfristig sollen 10 Filialen folgen, langfristig 50 bis 100. Der chinesische Verbraucher soll besser verstanden werden. Lidl hat sich 2019 leise aus dem Online-Geschäft zurückgezogen. Der Markt ist schwierig für ausländische Händler. Dei Strategie von Aldi ist: Keine Billigware, sondern höherwertige Produkte. Lebensmittelskandale haben den Markt sensibel gemacht. Spezifisch deutsche Produkte werden ins Sortiment genommen (z. B. Schweinshaxe mit Sauerkraut und Bratkartoffeln).

Social Commerce: Shopping-Bummel auf Social Media. Das ist ein großes Ding für die Zukunft. Vorreiter ist China. Dort liegt Social Commerce 2021 schon bei 13% Anteil am Online-Handel (Schätzung für 2023 14,2%). Instagram Shopping hat den Trend eingeleitet. Inhalte haben den größten Einfluss: Shoppable Images and Videos, Videos Advertising, Posts from brands I follow. Social Commerce verkürzt die Customer-Journey drastisch: Awareness (Ad auf Instagram), Consideration (Instagram Shop), Purchase (Chek-out). Facebook plant Live-Shopping-Feature. Vgl. Van rinsum, Helmut: Zäsur für das Online-Shopping, in: com1professional 6/2021, S. 22ff.

Pharmamarkt: China ist der zweitgrößte Pharmamarkt der Welt (Umsatz 122 Mrd. $ 2018) hinter den USA (465 Mrd. ). An dritter Stelle liegt Japan (85) vor Deutschland (47) und Frankreich (34). Deutsch Pharmafirmen erkaufen sich ihren Erfolg in China mit hohen Preisnachlässen an die staatliche Krankenversicherung. Große deutsche Anbieter in China sind Boehringer, Fresenius und Bayer. Auch ausländische Firmen wie Roche, Novartis und Sanofi bieten hohe Rabatte. Vgl. Petring/ Salz: Für China 60 Prozent Rabatt, in: Wirtschaftswoche 51, 6.12.19, S. 6.

Zellstoffmarkt: Es gibt interessante Turbulenzen in und nach der Corona-Krise. Man braucht Zellstoff als Rohstoff für Gesichtsmasken. Es gibt 2020  69.000 Betriebe in China, die Gesichtsmasken für die Welt herstellen. Oft sind die Geldgeber für die Gesichtsmasken Institutionen, die verschwiegen werden (WHO, EU), weil China die Lieferung als Spenden deklariert. Das Rohmaterial ist zum Schlüssel geworden. Aus dem Ausland kann man Zellstoff wegen der Transportprobleme nicht importieren. So findet in China eine Verschiebung statt: Windeln, Damenbinden und Feuchttücher, die nicht den Profit von Gesichtsmasken abwerfen, werden knapp.

Toilettenpapier-Markt: Den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch haben die USA pro Jahr (2018: 12,7 kg), vor Deutschland, Großbritannien und Japan. Größter Exporteur ist China (942 Mio. €). Größter Importeur ist die USA (293 Mio. €). Deutschland liegt bei Exporten und Importen jeweils in der Welt an zweiter Stelle.

Starmarkt für junge Technologie-Unternehmen: Ende Juli 2019 startet startet das neue Handelssegment an der Börse Shanghai. Der Auftakt verlief fulminant. Die Kursgewinne der derzeit 25 Aktien betrugen 84 bis 400%. Spitzenreiter war Anji Microelectronics Technology mit 520% plus.

Schweinemarkt: Schweinefleisch ist in China sehr beliebt. China ist der größte Konsument von Schweinefleisch weltweit. Die Nachfrage übertrifft bei weitem das Angebot in China. Die Nachfrage schwankt stark mit den Preisen und dem Angebot von Alternativen. Ist der Schweinepreis zu hoch, greift die ärmere Bevölkerung auf Wildtiere zurück. Größter Exporteur von Schweinefleisch nach China ist Deutschland. Im September 2020 stoppt China die Einfuhr wegen der Afrikanischen Schweinepest, die aus Polen nach Brandenburg eingeschleppt wurde. Seit 2018 kämpft China selbst verzweifelt gegen die Schweinepest. Der Ausbruch der Seuche hatte die Preise für Schweinefleisch in die Höhe getrieben. 2020 bricht die Schweinepest in Deutschland aus (Wildschwein aus Polen). China stoppt Importe aus Deutschland. Der Schweinpreis in Deutschland bricht ein (auch weil Schlachthöfen wegen Corona die Kapazität fehlt).

Markt für Elektrotechnik und Elektronikprodukte: China hat einen Anteil von 40% am Weltelektronik-Markt. Die deutschen Exporte nach China machen etwa 22% aus. Bei den Importen aus China kommt man auf 52%. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat zunehmend Einfluss: Zölle erhöhen die Preise. Hinzu kommen die Sanktionen (Iran, Russland). Ein Supergau wäre eine erzwungene Entscheidung zwischen USA oder China. Vgl. "Ich schicke Stoßgebete", Interview mit Gunther Kegel, in: Die Zeit Nr. 49, 26.11.20, S. 28.

Maschinenbau und Anlagen: 2020 verliert Deutschland die Führung beim Maschinenexport. Weltmeister ist jetzt China. Gleichzeitig schwindet der deutsche Einfluss in China: Der Anteil deutscher Maschinen beim Import ist stark zurück gegangen. Er betrug mal 22% 2013. 2020 liegt er noch knapp über 18% und schwindet weiter. Vor allem in bestimmten Nischen ist China stark führend: Ultraschall - Werkzeug-Maschinen, Umformende und zerteilende Werkzeugmaschinen. Man muss heute weitgehend vor Ort fertigen, mit steigendem Anteil lokaler Komponenten. Das reine Exportmodell läuft allmählich aus.

Lockdown - Markt: China produziert genau die Produkte, die im Lockdown bei Corona besonders wichtig sind: Medizinprodukte, Medizin - Equipment, Pharma-Artikel, Elektronik. Deshalb boomen diese Branchen auch in China.

Patriotischer Konsum: Die Idee kommt aus den USA, die damit angefangen hat. Im Wettlauf mit den USA (Handelskrieg seit 2018) setzt man auf nationale Champions und will den Binnenmarkt massiv ausbauen. Davon können auch deutsche Unternehmen (als Nicht-US-Unternehmen) profitieren. Allerdings verblassen westliche Marken zusehends. Ein Musterbeispiel ist Apple, das stark zurückgefallen ist. Auch westliche Sportartikelmarken verlieren an Boden. Der chinesische Hersteller Li Ning holt auf. Auffällig ist, dass in den USA in der Regel die Kinder ein höheres Einkommen haben als die Eltern. In den USA ist es anders. Das lässt auf eine steigende Kaufkraft in Zukunft schließen. Deutsche Firmen müssen dafür Strategien entwickeln.

Singles` Day: Dieser Konsumtag wurde 2009 vom chinesischen Online-Riesen Alibaba ins Leben gerufen. Vorbild war der amerikanische Black Friday. In zwischen das fernöstliche Shopping-Ereignis das US-Pendant übertroffen. Es ist das weltweit größte Rabatt-Event, das immer am 11. November stattfindet. Die großen Onlinehändler Alibaba, jd.com und Pinduoduo liefern sich eine Rabattschlacht. 2020 wurden 100 Mrd. Dollar ausgegeben.

Vom Unternehmen zum Markt: 1. Unternehmenseintritt ("Entry"): Man sollte schon lange in China Erfahrungen haben. So sollte es mehr ein Wechsel der Internationalisierungsform sein (z. B. vom Export zur Direktinvestition). Ansonsten sollte man einen Handelsmittler einschalten. 2. Unternehmensaustritt ("Exit"): In den letzten Jahren häufig bei KMU. Gründe: Know-how-Klau, staatliche Reglementierung, Subventionierung chinesischer Firmen. Man kann hier Vorkehrungen treffen. 3. Nullgewinne in der langen Frist: Ökonomischer Gewinn versus Buchgewinn  (Produzentenrente in China; Wettbewerbsprobleme).

Abhängigkeit der Firmen vom chinesischen Markt: Die Abhängigkeit ergibt sich einmal durch die Größe des Absatzmarktes. Besonders deutlich wird das bei VW, das jedes zweite Auto in China verkauft. Die Unternehmen sollten darauf achten, dass in ihren Betrieben in China alle internationalen Regeln und Standards eingehalten werden. Man sollte das immer auseinander halten von Kritik an generellen Bedingungen für Menschenrechte  in China. Das zweite ist extrem riskant geworden. Die Regierung kann leicht die Konsumenten aufhetzen über die sozialen Netzwerke. Die Abhängigkeit ergibt sich zum anderen über die Art der Direktinvestitionen. Die Textilindustrie hat oft nur Ladeflächen gepachtet, die man leicht wechseln kann. Die Produktionsanlagen der Auto- oder Chemieindustrie kosten oft über 1 Milliarde € und können nicht einfach aufgegeben werden. Die dritte Form der Abhängigkeit ergibt sich aus der Perspektive: Wird China die Firmen auf immer werkeln lassen. Oder wird man bei ausreichender eigenen Stärke den Markt schließen. Auch China braucht globale Märkte. Man sollte also alles dafür tun, damit sie sich herausbilden und bestehen bleiben. Trotz oft unfairer Behandlung agieren ausländische Firmen in China, weil sie Gewinne transferieren, wachsen und auch lernen können. Am besten geht es dem herstellenden Gewerbe im High-Tech-Bereich. Die Firmen haben im Heimatland oft Probleme ihr Engagement zu rechtfertigen (NGOs, Kapitalmarkt, öffentliche Meinung).

Abkopplungsstrategie Chinas und der USA, Gegenstrategie westlicher Firmen: Die chinesische Regierung will die Wirtschaft des Landes vom Ausland unabhängiger machen. Viele global tätige Unternehmen werden davon betroffen sein. Der Zollstreit zwischen den USA und China war nur der Anfang. Die Unternehmen sind gezwungen, Strategien zu entwickeln. Wie können diese aussehen? Ihre Gestaltung hängt von der Platzierung in den Quadranten einer Matrix ab. Die X-Achse misst Chinas Bedeutung als Vermarktungsgebiet, die y-Achse die Bedeutung des Landes als Produktionsstandort. Die Achsen gehen vom Focus auf Upstream-Aktivitäten gering bis hoch und Focus auf Downstream-Aktivitäten gering bis hoch. So ergeben sich vier Situationen: 1. Unternehmen sollten alternative Produktionsstandorte aufbauen (Upstream-Unternehmen). 2. Wenig aktive Unternehmen: Wenn Peking diese Branchen ins Visier nimmt, sollten anderenorts Gegengewichte aufgebaut werden. 3. Unternehmen mit dualer China-Strategie: Unternehmen mit alternativen Märkten oder Produktionsstandorten sollten sollten ihre Unanhängigkeit von China erhöhen als auch die Standorte in China stärken. 4. Unternehmen, die China als Markt nutzen: B2C-unternehmen sollten ihr Geschäft wie gewohnt fortsetzenund ihr angebot an den lokalen Markt anpassen. Für B2B-Unternehmen zeichnet sich eine in China für China -Strategie ab. Vgl. J. Stewart Black/ Allen J. Morrison: Abschied vom Westen, in: HBM Oktober 2021, S. 48ff.

Chinas Innovationstreiber: Die Menschen in China haben in den vergangenen Jahrzehnten so viel Veränderung erlebt wie wohl nirgendwo sonst auf der Welt. Nicht zuletzt deshalb sind sie Neuerungen aufgeschlossener gegenüber und integrieren Innovationen nahtlos in ihren Alltag. Damit haben chinesische Unternehmen gegenüber ihren Wettbewerbern im Westen einen handfesten Vorteil. Westliche Unternehmen sollten erfolgreiche Ansätze nachahmen und Produkte sowie Dienstleistungen auf ihre Zukunftsfähigkeit hin auf dem chinesischen Markt testen. Vgl. Dychtwald, Zak: Chinas Innovationstreiber, in: HBM Oktober 2021, S. 30ff.

Bedeutung des Marktes in China und sein Wandel: Kein deutsches Unternehmen mit internationaler Präsens kann sich leisten, auf den chinesischen Markt zu verzichten. Die Unternehmen sind aber zunehmend besorgt über den Kurs der Führung in China. Die Goldgräberstimmung ist also vorerst vorbei. So ist auch der Tenor des alljährlichen Positionspapiers 2021 der EU-Handelskammer. Kurzfristig werden die Aussichten noch positiv gesehen. Die Alternde Gesellschaft in China bremst das Wachstum und ändert die Natur des Marktes. Der Erfolg in China hängt zunehmend davon ab, wie man sich der Führung anpasst. Gewünscht ist eine Lokalisierung der Aktivitäten.

China als Produktionsstandort: China ist längst nicht mehr die unschlagbar günstigste Werkbank der Welt. Die Löhne steigen, der Hochtechnologiesektor gewinnt an Bedeutung. Wer heute in China produzieren will, sollte besser noch mal nachrechnen. Eventuell ist ein näher gelegener Standort günstiger. Man sollte einen Kostenvergleich machen. Heute spricht für China vor allem ein Argument: Die Größe des Marktes (Marketing, Wachstumschancen). Vgl. Hoberg, Kai/ Alicke, K./ Strigel, A.: Zurück nach Europa, in: HBM Januar 2022, S. 60ff.

Chinas Probleme und Rahmenbedingungen für den Markt 2022: Für 2022 nimmt China viele Probleme mit ins Jahr. Die Immobilienkrise ist noch nicht ausgestanden und bleibt ein großes Risiko (siehe oben eigenen Abschnitt). Die Gewerblichen Verkäufe von Wohnimmobilien sind stark gesunken und auch volatil. Im Konflikt mit den USA ist keine Entspannung in Sicht, eher das Gegenteil (eigener Abschnitt oben). Die ständigen Lockdowns verunsichern die Wirtschaft. Schon seit Monaten ist der Konsum belastet. Insbesondere für das Gaststättengewerbe und den Tourismus haben die Einschränkungen schwerwiegende Folgen. China hat kaum eine Alternative zur Null-Covit-Strategie, weil die eigenen Impfstoffe gegen Omikron kaum wirken. Die Regierung nimmt die Tech - Branche unter Kontrolle, was deren Entwicklung nicht fördert. Die sinkenden Wachstumsraten fordern das System heraus (Prognose für 2022 +5,8%). Vgl. Heide, Dana: Chinas riskanter Weg durch das neue Jahr, in: HB Nr. 2, 4. Januar 2022, S. 14f.

Handel in China als Vorbild: Chinesische Unternehmen erfinden das Kundenerlebnis neu. Sie verbinden Hightech und Handel. Einzelhändler aus Europa und den USA hinken ihren chinesischen Mitbewerbern in Sachen Digitalisierung hinterher. WestlicheEinzelhändler können an fünf Stellschrauben drehen: 1. Anlaufstellen schaffen Ökosysteme, Große Plattformen, Produktvorschläge)2. Bewertungen ausbauen (Kundenbeurteilungen, Influencer, Video-Livestreams, unabhängige Plattformen). 3. Vertriebskanäle integrieren (Vernetzung von Online- und Offlinekanälen, Einkaufsmöglichkeiten überall,  Künstliche Intelligenz im Service) 4. Logistik überdenken (Günstige Zusteller, Ausgefeilte Routingtechnologie, Keine Lieferkosten für Kunden). 5. Nah am Kunden sein (Excellenter Service, Treueprogramme auf allen Kanälen, Influencer-Beziehungen, Fan-Marketing). Vgl. Greeven, Mark J./ Xin, K./ Yip, G. S.: Paradies für Händler, in: HBM März 2022, S. 66ff.

China als Wackelkandidat für europäische und amerikanische Unternehmen:  2022 sorgen zwei Faktoren für eine Umorientierung vieler Unternehmen im Bezug auf den chinesischen Markt: 1. Die Lockdown - Politik (Null - Covid - Strategie). 2. Der Ukraine-Krieg mit seinen geopolitischen Risiken. Traumatisch war für viele Firmen der Lockdown in Shanghai und Shenzhen. Ebenso die Rechtfertigung des Ukraine-Krieges durch die chinesische Propaganda. Nach einer Blitz-Umfrage der europäischen Handelskammer wollen über 60% der befragten Unternehmen ihre Umsatzprognose für 2022 nach unten korrigieren (teilweise prozentual zweistellig). Die Unternehmen diskutieren auch darüber, wie sie reagieren würden, wenn China Taiwan angreift. Die große Abhängigkeit deutscher Firmen vom chinesischen Markt ist auch auf der Tagesordnung. Vgl. Kretschmer, Fabian: China, der neue Wackelkandidat, in: Rheinpfalz Nr. 105/ 6. Mai 2022.

Konsumboykott als Machtmittel. Im Jahre 2021 werden westliche Firmen Zielscheiben staatlich gesteuerter Boykott-Aktionen. Es trifft besonders H&M, Nike und adidas. Sie haben sich gegen Zwangsarbeit der Uiguren in Xinjiang auf den Baumwollfeldern  ausgesprochen. Einige Online-Händler in China (Taobao, Tmall) nehmen die Produkte aus dem Sortiment. Schon vorher traf es australische Winzer und Rindfleischproduzenten, als Australien China kritisiert hatte. Die Kampagnen der Regierung werden von den regulierten Sozialen Medien unterstützt (Weibo). Die westlichen Firmen geraten in ein Dilemma (Wahl zwischen Werten und Geschäft). Die aktuelle Boykott-Kampagne der Regierung ist gezielt gegen die Menschenrechtskampagne der USA unter Biden gerichtet. Vgl. Kretschmer, Fabian: Chinas Zorn, in: Rheinpfalz am Sonntag, 28. März 2021, S. 6. Ende 2021 kommt es zu einem Boykottaufruf gegen Tesla. Jeder vierte Tesla wird in China verkauft. Die Raumfahrtfirma SpaceX von Elon Musk, dem Eigner von Tesla,  hatte zwei Satelliten im All, die die Umlaufbahn der chinesischen Raumstation "Tiangong" (Himmlischer Palast)  kreuzte. Diese musste zweimal ihre Umlaufbahn ändern. 2022 leidet adidas sehr stark unter Boykottaufrufen gegen westliche Firmen.

Exkurs. Taicang: Fast 500 deutsche Mittelständler haben sich hier angesiedelt. Die Stadt liegt unweit von Shanghai. Sie gilt als Musterstadt und ist eine unternehmerische Erfolgsgeschichte. Dei meisten Firmen kommen aus Baden-Württemberg. Es gibt sogar eine "Rothenburg-Straße" in der Stadt. Doch die globalen politischen Spannungen und der neue Kurs in Peking schlagen im Alltag durch. Der Wind wird rauer. Vgl. Die Rheinpfalz, 30-5-23, S. 3.

"Sind Rüben auf dem Markt gefragt, muss man sie nicht waschen", Chinesisches  Sprichwort.

Japan:

Vgl. auch als Einstieg: Werner Krämer: Das Japan - Paradoxon. Gedanken über den Zusammenhang zwischen Kultur und Wirtschaft anlässlich einer Japan-Reise, in: Update 6 (FH Mainz, Fb. Wirtschaftswissenschaften, SS 2008), Mainz  2008, S. 30 - 35.

Der japanische Markt hat einen knapp 20%-Anteil am Weltkonsum. Die Japaner sind anspruchsvolle Konsumenten. Japan ist aber auch ein guter Testmarkt für andere Länder: Weltkonsumtrends, Technologiepfade, Geschäftsmodelle. Man braucht als ausländisches Unternehmen interkulturelles Feingefühl und Mentalitätskenntnisse. Vgl. Hatsubai, Shin/ Schneisewind, Dieter: Markt und Marketing in Japan, München 1998 (Beck).

Hindernisse stellen dar bzw. wichtige Faktoren sind: Sprache, Kulturgeschichte, Bildung, Anreize, Taktik/ Strategie.

Der Tankan-Index in Japan (Tanki Keizai Kansoku: kurzfristige Wirtschaftsbeobachtung) wird von der Bank of Japan (BoJ) in Tokio herausgegeben. Er wird vierteljährlich herausgegeben. Er gleicht dem ifo-Index. Er ist einer der wichtigsten Frühindikatoren Asiens. Er misst die Stimmung von Großunternehmen der japanischen Wirtschaft (10.000 private Firmen, Rücklaufquote 99%; seit 1974). Er beeinflusst auch den Aktienindex, den Wechselkurs und die Geldpolitik. Auch Ursachenforschung wird betrieben. Er ist kostenlos, auch in Englisch, erhältlich: www.boj.or.jp./en/statistics/tk/index.htm .

Angesichts der 13 Jahre andauernden Rezession ordnete und orientierte sich die gesamte Wirtschaft einschließlich Markt, Finanzwelt und Institutionen neu (Deregulierung): So wurden viele bürokratischen Hemmnisse angebaut, das verschlungene Distributionssystem im Groß- und Einzelhandel wurde verkürzt und vereinfacht und neue Geschäftsbereiche wurden geöffnet (z. B. Gesundheitswesen).

Die Kundenorientiertheit, dass heißt neue Kunden zu gewinnen und zugleich alte Kunden zu erhalten, sollte immer im Vordergrund stehen verbunden mit Kundenservice (bis zu "Amae"). Die japanischen Kunden achten besonders auf die Produktqualität und Zuverlässigkeit. Ein gute Beziehung zu japanischen Behörden und deren Beamten sollte gepflegt werden (bis zu "Ogoscho"), die dann auch als Informationsquelle genutzt werden können. Dies ist angesichts des komplexen rechtlichen Rahmens, insbesondere bei Exporten,  oft notwendig. Genauso wie die japanischen sollten auch die ausländischen Unternehmen die Konkurrenz, die zunehmend aus China kommt,  immer im Auge behalten. "Größe allein dient nicht notwendigerweise dem Kunden", Leitspruch von Akio Toyota, Chef von Toyota.

Verpackung: Hier gibt es besonders große kulturelle Unterschiede. Eine herausragende Rolle spielt die Verpackung in Japan. sie ist fast wichtiger als das Produkt. Allerdings ist die Rolle für KMU zu relativieren, da die meisten deutschen erfolgreichen KMU im Investitionsgüterbereich aktiv sind. Verpackung hat eine Vielzahl von Aspekten: Geschlechtsunterschiede, Kinder, Online-Shopping, Preis, veränderte Wahrnehmung, Erfahrung, Differenzierung homogener Produkte, ökologisch (ohne Verpackung), Gefühle (Neuro-Ökonomie), Praxis. Mittlerweile gibt es immer mehr Verpackungsfrei-Läden. Sie basieren auf dem Zero-Waste-Prinzip (fünf R, refuse, reduce, reause, recycle, rot/ kompostieren; als Erfindern gilt Bea Johnson). Ästhetik: Sie spielt im Marketing in der Form (Produkt), in der Kommunikation (periphere Botschaft) und in der Symbolik (räumliche Gestaltung, Struktur) eine Rolle. Besonders prägend ist die Ästhetik im japanischen Marketing. "Wabi Sabi" (Einsamkeit, Freisein) und "Kawai" (kindisch) sind berühmte Konzepte. Eine besondere Rolle spielt hier die Verpacklung. Design 2.0 bezeichnet nachhaltige Produkte von morgen. Zur Rolle der Verpackung in Japan habe ich eine Reihe von Diplom- und Bachelor - Arbeiten betreut.

Im Vordergrund bei deutschen KMU steht in der Regel der Ausbau eines Vertriebsnetzes und des Kundendienstes. Produktionsstandorte in Japan für die Markterschließung werden weniger gesucht. Vgl. Markteintritt von Klein- und Mittelbetrieben in den japanischen Markt von Parissa Haghirian, in: Pohl, M./ Wiechorek (Hrsg.): Japan 2006, Hamburg 2006, S. 151 ff.

Im Sommer/ Herbst 2007 habe ich ein Projekt zur interkulturellen Kommunikation mit Schwerpunkt "Zusammenhang Wirtschaft-Kultur" in Bezug auf Japan durchgeführt.

Markt "Südostasien": Dort entsteht ab 2015 mit der AEC (Asean Economic Community) eine neue Wirtschaftsgemeinschaft (Marktpotential ca. 600 Mio. Menschen). Dahinter stehen die ASEAN-Länder. Welche Unternehmensstrategie man wählt, hängt insbesondere von der Branche ab: im Hightech-Bereich sollte man Malaysia, Singapur und Thailand ins Auge fassen. Bei Billigproduktion kommen Kambodscha, Laos und Myanmar in Frage. Für Massenproduktion eignen sich Indonesien und Vietnam. Für Dienstleistungen sind Brunei und die Philippinen geeignet. Vorteile in dieser Region sind große Investitionsanreize, Einsparen von Handelskosten, teilweise westliche Gesetzgebung, Steuerbefreiungen. Risken sind nationale politische Eigeninteressen, kleinteilige Märkte, unterschiedliche Geschäftskulturen. Vgl. Markt und Mittelstand 10/ 2014, S. 64ff. Singapur, Malaysia und Thailand gehören zu den wirtschaftsfreundlichsten Ländern. Die Ausfuhr deutscher Unternehmen in die Asean-Wirtschaftszone lag 2012 bei 22,6 Mrd. Euro (+15,7%, Destatis).

2010 wollen wieder mehr deutsche Firmen in Asien investieren. Nach einer Umfrage des DIHT bei 9000 Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes 44%. Die Unternehmen wollen vor allem ihren Vertrieb und den Kundenservice in Asien ausbauen. Kostengründe spielen eine untergeordnete Rolle (28%, in China nur 20%).

Lebensmittel und Wertschätzung: Obst wird 2017 in Japan zum Luxusgeschäft. Die Japaner lieben das heimische Obst. Manche Früchte erreichen Luxuspreise (Beispiel: eine Erdbeere umgerechnet 8 Euro; eine Melone kann 220 Euro kosten). Obst wird Geschäftspartnern und Freunden als ein Zeichen der Wertschätzung überreicht. Auch die Preise für Thunfisch steigen rapide. Die Waren werden zum Teil in Luxusgeschäften in Tokio angeboten. Es gibt immer mehr Bio-Höfe in Japan. Vor allem auf den kleineren Inselgruppen, wie etwa auf Okinawa. Sehr kompliziert ist die Herstellung der Udon - Nudeln. Man muss lange dafür lernen. Man arbeitet mit Händen und Füßen. Bei Bio-Lebensmitteln gibt es Kooperationen mit der Schweiz.

Bevölkerungsentwicklung in Japan und Märkte: Japans Bevölkerung schrumpft seit 14 Jahren (von 2019 zurück). Lange hielten viele japanische Unternehmen den Heimatmarkt für groß genug (2019: 127 Mio. Menschen gegenüber Deutschland mit 81 Mio. Menschen). Jetzt kämpfen die Unternehmen des Landes um neue Kunden in aller Welt und um die Konsumentengruppe der Betagten ("Silver Hairs"). Die jungen Konsumenten gehen nach und nach verloren. 2017 war Japan mit insgesamt 160 Mrd. US-Dollar der zeitgrößte Auslandsinvestor der Welt. Damit überholten die japanischen Firmen sogar China. Das war schon einmal, bis die Expansion nach dem Platzen einer Spekulationsblase 1990 vorerst vorbei war. Vgl. Lill, Felix: Wir haben Poldi, kauft bei uns, in: Die Zeit Nr. 16, 11. April 2019, S. 29.

"Wirkung ist die Vergeltung der Ursache", Japanisches Sprichwort.

"Ich kann mir gut vorstellen, dass unser nächster Wettbewerber aus China kommt, ich weiß nur nicht genau, wann", James McNerney, Boss von Boing.

 

Tee ist in China etwa seit dem 3. Jh. n. Chr. bekannt und wurde ab dem 6. Jh. beliebt und auch dann nach Japan exportiert. Das deutsche Wort "Tee" leitet sich auch aus dem Chinesischen ab (ti - Fujian-Dialekt). Bekannt ist vor allem der grüne Tee (nicht fermentierte und getrocknete Blätter). Heute wird in China ein Viertel der Weltteeproduktion hergestellt. Hangzhou in der Provinz Zhejiang an der Ostküste Chinas ist eine der Geburtsstätten der chinesischen Teekultur. "Not for all the tea in China" bedeutet "not at any price" (aus dem 19. Jahrhundert, als Tee sehr teuer war). Dort wird der berühmte Drachenbrunnentee angebaut. Die März-Ernte wird als Kaiser-Tee bezeichnet. Sie war früher nur dem Kaiser und ist heute den KPC-Spitzen vorbehalten. Vgl. zu einer ausführlicheren Darstellung Geschichte am Beispiel des Tees.

 

Auf dem Foto links ist das Wahrzeichen von Hoi An dargestellt: die japanische Brücke. Sie verband einst das chinesische und das japanische Viertel in der alten Hafenstadt. Insofern ist sie ein Symbol für die Verbindung von Japan und China in Wirtschaftsfragen (ein weiteres Symbol dafür ist die japanische Insel Okinawa). Hoi An in Vietnam, eine sehr wichtige Station in der alten maritimen Seidenstraße, wurde von der Kultur beider Länder beeinflusst. Die Brückenpagode (Chua Cau) entstand etwa 1763 und war dem taoistischen Gott Tran Vo Bac De (dem Herrscher des Nordens) geweiht.

 

Wirtschaftsbeziehungen zwischen  China und Japan (bzw. Verhältnis allgemein):

"Ohne die Kälte des Winters gäbe es die Wärme des Frühlings nicht", Zen.

Die Corona-Pandemie, der Handelskrieg zwischen den USA und China und er weltweite Abschwung verändern den Handel im ersten Halbjahr 2020 dramatisch: Die Exporte nach China gingen um 3,6% zurück auf 6,78 Billionen Yen. Die Importe aus China verringerten sich um 6,7% auf 8,48 Billionen Yen. Japan hatte ein Handelsbilanzdefizit von 1,7 Billionen Yen. 340 Mrd. Dollar beträgt das Volumen des gegenseitigen Handels 2011. 2010 hat Japan Güter im Werte von 18,9 Mrd. € nach China geliefert. Es handelt sich vor allem um Elektronik, Maschinen, Autos und chemische Produkte.Im Jahre 2009 war aus Sicht Japans China (Exporte: 78,6 Mrd. €, Importe 87,9 Mrd. €) der wichtigste Handelspartner. Exporte von China nach Japan 2006: 90 Mrd. € (114 Mrd. $ 2005, 11%; 87,4 Mrd. $ 2004: 12%). Exporte von Japan nach China 2007 77 Mrd. € (2006: 85 Mrd. € , 80 Mrd. $ 2005, 75 Mrd. $ 2004, 13% der japanischen Exporte, 15,2% der chinesischen Importe). China größter Handelspartner Japans vor USA und Deutschland.  Japan wichtigster Handelspartner Chinas. Im Jahre 1972 betrug das Handelsvolumen noch 1,1 Mrd. $, im vergangenen Jahr über 207,36 Mrd. $  (2010: 340 Mrd. Dollar). Vereinbarte Japanische Direktinvestitionen in China 7,96 Mrd. $ 2003 (+66%). Die getätigten DI stiegen 2004 auf 5 Mrd. $, 2006 lagen sie bei 4,6 Mrd. $, -30% gegenüber 2005. Umgekehrt gibt es nur ganz wenig chinesische Direktinvestitionen in Japan (im mittelständischen Bereich), bevorzugt wird eher Hongkong und Macao, bei Ressourcen auch Süd- und Nordamerika und Afrika. Der Anteil der asiatischen Direktinvestitionen an allen Auslandsinvestitionen in Japan beträgt nur 7,6%. Beide Länder rivalisieren um Energiequellen in umstrittenen Meeresabschnitten. Im Herbst 2010 bricht der Konflikt bei den Senkaku-Inseln wieder auf. Diese Gewässer gelten als reich an Öl und Gas. Anlass ist die japanische Festnahme eines chinesischen Fischers. Im April 2007 besucht Chinas Premier Wen Jiabao nach sieben Jahren Pause Japan, um die Wirtschaftsbeziehungen noch zu verbessern.2011 kooperiert China mit Japan bei Währungen. Es wird die direkte Abwicklung von Handelsgeschäften in den Währungen Renmimbi und Yen vereinbart (bisher über Umweg Dollar, was teuer ist). Japan will auch ein Teil der Devisenreserven in chinesische Staatsanleihen investieren. Beide Länder streiten um eine Inselgruppe im ostchinesischen Meer. Die Inselgruppe wird in Japan Senkaku und in China Diaoyu genannt. Im Herbst 2012 belastet die Auseinandersetzung um die Senkaku Inseln (so in Japan genannt; in China: Diaoyu) die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Japan und China. Japan will die Gruppe für 20,8 Mio. $ von der Unternehmerfamilie Kurihara kaufen. Im November 2013 richtet China eine Flugüberwachungszone über dem ostchinesischen Meer ein. Die definierte Zone umfasst Gebiete, die Japan, Südkorea und Taiwan als ihre Luftverteidigungszonen betrachten. Die USA schlagen sich auf die Seite dieser Länder. Die Frage ist, ob die Spannungen 2014 eskalieren könnten. Wahrscheinlich gibt es weitere Zwischenfälle. Aber die wirtschaftliche Verflechtung zwischen den USA und China ist sehr hoch (China zweitgrößter Handelspartner und größter Gläubiger der USA). China setzt sehr stark Mittel der internationalen Kommunikation ein (Staatspräsident Xi Jinping will Ende März 2014 bei seinem Deutschlandbesuch das Holocaustdenkmal besuchen; wohl um Japan zur Aufarbeitung seiner Gräueltaten an Chinesen im 2. Weltkrieg zu erinnern). Schon vorher hatte das chinesische Fernsehen immer wieder die Judenvernichtung gezeigt. Der steigende Nationalismus in Japan und die Haltung, sich nicht offen mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, belasten die Beziehungen, auch die wirtschaftlichen, zu China und Süd-Korea. Im Mai 2018 besucht der chinesische Ministerpräsident  Le Keqiang Japan. Man vereinbart Verhandlungen über die umstrittenen Inselgruppen und eine Ausweitung des Handels zwischen beiden Ländern.

Im WS 2007/2008  im 2. Studienabschnitt (im Hauptstudium) führte ich zu diesem Thema ein Seminar  bei MO/IBM EA  (auch Ostasien in der Globalisierung) durch. Themenvereinbarungen für Seminararbeiten per Email während des Auslandsaufenthalts in China oder Japan sind möglich. Sie müssen in den Rahmen passen ("Tokios Taxifahrer werden in zehn Jahren Chinesisch sprechen, nicht Englisch", Taro Aso, Japans ehemaliger Außenminister).

Japanisches De-Risking: Ein Krieg in Taiwan wäre eine Katastrophe für die drittgrößte Volkswirtschaft. Japan hat deshalb schon früh auch eine ökonomische Zeitenwende ausgerufen. Man will sich sanft von China entkoppeln. Umgerechnet 3,3 Mrd. € sind seit 2020 aus Japans Staatskasse an japanische Unternehmen geflossen, damit sie ihre Lieferketten unabhängiger von China machen. China ist ein interessanter Markt, darf aber nicht Teil der kritischen Lieferkette sein. Vor allem bei Sektoren wie Halbleitern und modernsten Computern muss die Forschung im eigenen Land bleiben.  Vgl. Mattheis, Philipp: De-Risking auf Japanisch, in: WiWo 39/ 22.9.23, S. 34f.

Einige Unternehmen orientieren sich konkret um: Canon hat seine Fabrik in Südchina geschlossen (gegründet 1990). Auch ond und Mazda wollen von China unabhängiger werden. Tamura (Corporation, Rasenmäher) verlagert die Produktion von China nach Rumänien.

 

  Der größte Buddha Japans (Daibutsuden, Ur-Buddha, 16,2 m hoch) im Todaiji-Tempel von Nara (früher Heijo, 710-794 n. Chr. Hauptstadt)  sollte 752 n. Chr. die Verbindung des Landes mit den anderen großen Ländern in Asien (China, Indien, Korea)  symbolisieren. Der Buddhismus war während der Asuka-Zeit vorher nach Japan gekommen. Nara hatte eine problematische Lage. Nach Nara wurde Kyoto der Kaisersitz und die Hauptstadt Japans. Im Museum in Nara findet man Überbleibsel der Schiffe und ihrer Ladung, die zu der Zeit als Tribut nach China geschickt wurden. Die meisten gingen unter. Die Nara-Zeit war eine Zeit der kulturellen Blüte. Gefahr drohte auch Invasion aus China oder Korea. Aber es gab ein Wehrpflichtsystem und eine System von Steuereinkünften.

Historischer Abriss aus der Sicht Japans: Japan hatte schon seit dem 3. Jh. über Korea Kontakt zu China. Im 5./6. Jh. übernahm es die chinesische Schrift und den Buddhismus. Vor allem aber während der Sui- und Tang-Zeit wurde chinesische Kultur in Japan geradezu systematisch übernommen. Das geschah nicht zufällig zu einer Zeit, in der einzelne Fürsten die Alleinherrschaft übernehmen wollten. So kann man heute noch die Kultur der Tang in Japan sehen (z. B. höfisches Leben). Es  gab auch schon sehr früh Handelsbeziehungen zwischen den Ländern Japan und China. Im 8. Jh. n. Chr. hatte China eine so herausragende Stellung, dass große Nachbarländer wie Korea, Indien und Japan nur einen Vasallen-Status ausübten und mit Tributgesandtschaften ihre Hochachtung erwiesen. Im Nationalmuseum von Nara  (im 8. Jh. n. Chr. Hauptstadt) liegt ein vollständig erhaltener Schatz, der über die Rolle Chinas als Drehscheibe in Asien Aufschluss gibt. Der Etappenhandel über die Seidenstraße (2008 vom 09. 02. bis 01. 06. findet die Ausstellung "Ursprünge der Seidenstraße - Sensationelle Neufunde aus Xinjiang" im Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museum statt) konnte bis zu sechs Jahre für eine Ware dauern. Alle 10 Jahre fuhr eine Flotte von Japan nach China, von der nur ein Drittel ankam ( die Japaner kannten nur die Küstenschifffahrt). Erst spät klinkt sich Japan aus mit einem berühmten Brief des Shogunats Ashikaga (bis 1508) an China, in dem dass Land der aufgehenden Sonne (Japan) das Land der untergehenden Sonne (China) grüßt. 1534 landen die Portugiesen in Tanegashima (fälschlicherweise galt lange das Jahr 1543 als Entdeckungsjahr Japans durch die Europäer, Portugal war jedoch im Wettbewerb mit Spanien zu einem früheren Zugang gezwungen, vg. Gerlach von M.: 1543 - Japan entdeckt? digitale Diss. UB Tübingen 2006); die von ihnen mitgebrachten Feuerwaffen setzen sich rasch durch und ermöglichen die Reichseinigung durch Fürst Oda (Samurai-Familie Tokugawa). 1603 wird der Regierungssitz nach Edo (Tokyo) verlegt und ab 1616 findet eine Abschottung gegen das Ausland, Auslandsreisen und den Außenhandel statt. Hauptsächlich findet in dieser Zeit nur Außenhandel mit China, Holland (über die Insel Dejima in Nagasaki; P. F. von Siebold wirkte dort als Arzt und Naturforscher: in Japan einer der bekanntesten Deutschen) und England statt (bereits 1600 war William Adams nach Japan gekommen, seit 1613 liefen die Engländer den Hafen Hirado an). 1853/54 erzwingt der amerikanische Admiral Perry durch Flottenpräsens der "Schwarzen Schiffe" die Öffnung Japans für den Außenhandel. Die Meiji -Zeit (1867) bringt  dann eine weitere Öffnung Japans im Außenhandel gegen Westen und tief greifende Reformen. Drei Jahre nach der Meiji-Restauration von 1868 nahmen Japan und China diplomatische Beziehungen auf.  Bald gab es aber die ersten Streitigkeiten um Taiwan und dei Ryukyu-Inseln. Die Hauptinsel Okinawa annektierte Japan 1879. Nicht einmal 100 Jahre nach der Öffnung ist Japan Weltmacht und fällt 1937 in China ein (dem japanischen Eroberungswahn fallen 20 Mio. Menschen zum Opfer, schon 1931 und 1932 kam es zu Gebietseroberungen, 1895 wurde das heutige Taiwan kolonialisiert). Diese Hypotheken belasten noch heute die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern. Das zeigt sich immer wieder, wenn führende Politiker Japans den Yasukuni - Schrein besuchen (2007 von Abe erstmals ausgesetzt), der den Männern gewidmet ist, die sich um das Land verdient gemacht haben. Dagegen hat der Überfall auf Pearl Harbor 1941 und die Niederlage gegen die USA im 2. Weltkrieg keine negativen Auswirkungen mehr auf die Wirtschaftsbeziehungen mit den USA. Vgl. auch GeoEpoche, Nr. 21, 2006: Das kaiserliche Japan. Die Samurai-Burgen gehören zu den beeindruckendsten Touristen-Zielen Japans. Eine von ihnen, die Burg über Hirosaki, muss im Herbst 2015 verschoben werden, damit das Fundament repariert werden kann. Während der Meiji-Zeit musste die Burg schon einmal umziehen. Einheimische, Touristen und Kinder dürfen mit Seilziehen (Hikiya) helfen.

Man spricht heute noch von einer ewigen Erbfeindschaft zwischen China und Japan. Dei Vergangenheit vergeht nicht. Die diplomatischen Demütigungen, die Eroberungsfeldzüge und Kriegsgräuel, die Japan den Chinesen in den fünf Jahrzehnten 1894-1945 angetan hat, vergiften bis heute die Beziehungen. Aktuell geht es um die gewaltsame Veränderung des Status Quo im Südchinesischen und Ostchinesischen Meer. In diese Streitigkeiten sind auch die USA eingebunden. Vgl. Sommer, Theo: China First, München 2019, S. 295ff.

"Freunde kann man sich aussuchen, mit Nachbarn muss man ein Auskommen finden",  Wu Bangguo, chinesischer Parlamentsvorsitzender über die Zukunft der chinesisch-japanischen Beziehungen.

"Chinas Entwicklung ist ein großes Plus für Japan", Shinzo Abe, Japans ehemaliger Ministerpräsident.

       Kyoto als Symbol:

Berühmter Zen-Trockengarten (karesansui) im Ryoanji-Tempel in Kyoto. Das Weltkulturerbe (Kyoto war von 794 bis 1863 Sitz des Kaiserhofes)  ist eine im höchsten Grade stilisierte Komposition aus 15 Felsblöcken als Inseln des Lebens und geharktem weißen Sand als Ozean des Lebens. Der ganze Kosmos auf kleinster Fläche. In Kyoto belegen 1600 buddhistische Tempel und 270 shintoistische Schreine den religiösen Stellenwert der alten Kaiserstadt. Kansai, wo Kyoto liegt, ist die älteste Kulturregion Japans. Kyoto gilt als Zentrum des fünften Elements (Daoismus, Shintoismus) der Welt, des Geistes (Leere). Der größte japanische Garten in Europa ist in Kaiserslautern. Auch dort kann man einen Trockengarten in Natura beobachten. Der japanische Garten in Kaiserslautern startet jährlich mit dem Kirschblütenfest. Die zarte Blüte des Kirschbaums ist ein Symbol für Frühling, Leben, Liebe, aber auch Vergänglichkeit. Nur 50 km von Kyoto entfernt produzieren Atomkraftwerke Strom (auch nach Fukushima). Damit ist das Weltkulturerbe auf einem atomaren Pulverfass.

"Blue sweep of heavens    Wide and clear-    Might my heart share    Their spaciousness!", Der japanische Kaiser Mutsuhito, später Meiji genannt (das japanische Kaisertum ist die älteste bestehende Monarchie der Welt; der Tenno gilt den Japanern als Abkömmling der Sonnengöttin Amaterasu und höchste Autorität des Shinto).

Die Stadt Kyoto, die schönste aller japanischen Städte, wurde weltweit durch das so genannte Kyoto-Protokoll zum Symbol für globalen Umweltschutz. Es wurde 1997 beschlossen und schreibt vor, dass die Industrienationen ihren Ausstoß von Treibhausgasen um durchschnittlich 5,2% relativ zu 1990 im Zeitraum 2008-2012 reduzieren (im Februar 2005 ist es mit der Ratifizierung Russlands in Kraft getreten). China und die USA  sind nicht beigetreten (Australien erst 2007), weshalb Japan lange gezögert hat. In Japan ist Kyoto heute noch historisches und kulturelles Zentrum des Landes und die Radfahrerstadt Japans. Kyoto war von 794 bis 1603 Hauptstadt von Japan. Die Japaner haben ein sehr hohes Umweltbewusstsein (man sieht so gut wie keinen Müll in der Landschaft; auch die Mülltrennung klappt perfekt; in der Umweltpolitik war das Kompensationssystem im Großraum Tokio mit Aufgabe des Kausalitätsprinzips in der Rechtsprechung Bahn brechend). In den vielen Gärten Kyotos (z. B. am Tenryu-ji - Tempel, am Ryoan-ji - Tempel, am Tofuku-ji - Tempel, am Rokuon-ji-Tempel mit dem berühmten Goldenen Pavillon, am Sanzen-in - Tempel, im Heian-Schrein/Ozaki-Park, im Shugakuin-rikyo -Garten) kommt die starke ästhetische Komponente zum Ausdruck, die auch heute noch in allen Bereichen des täglichen Lebens eine Rolle spielt. Die Gärten sollen auch Wege der Erleuchtung bieten und zu Gelassenheit führen. "Willst du einen Tag lang glücklich sein, trinke Bier; willst du einige Jahre glücklich sein, heirate; willst du ein Leben lang glücklich sein, lege einen Garten an", asiatisches Sprichwort.

  Auf dem Fuji-san-Gipfel (auch unter Fujiyama bekannt) im Sommer 2007 (er ist nur im Juli, August zu besteigen; dann pilgern auch Millionen  Japaner auf den heiligen Berg, 3776 m hoch). Der vom Gipfel (Schichtvulkan)  aus erlebte Sonnenaufgang (Goraiko) ist Höhepunkt für jeden Japaner. 2013 steht der Berg vor der Aufnahme auf die Liste des Weltkulturerbes (Tradition der Bergverehrung, fünf große Seen, acht Schreine, Shiraito-Wasserfall, 70.000 Hektar). Von der Natur her ist der Berg aber ein Problemberg: Müll und Menschenmassen setzen ihm zu. 370.000 Bergsteiger gab es 2013 in der Zeit zwischen Juli und September. Deshalb soll eine "Besteigungsgebühr" (Klettermaut) eingeführt werden.  Der Berg verkommt auch zur Kloake, weil die Toiletten dem Andrang nicht gewachsen sind. 1707 ist zuletzt der Vulkan auf dem Fuji ausgebrochen. Geologen haben berechnet, dass er im kommenden Jahrzehnt erneut ausbrechen kann. Der Aokigahara-Wald am Fuße des Fuji ist auch ein beliebtes Reise- und Ausflugsziel. Allerdings zieht er auch viele Lebensmüde an ("Kultstätte" des Freitods). Die Behörden versuchen, dagegen vorzugehen. Seit 2013 gehört der Berg zum Unesco-Weltkulturerbe. 2019 besuchten 236.000 Menschen den Berg. Die Klettersaison 2020 wird der Berg gesperrt wegen Corona.

In Japan selbst steht eher der heilige Berg Fuji-san für den Umweltschutz (früher nur für hohe Beamte zugänglich, bis in die Zwanziger Jahre des vorigen Jh. nicht für Frauen, wohl 663 erstmals von einem Mönch bestiegen) . Die hier aufgehende Sonne wurde auch zum Nationalsymbol Japans und prägt die Nationalflagge.  Der eigentliche Name Japans "Nippon" (Nihon) bedeutet ja aufgehende Sonne. Der Fuji steht als Heiligtum und Symbol des Landes für Reinheit und als Tor in eine andere Welt (früher Sitz der Götter, Kami). Im Shintoismus dreht sich so gut wie alles um Reinheit und Reinigung. Shintoismus, Buddhismus und Konfuzianismus bilden eine integrierte Einheit in Japan: Shintoismus sehr diesseitig mit Moralregeln und enger Verbindung zur Natur (Umweltschutz ist Bestandteil der Kultur), Buddhismus mit Jenseitsbezug, der durch Rehe symbolisiert wird; Konfuzianismus als Grundlage des gesellschaftlichen Ordnungssystems mit Pyramidenform. Obwohl sich die japanische Regierung zur Zeit so "grün" wie noch nie gibt, wird das Ziel des Kyoto - Protokolls nicht erreicht werden: von 1990 bis 2012 die CO2 Emission um 6% zu senken wird mit 4% verfehlt. Auf dem G8 Gipfel 2007 unterstützte Japan die Position Deutschlands gegen die USA. Japan hatte von Deutschland 2008 die G8 Führung übernommen, das Folge - Treffen fand auf Hokkaido statt (in Toyako, bekannt durch den Vulkansee Toya und seine Kurquellen). In den folgenden Jahren tritt Japan eher wieder als Bremser in der Umweltpolitik auf. Auf Druck der Industrie wird 2010 ein Klimagesetz (keine Emissionsobergrenze) entschärft. Die Naturkatastrophe von Fukushima und die Stilllegung der Atomkraftwerke verschlimmert die Lage noch. "Und wenn du auch die Kraft hast, einen Berg zu versetzen, so brauchst du noch einen Verstand, der so groß und so ruhig ist wie ein Ozean", asiatisches Sprichwort.

      Die Große Mauer (Wanli Chang; auch Wan li chang cheng; oder  Großer Drache genannt) ist das größte Bauwerk der Welt.  Sie ist ein 10.000 Li (1 Li=0,5km) langer Befestigungswall im Norden Chinas. Neuere Forschungen kommen sogar auf 7200 km (oder gar 21.00 km). Ihr Bau begann vor 2000 Jahren in der Qin-Dynastie. ("Wer nicht auf die Große Mauer gestiegen ist, ist kein wahrer Mann", Mao Zedong). Wahrscheinlich konnten die Qin auch Teile verbinden, die es vorher schon gab (schon seit 5.Jh. v. Chr.). Sie hatte eine ähnliche Funktion wie im Römischen Reich der Limes. Diese Stelle (Bild) ist das Ende der Großen Mauer in der Wüste Gobi am Jiayguan Pass (auch als "Mund" Chinas bezeichnet), einem der wichtigsten Punkte der Seidenstraße im Hexi-Korridor. Die Seidenstraße ist der  alte "Trampelpfad" der Globalisierung.  (vgl. den Artikel über die  Seidenstraße auf der Seite Öffentlich/Public). An der Mauer haben die Dynastien der Qin, der Han, der Wei, der Zhou, der Tang, der Liao und der Ming gebaut. Heute sind nur noch Teile erhalten und restauriert; seit 2006 ist verboten, die Mauer als Steinbruch zu nutzen. In der Regel kamen die Baumaterialien aus der Region. Besonders bewährt als Bindemittel hat sich Klebereis.

"Länder wie die USA, Spanien, Portugal und Italien sind eigentlich alle bankrott. Die Zukunft liegt dort, wo das Geld ist. Das ist Asien", Jim Rogers, Mitgründer des Hedge-Fonds Quantum.

Ostasien als Teil der Globalisierung:

"Wenn es hinter den Mauern blüht, wird man es draußen riechen", (aus China).

"Hebt man den Blick, so sieht man keine Grenzen", (aus Japan).

Gliederung: Begriff und Ursachen der Globalisierung, Welthandelsboom, Asien als Antreiber, Grundzüge der Globalisierung, Produktionsfaktor "Arbeit", Auswirkungen auf Deutschland und die EU, Geschichte, Ziele der Globalisierung.

 

Begriff und Ursachen der Globalisierung: zunehmende weltweite Vernetzung der nationalen Produkt-, Arbeits- und Kapitalmärkte (nie waren die Volkswirtschaften so eng miteinander verflochten; "Was die Weltwirtschaft angeht, so ist sie verflochten", Kurt Tucholsky). Staatsgrenzen verlieren an Bedeutung für ökonomische Transaktionen. Beschleuniger sind neue Technologien (Kommunikation), wissenschaftliche Innovation, niedrigere Transaktionskosten (Zollabbau), Deregulierung vor allem der Kapitalmärkte, die Dynamik der Schwellenländer, insbesondere  die Öffnung Chinas. Seit dem Zusammenbruch Osteuropas 1990 ist der Begriff in der öffentlichen Diskussion. Er wurde vom Harvard-Ökonom Theodore Levitt bekannt gemacht. Im Zuge der Globalisierung verlagert sich das Epizentrum der Weltwirtschaft allein schon aufgrund der Bevölkerungsentwicklung in Richtung Asien und China wird bald die beherrschende Volkswirtschaft der Welt sein. Im Jahre 2025 dürfte China nach Schätzungen einen Anteil an der Weltwirtschaft (zu Kaufkraftparitäten) von 25% haben (gegenwärtig 2009 8%-Anteil am globalen BIP, Japan 9,1%).  China hat 2016 schon einen Anteil von 15 Prozent an der globalen Wirtschaftsleistung. Insgesamt entwickeln wir uns wirtschaftlich zu einer multipolaren Welt;  für Unternehmen bedeutet dies ein weltweiter Entscheidungshorizont. Die treibenden Kräfte in der Globalisierung sind der technische Fortschritt, der harte Wettbewerb zwischen den reichen Ländern und der Freihandel. Restriktionen liegen in der Begrenzung der Ölförderanlagen, der Agrarproduktion und der Infrastruktur. Für einige ist die Globalisierung eine positive Entwicklung, die neue Möglichkeiten für die Menschen in den unterentwickelten Ländern bringt; für andere eine Möglichkeit reicher Nationen, auf Kosten der ärmeren zu profitieren. In der Weltwirtschaftskrise 2009 nimmt der Protektionismus wieder zu, so dass sich die Globalisierung zurück entwickeln könnte. Europa hat eindeutig die ersten Wellen der Globalisierung beherrscht bis zur Eroberung der Welt durch das britische Empire. In der letzten Welle konnten die Schwellenländer als billige Werkbänke genutzt werden. Jetzt beginnen die Billiganbieter Weltmarktführer zu werden. "Wir müssen einen weniger akademischen Erklärungsansatz für die Vorzüge der Globalisierung entwickeln", Neville Isdell, Coca-Cola-Chef."

Welthandelsboom: Die fortschreitende Globalisierung weitet den Welthandel immer weiter aus. Nach der Weltwirtschaftskrise wächst er 2010 um 14,5%. Die Prognose für 2011 von der WTO lautet 6,5% (Exportvolumen). Von 1982 bis 2012 ist der Welthandel durchschnittlich um 7% gestiegen, 2013 soll er nur noch um 2% wachsen. Augenscheinlich zeigt sich dies am Wachstum der Zahl der Handelsschiffe und Häfen (im Container-Umschlag 2007 Singapur vor Shanghai, Hongkong,  und Shenzen; Güterumschlag auf See erreicht 2007 Höchststand). Der Welthandel wuchs 2006 um 8%, 2005 um 7,3%, im Jahre 2004 um 10,3% (lt. IWF Umfang der Exporte 2006  11920 Mrd. US-$). 2007 betrug das Wachstum des Welthandels 5,5%, wegen Risiken der Finanz- und Immobilienmärkte, große Handelsungleichgewichte) . Von 1950=100 wuchs er auf 2943 im Jahre 2005 (Index). Gemeint ist der reale Anstieg mit Waren und Dienstleistungen, die insgesamt exportiert oder importiert werden. Man spricht von globalem Kapitalismus. Das weltweite Handelsvolumen betrug 2007 28.194 Mrd. $ (2006: 24.541, WTO). Für 2009 kommt es nach der internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise zu einem Einbruch von -12%  (WTO, stärkster Einbruch seit 80 Jahren). Die erste Weltrezession seit 1945 ist da. Besonders betroffen ist Ostasien. Die WTO rechnet 2010 wieder mit einem kräftigen Anstieg von 9,5%. Ca. 40% des Welthandels wird durch die Luft abgewickelt (Flugzeuge). 12,5 Billionen $ ist der Wert aller Waren, die 2009 global gehandelt wurden. Durch die Weltwirtschaftskrise 2008/2009 ist der Welthandel stärker eingebrochen als während der große Depression. Man konnte beobachten, wie die globalen Lieferketten zusammenbrachen. China ist mittlerweile Deutschlands drittgrößter Außenhandelspartner, 2010 stiegen die deutschen Exporte nach China um 44%. Nach Daten der WTO für 2010 ergibt sich folgende Rangfolge der Exportnationen (in Mrd. Dollar): China 1578, USA 1278, Deutschland 1268, Japan 770. In der Globalisierung (seit 1990) ist der Anteil der USA an den Weltexporten von 11,6 auf 8,5% 2010 gefallen. China und andere Schwellenländer konzentrieren sich in Zukunft aber eher auf den Binnenmarkt, auch Protektionismus greift um sich. Anfang 2014 steigt die Stimmung in der Weltwirtschaft spürbar an. 1100 Experten aus 121 Ländern schätzen bei einer Befragung des Ifo-Instituts die Aussichten besser ein. Aber das erste Halbjahr verläuft enttäuschend. Der IWF rechnet in der zweiten Jahreshälfte mit einer weltweiten Erholung und erwartet 2015 eine gute Konjunktur. Der Trend, dass sich der Welthandel wesentlich dynamischer entwickelt als das weltweite Bruttoinlandsprodukt geht weiter: Ende 2011 war das Welt - BIP bei fast 500 (Index, 1960=100). Der Welthandel lag bei 1900.  "Großes Potential liegt in Asien, aber auch nach wie vor in Osteuropa. hinzu kommt Südamerika", Wolfgang Reitzle, Linde-Chef, Handelsblatt 07.12.09, S. 4).

Für die nächsten Jahre ab 2014 sieht die Weltbank (Prognose 2014) eine positive Zukunft: Wachstum des Welt-BIP 2013 2,4%: Wachstum 2014 3,2%, 2015 3,4%, 2016 3,5%. 2014 erwartet der IWF ein Weltwirtschaftswachstum von 3,7%. Nach einer IWF-Berechnung ist die Weltwirtschaft (Welt - BIP) 2006 um 5,4% gewachsen (2007: 5,2% , 2008: 4,8%). 2010 soll die Weltwirtschaft um 4,6% wachsen, 2011 um 4,4% (IWF). Als Risiken gelten die hohen Ölpreise, die Dauerkrise in der Eurozone und die Megaschulden der USA. Darunter die reichen Länder 2010 um 2,6% (2011: 2,4%). Am stärksten wird das Wachstum für die Schwellenländer China und Indien prognostiziert (China: 2010 10,5%, 2011 9,6%; Indien: 2010 9,4%, 2011 8,4%). In Indexwerten wuchs das Welt - BIP  vom Jahre 1950=100 auf 2005=779. China hat einen Anteil am Weltnationaleinkommen von etwas mehr als 5%, Anteil am Welt - BIP 2008  8% (12% nach Kaufkraftparität). Der Anteil am Welthandel beträgt 2009 10% (vor drei Jahren noch 3%).  Die Erdbevölkerung wächst um ca. 80 Mio. Menschen (etwa die deutsche Bevölkerung) pro Jahr und hatte am 01.01.2007  6,6 Mrd. Menschen. In den Jahrtausenden wuchs sie um das 22fache, das Welt - BIP um das 300fache.Von 1950 bis 1998 wuchs die Weltwirtschaft so schnell wie nie zuvor. Aber auch die Einkommensschere zwischen dem Westen und dem Rest der Welt ist weiter als jemals zuvor. Das Welt - BIP pro Kopf liegt bei 8191 $ 2007. Knapp 23% des Weltsozialprodukts wird nicht verbraucht (gespart), doch die Verteilung hat sich grundlegend geändert: Die Industrieländer sind höher verschuldet, die Schwellenländer sparen zunehmend. Risiken des Welthandelsbooms sind die steigenden Rohstoffpreise (vor allem Öl)  und die Korrekturen an den Finanzmärkten. Nach der Finanzkrise und durch die Weltwirtschaftskrise wird mit einem Rückgang der Weltwirtschaftsleistung 2009 um -0,8% gerechnet (die weltweite  Industrieproduktion ist im ersten Quartal 2009 um 13% eingebrochen) . 2010 soll die Weltwirtschaftsleistung dann wieder um 3,4% wachsen, vor allem aufgrund der Schwellenländer (Goldman Sachs Prognose, IWF: 3,1%). Die weltweite Börsen - Kapitalisierung hatte 2008 einen Rückgang von -17,4 Billionen $. Im Sog der Schuldenkrise gerät die Weltwirtschaft Ende 2011 wieder in eine schwierige Situation. Das Weltwirtschaftsklima trübt sich ein. Euro-Krise, Geringes Wachstum in den USA und Abschwächung in China werden zu Risiken der Weltwirtschaft. Wahrscheinlich wird sich das weltweite Wachstum 2012 auf 3,2% verlangsamen. dies geht vor allem von den Absatzmärkten in den Schwellenländern aus. Erst ab 2013 soll es mit der wirtschaftlichen Dynamik allmählich aufwärts gehen. In der Eurokrise und den Haushaltsproblemen der USA sieht der IWF im Herbst 2012 die größten Risiken für die Weltwirtschaft. Für 2015 und 2016 gibt der IWF folgende Prognose für die Weltwirtschaft ab:  Wachstum 2015 3,5%; 2016 3,7%. Die Industrieländer sollen 2015 um 2,4% wachsen. Den Schwellen- und Entwicklungsländern wird ein Wachstum von 4,7% prognostiziert. Zu Beginn von 2016 sieht der IWF dunkle Wolken für die globale Konjunktur: Die Schwellenländer China und Brasilien fallen als Triebkräfte aus. 2015 wächst die Weltwirtschaft nur um 3,1%. Für 2016 werden 3,4% erwartet, für 2017 3,6%. Um bis zu 3,9% könnte der globale Handel 2017 zulegen (Quelle: WTO; IWF rechnet sogar mit 4,2%). Gründe sind die anschwellenden Handelsströme in Asien und die Erholung der Importnachfrage in den USA. Hauptprofiteur ist die deutsche Wirtschaft.   "Die Globalisierung führt dazu, dass immer mehr Länder und Märkte viel bedeutender werden", Ex-Deutsche Bank-Chef J. Ackermann.

Asien als Antreiber: In Asien wuchs der Welthandel noch viel stärker. Im Jahre 2004 erhöhte er sich um 16,8% und 2005 um 12,1%. Für 2006 ergaben sich 14,3% und für 2007 noch 14,0%. Damit wird nach einer OECD-Studie in Asien  mehr als die Hälfte des Weltwachstums generiert, insoweit ist Asien der Motor der Globalisierung. Das Exportwachstum in China allein betrug 2007 25,7%. Für 2010 gibt es  in Asien (ohne Japan) 10,2% Wachstum. Die Exporte Asiens wachsen von 2009 auf 2010 um 32,1%, die Importe um 17,6% (China 28,4 und 22,1). In Asien werden 25% des Welt - BIP erwirtschaftet (der Haken ist: "die unersättliche, aber fast ausgelaugte, Konsumlust der USA sorgt für die Nachfrage, der Fleiß der chinesischen Arbeiter für ein Überangebot"). Die VR China trägt zehn Prozent zum globalen Wachstum bei. Die EU (27) hat einen Anteil von 24,6%, die USA von 24,1%. Damit sind die Blöcke 2010 etwa gleich groß. Aber es gibt gravierende Unterschiede bei der Bevölkerung: EU-27 396, USA 310, Asien 3200 Mio. Das weist auf Zukunftsmärkte hin. Die Wachstumsraten in den Schwellen- und Tigerländern Ostasiens liegen über 8%. Auch nach der Weltwirtschaftskrise Ende 2009 treiben China und Indien die Weltwirtschaft an (China +20% Industrieproduktion, Indien +10,3% im November). Um 7,4% soll Asiens Bruttoinlandsprodukt 2010 wachsen (ADB, Morgan Stanley). Asien wird immer mehr zum zum ökonomischen Zentrum der Welt. Der Anteil Asiens am zukünftigen Wirtschaftswachstum wird bei ca. 50% liegen.  Der Anteil Chinas allein am Zuwachs der Weltproduktion seit 2000 liegt bei ca. 25%. 2012 beträgt der Anteil Chinas an der Weltproduktion bei 15% (USA 18%, Deutschland 4%). Damit übertrifft Asien die Regionen Nordamerika und Europa sowie die Welt. Die Region Asien-Pazifik hat ihren Anteil am Welthandel in den vergangenen 15 Jahren verdoppelt. Insbesondere der Anteil der USA schrumpft. Der Anteil Asiens am Welthandel betrug 2006 29,6%, Anteil an der Weltbevölkerung 60,3%. 2008 fällt das Exportvolumen Asiens (einschl. Australien)  auf ca. 25% zurück. Im Jahr 2050 könnten China und Indien zusammen wieder mehr als doppelt soviel erwirtschaften wie die USA und West-Europa (Prognose vom Bankhaus Bär).  Dann wäre der der Stand Mitte des 19. Jahrhunderts wieder erreicht.  Nach Paul Samuelson (Artikel im Journal of Economic Perspectives 2004. "Bei Wal - Mart Lebensmittel billiger einkaufen zu können, reicht nicht notwendigerweise aus, um Lohnverluste auszugleichen", Ökonomie-Nobelpreisträger und berühmtester US-Ökonom über die Folgen der Verlagerung von Jobs ins Ausland.) können die Schwellenländer wie China und Indien durch technischen Fortschritt bei der Produktion von Industriegütern in die Lage versetzt werden, den Industrieländern des Westens bei den von ihnen exportierten Investitionsgütern mehr Konkurrenz zu machen (Verbreitung von Wissen!), so dass die Preise dieser Güter sich relativ zu den Preisen anderer Güter (z. B. Agrarprodukte) verringern (Terms of Trade!). Kurz gesagt heißt dies, wenn das arme Land dem reichen Land die Technologie klaut und im reichen Land nichts Neues entsteht, kann das arme Land das reiche Land einholen. Durch die Globalisierung wurde die Armut in Asien - vor allem in China und Indien - deutlich verringert: 300 Mio. Menschen leben weniger als vor 16 Jahren unter der Armutsgrenze (Bericht der UN 2006). Bis 2030 soll der durchschnittliche Lebensstandard der Menschen in China auf ein Niveau steigen, das dem des heutigen Spaniens entspricht. In Süd- und Ostasien liegen die großen dynamischen Wachstumsmärkte, während die Bevölkerung im Westen schrumpft und immer älter wird. China kann aber noch nicht die Rolle einer Lokomotive für die Weltwirtschaft übernehmen, weil das Wachstum zu sehr auf Exporten und Investitionen beruht. Trotzdem werden die asiatischen Teile der Wirtschaftskarte größer, vor allem durch China und Indien. Sie waren von der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 weniger betroffen und erholen sich schneller. Das Wachstum der Wirtschaft, das Vollbeschäftigung und Wohlstand garantiert, in den traditionellen kapitalistischen Ländern wird zur Zeit vor allem durch staatliche Geldspritzen aufrecht erhalten, was nicht unendlich dauern kann. Die Religionen der Chinesen, Inder und Japaner (Buddhismus, Konfuzianismus, Hinduismus) haben keinen universalistischen Anspruch, was ein großer Vorteil in der Globalisierung zu sein scheint. "Ein Wirtschaftsmodell, das auf zu starken Anlageinvestitionen und Exporten beruht, ist dauerhaft nicht tragbar", Sprecher des chinesischen Statistikamtes bei der Veröffentlichung der BIP - Zahlen im Sommer 2006.

Aus den Schwellenländern kommt das Wachstum der Zukunft. Seit 2000 entsteht dort die Hälfte des Wachstums in der Welt (nach Kaufkraftparitäten 43%). Davon fließen die Hälfte in Investitionsgüter, die die Industrieländer liefern. Die meisten Schwellenländer haben auch geringere Defizite und einen niedrigeren Gesamtschuldenstand (2011): China -1,6% Defizit, 17% Schuldenstand (zum Vergleich: USA: -10,8%, 100%; Euro-Zone: -4,4%, 87%). 2030 soll China die EU und die USA im BIP überholt haben (25.590 Mrd.  vor EU mit 22.000 Mrd. $ und USA mit 22.000 Mrd. €). Allein von der Bevölkerung her können dann die EU (500 Mio.) und die USA (480) mit China 1400 Mio. und Indien (1500 Mio.) nicht mehr mithalten. Allerdings korrigiert die Weltbank die Wachstumserwartungen für die Schwellenländer 2013 von 5,5% auf 5,1%. die Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft wurde von 2,4% auf 2,2% korrigiert. Weltgrößter Importeur war 2013 die USA vor China und Deutschland. Der Dienstleistungshandel ist in den letzten Jahren relativ zum Güterhandel nicht stärker gestiegen. Aber es ist eine wachsende Wichtigkeit dieser Handelsart in Zukunft zu erwarten. Der technische Fortschritt wird dies erzwingen. Der rasante Aufstieg Chinas als wichtigster Exporteur und zweitwichtigster Importeur geht weiter. China ist auch ein wichtiger Spieler im Handel mit Dienstleistungen. Den besten Überblick über den Welthandel gibt der World Trade Report der WTO. Der von 2014 ist unter folgender Adresse online verfügbar: http://www.wto.org/english/res-e/publications-e/wtr14-e.htm. In den Top 20 der Rangliste des Welthandels finden sich aus Asien noch Japan, Süd-Korea, Hongkong, Singapur, Indien und Taiwan. 65% des Weltwirtschaftswachstums geht auf die Schwellenländer zurück. 2015 lahmen diese allerdings, besonders China, Indien, Brasilien, Russland und Südafrika.

"Die meisten Menschen leben in Ländern, deren Pro-Kopf-Einkommen weit unter dem der Industrieländer liegt. Der Aufholprozess dort wird dem Wachstum der Weltwirtschaft in den nächsten Jahren weiter kräftige Impulse geben", George Akerlof, Ökonom und Nobelpreisträger 2001, University of California (in: Wirtschaftswoche 38/2009, S. 18.).

Grundzüge der Globalisierung: Die Globalisierung  schafft einerseits eine große, globale Nähe ("global village", Familie?) und andererseits unterwirft sie Staaten einem ökonomischen Standortwettbewerb, der ihnen Gestaltungsmöglichkeiten raubt (Unternehmen sind mobil, Länder sind immobil und müssen attraktiv sein). Trotzdem kann der Mensch den Markt beeinflussen, deshalb sollte man auch mit freier Selbstbestimmung gegen blinden Marktgehorsam angehen. Zusammen mit der demographischen Entwicklung zwingt die Globalisierung die Staaten auch, die Effizienz ihrer öffentlichen Sektoren zu überprüfen. Die Globalisierung hat die Schwankungen der Weltkonjunktur verringert (Konjunkturzyklen können besser absorbiert werden) und das Wachstumspotential der Weltwirtschaft erhöht. Sie hat auch zu dauerhaft niedrigeren Inflationsraten (disinflationärer Effekt, wird durch die Angleichung der Löhne verringert; die reichlich Liquidität in China könnte zu Inflation führen). Diese These ist umstritten und es gibt empirische Gegenbeweise (vgl. Working Paper von L. M. Ball vom NBER). Die Globalisierung hat zu niedrigeren langfristigen Zinsen geführt (2007 steigen aber die Zinsen weltweit). Sie bringt steigende Absatzchancen, vor allem im Bereich Know-how intensiver Güter. Verbraucher bekommen Spitzenprodukte zu geringeren Preisen. Der globalisierte, moderne Kapitalismus hat den Wohlstand insgesamt gemehrt, aber vertieft die ökonomische Spaltung in den Industrie- und Schwellenländern. Die wirtschaftlichen Abhängigkeiten zwischen der USA als führende Wirtschaft und den übrigen Ländern sind größer geworden: Kühlt die Konjunktur sich in den USA ab, trifft dies vor allem China und Japan. Weil andere Länder stark von der Nachfrage Chinas abhängen, wirkt sich der Abschwung über die gesamte globale Lieferkette negativ aus. Der Schutz geistigen Eigentums erodiert und die Produktpiraterie ist eine bedeutende Größe in der Globalisierung geworden: 350 Mrd. € werden jährlich mit Plagiaten erwirtschaftet, ca. zwei Drittel stammen aus China. Die Wirtschaftskrise 2009 führt zu einer Trendumkehr bei Auslandsinvestitionen. Gerade der Internationalisierungskurs der deutschen Wirtschaft flaut ab (-40%, Unsicherheitsschock). Mit riesigen Haushaltsdefiziten finanzieren die Staaten ihre Konjunkturprogramme (-5%). Der Protektionismus behindert die Globalisierung noch: Schwellen- und Entwicklungsländer hoffen auf einen besseren Marktzugang für Agrarprodukte. Die Industrieländer fordern mehr Marktzugang für Industriegüter (Konflikt zwischen Indien und USA). Es rächt sich allmählich, dass die Globalisierung des Handels, der Produktion und der Nachrichten bisher sich vor allem auf Wachstum konzentriert war, weitgehend ohne globale Regeln und Kontrolle. Die zunehmende Weltbevölkerung und eine expandierende Globalisierung verbrauchen immer mehr fossile Energie und tun sich schwer mit Entsorgungsproblemen und Belastung von Boden, Luft und Wasser. Mittlerweile erlebt nach der Finanz- und Weltwirtschaftskrise 2008/ 2009 der Protektionismus in der Globalisierung eine Renaissance. Die Handelskriege nehmen zu (vor allem zwischen USA und China). Globalisierung wird so zur militärischen Operation. Die USA werden die Führung in der Welt verlieren, das ökonomische Zentrum rückt nach Asien.  "Chinas Aufstieg ist das wichtigste geopolitische Ereignis in unserem Leben", John Thornton, früher Vorsitzender von Goldman Sachs.

Der Produktions-Faktor "Arbeit" , vor allem in seiner gering qualifizierten Form, scheint aber in jedem Falle der große Verlierer der Globalisierung zu sein (nach dem Heckscher - Ohlin - Modell verliert in der Globalisierung der vormals relativ knappe Faktor in einer Volkswirtschaft): das Angebot von Arbeit auf dem Weltmarkt hat sich vervielfacht (von 1,46 Mrd. auf ca. 3 Mrd. arbeitsfähige Menschen, davon haben nur ca. 800 Mio. einen festen Arbeitsplatz), wodurch die relativen Preise für den Produktionsfaktor "Arbeit" im Verhältnis zum zur Verfügung stehenden Kapital, sowie für arbeitsintensive Produkte und Dienstleistungen fallen.  ("Frühestens in 30Jahren werden die Löhne in China das Niveau westlicher Länder erreichen", R. Freeman, Harvard). In den alten Industrieländern sind ganze Branchen weg gebrochen, Arbeitsplätze werden verlagert. Die Globalisierung drückt auf die Löhne und die abhängig Beschäftigten müssen immer mehr ihrer Sozialleistungen bezahlen, auch die Arbeitszeiten steigen. In Deutschland und anderen Industrieländer steigt der Anteil der Niedriglohnbezieher schnell an und die Nominallöhne dieser Gruppe sinken.  Auch Südostasien bleibt nicht verschont: Die Arbeitslosigkeit hat sich von 1993 bis 2002 um 9 Mio. auf 14,6 Mio. erhöht (bei ungenauer Messung, lt. UN-Bericht, Gründe sind hauptsächlich die Rationalisierung und Privatisierung sowie das Bevölkerungswachstum). Die Jugend stellt etwa ein Fünftel der Erwerbsbevölkerung, aber die Hälfte der Arbeitslosen. Im Jahre 2005 hatte China allein fast so viele Arbeitskräfte in Industrie und Handel wie die EU, Nordamerika und Japan zusammen  (412,5 Mio. gegenüber 416,9 Mio. ). Die globale Ökonomie ist trotz robusten Wirtschaftswachstums nicht in der Lage gewesen, insgesamt genug Arbeitsplätze zu schaffen. Trotzdem profitieren sowohl die armen wie die reichen Chinesen ("Win-Win"). Im Westen gibt es eine Win-Lose-Situation (Samuelson). Seit 2000 sind z. B. in den USA rund 3,2 Mio. industrielle Arbeitsplätze verloren gegangen. Die Unternehmen in den Hochlohnländern müssen immer bessere, innovative Produkte entwickeln, die denen aus China überlegen sind. Diese können sie dann in der gleichen Warengruppe auch deutlich teurer verkaufen.  Die Wettbewerbsfähigkeit muss ebenso verbessert werden, indem lohnintensive Produktionsaktivitäten nach China und Osteuropa ausgelagert werden. Das weltweit zunehmende Arbeitskräfteangebot drückt insgesamt auf die Löhne, schwächt den Konsum und macht dadurch die Wirtschaft der Industrieländer abhängig vom Export. Nur im Bereich der hoch qualifizierten Arbeitskräfte steigen die internationalen Beschäftigungschancen in einzelnen Sparten. Doch auch hier stellen Fortschritte der Informationstechnologie eine Bedrohung dar. Es ändert sich auch dramatisch die Form der Beschäftigung: Die Zahl der  Beschäftigten ohne jede soziale Absicherung erreicht immer neue Rekordstände. In Jahre 2009 arbeiten weltweit 1,8 Mrd. Menschen ohne regulären Anstellungsvertrag, das sind 60% aller Erwerbstätigen. Bis zum Jahr 2020 könnte der Anteil informell Beschäftigter auf zwei Drittel steigen (so ist die Lage schon in Asien). Seit Zweitausend arbeiten in Lateinamerika 52,2%, in Asien 78,2% und in Afrika 55,7% im informellen Sektor mit unsicheren Jobs (ILO und WTO). 1,2 Mrd. Menschen arbeiten weltweit ganz ohne Arbeitsverträge (OECD). Die weltweite Wirtschaftskrise führt auch zu einem starken Rückgang der Migration. Viele Länder versuchen, ihre Fremdarbeiter in die Heimatländer zurückzuschicken (Spanien, Tschechien, Singapur). Insgesamt steigende Lebensmittel- und Rohstoffpreise könnten auch eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen. Durch die Weltwirtschaftskrise sind die Reallöhne 2008 weltweit aber nur um 1,4% zu 2007 gestiegen (ILO). Sicher wird das Wachstum der Produktivität wie auch der Verbilligung der Arbeit zu grenzenlos gesehen. Dieses Wachstum und die Ausbeutung der Arbeit wird nicht unendlich sein können. Infolge der Weltwirtschaftskrise 2008/2009 steigt die weltweite Arbeitslosigkeit 2010 auf ein Rekordhoch in den Industriestaaten (213,4 Mio., 34 Mio. mehr als vor der Krise, ILO). Die globale Arbeitsproduktivität ist schwer zu messen. Laut einer Studie des Conference Board lag ihr Anstieg im Jahre 2010 bei 3,6%. 2011 betrug der Anstieg nur 2,5%. Dies könnte damit zusammenhängen, dass viele Firmen Personal in Krisenzeiten halten. Für 2016 erwartet die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) 199,4 Mio. Arbeitslose in der Welt (schlechte Konjunktur). Generell mit dem Einfluss von "made in China" auf westliche Jobs beschäftigt sich folgender Artikel: The Relative Sophistication of Chinese Exports, Peter K. Schott, in: Economic Policy, Bd. 53, S. 7-49 (Januar 2008).

Zu dem Thema "Aspekte der Globalisierung" habe ich viele Jahre im Diplomstudiengang "Marketing" eine Veranstaltung angeboten. "Die globale Vernetzung der Wirtschaft nimmt rasant zu", Capgemini - Europachef Schnieder.

Auswirkungen auf Deutschland und die EU: Deutschland wurde kurzfristig durch die Fehler in der Wiedervereinigung und der Währungsunion zurückgeworfen. Insgesamt ist Deutschland extrem stark in die Globalisierung eingebunden:  40% des BIP werden im Export erwirtschaftet, 9 Mio. Arbeitsplätze hängen vom Export ab. 75% des Umsatzes erzielen die 30 Dax - Unternehmen, die auch teilweise überwiegend in ausländischer Hand sind,  im Ausland. Der Asien-Boom führt zu Verlagerungen von Arbeitsplätzen nach Ostasien (Outsourcing) und die industrielle Basis Europas bröckelt ("Wir haben doch längst keine Wahl mehr, wo wir Arbeitsplätze schaffen", Bernd Pischetsrieder, ehemaliger VW-Chef, zur Patriotismus - Aufforderung der Politik.). Die Wertschöpfung wird immer mehr im Export verdient und es wird weiter Produktion nach Osten verlagert werden, weil die Schwellenländer zunehmend in die Wertschöpfung Europas und der USA eingebunden werden. Dies führt zu weiteren Arbeitsplatzverlusten im Westen, aber positiven Abhängigkeiten (gegenseitiges Verständnis oder Wohlstandskrieg?). Die Nettoverdienste je Arbeitnehmer sind in Deutschland 2006 im Vergleich zum Vorjahr um 0,3% gesunken. Im Gegensatz dazu steigen die Einkünfte aus Kapitalerträgen stark an, was für eine Mitarbeiterbeteiligung spricht. Deutsche Unternehmen profitieren insgesamt stark von der Entwicklung in Asien, sind also Gewinner, wobei die Chinesen mehr als Partner akzeptiert werden müssen. Deutschland und China gehören insgesamt zu den großen Gewinnern der Globalisierung. Der Asien-Boom treibt die Energie- und Rohstoffpreise nach oben. Die Preise für Kupfer, Stahl und Aluminium sind rasant gestiegen.  Die Konflikte um Ressourcen werden zunehmen (globale Ölnachfrage 2006 +0,9%; Chinas Anteil an den Weltimporten: Eisenerz 46%, 36% Baumwolle). China selbst fördert 31% Eisen und 25% Bauxit in Anteilen der Weltförderung. Auch der Raubbau an der Natur wird verschärft und die Umweltbelastungen steigen stark, wodurch sich der Weltklimawandel beschleunigt ("Gift für den ganzen Erdball", Der Spiegel; China hat noch als Entwicklungsland das Kioto - Protokoll nicht unterschrieben, ist der zweitgrößte Erzeuger von Treibhausgasen nach den USA). Die weltweite Wasserkrise ist kurzfristig noch bedrohlicher, weil die Senkung des Grundwasserspiegels den landwirtschaftlichen Anbau unmöglich macht( auch in Indien und China). Verschärft wird dies durch die hohe Produktion von Biosprit (Maispreis in China 2007 +15%). 2006 hatte die EU ein Handelsbilanzdefizit von 89,9 Mrd. € gegenüber China (gegenüber 2005 ein Zuwachs um 42,6%). Die EU hat einen Anteil von 34,2% am Welt - BIP (2009; USA 26,8%, China 8%, Japan 9,1%). Für die internationale Wettbewerbsfähigkeit könnte die zunehmende Vernetzung Chinas, Japans und Indiens große Auswirkungen haben. 2012 haben die Exporte der EU nach China einen Anteil von 6,4% an allen außereuropäischen Exporten; bei Deutschland liegt der Anteil bei 14,1%.  "Die Macht verschiebt sich eindeutig von West nach Ost", David Miliband, britischer Außenminister, über die Folgen der Globalisierung.

Geostrategisch könnte China die Schwächung der Globalisierung durch den Irak-Krieg ausgleichen. Der Einfluss der niedrigen Warenpreise auf unseren Preisindex ist positiv: dadurch profitieren Verbraucher und die Zinspolitik der EZB relativiert sich in ihrer Bedeutung. Dieser Effekt kann durch protektionistische Importzölle und die steigende Inflation abgeschwächt werden.  Chinas gegenwärtiger Kurswechsel mit weniger Wachstum und mehr Konsum  könnte den Energiebedarf Chinas reduzieren und damit auch die globalen Ungleichgewichte zwischen den hohen Ersparnissen Asiens und dem riesigen Leistungsbilanzdefizit der USA verringern. Mobile Faktoren haben eine Exit - Option (Sparer verlagern Geldanlagen, Unternehmen verlagern Realkapital). Wähler messen den Erfolg der Regierung am Beispiel der Nachbarn ("Yardstick - Competition"). Krisen der sozialen Sicherungssysteme, Gesundheits- und Bildungssysteme können verschärft werden. In Chinas Bildungsinstitutionen schlummert ein riesiges Potential an Kreativität, das den Wettbewerb um Wissen dramatisch verschärfen wird (nicht Produktpiraterie ist das Problem!); und Europa muss aufpassen, nicht den Anschluss an die USA und China zu verlieren. Am dringendsten sind Qualifizierungsmaßnahmen für die Erwerbstätigen (Trainingprogramme für Arbeitslose, Job - Betreuung). In der Handelspolitik der EU gegenüber China ist es wichtig, eine Verbesserung der Rechtsinstitutionen für ausländische Produktion in China und ein weiteres Öffnen der Märkte anzumahnen. Patente ersetzen in den Schwellenländern immer mehr die Plagiate. Diese Länder holen bei Innovationen mächtig auf. Bei der Zahl der Patentanmeldungen ist China schon hinter den USA auf dem zweiten Platz. Indien und Brasilien liegen auf Platz 6 und 7. Die Unternehmen in den Schwellenländern haben ihre Forschungsetats drastisch erhöht (in China 40%). Die entscheidende Frage in Zukunft wird sein, wie weit der Abstieg des Westens geht. In Anbetracht der riesigen Probleme in Asien könnte die technologische Führung des Westens in der Informationstechnologie, der Biotechnologie oder der Nanotechnologie sowie in anderen Bereichen durchaus erhalten bleiben.     "Das Ausmaß, in dem China die Welt aus dem Gleichgewicht bringt, ist so gewaltig, dass die Welt binnen 30 bis 40 Jahren eine neue Balance finden muss. Man kann nicht so tun, als sei China nur einfach ein weiterer großer Mitspieler. Es ist der größte in der Geschichte der Menschheit".  Lee Kuan Yew, Ex - Staatspräsident von Singapur.

Geschichte: Geschichtsschreibung ist in China eher Staatsmonopol. Deshalb ist immer Vorsicht geboten. Ein berühmter Historiker schreib einst: "Die Partei nährt das Volk mit Wolfsmilch".   Globalisierung hat es schon immer gegeben, nur in kleineren Räumen und durch Kriege unterbrochen. Als Beispiele seien die Ansätze in der Bronzezeit (Zinn gegen Bernstein), das Imperium Romanum,  die Hanse in der mittelalterlichen Weltwirtschaft, Portugal und Spanien im 15. Jh. (Zusammenbruch der europäischen Silberminen durch die Entdeckung Amerikas), die Fugger und Welser als reichste Handelsfamilien der Welt im 16. Jh. , sowie die Niederlande (Ostindien-Kompanie) und England im 17. und 18. Jh. genannt. So zeigen die Bilder des niederländischen Malers Jan Vermeer Kernpunkte der Globalisierung im 17. Jahrhundert (Die Perlenwägerin, Der Geograph, Briefleserin am offenen Fenster). Manche Kollegen sehen historisch auch die Entdeckung des Seeweges nach Indien 1498 durch Vasco da Gama und die Gründung von Kalikut/ Kappad Beach als Geburtsstunde der Globalisierung an. Schon vorher hatten Portugal und Spanien  1494 im Vertrag von Tordesillas die Welt unter sich aufgeteilt (der Portugiese Chabral hatte Brasilien entdeckt; der Spanier Bartolomeus Diaz entdeckte das Kap der Guten Hoffnung). Jedenfalls begann mit der Entdeckung Amerikas die Globalisierung von Tieren, Pflanzen und Mikroben (z. B. Kartoffeln, Gummi). Seit der Einigung der streitenden Reiche in China unter dem ersten Kaiser Qin Shihuangdi im Jahre 221 v. Chr. hat kein anderes Weltreich als China es so gut verstanden, dauerhaft jene Größe zu behaupten. Noch 1820 bestritten Indien und China zusammen 50% der Weltwirtschaft (China allein 33%). Mit Ausnahme der zurückliegenden  200 Jahre war so der technische Fortschritt und die Macht in Ostasien ähnlich oder höher als im Westen (rund 5000 Jahre besteht die chinesische Kultur, um 1000 war China mit Abstand das Land mit dem höchsten Lebensstandard).  Deshalb gilt auch: "Der Aufstieg Chinas und Indiens sollte weniger als eine neue Entwicklung verstanden werden, sondern eher als ein Wiederaufstieg", Jairam Ramesh, indischer Politiker. Wenn wir heute Angst vor "Know-how-Klau"  in China haben, sollten wir nicht vergessen, dass dort oft Jahrhunderte vor Europa der Reis-, Soja- und Teeanbau, der Weinbau (nach Kleinasien kam die "Erfindung" des Ackerbau vor 10.000 Jahren als zweites nach China), die Essigproduktion, die Spaghetti (mit Marco Polo nach Italien), das Schießpulver, Chrom- und andere Metalllegierungen, der Kompass (berühmt ist auch der Seismograph, den Zhang He benutzte), der Buchdruck (ältestes gedruckte Buch der Welt aus dem 9. Jh. erhalten, schon 800 v. Chr. Blockdruck (um 1040 Buchdruck): Diamant-Sutra), das Papier (Eunuch Cai Lun), das Porzellan (um 620, in Meißen/ Albrechtsburg erst 1709 durch Böttger unter König August dem Starken), die Seide, die Pockenschutzimpfung, die Zahnbürste, den faltbaren Regenschirm, das Toilettenpapier, die Trockendocks, das Bambusprinzip im Schiffbau (Schotten) ebenso wie Schaufelräder, der Webstuhl, das Fernglas  und der Eisenguss erfunden wurden. Auch Geldscheine gab es zuerst dort: handgeschriebene Quittungen ersetzten schwere Eisenmünzen, sie wurden "Fei chien" ( fliegendes Geld, Song Dynastie, 960-1279) genannt. Auch die Entwicklungen in Mathematik, Astronomie, Medizin und anderen Wissenschaften waren oft weiter als in Europa. Im 17. Jahrhundert brachten die Jesuiten aus Europa (Matteo Ricci, Adam Schall von Bell und Ferdinand Verbiest den Stand der europäischen Astronomie (Kopernikus) nach Beijing . Europäische Berechnungen der Zeit waren genauer und konnten die Macht der Ming- und Qing - Kaiser steigern (als Söhne des Himmels Herrscher über die Zeit). Allerdings ist mittlerweile bekannt, dass gegenseitige Einflüsse von europäischer und chinesischer Kultur über 4000 Jahre alt sind. Schon vor den Griechen hatten offenbar die Kelten Kontakte. So sind wahrscheinlich auch technologische Innovationen viel früher gegenseitig weitergegeben worden als ursprünglich erwartet. Besonders fruchtbar war der Austausch während der Ming-Dynastie: China ließ Jesuiten aus Europa ins Land, die wichtige technische Innovationen mitbrachten (vgl. oben). Der Außenhandel wurde mit dem maritimen Europa verstärkt (Export von Porzellan, Seide, Tee). Die Chinesen brauchten Eisen, Silber, Glas. Die Europäer bauten systematisch Handelsniederlagen in Asien.  Malacca wurde 1511 von den Portugiesen errichtet. Macau teilte China 1517 freiwillig Portugal zu, um an genügend Eisen zu kommen. Auch Nagasaki (Deshima) in Japan wurde von Portugal als Handelsstützpunkt ausgewählt. Später übernahmen es die Holländer. Die Spanier trieben in ihrer Expansionsphase über die Route Acapulco - Manila Handel mit der Ming - Dynastie. Danach kam die Ausbreitung der VOC durch die Niederlande (1602), gefolgt von der französischen und britischen Expansion. Die Briten konnten sich durch die überlegene Schiffs- und Kanonentechnologie gegnüber China durchsetzen.  Vgl. Institute of the History of Natural Schiences, Chinese Academy os Sciences: Ancient China`s Technology and Science, Beijing1983. Der Jesuit Adam Schall von Bell aus Köln lebte im 17. Jahrhundert in Peking. Er brachte es zum kaiserlichen Astronom (Kalender-Mandarin). Durch die Nähe zum Kaiser konnte er viel für das deutsch-chinesische Verständnis tun. Die antiken weltreiche Rom und China hatten durch aus schon früher Kontakt. 166 n. Chr. war ein römischer Gesandter beim chinesischen Kaiser. Schon früher im Jahre 55 n. Chr. gelangten römische Kriegsgefangene nach China (Gefangene der Parther in Persien, dann bei den Hunnen, später bei den Chinesen).

"Ihr seid überrascht, weil ihr euch zu wenig mit Geschichte befasst", Zhao Xiao, chinesischer Ökonom und Regierungsberater, über den Wiederaufstieg und die Rolle Chinas in der Globalisierung.

 "Wir waren ungewaschene Schweine, als sie die fantastischste Kultur der Welt hatten", Anthony Bourdain, New Yorker Koch und Bestsellerautor über die Essenstradition der Chinesen.

 "Diese menschliche Rasse in dieser Region wird nie wie Römer und Griechen werden. Die Chinesen sind und bleiben: ein Volk, das von Natur ausgestattet wurde mit schmalen Augen, kurzen Nasen, einer flachen Stirn, wenig Bart, langen Ohren und vorstehenden Bäuchen; was ihre Institutionen hervorbringen konnten, haben sie hervorgebracht", der "Aufklärer" J. G. Herder.

In der Bundeskunsthalle Bonn wurden von April bis Juli 2006 Grabfunde und Tempelschätze aus Chinas alter Hauptstadt Xi´an gezeigt. Mehr als 1000 Jahre regierten die Himmelssöhne von Chang`an ("Langer Friede") aus, wie Xi`an zu jener Zeit hieß. Der Ausstellungskatalog "Kaiserliche Macht im Jenseits" enthält sehr informative Essays zur Geschichte, insbesondere Kulturgeschichte.

Vor der Globalisierung können wir uns nicht verschließen. Die Zeiten nationalstaatlicher und damit wirtschaftlicher Grenzen sind ein für allemal vorbei", Klaus Kleinfeld, ehemaliger Siemens - Chef.

Ziele der Globalisierung: Die Industrieländer können nicht auf Dauer die Probleme in ärmeren Ländern ignorieren. Die Wohlstandsverteilung in der Welt muss fairer gestaltet werden, indem Freihandel nicht nur in Worten, sondern auch in der Praxis verwirklicht wird. Nur China und Indien, die einst auch sehr arm waren, sind heute aufgrund ihrer Macht eingebunden. 2050 werden diese Länder die Spitze der Weltwirtschaft bilden, vor USA, Brasilien, Japan, Russland, Mexiko und Indonesien (Deutschland dann an neunter Stelle, Prognose des IWF). Der Lebensstandard vieler Entwicklungsländer in Asien, Afrika und Südamerika sollte weiter wachsen, aber Entwicklungspolitik darf nicht nur Exportförderung sein. Die internationalen Institutionen, die bisher den Zielen der Industrieländer dienen, indem sie die Spielregeln festlegen, müssen demokratisiert werden. Dringend müssen neue Organisationen (Global Governance) aufgebaut werden, die die globalen Probleme (so auch das Wohlstandsgefälle) angehen. Vor allem die Transparenz der Finanzmärkte muss erhöht werden. Die Verletzung elementarer Menschenrechte wie die Missstände "Kinderarbeit, Zwangsarbeit und Öko-Dumping" müssen durch Mindeststandards, etwa bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in den Industrieländern, bekämpft werden. Ein Zurück zur Abschottung ist nicht mehr möglich, alle Länder müssen sich dem Wettbewerb stellen und an der Globalisierung partizipieren. Eine wettbewerbskompatible Rahmenordnung muss zum globalen Wandel begleitend entwickelt werden. Diese muss dem Umkippen ökologischer Gleichgewichte und der Verteilung knapper Energie - Ressourcen höchste Priorität einräumen. Die Knappheit von Nahrungsmitteln und Energie korrelieren (z. B. bei Bioenergie), Eigenheiten der Finanzmärkte wirken verstärkend (Spekulation). National wird es zu Anpassungen kommen müssen: Änderung der Lohnstruktur, Lohnzuschüsse für Geringqualifizierte, Modifikation der Steuerpolitik (duale Einkommensteuer). Entscheidend für die weitere Entwicklung der Globalisierung wird sein, wie wettbewerbsfähig die Schwellenländer auch in nicht arbeitsintensiven Branchen werden (Verringerung des technologischen Vorsprungs) und wie innovativ die Schwellenländer bei High Tech - Produkten werden. China muss sich darauf gefasst machen, für viele Begleiterscheinungen der Globalisierung zum Sündenbock gemacht zu werden. Nach der weltweiten Finanzkrise 2007/8 und anderen Problemen  nehmen die Near-Shoring-Tendenzen (Produktion in der Nähe der Heimat) zu. Die Globalisierung scheint langsamer zu werden. Nicht nachlassen wird jedoch der Wettbewerb um knappe Rohstoffe und Energie. Noch unklar ist, wie das Wachstum der virtuellen und realen Geldmenge wieder in ein vernünftiges Verhältnis zu geldwerten Produktionsmitteln und Gütern gebracht werden kann. Eine IWF-Prognose für 2010 sieht folgende Gesamt-Schulden in Prozent des BIP: China 19,1%, EU 84,1%, USA 92,7%. "Der schlaue Chinese löst den fleißigen Chinesen ab", Joachim Ihrke, Asienchef der Unternehmensberatung Droege.

"Den Tiger reiten, um nicht von ihm gefressen zu werden", Koreanisches Sprichwort.

"Einige unserer Zulieferer verlegen ja jetzt schon ihre Werke von China nach Vietnam, weil China zu teuer geworden ist", Philips-Chef Gerard Kleisterlee.

      Probleme:

"Auch ein Affe fällt vom Baume", Japanische Weisheit.

China:                                (direkt zu Japan)

"Mei wenti", kein Problem. Kennzeichnet den Pragmatismus, mit denen die Chinesen an die Lösung ihrer Probleme herangehen.

Die Wirtschaft Chinas hat noch einige Schwierigkeiten: Was China überwiegend verkauft, ist billig. Was China aus dem Ausland braucht, ist teuer. Dreifünftel der Ausfuhren stammen von ausländischen Firmen in China. Dagegen steht nur eine chinesische Weltfirma im Ausland, nämlich Haier. Die Unterbewertung der Währung verteuert die Importe und senkt den Innovationsdruck im Inneren. So bleiben die Staatsbetriebe weiterhin unrentabel (verdeckte Arbeitslosigkeit). Hinzu kommt, dass die Produktion in China immer höhere Umweltkosten (z. B. schlechte Luft, schmutziges Wasser) mit sich bringt. Mit dazu bei trägt auch die rasant schnelle Urbanisierung (einschließlich nicht umweltschonender Bauweise). Unter den Umweltproblemen (vor allem Wasserknappheit) leiden besonders die Bauern.  Dabei ist zu berücksichtigen, dass zwar jeder fünfte Mensch Chinese ist, aber nur 4% der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Erde in China liegt (die Reiskammer Chinas ist die Provinz Yunan im Südwesten mit Terrassenanbau und Wasserbüffeln). Die Disparitäten zwischen den Provinzen sind erheblich. Gravierend ist der Unterschied zwischen den entwickelten Küstenstreifen und dem so genannten Hinterland Außerdem sind  in der Vergangenheit besonders  hohe Preissteigerungen bei Lebensmitteln und Rohstoffen/ Energie zu beobachten gewesen (werden bei Boom wiederkommen). Schweinefleisch ist zum Beispiel 2008  60% teurer als vor einem Jahr (extreme Preissteigerungen auch 2011, Schweinezyklus). Spekulatives Geld kommt mittlerweile auch von außen, weil die Zinsen in den USA niedrig sind. Die Liquiditätsschwemme kommt ebenso über den Devisenmarkt. Immer noch landet ein großer Teil der Liquidität als Sparen in den Guthaben der Privathaushalte ("Tiger im Käfig"). Die Bekämpfung der Liquiditätsschwemme ist schwierig, da die Währung nicht frei konvertierbar ist. So versucht man vor allem, die Folgen der Inflation über Subventionierungen der Nahrungsmittel und des Diesels abzumildern. Die großen chinesischen Banken (ICBC, BOC, China Construction Bank, ABC) sind auch leicht in die Krise des amerikanischen Subprime-Marktes verstrickt. Sie haben hohe Abschreibungen und schleppen sowieso schon viele "faule Kredite" (meistens an Staatsfirmen) mit sich rum. Dadurch hat sich die Kreditqualität im Bankensektor verschlechtert. Sie gelten aber als sicher, weil der Staat Hauptanteilseigner ist. Ein großes Problem stellt auch immer noch die unzureichende Infrastruktur dar (Wasseranschlüsse, Elektrizität, Straßen- und Schienennetz). Die fortschreitende Urbanisierung (erstmals leben 2012 mehr Menschen in der Stadt als auf dem Land) hilft nur einem Teil der Menschen (das Hukou-System kontrolliert auch weiterhin). Die weltweite Finanzkrise 2008/2009 bringt einen Exporteinbruch und nicht so hohes Wachstum 2009 (nur 8,7%, die "rote Linie" von 8%  wird überschritten, trotzdem hohe Arbeitslosigkeit). Trotzdem war 2009 das schwierigste Jahr  seit dem Aufstieg Chinas (so Wen Jiabao auf dem Volkskongress im März 2010). China hat zu wenig Arbeitsplätze. Viele kleine und mittlere Unternehmen haben erhebliche Schwierigkeiten. Vor allem im Süden Chinas haben ca. 30.000 Unternehmen 2008 geschlossen, die Unternehmern aus Hongkong gehören. Dies ging 2010 weiter. Der chinesische Konsum hinkt schon seit Jahren dem Wirtschaftswachstum hinterher. Der Anteil der Löhne am BIP sinkt, die Sparquote ist relativ hoch (die Jungen sparen viel, die Alten lösen ihre Ersparnisse nicht auf). China konnte aber als erstes Land die Krise überwinden und könnte Asiens Lokomotive werden (vor allem für Japan). Es droht eine "Sägezahn-Entwicklung": diese Achterbahn könnte die sozialen Spannungen erhöhen. Chinas neuer Nationalismus gerät immer öfter in Konflikt mit ausländischen Unternehmen (2010: Google). Als großer Unsicherheitsfaktor gilt die Immobilienblase. In der Finanzkrise 2008 wurde in China aus Angst der Geldhahn aufgedreht, was viele lokale Kader rigoros auch für unsinnige Projekte nutzten. Land wurde veräußert bzw. von den Bauern enteignet. Insgesamt wurden darüber hinaus viele unsinnige Investitionsprojekte (Fehlinvestitionen) angeregt. Der Binnenmarkt schwächelt weiterhin (obwohl künstlich niedrig gehaltene Sparzinsen der Haushalte). Die Führung tut Alles, damit das Volk mehr konsumiert ("Likonomics"). Immer mehr muss Chinas Wirtschaft auch auf Innovationen und Hightech umstellen. "Wir heißen Chinas Anstrengungen willkommen, eine größere Rolle auf der Weltbühne zu spielen", Barack Obama 2009 bei seinem China-Besuch.

Aktuell, d.h. 2015, bedroht eine Mischung von Überkapazitäten, Immobilien- und Kreditblasen den Boom und setzt ihm ein Ende (z. B. stehen ca. 64 Mio. Wohnungen leer bei hoher Nachfrage von Wanderarbeitern). Die Wachstumsrate fällt schon seit 2013, die Verschuldung von Unternehmen und Privathaushalten entgleist und die Preise gehen nach unten. Das traditionelle Gefüge ist zerschlagen worden, so dass vor allem auf dem Lande die Menschen unter Armut und Umweltzerstörung leiden (viele Reiche flüchten mit Geld ins Ausland).  "Verbirg dein Licht, wahre ein unauffälliges Profil", Deng Xiaoping; lange bevorzugte wirtschaftliche Strategie, die steil aufwärts führte. 16 Bergleute sterben bei einem Grubenunglück im September 2020 im Südwesten Chinas (nahe der Millionenmetropole Chongqing). Chinas Gruben gelten als die gefährlichsten der Welt. Jedes Jahr kommen tausende von Bergarbeitern ums Leben. Die aufsicht der lokalen Behörden funktioniert nicht. Viele Unglücke werden auch vertuscht. 

Trotzdem muss man insgesamt dem chinesischen Wirtschaftsmodell zugute halten, dass es seit 40 Jahren mit großer Kontinuität ökonomischen Aufschwung gebracht hat. Die Mischung aus plan- und marktwirtschaftlicher Strategie hat sich als sehr effektiv erwiesen. Daraus könnte Europa auch einiges lernen, vor allem wie man eine gute Industriepolitik betreiben kann. Andererseits sieht man auch die Kosten: Entwurzelung von Millionen, verheerende Umweltverschmutzung und hohe Verschuldung.

Wirtschaftlich hat China ein Grundproblem, was schwer in den Griff zu kriegen ist. Es verbraucht mehr Energie als es selbst erzeugen kann, es braucht weitere auswärtige Ressourcen. Weiterhin machen die Chinesen fast 20% der Weltbevölkerung aus, die landwirtschaftlich nutzbare Fläche umfasst aber nur 10% der Weltnutzfläche. Zukunft als Wirtschaftsmacht hat China auch nur, wenn es den Sprung schafft von der Rolle als Werkbank der Welt zur Spitze der technischen und industriellen Entwicklung. Nach dem Exportverbot der USA für Computerchips 2022 harkt es damit. Es wird auch viel zu viel Geld in Rüstung gesteckt, das woanders fehlt. Die Kontrolle der Tech - Konzerne durch die KPCh bremst die Innovationen. Die niedrigen Wachstumsraten bedrohen das ganze System. Der Immobilienmarkt schwächelt. Die Staatsunternehmen sind nicht rentabel. die Bevölkerung schrumpft. Das Rentensystem funktioniert noch nicht. Das Land steht 2023 vor riesigen Herausforderungen.

Gesellschaftlich sind die Einkommensunterschiede zwischen Armen und Reichen immens (eine relativ ungerechte Gesellschaft). Der Gini-Koeffizient beträgt offiziell 0,47 (ist wohl noch höher). In einigen Provinzen Zentralchinas verdienen Arbeiter und Angestellte durchschnittlich nur ein Drittel des Lohnes ihrer Landsleute in Peking oder Shanghai. Dabei ist noch nicht die Rede von den zig Millionen armer Bauern. In den Billiglohnfirmen im Süden Chinas gibt es sehr schlechte Arbeitsbedingungen (Verstöße gegen Arbeitsrecht, 70 Stundenwoche, Löhne unter gesetzlichem Mindestlohn, schlechte Hygiene). Insgesamt steigen die Einkommen aber aufgrund der stark wachsenden Arbeitsproduktivität (Haupttreiber ist die Urbanisierung). Der "neue Mittelstand" in China, den es auch gibt, ist schwer zu fassen. Die Focusierung auf den Clan/die Familie, die es immer gab, ist mit der Ein-Kind-Familie weggefallen. Durch diese gibt es in vielen Regionen einen Männer-Überschuss. Dies wird sich verstärken, wenn in den nächsten 20 Jahren 300 Mio. Menschen vom Land in die Städte ziehen. Wie aber sehen die Strukturen der Zukunft aus? China ist ein einzigartiges Laboratorium der gesellschaftlichen Entwicklung. Gegenwärtig findet gleichzeitig eine Rückbesinnung auf das Religiöse (auch mehrere Religionen bei einer Person) und den Konfuzianismus ("Weisheitslehre") statt. Andererseits breitet sich der Materialismus (vor allem im Süden) sehr stark aus. China ist kein Nationalstaat europäischen Musters, sondern eine Kontinentalmacht. China muss gleichzeitig den internationalen Machtzuwachs und seine großen internen Veränderungen (sozialer und wirtschaftlicher Wandel, Machtverschiebungen) bewältigen. Die Spannungen zwischen dem materiellen Entwicklungsstand und den politischen Strukturen können die langfristige Entwicklung stören. Ohne große Reformen werden die Staatsunternehmen, das Bankensystem, des Rechtssystem, sowie das Gesundheits- und Sozialsystem erhebliche Probleme mit großer Sprengkraft bekommen. Insgesamt sollte der Dienstleistungssektor ausgebaut werden. Das antiquierte System der Wohnsitzkontrolle (Hukou) müsste dringend liberalisiert werden. "In diesem Land ist jede Bewegung eine am Abgrund", N. N. , zitiert nach "Der Spiegel", 32/ 2008, S. 84. "Ich sehe die Gefahr, dass China scheitert. Es gibt dort nichts als Kapitalismus. Der Graben zwischen Arm und Reich ist zu groß", Dalai Lama in einem Interview in der Zeit, 13. Juni 2013, Nr. 25, S.17.

China wird immer wieder von schweren Naturkatastrophen heimgesucht. Die letzte war das schwere Erdbeben 2008 in Sichuan, bei dem über 87.000 Menschen starben. Rund 375.000 Chinesen wurden verletzt (12.000 Schulen stürzten ein). Die Wüste und Versteppung schreiten voran, zunehmend treffen Sandstürme auch die reichen Regionen (z. B. Peking 2010). Der Südwesten Chinas, ein wichtiges Agrargebiet, wird von Dürre heimgesucht. Man versucht, ihr durch Brunnen bohren Herr zu werden. 90 Prozent des Grundwassers in Städten gelten als verschmutzt. Ein Viertel aller Chinesen hat kein Zugang zu sauberem Wasser. Bis zu 40% der Flüsse sind verdreckt. Die ethnischen Konflikte zwischen den Volksgruppen nehmen zu (oft vermischt mit sozialen und ökonomischen Motiven). Ebenso zu nimmt der Verteilungskampf zwischen den Provinzen. Die rückständigen Provinzen hätten gerne weiter hemmungsloses Wachstum, Konjunkturhilfen und geringere Umweltstandards. In den reichen Küstenprovinzen werden zunehmend auch die Interessen der Superreichen vertreten (mittlerweile auch viele im Volkskongress). Im Juli 2020 gibt es verheerende Überschwemmungen am Yangtsekiang, dem längsten Fluss Chinas. Ganze Städte saufen ab. Mehr als 18,5 Mio. Menschen sind betroffen. Große Regenfälle bedrohen auch den Drei-Schluchten-Stausee. Er läuft voll und droht die Dämme zu sprengen. "Kein Land kann China besiegen. Nur unsere eigene Korruption kann uns zerstören", General Liu Yan, Chef der Logistik-Abteilung der Volksbefreiungsarmee (nach Die Zeit 19/2012, 03.05.12, S. 3). Im Sommer 2021 kommt es zu Flutkatastrophen in Zentralchina. Besonders betroffen sind die Städte Weihui und Zhengzhou. Viele Menschen kommen ums Leben. Die schweren Überschwemmungen in Henan lösen in China eine Diskussion aus: Inwieweit kann die Infrastruktur immer extremer werdenden Wetterbedingungen standhalten? Seit kurzem berücksichtigt die Parteiführung den Klimawandel.

Im politischen Bereich spricht man von den "Drei T - Problemen": Taiwan, Tibet, Tiananmen. In Tibet (3 Mio. Einwohner, 2,7 Mio. Tibeter) gibt es Chrom, Kupfer, Blei, Gold, Eisen, Erdöl, Zink, Lithium, Borax und Uran. Außerdem ist Tibet reich an Wind- und Wasserkraft. Zehn große Flüsse Asiens entspringen in Tibet, das durch seine Lage auch für die Monsunregen in Asien sorgt. Der Norden Chinas ist relativ wasserarm (nur 20%). 80% des Wassers befinden sich in Südchina. China versucht, das Wasser von Flüssen nach Nordchina umzulenken (Staudämme, Talsperren; die Flüsse sind für viele Staaten überlebensnotwendig). Damit drohen erhebliche Konflikte mit Indien, Bangladesch, Vietnam, Kambodscha. Es gibt aber über das rein Wirtschaftliche (BIP 11,5 Mrd. Dollar 2011, Wachstum 11%) hinaus die traumatische Erfahrung aus dem Bürgerkrieg und die Angst vor der Balkanisierung. Tibet ist immer autokratisch regiert worden und war lange Zeit eine feudale Theokratie (regiert vom buddhistischen Klerus unter Führung des Dalai Lama, der die einfachen Tibeter ausplünderte, eine Art Sklavenhaltergesellschaft). Das heute auf der Landkarte ausgewiesene Tibet ist nur ein kleiner Teil des eigentlichen Tibet (noch Teile der Provinzen Qinghai, Gansu und Sichuan). Schon im 13. Jahrhundert unter dem Mongolenkaiser Kublai Khan gehörte es zu China (wie auch später lange Zeit unter dem Einfluss der Qing - Dynastie; zuletzt seit Mao). Von 1904 bis 1947 war Tibet von britischen Truppen unter Führung von Francis Younghusband besetzt. Sie wollten das Land für den Handel mit Britisch-Indien öffnen. 1913 ruft der 13. Dalai-Lama die Unabhängigkeit aus, die allerdings nur bis zum Einmarsch der Chinesen 1959 besteht. Man sprach von einer "friedlichen Befreiung". Der 17 Jahre junge Dalai-Lama unterschrieb ein 17-Punkte-Abkommen. Tibet wird darin Autonomie zugesichert. China hat das Versprechen gebrochen (wie bei Hongkong). Allerdings gibt es auch eine positive wirtschaftliche Entwicklung (Gesundheitssystem, Schulen, Infrastruktur). Bedacht werden sollte auch heute, dass die Exilregierung in Dharamsala/ Indien eher undemokratisch und religiös intolerant ist sowie keine Berührungsängste zu Diktatoren hat. Im Juli 2021 besucht Xi Jinping als erster chinesischer Staatschef seit 1990 Tibet. Nach den Protesten bei den Olympischen Spielen 2008 (insbesondere in Ngaba) wurde eine Modernisierungskampagne gestartet: Es wurden neue Straßen, Flughafen gebaut. Man hat Tourismus in die Region gebracht. Vgl. Barbara Demick: Eat the Buddha, 2020.  Vor den Olympischen Winterspielen 2022 ist die Repression auch perfektioniert worden. Besonderheiten des Tibetischen Buddhismus: Sehr verbreitet ist der Mahayana-Buddhismus. Er verspricht einen schnelleren Ausweg aus dem leidvollen Kreislauf der Wiedergeburten. Durch anspruchsvolle spirituelle Übungen (Tantra, Yoga) kann der Mensch Erleuchtung innerhalb des Lebens erlangen. Es bedarf enger Beziehungen des Meisters, dem Lama, mit seinem Schüler. Sehr populär sind Bodhisattvas, erleuchtete Wesen (sie könnten ins Nirvana einziehen, entscheiden sich aber für den Meister). Der Dalai-Lama gilt als menschliche Erscheinungsform. Lama bedeutet "Hoher Priester".  In China mit Tibet als autonomem Gebiet leben heute etwa 250 Mio. Buddhisten - die Hälfte aller Buddhisten weltweit. Die mongolischen Herrscher (Qing - Dynastie) förderten und schützten einst den Dali-Lama. Sie übten auch die weltliche Herrschaft aus - so wie heute ebenfalls China. Der gewiefteste religiöse Führer war der "Große Fünfte" (Ngawang Gyatso). Er hatte als erster eine Allianz mit dem weltlichen mongolischen Fürsten geschlossen (wie in Europa zwischen Papst und Kaisern). Das war im Jahre 1578. Es sicherte den "Gelbmützen" die Herrschaft, die ihnen die Mongolen gnädig überließen. .

China sieht sich selbst als "Reich der Mitte" (Zentrum der Welt), das sich nichts vorschreiben lässt und sehr stolz auf seine lange Geschichte und Kultur ist. Die politische Führung hat wie einst der Kaiser nur ein "Mandat des Himmels": wenn sie nicht den Wohlstand fördert, kann sie abgestraft werden (Beispiel: Entstehung der Ming-Dynastie durch revoltierende Bauern). Noch heute ist der Ausdruck für Revolution im Chinesischen schlicht "das Mandat ändern". Jedes Jahr gibt es circa 80.000 gewalttätige Massenproteste, vor allem im Westen und Nordwesten Es besteht ein hoher Erwartungsdruck. Führungswechsel wie der 2013 sind von heftigen internen Machtkämpfen begleitet (Anschlag auf Xi Xiping?, Ausschaltung Bo Xilais). "Eines Tages werden wir Geschichte sein. Wie die Dynastien der Ming und der Qing", Museumsgründer Fan Jianchuan in Chengdu. China hat auch Angst vor dem Ägyptenvirus (Jasmin). Tatsächlich könnte es im schlimmen Falle so wie in Ägypten kommen. Nur ein stabiler Wohlstand lässt politische Repression zu. Mittlerweile kommt es infolge von Internet-Aufrufen zu einzelnen Protesten. Deshalb wird auch immer rasch bei steigenden Lebensmittelpreisen reagiert. China ist noch kein Rechtsstaat ("Loose Face" ist das Schlimmste: "Gib jemandem Gesicht, lass niemanden seines verlieren und wahre dein eigenes", Chinesisches Sprichwort). Das Recht entspricht deutschem Recht (bis auf Aktienrecht und Bankenrecht, USA); die Rechtsprechung ist ganz anders. Die Zentrale in Peking kann auch nicht Alles kontrollieren, so dass die Provinzen eine natürliche Autonomie haben. Im Dorf Wukan können 2012 erstmals demokratisch neue Ortsvorsteher gewählt werden. Regionale und lokale Regierungen zerren am Machtanspruch der Partei, aus ökonomischem Eigeninteresse.

Taiwan wird von vielen multinationalen Unternehmen zu "Greater China" gerechnet. Seit 1992 besteht ein Konsens, dass es nur ein China gibt, allerdings mit zwei politischen Systemen (One - China - Prinzip). 2008 gibt es eine Annäherung durch ein erstes Treffen der Parteichefs nach 60 Jahren (Vereinbarung direkter Flugverbindungen). Im Februar 2014 gibt es erstmals seit 1949 Gespräche auf Regierungsebene zwischen China und Taiwan. 2018 verstärkt China den Druck auf Fluggesellschaften: Sie müssen den Anspruch auf Taiwan bestätigen. Sie dürfen Taiwan nicht mehr als Land benennen. Außenpolitisch unterhält China in Rivalität zu Indien besonders enge Beziehungen zu Pakistan und Burma. China fürchtet eine Einkreisung durch Indien, Russland, Südkorea und Japan. China kauft sich daher immer mehr in Pakistan ein (Milliardeninvestitionen). China plagt die Sorge, das sich Taliban- und IS-Terror via Pakistan auf die muslimische Provinz Xinjiang im Westen Chinas ausdehnen könnten. Zum anderen geht es um einen die Arabische See und den Indischen Ozean beherrschenden Seekorridor vom südpakistanischen Hafen Gwadar aus. Ein Zubringer von der nördlichen Seidenstraße aus wird errichtet. Im Finanzmarktbereich scheint es mittlerweile eine Zusammenarbeit mit Japan zu geben. Die tibetisch-nepalesische Grenze wird seit 2007 stark überwacht. Die Flucht von Tibetern soll verhindert werden. Zu Füßen des Cho Oyu wird vor allem der Nangpa La - Pass kontrolliert. China vorgelagert ist eine Inselkette, die von der Koreanischen Halbinsel über Japan, Taiwan, die Philippinen bis nach Indonesien reicht. Alle diese Staaten sind mit den USA durch Militärabkommen oder Sicherheitsgarantien verbunden ("umgekehrte Große Mauer"). Streit gibt es mit Vietnam um die Paracel- und Spratly-Inseln. Erstmals bringen die Chinesen 2018 Raketen auf den Spratly-Inseln in Stellung. An ihnen vorbei führt eine der weltweit wichtigsten Handelsrouten. Mit Japan gibt es Konflikte um die Senkaku-Inseln. Das ist die japanische Bezeichnung; die Chinesen sprechen von Diaoynu-Inseln. Dieses Problem kann Weltmächte gegeneinander aufbringen. An der Seite Japans stehen die USA. Die Inseln sind strategisch sehr wichtig: Wer sie hat, kann die Seewege in der Region besser kontrollieren. China macht Ende Januar 2021 ein neues Gesetz, das der chinesischen Küstenwache weitgehende Hoheitsrechte einräumt. Chinas Küstenwache - einst Seenothilfe - besteht teils aus umgebauten Marinefregatten. Im südchinesischen Meer gibt es auch Auseinandersetzungen um Inseln mit Malaysia und den Philippinen. Vor der philippinischen Küste haben die Chinesen künstliche Riffe geschaffen. Die USA schaltet sich immer wieder in den Schlagabtausch ein. Der Nationalismus in China selbst könnte irgendwann außer Kontrolle geraten. Das Land beruft sich auf seine lange Tradition, in der es Jahrhunderte lang die Nachbarländer dominierte. Die USA und China kämpfen um die Vorherrschaft im Pazifik. Umstritten sind die Seegebiete, die China kontrollieren will (das Land wird vom internationalen Gerichtshof in Den Haag verurteilt). China will sich Taiwan einverleiben, auch wenn man dort von Wiedervereinigung gar nichts hält. Die USA verfügen über eine Reihe von Marinestützpunkte in dem Bereich. Die USA rüsten ihre Verbündeten in Asien auf. 2020 werden Boden-Luft-Raketen (Marschflugkörper, Raketenwerfer) an Taiwan geliefert im Wert von 1 Mrd. $. Peking droht mit Vergeltung. Heute sieht sich das Land als "Daguo" (die Großmacht), das groß sein will, aber frei von imperialen Zielen. Vgl. zu gegenteiliger Auffassung: Graham Allison: Destined for War: Can America and China Escape Thucydides´s Trap, Houghton Mifflin 2017.  2020 baut China einen riesigen Fischereihafen auf Papua-Neuginea. Gut 200 Mio. Dollar sind dafür veranschlagt. Es ist ein "multi-funktionaler Fischerei-Industriepark" geplant. Die USA und Australien (100 Kilometer vor der Küste) befürchten einen Militärstützpunkt. Der Projektrahmen ist auch die "Neue Seidenstraße". Bislang hatte Taiwan keine offiziellen Alliierten. Doch die USA und ihre pazifischen Verbündeten signalisieren militärischen Beistand im Falle eines chinesischen Angriffs. Japan wäre wohl automatisch Teil des Kriegsgeschehens. Deshalb plant man die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen, Luft- und Schiffsabwehrraketen auf japanischen Inseln im Westen Taiwans, um China von einer Invasion abzuschrecken. Vgl. Kölling, M./ Peer, M./ Riecke, T.: Warnung vor der Invasion, in: HB Nr. 241, 13.12.21, S. 16f.  China verfolgt in Bezug auf Taiwan eine langfristige Strategie. Man denkt in erster Linie an die Wirtschaft. Chinas Wirtschaft ist zentral für die Stabilität der politischen Führung. Man beobachtet die Wirtschaftssanktionen des Westens gegen Russland genau. Man kann geduldig sein und auch auf den politischen Verfall der USA setzen. Am 02.08.22 besucht Nancy Pelosi den Inselstaat Taiwan. Sie ist die dritthöchste Repräsentantin der USA. Sie versichert der taiwanesischen Regierung den Rückhalt der USA. Peking spricht von Einmischung in innerchinesische Angelegenheiten. China macht Manöver um Taiwan (Kriegsschiffen, Flugzeuge). Die USA und China geben gegenseitig die Schuld für die wachsenden Spannungen im Taiwan-Konflikt. Es ist noch unklar, wem Pelosis umstrittener Besuch nützt. "Das Vaterland muss wiedervereinigt werden, und es wird wiedervereinigt werden", Xi Jinping zu Jahresbeginn 2019 in einer Rede. ("Wenn es um Taiwan geht, ist Xi ein Mann in Eile", Kevin Rudd, China-Kenner).

Probleme kommen auch in folgenden Zitaten zum Ausdruck:

"China hat mit dem Papier auch die Bürokratie und den Beamtenstaat erfunden", N. N. Ebenso: "Fette Beamte ergeben dürre Bauern", altchinesische Weisheit.

"Lass den hohen Berg sein Haupt beugen! Mach den Fluss gefügig", Mao Zedong, Gedicht von 1958 (als man noch nicht an die Umwelt dachte).

"Die Tibetkrise trägt in sich das Potential, zu einer Krise zwischen China und dem Westen und zu einer Weltkrise zu eskalieren", Konrad Seitz, Ex-Botschafter.

Xinjiang: Xinjiang ist Chinas westlichste Provinz (grenzt an Mongolei, Russland, Kasachstan, Kirgisistan und Pakistan). Sie wurde 1949 als Ost - Turkestan von China annektiert. Sie macht  mit 1,66 Millionen Quadratkilometern rund ein Sechstel der Fläche der Volksrepublik aus. Dort leben rund 24 Mio. Menschen, davon sind die Hälfte Uiguren (es gab schon Ansiedlungen von Han, Uiguren ca. 2% der Gesamtbevölkerung Chinas). Es ist die Heimat der Uiguren, die muslimisch geprägt sind und sich nie mit der Einverleibung in das Riesenreich abgefunden haben. Die Uiguren pflegen ihre eigene uralte Tradition und einige Handwerke (z. B. Töpfern von Lehm). Die Provinz ist ökonomisch sehr wichtig für China (große Erdgasvorkommen, Bergbau, Baumwolle, Rüstungsindustrie). VW hat ein Werk in der Hauptstadt der Provinz Ürümqi (deutsch: Urumtschi, 6000 km von der Küste weg; seit 2013). Es ist ein Joint-Venture (Gesamt-Deal im Zusammenhang mit anderen Standorten). Im VW-Werk arbeiten 600 Mitarbeiter.   20.000 Fahrzeuge werden dort jährlich produziert. Seit 2016 hat auch die BASF ein Joint-Venture-Werk in der Provinz. China hat aus viel Misstrauen wegen separatistischer Tendenzen jahrelang Millionen von Han-Chinesen aus den großen Städten des Ostens umgesiedelt. Xinjiang ist eine Art Testlabor für Repressionsmaßnahmen (willkürliche Verhaftungen, ständige Kontrollen, Umerziehungslager u. a.; es soll über 380 Lager geben). Die Provinz soll bei der neuen Seidenstraße Verkehrskreuz für Zentralasien werden (Urumqi, Kashgar). Der berühmte Karakorum Highway schlängelt sich von Kahsgar das Pamiergebirge hinauf zum Tashkurgan-Pass, dem mit 4600 Metern höchstgelegenen Grenzübergang der Welt (nach Pakistan und Kirgistan). Wegen ihrer Bedeutung als Drehkreuz der Seidenstraße lebt die Stadt heute schon in totaler Überwachung. Die chinesische Regierung fürchtet eine Welle religiösen Extremismus und Terrorismus. Es wurden auch restriktive Gesetze erlassen (Verbot von Gesichtsschleiern, Fasten - Verbot für Beamte). 2018 kommt heraus, dass die VR China in Xinjiang Umerziehungslager betreibt (die Regierung spricht von "freiwilliger Erziehung", "Weiterbildung"). Bis zu 1 Million Uiguren (es gibt Schätzungen mit 1,8 Mio.) sollen mittlerweile unfreiwillig in Internierungslagern getrennt von ihren Familien sein. In den Lagern werden in Zwangsarbeit auch Produkte hergestellt. Es soll 380 Lager geben (manche vereint mit Gefängnissen) Im November 2019 werden Geheimdokumente der KPC der internationalen Presse zugespielt ("China Cables", Lager und Praktiken werden bestätigt). Auch die Bundesregierung kritisiert diese Praktiken; die chinesische Regierung spricht von Einmischung in innere Angelegenheiten. Es gibt Gerüchte, dass Siemens mit einem chinesischen Kooperationspartner (seit 2014; China Electronics Technology Group, auch Militärlieferant) technische Infrastruktur für die Lager zur Verfügung stellt. Jo Kaeser, der Vorstandsvorsitzende von Siemens,  ist 2019 Vorsitzender des Asien-Pazifik-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. Der Weltrat der Uiguren hat seinen Sitz in München. Die meisten Uiguren im Ausland leben in Deutschland, in der Türkei und den USA. Man kann als Ausländer in die Provinz reisen, ich war selbst vor längerer Zeit da (allerdings nur mit einem staatlich verordneten "Kontrolleur" in Begleitung, der nicht alle Orte zulässt). Der US-Kongress unterstützt im Dezember 2019 die Uiguren: Gesetz zum Schutz der Uiguren. Sanktionen gegen chinesische Regierungsvertreter, die an der Unterdrückung beteiligt sind. Die Europäische Handelskammer (Präsident Jörg Wuttke) hat Unternehmen aufgefordert, schriftliche Garantien zu verlangen, dass Produkte nicht unter Zwangsarbeit gemacht wurden. Das ist sicher keine harte Kontrollmaßnahme. Vgl. auch: Bölinger, M./ Yang, Xifan: Darf VW ein Werk zwischen Internierungslagern betreiben? in: Die Zeit Nr. 52, 10.12.2020, S. 23. 2021 droht ein Deal zwischen der Türkei und China. China will ein Auslieferungsabkommen. Es liefert seinen Impfstoff gegen Corona an die Türkei. Wegen der Konflikte mit der EU und den USA nähert sich die Türkei in ihrer Wirtschaftskrise immer mehr Russland und China an. Die Hochkommissarin für Menschenrechte Michelle Bachelet veröffentlicht im September 2022 einen brisanten Bericht über den Umgang der chinesischen Regierung mit den Uiguren und weiteren Minderheiten. Sie sieht Anhaltspunkte für "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" in der chinesischen Region Xinjiang.  Vgl, auch: Giesen, Christoph/ Peters, Katharina Craca: "Ich möchte leben", in: Der spiegel 4/21.1.23, S. 80f. (Bericht über die Aktivistin Janargül Jumatai, die in Haft in einem Lager war).

2023 ändert die Staatsmacht ihre Strategie der Unterdrückung. Sie setzt nicht mehr nur auf Umerziehungslager. Die Provinz soll dem Tourismus als Wunderland präsentiert werden. Diese Strategie war schon im Süden bei Guilin am Li-Fluss und in Tibet recht erfolgreich. Kahgar sowie Korla  sollen für Touristen geöffnet werden. Bei Kashgar befindet sich das Mausoleum von Afak Hodscha und ein weitläufiger Park. Berühmteste Nachfahrin von Hodscha war Xiang Fei, die es als einige Uigurin als "duftende Konkubine" in den Harem von Kaiser Qianlong schaffte. Hotan mit seine Massen-Lagern soll dem Tourismus als "dunkler Ort" verborgen bleiben. Korla ist eine Art Zwischenwelt. Hier soll sich die uigurische Kultur präsentieren dürfen. Vgl. Fahrion, Georg/ Sabrie, Gilles: Drei Welten von Xinjiang, in: Der Spiegel 20/ 12.5.23, S. 82ff.

Exkurs. Kaschgar: In diesem Zusammenhang gibt es Pläne, Kaschgar zu einer Art Vize-Hauptstadt zu machen. Der Westen China sist wirtschaftlich abgeschlagen. Menschenrechtsverstöße vertreiben ausländische Firmen. Deshalb wird Kaschgar eine rAufwertung unterzogen. Das passt auch zur Idee der Neuen Seidenstraße. Kaschgar, die ruhmreiche Stadt und Verkehrsknotenpunkt, liegt im Zentrum Eurasiens (4750 km bis Deutschland, relativ nahe zu Indien, Russland, Saudi-Arabien). Vgl. Stölzel, Thomas/ Petring, Jörn: Der Peking-2.0-Plan, in: WiWo 23/ 2.6.23, S. 32ff.

Dem politischen System wohnt ein immanenter Widerspruch inne: Es handelt sich um ein Kombisystem aus kapitalistischen Freiheiten und sozialistischer Parteidiktatur. Der substanzielle Widerspruch kann nur überleben, wenn dieses System den Menschen und der Gesellschaft stetig wachsende Vorteile bringt. Vg. Winter, M.: China 2019, München 2019, S. 67.

Weiterhin ist China von Ländern umgeben, die ihm größtenteils nicht vertrauen. Dazu gehören die Mongolei, Russland, Indien, Pakistan und die überwiegend kleineren Länder Nepal, Bhutan, Nordkorea, Vietnam, Laos, Kambodscha, Thailand, Bangladesch und Myanmar. Weitere Nachbarn sind die Philippinen, Indonesien, Singapur und Malaysia. Westlich von China erstrecken sich die fünf zentralasiatischen Republiken Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Tadschikistan. Vgl. Görlach, Alexander: Alarmstufe Rot, Hamburg 2022.

Bündnis mit Russland, nicht ohne Probleme: Russland und China sind Nachbarn. Ihre gemeinsame Grenze ist die längste Staatsgrenze der Welt (4300 km). Doch diese Grenze war nicht immer da. Im Vertrag von Nertschink 1689 war eine andere Grenze festgelegt worden (von Jesuiten ausgehandelt und vermittelt). Es war der erste Vertrag zwischen beiden Ländern. Das russische Zarenreich luchste danach den Chinesen 1,7 Mio. Quadratkilometer ab, mehr als alle westlichen Imperialisten je besaßen. Die gemeinsame kommunistische Geschichte (Lenin, Stalin, Mao) verbindet die Länder. China braucht auch die Rohstoffe, Bodenschätze und Rüstungsgüter aus Russland. Wenig angetan ist Russland über die neue Nordostpassage der Seidenstraße, die 5400 Kilometer kürzer ist als die Südpassage. Im europäischen Russland befürchtet man eine chinesische Kolonialisierung. Immer mehr Chinesen betreiben ihre Geschäfte von Russland aus.

Die Verträge von Aigun (1858) und Peking (1860) regelten später die Grenze zwischen dem zaristischen Russland und er Qing-Dynastie. Der Amur (Heillongjiang - Fluss des Schwarzen Drachens) bildete eine Art Grenze. Später konzentrierte man sich auf Handelsfragen, weil militärisch kaum etwas zu gewinnen war. Neben der friedlichen chinesischen Invasion (siehe oben) kehrt regelmäßig die Umweltpolitik als Problem zurück. Russland ist von den großen Industrialisierungsprojekten betroffen. Explosionen in Chemiefabriken (2005 Jilin), Ölteppich auf dem Fluss Songhua, Wasserkraftwerke, Dämme u. a. Auch große Deals wie 2014 über 400 Mio., Dollar können Probleme nicht übertünchen. China hat Landhunger, in den Grenzgebieten lebt zu wenig russische Bevölkerung. Vgl. Messmer/ Chuang: China an seinen Grenzen, Stuttgart 2019, S. 62ff. Der Ukraine-Krieg und die westlichen Wirtschaftssanktionen treiben Russland immer mehr an die Seite Chinas. China sieht das mit gemischten Gefühlen, das man die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit dem Westen braucht, um den eigenen Wohlstand weiter zu sichern und auszubauen.

Im Nordosten von China hat man Gebietsansprüche gegen Russland. Diese Teile hatte sich das zaristische Russland nach den beiden Opium-Kriegen, als China geschwächt war, unter den Nagel gerissen. Es gibt zwar einen Freundschaftsvertrag, aber die kommunistische Führung dürfte implizit den Wunsch nach der Zurückholung nie aufgegeben haben. Besonders wichtig ist Wladiwostok, das einst auch chinesisch war (Haishenwai). Die Stadt wurde nach und nach für chinesische Güter geöffnet, weil der Transport in Ausland sehr viel leichter ist als erst durch das Binnenland. Heute ist Wladiwostok praktisch schon in chinesischer Hand.

Chinas Rolle im Global Government als Problem: Das Land strebt ein multipolares Government in der Welt an. Möglichst viele Staaten sollen über die Spielregeln der Weltwirtschaft entscheiden. China sieht sich selbst als Sprachrohr der Entwicklungsländer in Afrika, Südamerika und Asien. Die Volksrepublik versucht die bestehenden Global Government - Institutionen zu erodieren, weil sie von den USA dominiert sind. China geht es aber immer vorrangig um die Sicherung der eigenen Einflusszonen in Afrika, Zentral und Südostasien sowie Südamerika. Die Rolle des Weltpolizisten ist China zu teuer. Bereits jetzt baut China mit anderen Schwellenländern zusammen eine Alternative zum IWF auf (alternativer Währungsfonds und Weltbank 2). 2015 möchte China mit dem Renminbi in den Währungskorb des IWF aufgenommen werden (spätestens 2016; Liste von Reformen: konvertierbar, keine Kapitalverkehrskontrollen, Börsen vollständig öffnen, Umtausch der Währung für Kapitalmarkttransaktionen). Das gelingt auch Ende 2015. Bis dahin hatten nur vier Länder bzw. Regionen  Sonderziehungsrechte (künstliche Reservewährung): USA, Euroland, GB, Japan. Ab Dezember 2015 ist der Renminbi dann Welt-Reservewährung (siehe oben). Damit wickelt der IWF seine internen Transaktionen ab. Das wird ganz sicher die Akzeptanz der chinesischen Währung stärken (Welthandel, internationaler Zahlungsverkehr). Gegenwärtig (2015) hat der Renminbi nur einen Anteil von 2% am Welthandel (Quelle: Swift Watch).  China strebt an, den Renminbi durch Gold zu decken und den Umtausch zu garantieren. Deshalb hat die Zentralbank systematisch Gold gekauft (Stand: mehr als 1600 Tonnen Mitte 2015). Vielleicht kann die Währung so den Dollar als Leitwährung ferner in Zukunft ablösen oder vielleicht sogar einen "Globo" bzw. "Mundo" als einheitliche Weltwährung  schaffen. Zuerst aber muss die Regierung die Kontrolle über die eigene Wirtschaft wiedergewinnen.

In der Entwicklungspolitik werden am stärksten die Entwicklungsländer in Afrika unterstützt. Es ist ein Geschäft auf Beiderseitigkeit. China interessieren die Rohstoffe (sie werden in der Regel mit chinesischen Beschäftigten abgebaut). Dafür gibt China Unterstützung und baut Infrastruktur. Ende 2015 sagt der Präsident Xi Jinping Afrika 60 Mrd. Dollar an Hilfen zu. Die meisten werden für zinsfreie Kredite vergeben. Damit sollen unzureichende Infrastruktur verbessert und der Mangel an ausgebildeten Arbeitskräften beseitigt werden. Viele Staaten Afrikas werden von der Wirtschaftskrise in China sehr hart getroffen. Zunächst werden die Investitionen in Afrika gekürzt. Weiterhin leiden die afrikanischen Staaten besonders unter der Schwäche der Rohstoffpreise (bei den China eine Ursache ist, siehe oben; Sambia, Angola, Nigeria, Südafrika). Mittlerweile (2016) stürzen die Währungen in den Keller; Rand, Naira, Kwacha. Die Billigexporte der Chinesen zerstören eigene Industrien (z. B. Schuh- und Textilindustrie).

Mit Donald Trump könnte die Vorherrschaft der USA enden. In die Position könnte China schlüpfen. Es könnte jetzt wirklich ein chinesisches Jahrhundert beginnen. Das Projekt "Neue Seidenstraße" (BRI) symbolisiert den Anspruch des Landes auf eine führende globale Rolle. Dahinter stecken geostrategische Interessen. Bisher ist Zentralasien, Afrika, Europa und der mittlere Osten einbezogen ("Chinas Griff nach Westen"). Jetzt soll auch Südamerika dazu gehören. Es soll auch eine "polare Seidenstraße" durch die Arktis geben. Die Initiative trägt den Namen "Ein Gürtel, eine Straße" (One Belt, One Road). Die Projekte werden zu 805 von chinesischen Unternehmen geplant. Nur wenige lokale Firmen sind beteiligt. Die "maritime Seidenstraße" dient unter anderem der Sicherung der Energie- und Rohstoffversorgung. 2019 wächst der chinesische Druck auf Italien. Es soll sich der chinesischen Initiative zum Bau der "Neuen Seidenstraße" anschließen. Ende März 2019 kommt Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping nach Italien. Dann könnte eine entsprechende Vereinbarung unterzeichnet werden. Italien wäre dann als bisher größte Volkswirtschaft und Mitglied der G7 dabei. China lockt mit großen Investitionen. Es fordert auch "Respekt vor Kerninteressen". Damit sind die Ansprüche im Ost- und Südchinesischen Meer gemeint. Deutschland übt scharfe Kritik an der geplanten Kooperation zwischen China und Italien. China als als Einfallstor in Italien den Hafen Triest im Nordosten Italiens gewählt.  Andere EU-Länder wie Griechenland, Portugal und Ungarn haben entsprechende Vereinbarungen schon unterschrieben. Vgl. Peter Frankopan: Die Neuen Seidenstrassen. Gegenwart und Zukunft unserer Welt, Berlin 2019.Ende April 2019 (Eröffnung 26.04.) findet ein weiterer Gipfel zur "Neuen Seidenstraße" in Peking statt. Aus Deutschland ist Wirtschaftsminister Altmaier dabei. Xi Jinping gibt bekannt, dass bereits Infrastruktur-Verträge in Höhe von 64 Milliarden Dollar abgeschlossen wurden. Laut Außenminister Wang haben 126 Länder und 29 internationale Organisationen Verträge abgeschlossen. Seit 2013 wurden Kredite in Höhe von 265 Milliarden Euro von verschiedenen Banken vergeben. "Die Chinesen nutzen skrupellos ihre Wirtschaftskraft, um politischen Einfluss zu nehmen", Jörg Wuttke, 2019, Präsident der europäischen Handelskammer und für die BASF seit 22 Jahren in China aktiv

Trump verschärft den Handelskrieg mit China auch, um den Vorsprung der USA in der Welt zu konservieren. Der Schuss könnte aber nach hinten losgehen. China forciert als Gegenschlag seine technologische und wirtschaftliche Unabhängigkeit. Die Entglobalisierung könnte so den Abstieg der USA beschleunigen und erhöht gleichzeitig das Risiko militärischer Konflikte. So wird der Wohlstand der ganzen Welt gefährdet. Demonstrationen in Hongkong finden 2019 immer wieder statt. Sie treten für Freiheit und Demokratie ein. Hongkong ist eine chinesische Sonderverwaltungszone. Auslöser der Proteste waren die Versuche Chinas, Sonderrechte der Bewohner in der Sonderverwaltungszone einzuschränken (Daten nicht an die VR China). Der Erfolg des "Trumpismus" in den USA verstärkt aber die Schwächen Europas und hilft indirekt China den Weg zu ebnen. Die Europäer und auch die Kanadier müssen ihre neue Rolle erst wieder finden. Es gibt noch keine Antwort auf die Krise der Demokratie.

China unterstützt seine Strategie im Global Government auch durch eine sehr effektive Informationspolitik. Diese ist im eigenen Land so erfolgreich, dass außerhalb der Ballungsgebiete die Menschen mittlerweile tatsächlich glauben, der Corona-Virus komme aus den USA. Nach außen hat China Maskenlieferungen und Lieferungen von Schutzkleidung gegen Covis-19 nach Italien, Serbien und Ungarn und in andere Länder, die von der EU finanziert wurden, als chinesische Spenden deklariert und war damit sehr überzeugend. Die Corona-Krise wurde auch für die Propaganda im Systemwettbewerb benutzt: Immer wieder wurde herausgestellt, dass China die Krise besser bewältigt habe als die USA. Hongkong, das für China keine große ökonomische Bedeutung mehr hat und gegenüber Shenzhen immer mehr zurückfällt, wird als Testfall für Taiwan missbraucht. Man testet aus, wie weit man gehen kann und wie man mit Sanktionen fertig werden kann.  Die KPC wird durch die Corona-Krise legitimiert, ihre Kontrolle über die Bevölkerung mit einer anderen Begründung auszubauen. In der WHO und anderen Organisationen schlüpft China in die Lücke, die die USA hinterlässt, und dominiert vor allem die Informationspolitik (Covid-19 wurde zu lange verharmlost). Die Informationspolitik (negativ Propaganda) ist für das Regime von systemrelevanter Bedeutung: Es geht letztendlich darum, das Aufstiegs- und Wohlstandsversprechen (analog dem "American Dream") gegenüber der Bevölkerung zu retten. Davon hängt die Existenz der KPC ab.  Der Aufstieg hat Priorität. Dem wird pragmatisch fast alles untergeordnet. Die Führung des Westens (durch G7, IWF, WTO) wird nicht mehr anerkannt und asiatische Integrationen werden dem entgegengestellt (SCO, BRICS, Neue Seidenstraße). Auf Augenhöhe ist man durchaus bereit, Dinge zu verhandeln und zu kooperieren.

 

Japan:

Wirtschaft: Die Probleme Japans liegen darin, dass es zum einen die Nation mit der ältesten Bevölkerung der Welt ist (höchste Lebenserwartung, Geburtenrate 1,26; Prognose nimmt ein Schrumpfen in den nächsten 50 Jahren um 40 Mio. an), und dass zum anderen der Strukturwandel zur Dienstleistungsgesellschaft am langsamsten von allen Industrienationen erfolgt. Außerdem ist der Schuldenstand mit über 200% des BIP extrem hoch (ca. 7 Billionen Yen). Die Wirtschaft Japans boomte zwar seit sechs Jahren wieder bis 2008, doch vom Aufschwung profitieren nicht mehr alle (immer weniger volle und feste Arbeitsplätze, Spaltung zwischen Armen und Reichen, Zulieferer - KMU haben zunehmend Schwierigkeiten). Der Unterschied zwischen Arm und Reich wird immer größer. Mit einem Zeltdorf mitten in Tokio im Hibiya-Park gelingt ein Tabubruch. Als erste von der Krise betroffen sind die Zeitarbeiter. Bis März 2009 wurden noch 85.000 entlassen. Sie verlieren damit auch ihre firmeneigene Unterkunft. Beim Pro-Kopf-Einkommen ist das Land vom vierten auf den achtzehnten Platz abgerutscht, der Anteil an der Weltproduktion  fiel von 18% im Jahre 1994 auf heute ca. ein Zehntel. Durch die hohe Abhängigkeit vom amerikanischen Markt zieht eine Rezession dort Japan mit nach unten. Dies geschieht auch Ende 2008/ 2009; die Industrieproduktion bricht um 8,1% ein (wie noch nie nach dem Krieg). Die Exportindustrie kämpft Ende 2008 und 2009 mit starken Umsatzeinbrüchen. Mit dazu bei trägt auch die Aufwertung des Yen (der Yen-Kurs wird auch vom Carry - Trade beeinflusst) . Um Kosten zu sparen, müssen immer mehr Unternehmen im Ausland produzieren (China?). Immer schneller wandert die Produktion ins Ausland ab. Die Wirtschaft kommt auch 2010 nur langsam in Fahrt (Privater Konsum rückläufig). Das Land wird als zweitgrößte Volkswirtschaft von China abgelöst. Preisdeflation kommt immer wieder. 2011 hat Japan erstmals seit 30 Jahren ein Handelsbilanzdefizit (Import an Energie). Beunruhigend ist auch die soziale Deformation bei der Renten- und Gesundheitsversicherung. Die Wirtschaftswunderjahre sind endgültig vorbei. Den Preis muss Japan aber heute noch bezahlen: Korruption, Billiglöhne und Atomkatastrophen. Immer noch ist Japan auch nach Fukushima auf der Suche nach einem Kompromiss zwischen Wirtschaftsinteressen und den Ängsten der Normalbürger. Das "Atomdorf" (Verflechtung zwischen Tepco und Politik) besteht weiterhin. In den Achtzigern galt Japan als kommende Weltmacht. Heute ist es ganz tief gefallen und kommt nicht wieder auf die Bein. Abenomics ist eine Art Wirtschaftsexperiment, dessen Ausgang völlig offen ist. Es besteht aus folgenden Bausteinen ("drei Pfeile"): Baustein 1 radikale Geldpolitik, um künstlich Inflation (bis 2015 2%) und Abwertung herbeizuführen; Baustein 2 schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme (Gesamtverschuldung 240% Mitte 2013); Baustein 3 strukturelle Reformprogramme zur Erhöhung der Steuereinnahmen und Deregulierung des Arbeitsmarktes). Die radikale Handelspolitik von Trump trifft Japan sehr stark und zieht das Land weiter nach unten. Zum Glück kann ein Abkommen mit der EU ausgehandelt werden.

Naturkatastrophen: Das Land liegt in einer Erdbebenzone. Etwa 1500-mal pro Jahr bebt die Erde. Vier Kontinentalplatten treffen hier aufeinander. Immer wieder kommt es zu schweren Erdbeben. Das Jahrhunderterdbeben 2011 verbunden mit einem Tsunami richtet große Schäden an und tötet viele Menschen. Zwei Atomkraftwerke werden schwer beschädigt. In Fukushima  tritt nach einer Explosion radioaktives Cäsium, Jod, Plutonium und Strontium aus. Mehrere Meiler geraten außer Kontrolle. In der Erdbebengegend sind auch Halbleiter- und Autowerke betroffen, die abgeschaltet werden müssen. Die Produktionsausfälle sind hoch. Sie werden verschärft durch einen massiven Strommangel und Energiemangel insgesamt. Besonders betroffen ist die Lebensmittelindustrie. Die Fischerei in dem Gebiet steht vor dem aus. Die Folgen für Japan sind unabsehbar. Es setzt sofort eine Diskussion über die Finanzierung des Wiederaufbaus ein. Erwogen wird eine Sondersteuer (Solidaritätszuschlag). Insgesamt wird sich der Staat mit Wiederaufbaumaßnahmen im Bereich der Infrastruktur und mit sozialen Hilfsprogrammen engagieren müssen. Der Wiederaufbau hat zwei Seiten: z. B. boomt Sendai wieder, während noch viele kleinere Städte in Trümmern liegen. Japan beeinflusst natürlich auch die Weltwirtschaft: Es hat am weltweiten BIP einen Anteil von 8,9%. Die Importe aus der Welt haben einen Anteil von 4,2%. An der Weltbevölkerung hat das Land einen Anteil von 1,9% (alle Zahlen von 2010). Es wird Dominoeffekte in den Wertschöpfungsketten geben. 2012 gibt es eine weitere Naturkatastrophe auf der südlichen Insel Kyushu. Tagelange heftige Regenfälle machen 400.000 Menschen obdachlos. 2018 gab es mehrere Naturkatastrophen: Zuletzt kam ein gewaltiger Taifun über die Hauptinsel. Der Flughafen Osaka wird lahm gelegt. Gleich danach erschüttert ein schweres Erdbeben der Stärke 7 die Insel Hokaido. Mitte Oktober 2019 richtet der Super-Taifun "Hagibis" großen Schaden an der Küste und in Tokio an. Bei schweren Unwettern (schwerer Regen, Überschwemmungen) im Südwesten Japans (am stärksten betroffen die Provinzen Kumamoto, Kagoshima) kommen im Juli 2020 35 Menschen ums Leben. Anfang Juli gibt es in der Provinz Shizuoka im Zentrum des Landes  einen gewaltigen Erdrutsch. Er ereignete sich nach tagelangen schweren Regenfällen. Über 20 Menschen kommen ums Leben. Im Sommer 2021 gibt es rekordverdächtige Regenfälle in Japan. Am schwersten ist die südwestliche Hauptinsel Kyushu betroffen. Für rund 650.000 Haushalte wird die höchste Warnstufe ausgegeben. Mitte Januar 2022 kommt eine Tsunami - Warnung für die Küste. Besonders schwer wird dann Tonga getroffen, nicht Japan. Am 16. März trifft ein schweres Erdbeben wieder die Region um Fukushima. Die Atomruine scheint zu halten. Am 1. Januar 2024 treffen mehrere Erdbeben die japanische Hauptinsel Honshu. Die Stärke liegt bei 7,4. Erste Tsunami-Wellen kommen (Halbinsel Noto). Über 90 Menschen kommen ums Leben, 200 sind noch vermisst. Über 30.000 Menschen müssen ihre Unterkunft verlassen. Eine größere Katastrophe bleibt aus, weil der Inselstaat gut vorbereitet ist. Es gibt ein modernes Warnsystem, rigide Bauvorschriften und ständige Anpassung der Schutzmaßnahmen. Jedes Erdbeben ist ein Ansporn, sich besser auf das nächste vorzubereiten. Japan nimmt den Zivilschutz ernst. Im Oktober 2021tauchen längst vergessene Schiffe am strand der japanischen Indel Iwojima auf. Ein Erdbeben ausgelöst durch einene Vulkan bringt 24 japanische Transportschiffe aus dem 2. Weltkrieg an die Oberfläche. Sie waren von US-Truppen versenkt worden.

Gesellschaft und Politik (Konflikte): Der Strukturwandel im Land bringt viele Probleme mit sich. Die starke Zunahme prekärer Beschäftigungsformen steht im Widerspruch zur hohen Bedeutung der Arbeit. Die Rolle der Frau und ihr Wandel belastet viele Frauen. Viele wollen als Singles in den großen Städten leben.  Die starke Verflechtung zwischen Wirtschaft und Politik verhindert wichtige Reformen. Die Parteien sind sehr zerstritten. Die Solidarität in der Gesellschaft bröckelt. Formell ist Japan zwar eine Demokratie, aber faktisch ein Ein-Partein-Staat unter der Knute der LDP. Aus Japan, dem alten Rivalen von China, kommen immer mehr nationalistische Töne. Nippon entsagt seiner pazifistischen Politik und rüstet auch immer mehr auf. Statt Passivität und Pazifismus kämen Abschreckung und Angriffsarmee. In letzter Konsequenz liefe das auf eine atomare Bewaffnung hinaus. Zumindest soll die neue Rolle Japans ein Korrektiv in Asien sein. Das Verhältnis zu China ist historisch schwer belastet. Aktuell geht es um die Inselgruppe Senkaku (von den Japanern so genannt). Japaner und Chinesen stützen sich auf uralte Urkunden über die Inseln im Ostchinesischen Meer. Das Verhältnis zu Russland ist seit dem 2. Weltkrieg immer noch nicht bereinigt. Die russische Armee hatte die Kurilen-Inseln im Pazifik besetzt, die zu Japan gehörten. Überraschend bietet Putin im September 2018 einen Friedensvertrag an. Mit der transsibirischen Eisenbahn dehnte Russland seinen Einfluss nach Osten aus. Mit China wurde eine Bahnlinie in die Mandschurei vereinbart. Ab 1900 verlegte Russland Truppen in den Osten, wodurch Japan seine eigenen Expansionspläne in die Mandschurei und Korea als gefährdet ansah. Um die russische Ausdehnung zu stoppen, griff Japan 1904 Port Arthur an. Da Teile der Eisenbahnlinie noch nicht fertig waren, hatte Russland im Winter Schwierigkeiten, Nachschub zu schicken. Nach mehreren Niederlagen unterzeichnete Zar Nikolaus II. einen Friedensvertrag mit Japan (Russland verlässt die Mandschurei, der Süden der Halbinsel Sachalin wird abgetreten).

Langsamer Abstieg: Japans Wirtschaft, die lange Zeit als unbesiegbar galt, befindet sich seit Jahrzehnten in einer Abwärtsspirale. Die Stagnation verändert den Alltag und die Gesellschaft in Japan, das sich tief greifender Reformen verweigert. Japan ist weit davon entfernt, eine neue Vision für das postindustrielle Zeitalter zu haben. Es tut sich besonders schwer damit, sich von seinem überkommenen Erfolgsmodell zu verabschieden, sich zu erneuern und seine Wirtschaft umzubauen. Dass die japanische Gesellschaft an ihren ungelösten Herausforderungen nicht zerbricht, lässt sich vor allem auf kulturelle Ursachen zurückführen . Die Japaner legen großen Wert auf Konsens und Harmonie (Konfuzianismus). Vgl. meinen Aufsatz zur Kultur Japans (Vergleich mit Deutschland). Besonders auch: Wieland Wagner: Japan. Abstieg in Würde. Wie ein alterndes Land um seine Zukunft ringt, DVA, München 2018. Was dieses Buch so interessant macht, ist, dass wir in Deutschland viel daraus für uns lernen könnten.

"Ein großer Kessel kocht langsam", Japanische Weisheit.

"Sobald die Steine schwimmen, versinken die Blätter", Japanische Weisheit.

 

    Tagungen:

"Macht selten die Worte, dann geht alles von selbst", Laotse: Die Weisheit des Tao Te King.

Im SS 2004 organisierte ich ein Symposion "Transformation in China" , das in die Lehrveranstaltungen bei Marketing Ostasien im Hauptstudium (International Economics) integriert wurde. Termin war der 24. April 2004 (ganztätig). Die Veranstaltung war im Ostasieninstitut. Mit Transformation ist der Umwandlungsprozess vom Wirtschaftssystem der Planwirtschaft auf das System der Marktwirtschaft gemeint. Als Referenten  waren Prof. Dr. G. Brinkmann (Uni Siegen), Prof. Dr. R. Busch (FH Ludwigshafen), Prof. Dr. X. Gu (Uni Bochum), Dr. K. -P. Hopp (Rechtsanwalt, Hamburg), Prof. Dr. W. Krämer (FH Ludwigshafen), Prof. Dr. W. Pippke (FH für öffentliche. Verwaltung, Münster) und Dr. M. Vermeer (Ostasieninstitut) vertreten. Teilnehmer, die von Frau Vizepräsidentin Prof. Dr. Rump begrüßt wurden, waren Professoren verschiedener Hochschulen (Ludwigshafen, Köln, Worms), Vertreter aus Verwaltung (z. B. BMF), Beratungsunternehmen (z. B. Zenit), Praktiker aus Banken und Unternehmen (z. B. WestLB) und Studentinnen bzw. Studenten des Ostasieninstituts.                                                              

Die Ökonomie muss China immer stärker berücksichtigen: Hier ist ein exemplarisches Studieren ökonomischer Prozesse im Zeitraffer möglich, für die Industrieländer viele Jahrzehnte/Jahrhunderte brauchten. Die Globalisierung führt auch zu einer ständigen Veränderung der Wettbewerbsposition von Ländern. China gewinnt enorm an Bedeutung; Deutschland hat große Probleme, seine Position zu halten. Was sind die Einflussfaktoren dieser Entwicklungen? Von der Entwicklung Chinas sind auch viele Probleme in der Welt abhängig (Umwelt, Arbeitsplätze, Rohstoffpreise). China könnte der große Gewinner der Globalisierung werden. Im Mittelpunkt des obigen Symposions stand eine umfassende interdisziplinäre Betrachtung, die Politik, Verwaltung, Rechtssystem, Bildungssystem, Kultur und Wirtschaftssystem umfasste: Die Vereinbarkeit zwischen kommunistischen Kaderstrukturen und marktwirtschaftlichen Wirtschaftsabläufen scheint möglich zu sein, eine starke zentralistische Führung scheint für ein Land dieser Größenordnung notwendig zu sein. Demokratische Entwicklungen sind noch nicht  absehbar, außer auf kommunaler Ebene. Die Machthaber in Peking sind hervorragende Strategen, die ihre Ziele sehr pragmatisch umsetzten. Im Gegensatz zu anderen Diktaturen stellen sie die Entwicklung des eigenen Landes in den Mittelpunkt ihres Machtstrebens. Das sich langsam wandelnde Verwaltungssystem vereint verkrustete Strukturen und sehr moderne Elemente.  Die Menschen in China sind mittlerweile durch Geld motiviert. Sparguthaben der Familien werden in die Bildung der Kinder investiert, die es einmal besser haben sollen als ihre Eltern. Rechtsgrundsätze, die vor allem auch aus Deutschland übernommen wurden, werden kreativ auf die eigene Kultur angepasst. Daneben existiert weiterhin die Todesstrafe, die auch für die alltäglich praktizierte Korruption (eine Ursache sind die niedrigen Gehälter in Verwaltung und Bildung) angewandt wird. Kleine und mittlere Unternehmen sorgen für einen raschen Strukturwandel und die nötige Wirtschaftsdynamik.

"Demokratie wie in westlichen Ländern ist für China eine Sackgasse", Hu Jintao, chinesischer Staatspräsident und Parteichef. "Es ist noch ein weiter Weg, bis China die politische Demokratie aufgebaut hat", Weißbuch der chinesischen Regierung 2005. "Wir wollen das demokratische System in China weiter vervollkommnen und die demokratische Vielfalt im Land bereichern", Wen Jiabao in seiner Rede auf dem 10. Nationalen Volkskongress.

"China wird die Puste ausgehen, wenn das Land nicht demokratischer wird", Philippe Aghion, Harvard-Professor für Economics.

 

     Aufenthalte:

"Eine tausend Meilen weite Reise beginnt vor deinen Füßen", Laotse: Die Weisheit des Tao Te King. "Wenn aus der Ferne gute Freunde kommen, ist das nicht eine Freude?" Konfuzius, Gespräche.

Im  Frühjahr 2005 fand mit dem Institut zur Erforschung  wirtschaftlichen Verhaltens e. V. ( Köln)  ein Forschungsaufenthalt in China statt:   Mittelstandspolitik in China,  Verhältnis der chinesischen Wirtschaft zu Deutschland, Löhne, WK-Regime. Wir wurden vom Beijing Administrative College betreut. Es fand ein Symposium über die akuten Wirtschaftsprobleme beider Länder (u. a. Arbeitsmarkt, Bevölkerungsentwicklung, Sozialversicherung) statt. Informationen wurden in der BDA (Ministry of Foreign Affairs), der Planungsbehörde und der deutschen Außenhandelskammer eingeholt. Vergleiche ausführlichere Informationen auf der Seite Forschung/Aufenthalt.

"Reisen ist besonders schön, wenn man nicht weiß, wohin es geht. Aber am allerschönsten ist es, wenn man nicht mehr weiß, woher man kommt", Laozi (Laotse).

   Platz des Himmlischen Friedens in Peking  (Tian`anmen, Symbol zentralistischer Macht; 1989 Ort des Massakers gegen die Studenten der Demokratiebewegung). Am 4.Jjuni 2019 ist der 30. Jahrestag der Protestaktionen und der Niederschlagung der Demokratiebewegung. Der chinesische Verteidigungsminister rechtfertigt im Juni 2019 nochmals das Vorgehen der Armee. Li Peng, der verantwortliche Regierungschef, stirbt im Juli 2019. Wieder wird das Massaker gerechtfertigt. Das Tor symbolisiert die Verbindung zwischen Himmel und Erde.  Es wurde 1420 unter Kaiser Yongle als Tür zur Verbotenen Stadt gebaut (Yongle war wahrscheinlich der bedeutendste Kaiser). Am 1.10.1949 rief Mao hier die Volksrepublik aus. Auch Großabdruck dieses Fotos in "HEUTE in Kirche und Welt" (Blätter zur Unterscheidung des Christlichen), Nr. 8/August 2008, Titelseite. Es ist heute selten, den Platz ohne Touristen zu fotografieren.  Im November 2013 rast ein Geländewagen in die Menschenmassen. Fünf Menschen sterben, 40 werden verletzt. Die Regierung macht Uiguren aus der Provinz Xinjiang dafür verantwortlich. Daraufhin verschwinden uigurische Händler aus dem Stadtbild von Peking. Im März 2014 zu Beginn des Volkskongresses wird das Mao-Porträt beschmiert. Bürgerrechtler fordern die Einäscherung des Staatsgründers. 2023 gibt es einen Regenrekord in Peking. Es sind die stärksten Regenfälle seit Beginn der Aufzeichnungen 1891. Mindestens 20 Menschen kommen ums Leben.

Liao Yiwu: Herr Wang, der Mann, der vor den Panzern stand. Texte aus der chinesischen Wirklichkeit. Aus dem Chinesischen von Hans-Peter Hoffmann, Frankfurt (S. Fischer) 2019. "Bis heute wirken die Folgen des Massakers vom 4. Juni 1989 am Platz des Himmlischen Friedens in der chinesischen Wirklichkeit nach. Liao Yiwu versammelt dazu bislang unveröffentlichte Texte. Er erzählt von dem Leben seiner Knastbrüder und veröffentlicht erstmals Brief aus dem Gefängnis an seine damalige Frau. "  Quelle: Umschlagrückseite. Der Text enthält auch viele Gedichte.

Vor dem Tor hat Mao am 1. Oktober 1949 die Volksrepublik China ausgerufen. Mao trug auch die berühmte Mao-Uniform mit Mao-Mütze. Beides stammte nicht von ihm. Die Kleidung geht auf Republik-Gründer Sun Yat-sen zurück, der sie als Pflichtbekleidungsstück für chinesische Beamten einführte (Unterschied zur Kleidung der Qing-Dynastie und zu westlicher Kleidung). Die Mütze war die gängige Arbeitermütze der Zeit und sollte verhindern, dass die Haare in Maschinen kamen. 2019 feiert man 70 Jahre Volksrepublik.  Mit einer gigantischen Militärparade und riesigen Schaubildern  (Symbole der Partei, des Staates und der Volksbefreiungsarmee und Porträts) hat China am 01. Oktober 2019 den 70. Jahrestag der Gründung der kommunistischen Volksrepublik auf dem Tiananmen-Platz gefeiert. Xi Jinping hielt bei der Zeremonie eine Rede und sagte "niemand könne das chinesische Volk und ei chinesische Nation auf ihrem Weg nach vorne stoppen". Geladene Gäste, darunter einige handverlesene Ausländer, durften den Feierlichkeiten beiwohnen.

Die Verbotene Stadt, auch "Zi jin cheng" (die Purpurstadt, weil viele Teile in Purpurrot erstrahlen) genannt, war der berühmte Sitz des Kaisers (die kommunistischen Führungskader haben heute ganz in der Nähe eine eigene verbotene Stadt modernerer Prägung). In der Verbotenen Stadt waren die Gebäude, Plätze und Wege bis ins kleinste hinein geregelt und durchorganisiert. Auch die Wege waren für jede Gruppe genau vorgeschrieben. Neben Elitesoldaten stellten Eunuchen die größte Gruppe (es gab auch eine große Schnittmenge) dar. Der Kaiser lebte mit einem großen Harem (ca. 40 Ehefrauen, 2000 Konkubinen). Mandarine waren die damaligen Führungskader (dieser Artikel wird bei der Geschichte des Kaiserreiches unten fortgesetzt).

Im Sommer 2007 fand ein Aufenthalt in Japan statt. Es ging auch um die Interkulturelle Kommunikation und den Zusammenhang zwischen Kultur und Wirtschaft.

"Auf Reisen in fremde Länder lernt man nicht das Land kennen, sondern sich selbst", aus Tibet.

Im Herbst 2008 fand ein  längerer Aufenthalt in China mit Forschungsprojekten und Vorlesungen statt (Beijing, Chengde/Hebei, Tianjin, Lanzhou/Gansu) .

           Besuch der Tsinghua - Uni     Besuch der Geely - Privatuni    Vorlesung am AC Gansu     Vorlesungen hatte ich am Beijing Administrative College, am Gansu Administrative College in Lanzhou (Provinz Gansu, Seidenstraße, Gelber Fluss, Huang He, Wüste Gobi; auch Empfang mit Präsident und Vizepräsidenten, Dekan) und an der Capital University of Economics and Business, Beijing. Besucht habe ich darüber hinaus die Tsinghua Universität (Empfang und Essen mit Vize-Präsidentin) und die Geely-Privatuniversität (Empfang beim Präsidenten).

Im Herbst 2012 waren weitere Vorlesungen in China geplant. Diese mussten wegen der politischen Unsicherheiten in der Führung ausfallen. Ich konnte aber durch das Land, insbesondere den Süden, reisen. "Wenn ihr noch länger hier bleibt, werdet ihr Schlitzaugen bekommen", Prinz Philip zu englischen Studenten in Peking.

 

 

Landwirtschaft am Li-Fluss bei Yangsuo. Berge am Li-Fluss sind als Motiv auf der Rückseite des 20 Yuan-Scheins dargestellt. Hier liegt ein Zentrum des Reisanbaus Chinas. Gearbeitet wird noch mit Wasserbüffeln. Es wird auch Tee, Baumwolle, Obst und Gemüse angebaut. Die Stadt liegt bei Guillin (Wahrzeichen "Elefantenrüsselberg"). Es ist sicher eine der schönsten und berühmtesten Landschaften in China. Die Agrarfläche in China geht insgesamt sehr stark zurück (Ausbreitung der Wüste Gobi, Industrieflächen, Naturkatastrophen, Wohnungsflächen). Die "lokalen Fürsten" haben eher den eigenen Ruhm im Auge. Als Musterbeispiel dafür gilt die größte Stadt der Welt "Chongqing" (über 30 Mio. Einwohner; von Bo Xilai gepuscht, der heute verbannt ist, weil er Xi Jinping zu gefährlich wurde).  Am Li-Fluß leben die meisten verschiedenen Ethnien auf engstem Raum zusammen. Die Regierung betrachtet das als Musterprojekt und zeigt es gerne Touristen. so sollen die gravierenden Probleme in anderen Provinzen (Tibet, Xinjiang) verschleiert werden.

Wein in China

"China ist Ordnung und Unordnung. In diesem Spannungsfeld gedeihen unsere Geschäfte. Wenn wir nur noch Ordnung haben, werden Chinas Wachstumsraten sinken", Zhou Jian Jun, Chinesischer Unternehmer (zitiert nach "Das China-Paradox", Umschlagrückseite).

"Man kann nicht allen Wein trinken, den es zu kaufen gibt", aus China.

Trinke nicht mehr Wein, als du messen kannst", aus China.

Geschichte: In China dürfte eine der Wiegen des Weinanbaus liegen. Vor 4600 Jahren gab es schon ein weinähnliches Getränk. 7000 v. Chr. gab es ein Reis-Honig-Gemisch dem Wein vergleichbar in der Provinz Henan. Bekannt wurde der Weinbau in der Tang-Dynastie 700 n. Chr., weil dort die Seidenstraße als Verbindung nach Europa zu ihrer Blüte kam. Vielleicht etwas älter ist die Weinkultur der Sumerer und Ägypter. 3500 v. Chr. taucht Wein in der ägyptischen Schrift explizit auf. Der Weinbau der Phönizier, der Assyrer, der Semiten und Babylonier ist etwas jünger. In Europa waren die Griechen und Römer die ersten Weinbauern. 1700 bis 1500 v. Chr. gab es Wein in Griechenland. Die Römer brachten den Wein zusammen mit Kastanienbäumen mit nach Deutschland an die linke Rheinseite (Zeit von Kaiser Probus). In der Provinz Henan wurden 9000 Jahre alte Keramikscherben gefunden, die Spuren von wilden Weintrauben aufwiesen. Ältere Hinweise gibt es nicht auf der Welt. Wein wurde insofern nicht erfunden, sondern Trauben gären von alleine. Vgl. Kupfer, Peter: Bernsteinglanz uns Perlen des Schwarzen Drachens: die Geschichte der chinesischen Weinkultur, 2020. Man hat in China auch Gefäße für das Weinritual gefunden. Sie sind aus Bronze und stammen aus der Zeit zwischen 1600 und 1300 v. Chr. An der Verbreitung der mit stilisierten Tierklauen, Hörnern, Schwänzen und Rachen reich verzierten rituellen Weingefäßen lässt sich die Dominanz dieser Leitkultur ablesen. Vgl. Schmidt-Glintzer, Helwig: Kleine Geschichte Chinas, München (Beck) 2008, S. 25.

Anbaugebiete und Struktur: China hat einen staatlichen und einen privaten Weinanbau. Die großen staatlichen Weingüter bzw. Weinfabriken liegen in der Provinz Gansu. Hier kommt es immer wieder zu Konflikten mit der Mineralölindustrie, die Umweltverschmutzungen hat (der Verfasser ist selbst mal versehentlich in eine Demo gekommen). Ansonsten ist das Zentrum des Weinbaus die Bohai-Region in der Provinz Shangdong an der Ostküste Chinas. Weitere Anbaugebiete sind die Gaochang Region im uigurischen autonomen Gebiet  Xinjiang (allerdings fast "rechtlose Zone", weil man den Separatismus der muslimischen Bevölkerung fürchtet), das Yunnan-Guizhou-Plateau und die Region um Zhangjiakou (150 km nordwestlich von Peking; ehemals reine Garnisonsstadt; hier hatten wir eine Partnerhochschule; die Region konnte ich auch schon besuchen). Hinzu kommt die Region Ningyia (vgl. nächsten Abschnitt). China versucht immer mehr Boden für den Weinanbau zu kultivieren. In den Himalaja-Tälern des subtropischen Südwestens Tibets gibt es ein Anbaugebiet. Dort wird die Sorte Rose Honey produziert, eine außergewöhnliche Geschmacksvariante.

Privater Weinbau: Der private Weinanbau ist überwiegend in der Region Ningxia im Nordwesten des Landes an der Grenze zur Inneren Mongolei (Fuße des Helan Gebirges, dahinter die Wüste Gobi). Früher wurde hier Kohlebergbau betrieben. Die ersten Schritte zum Weinbau gab es ab 1990. Richtig los ging es ab 2008. Der Weinbau und die Landwirtschaft insgesamt sollen die Wüste in Schach halten. Hauptstadt der Provinz ist Yinchuan (heute wohnen dort zwei Millionen Menschen). Ningxia hat das beste Weinklima in China: 3000 Sonnenstunden, 1100 Meter Höhe (kühle Nächte), nur 150 Millimeter  Niederschlag pro Jahr. Der Gelbe Fluss kann notfalls Wasser spenden. Am besten gedeiht Cabernet Sauvignon.

Ziele und Bedeutung des Weins:  Es ist ein sehr ehrgeiziges Projekt der chinesischen Regierung, den Wirtschaftszweig Wein in den nächsten Jahren so zu entwickeln, dass China 2020 der größte Weinproduzent der Welt ist. 2008 lag China von der Anbaufläche her noch auf Rang 5 in der Welt. Auch die Qualität soll massiv verbessert werden. Heute (2018) ist China schon der weltweit zweitgrößte Weinproduzent.  Die Chinesen trinken 2018 1,3 Liter pro Kopf. 2005 waren es noch 0,3 Liter. 3 Liter können in absehbarer Zeit erreicht werden. Die 1,3 Liter trinken ungefähr 50 Mio. Chinesen. Die Weintrinker leben in den Großstädten der Küstenregion (natürlich auch in den Anbaugebieten, aber zahlenmäßig gering). China hat aber 1,4 Mrd. Menschen. Derzeit ergibt sich der Weinkonsum aus 50% Importwein und 50% heimischer Wein. Das hat sich rapide zugunsten des importierten Weins verändert (von 90% eigener Wein, 10% importierter Wein 2013). Die importierten Weine waren halt besser als die lokale Produktion.

Protektionismus: Die Regierung tut alles, um die lokale Produktion zu stützen. Mittlerweile (2019) liegt die Importsteuer, die einem Zoll gleichkommt, bei 65%. Hinzu kommen ja noch Fracht und anderen Kosten der Logistik. Die Importsteuer war auch in der Vergangenheit schon mal wesentlich höher (150%?).

Weinkultur: China hat eine völlig andere Trinkkultur. Der Wein wird oft mit der Aufforderung "Ex" herunter gegossen, wenn auch aus eher kleinen Gläsern. Bei jungen Chinesen und in der Stadt gibt es aber auch eine Annäherung an europäische Trinksitten. Ich konnte selbst mal in Lanzhou/ Gansu ein solches Gelage mitmachen. Es waren zahlreiche Ehrengäste um einen runden Tisch versammelt. Jeder musste mit einem Spruch auf den Lippen zur Ex-Aufforderung enden. Da wurde einige Menge geleert. Man musste trinkfest sein.

"Abschied in der Weinschenke

Die Schenke ist voll Duft von Blütenstaub und Weiden.

Zum Weine muntert uns die Schöne aus Wu.

Kommt, Jugend von Djin-ling, nun heißt es scheiden,

Schenkt ein, die bleiben und die gehen, trinkt euch zu!

Den Fluß, der ostwärts fließt, o Freund, befrage du,

Wer lieber, scheiden möchte von uns beiden."

aus: Lyrik des Ostens: China, München 1958, S. 75 (Hermann Hesse war ein Fan dieses Buches, das vom Sinologen Wilhelm Gundert zusammengestellt wurde; Goethe hatte zuerst die Schönheit der Verse entdeckt).

"Einmal sehen ist besser als hundertmal hören", Chinesische Weisheit.

 

In der Verbotenen Stadt, dem Machtzentrum des Reiches, in der kein gewöhnlicher Chinese wohnen durfte. Fünf Durchgänge führen vom Haupttor in den ersten Hof. Der mittlere ist dem Kaiser vorbehalten. Der einfachen Bevölkerung war der Zutritt verwehrt, was den Namen erklärt.. Die Herrscher der Ming- und Qing - Dynastie herrschten hier im Herzen Beijings. Es war eine Palastanlage voller Geheimnisse.  Alles war Ritual, jedes Tun hatte Folgen, jeder Fehltritt wurde geahndet. Hier lebten auch die mächtigen Eunuchen. Die Würde und Hoheit der Himmelssöhne (Kaiser) wird immer und überall gepriesen. Der Palast umfasst fast 1000 Bauwerke, die den Gesetzen feinster Harmonie folgen. ein annähernd rechtwinkliger Grundriss - ausgerichtet entsprechend dem Prinzip von Yin und Yang an der Nord-Süd-Achse.  Ein Wassergraben mehr als 50 Meter breit und eine hohe Mauer mit Wachtürmen an den Ecken schirmen die Residenz ab. Die Dächer der meisten Hauptgebäude waren teil vergoldet und mit in Gelb, der Symbolfarbe des chinesischen Kaisers, glasierten Ziegeln bedeckt. Die Verbotene Stadt, auch "Zi jin cheng" (die Purpurstadt, weil viele Teile in Purpurrot erstrahlen) genannt, war der berühmte Sitz des Kaisers (die kommunistischen Führungskader haben heute ganz in der Nähe eine eigene verbotene Stadt modernerer Prägung). In der Verbotenen Stadt waren die Gebäude, Plätze und Wege bis ins kleinste hinein geregelt und durchorganisiert. Kein Gebäude in Peking durfte die verbotene Stadt in der Höhe überragen. Auch die Wege waren für jede Gruppe genau vorgeschrieben. Der Kaiser lebte mit einem großen Harem (ca. 40 Ehefrauen, 2000 Konkubinen). Mandarine waren die damaligen Führungskader. Den Sommer über lebte der Kaiser im Sommerpalast in der Nähe Pekings oder in einer Residenz in Chengde (Qing-Dynastie).

Beim Tod des ersten Kaisers im Jahr 210 v. Chr. umfasste Chinas Territorium drei Millionen Quadratkilometer. Das zehnmal kleinere Imperium Romanum rang zu der Zeit noch mit den Karthagern um die Vorherrschaft im Mittelmeer. Geschichtsschreibung ist in China eher Staatsmonopol. Deshalb ist immer Vorsicht geboten. Der Nationalismus hat großen Einfluss. Ein berühmter Historiker schrieb einst: "Die Partei nährt das Volk mit Wolfsmilch". Als Vater der chinesischen Geschichtsschreibung gilt Sima Qian (ca. 145 - 86 v. Chr.), Hofastronom unter Kaiser Wu und Daoist aus Shanxi.

Das chinesische Kaiserreich und die Geschichte Chinas (in aller Kürze; einzelne Epochen und Kaiser werden in eigenen Abschnitten auf dieser Seite ausführlicher besprochen, meist im Zusammenhang mit Ökonomie):

"Betrachte die Vergangenheit, die großen Veränderungen so vieler Reiche; daraus kannst du auch die Zukunft vorhersehen", Marcus Aurelius, Selbstbetrachtungen, Kapitel 7 (er war römischer Kaiser und Philosoph).

"Keine Zukunft ohne Herkunft", Sprichwort aus China, das immer Geltung gehabt hat und hat.

Exkurs: Querdenker der Geschichtsschreibung in China: Auch in China gibt es Querdenker, die gegen den Mainstream anrennen. Man könnte sie Revisionisten der Weltgeschichte nenne. Unklar ist, inwieweit sie im impliziten Auftrag der kommunistischen Führung handeln. Ihre Grundthese ist, dass der ganze Westen eine  missratene Kopie Chinas sei. Herausragende Vertreter sind Dong Bingsheng mit seinen Büchern "Fiktive antike griechische Geschichte" (2015) und "Fiktive Geschichte der westlichen Zivilisation"  (2017). Das alte Rom seien nur Geschichten. Noch weiter geht Xuanshi in seinem Buch "Die fiktive Geschichte der westlichen Kultur" (2017). Die modernen  und postmoderne Wissenschaft habe ihren Ursprung nicht in Europa, sondern in China (Menzius, 372 - 289 v. Chr.). Diese These baut Du Gangjian in seinem Buch "Der Ursprung der Zivilisation und die Welt der großen Harmonie" noch aus (2018). Man vermutet, dass sich der historische Verdacht gegen die These richtet, China habe nur vom Westen gelernt und erfolgreich kopiert. Auf der anderen Seite gab es auch Vertreter in China, die die 5000 jährige Geschichte anzweifelten und auf  2000 Jahre reduzierten (Gushi bian 1926). Die neue sonderbare Art der Geschichtsschreibung passt zum Symptom des erstarkten Selbstbewusstseins Chinas. Vgl. Siemons, Mark: Das historische Komplott, in:  FAZ Nr. 54, 5.3.2021, S. 9. Das chinesische Pendant zu Wikipedia "Baidu Baike" unterstützt die veränderte Geschichtsschreibung kräftig (siehe unten).

Unter Xi Jinping wird die historische Wahrheit insgesamt wieder mehr instrumentell verstanden. Die Legitimation der Parteigeschichte wird zur Kernaufgabe der Geschichtsschreibung. Die Digitalisierung der größeren Archive begünstigt die politische Filterung. Manche Schlagwörter sind für die Recherche gesperrt. Die Führung hat es auch leicht, weil die jüngere Generation mit ihrer "Selbstoptimierung" beschäftigt ist und an der Vergangenheit kaum Interesse hat. Daniel Leese, Sinologe aus Freiburg, beschäftigt sich intensiv mit der Archivforschung. Er hatte auch schon früher ein Buch darüber geschrieben (für deutschen Sachbuchpreis nominiert): Maos langer Schatten, 2020. Vgl. Krischke, Wolfgang: Es bindet den Geist der Revolution, in: FAZ Nr. 119, 26. Mai 2021, S. 3. Im Dezember gibt es einen Fall an einer Fachhochschule in Shanghai. Eine Lehrerin stellt die 300.000 Tote beim Massaker der Japaner in Nanjing 1937/38 in Frage. Ein Schüler filmt sie und stellt das Video ins Internet. Die KPCh tritt auf den Plan: Am gleichen Tag wurde die Lehrerin entlassen. Das Phänomen, dass Schüler ihre Lehrer anschwärzen, scheint Schule zu machen. Anderen Lehrkräfte, die sich mit der entlassenen Lehrerin solidarisieren, wird damit gedroht, sie wegen "psychischer Auffälligkeit" in ein Krankenhaus einzuweisen. Vgl. Böge, Friederike: Spitzel im Unterricht, in: FAZ Nr. 298, 22.12.21, S. 3.

Anfänge, auch der Kultur: Das Kaiserreich existierte von 1200 v. Chr. bis 1912 n. Chr. Damit überdauerte es mehr als 2000 Jahre. Die ältesten Schriftzeichen auf Tierknochen und Schildkrötenpanzer am Gelben Fluss dokumentieren den Beginn einer Kultur (Beginn 8000 v. Chr.; Dokumentation ab 6600 v. Chr.). Verschiedene neolithische Kulturen siedelten an den Flussläufen des Gelben Flusses und am Unterlauf des Yangzi. 2021 fand man Köpfe (Skulpturen aus Gold und Jade) in Shanxingdui im Südwesten. Man sieht hier, dass die chinesische Kultur vielfältiger als gedacht ist. Die Anfänge der chinesischen Geschichte kennt schon zwei Dynastien: die Xia und die Shang. Die Xia existieren nur in der chinesischen Überlieferung (erster Minister Yu begründet die Dynastie, Dichtmittel Xirang aus dem Himmel). Die Shang-Dynastie (Schrift, Streitwagen, umwallte Städte) lässt sich archäologisch gut belegen und nahm im 16. vorchristlichen Jahrhundert ihren Anfang. Sie kontrollieren Kupfer- und Zinnvorkommen und werden zu Meistern des Bronzegusses. Bereits um 1400 v. Chr. bestand die chinesische Schrift aus mehr als 3000 Zeichen (die Ursprünge liegen im Dunkeln). In den nächsten Jahrhunderten kommen Zehtausende Schriftsymbole hinzu. Der erste wirkliche einflussreiche Clan sind die Zhou, die 1045 v. Chr. am Unterlauf des Gelben Flusses die Vorherrschaft erringen (West-Zhou, 1045-771 v. Chr. Chunqiu, Zhanguo). König Wu, der Begründer, zählt zu den wichtigsten Figuren in der chinesischen Geschichte. Die Dynastie hielt achte Jahrhunderte (Rekord). Sie beendeten den politischen Einfluss der Orakelpriester und legitimierten ihre Herrschaft fortan mit der Berufung auf ein "Mandat des Himmels" (extrem wichtig!). Im Buch der Wandlungen taucht der mythische Kaiser Fu Xi auf, das Buch der Urkunden behandelt die sagenhaften Gestalten der Kaiser Yao und Shun (vermutlich 2317-2208 v. Chr., große Vorbild für Pietät). Eine genaue Chronologie setzt mit dem Jahr 841 v. Chr. ein. Von 771-256 v. Chr. sind die Östlichen Zhou an der Macht. Ungefähr um 550 v. Chr. fasst Laozi die Sitten und Morallehren schriftlich zusammen (Tao- bzw. Daoismus), um 495 v. Chr. schafft Konfuzius die Grundlagen dessen, was wir heute Konfuzianismus nennen. Es war die Blütezeit der Philosophenschulen (Natur des Menschen, des Staates und des Universums). Beide Strömungen, die erste auch größtenteils jenseitig (Philosophie und Religion), die zweite diesseitig, sind die Basis der chinesischen Kultur noch heute (man versteht auch die Kultur Asiens nur über den Konfuzianismus und Taoismus). Ahnenkult ist wichtig und deutet auf eine Naturreligion bzw. -philosophie hin.  Himmel und Erde sind aus einer Ureinheit, dem Tao, hervorgegangen. Das Gegenspiel der Grundkräfte Yin und Yang hält die Welt in Gang. Konfuzius verinnerlicht ethische Prinzipien, die zur Staatsdoktrin und Bildungsethik werden (Buch Lun Yu/ Analekten; ähnlich wie die griechische Philosophie und kirchlich organisiertes Christentum  für Europa) . Lao-tse stellt den Umgang mit den sakralen Mächten auf einen epistemischen Heilsweg um ("richtiger Weg"; Tao Te King, auch Daodejing; keine Erlöserreligion, keine Jünger, keine religiöse Gemeinde). Im Konfuzianismus ist schon die Spannung zwischen den zentralen Begriffen "ren" (Menschlichkeit) und "li" angelegt (Riten, Zeremonien), die noch heute China in Atem hält. Der nach Konfuzius einflussreichste Gelehrte ist Meng Zi. Der Philosoph verkündete seine Ideen im 4. Jahrhundert v. Chr.  Die lange Geschichte Chinas war eine Herausforderung für die christlichen Missionare, die sich im 17. Jahrhundert bemühten, den Bericht der biblischen Schöpfungsgeschichte mit der chinesischen Überlieferung zu harmonisieren.

Exkurs: Flüsse als Lebensader: Gelber Fluss (Huang He) und Langer Fluss (Jangtsekiang). Das chinesische Reich war geprägt durch zwei große Flüsse. Auf diesen fanden Transporte statt. Im Norden der Gelbe Fluss, im Süden der Lange Fluss. Eine teilweise künstliche Nordsüdverbindung stellte der Kaiserkanal her. Der Norden ist trockener, kälter und flacher; der Süden hügeliger, wärmer und feuchter bis hin zu subtropischen Regionen. Im Süden wurde hauptsächlich Reis angebaut, im Norden Hirse und Weizen. Vor ungefähr 10.000 Jahren fand der Übergang zu Ackerbau und Viehzucht statt. Schrift, Hochkultur, Kaiseridee, Staatskult, Beamtenapparat und Infrastruktur standen für Zusammengehörigkeit. Neue Dynastien haben ihren Herrschaftsanspruch immer neu symbolisch markiert: Wechsel von Zeitrechnung, Hauptstadt und Geld. Der Gelbe Fluss sollte unbedingt besucht werden. Ich habe Vorlesungen in Lanzhou gehalten. Es ist die Hauptstadt der Provinz Gansu am Gelben Fluss im Nordwesten Chinas. Die Stadt galt früher als dreckigste Stadt der Welt (Mineralölindustrie). Gansu war mal traditionell die Bewährungsregion für oberste Führungskräfte der KPCh. Die Provinz ist eher arm und rückständig im Vergleich zu den Küstenregionen im Osten (einen Großteil der Fläche nimmt die Wüste Gobi ein). Natürlich hat das Land viele andere Flüsse: Zum Beispiel im Süden den landschaftlich wunderschönen Li-Fluss und den Perlfluss; im Norden den Heilongjiang (heißt in Russland Amur; markiert die Grenze). "Der Gelbe Fluß ist ein verlorener Sohn und der Kaiserkanal eine Juwelenschale, aus der sich die ganze Suppe nährt", chinesisches Sprichwort.

Einigung und Aufbau des Reiches: Nach vielen Jahren streitender Reiche und damit Kriegen schafft Ying Zheng, der sich später Qin Shi Huangdi nennt, ein einheitliches Reich, das später nach ihm China genannt wird (221 v. Chr.). Kaiserstadt wird Xi´an (bekannt durch die Tonarmee, 700.000 Zwangsarbeiter schufteten für das Grabmal). Kein Ereignis könnte die politische Umwälzung besser beleuchten als die Büchervernichtung, die im Jahre 213 v. Chr. vom Kanzler des Reiches im Stile einer landesweiten Razzia angeordnet wurde (jeweils ein Buch verblieb aber in der kaiserlichen Bibliothek, anders als bei den Nazis). Qin lässt auch Teile des Kaiserkanal vom Süden (Suzhou) in den Norden (Beijing) bauen. Seine Dynastie endet 141 v. Chr. Flüsse und Kanäle sind zu der Zeit die Lebensadern des Landes. 202 v. Chr. begründet Kaiser Gaozu die Han-Dynastie, die die Identität des chinesischen Volkes schafft (Han-Chinesen). Kaiser Wudi  (Han Wudi, Han-Reich) baut in 50 Jahren eine engmaschige und effiziente Verwaltung auf (an die Beamten werden allerhöchste Anforderungen gestellt; sie müssen die 400.000 Schriftzeichen langen konfuzianischen Lehren auswendig lernen; an die harten Kriterien knüpft heute die KPC an). Unter Wudi expandiert China bis an das Südchinesische Meer. 109 v. Chr. wird sogar Korea tributpflichtig gemacht. Chang`an ist Hauptstadt, in der 250.000 Menschen leben. Es gibt neun Ministerien, 1600 Kreise. Einheitliche Schriftzeichen werden eingeführt. China hat im Jahr 1 n. Chr. 57.671.400 Einwohner. Für 14 Jahre wird die Han-Dynastie von Wang Mang unterbrochen (er unterbindet den Sklavenhandel, drangsaliert Kaufleute). Seit dem 2. Jahrhundert vor Chr. kennt man Papier, zuerst aus Lumpen, etwa aus Hanf, dann aus frisch gewonnenen Pflanzenfasern. 220 - 280 gibt es vorübergehend faktisch drei Staaten (Wei, Shu, Wu). Die Han-Dynastie wurde gestürzt, das Reich ist zerfallen. Das erlaubt dem Buddhismus, sich stark in China auszudehnen (er ist indifferent im Bezug auf politische Herrschaft)  265 n. Chr. beginnt die westliche Jin-Dynastie (bis 316 n. Chr.). Danach kommt die Östliche Jin-Dynastie (317- 420 n. Chr.). 536 n. Chr. ist auch China vom Ausbruch eines Vulkans auf Island betroffen, der die ganze Welt ins Unglück stürzt. Es kommt zu Missernten und sogar Kannibalismus. Es folgt die Sui-Dynastie von 581 bis 618 n. Chr. Kaiser Wendi einigt China wieder 581 (inzwischen großer Einfluss des Buddhismus). Der buddhistische Mönch Faxian liefert zu Beginn des 5. Jahrhunderts einen frühen Bericht über die panasiatischen Handelsrouten zwischen China und Indien. Während dieser Dynastie wird der Kaiserkanal weiter gebaut, der in Hangzhou beginnt (Kaiser Wendi und Yangdi). Er sollte die Korn- und Reiskammern im Süden mit den politischen Zentren im Norden verbinden. Um das Bauprojekt zu bewältigen, mussten Millionen von Bauern für Zwangsarbeit eingesetzt werden. Weil die Ernte deshalb teilweise auf den Feldern blieb, kam es zu Hungersnöten, die rasch zum Ende der Sui-Dynastie führten. "Besser als die Zustimmung der Menge: die Widerrede eines einzelnen Mannes!" Sima Qian, Aufzeichnungen des Historikers, ca. 100 v. Chr. Seine epische Geschichte zählt zu den wichtigsten Quellen über das frühe China und die Völker des Umlands. "Die Geschichte lehrt, dass die Macht über die Welt, wenn sie lange geteilt war, geeint werden muss, und wenn sie lange geeint war, geteilt werden muss", Die drei Reiche, Chinesischer Roman.

Öffnung des Reiches und Konsolidierung: In der Tang-Dynastie von 618 bis 907 n. Chr. ("Goldenes Zeitalter"; manche unterscheiden zwischen frühen Tang 618 - 755 und späten Tang 755 - 906) erlebt der Handel über die Seidenstraße einen ersten Höhepunkt (Export von Tee, Seide, Porzellan). Internationaler Handel lässt Chinas Städte im 8. Jahrhundert rasant wachsen. Handwerker sind Meister der Baukunst und schaffen viele Innovationen.. 690 n. Chr. besteigt die erste Frau mit Wu Zhao den Thron (Konkubine). Buddhistische Mönche kommen nach China. Texte werden von Handwerkern jetzt schon auf Papier gedruckt (Blockdruck, mechanische Vervielfältigung durch Abreibung). Eine andere frühe Kopiertechnik sind Siegel. Hochgebildete Staatsbeamte gieren nach Wissen. Sie sind die Käufer im entstehenden Buchmarkt, lesen Werke über Mathematik, Landwirtschaft, Geographie oder Rechtssprechung. Die frühe Song-Dynastie (960-1126) bringt so eine erste kulturelle Blüte ("erste Kulturrevolution"). Dichter beschreiben das urbane Klima. Maler stellen betörende Landschaften und Städte dar. Das Diamant - Sutra ist das erste gedruckte Buch der Welt, das bis heute erhalten ist. Das gut fünf Meter lange Lehrwerk preist die Weisheiten Buddhas (gleicher Sprung wie später der Buchdruck mit beweglichen Lettern für die Luther-Bibel in Europa). Um das Jahr 1000 stehen in manchen chinesischen Wohnungen über 100.000 Bücher - zu einer Zeit, da in Europa nur wenige Menschen des Schreibens und Lesens mächtig waren. In anderen Ländern Asiens, wie z. B. Vietnam, können sogar später noch so wenige Menschen lesen, dass die Missionare lateinische Buchstaben für die Schrift einführen. Im 11. Jahrhundert sind Bücher Massenware in China, erst 300 Jahre später gelangt der Blockdruck ins Abendland. Erster Kaiser und Gründer der Song-Dynastie ist Song Taizu (vorher mit Namen Zhao Kuangyin ab 927 Militärführer; Staatsstreich). Er einigt China nach Jahren der Zersplitterung erneut (Hauptstadt Kaifeng). Kaifeng ist um 1120 schon Millionenmetropole. Um 1000 n. Chr. ist China das modernste Land der Erde. Es gibt Flammenwerfer, Schießpulver, Explosionswaffen, Stahlindustrie, Kompass, Papiergeld, Buchdruck (zuerst auf Holz, Bambus und Seide, später auf Papier), Pestizide, Bohrtürme für Sole und Gas). 1056 wurde unter dem chinesischen Kaiser Daozong die Sakyamuni-Pagode innerhalb der Fagong - Tempelanlage gebaut. Sie ist die älteste aus Holz erbaute Pagode Chinas und ein besonderes architektonisches Juwel. Der Kaiser war ein frommer Buddhist.

Exkurs: Die alte Seidenstraße.  Der Begriff "Seidenstraße" (Serike, Serata) geht auf den deutschen Asienforscher Ferdinand von Richthofen (1833-1905) zurück. Er erforschte zwischen 1860 und 1880 China und die Handelswege von dort nach Europa. Die alte Seidenstraße war die zentrale Verbindung zwischen Asien und Europa, die alte "Autobahn" der Globalisierung und das Symbol des Handels zwischen Asien und Europa. Hier ist auch das Ende der Chinesischen Mauer (mit einer Festung, die Fallen enthält). Wichtige Vorarbeiten leistete der Entdecker Zhang Qian, der im 2. Jahrhundert v. Chr. von China nach Zentralasien reiste"Vom regen Handel der Kaufleute hängt der Wohlstand der Welt ab", Dschingis Khan. Er war Mongolenherrscher und hatte im 13. Jahrhundert das größte Reich der Geschichte, einschließlich China. Er begründete eine Strecke der Seidenstraße, über die Marco Polo (1271-1295; in genuesischer Gefangenschaft schrieb er seine Erlebnisse auf; das Erfolgsbuch prägte vor den Jesuiten das Chinabild der Europäer) ebenso wie Ibn Battuta (1325-1353, reiste 29 Jahre lang, war Marokkaner, "Haus des Islam") reisten und über die viele Produkte und  Erfindungen aus China, das zu der Zeit die technologische Führungsmacht der Welt war, nach Europa kamen. Die Hauptroute der Seidenstraße lief von Xi ´an (genau von Chang´an), der alten Kaiserstadt, über Dunhuang (im Hexi-Korridor), Kashgar, Samarand, Teheran, Bagdad nach Antiochia. Von Xian, Dunhuang und Kashgar gab es Nebenrouten nach Kalkutta, Karatschi, Rangun, Guangzhou/Hongkong, Shanghai und Peking. Der Handel fand mit Zwischenhändlern in Teilabschnitten statt. Die beiden Enden (zuerst Chinesen und Römer) kannten sich in der Regel nicht. Gehandelt wurden Seide, Porzellan, Tee, Felle und Lackwaren aus dem Osten und Gold, Silber, Weihrauch, Bernstein und Glas aus dem Westen. Der vorläufige Zusammenbruch der Handelsroute kam mit der Seuche "Pest", die im 14. Jahrhundert wütete. Heute baut China eine neue Seidenstraße mit verschiedenen Routen (Schiffe, Bahn, Straßen). Vgl. Seidenstraße.

Exkurs: Seide: Die Staatliche Seidenmanufaktur Nr. 1 ist  in Suzhou, China ("Venedig Chinas", Ende des Kaiserkanals) ist einer der Ursprünge (Besuch sehr empfehlenswert!). Diese Stadt im Südosten Chinas gilt als Geburtsort der chinesischen Seidenkultur. Seide war viele Jahrhunderte eines der wichtigsten Exportgüter des Landes auf der Seidenstraße, der Verbindung nach Europa. Die Herstellung der Seide war geheim, bis das Verfahren später von Japanern geklaut wurde (einer der berühmtesten Fälle von Industriespionage; im 8. Jahrhundert wurde das Monopol von Japan gebrochen). Anfang des 6. Jahrhunderts wollte Mönche aus Europa schon das Geheimnis erkunden. In Frankreich (Ludwig IX.) bestand eine große Nachfrage nach Seide. Seide wurde in der Regel mit Gold aufgewogen.  Später wurden in Frankreich viele Maulbeerbäume für die Seifenzucht angepflanzt. In Deutschland erst seit Friedrich dem Großen. Synthetische Farben für Seide waren eine der Ursprünge der chemischen Industrie. Unternehmen wurden gegründet, um sie herzustellen, so auch die BASF.

Die Mongolen-Zeit: 1209 erobert Dschingis Khan das heutige Peking. Er schafft damit eines der größten Reiche der Geschichte. Sein Enkel Kublai Khan begründet 1271 die Yuan - Dynastie (bis 1368). Er, der aus Karakorum in der Mongolei stammte, verlegte die Hauptstadt nach Cambaluc (dem heutigen Peking). Zu der Zeit lebte Marco Polo in China, der mit seinem Buch stark das China-Bild in Europa prägte. Erstmals wird China von einer Fremddynastie beherrscht. Um Chinas Nordgrenze gegen Feinde wie die Mongolen zu schützen, wird vom 15. Jahrhundert an eine Befestigungsanlage von rund 7000 Kilometer Länge errichtet ("Chinesische Mauer"). Das Imperium der Mongolen hatte sich in mehrere Teilreiche auf gespalten. Sie gehörten den Enkeln von Dschingis Khan. Die mongolischen Krieger, die fast alle perfekte Reiter waren, waren kaum zu besiegen. Die chinesischen Ingenieure konstruierten riesige Armbrüste, mit denen sich brennende Bolzen fast 800 Meter weit feuern lassen. So konnte im Jahr 1258 auch Bagdad zerstört werden (von Enkel Hülegü).  "Das Alte und das Neue tun sich zusammen, um uns einzusperren. Wann werden wir aufhören, der Mauer neue Steine hinzuzufügen? Die Chinesische Große Mauer: ein Wunder und ein Fluch!" Lu Xun, 1935.

Ming-Dynastie (Bürokratie, Handel): Sie regiert von 1368 bis 1644. Sie wird von Zhu Yunazhang begründet. 1368 wird die Mongolenherrschaft gestürzt. Die Ming ist die letzte nationale Dynastie. Zunächst ist Nanjing die Hauptstadt, ab 1421 Peking. Es ist eine Hochzeit des Handels mit dem Westen über die Seidenstraße. Kunst und Kultur erreichen eine neue Blüte. Der Eunuch Zheng He hätte mit seiner gewaltigen Flotte die Welt erobern können (er lebt von 1371 - 1433). Er macht sieben Expeditionen (möglicherweise gelangen Schiffe an die australische Nordküste; die Chinesen verdrängen die Malaien und islamischen Sultane). Seine Schiffe sind für die damalige Zeit ungewöhnlich lang (120 m) und groß. Kaiser Yonglee macht Beijing zur Hauptstadt und das Land erreicht seinen Machthöhepunkt (der Kaiser ist aber unvorstellbar grausam, wahrscheinlich Alkoholiker). In Beijing ist die "Verbotene Stadt" (siehe kleine Beschreibung am Anfang) das Machtzentrum des Reiches. In der Ming-Dynastie blüht der Handel mit dem Rest der Welt auf. Gehandelt werden Baumwolle, Indigo, Salz, Salpeter, Tee, Opium, Porzellan, Metalle, Seide. Die Ming-Dynastie wird hinweggefegt, weil sie mit der Agrarwirtschaft nicht mehr die Armut kontrollieren kann. Sie dient heute der Kommunistischen Partei Chinas als warnendes Beispiel. 1371 werden vom ersten Ming-Kaiser Hongwu die letzten Europäer aus China hinauskomplimentiert. Das Erzbistum Peking muss aufgegeben werden. Nach dem Sturz der Ming flieht der einflussreiche Denker Wang Fuzhi in die Berge Hunans.1511 erobern die Portugiesen Malakka, die Drehscheibe des Handels zwischen Indien und China.  Anfang des 15. Jahrhunderts ließ Yongle, der dritte Kaiser der Ming-Dynastie, ein hoch aufragendes Denkmal zu Ehren seiner Mutter errichten. Der Porzellanturm wurde als Teil des großen buddhistischen Tempelkomplexes in Nanjing, der damaligen Hauptstadt des Kaiserreichs, gebaut. Der Turm galt als die schönste Pagode in China. Er wurde 1856 zerstört während der Taiping-Rebellion. Die Rebellen hielten lange die Stadt als Hauptsitz ( auch Himmlische Hauptstadt genannt; sie hieß auch Nanking). 2010 spendete der Unternehmer Wang Jianlin 1 Milliarde Yuan (135 Mio. €) für den neuen Turm. Vgl. auch: Stephan Thome: Gott der Barbaren, Berlin (Suhrkamp) 2018. "Sie gelangten alle loyal zur Gefolgstreue, und dann verneigten sie sich, den Blick zum Himmel, und sagten alle: "Wie glücklich sind wir doch, dass der zivilisierteste Einfluss der chinesischen Weisen zu uns gelangen soll". Inschrift des Yongle-Kaisers.

Hauptstädte: Xi´an war die erste chinesische Kaiserstadt (siehe unten, im Kern wohnen heute überwiegend Moslems; bei einem Konflikt mit den USA bin ich mal mit deutscher Fahne dort rum gelaufen aus Sicherheitsgründen), dann folgen Hangzhou (Song-Dynastie, auch Kaifeng), Chang´ an (Westliche Han, Han), Luoyang (Östliche Han 25-220 n Chr.),  Nanjing (erster Ming-Kaiser, Stadt auch durch die Geschehnisse um John Rabe bekannt; viele Produktionsstätten deutscher Unternehmen). Seit der Ming-Dynastie (3. Kaiser) und in der Qing-Dynastie (Mandschu) ist Beijing (Hauptstadt im Norden) das Machtzentrum. Kublai Khan, der aus Karakorum in der Mongolei  stammte, ließ die Hauptstadt nach Cambaluc verlegen (heute Peking genannt). Sie stand zu der damaligen Zeit eher für Nomadismus, Barbarei, Steppe. Er lässt einen quadratischen Erdwall mit einer Seitenlänge von etwa anderthalb Kilometern aufschütten und dahinter einen Palast mit Gärten und einem See errichten. Heute spricht man von der Mao-Dynastie. Die Führungskader betreiben eine neue "Verbotene Stadt" in der Nähe der alten. Peking (zusammen mit Tianjin als Meereszugang ) stand und steht immer im Wettstreit mit Shanghai. Zur Kolonialzeit war der Süden eher der Zugang nach China (Macao, Hongkong, Kanton). In der Kolonialzeit war Kanton (heute Shenzhen) am wichtigsten. Später war der Nordzugang gleich wichtig: Peiho-Mündung im Golf von Zhili. Xinhe, Dagu, Beitang sind wichtige Städte. Am wichtigsten ist aber Tianjin als Tor nach Peking und zum Meer. Der größte Kaiser war wahrscheinlich der Ming-Kaiser Yongle (siehe oben; aber auch alkoholabhängig und dann grausam). "Peking hat drei Kostbarkeiten: Pferde, die nicht schlagen, Hunde, die nicht beißen, und junge Mädchen, die sich auf der Straße zeigen", altes chinesisches Sprichwort.

Chang`an (heutiges Xian, in der Nähe): Beschrieben als "Radnabe des kaiserlichen Wagens, als "Wurzel des Reiches", als "Herz und Bauch". Im 7. Jahrhundert n. Chr. war es die größte Stadt der Welt und erste Millionenstadt. Hauptstadt der westlichen oder Früheren Hab. Wie in jeder chinesischen Hauptstadt gab es Kaiserpalast, Regierungsviertel, Buddhistische Klöster und Daoistische Klöster und viele Parks. Es war eine Planstadt wie alle anderen chinesischen Hauptstädte auch. Es gab viele Märkte mit zahlreichen Händlern. Hauptsächlich wurden landwirtschaftliche Produkte gehandelt (Weizen, Hirse, Reis, Gemüse,  Obst, Wein, Öl, Tee, Seide, Hanfstoffe, Gold-, Silber- und Glaswaren, Keramiken, Möbel). Die Stadt lag am Wei - Fluss. Der Kaiserkanal verband die Stadt mit den anderen Zentren. Es gab auch zahlreiche Straßen (Schnellpostensystem für Nachrichten). Chang`an war zeitweise der Anfangspunkt der Seidenstraße. China hatte zu der Zeit eine Bevölkerung von 50 Millionen Menschen.

China und Europa: Im späten Mittelalter war in Europa Venedig eine Weltmacht im globalen Handel und hatte nahezu ein Monopol im Handel mit China ("Europas Tür zur Welt"; La Serenissima"). Aus China importiert wurde Seide, Tee und Porzellan. Nach China exportiert wurden Textilien, Schmuck, Gewürze, Lederwaren, edle Hölzer, Pelze. Die Polos hatten auch Kontore am Ural. Sie betrieben Handel über die Seidenstraße zur Zeit der "Goldenen Horden" der Familie Khan. Die Strecke ging von Venedig über Istanbul durch den Kaukasus bis China. Marco Polo soll Kublai Khan, den Enkel von Dschingis Khan, in Dunhuang oder Shangdu getroffen haben. Der machte ihn zu seinem Präfekten. Khan hatte Cambaluc, das heutige Peking, zur Hauptstadt gemacht (er stammte aus Karakorum in der Mongolei). Er ließ die ersten Geldscheine machen (Rinde aus Maulbeerbäumen, mit einem roten Siegel). Er förderte den internationalen Handel, die Bauern und die Handwerker.  Marco Polos Lieblingsstadt in China soll Hangzhou gewesen sein. Auf dem Seeweg reiste Polo zurück (von Quanzhou aus, der Partnerstadt von Neustadt Weinstraße).  Marco Polo (1271-1295; in genuesischer Gefangenschaft schrieb er seine Erlebnisse auf; das Erfolgsbuch prägte vor den Jesuiten das Chinabild der Europäer) Er reiste, berichtete und brachte viele Produkte und  Erfindungen aus China, das zu der Zeit die technologische Führungsmacht der Welt war, nach Europa. An den Erzählungen Marco Polos zweifelten schon die Zeitgenossen. 17 Jahre will er das Land bereist haben. Beim Schreiben half ihm der Mitgefangene Rustichello da Pisa. Das Buch heißt "Il Milione". Es wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Es gibt heute noch viele handschriftliche Exemplare. Am erfolgreichsten in der Verbreitung war die lateinische Version. Heute gibt es umgekehrt eine Invasion von Chinesen in Venedig. Sie betreiben Geschäfte, Bars und Restaurants. Einige führen auch illegale Imitate ein. Im Jahre 1697 gründete Gottfried Wilhelm Leibnitz in Hannover das "Bureau d`adresse pour la Chine" Er hatte über 1100 Korrespondenzpartner. Er schrieb das Buch "Novissima Sinica". Er pries ein ebenbürtiges China als "Europa des Ostens". Leibnitz schrieb weiter, den Chinesen gebühre der "goldene Apfel" für "Vortrefflichkeit der Völker". In der Phantasie der europäischen Fürsten spielte China eine große Rolle.  Im 18. Jh. sorgten europäische  Missionare für einen stetigen Fluss von Informationen aus China für Europa (vgl. Friedhof der europäischen Jesuiten in Peking). Sie machten auch Meister Kong zu Konfuzius (latinisiert). Es entstand eine Begeisterung für China. Porzellan, Pavillons, Lackmöbel, Schattenspiele, Tee kamen in Mode. Für Immanuel Kant war China "das kultivierteste Reich der Welt". Voltaire hielt der katholischen Kirche die überlegene Sittlichkeit der Chinesen vor. Quesnay lobte die chinesische Philosophie über die griechische. Im 19. Jh. änderte sich das Bild als die beiden Weltmächte China und England aneinander gerieten (vgl. Opium weiter unten).  Vgl. Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart 2019, S. 434ff. Die heutige Invasion von Chinesen in Venetien und Oberitalien begünstigte bzw. verursachte den massiven Corona-Ausbruch 2020 dort.

Exkurs: Geschichte der chinesischen Astronomie: Die früheste chinesische Entwicklung im Bereich der Armillarsphäre wurde durch die Astronomen Shi Shen und Gan De im 4. Jahrhundert geprägt. Mit noch eher primitiven Gerätschaften konnten sie bereits den polaren Nordabstand bemessen und die genaue Position angeben. Einer der wichtigen Astronomen Chinas war Guo Shoujing. Er war auch Wasserbauingenieur und Mathematiker, damit Verfasser von zwei mathematischen Schriften, lebte 1231 bis 1316 während der Yuan-Dynastie. Er entwickelte u. a. den „Wan nien li“-Kalender und konnte die präzise Dauer eines Jahres bestimmen. Unter dem damaligen Khan waren Wissenschaftler hoch angesehen, Guo Shoujing errichtete ganze 27 Sternwarten und konnte von da an bessere Daten über den Sonnenverlauf festhalten. Seine persischen Kenntnisse halfen ihm dabei, einen neuen Kalender, den so genannten „Shou shih li-Kalender“, zu erschaffen, der in der Jahreslänge seiner Tage dem Gregorianischen Kalender entsprach, allerdings ganze 302 Jahre früher. Guo Shoujing konstruierte auch einige neue, astronomische Instrumente, darunter seine "Abridges Armilla", die einige astronomische Probleme der damaligen Zeit löste. Die Gerätschaft, auch „Jian Yi“ – einfaches Instrument – genannt, ist simpler in der Struktur gebaut und einfacher zu handhaben als eine Armillarsphäre. Mit seinem Instrument konnte der gesamte Himmel überblickt werden, mit Ausnahme des Nordsterns. Es bestand aus zwei senkrecht zueinander stehenden, großen Ringen, von denen der eine parallel zur Äquatorebene verlief, der andere ein Doppelring war, der senkrecht zur Mitte des Äquators stand und um eine Metall-Achse rotierte. Auch hier wurde das Rohr auf einen zu bestimmenden Stern ausgerichtet, mittels einem Einstellrad auf der Äquatorebene eingestellt und das Ermittelte am Doppelring abgelesen. Siehe und vgl. Artikel "Chinese astronomy", Wikipedia, abgerufen 28.12. 2020. Vgl. auch den Artikel  "Astronomie und China" auf dieser Plattform. Auch: Brooke-Hitching, Edward: Der Atlas des Himmels, Berlin (Knesebeck) 2021.

Exkurs "Soziale Ordnung":  Vier Gruppen gab es im kaiserlichen, alten China. Jeder dieser Gruppen hatte ihre Aufgaben. Diejenigen, die studieren, um einen Rang zu bekleiden, bezeichnet man als Gelehrtenbeamten (shi). Ein typischer Vertreter war Konfuzius. Sie waren Berater des Kaisers und Lehrer des Volkes. Diejenigen, die den Boden kultivieren, hießen Bauern (nong). Sie waren die Basis des Staates. Es gab entweder selbständige Bauern (mussten Steuern zahlen und Militärdienst leisten) oder sie waren von Großgrundbesitzern abhängig. Diejenigen, die Gerätschaften machen, nennt man Handwerker (gong). Das Handwerk war organisiert (Zünfte). Es gab Arbeitsteilung und strikte Qualitätskontrolle. Diejenigen, die Güter transportieren und Waren verkaufen, sind die Kaufleute (shang). Sie standen am unteren Ende der sozialen Hierarchie, waren aber oft sehr reich. Dann gab es noch Berufssoldaten. Die Familie (jia) war der Kern der Gesellschaft. Daneben gab es noch Eunuchen und Mönche bzw. Nonnen. Vgl. Nagel-Angermann, M.: Die Geschichte des alten China, Wiesbaden 2018, S. 241ff. Auch heute spricht man offiziell noch von vier Ständen. Sie sind in der Flagge dargestellt.  Die chinesische Flagge ist ein wichtiges Symbol: Auf rotem Untergrund prangt links ein großer gelber Stern, um den herum vier kleinere gruppiert sind. Der große Stern steht für Chinas Kommunistische Partei (KPCh), die vier kleineren stehen für die vier Klassen: Arbeiter, Bauern, Kleinbürger und Bourgeoise. Die Partei überragt in der Gesellschaft tatsächlich alles, auch heute (sie greift wie eine Krake in alle Lebensbereiche, hält aber auch alles zusammen).

Qing-Dynastie (1644-1912, Fremdherrschaft, neue Grenzen): Kaiser Shunzi ergreift die Macht (der letzte Ming-Kaiser begeht Selbstmord). Innere Unruhen bringen die Ming-Dynastie zu Fall. Vor allem im Süden gibt es noch bis 1683 heftige Kämpfe gegen die neuen Herrscher (rund 25 Mio. Opfer). Die nomadischen Mongolen (Manschu) sind aber zu der Zeit unbezwingbare Krieger. Sie führen als Zeichen ihrer Überlegenheit und Demütigung der Chinesen spezielle Frisuren ein: vorne geschoren und hinten Zopf. 1689 schließt Kaiser Kangxi (=Shenhzu) von China zu Nercinsk in Sibirien den ersten Vertrag mit einer europäischen Macht. Russland erkennt die Zugehörigkeit des gesamten Amurgebietes zu China an. Kangxi regierte bis 1722 und war einer der ruhmreichsten der chinesischen Geschichte.  Um 1820 ist China noch Vormacht in Ostasien und wirtschaftlich allen Staaten der Welt überlegen (größtes BIP, zusammen mit Indien 50% der Welt). Es kommt zu einer Bevölkerungsexplosion. 1795 unter Kaiser Qianlong (dankt in dem Jahr ab, Enkel von Kangxi) erreicht China seine größte territoriale Ausdehnung und wird zur stärksten Macht der Welt (dazu gehören: die Mongolei, die Altai-Region mit Kirgistan, Tadschikistan, Teile Kasachstans; mit 14,7 Quadratkilometer und 300 Mio. Einwohnern). Europäische Missionare verbessern die Technologie der Zeitmessung (Jesuiten: Matteo Ricci, Adam Schall von Bell, Ferdinand Verbiest; extrem wichtig, weil der Kaiser sich als Sohn des Himmels sieht ). Die mongolischen Kaiser sorgen aber für eine Verbreitung des Buddhismus (Mahayana - Buddhismus) und bekämpfen das Christentum. Marco Polo aus Italien wird Günstling des Kaisers. Dann kommt der rasante Abstieg des Reiches. Im Jahre 1839 kommt es zum ersten Opiumkrieg: 1842 Vertrag von Nanjing zwischen GB und China. Die Briten erhalten Hongkong. 1856 kommt es zum zweiten Opiumkrieg (der Kaiser hatte sich nicht an den vereinbarten Vertrag gehalten; England wollte sein Handelsbilanzdefizit weiterhin ausgleichen). Das britische Empire siegt, auch weil das Kaiserreich durch Rebellionen (Taiping, Himmlischer König Hong Xiuquan) geschwächt ist. Hinzu kommt die überlegene Kanonen-Technologie verbunden mit den Schiffen. China hatte durch Dogmatisierung und Innovationsfeindlichkeit den technologischen Anschluss verpasst. 1895 Sieg Japans über China um die Vorherrschaft in Korea (aber selbständig). China muss im Frieden von Shimonoseki Taiwan und die Pescadores-Inseln an Japan abtreten. 1898 verpachtet China unter massivem Druck die New Territories an GB, Port Arthur an Russland, Kiautschou an das Deutsche Reich und die Bucht von Quanzhou an Frankreich.   Das Kriegsdrama "John Rabe" ist 2009 zum besten deutschen Spielfilm mit der Lola in Gold (Deutscher Filmpreis, höchstdotierter Kulturpreis) ausgezeichnet worden. Regisseur Florian Gallenberger zeigt hier den deutschen Helden, der in China viele Menschen vor den Japanern im Kriege schützt und das Leben rettet (als Betriebsleiter von Siemens baut er eine Schutzzone auf). Rabe ist in China als Held sehr bekannt, nicht aber in Deutschland. Ulrich Tukur und Daniel Brühl zeigen eine herausragende schauspielerische Leistung. Der Film spielt in Nanjing im chinesisch - japanischen Krieg. Hier haben viele deutsche Firmen Produktionsstätten, auch die BASF. Nanjing oder Nanking wird auch Himmlische Hauptstadt genannt. Ein zweiter Deutscher ist in China ein Held: Otto Braun. Er nahm als einziger Deutscher an dem Großen Marsch von Mao teil. Er sollte die Revolutionsarmee trainieren. 1939 wurde er nach einer schweren Niederlage abberufen. In China wurde über ihn eine Fernsehserie gedreht. Gespielt wird er von dem Pfälzer Schauspieler Volker Helfrich, der in China Karriere gemacht hat. Er spielt traditionell den deutschen "Langnasen".  Japan übernimmt danach auch die einzige deutsche Kolonie in China "Tsingtao". Im August des Jahres 1900 endet der Aufstand der "Boxer" blutig.

Exkurs Opium: Erstmals wird Opium in einem pharmakologischen Kompendium in China 1596 erwähnt. Es war ursprünglich im Vorderen Orient heimisch. Es wurde in der Tang-Zeit von Arabern und Türken nach China gebracht. Im 17. Jh. brachten es auch die Holländer nach Taiwan. Opium wurde durch das Rauchen mit Tabak im 18. Jh. zur Droge. Damit wurde Opium zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor. Viele Bauern bauten Mohn statt Reis an. Das Opium schreibt später Handelsgeschichte:  1. Opiumkrieg zwischen China und England. Zu Beginn des 1900 Jahrhunderts liebten die Engländer Tee, Seide und Porzellan aus China. Die Briten zahlten mit Silber. Es gab ein großes Handelsdefizit bei England. Also ließen die Briten Schlafmohn in ihrer Kolonie Bengalen anbauen und exportierten diesen nach China. Die Handelsbilanz drehte. 1839 erließ der chinesische Kaiser ein Einfuhrverbot für Opium (die Beamtenschaft war durch Opium in ihrer Leistung stark beeinträchtigt, die sozialen Kosten stiegen insgesamt). Darauf griff England mit seiner Kriegsflotte an und entschied 1842 den Krieg für sich. 2. Opiumkrieg: 1856 (der Kaiser hatte sich nicht an den vereinbarten Vertrag gehalten; England wollte sein Handelsbilanzdefizit weiterhin ausgleichen). Das britische Empire siegt, auch weil das Kaiserreich durch Rebellionen (Taiping, Himmlischer König Hong Xiuquan) geschwächt ist. Hinzu kommt die überlegene Kanonen-Technologie verbunden mit den Schiffen. China hatte durch Dogmatisierung und Innovationsfeindlichkeit den technologischen Anschluss an den Westen verpasst.

Exkurs: Geschichte der Technologie in China: Noch 1820 bestritten Indien und China zusammen 50% der Weltwirtschaft (China allein 33%). Mit Ausnahme der zurückliegenden  200 Jahre war so der technische Fortschritt und die Macht in Ostasien ähnlich oder höher als im Westen (rund 5000 Jahre besteht die chinesische Kultur, um 1000 war China mit Abstand das Land mit dem höchsten Lebensstandard).  Deshalb gilt auch: "Der Aufstieg Chinas und Indiens sollte weniger als eine neue Entwicklung verstanden werden, sondern eher als ein Wiederaufstieg", Jairam Ramesh, indischer Politiker. Wenn wir heute Angst vor "Know-how-Klau"  in China haben, sollten wir nicht vergessen, dass dort oft Jahrhunderte vor Europa der Reis-, Soja- und Teeanbau, der Weinbau (nach Kleinasien kam die "Erfindung" des Ackerbau vor 10.000 Jahren als zweites nach China), die Essigproduktion, die Spaghetti (mit Marco Polo nach Italien), das Schießpulver, Chrom- und andere Metalllegierungen, der Kompass (berühmt ist auch der Seismograph, den Zhang He benutzte), der Buchdruck (ältestes gedruckte Buch der Welt aus dem 9. Jh. erhalten, schon 800 v. Chr. Blockdruck (um 1040 Buchdruck: Diamant-Sutra), das Papier (Eunuch Cai Lun), das Porzellan (um 620, in Meißen/ Albrechtsburg erst 1709 durch Böttger unter König August dem Starken), die Seide, die Pockenschutzimpfung, die Zahnbürste (um 1500: Stiel aus Bambus oder Knochen und Schweineborsten), den faltbaren Regenschirm, das Toilettenpapier, die Trockendocks, das Bambusprinzip im Schiffbau (Schotten) ebenso wie Schaufelräder, der Webstuhl, das Fernglas  und der Eisenguss erfunden wurden. Auch Geldscheine gab es zuerst dort: handgeschriebene Quittungen ersetzten schwere Eisenmünzen, sie wurden "Fei chien" ( fliegendes Geld, Song Dynastie, 960-1279) genannt. Auch die Entwicklungen in Mathematik, Astronomie, Medizin und anderen Wissenschaften waren oft weiter als in Europa. Im 17. Jahrhundert brachten die Jesuiten aus Europa (Matteo Ricci, Adam Schall von Bell und Ferdinand Verbiest den Stand der europäischen Astronomie (Kopernikus) nach Beijing . Europäische Berechnungen der Zeit waren genauer und konnten die Macht der Ming- und Qing - Kaiser steigern (als Söhne des Himmels Herrscher über die Zeit). Allerdings ist mittlerweile bekannt, dass gegenseitige Einflüsse von europäischer und chinesischer Kultur über 4000 Jahre alt sind. Schon vor den Griechen hatten offenbar die Kelten Kontakte. So sind wahrscheinlich auch technologische Innovationen viel früher gegenseitig weitergegeben worden als ursprünglich erwartet. Besonders fruchtbar war der Austausch während der Ming-Dynastie: China ließ Jesuiten aus Europa ins Land, die wichtige technische Innovationen mitbrachten (vgl. oben). Der Außenhandel wurde mit dem maritimen Europa verstärkt (Export von Porzellan, Seide, Tee). Die Chinesen brauchten Eisen, Silber, Glas. Die Europäer bauten systematisch Handelsniederlagen in Asien.  Malacca wurde 1511 von den Portugiesen errichtet. Macau teilte China 1517 freiwillig Portugal zu, um an genügend Eisen zu kommen. Auch Nagasaki (Deshima) in Japan wurde von Portugal als Handelsstützpunkt ausgewählt. Später übernahmen es die Holländer. Die Spanier trieben in ihrer Expansionsphase über die Route Acapulco - Manila Handel mit der Ming - Dynastie. Danach kam die Ausbreitung der VOC durch die Niederlande (1602), gefolgt von der französischen und britischen Expansion. Die Briten konnten sich durch die überlegene Schiffs- und Kanonentechnologie gegenüber China durchsetzen.  Vgl. Institute of the History of Natural Schiences, Chinese Academy os Sciences: Ancient China`s Technology and Science, Beijing1983. Der Jesuit Adam Schall von Bell aus Köln lebte im 17. Jahrhundert in Peking. Er brachte es zum kaiserlichen Astronomen (Kalender-Mandarin). Durch die Nähe zum Kaiser konnte er viel für das deutsch-chinesische Verständnis tun. Die antiken Weltreiche Rom und China hatten durchaus schon früher Kontakt. 166 n. Chr. war ein römischer Gesandter beim chinesischen Kaiser. Schon früher im Jahre 55 n. Chr. gelangten römische Kriegsgefangene nach China (Gefangene der Parther in Persien, dann bei den Hunnen, später bei den Chinesen).

2021 macht die Zeitschrift "Wirtschaftswoche" einen Vergleich bei der Technologie in zehn Technologiefeldern der führenden Akteure in der Welt China, EU, USA. Dabei ist zu bedenken, dass ein exakter Vergleich gar nicht möglich ist. Es kann nur eine Annäherung sein. Vgl. Petring, Jörn und viele andere: Die roten Pioniere, in: WiWo 9, 26.2.2021, S. 14ff. Resümee: Für Panik in der EU besteht kein Anlass. 1. KI: Beim maschinellen Lernen sind China und die USA den Europäern weit voraus. 2. Energie/ Wasserstoff: China forciert das E-Auto. Deutschland liegt bei der industriellen Nutzung von Wasserstoff weit vor. 3. Computerchips: Halbleiter sind der technologische Schwachpunkt Chinas. Dei USA erhöhen den politischen Druck. 4. Luftfahrt/ Rüstung: Boing und Airbus sind weit voraus. Militärtechnisch holt China auf. 5. Schnellzüge: China zeigt, was mit Industriepolitik möglich ist. Viel wurde von Deutschland übernommen. 6. Batterietechnik: China liegt gleichauf mit den USA. Auch Europa holt auf. 7. Raumfahrt: China erobert auch den Himmel (Mars, Mond). Bei Innovationen liegen die EU und die USA vorne. 8. Quantenforschung: China ist dem Westen wohl enteilt. 9. Netzwerktechnik: Das Rennen ist noch offen. Brückenkopf für die Digitalisierung. 10. Zahlungssysteme: China ist technologisch noch nicht top, ist aber in der Anwendung vorne.

Warlords, japanische Besatzung, Bürgerkriege (Chinas Demütigungen): 1912 endet die Geschichte des Kaiserreiches. Die Regentin Cixi, die letzte Ersatz-Kaiserin, flieht aus Beijing (mit ihr Prinz Gong, Halbbruder des Xianfeng Kaisers, 1850-1861). Es folgt die Republikanische Ära (1912-1949). Der Arzt (ist er eigentlich nicht, er war nur auf dem Medizin-Gymnasium) Sun Yat-sen wird Präsident der neuen Republik. Er orientiert sich an Hawai, wo sein Bruder lebt. Er macht sich geschickt die Abneigung gegen die Manschu und die Japaner zu eigen. Nationalistische Kräfte haben ihn an die Macht gebracht; aber es gelingt ihm nicht, eine einheitliche Regierung zu bilden (er ist nicht skrupellos und rücksichtslos genug). Seine Anhängerschaft ist zerstritten (Exilchinesen, Clans, Selbstdarsteller). China zerfällt in verschiedene "Kriegsfürstentümer".  In China spricht man vom "Jahrhundert der Erniedrigung" (bainian guochi), das erst mit der Gründung der Volksrepublik 1949 zu Ende geht. Mao errichtet 1931 zuerst eine "Chinesische Sowjetrepublik" in der Provinz Jiangxi (heute eine Pilgerstätte der Kommunistischen Partei, die 1921 in Shanghai gegründet wurde). Seit 1927 hatte er Süd- und Mittelchina erobert (Hunan, Fujian). Es gab dann einige Kämpfe mit den Kuomindang (GMD). Nach dem letzten Krieg 1934/35 brach Mao mit dem "Langen Marsch" nach Nordwestchina auf (in 12 Monaten 11 Provinzen und 12.500 km). Nur 7000 Mann kamen in Nord-Shaanxi an (großer propagandistischer Erfolg). Es gibt auch Kriege mit Japan (1. Krieg 1932, 2. Krieg 1937, Kuomindang verlagert Hauptsitz von Nanjing nach Chongqing). In diesen Kriegen sind Kommunisten und Kuomindang meist verbündet (Zweckallianz). Mit dem Ende des 2. Weltkrieges und der Niederlage Japans gegen die USA muss sich Japan aus China zurückziehen. Jetzt kämpfen Kuomintang und Kommunisten wieder gegeneinander.  Nach der Niederlage im Bürgerkrieg gegen die Kommunisten flieht Diktator Chiang Kai-shek nach Taiwan, wo die Republik China bis heute fortbesteht und von den USA unterstützt wird.  Die  Kaiserin Cixi ließ den Aufbau des Marmorbootes im Sommerpalast (yihe yusan) errichten.  Sie soll dabei Marinefonds verprasst haben. Dort genoss sie ihren nachmittäglichen Tee. Es gilt auch als eine Anspielung auf den Rat eines Weisen an den Tang-Kaiser Taizong (7. Jh.): Das Wasser, das ein Schiff trägt, bringt es auch zum Kentern (gemeint war das Staatsschiff und das Volk). Chengde war in der Qing-Dynastie aber die eigentliche Sommerresidenz. Hier ließen die frommen tibetischen Buddhisten Tempelanlagen aus Tibet nachbauen.

Exkurs "Silber und chinesische Geschichte": Die chinesische Flotte war einst die größte der Welt (Zheng He segelte ab 1405 über die Meere, soll als Erster 1418 Amerika entdeckt haben, segelte bis Ostafrika; Ziel: Wissenserweiterung; auf der Insel Pate vor Kenia hat man Funde aus der Zeit. Er brachte aber auch viele Güter mit, am berühmtesten Giraffe).  Heute gibt es auch die neue These, Zheng He habe nach Silber Ausschau gehalten. Die Flotte wurde später vernichtet, weil ein anderer Kaiser seine Politik änderte, zu der Zeit als Europa mit seinen großen Entdeckungen begann. China konzentrierte sich für Jahrhunderte auf sich  selbst. Zheng He ist bei den Ming-Gräbern bestattet (eine große Ehre! Gräber sind unbedingt sehenswert). Dort findet sich auch eine Beschreibung. Admiral Zheng He war Eunuch, hatte aber wohl auch einen Sohn (adoptiert?). 1581 läutete China noch mal die Globalisierung ein. Wieder ging es um Silber. In der chinesischen Sprache ist das Wort Silber das gleiche wie für Geld. Silberbarren ist auch der Begriff für Bank. China beherrschte Jahrhunderte perfekt die hohe Kunst der Silberschmiede. Silber stand im Altertum für die wirtschaftliche Macht des Landes. Hätte Großbritannien nicht im 18. und 19. Jahrhundert als Weltmacht dominiert (Bullionisten) wäre sicher Silber das wertvollste Metall geworden. Auch Europa hatte reiche Silbervorkommen, England aber in seinen Kolonien vor allem Gold. In den USA wurde im 19. Jahrhundert wertvolle Schmiedekunst aus Silber entdeckt (Teekannen, Töpfe u. a.). Man dachte zuerst, dass die aus England stammte. Der Amerikaner Forbes wies in einem berühmten Buch nach, dass es sich um Exportkunst aus China handelte (zum Teil auch in der Kolonialzeit geraubt). Noch 1793 wurde der Gesandte des britischen Königs Lord George Macartney ohne Handelsverträge aus China zurückgeschickt. Großbritannien erzwang dann den Handel mit China. Aber das Land verlor den Anschluss an die Moderne.  Der Duftberg in Peking steht heute noch zum Gedenken an die Verwüstungen der Siegermächte, vor allem England. Mao hatte hier eine Villa, die er beim Siegeszug in Peking bezog (heute ein kleines Museum). Gegenwärtig ist China der größte Silberimporteur der Welt. Silber kommt in fast allen elektronischen Produkten vor, die größtenteils in China hergestellt werden ("Werkbank der Welt"; 27% aller materiellen Güter werden in China produziert). Silber verwendet man auch in Solar-Panelen. Hier zeigt sich noch das große Know-how der Chinesen bei Silber (nicht alles wurde geklaut!). Die größten Solar-Parks der Welt gibt es in der Wüste Gobi (sehr sehenswert, aber beschwerlich hinzukommen, Busse ohne Toilette, die nur selten anhalten! So war es noch 2008).

Aufbau des Kommunistischen Systems: Seit 1949 besteht die VR China (im gleichen Jahr wird die Uiguren-/Turk- Provinz Xinjiang annektiert, was sich später von den Rohstoffen und der Verkehrslage her als Glücksgriff erweist, ein Sechstel der Fläche Chinas). Heute beherrscht die Kommunistische Partei China (KPCh; Marx, Mao und Deng sind noch heute Helden, der Marxismus ähnelt in seiner hegelianischen Struktur dem philosophischen Daoismus; die KPCh hat 2018  90 Mio. Mitglieder, 2021 beim 100. Gründungsjubiläum 92 Mio.). Mao hatte  seine Widersacher besiegt, die nach Taiwan fliehen und dort einen neuen Staat gründen. Auf Druck hatte Mao eine Zeitlang sich mit Chiang Kai-shek zur Nationalen Einheitsfront zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die japanischen Invasoren zu kämpfen. Stalins Das Hauptquartier von Mao nahe Peking war der Duftberg (noch heute Museum: sehr sehenswert). Die Ära von Mao Zedong ist durch viele Experimente geprägt, die einen furchtbaren Preis fordern: mindestens 15 Mio. Menschen verhungern und ebenso viele kommen in Arbeitslagern um. In den Fünzigerjahren rief Mao den "Großen Sprung nach vorn" aus, um China vom Entwicklungsland zum Industrieland zu katapultieren (Kollektivierung der Landwirtschaft, Volkskommunen, Vergemeinschaftung des Eigentums)  Im Rahmen der Kulturrevolution sterben noch mal über 20 Mio. Menschen (manche Schätzungen auch höher). Man spricht heute von der "Mao-Dynastie" oder den "Kleinen Kaisern".

Exkurs: 100 Jahre KPCh. Am 1. Juli 2021 (wurde später festgelegt, es gab mehrtätige Beratungen) feiert die Partei (KPCh) ihr 100. Gründungsjubiläum. Unter der Führung von Staatspräsident Xi Jinping hat sie die Kontrolle auf sämtliche Bereiche der Gesellschaft ausgedehnt. Sie hat im Jubiläumsjahr 92 Mio. Mitglieder. Die Phase der Öffnung ist vorerst beendet. Kritik an der Partei darf nur anonym oder verhalten geäußert werden. In die subtropische Bergregion der Provinz Jiangxi zog sich Mao einst mit seinen Getreuen zurück, bevor er 1934 zum Langen Marsch aufbrach. Die Kaderschmiede Jinggangshan erinnert noch heute daran. Sie bereitet die Elite auf eine politische Laufbahn vor. 1949 erobern die Kommunisten die Macht und gründen die Volksrepublik. 2008 war ich ein Semester im Zentrum der Macht an der Hochschule der KPCh in Peking und habe dort und anderswo  Vorlesungen gehalten und Forschungen gemacht, Die Welt war damals eine andere. Andere Symbole der Partei, wie die Gründungstätte im französischen Kolonial - Viertel von Shanghai, werden eher runtergespielt, weil sie nicht ins nationalistische Geschichtsbild passen. Es findet eine Zeremonie auf dem Platz des Himmlischen Friedens statt. In seiner Rede droht Xi dem Ausland; doch es ist auch Verunsicherung zu spüren. Peking steht an dem Tag still.  Es gibt auch "Roten Tourismus": Chinesen pilgern an die wichtigsten Stätten der Parteigeschichte. Eine neue Stätte ist das Parteimuseum in Peking (150.000 Quadratmeter). Wichtigstes Versprechen für die Bevölkerung sind heute Wohlstand und nationale Größe. Schwesterparteien gibt es noch in Kuba, Vietnam, Laos und Nordkorea.

Exkurs Diplomatische Öffnung Chinas und Pingpong-Diplomatie: 1971 treffen sich die Tischtennisspieler Glenn Cowan (USA) und Zhuang Zedong (China) bei der Tischtennis-WM im japanischen Nagoya. Seit der Machtübernahme Maos 1949 ist China diplomatisch völlig isoliert. Die Begegnung der Sportler mit Austausch privater Geschenke geht durch ein Pressefoto um die Welt. Die Kulturrevolution stellt ab 1966 in China alles auf den Kopf. Die US-Tischtennisspieler werden kurz nach der WM nach China eingeladen und kommen in die Große Halle des Volkes. Im gleichen Jahr 1971 gibt es eine heimliche Reise des damaligen nationalen Sicherheitsberaters Henry Kissinger nach Peking., der den Besuch von US-Präsident Nixon vorbereiten soll. Im Februar 1972 reist Nixon nach China ("die Woche, die die Welt veränderte"). Berühmt wird das Bankett in Shanghai zwischen Politiker Zhou und Nixon am 28. Februar 1972. Die Isolation des Reiches der Mitte ist bald beendet. Danach nehmen 100 Länder diplomatische Beziehungen zu China auf (vorher nur 32). Vgl. Müller, Stephan M.: Pingpong-Diplomatie, in: Rheinpfalz am Sonntag, 14.3.21, S. 25. "Keiner von uns hätte sich damals vorstellen können, wo China heute steht", Winston Lord, US-Diplomat 2022 (Quelle: Der Spiegel Nr. 6/ 5.2.22, S. 17.

Exkurs: Kulturrevolution: Es ist ein kollektives Traumata der chinesischen Gesellschaft. Mao wollte mit ihr den kulturellen Überbau erneuern. Das 2000 Jahre alte Wertesystem des Konfuzianismus sollte zerstört werden. Rote Garden zogen durch das ganze Land und die "reaktionäre" Elite sollte auf dem Lande umerzogen werden (ich habe noch ältere Kollegen in Peking gekannt, die auf dem Lande umerzogen wurden, obwohl sie vorher und nachher zur Elite gehörten und auch in der Partei waren). Die Kulturrevolution dauerte von 1966 bis 1976. Praktisch jede Familie war betroffen (als Täter oder Opfer). Der kommunistische  Machtapparat unterdrückt noch heute einen offenen Diskurs darüber (im Wikipedia Chinas Baidu Baide werden teile verschwiegen). 1976 wurde der Schreckensherrschaft ein Ende gemacht. Die so genannte Viererbande wurde verhaftet. 35 Richter fällten Urteile. Die prominentesten Opfer (Todesstrafe)  waren Maos Witwe Jiang Qing (noch heute kann man die Schule in Peking besichtigen, in der sie gefangen gehalten wurde, Urteil wurde nicht vollstreckt) und Zhang Chunquiao, der frühere Vorsitzende des Shanghaier Revolutionskomitees. Chefideologe Yao Wenyuan bekam lebenslänglich. Heute wird von oben verlautet: "Kein Mensch ist perfekt", 70% von Maos Taten waren gut, 30% waren es nicht". Die KPCh ist heute stolz auf eine Synthese von Daoismus, Konfuzianismus, Maoismus und Marxismus. Man sollte sich auch in der westlichen Wissenschaft mehr damit beschäftigen (einer meiner Forschungsschwerpunkte der letzten Jahre). Wenn man schon als Deutsche den größten Ökonomen der Geschichte, von der Wirkung her gesehen, hat, sollte man diese Chance ergreifen (Karl Marx, war von der Ausbildung her kein Ökonom, sondern Philosoph und Jurist).

Sozialistische Marktwirtschaft und Chinas Öffnung (Nutznießer der Globalisierung):  1974 reiste Deng Xiaoping als erster chinesischer Spitzenpolitiker in die USA. Damals konnte China kaum die Reisekosten bezahlen. Das Mitbringsel, eine Puppe, war so billig, dass sich ein Exil-Chinese erbarmte. Folgender Spruch von Deng anlässlich der Eröffnung der ersten Sonderwirtschaftszone Shenzhen 1980 ist berühmt: "Lasst den Westwind herein. Reichtum ist ruhmvoll!" Am 29. Januar 1979 reiste Deng Xiaoping dann wieder in die USA (in diesem Jahr Mann des Jahres bei Time; 1977 war er rehabilitiert worden, vorher war er mal geächtet). Er hatte 1978 eine programmatische Rede auf dem Dritten Plenum der KPCh gehalten (historischer Wendepunkt)  Die Abschottung des Landes wurde aufgegeben. Das heutige  Wirtschaftssystem wurde unter Deng ab 1987 aufgebaut (Sozialistische Marktwirtschaft; Mischsystem zwischen Staats- und Marktwirtschaft). Der neue Staatspräsident und Parteichef der KPCh Xi Jinping sprach heute vom "chinesischen Traum" (zhongguomeng): Asiatische Renaissance unter chinesischer Vorherrschaft. China will unter keinen Umständen die digitale Revolution verpassen und ist in der Internetökonomie zusammen mit den USA heute führend. Es wurden strategisch geschickt Gegen-Unternehmen für die US-Digitalriesen aufgebaut (vgl. Mercator/ digital), die heute zum Teil Weltmarktführer sind (z. B. Huawei). Es besteht ein Masterplan ("Made in China 2025"), sich bis 2025 bzw. 2030 allein in technische und ökonomische  Führung zu begeben. Spätestens 2049 (100 Jahre Volksrepublik) will China ökonomisch, politisch und militärisch die führende Weltmacht sein. Ende 2020 zum 100jährigen Bestehen der KPCh im Jahre 2021 soll die Armut in China besiegt sein (zumindest in der Propaganda). 2025, wenn der "Masterplan China 2025" ausläuft, könnte man schon die stärkste Volkswirtschaft der Welt sein. Hoffentlich führt die berühmte Falle des Thukydides (Sparta fängt Krieg mit Athen im 5. Jahrhundert vor Christus an, weil Athen zu mächtig wird) nicht zu einem Weltkrieg, der mit einem Konflikt mit den USA beginnt. Direkte Reibungspunkte gibt es genug (Taiwan, Korea). Der Handelskrieg von Trump ist nur ein Symptom des Abstiegs der USA.

Geschichte der Sozialistischen Marktwirtschaft, anhand von vier entscheidenden Kriterien: 1. Unternehmen: Ab 1979 mit dem Beginn der Wirtschaftsreformen entwickelte sich privates Unternehmertum. Es entstanden Handelsgeschäfte, Werkstätten, erste kleine Fabriken. Ihre Besitzer durften Gewinne machen und diese auch behalten.  Parallel dazu bekamen Staatsbetriebe größere Freiheiten. Wenn sie ihre Plan-Ziele überschritten, durften sie die Mehreinnahmen frei verwenden.  2. Arbeitsmarkt. Schon 1979, gleich am Anfang der Reformen, wurde für die Arbeiter ein Bonussystem eingeführt. Das alte, anreizlose System (egalitäre Bezahlung) wurde sukzessive zurückgefahren. Die Arbeiter konnten selbst bestimmen, wie sie die Boni untereinander aufteilten. Mitte der 1980er Jahre kam dann eine weitere Reform: die Einführung von Arbeitsverträgen. 3. Landwirtschaft. Hier fing die Marktwirtschaft an. Bauern bekamen zunächst kleine Flächen (wie Gärten) zugewiesen, auf denen sie anbauen und anpflanzen konnten, was sie wollten. Die Ernte durften sie dann auf Märkten zu Marktpreisen verkaufen (Vietnam kopierte das System). Sukzessive wurde so die kollektivistische Landwirtschaft privatisiert. Das nützte Bauern und Verbrauchern. Im Großraum Shenzhen durften Bauern später ihr Nutzungsrecht verkaufen und wurden dadurch zu Millionären (hierzu gibt es legendäre Geschichten über das Nachtleben in Shenzhen). Es gibt aber auch viele Berichte über Landraub (Enteignung; das gilt auch für das kommunistische Bruderland Vietnam)  4. Preise. Es war eine wichtige Frage. Unter Mao wurden die Preise staatlich festgelegt, egal ob Gemüse, Kleidung oder Maschinen. Guangdong im Süden Chinas durfte als erste Stadt Stück für Stück Preiskontrollen reduzieren, besonders für Agrarprodukte. Die Preise für Konsumgüter wurden schneller freigegeben als für Industriegüter. 1988 hatte Guangong fast keine regulierten Preise mehr (in der Anfangsphase holte man sich Beratung in Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, was die Preismessung anging; das Staatliche Preisamt in China wurde immer mehr reduziert und letztendlich in die Statistik eingegliedert).

Geschichte im 20. Jahrhundert anhand von Literatur: Wem Geschichte oft zu trocken und langweilig ist, der sollte folgendes Buch lesen. Historische Ereignisse werden anhand von Schicksalen erzählt. Damit wird vieles, was uns fremd erscheint, begreifbarer. Entscheidende Momente in der Geschichte werden anhand von faszinierenden Frauen erzählt. Jung Chang: Die drei Schwestern. Das Leben der Geschwister Soong und Chinas Weg ins 21. Jahrhundert, München (Blessing) 2020. Jung Chang wanderte während der Kulturrevolution aus. Seitdem lebt sie in London. Sie schrieb zahlreiche Weltbestseller (Wilde Schwäne, Mao, Kaiserwitwe Cixi). Ihre Bücher sind in China verboten. Die Geschichte der drei Schwestern der Familie Soong ist in China sehr bekannt:  Eine liebte das Geld, eine liebte die Macht, und eine liebte ihr Land. Es ist ein Epos über Liebe, Intrigen, Verrat und Flucht. Alle drei prägten das China des 20. Jahrhunderts. Die Geschichte im Buch beginnt 1866 mit Soong Charlie. Dann geht es um das Verhältnis der Schwestern zu Sun Yat-sen (1912 - 1925). Dann geht es um Chiang Kai-shek (1926 - 1936). Dann folgt der Krieg (1937 - 1950). Eine der Schwestern wird schließlich Maos Stellvertreterin (1949 - 2003).  Vgl. auch:  Liu, Cixin: Die drei Sonnen, Sciencefiction, 3 Bände, auch als Hörspiel, in Chinesisch 2008, in Deutsch 2017 (Heyne). Die Geschichte spielt Ende der 1960er Jahre zur Zeit der Kulturevolution. Etwas spezifische Vorstellung von Sciencefiction.

Geschichte des Aufstiegs Chinas zur Supermacht des 21. Jahrhunderts: Frank Dikötter: China nach Mao. Der Aufstieg zur Supermacht, Stuttgart 2023 (Originalausgabe in Englisch 2022). Er stellt folgende Epochen dar: 1 Von einem Diktator zum nächsten (1976-1979). 2 Sparkurs (1979-1982). 3 Reform (1982-1984). 4 Von Menschen und Preisen (1984-1988). Das Massaker (1989). 6 Wasserscheide (1989-1991). 7 Kapitalistische Werkzeuge in sozialistischen Händen (1992-1996). 8 "Big is Beautiful" (1997-2001). 9 "Going global" (2001-2008). 19 Hybris (2008-2012). "Die Wahrheit in den Fakten suchen", Deng Xiaoping (Schöpfer des modernen, pragmatischen Chinas; 1997 gestorben; 1974 Ministerpräsident, 1977 wurde er wieder stellvertretender Ministerpräsident, 1978 und 1992 stellte er entscheidende Weichen in der Reformpolitik). 1974 reiste er als erster chinesischer Spitzenpolitiker in die USA. Damals konnte China kaum die Reisekosten bezahlen. Das Mitbringsel, eine Puppe, war so billig, dass sich ein Exil-Chinese erbarmte. Folgender Spruch von Deng anlässlich der Eröffnung der ersten Sonderwirtschaftszone Shenzhen 1980 ist auch berühmt: "Lasst den Westwind herein. Reichtum ist ruhmvoll!" Auch folgender Leitsatz ist bekannt geworden: "Verbirg deine Stärke und warte ab". Deng prägte die Ära nach Mao. Er leitete den Wandel eines isolierten Landes, das noch unter der Kulturrevolution litt, zur zweitgrößten Volkswirtschaft der Erde - fast ein Wunder.  Seine Karriere war ein ständiges Auf und Ab. Mal war er allein, mal mit wichtigen Kumpanen unterwegs (Ye Jianying, Hua Guofeng, Hu Yaobang, Chen Yun, Zhao Ziyang, Li Peng, Jiang Zemin). Man kannte die Führung in China noch grob. Deng hatte auch als graue Eminenz noch die Macht, als er nur nur die Zentrale Militärkommission leitete (nach dem Motto von Mao: "Macht kommt aus den Gewehrläufen"). Zuletzt war er eine Art Diktator.  Zhongnanhai, das Hauptquartier der Partei neben der verbotenen Stadt, ist heute völlig intransparent. Hinzu kommt, dass die gegenwärtigen und ehemaligen Parteimitglieder an 95 der führenden Privatunternehmen hohe Aktienanteile haben. Heute gilt der Satz von China-Beobachter James Palmer: "Kein Mensch weiß irgendetwas über China: einschließlich der chinesischen Regierung". Das gilt besonders für die Wirtschaft, die im Grunde genommen auf Spekulation aufbaut und wahrscheinlich ziemlich überbewertet ist. "Kein Parteimitglied darf über der Partei stehen und tun und lassen, was ihm gefällt", Deng.

Literatur/ Quellen: Vgl. zu einem guten Gesamtüberblick Geoepoche, Nr. 93, Das kaiserliche China, 2018. Auch Geosaison, Januar 2008: China Klassisch schön: Das Reich des Staunens. Merian Peking, 7/2008. Bösch, Frank: Zeitenwende 1979, München 2020, S. 141 ff. Frie, Ewald: Die Geschichte der Welt, C. H. Beck/ München 2020. Hesse, Hermann: China. Weisheit des Ostens, Frankfurt 2009. Hirn, Wolfgang: Shenzhen, Frankfurt/ New York 2020. Vgl. auch: Bernhard Zand: Messer am Hals, in: Der Spiegel 1/2019, 20.12.2018, S. 12ff. Ebenso: Wikipedia, verschiedene Artikel. Stephan Thome: Gott der Barbaren, Berlin (Suhrkamp) 2018. Auch ganz ausführlich: Nagel-Angermann, Monique: Die Geschichte des Alten China, Wiesbaden (marixwissen) 2018. Oder : Schmidt-Glintzer, Helwig: Kleine Geschichte Chinas, München (Beck) 2008. Vgl. auch: Messmer, M./ Chuang, H.-M.: China an seinen Grenzen, Stuttgart 2019. Kai Strittmatter: Die Neuerfindung der Diktatur, München 2019. Vogelsang, Kai: Geschichte Chinas, Stuttgart 2019 (Reclam, 6. Auflage 2013). Pöppelmann, Christa: Weltgeschichte für dummies, Weinheim 2017. Jürgen Habermas: Auch eine Geschichte der Philosophie. Band 1: Die okzidentale Konstellation von Glauben und Wissen, Berlin (Suhrkamp) 2019, S. 383ff. Hervorragende kurze Analyse von Konfuzianismus und Taoismus (auch Buddhismus). Schieritz, Mark: Geld her! in: Die Zeit, Nr. 2, 3.1.2020, S. 13ff. Muche, Svenja: Im Reich des Lesens, in: Geo Epoche, Nr. 100, Januar 2020, S. 92ff.. Jung Chang: Die drei Schwestern. Das Leben der Geschwister Soong und Chinas Weg ins 21. Jahrhundert, München (Blessing) 2020.  Terzani, Tiziano:  Asien, mein Leben. Die großen Reportagen, DVA/ Hamburg 2009 (2. Auflage). Brooke-Hitching, Edward: Der Atlas des Himmels, Berlin (Knesebeck) 2021. Schumann, Michael: Die Ewige Supermacht. Chinesische Weltgeschichte, Berlin 2021. Mühlhahn, Klaus: Geschichte des modernen China: Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart, München (C. H. Beck) 2021. Frank Dikötter: China nach Mao. Der Aufstieg zur Supermacht, Stuttgart 2023 (Originalausgabe in Englisch 2022).

Originalquellen sind: Fünf Kanonische Schriften. Wandlungen (Yijing). Dokumente (Shujing). Lieder (Shijing). Frühlings- und Herbstanalen (Chunqiu). Aufzeichnungen der Riten (Liji). Shangjun shu. Schriften des Fürsten Shang. Übersetzung von Kai Vogelsang, Stuttgart , Kröner 2017. Hanshu oder The History of the Former Han Dynasty. Hauptsächlich von Ban Gu im ersten Jahrhundert n Chr. geschrieben. Übersetzung von Homer Dubs 1944 (online bei der University of Virginia).

 

Kinkaku-Ji, der Goldene Pavillon. Er steht in Heian-kyo, dem späteren Kyoto (400 km südwestlich von Tokio). Seit der Heian-Zeit 794 war Kyoto der Sitz des Kaisers und die Hauptstadt.  1868 wurde Tokio Hauptstadt. Kyoto ist berühmt wegen seiner vielen Gärten (1600 buddhistische Tempel, 400 Shinto-Schreine). Damit ist die Stadt das kulturelle Zentrum des Landes (sie symbolisiert das fünfte Element "Geist/ Leere"). Sie wurde im 2. Weltkrieg verschont.  Sie erlangte in jüngster Zeit noch mal Berühmtheit durch das Kyoto-Protokoll (Welt-Klimavertrag). Das Foto habe ich selbst 2007 gemacht, wie ich übrigens fast alle Fotos dieser Plattform selbst gemacht habe.

"Mit dem Ort wechseln die Dinge" Weisheit aus Japan (Quelle: Klassische Weisheiten aus Japan, Würzburg 2004, Flechsig, S. 37)

Geschichte Japans (kurz gefasst):

1. Frühe Geschichte:  Erste Besiedlung ca. 30.000 v. Chr. Jomon-Kultur bis 300 v. Chr. Yayoi-Zeit 400 v. Chr. bis 300 n. Chr. Nassreisanbau und Metallverarbeitung. Halbnomadisierende Lebensweise wird aufgegeben. Ca. 660 v. Chr. soll der mythische Kaiser Jimmu regiert haben (erster Kaiser; insofern älteste Dynastie/ Erbmonarchie der Welt). Früheste schriftlichen Zeugnisse in chinesischen Quellen aus der Zeit 200 v. Chr. bis 100 n. Chr. Damals war Japan ein Inselreich mit über 100 Teilstaaten.

2. Altertum: Kofun-Zeit 300-552 n. Chr.. Erste rege Beziehungen nach China und Korea. Asuka-Zeit nach 552. Mit den Taika-Reformen nach chinesischem Vorbild 646 n. Chr. zum Zentralstaat hin. Übernahme des Buddhismus (Zen-Buddhismus). Er wird ab 594 zur Staatsreligion erklärt. Die Hauptstadt (miyako) wanderte: Naniwa/ Osaka, Asuka, Omi, Asuka.  Nara-Zeit 710 - 795. 720 Entstehung des "Nihon-shoki", der ersten Chronik des Landes. Frieden und kulturelle Blüte. Heian-Zeit 794-1185. Nara zuerst als Hauptstadt, ab 795 Heiankyo (Kyoto) nach chinesischem Vorbild gestaltet. 866 wird die absolute Macht des Kaisers stark beschnitten. Die eigentliche Regierungsgewalt geht für über 200 Jahre auf die Regentenfamilie Fujiwara über.

Exkurs: Himiko ("Kind der Sonne"). Diese Frau soll im 3. Jahrhundert über Dutzende japanische Stämme geherrscht haben. Der Zusammenschluss der Stämme hieß Yamatai. Wahrscheinlich war dies in der Nähe von Sakurai bei Osaka (Präfektur Nara; Quelle: Weizhi, die Chronik der Wei-Dynastie in China). Sie soll Schamanin gewesen sein und magische Kräfte gehabt haben. Heute ist Himiko eine weibliche Symbolfigur in Japan (Mangas, Filme, Romane, Werbefigur, Ost-Emanze u. a.). Vgl. auch: Natalie Sudermann: Die große Unbekannte, in: Rheinpfalz am Sonntag 29.März 2020, S. 19.

3. Japanisches Mittelalter: Ritterfamilien und feudalistische Epoche. Konflikt zwischen den Familien Taira und Minamoto. Herrschaft der Hojo 1156-1225. Kamakura-Zeit 1185-1333.  Im Jahr 1192 ernennt Kaiser Go-Toba mit dem Fürsten Minamoto no Yoritomo zum ersten Mal einen Shogun, einen Militärführer für ganz Japan. 1281 wehren die Japaner ein zweites Mal nach 1274 den Angriff einer gewaltigen Streitmacht der Mongolen ab (Khublai Kan, Kaiser von China unter dem Namen Shizu, scheitert damit mit seinen expansionistischen Zielen). Muramachi-Zeit 1333-1568 (benannt nach der Residenz). 1338 gelangt die Familie Ashikaga mit der Übernahme des Shogunats an die Macht. Streitenden Reiche. Erste Missionare nach Japan (3 Portugiesen). Ausgiebiger Chinahandel  (Ausfuhr: Kupfererz, Schwefel, Edelhölzer; Einfuhr: Seide, Porzellan, Bücher). 1401 Aufnahme diplomatischer Kontakte zum China der Ming-Dynastie.

Exkurs Beziehungen zwischen Japan und China: Japan hatte schon seit dem 3. Jh. über Korea Kontakt zu China. Im 5./6. Jh. übernahm es die chinesische Schrift und den Buddhismus. Vor allem aber während der Sui- und Tang-Zeit wurde chinesische Kultur in Japan geradezu systematisch übernommen. Das geschah nicht zufällig zu einer Zeit, in der einzelne Fürsten die Alleinherrschaft übernehmen wollten. So kann man heute noch die Kultur der Tang in Japan besser sehen als in China (z. B. höfisches Leben). Es  gab auch schon sehr früh Handelsbeziehungen zwischen den Ländern Japan und China. Im 8. Jh. n. Chr. hatte China eine so herausragende Stellung, dass große Nachbarländer wie Korea, Indien und Japan nur einen Vasallen-Status ausübten und mit Tributgesandtschaften ihre Hochachtung erwiesen. Im Nationalmuseum von Nara  (im 8. Jh. n. Chr. Hauptstadt) liegt ein vollständig erhaltener Schatz, der über die Rolle Chinas als Drehscheibe in Asien Aufschluss gibt. Alle 10 Jahre fuhr eine Flotte von Japan nach China, von der nur ein Drittel ankam ( die Japaner kannten nur die Küstenschifffahrt). Erst spät klinkt sich Japan aus mit einem berühmten Brief des Shogunats Ashikaga (bis 1508) an China, in dem dass Land der aufgehenden Sonne (eigentlich Geburtsort der Sonne, Japan) das Land der untergehenden Sonne (China) grüßt.  Okinawa, die Insel Japans, ist seit je her das Symbol der Handelsbeziehungen zu China. Die Insel hat einige Besonderheiten: Die Bewohner haben das höchste Durchschnittsalter. Es gibt ein berühmtes Fest der Ahnen (Monshu, buddhistisches Fest). Auf der Insel gibt es die Arkadi-Bäume. Sie haben roten Saft, wie das Blut beim Menschen.

4. Die Epoche der Bürgerkriege (Sengoku-jidai): 1447 beginnt ein Bürgerkrieg. Die Macht des Ashigaga-Shogunats zerfällt immer mehr. Der erste Einiger ist Oda Nobunaga. Sein Werk wird von Toyotomo Hideyoshi weitergeführt. Umfassende Macht vom Kaiser (in Kyoto). Ständesystem. Sakaku - Abschließung von der Welt (auch Verbot von Auslandsreisen). 1543 kommen die ersten portugiesischen Schiffe nach Japan. Es entsteht ein Handel mit Japan. 1584: Der Daimyo Toyotomi Hideyoshi übernimmt die Macht in Japan und kann das Land einen. Tokugawa-Shogunat beginnt 1600 (1603 Verlegung des Regierungssitzes nach Edo/Tokyo; dritter der großen Reichseiniger). 1612 wird das Christentum in Japan verboten. Missionare werden 1614 ausgewiesen. Bis 1640 werden die Christen verfolgt und ausgelöscht. 1635 kommt ein Verbot für Japaner, ins Ausland zu reisen. Das Land schließt sich systematisch ab (sakoku). 1639 werden die Portugiesen aus Japan ausgewiesen. Seit 1641 nehmen ihre Stelle die Niederländer ein. Deren Handelsplatz ist Nagasaki (bis 1853 einziger Handelsaustauschplatz). 1641 erobern die Niederländer Malakka von den Portugiesen (heute in Malaysia). 1853 erzwingen amerikanische Schiffe unter General Perry Handelsbeziehungen zwischen den USA und Japan.  Endphase mit der Bakumatsu-Zeit.

  Das Bild zeigt die Geschichte Portugals in Bezug auf Japan.  Die großartige Bildersammlung befindet sich im Monte Palace Madeira (Funchal Tropical Garden). Der japanische Garten dort ist sehr sehenswert.

Exkurs: Nobunaga Oda: Lehnsfürst (1534-1582), einer der drei Reichseiniger Japans. Ihm gelang erstmals, die sich untereinander bekriegenden kleinen Lehnsfürstentümer unter einer Herrschaft zu vereinigen. Sein Werk wird von Hideyoshi Toyotomi und Ieyasu Tokugawa vollendet, was in eine mehr als 250-jährige Friedenszeit mündete.

Exkurs. Geschichte am Beispiel des Tees: Der Tee kam im 9. Jahrhundert aus China nach Japan. Er war ursprünglich ein Privileg des Adels und buddhistischer Mönche. Die Mönche entwickelten die Rituale. Europa lernte den Tee erst gegen Ende der Ming-Dynastie in China als Exportgut kennen. Der Mönch Murata Juko gilt als der Erfinder der japanischen Teezeremonie. Im Jahre 1522 wurde Senno Rikyo geboren. Er erfand die Philosophie hinter dem Ritual. Er wurde Teemeister der höchsten politischen Führer der Zeit. Dazu gehörten Oda Nobunaga und Toyotomi Hideyoshi (siehe oben). Die zugrunde liegende  Idee ist der Zen-Buddhismus. Dazu gehört die richtige Umgebung (Teehaus, niedriger Eingang, Garten, Wartehalle, Vorraum, Dekoration). Die Teeschalen sind speziell hergestellt (bei niedriger Temperatur gebrannt, nie perfekt). Es gibt Vorschriften zum Halten der Schale. Die Philosophie heißt Wabi-Cha. Sie führt zu Bescheidenheit, dem Verweigern von Materiellem. 1591 erhielt der Teemeister den Befehl, Selbstmord zu begehen. Warum, ist nicht geklärt (vielleicht hatte Hideyoshi Angst vor Vergiftung). Vgl. Kakuzo Okakura: Das Buch vom Tee, 1906. Der Teestrauch (Camellia sinensis) wurde in China zuerst in Sichuan angebaut. Zunächst wurden die Blätter zur Arznei verarbeitet. Erst im 4./5. Jh. kam Tee unter den Eliten Südchinas als Getränk . Weite Verbreitung gelangte der Tee erst in der Tang-Zeit. Im 8. Jh. wurde Tee zum Modegetränk der Tang-Elite. Tee wurde auch  Exportprodukt, Ersatzwährung und es wurden Steuern darauf erhoben. Lu Yu (733-804) verfasste einen einflussreichen Tee-Leitfaden (Chajing).

Exkurs: Geschichte der christlichen Missionierung in Japan: Nach dem Konzil von Trient schickte die katholische Kirche Mitte des 16. Jahrhunderts Missionare nach Japan. Der erste Missionar war Franz Xaver.  Am bekanntesten wurde Pater Louis Sotelo, der nach Sendai kam. Die Franziskaner missionierten im Gegensatz zu den Jesuiten eher das einfache Volk. In Japan stritten Reiche miteinander. Für Sendai zuständig war ein Shogun, direkt für die Region hatte Date Masozoumi die Verantwortung. Er machte sich Hoffnung, über die Franziskaner das nötige Schiffs-Know-how und den Seeweg nach Neu-Spanien (heute Mexiko) zu finden (einschließlich einer Handelserlaubnis). Den Shogunen selbst waren Christen suspekt, so dass sie 1597 26 Christen foltern ließen und später kreuzigen. Das war in Nagasaki, das die Christen zu einer Handelsmetropole gemacht hatten. Pater Sotelo sollte eigentlich auch sterben, wurde dann wegen der Handelshoffnung begnadigt. Spanien hatte quasi ein Monopol auf den Handel mit dem neuen Kontinent Amerika. Mithilfe der Spanier und der Holländer gelang es schließlich, ein hochseetüchtiges Schiff zu bauen. Mit diesem brach man 1613 nach Neu-Spanien auf (Sotelo, der Samurai Hasekura und ein Spanischer Kapitän). Sie erreichten 1614 Acapulco in Mexiko. An Bord hatte man vor allem Stoffe (auch Seide). Man erreicht in der Hauptstadt beim Vize-König eine Erlaubnis, die Waren zu verkaufen gegen Taufe zum Katholizismus. Die Handelserlaubnis konnte nur der spanische König geben. Also reisten Sotelo und Hasekura mit einem anderen Schiff nach Sevilla (Handelsmetropole für den Handel mit Amerika; am meisten entsetzte man sich über den Gott am Kreuz). Dann ging es weiter nach Madrid. Auch Hazekura ließ sich im Beisein des Kaisers noch taufen für die Erlaubnis. Das war aber sinnlos, weil die Shogune in Japan nach der Vereinigung des Reiches das Christentum verboten und alle Handelsbeziehungen abbrachen bis 1867 (Ausnahmen nur für die Ostindische Company). Sotelo starb den Märtyrertod, Hasekura wurde geächtet. Die Hintergründe werden zum Teil im neuen Film von Scorsese geschildert ("Silence").

5. Japanisches Kaiserreich: Meiji-Zeit 1877-1912. Epoche der Modernisierung. 1868 schon war Tokyo (Hauptstadt im Osten) neue Hauptstadt geworden. Vorher hieß die Stadt Edo.  Japanischer Imperialismus (Korea). 1895 Sieg über China um die Vorherrschaft in Korea. 1905 Sieg der japanischen Marine über Russland (Frieden von Portsmouth: Russland tritt Gebiete ab). Mitsui wird zum größten Handelshaus. Großer Einfluss auf Bürokratie, Wissenschaft und Technologie durch das deutsche Kaiserreich (Kooperation, z. B. Raiffeisen-Idee). Mit der transsibirischen Eisenbahn dehnte Russland seinen Einfluss nach Osten aus. Mit China wurde eine Bahnlinie in die Mandschurei vereinbart. Ab 1900 verlegte Russland Truppen in den Osten, wodurch Japan seine eigenen Expansionspläne in die Mandschurei und Korea als gefährdet ansah. Um die russische Ausdehnung zu stoppen, griff Japan 1904 Port Arthur an. Da Teile der Eisenbahnlinie noch nicht fertig waren, hatte Russland im Winter Schwierigkeiten, Nachschub zu schicken. Nach mehreren Niederlagen unterzeichnete Zar Nikolaus II. einen Friedensvertrag mit Japan (Russland verlässt die Mandschurei, der Süden der Halbinsel Sachalin wird abgetreten).

Exkurs: Meiji-Restauration: Eine Phase in der Geschichte Japans, die als Vorbild für den Aufstieg Asiens insgesamt gilt. 1868 (vor 150 Jahren) wurde der "Fünf-Artikel-Eid" unterzeichnet. Es handelt sich um ein Regierungsprogramm, das Japan den Anschluss an die übrige Welt ermöglichen sollte. Zum ersten Mal brach ein asiatisches Land ins Zeitalter des Fortschritts, der Technik und der Industrie auf. Bislang hatte nur Hierarchie und Tradition gegolten, ebenso Abschottung von der Welt; jetzt war die politische, geistige, gesellschaftliche und wirtschaftliche Öffnung angesagt. Sinn war aber auch die Bewahrung und Selbstbehauptung von Monarchie und Staat. Seht stark war in dieser Zeit der Einfluss des kaiserlichen Deutschlands. 1878 bekam die japanische Armee einen Generalstab nach preußischem Vorbild. Auch die japanische Verfassung ließ sich von Preußen inspirieren. Japan erhält so eine effiziente Verwaltung, zeitgemäßen Postdienst, öffentliches Schulwesen. Die Wehrpflicht wird eingeführt. Die Fundamente einer modernen Industrie werden gelegt.  Es war der Aufbruch in eine multipolare Welt. Japan ist bis heute Modell für den Aufstieg anderer Länder  in Asien. Deng Xiaoping folgte dem Rezept in China. Die Tiger-Staaten orientierten sich auch daran.  Vgl. auch: Jan Ross, Als Japan preußisch wurde, in: Die Zeit, Nr. 9, 22.02.2018, S. 22. In Tokio steht der Meiji - Schrein. Hier wird die Kaiserfamilie aus Sicht des Schintoismus verehrt. Die Seelen von Kaiser Meiji und seiner Frau Shoken werden als Gottheiten verehrt.

Exkurs: Edo (Tokios Vorgänger-Name) war ursprünglich ein Fischerdorf (genannt Shibazaki). Es beginnt mit Taira Masakado (? -940), der als Samurai mehrere kaiserliche Quartiere eroberte. Er wurde von der kaiserlichen Armee geschlagen und fiel. Als erster Stadtgründer gilt Ota Dokan (1432 - 1486), der eine kleine Stadtsiedlung neben eine alte Burg und ein Dorf setzte. Nach ihm kamen 15 Shogune. Um 1700 war die Stadt mit einer Million Einwohnern die größte der Welt. Nach 1856 wurde die Metropole, die nun Tokyo (östliche Hauptstadt) hieß, schnell zur Heimat der Eliten Japans und wandelte sich durch die Öffnung zum Westen. Vgl. Till Weber: Tokyo, Mainz 2016. Heute, 2020, hat Tokio 37 Millionen Einwohner. Es ist der größte Ballungsraum der Welt, der sich über Hunderte von Kilometern erstreckt..

6. Erster Weltkrieg und industrielle Entwicklung: Übernahme der deutschen Kolonien (Tsingtao in China). Starker Export. Erfolgreicher Strukturwandel. Nahrungsmitteleinfuhren aus den Kolonien Taiwan und Korea. Die arbeitsintensive Leichtindustrie wird ausgebaut. Es entstehen die Zaibatsus (Industriekonglomerate). Vgl. Pohl, a. a. O., S. 69f. 1942 besitzt Japan eine Art Empire: Der Einflussbereich umfasst Korea, Thailand, Burma, Malaysia, Philippinen, Indonesien. Dagegen etabliert sich der Einflussbereichs der USA( Großbritanniens: Indien, China, Australien. So war die Wahrscheinlichkeit für einen Krieg groß.

Exkurs: Hokkaido (Ezo): Sie ist die nördlichste und zweitgrößte der vier Hauptinseln. Lange war die Insel selbständig. Sie galt als Wildnis. Es gab die Burg Matsumae. Erst seit 1868 gehört sie zum japanischen Staat. Sie hatte immer enge Beziehungen zu den russischen Inseln. Heute hat Japan noch die Präfektur Karafuto auf Sachalin (Südsachalin, seit 1905, Vertrag von Portsmouth). Das ist ein ständiger Zankapfel mit der Russischen Föderation. Am bekanntesten ist die Stadt Sapporo, in der auch eine Winter-Olympiade stattfand. Sehenswert ist der Hokkaido Jingu. Es ist ein Shintu-Schrein im romantischen Maruyma-Park für den Kaiser Meiji. Den schönsten Blick über die Stadt Sapporo hat man vom Mount Moiwa (seit 1958 mit einer Seilbahn). Hokkaido gilt als kulinarisches Zentrum Japans. Es gibt bestes Seafood. Für Sapporos Ramen reisen Japaner aus dem ganzen Land an.

7. Japan im und nach dem Zweiten Weltkrieg: Im 2. Weltkrieg war Japan an der Seite Deutschlands. Es verlor den Krieg (Atombomben der USA auf Nagasaki und Hiroshima), Japan wurde zu einem demokratischen Staat umgewandelt. Die Zaibatsus müssen auf Druck der USA aufgelöst werden; es entstehen Keiretsus. Es gab einen Aufbauplan der USA (Douglas MacArthur). Von 1952 an Wirtschaftswunder. Seit Ende des letzten Jahrhunderts langsamer Rückgang und Abstieg begleitet von Korruption der LDP-Regierungen. Die Neuordnung der Wirtschaftspolitik wird als Abenomics bezeichnet. Mit dem Kaiserwechsel März 2019 endet die seit 1989 dauernde Regentschaft unter dem Namen Heisei (Frieden überall). Konkret befindet sich Japan 2018 im Jahr 30 der Heisei-Ära. Die entscheidende Frage ist, welche Antwort Japan auf die Dominanzstrategie Chinas findet. 2017 kommt ein Gesetz in Japan, dass dem Kaiser die Abdankung erlaubt. Damit kann Akihito die Krone an seinen Sohn Naruhito weiterreichen. Sollte Tochter Prinzessin Mako einen Bürgerlichen heiraten, muss sie vom Gesetz aus, den Hof verlassen. Das könnte das Ende des Kaisertums in Japan sein. Japans Kaiserenkelin Mako verlobt sich im September 2017 mit einem Bürgerlichen. Am 30.04.2019 wird Kaiser Akihito den Chrysanthemen-Thron aufgeben und seinem ältesten Sohn Prinz Naruhito überlassen. Das Ritual ist geprägt von prächtigen Kimonos, einem Eid auf die japanische Verfassung und den "Drei Heiligen Schätzen" (mystischer Spiegel, legendäres Schwert, Juwel; Symbole der 2600 Jahre alten Dynastie). Nach dem Shintoismus, der wichtigsten Glaubensströmung (Naturphilosophie) in Japan, stammt der Kaiser direkt von den Göttern ab. Der 126. Tenno von Japan besteigt den imposanten und aufwendig restaurierten Takamikura-Thron. Der 6,5 Meter hohe und acht Tonnen schwere Herrschersitz dient bereits drei japanischen Kaisern als Symbol der Machterlangung. Der neue Kaiser wird unter dem Motto "Reiwa" agieren ("schöne Harmonie"). Zweiter in der Thronfolge ist Prinz Akishino, der Bruder. Er hat vier Kinder, die jetzt an dritter Stelle in der Thronfolge stehen.

Exkurs: Sugiharas Liste. Der japanische Diplomat Chiune Sugihara hat 1940 während seiner Zeit in Litauen mindestens 3500 Flüchtlinge vor dem Holocaust bewahrt. Er stellte ihnen gegen den Willen seiner Regierung Visa aus, mit denen Juden nach Japan entkommen konnten. Sie kamen nicht nur aus Litauen, sondern auch aus dem deutschen Reich, Polen und den Niederlanden. Nach Kriegsende wird der Diplomat von der japanischen Regierung gebeten, aus dem Dienst auszuscheiden. Die Behörde müsse Stellen abbauen. Als er 1986 stirbt, gilt er in seiner Heimat aber als Held. In seinem Geburtsort Yaotsu gibt es eine Gedenkstätte. Später gibt das Außenministerium Japans eine Ehrenerklärung ab.

Literatur/ Quellen: Atkins, Everet Taylor: A History of Popular Culture in Japan. From the Seventeenth Century to the Present, London/ Oxfort 2017. Frie, Ewald: Die Geschichte der Welt, München 2020. Kiyoshi Inoue: Geschichte Japans, Frankfurt/ New York 1995 (Campus);  Christine Liew: Geschichte Japans, (Theiss) 2012; Matz, Klaus-Jürgen: Die 1000 wichtigsten Daten der Weltgeschichte, München 2019 (6. Auflg.). Manfred Pohl: Geschichte Japans, München 2014 (Beck; 5. aktualisierte Auflage); Wikipedia: Artikel "Geschichte Japans" (zu den einzelnen Geschichtsphasen gibt es auch spezielle Artikel in Wikipedia). Kakuzo Okakura: Das Buch vom Tee, 1906. Till Weber: Tokyo, Mainz 2016. Pöppelmann, Christa: Weltgeschichte für dummies, Weinheim 2017.        

"Ohne gelegentliches Bücken lässt die Welt dich nicht hochkommen", japanische Weisheit, Quelle siehe oben.

 

Auslandsnetzwerk und Interessensvertretung im Ausland (Auslandspropaganda Chinas):

Sie (die KPCh, W. K.) behauptet, dass die Partei das Volk ist; folglich ist jede Kritik an der Partei ein Angriff auf das chinesische Volk", Hamilton/ Ohlberg a. a. O. S. 13.

1. Struktur

Das Politbüro und das ZK der Partei arbeiten mit einem Netzwerk, um Einfluss im Ausland zu nehmen. Schienen sind dabei die Internationale Verbindungsabteilung zu ausländischen politischen Parteien, die Einheitsfront, die Propagandaabteilung, die Gesellschaft des Chinesischen Volkes für Freundschaft mit dem Ausland und bestimmte Ministerien (Auswärtige Angelegenheiten, Wissenschaft und Technologie, Handel und Kultur, Staatssicherheit, Bildung ). Die Abteilung für Einheitsfront hat eine Vielzahl von Unter-Organisationen: Die politische Konsultativkonferenz des Chinesischen Volkes, der Allchinesische Bund repatriierter Auslandschinesen, das Büro für auslandschinesische Angelegenheiten, China News Service. Hinzu kommen die Botschaften, Konsulate und Konfuziusinstitute. vgl. Innenseite, siehe unten. Es soll in der EU sogar illegale "Polizei-Zentren" geben (Niederlande: Rotterdam, Amsterdam; siehe unten).

2. Wirtschaftskonglomerat der Partei

Die Staatsbetriebe, die für rund ein Drittel der Industrieproduktion stehen, stehen unter der Kontrolle der Partei. Die Spitzenmanager werden direkt oder indirekt von ihr ausgesucht (Xi hat die Personalauswahl durch die KPCh, die es immer gab,  massiv ausgebaut). Parteifunktionäre haben auch Verbindungen zu privaten Unternehmen. Sie sind oft finanziell beteiligt oder bringen Familienmitglieder dort unter. Mitglieder des Politbüros werden beim Kauf von Grundstücken mit Sonderpreisen begünstigt. Die Geschäftsführer und Gründer großer Technologiefirmen sind Delegierte des Volkskongresses und Mitglieder der KPCh. Ausländische Direktinvestitionen in China sollen bei ihren Heimatregierungen für eine China freundliche Politik werben. Vgl. S 151ff.

3. Umbau der globalen Ordnung

China sieht sich als Beschützer des Multilateralismus. Es platziert sich damit gegen den neuen Unilateralismus der USA unter Trump. Man versucht in allen Gremien der UN mehr Einfluss zu gewinnen oder baut neue Organisationen auf. Taiwan soll in diesen Organisationen von der internationalen Bühne verdrängt werden. Vgl. S. 361ff.

4. Politische Eliten in wichtigen Ländern

Die politischen Eliten in wichtigen Ländern versucht man zu gewinnen. Dazu gehören vor allem die Eliten in Nordamerika und in Europa. Vgl. S. 55ff.  2021 gab die VR China 23 Mio. $ allein in den USA aus, um das eigene Image in den USA aufzupolieren. Vgl. WiWo 6/ 4.2.22, S. 35. In den USA sorgt allerdings ein Gesetz aus dem Jahre 1938 für Transparenz bei Lobby- und Propagandaversuchen.

5. Die Konfuzius-Institute  und China Scholarship Council:  Die Konfuzius-Institute wurden ab 2004 unter der Ägide von Hu Jintao und Wen Jiabao ab 2004 eingerichtet. Das erste chinesische Kulturinstitut in Deutschland wurde zunächst in Berlin eröffnet. In Oranienburg soll später eine chinesische Stadt entstehen. Zur Zeit werden Konfuzius-Institute in Deutschland nach dem Vorbild der deutschen Goethe-Institute und des englischen British Council gegründet (in Berlin, Nürnberg, Düsseldorf, Hannover, Hamburg). Hier soll man Chinesisch und Kalligrafie lernen können. Außerdem soll für die Kultur des Landes geworben werden. Bayern hat 2020 drei Konfuziusinstitute, die auch von der Bayrischen Staatsregierung relativ viel Geld bekommen. Das ist umstritten, weil es auch die Kritik gibt, die Institute würden für Spionagezwecke benutzt (z. B. Ausspähen von chinesischen Studenten in Deutschland). Beweise dafür konnten noch nicht vorgelegt werden. Die Institute werden vom Büro des Internationalen Rats für die chinesische Sprache im Bildungsministerium geleitet. Es gibt die Behauptung, dass die Institute in Wahrheit von der Propagandaabteilung der KPCh zur Verfügung gestellt und im Bildungsministerium "gewaschen" werden. Auch diese These kann nicht belegt werden.

Das China Scholarship Council (CSC), das Stipendien an Studenten aus China vergibt, die ins Ausland gehen ist in Verruf geraten. Ca. 5000 Studentinnen und Studenten und Doktoranden sind darüber nach Deutschland gekommen. Sie müssen sich schriftlich zur Treue gegenüber China und der KPCh verpflichten, ständig Kontakt zur Botschaft halten und deren Anweisungen Folge leisten.

6. Lobbyismus in der EU: China informiert sich extrem gut über die EU. China weiß auch sehr genau, wo die Schachstellen der EU sind (ich selbst habe mal bei einem Gespräch mit führenden Beamten des Finanzministeriums/ bis Abteilungsleiterebene 2008 festgestellt, dass die Bürokratie genau informiert ist). Gerade bei strategischen Fragen wie 5G, Abgasnormen, Antidumpingmaßnahmen laufen die Fäden in Brüssel zusammen. China möchte dort Informationen abgreifen und Entscheidungen in seinem Sinne beeinflussen. Die US-Konkurrenz betreibt Lobbying schon seit langem in Brüssel. Insofern passt sich China nur an. Vgl. Wettach, Silke: Mächtig verdächtig, in: WiWo 27 26.620, S. 26ff. Natürlich gibt es auch geheimdienstliche Aktivitäten von China in Europa und Deutschland. Im Sommer 2021 etwa wird ein Deutscher verhaftet, der für China spioniert haben soll. Er leitete einen Think Tank, war Mitarbeiter der Hanns-Seidel-Stiftung und auch Informant des Bundesnachrichtendienstes. Der 74-jährige Politologe informierte insbesondere über Staatsbesuche und multinationale Konferenzen. Vgl. Die Rheinpfalz, 7. Juli 2021, S. 1.

Chinesische Polizeiposten in der EU: Im Oktober 2022 wird bekannt, dass China illegale "Polizei-Zentren" in den Niederlanden betreibt. Sie sind in Amsterdam und Rotterdam. Die chinesischen Posten, die offiziell diplomatische Hilfestellung betreiben, sollen wohl politische Gegner zum Schweigen bringen. Man berichtet von Schikanierungen, Belästigungen und Aufspüren von China-Kritikern.  Solche Posten gibt es auch in Dublin/ Irland und Budapest/ Ungarn. Auch in Deutschland werden zwei Übersee-Polizeistationen betrieben (eine in Berlin). Unklar bleibt, wie Deutschland auf die Einrichtungen reagieren will. Vorerst tauscht man Verbalnoten mit der chinesischen Botschaft aus. In den USA gibt es auch solche Polizeistationen. Die USA gehen massiv dagegen vor (Festnahmen, 44 Anklagen).

Qingtian: 2022 deckt der Spiegel auf, dass die meisten Polizeistationen nicht von der Zentralregierung eingerichtet wurden, sondern von dem Provinzort Qingtian. Die kleine Stadt liegt in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. von der Zeit der Ming-Dynastie fertigten Qingtians Steinmetze Siegel für kaiserliche Beamte, später auch kunstvolle Skulpturen. Man spricht von überseeischen Servicecenter. Viele Chinesen in der Stadt sind aus dem Ausland zurückgekehrt. Vgl. Fahrion, Georg: Spionage und Dolce Vita, in:  Der Spiegel 50/ 10.12.22, S. 76ff.

7. Politisch, kulturelle Phrasen (vgl. S. 482ff.):

Biaotai: Kurzform von biaoshi taidu. Wiederholung und Bekräftigung politischer Phrasen. Kann sich auf politischen Akt oder Treuebekenntnis beziehen.

Positive Energie: Ein Begriff, den die KPC verwendet, um von Medien und anderen Organisationen zu verlangen, positive Inhalte zu verbreiten statt kritischen Journalismus zu betreiben.

Yi shang bi zheng: Die Wirtschaft einsetzen, um Druck auf die Politik zu machen, das heißt ausländische Unternehmen dazu bewegen, sich bei ihren Regierungen für China einzusetzen.

Geborgte Boote: Nutzung anderer zur Verbreitung der Botschaft der KPCh.

Große Firewall: Übliche Bezeichnung für die Regelungen und Technologien, die eingesetzt werden, um das chinesische vom internationalen Internet abzuschotten bzw. den Informationsfluss zu kontrollieren.

"China ändert sich nicht, nur weil wir uns verbiegen. Wir müssen klare Grenzen ziehen und Dinge beim Namen nennen, der Kommunistischen Partei die Stirn bieten und für eigene Werte eintreten", Ohlberg, Mareike: Wandel braucht mehr als Handel, in: WiWo 38, 11.9.2020, S. 42f. "Die Kader der Kommunistischen Partei Chinas teilen die Welt in Freunde und Feinde ein. Ausländer, die bereit sind, die Interessen der Partei zu vertreten, werden hofiert. Ausländer, die sich kritisch äußern, werden isoliert und bekämpft. Vorauseilender Gehorsam kann darauf keine Antwort sein." a. a. O.

8. Desinformation: Der Auswärtige Dienst der EU legt im März 2021 einen Bericht vor. Er warnt vor einer Desinformation durch China. Eigentlich ist der Bericht geheim. Auszüge geraten jedoch an die Öffentlichkeit. Die Desinformation habe "industrielle Ausmaße" und werde "immer aktiver und robuster".  Dazu gehörten die Manipulation durch Medien, die Unterdrückung missliebiger Informationen  die "chinesische Diaspora" werde instrumentalisiert. Vgl. Der Spiegel Nr. 11, 13.3.21, S. 24. Die Einschränkungen für Journalisten wachsen auch in China. Sie werden immer öfter daran gehindert, unabhängig zu berichten (Zugangsbeschränkungen, Probleme bei den Presseausweisen). Vgl. HB Nr. 22, 1.2.22, S. 15.  2021 erfindet man ein Journalistin. Sie heißt Laurene Beaumond. Sie beschreibt ihre Erfahrungen in der musliminisch geprägten Provinz Xinjiang. Der Artikel heißt "Mein Xinjiang".  Sie spricht von einem "Gefühl der völligen Harmonie des Respekts voreinander und vor allem der Verbundenheit mit der Natur". Der Artikel wird vom staatlichen Sender CGTN aufgegriffen. Die Journalistin wurde offenbar erfunden, sie gibt es gar nicht. Vgl. Kretschmer, Fabian: Wie China eine Journalistin erfand, in: Rheinpfalz Nr. 79, 6.4.21, S. 1. Weiterhin ist ein Musical 2021 in China im Umlauf: Es heißt "Die Flügel der Musik". Es handelt von Musikern, die in Xinjiang ihre kulturelle Identität und Liebe finden sollen. Die Botschaft ist: Xinjiang ist eine schöne Region von beeindruckender Natur, kultureller Vielfalt und sozialer Harmonie. Vgl. Kretschmer, Fabian: Die gar nicht so heile Welt von Xinjiang, in: Die Rheinpfalz Nr. 82, 9. April 2021, S. 1. Die Propagandaoffensive wird 2021 immer größer. Man will mit allen Mitteln der weltweiten Kritik begegnen. China Daily ist natürlich dabei. YouTuber helfen. Der deutsche Xinjiang-Forscher Adrian Zenz, der in den USA lebt, wird besonders angegangen. Aber auch Merics aus Berlin hat Probleme. Vgl. Fahrion, Georg: Kein schöner Land, in: Der Spiegel Nr. 17/ 24.4.21, S. 81ff. 2021 tauchen immer mehr patriotische "China-Videos" von Uiguren auf. Sie kommen in vielen sozialen Medien (Facebook, Youtube, Instagram, TikTok). Der Inhalt ist in etwa immer gleich: "Ich bin Chinese, ich liebe meine Vaterland, ich bin glücklich mit meiner Arbeit und mit meinem Leben". Offen bleibt, wie freiwillig diese Videos gedreht wurden. Maos Rotes Buch und Propagandaplakate sind von vorgestern. Heute manipuliert Chinas Staatsmacht das eigene Volk und das Ausland gezielt im Netz. Es besteht ein Informationsmonopol.  Teilweise wird bewusst eine eigene Linie vertreten: Nach außen klingt Peking z. B., als sei es im Ukrainekrieg neutral. Im Netz dagegen wird gegen Kiew gehetzt. Vgl. Kretschmer, Fabian: Die dunkle Seite Chinas, in: Rheinpfalz am Sonntag 13./14. August 2022, S. 3.

"Alles, was in den Schilderungen Chinas der Wahrheit entsprechen mag, entstammt dem Reiseführer Lonely Planet", Tilman Ramstedt, Schriftsteller, in "Der Kaiser von China, 2008.

Exkurs: Baidu Baike: Enzyklopädie. Pendant zu Wikipedia. Wird allerdings gesteuert. Ungewollte Themen und Personen werden aus dem kollektiven Gedächtnis gestrichen. So der Eintrag zum Tiananmen-Massaker 1989. Auch der Eintrag über die Wirtschaftspolitik von Mao (Autarkie), die die größte Hungersnot der Geschichte auslöste, wird gestrichen. 2021 gibt es keinen Eintrag zu Cloe Zhao. Sie erhält den Oskar für die beste Regie: Film "Nomadland" (auch beste Schauspielerin, bestes Drehbuch). Zhao wurde in Peking geboren. 1982 hatte sie ein Interview gegeben. Darin spricht sie von einer rebellischen Jugend in China, "wo Lügen überall sind, Viele Informationen, die ich erhielt, waren nicht wahr". Sie gilt in China als Landesverräterin.

Exkurs USA: Biden versammelt eine Reihe von Berater um sich, die man als Falken bezeichnen kann. Es sind Peking skeptische Top-Berater. Dazu gehören Ely Ratner (Pentagon, neue Strategie im Umgang mit China), Laura Rosenberger (Nationaler Sicherheitsrat), Michael S Chase, Pentagon, Denkfabriken), Rush Doshi (Denkfabrik Brookings, Chinas Willen zur Weltmacht). Handelsbeauftragte Tai. Vgl. Heissler, Julian: Über Peking kreisen die Falken, in: WiWo 30/ 23.7.21, S. 32.

Exkurs: Behinderung westlicher Journalisten. Chinas Nationalisten wollen keine Berichterstattung über unangenehme Ereignisse im Land. Das zeigt sich schon 2021 bei der Explosion eines Chemiewerks in der Küstenstadt Ningbo. Dazu gehört zum Beispiel auch die Flutkatastrophe im Sommer 2021. Es geht vor allem um die Situation in der Stadt Zhengzhou. Das Frühwarnsystem der Behörden wurde kritisiert. Die Nationalisten sehen die Aufdeckung von Behördenversagen als Diffamierung ihres Heimatlandes. Es gab Angriffe und Drangsalierungen gegen ausländische Reporter (BBC). Das Gleiche gab es in der zentralchinesischen Stadt Weihui. Vgl. Kretschmer, Fabian: Jagd auf westliche Journalisten, in: Die Rheinpfalz Nr. 171, 27.7.21, S. 1

9. Neue Prioritäten in der Strategie der KPCh: Auf dem 20.Parteikongress der KPCh 2022  werden neue Punkte deutlich und zementiert: Xi kann seine Macht festigen. Wachstum ist weiterhin wichtig, muss aber hinter anderen Ziele zurückstehen: nationale Sicherheit, Stabilität, Null-Covid, Ideologie. Die USA haben quasi ein Mikrochip-Embargo verhängt. Die Kooperation mit dem Westen wird schwieriger, wodurch China der Zugang zu neuester Technologie abhanden kommt. Im September 2023 findet in Peking ein deutsch-chinesisches Medientreffen statt. Es wird so offen gesprochen wie lange nicht. Kommt vielleicht etwas in Bewegung? Das buch von Stefan Zweig Die Welt von Gestern" wird gerne gelesen. Im inneren Kreis der Macht werden wichtige Spieler aus dem Verkehr gezogen: Außenminister Qin Gang. Verteidigungsminister Li Shangfu. Es scheint eine Sinnkrise zu geben. Vgl. Die Zeit 41/ 28.9.23, S. 7.

10. Spionageballons: 2023 werden Spionage-Ballons über den USA und Südamerika gesichtet. Die USA schießen einen Ballon vor der Küste South-Carolinas ab. China soll mehr als 40 Länder auf fünf Kontinenten im Visier haben. Die Ballons sollen Kommunikation sammeln und Aufnahmen senden (nachrichtendienstliche Überwachung). Weitere Flugobjekte werden über Kanada gesichtet und abgeschossen. Es ist noch unklar, woher sie kommen.

11. Kommunikationstechnologie, Hacker, Cyberspionage: China hackt in Deutschland massiv Computer von Firmen und Behörden. Von 2000 bis 2023 machte China dei meisten vom Staat ausgehenden oder mit einem Staat verbundenen Cyberangriffe (240). Damit liegt China vor Russland, Iran, Nordkorea und den USA. Quelle: Merics, Berlin November 2023. Die Cyberspione der Volksrepublik dringen lautlos in ihre Zielsysteme vor, nisten sich dort über Jahre ein und saugen unauffällig nach und nach sensible Informationen ab. Diese langfristigen Zuhänge könnten irgendwann auch zur Sabotage kritischer Infrastruktur genutzt werden.  Vgl. Baumgärtner, Maik u. a.: "Russland ist der Sturm, China der Klimawandel", in: Der Spiegel 51/ 16.12.23, S. 30ff.

12. Auslandsspionage in China: 2024 schwört die chinesische Staatssicherheit die Bevölkerung auf einen Kampf gegen Horcher aus dem Ausland ein. Die Grenzen zwischen realer Bedrohung und initiiertem Verfolgungswahn  sind dabei fließend. Hintergrund ist der Wirtschaftskrieg mit den USA. Man befindet sich in einem ideologischen und technologischen Hegemonialstreit. Zudem hat man einen Sündenbock. Für alle Probleme muss dei "ausländische Unterwanderung" herhalten. Man vermeidet sogar im Alltag informelle Treffen mit Ausländern. Vgl. Kretschmer, Fabian: Die Spionage-Paranoia der Kommunisten, in: Die Rheinpfalz 10.1.24.

Quelle: Für die meisten Teile dieses Abschnittes: Hamilton, Clive/ Ohlberg, Mareike: Die lautlose Eroberung. Wie China westliche Demokratien unterwandert und die Welt neu ordnet, München (DVA) 2020. Viele der Informationen sind Behauptungen, da niemand in den inneren Zirkel der Macht vorstoßen kann. Natürlich unterhalten auch andere mächtige Länder solche Strukturen, z. B. die USA (vgl. Ganser, Daniele: Imperium USA, 2020). Daneben verfolge ich alle wichtigen deutschsprachigen Tageszeitungen und greife auf eigene Erfahrungen zurück (Auslandssemester in der Hochschule der KPCh in Peking). Weitere Quellen: New York Times, Washington Post.

 

Die Gelbe Gefahr 2.0

"The world today seems asolutely crackers, with nuclear bombs to blow us all sky high. There`s fools and idiots sitting on the trigger. It`s depressing and it`s senseless, and that`s why... I like Chinese." Monty Python`s Flying Circus, 1980.

Gefahr oder Erlösung? Seit über einhundert Jahren changiert das Bild, das man sich in der westlichen Welt von dem gewaltigen "Reich der Mitte" macht. Woran liegt es, dass die Perspektiven immer wieder wechseln?

Berühmt wurde 1881 ein Skizze einer neuen Freiheitsstatue für San Francisco. Sie wurde von einem Einwanderer aus Preußen mit Namen Franz Keller angefertigt. Sie zeigt alle anti-chinesischen Stereotype der damaligen Zeit (Kuli, mit Zopf, zerbrochene Ketten der Unterdrückung, zerrissene Kleidung). Man wollte damit gegen die hohen Einwanderungswellen aus China protestieren.

Trump sprach vom China Virus bei der Corona-Pandemie. Er bediente sich der alten Stereotype. Gegenwärtig kursiert die Angst vor der chinesischen Wirtschaft, die uns überrollen könnte.

Viele Metapher reichen weit in die Geschichte zurück. China war immer Exempel, wenn die Globalisierung und die Rolle Deutschlands und Europas darin diskutiert wurden. So tat sich Kaiser Wilhelm II. hervor, nach dem die Völker Europas die Bedrohung aus China entgegentreten sollten. Berühmt wurde seine "Hunnenrede" ("Pardon wird nicht gegeben; Gefangene nicht gemacht"). Im Boxerkrieg (1899-1901) hinterließ man eine Spur der Verwüstung in China. Immer wieder taucht der Ausdruck "Gelbe Gefahr" auf. Vor einer militärischen Intervention hatte vor allem Australien Angst (1888, "Chinese Crisis").

In Deutschland äußerten sich 1890 die bekanntesten Ökonomen (Gustav Schmoller, Adolf Wagner) und warnten vor der neuen Konkurrenz aus China auf dem Weltmarkt. Dann kam die Angst vor der Mobilität. Man fürchtete die Überflutung durch Arbeit durch Millionenmassen (heute eher Produkte). Es gibt im 19. Jahrhundert einen Rassismus gegen Chinesen in Europa (auch bei den Klassikern). Auch die Hoffnung auf den unermesslichen chinesischen Markt gab es damals schon. Eine große Rolle spielten auch Reisebericht berühmter Leute (Lord Macartey 1793: "Garten Eden"; Lord Amherst 1816: "Merkwürdiges, uninteressantes Land"). Das China-Bild hing immer von der eigenen Rolle in der Geopolitik ab. Auch der große Soziologe Max Weber distanzierte sich zu China und traute der Kultur nichts zu (Protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus). Vgl. Conrad, Sebastian: Die Gelbe Gefahr 2.0, in: FAZ Nr. 272, 22. November 2021, S. 7.

Das Meinungsforschungsinstitut Kanter ermittelt 2021 im Auftrag der Körber-Stiftung, dass der wachsende Einfluss Chinas in Deutschland negativ gesehen wird. Man sieht China im Vergleich zu Russland als größere Bedrohung für Werte in Deutschland.

 

"Als meine Augen alles/ gesehen hatten, kehrten sie zurück, (zur goldenen Pfingstrose) Basho (Matsuo Munefusa), japanischer Dichter (1644 - 1694, Meister des Haiku). Er prägte diese meditative Kunst: fünf Silben, sieben Silben, fünf Silben. Es ist die kürzeste Gedichtform, die es gibt. Er litt unter gewisser Unrast. Er suchte Linderung in der Zen-Meditation und begab sich eines Tages auf Wanderschaft. Er besuchte die Meeresbucht von Matsushima. Als er sie im Mondlicht erblickte, verließen ihn die Worte. Dann versuchte er das Unbeschreibliche in diese Verse zu fassen: "Matsushima, ah! Ah, Matsushima, ah-ah! Matsushima, ah!"

 

     sayonara                                                                                                                                                                                                                                                                                                                              zaijian